Impressum betrifft widerstand Herausgeber: Verein Zeitgeschichte Museum und KZ- Gedenkstätte Ebensee F.d.I.v.: Dr. Wolfgang Quatember, Kirchengasse 5, A-4802 Ebensee Tel.: 06133/5601 Fax: 06133/5601-4 E-mail: [email protected]

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Layout-Konzept Gerhard Carl Moser

Coverfoto Thierry Nectoux Demonstration gegen Le Pens „Front National“ am 1. Mai 2002 in Paris.

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Leserbriefe und Beiträge senden Sie bitte an oben stehende Redaktionsadresse. Editorial Inhaltsübersicht

Durch die Teilnahme von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, seiner Gat- Editorial ...... Seite 3 tin Margit Fischer und BM Günter Platter wurde der Gedenkfeier am 5. Mai 2007 in Ebensee besondere Wertschätzung zuteil. Rund 2000 Besu- cher, darunter zahlreiche Überlebende, waren nach Ebensee gekommen. Anton Pelinka - Die Renaissance des Die Ansprachen BP Fischers, der ehemaligen Häftlinge Gabor Verö, Solo- Nationalen ...... Seite 4 mon Salat und Mario Piccioli sowie jene Aron Weiders (Enkel eines Überlebenden) bilden einen zentralen Teil dieser Ausgabe. Heidemarie Uhl - Perspektivenwechsel auf die Vergangenheit. Waldheim und Beginnend mit März 2007 wurden vom Zeitgeschichte Museum Ebensee die Folgen ...... Seite 12 4 Vortragsabende zum Thema "Die 80er- Jahre" veranstaltet (Förderung Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung). Anton Pelinka und Heidemarie Uhl hielten aktuelle und wissenschaftlich fundierte Refera- Befreiungsfeier 7. Mai 2007 te, Hannes Androsch und Freda Meissner-Blau, die als damals in der Öffentlichkeit stehende Zeitzeugen geladen waren, berichteten partiell Rede von BP Heinz Fischer . . . .Seite 22 unbekannte politische Details und Anekdoten. Die Vorträge von Anton Pelinka und Heidemarie Uhl lesen Sie in der von den Referenten autori- Rede von Gabor Verö ...... Seite 24 sierten Originalfassung ab Seite 4. Zwei lange gehegte Projekte konnten im Frühjahr 2007 mit finanzieller Rede von Solomon Salat ...... Seite 26 Unterstützung des BMI sowie des BMUKK realisiert werden. Auf dem KZ Nachruf auf Toni Bruha ...... Seite 27 Friedhof Ebensee beschreibt nunmehr eine 4-sprachige, illustrierte Informationstafel die Geschichte des Opferfriedhofs. 3 Glasboarde kenn- Rede von Mario Piccioli ...... Seite 28 zeichnen die Grablage der Einzelgräber und des 2. Massengrabes und geben somit nach über 60 Jahren den identifizierten Opfern ihre Namen Grußworte Aron Weider ...... Seite 29 zurück. Das Zeitgeschichte Museum wurde um 2 Hörstationen erweitert. Zum Teil mehr als 20 Jahre archivierte und vielfach wieder entdeckte Inter- Nach 62 Jahren am Grab des Bruders. viewmitschnitte mit WiderstandskämpferInnen aus dem Salzkammer- Interview mit Lili Porat ...... Seite 30 gut sind seit Juni der Öffentlichkeit zugänglich. Das Archiv des ZME konnte um regionalgeschichtlich bedeutendes Archivmaterial erweitert werden. Aus den YIVO Institutes (New York) Adolf Burger: Die Geschichte hinter dem konnten mehrere hundert Seiten Aktenmaterial (Kopien) über die von Spielfilm „Die Fälscher“ ...... Seite 32 der UNRRA betreuten DP-Camps Bad Ischl und Ebensee erworben wer- den Die Geschichte des „Igels“ als Theater- stück ...... Seite 34 Der Tod von Dr. Hartmut Reese am 16. März 2007 hat unter den deut- schen und österreichischen Gedenkstättenmitarbeitern tiefe Betroffen- heit ausgelöst. Hartmut Reese war in erster Linie um die Kooperation Stimmen aus dem Widerstand. Seite 35 und Vernetzung der Gedenkstätten beider Länder bemüht. Nunmehr wird ein neuer Anlauf zur Zusammenarbeit unter der Schirmherrschaft Nachruf auf Leon Zelman . . . . .Seite 36 von IC MEMO (International Council of Museums, "Memorial Museums for Public Crimes against Humanity") angestrebt. Problemstellungen Nachruf auf Agnes Primocic . .Seite 37 der Gedenkstättenarbeit sollen auf professioneller Basis diskutiert und gelöst sowie Kooperation auf fachlicher Ebene angeboten werden kön- Bücher ...... Seite 37 nen. Voraussetzung, durchaus auch für kleinere Gedenkstätteninitiati- ven ist die Mitgliedschaft im IC-MEMO. Ein erster Schritt wurde in einer Grablagepläne auf dem KZ-Opferfried- Besprechung in der KZ-Gedenkstätte Breitenau bei Kassel unter Vorsitz hof/ Denkmalprojekt ...... Seite 39 von Wulff Brebeck (Kreismuseum Wewelsburg/Niederhagen) gesetzt. Die Gründung einer deutschsprachigen Sektion von IC-MEMO soll im Ankündigung- Sonderausstellung „Anne-Frank ...... Seite 40 Febrauar 2008 erfolgen. Hinweise finden Sie auf den Webseiten der ICOM und unter www.gedenkstaettenforum.de. Veranstaltungsvorschau „Franz Kain in Wolfgang Quatember Memoriam ...... Seite 41

3 betrifft widerstand Die Renaissance des Nationalen Vortrag am 20.04.2007 im Zeitgeschichte Museum Ebensee von Anton Pelinka

Das Nationale oder die Nation ist Es gibt da eine, wie ich meine, immer geht es um „Wir sind, was ein Merkmal der Identitätsstif- spannende Geschichte aus dem ihr nicht seid“. Der Unterschied tung, das heißt, Menschen verste- Frühherbst 1989 in Leipzig, als zwischen „uns“ und den anderen hen sich zugehörig zumeist zu viele Menschen in der Spätphase wird hervorgehoben. einer Nation, sehen ihre Identität der DDR auf die Straße gingen, als Teil dieser Nation. Aber nicht zunächst mit dem Slogan „Wir Im Innenverhältnis stiftet das nur die Nation stiftet Identität, sind das Volk“. Gemeint waren Nationale Solidarität, im Außen- sondern auch Religion. Und auch alle, die hier demonstrierten; alle, verhältnis Differenz – und zwar das Geschlecht ist identitätsstif- die sich dieser diktatorischen immer auch mit der Möglichkeit, tend. Generation, jung oder alt Regierung unterworfen fühlten, dass diese Differenz feindselig, zum Beispiel, stiftet Identität. Das bildeten eine Gemeinschaft. aggressiv werden kann. In Europa heißt, das Nationale gehört zur Irgendwann kippte der Slogan zu hat man 1945 naiv geglaubt, dass menschlichen, zur gesellschaft- „Wir sind ein Volk“. Plötzlich war der Nationalismus zu Ende sei. lichen Wirklichkeit – wie andere die Frage des Deutschtums, der Nachdem innerhalb von einein- Merkmale auch. deutschen Vereinigung im Zen- halb Generationen zweimal euro- trum - und ein vietnamesischer päische Nationalismen Europa Problematisch wird es dann, wenn oder afrikanischer Austauschstu- und mit Europa die Welt in das Nationale fundamentalistisch dent oder Austauschstudentin in schreckliche Kriege gestürzt haben wird, das heißt, wenn das Nationa- Leipzig, die mit demonstriert hat- und beim zweiten dieser europäi- le gleichsam Monopolstellung ten, sich zunächst eingeschlossen schen, nationalistischen Bürger- beansprucht gegenüber den ande- fühlen konnten, weil sie eben auch kriege auch noch das Verbrechen ren identitätsstiftenden Merkma- zu den Regierten zählten, die sich des Holocaust als spezifische Folge len, wie etwa Religion, Geschlecht, als „Das Volk“ bezeichneten – einer Form des überspannten fun- Generation, Klasse, Bildung, usw. plötzlich waren sie ausgeschlos- damentalistischen Nationalismus Das Nationale ist auch nichts, was sen, denn sie waren ja keine Deut- dazu gekommen ist, in diesem natürlich vorgegeben wäre, son- schen. Europa hat man 1945 gemeint, dern es ist kultürlich, das heißt, es man kann den Nationalismus zu ändert sich im Laufe der Zeit, es Zum Nationalen gehört die Beto- den Akten legen, man kann ihn ist in bestimmten Grenzen beein- nung der Differenz und des überwinden – durch Erziehung, flussbar, etwa durch Politik. Anders-Seins. Diese Differenz aber auch durch die europäische kann stärker betont werden, etwa Integration. Die Vereinigung Euro- Zum Nationalen gehört, dass wir wenn wir die Entwicklung in Jugo- pas war und ist als das Mittel zur Menschen ein- und ausschließen. slawien seit 1991 betrachten: Kroa- Überwindung der europäischen Das heißt, wenn wir sagen wir ten betonen, dass sie keine Serben Nationalismen gedacht. gehören etwa der französischen sind, dass sie ganz anders als die Nation an, so sagen wir, dass ande- Serben sind, dass ihre Sprache Das Nationale ist etwas, das zum re nicht dazu gehören. Und wenn eine völlig andere als die der Ser- Alltag der Menschen und der jemand sagt: Ich bin Österreicher ben ist – und umgekehrt. Wenn Gesellschaft gehört und ist daher oder Österreicherin, heißt das, wir etwa die Spannungen in den nicht a priori negativ zu bewerten. dass andere damit ausgeschlossen baltischen Republiken, insbeson- Es kommt freilich darauf an, wie sind – und zwar unvermeidlich. dere in Lettland und Estland man Nation, wie man das Nationa- Wir müssen uns bei dieser Identi- bezüglich der Letten und der Esten le versteht und vor allem lebt. Ver- tätsstiftung immer auch bewusst auf der einen Seite, der Russinnen einfacht gesagt, man kann Nation sein, dass wir damit klarstellen, und Russen auf der anderen Seite im Sinne einer Willensnation ver- wer wir nicht sind, wer nicht zu sehen: Hier wird Differenz betont. stehen, das heißt, Menschen kön- uns gehört, wer von uns ausge- Die Konflikte in Spanien, im nen einer Nation quasi beitreten schlossen ist. Baskenland, aber auch in Belgien oder aus ihr austreten, sie können zwischen Flamen und Wallonen – akzeptiert werden oder auch nicht betrifft widerstand 4 DIE RENAISSANCE DES NATIONALEN akzeptiert werden; oder aber ob die in den letzten Jahren, begin- empfunden wurde. Die Lust am Nation im Sinne einer Abstam- nend in den 1980er Jahren, diese lange Verbotenen kam noch hinzu: mungsnation verstanden wird - Entwicklung ausgelöst haben. Im Marxismus-Leninismus durfte und dann wird das so genannte man nicht Nationalist sein. Nun Blut zum Merkmal, dann wird das Es gibt einmal den postkommuni- war es wieder erlaubt, und das war Nationale letztlich rassistisch, stischen Faktor. Das heißt, und schön, das war Freiheit. dann kann man nicht einer Nation der Schweizer Historiker Urs zugehören, in die man nicht hin- Altermatt hat das in seinem Buch Aber dieser Nationalismus ver- eingeboren ist; und man kann eine „Sarajewo“ sehr genau beschrie- stellt Möglichkeiten, er schließt Nation auch nicht verlassen - ben, der Nationalismus ist in den aus, er ist die Ursache für gewalt- etwa durch Auswanderung. Der Ländern des Kommunismus quasi sam ausgetragene Konflikte, für erste Nationsbegriff, die Willens- in seiner Phase stecken geblieben, die Kriege, die wir in Europa nation, ist grundsätzlich mit der in der er am Beginn des 20. Jahr- haben. Der erste nach 1945 durch- Demokratie verträglich: Der zwei- hunderts war. Der Kommunismus geführte traditionelle Krieg Euro- te Begriff, die Abstammungsna- hat sich wie eine Tiefkühltruhe pas war 1989 der Krieg im Kauka- tion ist grundsätzlich mit der über den Nationalismus gelegt, sus zwischen Armenien und Geor- Demokratie unverträglich, weil sie und als der Kommunismus wegge- gien, ein nationalistischer Krieg. ja die Menschen fixiert, ihnen eine fallen ist, war der Nationalismus Und dann kamen die postjugosla- entscheidende Freiheit nimmt, in den vormals kommunistischen wischen Kriege – ab 1991. Das sich selbst zu bestimmen. Ländern dort, wo er am Beginn heißt, die verständliche Lust an des 20. Jahrhunderts war - wäh- der Freiheit nun wieder Nationa- Dass der Abstammungsnation die rend er in Westeuropa doch list sein zu dürfen, beinhaltete empirische Wirklichkeit fehlt, wesentliche Entwicklungen auch als Konsequenz die Möglich- kommt noch hinzu: man kann durchgemacht hat. Denken wir keit kriegerischer Auseinanderset- kein russisches oder kein französi- hier nur als vielleicht wichtigstes zungen, einschließlich der ethni- sches oder kein brasilianisches Beispiel an die radikale Verände- schen Säuberungen, einschließ- oder kein jüdisches Blut beweisen, rung des deutsch-französischen lich des Massenmordes wie etwa das gibt es nicht. Es ist auch ganz Verhältnisses. in Srebrenica. interessant, dass bei der schlimm- sten Zuspitzung des fundamenta- Heute, etwa 18 Jahre nach der Ein zweiter Faktor, der die Renais- listischen Nationalismus, nämlich Transformation der kommunisti- sance des Nationalen erklärt, ist beim exterminatorischen Antise- schen Herrschaft in Ost- und der Globalisierungsfaktor. In vie- mitismus des Nationalsozia- Mitteleuropa, wird in den vormals len Bereichen hören Grenzen zu lismus, letztlich die Frage des Blu- kommunistischen Staaten noch bestehen auf. Wir können das tes auf die Frage der Religion immer nationale Identität und etwa auch innerhalb der EU sehen. gekommen ist: Denn Jude war, wer nationale Souveränität als Frei- Das Schengen-Abkommen hat in den Geburts- und Taufregistern heitserlebnis gesehen. Das ist ver- zum Beispiel dazu geführt, dass mit jüdischen Großeltern ausge- ständlich, denn die kommunisti- die berühmte Brennergrenze zwi- wiesen war. Jüdisches Blut gibt es sche Diktatur wurde als Fremd- schen Österreich und Italien, zwi- genauso wenig wie deutsches Blut: herrschaft empfunden, als eine schen Nordtirol und Südtirol Die Religion aber konnte nachge- von einem fremden Zentrum, von sinnlich nicht mehr wahrnehmbar wiesen werden und wurde – völlig Moskau, diktierte Herrschaft. Die ist. Man fährt über die Grenze und im Widerspruch zu dem Gedan- Gegnerschaft zum Kommunismus merkt gar nicht, dass es eine Gren- ken einer Abstammungsgemein- war auch so etwas wie ein nationa- ze ist. Das wird aus österreichi- schaft, zum entscheidenden Merk- les Unabhängigkeitsstreben. Von scher Sicht wohl allgemein positiv mal des Blutes. Land zu Land, von Fall zu Fall war gesehen. Aber es gibt auch keine das zwar verschieden: Dieses Stre- ökonomischen Grenzen. Indische ben hatte in Georgien oder in Stahlkonzerne kaufen europäische URSACHEN FÜR DIE WIEDER- Litauen andere Aspekte als in auf, eine amerikanische Bank KEHR DES NATIONALISMUS Rumänien oder Polen, aber insge- kauft eine österreichische auf – samt war das Nationale etwas, das und eine italienische eine deut- Worin besteht nun in Europa die 1989, 1990,1991 in dieser Phase der sche, die davor eine österreichi- Renaissance des Nationalen? In Transformation vom Kommu- sche erworben hatte. Nationale Europa haben wir einige Faktoren, nismus zur Demokratie als positiv Etiketten verlieren an Bedeutung.

5 betrifft widerstand DIE RENAISSANCE DES NATIONALEN

Es ist dann gar kein indischer cherinnen und Österreicher lieber verhalten hat – natürlich mit Stahlkonzern mehr, sondern einer, österreichische Rinder als andere anderer Begründung, denn die der nicht mehr national definier- Rinder schlachten und essen. Und Linke hat ja an sich eine interna- bar ist; und die Bank ist eigentlich das ist auch eine Form von neuer tionalistische Tradition, oder keine amerikanische oder italieni- Lust am Nationalen und am beansprucht zumindest interna- sche Bank, sondern eine Bank, die Patriotischen. tionalistisch und nicht nationali- morgen französisch oder russisch stisch zu sein. Daher war auch die sein kann. Die Globalisierung löst also eine linke Begründung, dass es nicht Gegenbewegung aus, eine Renais- gegen Europa, sondern gegen die- Die nationalen Grenzen hören in sance des Nationalen. Und das hat ses so genannte neoliberale Euro- der Wirtschaft zu bestehen auf – mit links und rechts nur teilweise pa geht. Aber in der Praxis ist die und das ist auch kulturell so. Es etwas zu tun. Wenn wir beobach- Allianz mit Le Pen zum Durch- gibt hegemoniale Kulturen, die ten, wie im Jahre 2005 in Frank- bruch gekommen. nicht mehr national zu verorten reich und den Niederlanden das sind. Hollywood ist nur ein Bei- Nein zum Verfassungsvertrag der spiel, und das indische Bollywood Europäischen Union zustande wäre ein Gegenbeispiel. Es gibt gekommen ist, so gibt es hier eine nicht mehr den klassischen natio- unausgesprochene, eine nicht nalen Film etwa, sondern die euro- deklarierte Allianz von Links und päischen Produkte sind meistens Rechts. Das Abstimmungsverhal- multinationale Produkte. Und die ten war ziemlich klar, der Front Alltagskultur, etwa ausgedrückt in National des Jean-Marie Le Pen der Unterhaltungsmusik, ist kaum und die kommunistische Partei national zu verorten. Die Rockmu- haben praktisch geschlossen, sik ist ein Beispiel dafür, dass es so gemeinsam gegen den Verfas- etwas wie eine Jugendkultur gibt, sungsvertrag gestimmt, in Verbin- die nichts mehr mit Nationalem dung mit bestimmten Dissiden- zu tun hat. tengruppen der Gaullisten und der Sozialisten gegen die Allianz der Gegen diese Globalisierung gibt es etablierten, gemäßigten Parteien, Gegenbewegungen. Als Reaktion gegen die gaullistische Partei, Wahlplakat des französischen auf das Ende der Grenzen und der gegen die sozialistische Partei. „Front national“ Unterschiede gibt es die Wieder- aufrichtung von bestimmten NATIONALE IDENTITÄT Das macht natürlich schon ein Grenzen, die neue Betonung von SCHLÄGT INTERNATIONALE wenig misstrauisch und erinnert Unterschieden – etwa im früheren SOLIDARITÄT daran, dass die sozialistische Jugoslawien. Hier wurden Gren- Internationale 1914 nicht verhin- zen neu errichtet, neu geschaffen Das ist für sich weder gut noch dern konnte, dass die sozialisti- – zwischen Slowenien und Kroa- schlecht, nur ist es ganz interes- schen Parteien Europas, mit zwei tien, zwischen Kroatien und Ser- sant, vor allem deswegen, weil Ausnahmen mehrheitlich, der bien, usw. In der Tschechoslowa- zwar einerseits das Verhalten der Kriegspolitik ihrer jeweiligen Län- kei wurde eine Grenze zwischen nationalistischen Rechten in der – vor allem des Deutschen Rei- Tschechien und der Slowakei neu Frankreich, Le Pen und Front ches, Frankreichs und Großbritan- errichtet. Es gibt auch die Beto- National, nicht überrascht. Die niens – zugestimmt haben. Daran nung im Ökonomischen, erkenn- Gegnerschaft zum Verfassungs- ist ja auch die sozialistische Inter- bar zum Beispiel in der Werbung: vertrag passt in das nationalisti- nationale zerbrochen, sie wurde „Hier wird nur das Fleisch von sche Paradigma „Nichts soll über erst später wieder gegründet. Das österreichischen Rindern verar- der französischen Nation stehen“, heißt, die internationale Rhetorik beitet.“ Dahinter steckt die oder über der deutschen oder der der Linken hat schon in der Ver- begründete Annahme, dass auf österreichischen oder der kroati- gangenheit dem Nationalismus dem österreichischen Markt der schen; und daher soll auch Europa nicht standhalten können. Hinweis auf österreichische Rin- nicht über dieser Nation stehen. der positiv ist. Die Annahme ist Interessant ist es aber, warum ein Das kann man auch dadurch offenbar berechtigt, dass Österrei- Teil der Linken sich hier ähnlich erklären, dass die nationale Iden-

betrifft widerstand 6 DIE RENAISSANCE DES NATIONALEN tität offenkundig zu stark ist, und den zu Sündenböcken gemacht – Österreich-Patriotismus und der zwar auch aus ökonomischen und dabei wird übersehen, dass in Österreich vorhandene Nationa- Gründen: Denn es ist sehr schwer bei allem, was die „Brüsseler Büro- lismus genau gegenteilig aufge- oder unmöglich, einer österrei- kraten“ tun oder nicht tun, sie stellt waren. Der Nationalismus che-rischen Textilarbeiterin plau- letztlich das ausführen, was unter war deutsch, hat das Deutsche an sibel zu machen, dass es in einem anderem auch österreichische Österreich betont. Der Patrio- höheren Sinn vielleicht gerecht Politikerinnen und Politiker tismus war österreichisch und hat ist, wenn sie ihren Arbeitsplatz beschlossen haben, etwa im Mini- die Unterschiede zwischen Öster- verliert, denn dafür bekommt eine sterrat der Europäischen Union reich und Deutschland betont. Frau in Malaysia einen (ihren) und im Europäischen Parlament. Arbeitsplatz. Es ist nicht zumut- Das ist der Befund, der gilt bis in bar, dass die österreichische Tex- die späten 80er, frühen 90er. Seit- tilarbeiterin sagt, das sehe ich ein, ÖSTERREICH – PATRIOTISCH her beginnt sich das insofern zu das ist in einem höheren Sinn ODER/UND verschieben, als die scharfe Trenn- gerecht. Das ist nicht zumutbar, NATIONALISTISCH? linie zwischen deutschnational das ist nicht zu erwarten, und es und Österreich- patriotisch in ist verständlich, wenn auf der Lin- Wie passt Österreich in diese Österreich durchlässig wird. ken protektionistische politische Zusammenhänge? Zunächst ist Wenn wir das Beispiel Temelin Muster auftauchen, die das Natio- Österreich anders – und dann ist heranziehen: Bezüglich Temelin nale verteidigen. Wenn wir daran Österreich doch nicht anders. gibt es, gerade in Oberösterreich, denken, wie Arbeiterkammer und Wenn wir mit Bezug auf Öster- eine patriotische Einheitsfront ÖGB auf die Möglichkeit des freien reich von Nationalismus spre- von Grünen, von Freiheitlichen, Zuganges der Arbeiterinnen und chen, so hatte dies eigentlich von Sozialdemokraten und Sozial- Arbeiter der neuen EU-Staaten immer nur eine Bedeutung – der demokratinnen, von Anhängerin- reagiert haben, so können wir Deutschnationalismus. Den nen und Anhängern der Österrei- genau dieses protektionistische Begriff Österreich-Nationalismus chischen Volkspartei. Alle sind sie Muster sehen, das aber auch ein gab es nicht, denn die Nationali- der Meinung, dass Temelin zuge- nationalistisches Muster ist. Da sten in Österreich waren gegen die sperrt werden soll, weil es eine denkt man nicht an das Wohlerge- Existenz Österreichs. Sie wollten, Bedrohung auch für Österreich ist. hen der slowakischen Pflegerin- dass Österreich im Deutschen nen, sondern daran, dass es kein Reich aufgeht. Daher gab es auch Unabhängig von der Einstellung „Lohn-Dumping“ gibt, das die nach 1945 eine Formel, die sich zur Atomenergie: Die Frage ist, österreichischen Pflegerinnen von diesem historischen Deut- warum ähnliche Aktionen gegen- betreffen würde. schnationalismus absetzen sollte – über anderen ebenfalls grenzna- vom Deutschnationalismus, den hen Kraftwerken in anderen öster- Die Globalisierung wird zum man nicht mit dem Nationalsozia- reichischen Nachbarstaaten nicht Feindbild vereinfacht: Sie wird lismus gleichsetzen darf, der aber stattfinden, warum es keine mit einem irreführenden Bild aus- im Nationalsozialismus eine ganz Grenzblockaden gegenüber der schließlich negativ gezeichnet. Es wichtige und entscheidende Rolle Schweiz, gegenüber Deutschland, wird zum Beispiel gerne überse- spielte. Das vor allem 1945 und gegenüber Ungarn, gegenüber der hen, dass die Globalisierungsge- danach entwickelte Gegenbild war Slowakei, gegenüber Slowenien winner auch Ärmere in Asien der Österreich-Patriotismus. gibt; warum immer nur die tsche- sind; auch diejenigen, die in China chische Grenze blockiert und und in Indien zu bescheidenem Die Österreich-Nationalisten gesperrt wird. Hier gibt es, und Wohlstand kommen. Hingegen ist waren keine Nationalisten, sie das hat ja auch das Jahr 2000, 2001 sicher richtig, dass die Globalisie- waren Patrioten – und die Öster- klar gezeigt, eine Vermengung mit rungsverlierer vor allem die Ärme- reich-Patrioten betonten vor allem etwas, das typisch für den öster- ren in Europa sind. die Differenz zwischen Österreich reichischen Deutschnationa- und Deutschland, also genau das, lismus ist: Stichwort Benes-Dekre- Europa wird ebenfalls als Feind- was die Deutschnationalen nicht te. Hier wurden zwei Themen bild zunehmend verwendet, auch betont sehen wollten. Daher gespielt, das eine seinem Wesen das ein irreführendes Bild, das haben wir in Österreich eine fast nach nicht nationalistisch: gegen nicht falsch, aber halbrichtig ist. einmalige Situation, dass lange Atomkraftwerke sein ist etwas, Die „Brüsseler Bürokraten“ wer- Zeit, Jahrzehnte nach 1945, der das mit Nationalismus nichts zu

7 betrifft widerstand DIE RENAISSANCE DES NATIONALEN tun hat. Aber immer nur ein mel zu bringen ist „Wir da unten, so müssen wir feststellen: Die tschechisches herauszugreifen ihr da oben“, so fügt der Recht- Freiheitliche Partei Österreichs und zuzulassen, dass Temelin spopulismus einen zweiten Satz war 30 Jahre hindurch eine plus immer wieder de facto in einem hinzu: „Wir da drinnen, ihr da minus 5 Prozent Partei, die so Atemzug mit den Benes-Dekreten draußen“. Der Rechtspopulismus gerade die verschiedenen Hürden diskutiert wird – das ist etwas, ist sehr stark gegen andere gerich- – früher das Grundmandat, später das man wohl nationalistisch nen- tet, die nicht oben, sondern drau- die 4 Prozent Klausel – überwin- nen muss. ßen sind: die Ausländer, die Frem- den und dann unter Umständen den, die Migranten, die Asylanten, eine entscheidende Rolle im Parla- POPULISMUS – RECHTS UND die „zu uns“ hinein kommen wol- ment spielen konnten. Gerade als LINKS len oder schon da sind, obwohl Folge der Strategie Bruno Kreiskys „wir“ sie angeblich nicht wollen. wurde diese Kleinpartei politisch Dazu eine Begriffsklärung. Der Der Rechtspopulismus hat etwas bedeutsam. Begriff Rechtspopulismus besteht wesentlich Nationalistisches. Das aus zwei Begriffselementen: rechts ist übrigens auch ein Element, das Die FPÖ war – mit wenigen, inter- und Populismus. Populismus ist die Annäherung zwischen den bei- essanten Ausnahmen – eine Grün- eine Technik und kein Inhalt. den Antipoden Deutschnationa- dung von ehemaligen Nationalso- Populismus ist eine Technik, sich lismus und Österreich-Patrio- zialisten für ehemalige National- auf „das Volk“ zu berufen und tismus in dieser Zeit, in den letz- sozialisten. Der erste Obmann der gegen „die da oben“ zu argumen- ten zwei Jahrzehnten, erleichtert Freiheitlichen Partei Österreichs, tieren – immer die da sind, die hat. Anton Reinthaller war Inhaber oben sind: gegen die politische vieler Ämter, darunter auch das Kaste oder Klasse, gegen die eines Staatssekretär im Reichska- jeweils Regierenden, „Wir sind das binett Adolf Hitler. Sein Rang in Volk“, wir da unten, ihr da oben, - der SS war SS-General. Vor 1955 das ist zumindest vom Anspruch war er viele Jahre im US-Lager her radikal demokratisch. Es gibt Glasenbach als schwerbelasteter einen linken Populismus, übri- Nationalsozialist interniert. Sein gens gerade auch in Amerika hat Nachfolger war Friedrich Peter, es den gegeben, gibt es ihn teil- ebenfalls SS-Offizier aber schon weise noch immer, in Süd- und in allein aus Altersgründen nicht im Nordamerika. Die europäischen Generalsrang. Grünen waren insbesondere in ihrer Anfangsphase eine Bewe- Diese Freiheitliche Partei hatte gung, die sehr stark mit populisti- zunächst eine klare Strategie: sich schen Argumenten und Techniken möglichst „liberal“ darzustellen, gearbeitet hat. Es gibt einen rech- um zwischen den beiden Großpar- ten Populismus, und wenn man teien, der Sozialdemokratie und sich in der Welt ein wenig Titelseite des Nachrichtenmagazins der Volkspartei, ins Spiel zu kom- umsieht, so könnte man in der vor Profil, 10. Oktober 1986 men – wenn möglich als Zünglein gut 10 Jahren überraschend erfolg- an der Waage. Das wurde in der reichem Partei des Ross Perrot in Der Rechtspopulismus repräsen- Ära des Bruno Kreisky auch den USA einen zentristischen tiert einen Affekt gegen „die da erreicht. Der Preis, den die Frei- Populismus sehen. oben“ – und ebenso einen Affekt heitliche Partei zu zahlen hatte, gegen „die da draußen“, eine war, dass sie bei einem Stand von In Österreich gibt es vor allem den Aggressivität gegen die üblichen etwa 5 Prozent Stimmenanteil ein- Rechtspopulismus. Was ist das Verdächtigen: Ausländer, Flücht- gefroren war. Aus diesem Stand Rechte am diesem Rechtspopu- linge, Asylanten, alle die angeb- befreite die neue FPÖ-Führung die lismus, der ja sehr stark mit dem lich oder tatsächlich anders sind. Partei, indem sie den Wusch, von Jahr 1986 als Anfangsjahr verbun- Da kann dann auch sehr leicht ein den andere Parteien respektiert den ist – als die Freiheitliche Par- rassistischer Affekt hinzu treten. und umworben zu werden, zur tei sich strategisch unter einer Seite schob und – fundamentalop- neuen Führung neu orientierte. Wenn wir die Entwicklung in positionell – populistisch die Wenn der Populismus auf die For- Österreich seit 1986 analysieren, Karte spielte: „Wir da unten, ihr da

betrifft widerstand 8 DIE RENAISSANCE DES NATIONALEN oben. Wir da drinnen, ihr da drau- auch sagen: Modernisierung. Es Für die Einen, die Modernisie- ßen.“ Die Sorge, die einige in der gibt einen Begriff, der das erklären rungsgewinner, ist zum Beispiel Partei hatten – dass Haiders hilft, den Begriff der Modernisie- die europäische Integration eine zumindest missverständliche rungsverlierer. Seit Beginn der großartige Sache. In Städten wie Äußerungen zum Thema Natio- 80er Jahre wird die soziale Prag und Budapest leben viele nalsozialismus an Respektabilität Ungleichheit in Österreich größer. Tausende Menschen aus Öster- einbüßen könnte, wurde durch die Am Ende der Ära Kreisky beginnt reich, die in den letzten Jahren rasanten Gewinne von Stimmen der Abstand zwischen Arm und dorthin gezogen sind, die dort überdeckt. Reich in Österreich zuzunehmen. eine berufliche Existenz aufgebaut Ich behaupte nicht, dass die haben, die für sie sehr einträglich Welche Wählerinnen und Wähler Regierung das so wollte, sondern ist, die ihnen Spaß macht, für die sind von der FPÖ neu gewonnen weil die Regierung immer weniger sie gut bezahlt werden. Das sind worden, ab 1986? Das waren nicht in der Lage war und ist, hier kor- meistens jüngere Menschen, die die ehemaligen Nationalsoziali- rigierend einzugreifen. sehr gut ausgebildet sind. Dazu sten, das waren mehrheitlich jün- gehört natürlich auch Fremdspra- gere Leute, weit überdurch- DER VERLUST VON chenkompetenz. Für diese Moder- schnittlich Männer. Während in POLITIKFÄHIGKEIT nisierungsgewinner ist die Gren- dieser Zeit ebenfalls stetig wach- zenlosigkeit, zunächst einmal sende Grüne Partei mehrheitlich Warum war die Regierung immer innerhalb Europas, eine Chance, von Frauen gewählt wurde und weniger in der Lage, korrigierend eine positiv wahrgenommene Ent- wird, wurde und wird die neue einzugreifen? Weil die Aufhebung wicklung. Freiheitliche Partei überdurch- der wirtschaftlichen Grenzen die schnittlich von Männern gewählt, wirtschafts- und sozialpolitische Auf der anderen Seite stehen die- und zwar von eher jüngeren Män- Steuerungskraft jeder nationalen jenigen, die vor allem mangels nern und – entgegen dem Begriff Regierung, erst recht einer Regie- einer solchen Ausbildung diese bürgerlich – eher jüngeren Män- rung eines kleinen 8 Millionen Chancen gar nicht sehen können, nern ohne höhere Bildung. 1999 Staates reduzieren muss. Gegen die eher wahrnehmen, dass man passiert etwas Erstmaliges in die Verschiebung von Milliarden- jetzt auch nach Österreich freier Österreich: Die Freiheitliche Partei Beiträgen durch elektronischen kommen kann. Sie sehen eine bekam mehr Arbeiterstimmen als Knopfdruck von Sao Paulo nach Bedrohung darin, dass früher pol- die Sozialdemokratische Partei. Hongkong kann keine österreichi- nische Erntehelfer, jetzt slowaki- Die Freiheitliche Partei wurde sche Regierung etwas unterneh- sche Pflegerinnen, demnächst – 1999 zur stärksten proletarischen men – und gegen den Verkauf weil spätestens 2011 der Binnen- Partei Österreichs – und das zeigt, einer privatisierten Großbank, die und speziell der Arbeitsmarkt für dass es hier auch um soziale Äng- schon einer deutschen Großbank die neuen EU-Staaten völlig geöff- ste geht. gehört, an eine italienische Groß- net werden muss – Industriear- bank kann eine österreichische beiter und Gewerbetreibenden aus Wir können sagen, dass das Regierung ebenso wenig etwas den Nachbarstaaten Tschechien, Hauptinteresse dieser neuen Wäh- unternehmen. Slowakei, Ungarn, Slowenien nach ler der rechtspopulistischen Frei- Österreich kommen, die bereit heitlichen Partei nicht primär das Die Globalisierung ist ein Faktor, sind, die gleiche Arbeit in der glei- ist, ob man der SS alle Ehre der die Regierungen zunehmend chen Qualität um weniger Hono- zuspricht, wie das Haider 1995 in entmachtet. Diese Entmachtung rar oder Lohn zu verrichten, als Krumpendorf getan hat. Diesen droht schrittweise die sozialpoliti- das derzeit in Österreich der Fall Wählern ist dies eigentlich ziem- schen Korrektive außer Kraft zu ist. Bei vielen Menschen löst diese lich egal. Ihr Motiv ist, dass sie setzen – das soziale Netz, den Entwicklung ein Gefühlt der sich in ihren Ängsten durch dieses Wohlfahrtsstaat, der nach 1945 in Bedrohung aus. Und dann kann es aufmüpfige, populistische Verhal- Österreich durchaus sehr erfolg- eben passieren, dass – wenn ihnen ten der FPÖ angesprochen fühlen. reich und auch international jemand sagt, schuld sind die Büro- beachtet aufgebaut worden ist. In kraten in Brüssel oder korrupte Worin bestehen nun diese Ängste? dieser Situation nehmen die Men- österreichische Politiker, die Sie hängen mit dem zusammen, schen in Österreich die Entwickl- Fremde ins Land lassen oder gene- was vorher Globalisierung ung zunehmend unterschiedlich rell Menschen anderer Kulturen, genannt wurde – man könnte wahr: die angeblich so ganz anders sind

9 betrifft widerstand DIE RENAISSANCE DES NATIONALEN als „wir“, wenn ihnen also ein den haben, mit schrecklichen Fol- hohen Autonomie, durchaus ver- Sündenbock geliefert wird, dass gen nicht nur für Deutschland gleichbar mit Katalonien und dem sie dann für nationalistische und und Frankreich; wenn wir uns ver- Baskenland. Es gibt also eine Reihe rechtspopulistische Parolen anfäl- gegenwärtigen, dass nach 1945 – von Beispielen dafür, wie man mit lig sind. in der gleichen Zeitspanne – ein nationalistischen Konflikten so Krieg zwischen Deutschland und umgehen kann, dass sie nicht Das Nationale, diese in Österreich Frankreich denkunmöglich mehr friedensbedrohend sind, relativ neue Erfahrung der Durch- geworden ist: Dann können wir dass ihr Gewaltpotenzial entschei- mengung des Deutschnationa- sagen, es gibt hier offenbar politi- dend zurück geht. Dennoch aber lismus und des Österreich-Patrio- sche Instrumente, die zerstöreri- ist der Nationalismus lebendig – tismus, hat sehr viel mit Ängsten sche Kraft eines aggressiven vor allem in den vormals kommu- zu tun, die durch die Technik des Nationalismus aufzuheben oder nistischen Staaten. David Irving, Sündenbockes politisch mobili- friedlich zu kanalisieren, kon- jener Brite, der wegen der Leug- siert werden können. Es ist ja ganz struktiv zu machen. nung des Holocausts verurteilt interessant, dass der rasante Auf- wurde, ist heute ein gern gesehe- stieg der Freiheitlichen Partei von Wie kann man verhindern, dass ner Gast bei ungarischen Rechts- einem noch rasanteren Absturz nationale Identität in aggressiven extremisten. Es gibt so etwas wie gefolgt wurde, weil das ständige Nationalismus überschlägt und eine Gemeinsamkeit des Rechtsex- Verweisen auf Sündenböcke die bedrohlich wird? Wir haben eine tremismus: Dazu gehört auch die Ursachen der Ängste, die Ursa- Reihe von interessanten Beispie- Relativierung oder Leugnung der chen der Grenzenlosigkeit ja nicht len. Als Spanien eine Demokratie nationalsozialistischen Verbre- wirklich korrigieren kann. Das wurde, nach dem Tod Francos chen. heißt, die Freiheitliche Partei ist, 1976, war die Frage, wie diese spa- und das hängt sicher auch mit der nische Demokratie mit der natio- Gibt es so etwas wie eine Interna- Regierungsbeteiligung ab 2000 nalistischen Explosivität des tionale der Nationalisten? Zum zusammen, als eine Partei entlarvt Basken- und des Katalonien-Kon- Glück: nein. Ein ganz interessan- worden, die mindestens ebenso fliktes umgeht. Nun wissen wir, tes Beispiel liefert der FPÖ- Euro- wenig wie die beiden anderen Tra- dass diese Konflikte nicht „gelöst“ paparlamentarier Mölzer: Dieser ditionsparteien in der Lage ist, sind – solche Konflikte kann man war sehr bemüht eine Fraktion im hier politisch gegenzusteuern. auch nicht lösen, nur weniger Europäischen Parlament der ver- Daher sind die Enttäuschung und explosiv machen. Der spanischen schiedenen nationalistischen Par- der Absturz entsprechend groß Demokratie ist letztlich gelungen, teien aufzubauen. Durch den Bei- gewesen. denen nationalen Minderheiten, tritt Rumäniens und Bulgariens also den Katalanen und den mit relativ großen nationalisti- EUROPA – PROBLEM UND Basken, ein hohes Maß an territo- schen und rechtsextremen Par- LÖSUNG rialer Autonomie einzuräumen, so teien hätte an sich diese Gruppe dass sich Katalonien und das die erforderliche Stärke. Mölzer Wenn wir Europa heute analysie- Baskenland weitgehend selbst musste auch mit der Ein-Perso- ren, so ist festzuhalten, dass seit regieren können. nen-Fraktion der italienischen 1945 ein einmaliges Friedenswerk Neofaschisten verhandeln, mit entstanden ist. In Europa hat es Ähnliches ist ja auch in Südtirol Frau Mussolini, Enkelin Benito zwischen 1945 und 1989 und – passiert: Wir dürfen nicht verges- Mussolinis, die er für seine Frak- wenn wir jetzt von Westeuropa sen noch anfangs der 60er Jahre tion gewinnen konnte. Die Folge sprechen – bis heute keine Kriege sind in Südtirol Bomben explo- ist, dass die Freiheitliche Partei gegeben. Das mag uns schon so diert, und 1967 wurden auf der Südtirols ihre Beziehungen zur selbstverständlich vorkommen, Porzerscharte im österreichisch- Freiheitlichen Partei Österreichs dass wir das nicht erst besonders italienischen alpinen Grenzgebiet sofort abgebrochen hat, denn was erwähnen müssten. Aber wenn durch Tretmienen italienische ein rechter Deutschnationaler in wir uns vorstellen, dass ungefähr Soldaten ermordet. Das heißt, es Südtirol ist, muss empört zurük- in der gleichen Zeitspanne, näm- gab einen nationalen Konflikt, der kweisen, mit italienischen Natio- lich zwischen 1870 und 1940, drei- bedrohlich war. Heute ist die nalisten zusammen zu arbeiten. mal deutsche Armeen in Frank- Brennergrenze de facto sinnlich Und Herr Mölzer hat auch mit pol- reich eingefallen sind, dreimal nicht mehr wahrnehmbar, und die nischen Rechtsextremisten ver- nationalistische Kriege stattgefun- Provinz Bozen ist im Besitz einer handelt, die dann aus bestimmten

betrifft widerstand 10 DIE RENAISSANCE DES NATIONALEN

Gründen nicht in seine Fraktion haben den fundamentalistischen Formen des quer Liegenden, der gegangen sind. Er hat sofort den Gegensatz relativiert, unterlaufen, quer liegenden Identitätsstiftung Vorwurf in der eigenen Partei unterwandert. können die Gefahren der europäi- bekommen: „Allein, dass du mit schen Nationalismen reduzieren. denen verhandelst, bedeutet ja, Das könnten wir auch vom Faktor Wir müssen also nicht nur bloß dass du die Oder-Neiße-Grenze Religion erwarten. Es ist durchaus darauf setzten, dass es keine Inter- anerkennst, und das ist Verrat“. vorstellbar, dass serbische Chri- nationale der Nationalismen gibt. sten und kroatische Christen sich Wir können auch hoffen, dass die Zum Glück für Europa schließen zusammen tun, dass Monothei- anderen Identitäten – in Form zum einander die Nationalismen wech- sten des Islam und Monotheisten Beispiel der Solidarität der Frauen, selseitig aus. Und das ist die gute des Christentums im Kosovo sich zum Beispiel der Solidarität der Nachricht, dass es keine Interna- zusammenschließen, dass Esten Christen die Nationalismen fried- tionale der Nationalismen geben und Russen an die gemeinsame lich machen können. wird. Basis erinnert werden, die das Christentum an sich ja wäre. Wir Gegen die verschiedenen Nationa- haben ja zum Glück real existie- lismen gibt es auch die Möglich- rende, andere Identitätsangebote, keit der quer liegenden Bündnisse. die ergänzend und korrigierend Das ist schon in Nordirland pas- zum Nationalismus wirken kön- siert, wo nordirische Frauen nen. 1914 hat bekanntlich die Vor- sowohl aus dem protestantischen stellung von der Klassensolidarität pro-britischen, als auch aus dem der europäischen Arbeiter nicht katholischen irisch- republikani- ausgereicht, um zu bewirken, dass schen Lager sich mit der Parole die französischen und die deut- zusammenfanden: „Jetzt machen schen Arbeiter sich weigerten, auf- wir ein Ende. Diese Gewalt zerstört einander zu schießen. unsere Gesellschaft, sie zerstört uns.“ Quer liegend zu diesem Mit den strategischen Vorstellun- explosivartigen, gewaltsamen, gen der Sozialistischen Internatio- mörderischen Gegensatz zwischen nale vor 100 Jahren wird konkret den beiden Lagern Nordirlands auch in der Zukunft nicht allzu Anton Pelinka bei seinem Vortrag in haben sich Frauen organisiert und viel zu erreichen sein. Aber andere Ebensee, Foto: ZME

Lehrgang "Pädagogik an Gedächtnisorten" Pädagogische Hochschule Oberösterreich in Kooperation mit www.erinnern.at

Zielgruppe: Lehrer und Lehrerinnen aller Fächer und aller Schultypen aus ganz Österreich Vermittler und Vermittlerinnen in der außerschulischen Bildungs- und Erziehungsarbeit Inhalte: Gedächtniskultur in Österreich, Gedächtniskultur in Israel Grundfragen zu Gedächtnisorten (Relikte, "Authentizität", Funktionswandel, Typen) Gedenkstätten in Oberösterreich: Mauthausen/Gusen, Ebensee, Hartheim Yad Vashem und andere israelische Holocaust-Gedenkstätten Geschichte des Antisemitismus, des Nationalsozialismus und des Holocaust Jüdisches Leben vor und nach dem Holocaust Roma und Sinti vor und nach dem Holocaust Begegnung mit Überlebenden und deren Nachkommen Pädagogische und didaktische Grundfragen an Gedächtnisorten: "Erziehung nach Auschwitz", Erzieherrolle, Perspektiven (Opfer, Täter, Zuschauer, Retter), Altersspezifik, Methodik Information: Dr. Christian Angerer, 0664/4111675, [email protected] , Anmeldefrist: 15. September 2007

11 betrifft widerstand Perspektivenwechsel auf die Vergangenheit Waldheim und die Folgen

Vortrag von Heidemarie Uhl am 11. Mai 2007

Ich möchte mich zunächst für die Waldheim-Debatte geschieht, lässt bewältigte“ Vergangenheit, eine Einladung bedanken, die ich auch sich durchaus als eine Zäsur, als davon zeigte die Europa-Fahne, in dazu genutzt habe, mir das Mu- ein Perspektivenwechsel bezeich- der einer der Sterne durch ein Ha- seum zum ersten Mal anzuschau- nen, nämlich das Umschlagen kenkreuz ersetzt ist. Insgesamt er- en, das eine sehr eindrucksvolle vom goldenen Mythos der Insel scheint in der internationalen Verschränkung von allgemeinen der Seligen, des ersten Opfers des Wahrnehmung durchaus bis heute historischen Tendenzen und von Nationalsozialismus, zum schwar- Deutschland als das Land, das den lokalen, regionalen Entwicklungen zen Mythos, Österreich gewisser- Nationalsozialismus erfolgreich beinhaltet. Ich möchte meine maßen als Naziland. Ernst Hanisch aufgearbeitet hat, das aus der Ge- Überlegungen zum Perspektiven- hat das einmal in einem Aufsatz schichte gelernt hat, während bei wechsel auf die österreichische ganz klar gegenübergestellt: Hier Österreich die verdrängte NS-Ver- NS-Vergangenheit mit einem Ti- der positive Mythos vom „ersten gangenheit als Teil des nationalen telblatt des „Spiegel“ vom 14. April Opfer“ und da gewissermaßen die Images noch immer sehr stark prä- 1986 beginnen, auf dem Sie gewis- „schwarze“ Gegenerzählung, sent ist. sermaßen die Leitmotive, die die Österreich als Tätergesellschaft, Waldheim-Debatte bestimmt verantwortlich für viele Verbre- DER BRUCH DER NACH- haben und die auch den Blick auf chen des Nationalsozialismus. (1) KRIEGSMYTHEN IN DEN 80ERN Österreich zum Teil bis heute be- Eines sollte in dieser Diskussion stimmen, sehen können. Sie sehen noch dazu kommen: Die späten Mit dem heutigen Blick auf 1986, eine schöne Landschaft, die Berge, 80er und 90er Jahre waren ja auch 20 Jahre danach, können wir womöglich ein See - das könnte die Phase, in der Österreich zur sehen, dass Österreich in einem auch das Salzkammergut sein - Europäischen Union beigetreten gewissen Sinn eine Laborsituation und darüber den Schatten des Fa- ist, das heißt, spätestens nach darstellt. Das ist allerdings erst schismus – eine zum Hitlergruß dem EU-Beitritt 1995 beginnen die mit dem Blick aus der zeitlichen erhobene Hand, versehen mit dem Debatten um Österreich auch Teil Distanz möglich. Im Jahr 1986 Titel „Österreichs stiller Fa- einer europäischen Diskussion zu waren die Debatten zwischen den schismus. Der Fall Waldheim“. werden. Sie war es zum Teil schon Pro- und Contra-Lagern – die sich Dieses Bild indiziert gewisserma- vorher in der Wahrnehmung, das nicht immer mit den politischen ßen zwei Motive die hier zusam- zeigt auch die „Spiegel“-Titelge- Lagern überschneiden mussten – men fallen, nämlich jenes, das schichte. Insofern könnte man die dermaßen emotionalisiert, bis hin- Österreich von 1945 bis zur Wald- Waldheim-Affaire als erste trans- ein in die Familien, zwischen den heim-Affäre in die Kategorie „Insel nationale geführte Debatte um die Generationen. Die Trennlinien der Seligen“ einreiht, jenes Land NS-Vergangenheit bezeichnen – da gingen so tief, dass ein reflexiver, das gewissermaßen außerhalb der Waldheim als UN-Generalsekretär distanzierter Blick gar nicht mög- Debatten um den Nationalsozia- einen so hohen Bekanntheitsgrad lich war. Diejenigen unter Ihnen, lismus steht. In der Bundesrepu- besaß, wurde das Thema auch die sich diese Zeit noch vor Augen blik Deutschland waren seit den international in den Medien auf führen können, können sich viel- 60er Jahren diese Debatten ja im die Agenda gesetzt. Nach 1995 galt leicht noch lebhaft daran erinnern, Zusammenhang mit den Prozes- Österreich - als Teil der Europäi- wie die damaligen Debatten gerade sen um NS-Verbrechen ganz zen- schen Union - mitunter als der auch in den Familien gelaufen tral. Österreich war außerhalb die- braune Fleck auf der europäischen sind. ser Diskussionen, war außerhalb Landkarte. Nach der Bildung der Aber auch auf wissenschaftlicher des negativen Bildes einer von der Regierungskoalition von ÖVP und Ebene lassen sich neue Sichtwei- NS-Vergangenheit belasteten Na- FPÖ im Jahr 2000 veröffentlichte sen feststellen. Aus heutiger Per- tion, das sich auf die BRD konzen- etwa die französische Tageszei- spektive stellt sich die Waldheim- triert hat. tung „Le Monde“ eine Reihe von Affäre nicht ausschließlich als Was nun 1986 im Rahmen der Karikaturen über Österreichs „un- „Austrian Affair“ dar, sondern als betrifft widerstand 12 PERSPEKTIVENWECHSEL AUF DIE VERGANGENHEIT die österreichische Variante in in der DDR. Das heißt, jedes euro- schuld des eigenen Volkes und die einem gesamteuropäischen Pro- päische Land hat gewissermaßen Frage nach der „eigenen“ Beteili- zess des Zerfalls der Nachkriegs- seine eigene Variante dieses trans- gung am Nationalsozialismus und mythen, als Präzedenzfall für das, nationalen Geschichtsmythos der vor allem am Holocaust bricht auf. was in den meisten europäischen „Externalisierung“ der Verstrick- Das können wir als eine gemeinsa- Ländern seit Mitte der 80er Jahre ungen in den NS-Herrschaftsap- me Signatur sehen und, wie ge- den Blick auf den Nationalsozia- parat, der Zurückweisung der Mit- sagt, diese Phase des Zerbrechens lismus ganz grundlegend verän- verantwortung am Nationalsozia- des Mythos in Österreich lässt sich dert hat. Das Jahr 1986 war in der lismus, von Kollaboration usw. sehr gut auf einen ganz konkreten BRD durch den Historikerstreit und der Projektion der Schuldfra- Zeitraum, auf einen ganz konkre- geprägt, ein Jahr zuvor hatte die ge auf die Bundesrepublik. In den ten Skandal fokussieren und das Rede von Bundespräsident Ri- 80er Jahren lässt sich in vielen ist die Waldheim-Debatte im Jahr chard von Weizsäcker zur 40. Ländern ein Zerbrechen dieser 1986. Wiederkehr des Kriegsendes eine entlastenden Nachkriegsmythen neue Position zur NS-Vergangen- beobachten, und hier war die DIE WALDHEIM DEBATTE 1986 heit markiert. Diese geschichtspo- Waldheim–Debatte die österrei- litischen Positionierungen waren chische Variante, Kurt Waldheim Der Auslöser der Debatte lag in der Beginn eines Perspektiven- gewissermaßen ein Aufklärer Vorwürfen, dass Waldheim seine wechsels in der Bundesrepublik wider Willen, der die Grundsatz- Vergangenheit falsch oder zumin- Deutschland, wo eigentlich seit debatte um den Ort des National- dest verkürzt dargestellt hätte. den 60er Jahren die NS-Vergan- sozialismus in der nationalen Ge- Konkrete Vorwürfe bezogen sich genheit ganz exemplarisch aufge- schichte ausgelöst hat. dann auf Involvierungen in arbeitet war – aber offenkundig Die auf das Zerbrechen des Nach- Kriegsverbrechen auf dem Balkan. trat auch die BRD in eine Phase kriegsmythos folgende Phase Allerdings bilden nicht diese Vor- des Neuverhandelns ein, offen- könnte man nun als Perspektiven- würfe das Zentrum des Konflikts - kundig musste man sich auch hier wechsel bezeichnen. Das macht eine Historikerkommission ent- mit den Gegenerzählungen zum das österreichische Beispiel ja kräftete die Verdächtigung der offiziellen Geschichtsbild ausein- auch aus geschichtswissenschaft- Teilnahme Waldheims an Kriegs- andersetzen, wie dem Aufrechnen licher Perspektive so faszinierend verbrechen, wenngleich festgehal- von Vertreibungs- und NS-Verbre- im Vergleich zu anderen, etwa ten wurde, dass er nicht die Wahr- chen. Frankreich und den Niederlanden, heit über seine Vergangenheit ge- Dahingehend könnte man die wo es verschiedene Debatten um sagt hatte. Der nachhaltige Knall- Waldheim-Debatte und ihre Fol- Kollaboration gab, wo sich jedoch effekt der Debatte ereignete sich gen in die europäische Phase des keine Zentraldebatte festmachen vielmehr anlässlich eines Radioin- Neuverhandelns des Geschichts- lässt. In der Bundesrepublik stand terviews, in dem sich Waldheim bildes einordnen, die seit den 80er eher die Frage im Mittelpunkt, ob mit den Worten verteidigte: „Ich Jahren bzw. seit 1989 nicht allein man die Verbrechen der Roten habe im Krieg nichts anderes für west-, sondern auch für osteu- Armee bzw. die Vertreibungen mit getan als Hunderttausende andere ropäische Staaten zu konstatieren den Verbrechen des Nationalsozia- Österreicher, nämlich meine ist – ich folge hier den Kategorien lismus vergleichen kann. In Polen Pflicht als Soldat erfüllt“ (3) Das des New Yorker Historikers Tony haben Forschungsergebnisse zu war der Satz, der zu einer Spal- Judt (2). Die 80er Jahre waren einem lokalen Massaker - in der tung der österreichischen Gesell- demnach der Beginn des Zerbre- Kleinstadt Jedwabne wurden im schaft in Anhänger Waldheims chens der Nachkriegsmythen. Judt Juli 1941 300 bis 400 jüdische Be- und in seine Gegner geführt hat. hat den die west- und osteuropäi- wohner von Polen ermordet – die Und was der österreichischen La- schen Gesellschaften durchdrin- Frage aufgeworfen, ob nur die borsituation noch ein weiteres genden Nachkriegsmythos auf fol- Deutschen die Täter sind oder ob Spannungselement verleiht, ist genden Nenner gebracht: das Po- es auch eine polnische Involvie- auch der Rahmen, in dem diese stulat der Unschuld des eigenen rung in den Vernichtungsprozess Debatte stattgefunden hat: die Volkes und die Projektion der gab. Präsidentschaftswahl, somit die Schuld auf Deutschland, also de Wahl einer Person und nicht pri- facto auf die Bundesrepublik In vielen europäischen Gesell- mär einer Partei, bei dieser Wahl Deutschland, denn diese Schuld- schaften zerbricht somit seit den musste man sich für oder gegen projektion gab es natürlich auch 80er Jahren der Mythos der Un- eine Person entscheiden. Das

13 betrifft widerstand PERSPEKTIVENWECHSEL AUF DIE VERGANGENHEIT heißt, jeder, der gewählt hat, mus- Dort stand unter Bezugnahme auf ste in dieser Diskussion entweder die Moskauer Deklaration von 1943 öffentlich oder im Familienkreis sinngemäß: Österreich ist das oder zumindest für sich selbst erste Opfer des Nationalsozia- Stellung beziehen, musste sagen lismus – „das erste freie Land, das nein, ihn kann ich gerade wegen der Hitlerschen Aggression zum seiner Einstellung zum Krieg Opfer gefallen ist“-, der österrei- nicht wählen, oder aber ja, so ähn- chische Staat wurde von einer lich haben wir uns auch gefühlt feindlichen Macht von Außen ge- oder so ähnlich hat mein Großva- waltsam besetzt. Das österreichi- ter, hat mein Vater usw. gedacht. sche Volk habe bis auf eine kleine Es gibt ein sehr bezeichnendes „nazifaschistischen Minderheit“ „Profil“-Titelblatt aus dem Jahr (4) nichts mit dem Nationalsozia- 1988, das zeigt Waldheims Gesicht lismus zu tun gehabt, sondern sei in der Mitte geteilt, rechts eine ihm vielmehr mit Ablehnung weiße Hälfte und links eine gegenübergestanden und habe – schwarze Hälfte, als Symbol für trotz brutaler Unterdrückung und Cover des Profil 1988 das gespaltene Land und nunmehr Terror – Widerstand geleistet.. gewissermaßen eine historische Der Punkt, an dem sich die Unab- Quelle für das emotionale Klima hängigkeitserklärung und Wald- aus der Zeit der Waldheim-Debat- heims Aussage am stärksten te. Man könnte vermuten - und widersprachen, ist allerdings die diese Vermutung hat einiges für Haltung zum Kriegsdienst in der sich -, dass einiges an der emotio- deutschen Wehrmacht. Es ging in nalen Aufladung, an der Heftig- der Unabhängigkeitserklärung ja keit dieser Debatte auch damit zu- nicht nur darum zu sagen, Öster- sammenhängt, dass Fotos von reich als Staat war das erste Opfer, Waldheim in Wehrmachtsuniform die Österreicher waren gegen den gefunden und veröffentlicht wur- Nationalsozialismus, wurden aber den. Sie sehen hier ein weiteres von feindlichen Mächten unter- „Profil“-Titelbild: Ein Porträt des drückt, sondern ein ganz wesent- Präsidentschaftskandidaten Wald- licher Punkt war die Frage der heim und daneben einen Aus- Mitverantwortung für die Teilnah- schnitt dieses bekannten Fotos, me am Zweiten Weltkrieg auf Sei- auf dem er in Wehrmachtsuni- ten Hitler-Deutschlands. Und hier form zu sehen ist. Cover des Profil 1986 Nr. 14, 7. April 1986) haben die Unabhängigkeitserklä- Der zentrale Punkt im Jahr 1986 rung, und etliche andere offizielle war, dass mit Waldheims Bemer- Zweite Republik auf einer „Ge- Darstellungen aus dieser Zeit, kung über die „Pflichterfüllung“ schichtslüge“ errichtet worden eben postuliert, dass die Österrei- letztlich auch die Opferthese fun- sei, nämlich der Lüge, das „erste cher ebenso wie die Bewohner an- damental in Frage gestellt wurde, Opfer“ des Nationalsozialismus derer besetzter Gebiete quasi ge- d.h. jene Aussagen die bislang das gewesen zu sein. Nun hat sich der zwungenermaßen auf Seiten der zentrale Argument der offiziellen Vorwurf der „Geschichtslüge“ aber Wehrmacht in einem Krieg, den Geschichtsdarstellung gewesen nicht auf eine Position gerichtet, kein Österreicher jemals gewollt war, wenn es um den Umgang mit die etwa in einem Buch, einem habe, kämpfen mussten. Interes- der NS-Zeit ging. Dieses Diktum Film, einer politischen Rede, in sant dabei ist, und das gilt auch vom „ersten Opfer“ wurde nun ge- einem geschichtswissenschaft- für andere Länder, dass die Nach- wissermaßen in einer Weise entle- lichen Buch vertreten wurde, also kriegsmythen offenkundig genau gitimiert, die auch die Kategorie auf die Position einer Person oder an jenem Punkt zerbrechen, bei Perspektivenwechsel, also quasi einer Gruppe, sondern im Grunde dem der Widerspruch zwischen vom goldenen zum schwarzen genommen auf das Gründungsdo- dem offiziellen Geschichtsbild Mythos, in sich trägt. Robert Me- kument der Zweiten Republik und seinen Gegenerzählungen - nasse und andere haben in Reak- selbst, nämlich die Unabhängig- jenen Deutungen der Vergangen- tion darauf geschrieben, dass die keitserklärung vom 27. April 1945. heit, die von den offiziellen Erklä-

betrifft widerstand 14 PERSPEKTIVENWECHSEL AUF DIE VERGANGENHEIT rungen abwichen, drauf wird noch dern vielmehr mit zwei Tabus zu lismus nicht zu tun hatte. einzugehen sein - am stärksten ist. tun haben, denn die Opferthese in Die anderen Elemente der Opfer- In Österreich war das naturgemäß der Fassung, wie wir sie von der these, wie sie in der Unabhängig- die Frage der Involvierung in die Unabhängigkeitserklärung des keiterklärung 1945 formuliert Wehrmacht. Jedes Kriegerdenkmal Jahres 1945 kennen, hat nur für wurde, haben allerdings in den in einem österreichischen Dorf er- eine kurze Phase den öffentlichen folgenden Jahren eine starke Ver- zählt eine ganz andere Geschichte Diskurs, die Gedächtnis- und Ge- änderung erfahren. als die Unabhängigkeitserklärung schichtspolitik in Österreich be- mit ihrer Formulierung von der stimmt. Sie finden die Erklärungs- DAS WIDERSTANDS- erzwungenen Teilnahme an einem muster der Opferthese, die dann GEDÄCHTNIS NACH 1945 Angriffskrieg. in der Waldheim-Debatte im Zen- trum der Kritik stehen sollten, Zunächst einmal das Gedächtnis Die Reaktionen auf die Waldheim- etwa im „Rot-Weiß-Rot Buch“ des des Widerstandes: 1946, in der be- Debatte waren nicht nur negativ, Jahres 1945 ebenso wie in der Aus- reits erwähnten Ausstellung im sondern durchaus auch positiv im stellung des Jahres 1946 „Niemals Wiener Künstlerhaus mit dem Sinne einer Chance historischer vergessen“, auch im Staatswap- Titel „Niemals vergessen!“, wird Aufklärung. Viele Intellektuelle, pen, das 1945 als Ergänzung zum der Widerstand als genuin öster- Historiker, Journalisten, im Bil- Wappen der Ersten Republik die reichisch dargestellt. Wenige Jahre dungsbereich Tätige haben ge- gesprengten Ketten erhielt, d.h. später ist die Berufung auf den hofft, nun wird Österreich mit sei- den Beitrag Österreichs an der Be- Widerstand nur insofern noch Teil nem „großen Tabu“ konfrontiert. freiung 1945 zeigen sollte, weiters einer offiziellen Erinnerungskul- Das ist auch der Titel des ersten in zahlreichen Widerstandsdenk- tur, als er einer Rhetorik nach Buches, herausgegeben von Anton mälern, die in dieser Zeit errichtet außen dient, als Untermauerung Pelinka und Erika Weinzierl, in oder zumindest geplant wurden. der Argumente zur Entkräftung dem die Geschichtswissenschaft Für die Jahre 1945-46 kann man der sogenannten Mitschuldklausel auf den Bruch des Geschichtsbil- von einem antifaschistischen in den Verhandlungen um den des reagiert hat. (5) Ich brauche Grundkonsens sprechen, der von Staatsvertrag. In Österreich selbst Ihnen wohl nicht zu sagen, dass der gesamten Öffentlichkeit, von beschränkte sich die Würdigung gerade die österreichischen Zeit- allen gesellschaftlichen Kräften des Widerstands zunehmend nur historiker in der Waldheim-Phase getragen wurde. noch auf die Kommunistische sehr irritiert waren, denn dieser Partei bzw. den KZ-Verband, in Bruch im Geschichtsbild ist ja Dieser antifaschistische Grund- Abstufungen und mit zum Teil nicht von ihnen ausgegangen, konsens hat spätestens in den Jah- anderer Ausrichtung wurde die sondern der kam gewissermaßen ren 1947/48 im Zusammenhang Erinnerung an den Widerstand „von unten“, wurde ausgelöst mit der Reintegration der ehema- auch bei den anderen Verbänden durch die öffentlichen Debatten ligen NationalsozialistInnen, die der Widerstandskämpfer, also um die Kriegsvergangenheit von auch das Wahlrecht wieder erhiel- dem Bund Sozialistischer Frei- Kurt Waldheim. In der Bundesre- ten, ganz entscheidende Brüche heitskämpfer und der ÖVP-Kame- publik hingegen war das anders: bekommen bzw. er hat sich in den radschaft der politisch Verfolgten der Historiker-Streit des Jahres folgenden Jahren de facto in sein getragen. Seit dem Ende der 40er 1986 war eine Kontroverse, die von Gegenteil verkehrt. Was sich seit Jahre wird der Widerstand jeden- Historikern ausgegangen ist und dem Ende der 40er, dem Beginn falls aus der 1945 formulierten Op- deren Austragungsort – im Unter- der 50er Jahre durchsetzen sollte, ferthese herausgelöst und findet schied zur hochemotionalisierten war die populistische Variante der sich in der Folge praktisch nur Debatte in Österreich – sich weit- Opferthese, in der die Österreicher noch in der kommunistischen Ge- gehend auf die Feuilletons der Zei- nicht als Opfer des Nationalsozia- schichtspolitik und Erinnerungs- tungen und Wochenzeitschriften lismus, sondern als Opfer des kultur. Widerstandsdenkmäler beschränkt hat. Krieges gegen den Nationalsozia- sind ab 1947/48 kaum noch poli- lismus erscheinen. Mit der Opfer- tisch durchsetzbar. Nur ein Bei- Aus heutiger Sicht zeigt sich aller- these des Jahres 1945 hatte diese spiel: 1954 gab es in eine dings, dass wir es nicht nur mit Opfererzählung nur einen Mini- Initiative zur Errichtung eines dem einen Tabu – Österreichs malkonsens gemein, nämlich dass Widerstandsdenkmals. Die „Salz- Festschreibung als erstes Opfer das österreichische Volk mit den burger Nachrichten“ kommentier- des Nationalsozialismus -, son- Verbrechen des Nationalsozia- ten die Angelegenheit ablehnend

15 betrifft widerstand mit dem Verweis, dass KZ-Denk- Dieser Befund ergibt sich bei- mäler tragen aber eine Erzählung mäler gegenwärtig nur noch In- spielsweise aus einer Untersu- in sich, die andere Erzählungen, strumente kommunistischer Pro- chung des Gefallenengedenkens in nämlich die Erzählung des Wider- paganda seien. Eine ganz ähnliche der Steiermark. (8) Es ist dabei standes gegen den Nationalsozia- Haltung lässt sich bei der KZ-Ge- nicht darum gegangen, das Ge- lismus und der NS-Verbrechen, denkstätte Mauthausen feststellen: denken an sich zu kritisieren, son- ausmanövriert. Was also mit die- Das offizielle Österreich wollte dern darum, zu zeigen, mit wel- ser Form des Gefallenengedenkens mit Mauthausen eigentlich nichts cher Bedeutung diese Denkmäler überschrieben wird, ist der Wider- zu tun haben, (6) es war de facto in ihrer Errichtungszeit aufgela- stand, der nun gewissermaßen als ein „externalisierter“ Ort auf der den wurden, nämlich als Zeichen- Teil der kommunistischen Erinne- Landkarte der Erinnerung, ein Er- setzungen, in denen zumindest rungskultur ein Schattendasein innerungsort, der sich im wesent- teilweise ganz deutlich die Über- führt. Ein Beispiel kann das illu- lichen auf die internationalen einstimmung mit der Kriegsrheto- strieren: Ein Gedenkstein für NS- Häftlingsorganisationen be- rik aus der NS-Zeit zum Tragen Opfer am Wiener Hotel Metropol, schränkte. kommt. Manchmal heißt es wört- die Zentrale der , konnte lich „Verteidigung des Vaterlan- 1951 vom KPÖ-nahen KZ-Verband DAS GEDFALLENENGEDENKEN des“, oder sogar „Verteidigung des nur in einer illegalen Aktion er- christlichen Abendlandes“ gegen richtet werden, die keine Zustim- Eine grundsätzliche Wendung die „Feinde aus dem Osten“. mung von Seiten der Stadt Wien nimmt allerdings auch die Frage Kriegerdenkmäler sind vor allem fand. der Beurteilung des Kriegsdienstes auch Erinnerungsstätten für An- in der deutschen Wehrmacht. gehörige, deren Grab nicht be- OFFIZIELLE UND KOLLEKTIVE 1948/49 gibt es schon die ersten kannt ist, d.h. ein Ort für Rituale GESCHICHTSBILDER IM Wortmeldungen anlässlich von der Trauer und des Erinnerns; NACHKRIEGS-ÖSTERREICH Denkmalenthüllungen, spätestens diese ganz wichtige Funktion aber seit Beginn der 50er Jahre haben Denkmäler für gefallene Es ist kein Zufall, dass Widerstand kommt es hier zu einer komplet- Soldaten natürlich in allen Län- und Verfolgung, dass die Opfer ten Umdeutung im Rahmen des dern. Das wird in den Denkmal- des NS-Regimes kaum Eingang in Gefallenengedenkens. Das zeich- weihen der Nachkriegszeit aller- das österreichische Gedächtnis ge- net sich in den Publikationen des dings überlagert von den Interes- funden haben. Ein Verweis auf die Kameradschaftsbundes, aber auch sen des Kameradschaftsbundes. jene Erzählungen, die das Ge- im breiteren öffentlichen Diskurs Auf der anderen Seite wird da- schichtsbild dominiert haben, ab – vor allem bei den so genann- durch die Erinnerung an den geben jene Bilder, die das österrei- ten Heldenehrungen, die regelmä- Widerstand implizit, zuweilen chische Bildgedächtnis prägen. ßig beim Totengedenken am 1./2. auch ganz explizit ausgeblendet. Eine der Ikonen dieses Bildge- November stattfinden. In man- In den meisten ländlichen Regio- dächtnisses ist der brennende Ste- chen Quellen wird explizit darauf nen finden Sie bis in die 80er phansdom, er vermittelt gewisser- verwiesen, dass sich ab jetzt diese Jahre, also bis nach Waldheim und maßen die zur „Normalkultur“ des Einstellung zu den Gefallenen än- zum Teil bis heute, für Menschen, Erinnerns gewordene populisti- dert: In einem Zeitungskommen- die als Gegner des NS-Regimes er- sche Variante der Opferthese – tar zur Errichtung des Gefallenen- mordet wurden oder der Verfol- nämlich die ÖsterreicherInnen als denkmals am Grazer Zentralfried- gung zum Opfer gefallen sind, die Opfer des Krieges gegen den Na- hof 1951 heißt es, dass sich „die zu Kriegsende als Deserteure getö- tionalsozialismus. Es ist kein Zu- Heimat durch die Erneuerung und tet wurden, keine Erinnerungszei- fall, dass etwa der „Osterreich II“- Neugestaltung von Kriegerdenk- chen. Die zumeist vom Kamerad- Band von Hugo Portisch/Sepp Riff mälern wieder zu ihren im härte- schaftsbund initiierten Krieger- zum Jahr 1945 dieses Bild am sten Kampf gefallenen Söhnen be- denkmäler sind in Österreich – vor Cover des Schutzumschlages kennt.“ (7) allem auch durch die breite gesell- trägt, das Bild wurde unzählige Zusammenfassend lautet in dieser schaftliche Unterstützung bei Male, auch in Schulbüchern, re- Phase der Duktus in etwa so: Den ihrer Errichtung, Enthüllung und produziert. Die zweite Ikone, Soldaten gebührt als treue Söhne bei den jährlichen Ritualen der ebenfalls Cover eines „Österreich der Heimat Ehre, sie sind für die Gefallenenehrung – gewisserma- II“-Bandes, ist die Balkonszene bei Verteidigung der Heimat gegen ßen zu einer Normalkultur des Er- der Unterzeichnung des Staatsver- den Ansturm der Feinde gefallen. innerns geworden. Kriegerdenk- trages im Oberen Belvedere im

betrifft widerstand 16 PERSPEKTIVENWECHSEL AUF DIE VERGANGENHEIT

Jahr 1955. Diese beiden Bilder ge- Selbstdarstellung nach außen be- geschwiegen werden sollte – nur hören noch immer zum Grundbe- schränkt war. Dieselben Politiker, gestört. Auch das ist ein Grund, stand des österreichischen Bildge- die die Opferthese nach außen hin warum Erinnerungszeichen für dächtnisses – das zeigt sich daran, präsentiert haben, haben oft in die Opfer von Widerstand und dass sich auch die meisten Aus- Österreich selbst bei Kriegerdenk- Verfolgung vielfach bis heute stellungen und Berichte im Ge- malweihen den ehemaligen Solda- wenig präsent sind, wenngleich denkjahr 2005 sich genau in dieser ten den Dank für die Verteidigung sich seit dem Ende der 80er Jahre Bilderwelt bewegten, deren Er- der Heimat ausgesprochen. von Initiativen einer neuen Er- zählmuster folgendermaßen be- Auf der anderen Seite die populär- innerungskultur gerade auch in schrieben werden kann: Die Ge- kulturelle Tradition, in der ganz den ländlichen Regionen zahlrei- schichte beginnt nicht 1938, son- andere Geschichten erzählt wur- che Denkmäler und Gedenktafeln dern bei den Zerstörungen zu den, vor allem in der regionalen errichtet wurden. Kriegsende, als die Bombenangrif- und lokalen Geschichte, d.h. was fe begannen und schließlich die wird im Dorf oder in der Familie Diese Konstellation – eine antifa- Kampfhandlungen gewisserma- erzählt – in der Forschung gibt es schistische Opferthese, die sich ßen in die „Heimat“ kamen. Nicht dafür den Begriff des kommunika- weitgehend auf die Selbstdarstel- Befreiung, sondern Not und Zer- tiven Gedächtnisses. Da finden Sie lung nach außen beschränkt, wäh- störung prägen das Bild des Jahres zumeist nichts von der Opferthe- rend der öffentliche Diskurs in 1945, erst 1955 wurde die eigentli- se, sondern es geht im Wesent- Österreich durch die populistische che Freiheit erlangt. Diese Erzäh- lichen um den Krieg und zwar um Gegenthese bestimmt ist - ändert das „eigene Leid“, um die Bevölke- sich in zwei Bereichen in den rung als Opfer des Krieges – das 60er/70er Jahren. Leid der NS-Opfer kommt darin Die erste Änderung, nämlich eine nicht vor. Beispiele für die Ver- Neubewertung des Widerstandes, breitung dieser Sichtweise zeigen beruht auf einer Intervention von sich in der -Wochenschau innen. Anfang der 60er Jahre wird der Nachkriegszeit, wo die Erzäh- bei einigen Denkmalkonflikten – lung über die Vergangenheit vor allem in Graz 1961 und im immer wieder beginnt mit den niederösterreichischen Maria Lan- Bombenschäden, mit dem bren- gegg 1963 – deutlich, wie wenig nenden Stephansdom, mit der Rückhalt das Gedenken an die brennenden Staatsoper usw. Opfer des NS-Regimes und damit Das ist gewissermaßen die Kon- auch das Geschichtsbild der Op- stellation bis zur Waldheim-De- ferthese in der breiten Öffentlich- batte: das offizielle Geschichtsbild keit hat. Insbesondere zunehmend der Opferthese einerseits, die viel- radikale Tendenzen im Kamerad- fältigen öffentlichen, halb-öffent- schaftsbund wurden in etlichen, Buchcover von Hugo Portisch’ Österreich lichen und privaten Erzählungen – auch konservativen Presseorganen II, Die Wiedergeburt unseres Staates oder vielmehr: Gegenerzählungen zunehmend kritisch kommentiert. lung hat praktisch keinen Bezug zum offiziellen Geschichtsbild an- Als Verweis auf bedenkliche Er- zur Opferthese des Jahres 1945, dererseits. Dem Gefallenengeden- scheinungen einer „Renazifizie- der Nationalsozialismus und seine ken, den „Heldenehrungen“ rung“ (9) im ersten Jahrzehnt nach Verbrechen – und damit auch der kommt dabei eine wesentliche Abschluss des Staatsvertrages galt Widerstand gegen das NS-Regime Schnittstelle zu: Hier verschrän- vor allem der Konflikt um eine Ge- – kommen nicht vor. ken sich die Diskurse, vor dem denktafel in Maria Langegg im Kriegerdenkmal wird gewisserma- Jahr 1963: Der niederösterreichi- Wenn es 1986, durch die Wald- ßen offenkundig, was öffentlich sche Kameradschaftsbund verwei- heim-Affäre, einen Tabubruch ge- sagbar ist, welches Geschichtsbild gerte die Teilnahme an der Weihe geben hat, dann ist es somit ein in einem Ort, in einer Region die einer Gedenktafel, auf der neben Bruch mit zwei Opfer-Erzählun- Deutungshoheit inne hat. Denk- Priester, die ihr Leben als Soldaten gen: Die eine war die offizielle Op- mäler für den Widerstand und die gelassen hatten, auch drei Geistli- ferthese, die eigentlich in Öster- Opfer des NS-Regimes hätten die- che, die von den Nationalsoziali- reich selbst kaum bedeutsam war, sen Konsens – worüber gespro- sten ermordet worden waren, ge- sondern weitgehend auf die chen werden konnte und worüber ehrt werden sollten. Von Seiten

17 betrifft widerstand PERSPEKTIVENWECHSEL AUF DIE VERGANGENHEIT des Kameradschaftsbundes wurde Widerstandskämpfer Ernst Kirch- den in Österreich, der sich nicht dazu erklärt: „die „ehrlichen Sol- weger, getötet. in diese Darstellung des Wider- daten, die das Priesterkleid tru- stands einreihen hätte können, gen, ihren Eid hielten und dafür Diese klare Positionierung betrifft womit natürlich ein Konsensmo- starben“, sollten nicht „mit den aber nur eine schmale Schicht des dell geschaffen wurde. 1978 eröff- verschiedenen Erscheinungen offiziellen Österreich. Im Wesent- nete die Ausstellung im Doku- gegensätzlicher Art“ gleichgestellt lichen bestand die skizzierte Kon- mentationsarchiv des österreichi- werden. (10) stellation weiter, auch wenn die schen Widerstands mit dem Titel Daraufhin erließ Innenminister 68er Bewegung an den Universitä- „Der österreichische Freiheits- Franz Olah ein Aufmarschverbot, ten den wissenschaftlichen Di- kampf“. Dieser ersten und bis damit erfolgte erstmals eine Reak- skurs über die Vergangenheit zu heute einzigen Ausstellung über tion des offiziellen Österreich auf beeinflussen begann. Das Engage- die NS-Zeit in Wien (seit 2005 die Entlegitimierung der Opfer- ment einer neuen Generation von allerdings gänzlich neu gestaltet) these, die in dem konkreten Fall Historikerinnen und Historikern liegt das Narrativ der antifaschi- soweit ging, dass den Opfern des richtete sich vor allem auch auf stischen Opferthese des Jahres NS-Regimes die Ehre abgespro- die Würdigung des Widerstandes 1945 zu Grunde. Im selben Jahr, chen wurde. Als Reaktion des of- als historischem Bezugspunkt der zum 40. Jahrestag des „Anschlus- fiziellen Österreich auf dieses Si- österreichischen Nation. Im 1963 ses“, gab das Unterrichtsministe- tuation lässt sich auch die Denk- gegründeten Dokumentationsar- rium eine Broschüre für Schüle- malinitiative der Bundesregierung chiv des österreichischen Wider- rInnen mit dem Titel „Der verges- im Jahr 1965 interpretieren: Am 27. standes (DÖW) fanden sie eine ge- sene Widerstand“ heraus. Eben- April, dem 20. Jahrestag der Unab- meinsame Plattform mit ehemali- falls 1978, fast zeitgleich mit der hängigkeitserklärung, wurde das gen WiderstandskämpferInnen. In Ausstellung im DÖW, wird die erste Denkmal der Republik Öster- den 70er Jahren – der Ära Kreisky österreichische Ausstellung in der reich für die Opfer des Widerstan- – beginnen die ersten großen For- KZ-Gedenkstätte Auschwitz eröff- des im äußeren Burgtor der Wie- schungsprojekte, entsprechende net. Auch hier ist die Opferthese ner Hofburg seiner Bestimmung Initiativen finden Gehör und naturgemäß inhaltliches Leitmo- übergeben. Bei der groß angeleg- Unterstützung auch im Sinne von tiv, ikonisch bereits im Eingangs- ten Jubiläumsfeier sagte der da- Forschungsförderung. In den 70er bild unmissverständlich zum Aus- malige Nationalratspräsident Al- Jahren entstehen am DÖW die er- druck gebracht wird: Sie sehen fred Maleta: (ÖVP), „wir lassen uns sten grundlegenden Forschungs- Österreich, zerstört von den Stie- das Haus, das wir gebaut haben, arbeiten zu Widerstand und Ver- feln des Nationalsozialismus, die nicht in Brand stecken“. Maleta folgung in Österreich. In den 70er über das Land marschieren. Dieses bekannte sich zur „Einbeziehung Jahren gelingt es auch, den Wider- Bild könnte aus der „antifaschisti- der ehemaligen Nationalsoziali- stand in die Schulbücher zu inte- schen Ausstellung“ 1946 stammen sten in die demokratische Ge- grieren, was zuvor nicht der Fall - 1978 steht es aber vor allem auch meinschaft“, erklärte aber un- war. Mein eigenes Geschichte- für eine Neubelebung der Opfer- missverständlich: „Wir pardonier- Lehrbuch zur Zeitgeschichte aus these. ten Menschen, aber wir akzeptier- dem Jahr 1973 enthält beispiels- Zusammenfassend könnte man ten nicht das Geschichtsbild der weise ein Kapitel zum österreichi- zuspitzen, dass Sie in den 50er nationalsozialistischen Vergan- schen Widerstand, damals wohl Jahren, 60er Jahren in Österreich genheit.“ (11) Dass Maleta so klare als „revolutionäre“ Intervention als Kommunist bezeichnet worden Worte fand, hängt auch mit der in einem Schulbuch zu betrach- wären, wenn Sie gewisse Dinge Affäre um Taras Borodajkewycz ten, das ja durch politisch besetzte gesagt hätten, die in der Grün- zusammen: Die antisemitischen Gremien approbiert werden mus- dungserklärung der Zweiten Re- und deutschnationalen Aussagen ste. Der Preis dafür war allerdings, publik vom Jahr 1945 stehen. Erst des Historikers und Professors an dass der Widerstand gewisserma- Ende der 70er Jahre wird somit der Wiener Hochschule für Welt- ßen politisch austariert worden das, was 1945 in der Unabhängig- handel bei einer im TV übertrage- ist, was soweit ging, dass nicht keitserklärung festgehalten nen Pressekonferenz führten zu nur Sozialdemokraten, Kommuni- wurde, wieder in das öffentliche Demonstrationen von Anhängern sten und Konservative, sondern Bewusstsein implementiert, vor und Gegnern, bei Zusammenstö- auch „enttäuschte“ Nationalsozia- allem in das Geschichtsbewusst- ßen wurde ein Demonstrant, der listen zum Widerstand gezählt sein der jüngeren Generation. ehemalige kommunistische wurden. De facto gab es nieman-

betrifft widerstand 18 PERSPEKTIVENWECHSEL AUF DIE VERGANGENHEIT

Und genau das ist ein wesentlicher richtsministerium bereits vorbe- erste Mal, dass sich hier die Em- Hintergrund für die Waldheim- reitet. Das hat nicht zuletzt zu phase verschiebt, denn die empha- Debatte. Die jüngere Generation einer Konkurrenz zur BRD ge- tischen Opfer der Nachkriegszeit vor allem, die mit diesen Schulbü- führt: Der ORF stellte binnen kur- waren ja nicht die Opfer des Na- chern, mit diesem Geschichtsbild zer Zeit eine aufwändige Medien- tionalsozialismus, sondern das in ihrer Bildungserfahrung sozia- beobachtung auf die Beine, um bei waren schon bald nach Kriegsende lisiert wurde – im familiären Um- der Untersuchung der Wirkung die „Heimkehrer“ aus der Kriegs- feld können das ganz andere Er- der TV-Serie auf die öffentliche gefangenschaft. zählungen gewesen sein, konnte Meinung besser gerüstet zu sein Damit ist eine weitere Ikone im Waldheim nicht mehr verstehen. die deutschen Rundfunkanstalten, Bildgedächtnis der Nachkriegszeit Waldheim hat später einmal in worauf man dann auch stolz ver- angesprochen, die Fotos der einem Interview gesagt, er habe wies. Kriegsheimkehrer, die ebenfalls den besagten Satz von der „Pflich- „Holocaust“ fungierte nun gewis- vielfach reproduziert wurden. Es terfüllung“ in der deutschen sermaßen als Intervention von gibt Untersuchungen, die zu dem Wehrmacht nur gesagt, weil er außen in das österreichische Ge- Schluss kommen, dass genau nicht gewusst hätte, dass man das schichtsbild, diese TV-Serie setzte diese Heimkehrer-Fotos in der in Österreich nicht mehr sagen allerdings ganz andere Themen Nachkriegszeit die Bilder der KZ- darf. Das hat etwas für sich, wenn auf die Agenda der Vergangen- Opfer überlagert haben. man bedenkt, dass sich genau mit heitsdebatte als sie bislang ver- diesem Satz Friedrich Peter noch handelt wurden, nämlich die 10 Jahre zuvor, 1975, ganz erfolg- Frage der österreichischen Beteili- reich gegen Vorwürfe, in einer be- gung an den NS-Verbrechen. rüchtigten SS-Einheit gedient zu Nachdem sich der Erfolg in haben und Kriegsverbrechen be- Deutschland abzeichnete, war gangen zu haben, verteidigt hatte. man in Österreich hektisch be- Damals war das ein legitimer Satz. müht, Materialien für die Schulen 1986 entsprach dieser Satz nicht zur Verfügung zu stellen. Wolf- mehr den Geschichtsvorstellun- gang Neugebauer, der langjährige gen vieler Österreicherinnen und Leiter des DÖW, damals zu den Österreicher. jungen Historikern zählend, hat dafür im Auftrag des Unterrichts- DIE TV-SERIE „HOLOCAUST“ ministeriums einen Text geschrie- ben: „Die Österreicher und der Dazu hat - neben der Wiederbele- Holocaust“. Am Titel ist schon er- bung der Opferthese und des kennbar, dass den Österreichern Titelseite der deutschen Wochenzeit- Widerstands - eine zweite Inter- in dieser Phase erst beigebracht schrift „Der Spiegel“ vom 29.1.1979 vention beigetragen, die auf einer werden musste, dass sie mit dieser ganz anderen Ebene erfolgt ist. Geschichte etwas zu tun haben, „Holocaust“ fand auch in den Me- 1979, ein Jahr nachdem erstmals dass der Holocaust etwas ist, was dien eine überraschend breite Re- eine intensive öffentliche Ausein- nicht nur die Deutschen betrifft. sonanz – sowohl der „Spiegel“ als andersetzung mit dem „An- auch das „Profil“ brachten mehre- schluss“ 1938 erfolgte, wurde die „Holocaust“ hat nicht nur eine re Titelgeschichten mit zahlrei- US-amerikanische Fernsehserie neue Frage aufgeworfen, die TV- chen Fotos aus der TV-Serie, aber „Holocaust“ in der BRD und in Serie hat, zumindest kurzfristig, auch Dokumentaraufnahmen. Österreich ausgestrahlt. Der Er- die Emphase, das Mitfühlen/Ein- Auch in diesen Bildern erhalten folg von „Holocaust“ war zu- fühlen auf die Opfer des National- Wehrmachtssoldaten nun eine nächst nicht vorauszusehen, der sozialismus gerichtet und den na- ganz andere Konnotation, eine an- wurde erst klar, als die Serie im tionalsozialistischen Herrschafts- dere Bedeutungszuschreibung als Deutschland unglaublich einge- apparat - auch die Soldaten der bisher: nicht als „Verteidiger der schlagen hat. Als in Österreich ei- Deutschen Wehrmacht - negativ Heimat“ wie auf den Kriegerdenk- nige Wochen später die Ausstrah- als Täter oder zumindest als Zu- mälern und nicht als bemitlei- lung erfolgte, waren ORF, Presse schauer bei Massakern und Gräu- denswerte Opfer, wie auf den und nicht zuletzt relevante Deu- eltaten gegenüber der jüdischen Heimkehrer-Fotos, sondern als Be- tungsinstanzen wie das Unter- Bevölkerung konnotiert. Es ist das teiligte an NS-Verbrechen und am

19 betrifft widerstand PERSPEKTIVENWECHSEL AUF DIE VERGANGENHEIT

Holocaust. Die 1979 ausgestrahlte falls zur Folge hatte, war eine Ero- Namen dieses Regimes großes TV-Serie „Holocaust“ hat – ge- sion jenes Erklärungsmodells, das Leid über andere gebracht haben“. meinsam mit einer Vielzahl von seit der Unabhängigkeitserklä- Vranitzky bekannte sich zur „Mit- Begleitdokumentationen im Fern- rung die Basis des offiziellen Deu- verantwortung für das Leid, das sehen, in den Printmedien - ein tungsmusters bildete - eine Ero- zwar nicht Österreich als Staat, nachhaltiges Einspeisen der Bilder sion, die Unsicherheit, ja Irrita- wohl aber Bürger dieses Landes des Holocaust in das öffentliche tion auslöste. Was konnte jetzt über andere Menschen und Völker Bewusstsein bewirkt. Ich brauche noch als gültiges österreichisches gebracht haben.“ (12) Diese Ein- Ihnen hier kein Bild zu zeigen, es Geschichtsbild bezeichnet wer- schränkung des Opfer-Status auf ist ausreichend, z.B. die Rampe in den, wenn der Präsidentschafts- die staatsrechtliche Ebene ist Auschwitz zu nennen, um sie vor kandidat (und im zweiten Wahl- nicht nur ein symbolischer Akt sich zu sehen, weil Sie eben schon gang gewählte Präsident) selbst der Übernahme einer „morali- so oft mit diesen Bildern konfron- die Opferthese mit seinem Be- schen Mitverantwortung für Taten tiert wurden. All das ist ein Ergeb- kenntnis zur „Pflichterfüllung“ in unserer Bürger“ (Franz Vranitzky), nis der späten 70er Jahre. der deutschen Wehrmacht prak- sondern auch die Voraussetzung tisch aus den Angeln gehoben für neue Regelungen der materiel- FOLGEN DER WALDHEIM- hatte? Und wenn das Argument len Wiedergutmachung. Der Ver- DEBATTE vom „ersten Opfer“ nun als „Ge- weis auf den Opferstatus hatte schichtslüge“ firmierte? nach 1945 immer wieder dazu ge- Vor dem Hintergrund der beiden dient, Ansprüche der Opfer zu- geschilderten Interventionen in Es ist eine interessante Konstella- rückzuweisen. Sie finden dies zum den Nachkriegsmythos, wie er tion, dass sich zwei Jahre nach der Beispiel in den 60er Jahren, als sich am Ende der 40er Jahre – Waldheim-Debatte mit der 50. Vertreter der Jewish Claims Con- unter dem Vorzeichen der gesell- Wiederkehr des „Anschlusses“ im ference versucht haben, Wieder- schaftlichen Integration ehemali- Jahr 1988 ein Rahmen eröffnete, gutmachungszahlungen zu erlan- ger NationalsozialistInnen und um auf die Erosion des Ge- gen, ihnen wurde von der österrei- des Kalten Krieges – herauskristal- schichtsbildes und den irritieren- chischen Regierung beschieden, lisiert hat, ist die Waldheim-De- den Verlust der Ordnungen im dass es sich um deutsche Verbre- batte zu sehen – die Auseinander- Haushalt der Geschichtserzählun- chen handelt, mit denen der öster- setzung erfolgte allerdings 1986 gen zu reagieren – schnell setzte reichische Staat nichts zu tun hat nicht mit der Opferthese des Jah- sich der Terminus „Gedenkjahr“ und dass Österreich daher zu kei- res 1945, sondern mit jener Fas- durch. ner Wiedergutmachung verpflich- sung, die am Ende der 70er Jahre In den Aktivitäten dieses Jahres tet sei. bestimmend wurde. Und es zählt ereignete sich genau das, was man zu den Paradoxien des österreichi- als Ausverhandeln eines neuen Ge- Die in den Neuverhandlungen des schen Gedächtnisses, dass die ge- schichtsbildes bezeichnen könnte. Geschichtsbildes entstandene schichtspolitischen Kämpfe der Dieses Ausverhandeln erfolgte Konsensformel kann folgenderma- 60er und 70er Jahre offenkundig einerseits auf der Ebene der öf- ßen formuliert werden: Als Staat mittlerweile dem kulturellen Ver- fentlichen Erklärungen – hier ist Österreich zwar 1938 zum Opfer gessen anheim gefallen waren. In kann die Konsensformel der Rede, geworden, in der österreichischen diesen Auseinandersetzungen war die Bundeskanzler Franz Vranitz- Gesellschaft waren jedoch Opfer es ja gerade darum gegangen, die ky im Jahr 1991 vor dem National- wie Täter. Diese Feststellung mag antifaschistische Opferthese des rat gehalten hat, als gültige For- im heutigen Diskurs über die NS- Jahres 1945 gegen die in vielen so- mulierung eines neuen offiziellen Vergangenheit banal wirken, denn zialen Räumen weitaus wirkungs- Standpunktes angesehen werden: diese Begriffe zählen mittlerweile mächtigere populistische Variante Österreich sei zwar als Staat „im zum Mainstream des Sprechens der Opferthese durchsetzen – eine März 1938 Opfer einer militäri- über die NS-Zeit. Die Fokussie- Erzähltradition, die durchaus schen Aggression“ geworden, rung auf die Positionen „Täter“ Übereinstimmungsfelder zur NS- viele Österreicher haben Wider- und „Opfer“ in den Vorstellungen Ideologie aufwies, etwa was den stand geleistet oder wurden Opfer über die NS-Gesellschaft ist aller- Kriegsdienst zur „Verteidigung der der „Tötungsmaschinerie des NS- dings relativ neu, möglicherweise Heimat“ und die „guten Seiten“ Regimes“, aber „wir dürfen auch könnte man sie als Popularisie- des Nationalsozialismus betraf. nicht vergessen, dass es nicht we- rung der Kategorien von Raul Hil- Was die Waldheim-Debatte jeden- nige Österreicher gab, die im berg, dem amerikanischen Be-

betrifft widerstand 20 PERSPEKTIVENWECHSEL AUF DIE VERGANGENHEIT gründer der Holocaust-For- „Jud“ des Original-Fotos durch die zehnt der Zweiten Republik, Wien 1996, S. schung, betrachten, einer seiner verschränkten Jahreszahlen 33-50. Bücher trägt den Titel „Täter, 1938/88 ersetzt. (2) Tony Judt: Die Vergangenheit ist ein anderes Land. Politische Mythen im Nach- Opfer, Zuschauer. Die Vernichtung Diese Fotographien werden zum kriegseuropa, in: Transit. Europäische der Juden 1933 – 1945“ (1992). historischen Zeugnis für eine Revue (1993/1994) H. 6, S. 87-120. Letztlich ist das auch das gesell- Sichtweise auf die NS-Vergangen- (3) Kurt Waldheim in einer Wahlbroschüre schaftliche Szenario der Serie heit, die über die These der bloßen vom April 1986, zit. n. Neues Österreich „Holocaust“: die Täter, die Opfer, Mitverantwortung der österreichi- (Hg.), Pflichterfüllung. Ein Bericht über Kurt Waldheim, Wien (1986) (Einband). diejenigen, die zugeschaut haben schen Gesellschaft an den NS-Ver- (4) Proklamation vom 27. April 1945, in: und die wenigen, die geholfen brechen hinausgeht: Sie visualisie- Staatsgesetzblatt für die Republik Öster- haben. ren das, was als ein genuin öster- reich, 1. Mai 1945. Diese Konstellation beginnt zu- reichischer Beitrag am Holocaust (5) Vgl. Anton Pelinka/Erika Weinzierl nehmend die Vorstellungswelt bezeichnet werden kann, das „An- (Hrsg.), Das große Tabu. Österreichs Umgang mit seiner Vergangenheit, Wien über den Nationalsozialismus zu schluss“-Pogrom, die spontanen 1987. füllen, sie findet sich nun auch in Ausschreitungen in Wien, war (6) Bertrand Perz, Die KZ-Gedenkstätte einem visuellen Narrativ, das mitt- kein gelenktes Pogrom wie im No- Mauthausen 1945 bis zur Gegenwart, Inns- lerweile ikonischen Status gewon- vember 1938, sondern das waren bruck u.a. 2006. nen hat: der Gegenüberstellung spontane, menschenverachtende (7) Dem Andenken der Gefallenen, in: Kleine Zeitung, 5.6.1951, S. 4. von zwei Bildkategorien. Fotos Demütigungsrituale in aller Öf- (8) Stefan Riesenfellner, Heidemarie Uhl: von den jubelnden Menschen am fentlichkeit, auf den Straßen Todeszeichen. Zeitgeschichtliche Denk- Heldenplatz im März 1938, die ja Wiens. Und damit schreibt sich malkultur in Graz und in der Steiermark ganz dezidiert der Opferthese Österreich nicht nur im Sinne von vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zur widersprechen und die bislang in Mittäterschaft, sondern auch im Gegenwart. Wien/ Köln/ Weimar 1994. (9) Walter Hacker, Warnung an Öster- den Schulbüchern praktisch nicht Sinne eines spezifischen Beitrags reich, in: Walter Hacker (Hg.): Warnung zu finden waren, werden jetzt zu zur Radikalisierung der Verfol- an Österreich. Neonazismus: Die Vergan- Symbolen für die österreichische gungspolitik gegen die jüdische genheit bedroht die Zukunft, Wien- Tätergesellschaft. Dem werden die Bevölkerung in die Geschichte des Frankfurt am Main-Zürich 1966, S. 9. Fotos des „“-Pogroms Holocaust ein. (10) Niederösterreichische Landzeitung, F. 37, 12.9.1963, zit. n. ebda, S. 171. gegenübergestellt – als Symbol für Diese Bilder haben nicht nur Ein- (11) Maleta: Wir lieben dich, Vaterland! in: die Leiden der Opfer der Verfol- gang in das österreichische Bild- Wiener Zeitung, 28.4.1965, S. 1f. gung. gedächtnis gefunden, sie finden (12) Zit. n. Gerhard Botz / Gerald Spreng- Die fotographischen Dokumente sich etwa in Daniel Goldhagens nagel, (Hg.: Kontroversen um Österreichs des „Anschluss“-Pogroms haben aufsehenerregendem Buch „Hit- Zeitgeschichte. Verdrängte Vergangen- heit, Österreich-Identität, Waldheim und in den Neuverhandlungen des Ge- lers willige Vollstrecker. Ganz ge- die Historiker, Frankfurt a.M./New York schichtsbildes nach der Wald- wöhnliche Deutsche und der Ho- 1994 (= Studien zur Historischen Sozial- heim-Debatte den Status von Iko- locaust“ (1996), sie finden sich in wissenschaft 13), S. 5 nen des Bildgedächtnisses gewon- der Ausstellung des „Ortes der In- nen – in der Fokussierung auf formation“ des Berliner Holo- diese Fotos drückt sich der Per- caust-Denkmals. Die Bilder des spektivenwechsel auf die NS-Ver- „Anschluss“-Pogroms in Wien gangenheit aus, sie werden zu haben Eingang in das globale Bild- Symbolen für den neuen Umgang gedächtnis des Holocaust gefun- mit der Vergangenheit, für den den – sie sind ein Indikator für das Abschied von der Opferthese. Auf Einschreiben dieser Ereignisse in der Titelseite des „Profil“ zum Ge- die Geschichte des Holocaust: als denkjahr 1988 (Nr. 10, 7.3.1988) fin- geniun österreichischer Beitrag den Sie das Foto eines Jungen, der zur Radikalisierung der NS-Verfol- von einem Mann mit Hakenkreuz- gungspolitik gegenüber der jüdi- Armbinde gezwungen wird, eine schen Bevölkerung: Fassade mit einer Aufschrift zu versehen – umgeben von einer Anmerkungen: beifälligen Menge, darunter viele (1) Vgl. Ernst Hanisch, Die Präsenz des Jugendliche. In der Fotomontage Dritten Reiches in der Zweiten Republik, des „Profil“ wird die Aufschrift in: Wolfgang Kos/Georg Rigele (Hrsg.), Heidemarie Uhl, Foto: ZME Inventur 45/55. Österreich im ersten Jahr-

21 betrifft widerstand Befreiungsfeier 7. Mai 2007 Rede von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

Meine sehr geehrten Damen und mächtig war für jene Menschen, eignisse, die in sich geschlossen Herren! denen heute in besonderer Weise und abgeschlossen sind. Sie ist unser Mitgefühl und unser Re- vielmehr eine Summe von Punk- Ich bedanke mich aufrichtig dafür, spekt gelten, die Wende vom KZ- ten, zu denen viele Stränge hin- dass Sie auch heuer an der guten Häftling zur Wiedererlangung der führen und von denen auch viele Tradition einer Gedenkveranstal- Menschenwürde. Stränge wieder wegführen – bis in tung im ehemaligen KZ Ebensee unsere Gegenwart. festgehalten haben, dass Sie diese In gleicher Weise gilt unser Mitge- Veranstaltung vorbereitet haben, fühl und unser Respekt natürlich In diesem Sinn ist Erinnern eine in und ich bedanke mich auch für die jenen vielen Menschen, die die der Gegenwart verankerte Ausein- Einladung, aus diesem Anlass das Zeit der Hitlerdiktatur und im be- andersetzung mit der Vergangen- Wort zu ergreifen. Ich habe diese sonderem die Haft in Konzentra- heit und eine in der Vergangenheit Einladung gerne angenommen. tionslagern nicht überlebt haben. verankerte Auseinandersetzung mit der Gegenwart. Der 27. April, also der Tag der Wieder- Die Geschichtsdarstellung hier in errichtung der Re- Ebensee beginnt daher folgerichtig publik Österreich, bereits Jahre vor der Machtergrei- der 6. Mai, der Tag fung von Adolf Hitler und endet der Befreiung des mit den Jahren nach 1945, mit der KZ-Lagers Ebensee - Aufarbeitung – oder eben nicht er- einen Tag nach der folgten Aufarbeitung – der Zeit Befreiung Mauthau- des Nationalsozialismus. sens - und der 8. Mai, der Tag der Ka- Meine Damen und Herren! pitulation Hitler- deutschlands und Die alljährliche Gedenkveranstal- Die Gedenkfeier am KZ-Friedhof, Foto: ZME des Kriegsendes in tung in Ebensee erinnert an eines Europa, bleiben der dunkelsten Kapitel der öster- Obwohl ich im Frühjahr 1945 erst daher historische Daten in der Ge- reichischen Geschichte. Gerade ein Kind war, das gerade mit der schichte Europas und in der Ge- deshalb ist es wichtig, Licht in die- Schule begonnen hatte, hat sich schichte unseres Landes. sen Zeitabschnitt zu bringen, sich die fundamentale Wende in den damit auseinander zu setzen, was Tagen und Wochen des Frühjahrs Mit diesen historischen Daten ver- damals geschah und sich den Fra- 1945 tief in mein Bewusstsein und antwortungsbewusst umzugehen gen zu stellen, warum dies alles in mein Gedächtnis eingegraben: sind wir den Opfern des National- geschehen konnte. Warum tausen- sozialismus schuldig. de Menschen zu Mördern werden Die Wende vom Krieg zum Frie- konnten. Warum hunderttausende den. Mein Dank gilt daher auch dem Menschen tatenlos zusahen, wie Die Wende von der Diktatur zur Verein Gedenkstätte Ebensee, der ihre Freunde, ihre Nachbarn, ihre Demokratie. maßgeblich dafür verantwortlich Arbeitskollegen verschwanden. Die Wende von der so genannten ist, dass hier ein Ort des Er- Der Hinweis, dass man von all Ostmark zur selbständigen Repu- innerns, des Gedenkens, aber auch dem gar nichts gewusst habe, ist blik Österreich. ein Ort der lebendigen Diskussion hinlänglich widerlegt. Vielleicht Die Wende von der Zerstörung und der Bewusstseinsbildung ge- ist der eine oder andere wirklich in zum Wiederaufbau. schaffen wurde. Vergangenheit ist Unkenntnis gewesen. Vielleicht ist Und ganz besonders schicksals- keine Ansammlung isolierter Er- das eine oder andere „Detail“ wirk- betrifft widerstand 22 REDE BP HEINZ FISCHER lich erst im Nachhinein deutlich sieren oder gegen andere Verbre- ans Tageslicht gekommen. Das än- chen aufzurechnen versuchen. dert aber nichts daran, dass die to- talitäre Ideologie und der men- Gleichzeitig darf man allerdings schenverachtende Umgang mit feststellen, dass es in Österreich bestimmten Bevölkerungsgrup- einen breiten, parteienübergrei- pen von jedem gesehen werden fenden Konsens dahingehend konnten, der sehen wollte. gibt, die Verbrechen des National- sozialismus bedingungslos zu ver- Schon 1933, wenige Monate nach urteilen und auch nach den Ursa- der Machtergreifung Hitlers in chen zu forschen. Deutschland, hatte z.B. der in Wien lebende Schriftsteller Karl Und genau das müssen wir mit Kraus die Politik der Nazis in all Nachdruck auch an die nachfol- ihren Facetten beschrieben, einzig genden Generationen weiterge- auf der Grundlage von Zeitungs- ben. meldungen. Was er im Herbst 1933 beschrieb, klingt wie eine Vorweg- Denn der Weg in die Katastrophe nahme all dessen, was wir heute des Nationalsozialismus wurde über die Jahre zwischen 1933 und zumindest teilweise auch durch 1945 wissen. Er schreibt von die Indifferenz großer Teile der Be- Juden, die ins Konzentrationslager völkerung geebnet. Auch wenn es „eskortiert“ werden, „wo dann Foto: Wolfgang Spitzbart Einzelne gab, die sich Hitler ent- eine Erschießung auf der Flucht“ gegenstellten und das vielfach mit konstruiert wird und berichtet, schen Juden in aller Form be- dem Leben bezahlen mussten - dass ein nicht begangener Dieb- schlossen wurde. wie z.B. Franz Jägerstätter, dessen stahl den Nazis als „Alibi für tau- 100. Geburtstag in wenigen Tagen send Morde“ diene. Diese Darstel- Und heute sind 62 Jahre seit dem begangen wird - bestand eine lung der Nazi-Verbrechen noch Ende des Zweiten Weltkrieges ver- weitverbreitete Haltung eben in bevor diese sich in all ihrer Un- gangen. 62 Jahre ist es her, dass einem Gewährenlassen und Weg- menschlichkeit voll entfaltet hat- der nationalsozialistischen Herr- schauen. ten, macht deutlich, dass von Be- schaft ein Ende bereitet wurde. ginn an geplant war, was dann Und immer noch sind die Wunden Daher finde ich es so wertvoll, was durch die so genannte „Endlö- von damals nicht gänzlich ver- heute in vielen Schulen geschieht, sung“ einen zynischen Namen heilt. was viele Historiker und Zeitge- bekam. schichtler versuchen und was Und sie können auch nicht ver- auch in den politischen Diskurs „Auschwitz“, wenn wir die syste- heilt sein, so lange es Menschen Eingang findet, nämlich die Ge- matische Ermordung der europäi- gibt, die das alles am eigenen Leib schichte des 20. Jahrhunderts mit schen Juden mit diesem Wort erleben und erleiden mussten. all ihren Schattenseiten aufzuar- symbolisieren wollen, war kein Oder die Eltern, Geschwister, Ver- beiten. Ein besonders wertvoller „Betriebsunfall“, sondern sorgfäl- wandte, Freunde oder wen immer Beitrag dazu wird auch hier in tig vorbereiteter und penibel durch Hitler und den Holocaust Ebensee geleistet, wo ein umfas- durchgeführter millionenfacher verloren haben. sendes Angebot für Schulklassen Mord. und Jugendgruppen die politische „Verzeihen ist leichter als verges- Geschichte mitsamt ihren schrec- Meine Damen und Herren! sen“, sagte die unvergessliche klichen Folgen nahe bringt. Des- Vergessen Sie nicht: Am 20. Jänner Rosa Jochmann bei Diskussionen wegen ist die Gedenkstätte Eben- dieses Jahres waren es genau 65 über diesen Fragenkomplex. Und see ein Ort für die Zukunft, eine Jahre her, dass auf der so genann- die Narben können auch nicht Zukunft, die wir in einem gemein- ten Wannseekonferenz diese mit wirklich verheilen, so lange es samen Europa friedlich und men- menschenverachtender Akribie Menschen gibt, die die Verbrechen schenwürdig gestalten wollen. und bürokratischer Genauigkeit des Nationalsozialismus immer geplante Ermordung der europäi- noch verleugnen oder zu bagatelli-

23 betrifft widerstand „In Fetzen gehüllt und ohne Schuhe, ausge- hungert, gehetzt und geschlagen waren wir die

Sklaven der Stollen.“ Rede von Gabor Verö

Sehr geehrte Erinnerungsgemein- Seit dem 20. März 1944, einen Tag stören, schreiben von der „Au- de, liebe Kameraden! 62 Jahre sind nach der Besetzung Ungarns, war schwitz-Lüge“. Sie sollten einmal eine lange Zeit. Seit dem Fall der ich wegen meiner jüdischen Ab- diesen Bergrücken hinaufblicken, Nazibarbarei erscheinen wir Über- stammung Gefangener der Deut- den Löwengang entlanggehen, lebenden, immer weniger wer- schen. Nach Auschwitz, Gross-Rosen, dort hinauf, von wo der Traunsee dend, an den Gräbern unserer Ka- Falkenberg, Wolfsberg kam ich in ein größeres Lavoir zu sein scheint, meraden und Geschwister hier in einem Kohlewaggon, als Überle- die darauf schwimmenden Schiffe Ebensee, an einer der zahllosen To- bender mehrwöchiger Todesmär- klein wie Streichholzschachteln er- desstätten des Holocaust. Es ist sche hier, in diesem Lager an. scheinen. Sie sollten dort oben, im nun schon 62 Jahre her, dass die Hätte das Grauen, das uns hier er- Inneren des Berges, arbeiten, auf Panzer der US-Armee auf uns stie- wartete, ganze Quellen entsprin- Lagerkost gesetzt, von den Schlä- ßen, und wir so als wandelnde Ske- gen lassen, dann würde heute hier, gen wilder Schergen gehetzt! Und lette befreit wurden. inmitten dieser wunderschönen dann die Stunden nach dem An unsere letzte Nachtschicht er- Landschaft, wohl ein ganzer Ozean abendlichen Appell im Kreis der innere ich mich nur mehr in Ge- liegen. Toten verbringen, die man wie dankenfetzen: daran, dass unseren Holzscheite aufeinander geschich- Zählappell ein SS-Unteroffizier auf Der Rausch der Befreiung im Mai tet hat. Vielleicht hätten sie – wenn halbem Weg mit einem Handwin- 1945 riss – wie alle Überlebenden – sie einmal einen solchen KZ-Tag ken abbrechen ließ. Ich erinnere auch mich mit sich. Krank, mitgemacht hätten – weniger mich noch, dass man uns nach schwach, mit zögernden Schritten Zweifel. zwei bis drei Stunden, vollkom- nahm ich als einer der ersten die Primo Levi, der berühmte Chronist men unerwartet, wieder in das Heimkehr nach Ungarn auf mich. von Auschwitz, schrieb einmal: Lager zurückscheuchte, und dann Ich wusste noch nicht, wie um- „Müsste ich alle Gräuel unserer an den letzten Appell, an dem sonst, wie vergeblich es war, sich Zeit in einem Bild fassen, dann plötzlich ein riesiges „Nein“ auf- so sehr zu beeilen: Die Meinen soll- würde ich jenes bekannte Bild brauste, das unser aller Leben ret- te ich ja alle nicht mehr wiederse- wählen, das einen dünnen Mann ten sollte. Der Massenmörder und hen. Aber Ebensee ließ mich auch mit eingefallenem Brustkorb und Lagerkommandant, Anton Ganz sonst nicht gehen und wird mich gesenktem Haupt zeigt, den Musel- nahm damit – von dem ihm mit wohl bis zum Ende meiner Tage mann, auf dessen Gesicht oder in elementarer Gewalt entgegenschla- auch nicht mehr entlassen. Mögen dessen Augen nicht einmal die genden Widerstand zutiefst über- wir auch sonst wo auf dieser Welt Spur eines Gedankens mehr zu er- rascht – wohl von seinem letzten leben, mit unseren nicht bewältig- blicken ist.“ mörderischen Plan Abstand: Er baren Erinnerungen werden wir konnte die Lagerhäftlinge nicht doch nur immer Ebenseer bleiben. Viele haben es oft beschrieben: Auf mehr in die von uns selbst geschla- Sowohl im Traum als auch schon Auschwitz, auf die Todeslager der genen Stollen pressen, um dann wach schleppen wir uns immer Nazis findet die Wissenschaft die Eingänge in die Luft zu spren- wieder mit geschwollenen Knien keine vernünftige Antwort – und gen. und Fersen über den endlosen die Mittel der Kunst erscheinen Kreuzweg des „Löwengangs“. In ebenfalls ungeeignet, das Gesche- Dunkel erinnere ich mich auch Fetzen gehüllt und ohne Schuhe, hene auszudrücken – und dennoch noch, wie wir vor der Bäckerei aus ausgehungert, gehetzt und ge- müssen wir es immer wieder ver- Sägemehl Plätzchen auf einem schlagen waren wir die Sklaven der suchen, es angehen, Antworten su- Wellblech buken. Die Erinnerung Stollen. chen und Möglichkeiten des ent- an meine Befreiung ist auch ein sprechenden Ausdrucks finden. Häferl Milchreis, mit dem mich Unsere Gegner, die die Tatsachen Das ist die wirkliche Herausforde- ein Kamerad aus Zagreb fand, in leugnen, und die die wissenschaft- rung. In Ungarn laufen zur Zeit den Tiefen irgendeiner Baracke.... liche Aufarbeitung des Holocaust tiefgreifende, öffentliche Diskus-

betrifft widerstand 24 GABOR VERO

Foto: Stephan Matyus sionen über die restlose Durchset- der Verbreitung der ethnischen habe ich wohl das Recht auszu- zung der grundlegenden Freiheits- oder einer anderen Unterschei- sprechen, dass, so lange die im rechte; der Freiheit der sogenann- dung entgegenstellt, der Hass und Wohlstand lebenden Nationen ten Hassrede eingeschlossen. Hier die Gewalt siegen werden. nicht eine über bloße Wohltätig- fallen uns die Worte des Philoso- Und damit wir hier auch etwas keit hinausweisende, tatsächliche phen und Auschwitz-Überleben- über mein eigenes Land, Ungarn, und effiziente Verantwortung für den Jean Améry ein, der ja hier in sagen, möchte ich hier Imre Ker- eine menschliche Existenzmög- Österreich geboren wurde: „Wir tész zitieren: „Noch ist die Zeit lichkeit von Milliarden von Lei- konnten es mit ansehen, dass das fern, in der die vielen hunderttau- denden zeigen, wohl niemand mit Wort zum Körper wurde, das zum send Toten der ungarischen Endlö- einem wirklichen Frieden, mit Körper gewordene Wort schließ- sung die Nation als einen ureige- wirklicher Ruhe rechnen kann. lich zu auf Haufen geworfenen nen, im wahrsten Sinne des Wor- Vor kurzem las ich eine Anekdote Leichen. Und wieder wird mit dem tes körperlichen Verlust empfin- eines sensiblen ungarischen Feuer gespielt, das schon so viele den wird.“ Schriftstellers: In einem kleinen in die Luft beförderte.“ Aber spre- Es ist bitter, dass nach diesem Dorf leuchtet inmitten der schwar- chen wir wirklich nur von längst Meer an Leid noch immer nicht zen Nacht ein Lichtlein in einer Vergangenem? Ist doch unsere die Ideen des Humanismus zur Schusterwerkstatt. Der dahinirren- Zeit voll der neuen Spannungen, Geltung zu kommen scheinen. de Wanderer kehrt ein und fragt, den täglichen Offenbarungen des Menschenmassen ganzer Konti- warum das Lichtlein hier brenne? Terrorismus, mit neuen Versuchen nente haben weder Brot noch „Mein Herr,“ antwortet der alte des Genozids. Trinkwasser. Es ist beschämend, Meister, „so lange das Flämmchen dass auch heute noch unschuldige brennt, lebt eben auch die Hoff- Die Menschheit, Europa muss Menschen niedergemetzelt wer- nung!“ wiederholt auf die Gefahren auf- den. Es ist beschämend, dass wir merksam gemacht werden; und immer wieder dem Verbrechen des Die Regierung der Republik Un- auf die Notwendigkeit des Schut- Genozids ins Angesicht blicken garn hat im Jahr 2004 in würdiger zes der Demokratie, damit jeder müssen. Täglich zeigt das Fernse- Weise das Holocaust Gedächtnis- weiß, was zur Zeit der Endlösung ge- hen Massen an Kindern und Er- zentrum in Budapest eingerichtet. schehen ist und warum: Verständlich wachsenen mit fiebrigen Augen, Die Flamme der Erinnerung leuch- machen, dass die Quellen aller aufgeblähten Bäuchen – in der La- tet seither auch dort. In uns, den unser Probleme und Aufgaben gersprache „Muselmänner“. Auch ungarischen Überlebenden, wird – dort zu suchen sind, wo die Hitle- das unermessliche Leid, die Un- so lange wir sind – die Flamme der rei auf Europa losgelassen wurde. wissenheit ist Quelle für Gewalt. Erinnerung immer brennen. Von Weitergeben, dass man es aus ei- hier schreien wir es wieder und gennützigen Interessen zuließ, Von der im Juni 1944 nach Ebensee wieder hinaus: Niemals wieder! dass die menschliche Würde verschleppten ungarischen Häft- Und wir hoffen, dass dieses Begeh- zuerst verletzt wurde und schließ- lingsgruppe, die 4.118 Mann stark ren auch die kommenden Genera- lich mit Füssen zertreten werden war, überlebten 54,5 Prozent, 1.855 tionen weiter am Leben erhalten konnte. Weitergeben, dass, wo starben. An der letzten Ruhestätte werden, weil die Hoffnung der sich die Gesellschaft nicht dem vieler meiner Kameraden – unter Menschheit nur so weiter bestehen Rassismus, dem Antisemitismus, ihnen auch mein eigener Bruder – kann.

25 betrifft widerstand „Whenever I thought about my past, a nagging resentment about the perceived Austrian vic- timhood was always in the back of my mind.“ Rede von Solomon Salat

Ladies and Gentlemen and fellow Why was I so offended? During later, in September 1939, in my survivors. My name is Solomon the war and during the years in home town. I grew up in the Polish Salat, I am an Engineer and live concentration camps I witnessed town of Charsznica, a small, now in the State of New Jersey in countless horrendous atrocities, peaceful community, with a popu- the United States. I am native of murders and executions that lation of 2000, located some 80 km Krakow, Poland. During the war I should have made me immune to a east of the German border. A day was a prisoner in several concen- mere offense. But this was differ- before the German army entered tration camps among them Plas- ent. It was a statement made by a Charsznica several Stuka bombers zow, Mauthausen and Ebensee. I free democratic country years after swooped over the town. The brief was liberated here in Ebensee on the Holocaust. To understand the bombardment created a great May 6th, 1945 by the American hurt that I felt I will relate to you panic in town. Many people Army. my two previous experiences: escaped beforehand to surround- The first occurred while watching ing farmland, including my fami- a documentary from 1938 related ly. This was my first bombing to Graz, Austria. experience in my life; I was terri- I lived and studied engineering in fied, hiding under a tree in an Graz. The city of Graz was the sec- orchard. I was 13 years old at the ond largest city in Austria and time. after represented the very heart of Austria. There I saw in The first atrocity the Germans per- 1953 a documentary film known in petrated the next day upon enter- German as “Wochenschau” show- ing the town was to drag 31 young ing the news of the week in movie people out of their homes, mostly houses. The specific documentary , line them up against a wall from March 1938 showed the Ger- and unceremoniously massacre man army entering Graz. There them. Their bodies were buried were a quarter of a million people right there in mass graves and a jamming the sidewalks, many few month later they were Foto: Stephan Matyus more than the entire population of exhumed and reburied at a ceme- Graz, all in festive folks attire. All tery. I witnessed the reburials. From 1951 I lived again in Austria buildings were covered by Nazi Given the above facts there could where I attended the Technische flags, many of them hanging from be no mistake who were the vic- Hochschule in Graz and worked as the roof tops down to the ground. tims of Nazism and who were their an engineer for the American At every corner of the Herren willing collaborators. Whenever I Army. I immigrated to the United Gasse, the Fifth Avenue of Graz, a thought about my past, a nagging States in July of 1955. Several years street I knew well, there were resentment about the perceived after my arrival to the United bands playing military marches. Austrian victim-hood was always States in the late 1950ies, I went to The German troops, in full mili- in the back of my mind. visit the Austrian Legation in New tary gear, were riding through the York City to legalize certain college town in trucks and hundreds of Over the succeeding years I did not credentials. While waiting my girls and young woman were have any contact with Austria. I turn I glanced at several govern- throwing them kisses and flowers. was living in the United States, ment published brochures. Promi- This tremendous outpouring of concerned with raising my family, nently displayed on each one of welcome and joy lasted for hours. educating my children and build- them was a statement “Austria was ing my engineering career. I trav- the first victim of Nazism”. I felt Contrast now this scene from Graz eled extensively over the world to deeply offended by it. with what has occurred over a year pursue mining and engineering betrifft widerstand 26 SOLOMON SALAT projects but never had an opportu- was very impressed by their sin- A very appropriate quotation by nity to visit Austria. cerity, empathy and the profound Dante Alighieri came to mind, one humanity. So much so that I lis- that I learned in an Italian high Then in 2005 I came to Mauthau- tened to the recordings of the school over fifty years ago: sen to attend the 60th Anniversary speeches several times afterward of Liberation. to savor their significance. “Secol si rinnova, torna giusticia e During the impressive ceremony, I primotempo umano, progene scende witnessed the delegations of I realized that I was in a different dal ciel nuova”. nations whose citizens suffered Austria from the one I left behind and perished in this camp. I found in 1955 the year I left this country. „The times are changing; justice is myself in the midst of the interna- It did not occur to me that while I returning as in ancient biblical tional delegations among a small was away two generations of Aus- times, a new generation is and ever diminishing number of trians came and went. Right there descending from heaven.“ fellow survivors. There is no stop- and then I underwent an epiphany ping the ravages of time. But then -not the kind of St. Paul’s on the I fervently hope that this new gen- came the highlights of the ceremo- road to Damascus. This couldn’t eration, the descending generation ny: the speeches of Cardinal have happened to me, because, I will become worthy Stuarts of jus- Christoph Schönborn and espe- assure you, I Solomon am just a tice and human dignity in this cially the one of the Bundespräsi- garden variety Jew and not land. dent of Austria Dr. Fischer. I lis- Solomon the Apostle. But on a tened spellbound to the highest somber note, it was an epiphany authorities in the land speaking. I nevertheless.

Nachruf auf Toni Bruha

Toni Bruha ist am 27. Dezember ma: 'Tante, diese hässliche alte 2006 kurz vor Vollendung ihres 92. Frau sagt, dass sie meine Mutti ist. Lebensjahres gestorben. Meine Mutti ist auf dem Foto aber Sie wurde 1915 in Wien geboren. eine schöne blonde Frau! Schick Sie war im Arbeiterturnverein der sie weg, das ist nicht meine Wiener Tschechen und Tschechin- Mutti!'. Zwei Jahre haben wir nen aktiv, als die Repressionen der gebraucht, bis sie das erste Mal Nazis gegen Minderheiten immer 'Mutti, ich hab Dich lieb', sagte." deutlicher wurden. So engagierte Bruha engagierte sich besonders in sich Toni Bruha in einer tsche- der 1947 gegründeten Österreichi- chischen Widerstandsgruppe, schen Lagergemeinschaft Ravens- schmuggelte Flugblätter und brück und im Dokumentationsar- Zeitungen über die Grenze nach chiv des Österreichischen Wider- Österreich. Später beteiligte sie standes, seit dessen Anfängen sie sich an Sabotageaktionen gegen auch ehrenamtliche Mitarbeiterin Wehrmachtseinrichtungen. Als Antonia Bruha am tschechischen Denk- war. Unter anderem betreute sie ihre Gruppe aufflog, wurde sie mal der Gedenkstätte Ebensee, Foto: ZME die Sammlung Frauen-KZ Ravens- kurz nach der Geburt ihrer Tochter brück. Solange es ihre Gesundheit von der Gestapo abgeholt und bei konnte. Toni Bruha konnte kurz erlaubte, ging Antonia Bruha als Verhören misshandelt. Mit dem vor der Befreiung des Lagers bei unermüdliche Zeitzeugin in die Vermerk "RU" (Rückkehr uner- einem der Todesmärsche fliehen. Schulen. Ihre nach der Befreiung wünscht) wurde sie im KZ Ravens- Dann das Wiedersehen mit der aufgeschriebenen Erinnerungen brück interniert, wo sie unter vierjährigen Tochter; drei Monate an die Haft in Wien und Ravens- Lebensgefahr Medikamente aus war sie, als die Gestapo sie von der brück veröffentlichte sie 1984 dem Krankenrevier schmuggelte Mutter trennte. "Als ich ihr erklä- unter dem Titel "Ich war keine und so manches Leben retten ren wollte, dass ich ihre Mutter Heldin" (Neuauflage 1995). sei, lief sie entsetzt zur Pflegema-

27 betrifft widerstand „Heute hier zu sein, ist für mich sehr schmerzhaft.“ Rede von Mario Piccioli

Mein Name ist Mario Piccioli, ich Heißkaltdusche gezwungen. Wir Vergangenheit begreifen, damit bin ein Überlebender von Maut- bekamen eine gestreifte Jacke und sie eine Zukunft errichten, wo es hausen und Ebensee. Ich bin am 2. Hose, für alle gleich, sowie eine keine Lager mehr gibt, wie in Juni 1926 in Florenz geboren. Am gebrauchte Unterhose und ein Mauthausen oder in Ebensee. 8. März 1944 wurde ich von ital- Paar Holzschuhe. Damals war dieses KZ für uns ienischen Faschisten verhaftet: Es Unsere Entpersonifizierung war Toskaner das Grab, und von hier war, als in der Toskana ein großer vollendet, als wir auch noch einen aus müssen wir Toskaner laut Generalstreik seitens der Arbeiter- neuen Namen bekamen: meiner rufen: NIE WIEDER! schaft im Gange war: gegen die war 57344. deutsche Besatzung, gegen Dann kamen Faschismus und Nationalsozialis- wir in eine an- mus! Ich war erst siebzehn Jahre dere Baracke, alt: so alt wie viele Schüler, die wo wir fünf- jedes Jahr an unserer Gedenk- und zehn Tage blie- Studienfahrt an die Stätten der ben, bis eines

NS-Verfolgung und -vernichtung Nachts der Foto: Stephan Matyus teilnehmen, die von ANED (Verein Kapo uns be- ehem. KZ-Insassen Italiens) und fahl aufzuste- von der Provinz Florenz organ- hen, weil wir isiert wird. Ich wurde aus politis- in ein Arbeits- chen Gründen deportiert und war, lager gebracht wie sehr viele andere Menschen werden soll- aus der Toskana, von den Faschis- ten, ins KZ ten der deutschen SS übergeben Ebensee. worden. Wir wurden auf Güter- Die Arbeit, die waggons geladen und ins KZ wir dort ma- Mauthausen gebracht. Die lange chen mussten, Fahrt hatte am 8. März 1944 in Flo- war sehr renz begonnen und endete am 11. schwer: wir März in Mauthausen. mussten Stol- len in den Berg treiben! Da begann für uns ein schreck- Als Tageskost bekamen wir nur Jetzt möchte ich um eine licher Leidensweg, der wissen- drei Schöpflöffel mit Wasser und Gedenkminute bitten für alle, die schaftlich programmiert war, und Rübenkohl und ein Stück trock- hier in diesem Lager umgekom- dessen Ziel und Endstation, nach enes Brot mit ganz wenig Mar- men sind. der langsamen Erniedrigung und garine. Dasselbe auch im Winter Negation unseres Menschseins, bei Schnee und eiskalten Tempera- Eine besondere Erinnerung die körperliche Vernichtung war. turen! Die Erinnerung an diesen möchte ich einem meiner Ort ist für mich fast unerträglich! Gefährten in der Gefangenschaft Als erstes wurde uns alles Persön- widmen, der uns vor wenigen liche weggenommen, wie unsere Heute hier zu sein, ist für mich Jahren verlassen hat: Roberto Kleider und die wenigen Gegen- sehr schmerzhaft, aber wenn ich Castellani! stände, die wir mithatten. Dann trotz allem die Kraft finde hier- wurde unsere Intimität und Men- herzukommen, dann ist es nur für schenwürde mit Füßen getreten: die Jugendlichen, damit sie er- uns wurden alle Körperhaare fahren, was hier geschah, damit abrasiert und wir wurden zur sie nicht vergessen, damit sie die betrifft widerstand 28 „...Sixty two years ago my grandfather did not have that choice“ Grußworte von Aron Weider

Ladies and Gentlemen: my name is of bones identified only by num- Aron Weider. I’m a grandson of an ber – number 68155. Ebensee survivor. My grandfather was persecuted for It is a chilling feeling to be here no reason other than the fact that today, walking on these sacred he was a Jew. The Nazis had made grounds on this the holiest day of a promise to exterminate the Jews, the week – the Jewish Sabbath. It is the Jewish culture, the Jewish tra- a chilling feeling to have the dition and the Jewish religion. opportunity to observe the Sab- Sadly, they almost succeeded. bath right here, right now at this very moment. As a religious Jew I May Hitler, Himmler, Göring, choose not to interact with elec- Goebbels, Heydrich, Eichmann, tronic equipments on the Sabbath and all the other henchman, in and as such I can’t talk on the your just place of hell may you microphone. Sixty two years ago bear witness, the Third Reich is my grandfather did not have that long gone but the wretched sack of choice, for he would’ve been killed bones number 68155 is alive and had he refused to desecrate the well, his family has grown to over Sabbath. one hundred members. The Jewish spirit has been ignited as never In the summer of 1944 at the ten- Foto: Silvia Panzl before. der age of Sixteen my dear grand- no reason to doubt this dire wel- father was viciously uprooted come, for at that time most of his The bible states “children should from his home in Hungary and family was already slaughtered by not die for the sins of their forefa- placed right here in Ebensee – hell the Nazi killing machine in the thers”, indeed children bear no on earth. infamous Auschwitz death camp. culpability for the crimes of their parents, yet it is refreshing to He was greeted on the appelplatz When he entered this camp my observe how this generation is rec- by a Nazi beast and was told in a grandfather was stripped of his tifying somewhat the wrongdo- speech given by the commandant human dignity. He was not able to ings of their ancestors. Many peo- of the camp, and I quote “from practice his religion for that was a ple have confronted this monu- this camp no one will come out sin punishable by death. He was mental task with the utmost sin- alive. If you will work you will die robbed of the very last thing he cerity and for that may God bless a sweet death otherwise you will still possessed, his name. He them… die a very painful death”. He had became known as a wretched sack

Erratum: Milan Kalab

In der letzten Ausgabe (Nr. 79, 12/2006) kam es im Artikel „Bei der technischen Nothilfe in Ebensee“ zu einer Namensverwechslung. Der Artikel stammt vom Zeitzeugen Josef Kalab und nicht von dessen Sohn Milan, der uns den Artikel zugesandt hat. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen!

29 betrifft widerstand Nach 62 Jahren am Grab des Bruders Die Geschichte von Lili Porat

Ausschnitte eines Interviews von Andreas Schmoller am 4. Mai 2007

Frau Porat, Sie leben heute in Israel, geweint.... Aber jetzt, da ich es zwei meiner Schwestern zu Hause in der Nähe von Tel Aviv. Sie sind gefunden habe und dort war, bin ankam, haben wir sehr, sehr 1930 in den Karpaten, in Nagy-Szol- ich schon ruhiger. geweint. los, geboren. Zum ersten Mal sind Sie jetzt nach Ebensee gekommen. Was waren ihre Beweggründe, hierher zu Sie haben eine Gedenktafel mitge- Sie waren noch ein Kind als Sie mit kommen? bracht aus Israel... ihrer Familie deportiert wurden. Sie haben mir gestern schon von der Nach 60 Jahren habe ich erfahren, Ja, und das ist nicht nur eine Tafel Selektion in Auschwitz erzählt, an die dass mein Bruder [Simon Schwarz] für meinen Bruder, sondern für die Sie sich erinnern können... hier in Ebensee begraben liegt. ganze Familie, die in Auschwitz Früher habe ich das nicht gewusst vergast wurde. Eine Schwester Ich erinnere mich. Ich war noch und ich weiß, dass es jetzt am 5. wurde in Riga erschossen. sehr klein. Der SS-Mann, der die Mai eine große Zusammenkunft Selektion gemacht hat, war sehr [Gedenkfeier in der KZ-Gedenk- groß und ein gut aussehender stätte, d.Red.] gibt. Ich bin hier Sie wurden 1930 geboren, sie waren 13 Mensch. Und er hat mich gefragt, mit meiner Tochter, die aus Jahre alt, als Ihre gesamte Familie wie alt ich bin. Ich habe gesagt: ich Australien hier hergekommen ist, deportiert wurde... bin dreizehn. Und er hat gesagt: um mit mir zusammen zu sein. Das ist nicht wahr. Und ich erinne- Wir werden morgen zum Friedhof Ja, es war im März 1944 als die re mich noch, ich habe mein gehen. Ich habe eine Gedenktafel Deutschen reingekommen sind Gesicht so zusammengezogen, gebracht und es freut mich, dass und wir hatten gar keine Zeit, weil ich mir gedacht habe: Ich ich endlich sein Grab gefunden irgendwo anders hinzugehen. weiß doch, wie alt ich bin. habe und ich kann jetzt schon ein Innerhalb von 6 Wochen waren Er hat wollen, dass ich lebe. Und er bisschen ruhiger sein. alle Juden der Karpaten, der Teil hat mich zur Arbeit geschickt. gehört heute zur Ukraine, depor- Später erst habe ich erfahren, dass tiert. Drei Transporte sind jeden ich ein höheres Alter sagen muss Wie haben Sie von Ihrem Bruder Freitag weggegangen. Alles, was und ich habe dann immer gesagt, erfahren? wir hörten, war, dass die Familie dass ich 16 oder 17 Jahre alt bin. zusammenbleibt und dass wir zur Er war hier in Ebensee im Lager. Er Arbeit geschickt werden. Die letz- war nur 17 Jahre alt. Er hat sehr, ten Wörter meiner Mutter waren: Sie kamen also zunächst nach sehr schwer gearbeitet. Ich habe Falls wir voneinander getrennt Auschwitz? ein Buch gelesen, darüber, was werden, dann treffen wir uns zu hier passiert ist. Es war sehr Hause. Und obwohl ich am näch- Ja, wir haben dort in den Toiletten schwer für mich, das zu lesen. Es sten Tag wusste, was man mit der Baracken geschlafen, denn wir war schwer für mich zu verstehen, meinen Eltern gemacht hat, dass sind eine Woche später nach Riga dass er befreit wurde und drei man sie vergast und verbrannt überstellt worden. Dort hatten wir Wochen nach der Befreiung ist er hatte, habe ich nachher nie aufge- es für eine kurze Zeit nicht so gestorben. Ich habe von ihm durch geben, dass wir uns wieder zu schlimm, weil wir von der Wehr- eine Frau in Israel, die in Wien Hause treffen würden. Denn meine macht ausgeliehen wurden. Wir geboren ist, erfahren und sie hat Mutter hat immer die Wahrheit haben am Flughafen gearbeitet, mir die Verbindung zu Ihnen gesagt und als junges Kind konnte geputzt. Wir bekamen dort dassel- ermöglicht. Ich habe dann mit Dr. ich mir nicht vorstellen, dass sie be Essen wie die Wehrmacht. Das Quatember telefoniert. Und als ich dieses Mal keinen anderen Ausweg war für eine kurze Zeit. von ihm erfahren habe, dass er ein hat. Grab gefunden hat, habe ich sehr Als ich nachher [1945, d. Red.] mit betrifft widerstand 30 LILI PORAT

Das war mit Ihren beiden Schwe- wir waren 1000 Frauen, bereits als wir kamen durch ein Städtchen stern? sehr gute Arbeiterinnen aner- und später durch ein Dorf. ... Dort kannt. Wenn jemand gestorben haben wir dann erfahren, dass die Mit meinen drei Schwestern noch. ist, wurden neue reingenommen. Häuser leer standen, es wohnten Meine Eltern wurden in Man hat dort eine sehr große dort Deutsche, die geflüchtet Auschwitz getötet, eine Schwester Selektion gemacht. Mich hat man waren und die Russen waren noch wurde in Riga erschossen. dort rausgenommen, ich sollte nicht da. Es war also gerade Nie- Wir kamen in Riga zu einer Bierfa- nicht mehr zur Arbeit gehen. mandsland. Wir sind in die Häu- brik. Das war voller Ratten, die Aber, wieder hatte ich Glück, man ser, die genauso aussahen, wie uns angegriffen haben. Damals hat damals den SS-Mann, der damals unser Haus in den Karpa- war meine Schwester schon im selektiert hat, weggerufen und als ten, bevor wir es verlassen mus- Krankenhaus. Ich wusste, dass er zurück- man dort nichts zu essen kam, standen bekommt. Auf den Feldern, wo die, die man wir gearbeitet haben, um Schüt- weggenom- zen- und Panzergraben zu graben, men hatte, haben wir auch Kartoffeln gefun- wieder bei den, die wir genommen und ver- den anderen. steckt haben. Sonst hätten wir Es war dann auch erschossen werden können. schon zu Wir haben das roh gegessen, aber dunkel und ich wusste, meine Schwester kann alle wurden das nicht roh essen. Ein Teil von mitgenom- dieser Brauerei war nicht besetzt, men. Wir und ich als kleines Kind hab mir waren in nicht gedacht, dass, wenn man da einem klei- Feuer macht, man den Rauch nen Dorf und sieht. Ich habe dort an einer Feu- haben dort erstelle, die Kartoffel gekocht. Schützen- Lili Porat zeigt ihre ersten Ausweispapiere, 1945 in Bukarest Plötzlich habe ich auf den Treppen und Panzer- ausgestellt, Foto: ZME jemanden gehört, ich habe mich graben versteckt. Jemand hat geschrieen gemacht. Wir waren dort nur 6 sten. Es sah aus, als ob es noch „Raus! Raus!“ Mein Herz hat sehr Wochen, bevor wir nach Polen bewohnt wäre. geklopft. Als ich gesehen habe, überführt wurden. Wieder diesel- dass es ein jüdischer Kapo war, be Arbeit. Dort gab es keinen Sta- Meine Schwester wollte dann bald habe ich mich ein bisschen beru- cheldraht, es war wieder in einem nach Budapest, wo sie einen higt. Aber sehr oft waren die auch kleinen Dorf und wir waren zu je Freund hatte. Dort waren die Rus- nicht gut. Ich habe ihr gesagt, 100 in zehn Zelten untergebracht. sen und ein russischer Soldat, der warum ich das gemacht habe und ... sich umdrehte, bevor er mit uns sie hat meine Nummer aufge- Kurz vor der Befreiung mussten sprach, um zu sehen, dass nie- schrieben. Beim nächsten Appell wir weggehen. Ich hatte aber mand zuhörte, hat uns gerettet. Er hatte ich sehr Angst, aber sie hat einen ausgerenkten Fuß. Ich woll- sagte, er sei auch Jude und wir mich nicht raus gerufen. Ich habe te zurückbleiben, weil ich wusste, sollten auf keinen Fall jemandem bei sehr vielen Dingen sehr viel dass die Befreiung bevorstand. Die sagen, dass wir Jüdinnen sind. Glück gehabt. Vielleicht hat Mut- Ärztin war aus unserer Gegend Deshalb haben wir nachher ange- ters Seele auf mich aufgepasst. und hat gesagt, nein ich soll geben, dass unsere Familie als gehen. Sie musste denen eine politische Häftlinge verfolgt Injektion geben, die man zurück wurde. Auf dem Weg kamen wir Kamen Sie dann noch wo anders hin? ließ. Die SS hatte einen Pferdewa- auch in unsere Stadt, Nagy-Szollos gen und sie meinte, sie würde ver- auf Ungarisch, zurück, aber wir Ja, weil die Russen haben schon zu suchen, mich dort rauf zu brin- blieben dort nur einen Tag. Meine bombadieren angefangen. Also gen. So bin ich gegangen, den Schwestern und ich haben dort haben sie uns nach Stutthof ganzen Tag mit Holzschuhen. Ich sehr geweint. Aber wir konnten gebracht. Dort waren wir Frauen, hatte schreckliche Fußschmerzen, dort nicht bleiben.

31 betrifft widerstand LILI PORAT

Was waren die weiteren Stationen, bei ihr geblieben. Als aber meine halben Jahr hatte ich die Möglich- nachdem es 1945 kein zurück mehr Schwester dann geheiratet hat, keit nach Davos in die Schweiz zu gab für Sie? wollte ich keine Last sein und gehen in ein jüdisches Sanato- wollte wieder weg. rium, Etanja. Dort war ich vier Wir sind dann nach Budapest Ich habe bis dahin nicht gewusst, Jahre bis ich gesund war, drei zum Freund meiner Schwester, wie krank ich eigentlich war. Als Jahre lang lag ich im Bett. Meinen und ich bin dort bei jemand ich nach Prag kam, wurde ich Mann habe ich in Davos kennen geblieben, der als Zwangsarbeiter untersucht, man hat ein Röntgen gelernt. Mit ihm bin ich nachher dort war. Ich fühlte mich da schon gemacht und ich habe erfahren, nach Kanada gegangen. Meine sehr frei, wie ein Vogel, den man dass ich krank war und wie krank. drei Kinder sind in Kanada zur aus dem Käfig entlässt. Nachher Zwei Löcher in der Lunge. Ich Welt gekommen: Rachel (53), Avi bin ich nach Bukarest gefahren. kam in ein Spital. Zuvor habe ich (50) und Sharon. Avi ist schon Das war sehr gefährlich, weil mich mit einem Mann und dessen Großvater, d.h. ich bin schon überall die Russen waren. In Sohn getroffen, die mit meinem Urgroßmutter. Sharon ist mit mir Bukarest habe ich in einem jüdi- Bruder hier in Ebensee waren. Von aus Australien gekommen. schen Geschäft meine ersten ihnen habe ich erfahren, dass Schuhe bekommen. Seit damals mein Bruder drei Wochen nach Wann sind sie dann nach Israel habe ich Schuhe sehr gerne, ich der Befreiung umgekommen ist. gegangen? habe unzählige Schuhe zu Hause. Dann war ich ein Jahr lang im Spi- Ich wollte dann nach Palästina tal. Ich musste dann weg, weil die Die Kinder sind schon vorher aus- gehen, aber zuvor bin ich zurück Russen die Grenze zu gemacht gewandert. Avi ist schon 30 Jahre, nach Ungarn in die Karpaten, um haben. Ich ging nach Paris. Ich Rachel schon 12 Jahre dort. Ich mich mit meinen Schwestern zu war jung und wollte Paris kennen wollte in der Nähe der Kinder treffen, denn ich wollte nicht fah- lernen und ich ging nicht regel- sein. So bin ich vor sieben Jahre ren, ohne sie vorher zu sehen... mäßig zur Behandlung meiner nach Israel ausgewandert. Also bin ich zurück und wieder Lungenkrankheit. Nach einem

Adolf Burger: Die Geschichte hinter dem Spielfilm „Die Fälscher“ von Ingrid Moser

Als im Februar 2007 der Film Porträt von Adolf Burger 1944 KZ Sach- „Die Fälscher“ des österreichi- senhausen. Die Zeichnung stammt von Salamon Smolianoff, historische Vorlage schen Regisseurs Stefan Ruzo- des Protagonisten Salomon Sorowitsch witzky im Rahmen des Berliner (Gespielt von Karl Markovits), Quelle: Filmfestivals „Berlinale“ gezeigt Adolf Burger wurde, erfuhr ein größerer Perso- nenkreis vom „Geldfälscherkom- Ihr Überleben verdanken er (Häft- mando im KZ Sachsenhausen“. ling Nr. 64601) und 136 von 144 Immer wieder kam neben den Männer der „Fälscherwerkstatt“ prominenten Schauspielern Karl einer Kette unglaublicher Markovics, August Diehl, Marie Umstände. Bäumer und anderen ein inzwi- Im Salzkammergut erinnern sich schen 90-jähriger Mann aus Prag viele Menschen an die Vorträge zu Wort: der Zeitzeuge Adolf Bur- Burgers in den Jahren 1991 und ger. Er wird als Filmfigur als Ein- 1997, als er bei Abendveranstal- ziger mit seinem richtigen tungen in Ebensee und Bad Goi- Namen präsentiert. sern und in vielen Schulen der betrifft widerstand 32 LILI PORAT/ ADOLF BURGER

Region von seinem Leben, insbe- geflüchtet, ein sondere seiner Zeit in Auschwitz- Offizier der Birkenau und in Sachsenhausen Wehrmacht erzählte. und ein Häft- Der Film wurde im Kino Ebensee ling der Lager- im Rahmen der Programm- verwaltung lie- schwerpunkte rund um die ßen sich über- Befreiungsfeiern 2007 in sechs zeugen, dass die gut besuchten Vorstellungen gut genährten gezeigt. Menschen in Zivilkleidung Burger wurde 1917 in einem klei- KZ-Häftlinge nen Dorf in der Hohen Tatra waren und man noch als Bürger der ungarischen öffnete ihnen Reichshälfte der Donaumonar- am 5. Mai das chie geboren, beteiligte sich am Lagertor. Am 6. slowakischen Widerstand, wurde Mai wurden sie 1942 verhaftet und ins KZ mit den übri- Auschwitz-Birkenau deportiert. gen ca. 16 000 Im Sommer wurde er als gelernter Männern im Buchdrucker dem „Unternehmen KZ-Ebensee von Bernhard“ im KZ Sachsenhausen den Amerika- zugeteilt. Hier wurden seit 1942 nern befreit. Häftlinge mit den Berufen Grafi- Der Großteil ker, Drucker, Typografen etc. der restlichen gezwungen, Ausweise, Pässe, Pfundnoten Adolf Burger anlässlich eines Besuches der Autorin in seiner Woh- Briefmarken und vor allem engli- wurde im Top- nung in Prag März 2007, Foto: Gerhard Moser sche Pfundnoten in zwei rund- litzsee versenkt. um mit Stacheldraht „gesicher- größere Zahl von Menschen, als ten“ Baracken (Block 18 u. 19) zu Bereits im August 1945 gab Bur- ich sie mit meinen Vorträgen fälschen. (Dollarnoten wurden ger in tschechischer Sprache ein erreichen kann, erfährt, dass die 1945 nur mehr in geringer Zahl Heft mit Fotos über das Geld- Nazis nicht nur Mörder sondern gedruckt) Die ca. 134 Millionen fälscherkommando heraus. auch ganz gemeine Betrüger Pfund Sterling sollten die engli- waren.“ sche Währung destabilisieren, sie In den folgenden Jahren erweiter- dienten ferner als Zahlungsmit- te er sein Buch „Des Teufels Weblinks tel auf den internationalen Devi- Werkstatt“ um immer neue Doku- http://www.exil-archiv.de/html/ senmärkten und zur Bezahlung mente und Fotos, schließlich biografien/burger.htm der Agenten. erschien auch eine deutsche (Biografie) Die ca. 150 höchsten Geheimnis- Übersetzung. Auf dieses Buch http://www.stiftung-bg.de/gums träger aus verschiedensten Natio- wurde der Regisseur aufmerksam /de/ index.htm ( Sachsenhausen, nen wussten, dass sie keine und er nahm mit Burger Kontakt Pfundnoten) Überlebenschance hatten. auf. Er erhielt ein einmaliges http://www.zdf.de/ZDFmediathek/ Im Februar 1945 wurden die Beraterhonorar und steht seit inhalt/5/0,4070,3933093-5,00.html Druckerwerkstatt und die Häft- vielen Wochen zahlreichen (bei Kerner) linge evakuiert und zunächst Reporterteams aus aller Welt zu http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/1 nach Mauthausen, dann ins Lager Interviews zur Verfügung. 7/0,1872,2062641,00.html „Schlier“ (Redl-Zipf ) gebracht. Sein Urteil über den Film lautet: (Toplitzsee) Am 1. Mai wurden die Maschinen „In Gesprächen konnte ich viel http://www.berlinonline.de/berlin gesprengt, die Menschen am 4. erreichen; im Nachspann wird er-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/ Mai in das letzte noch nicht erwähnt, dass wir eigentlich in 2007/0210/blickpunkt/0003/ (Geld befreite Lager, nach Ebensee Ebensee befreit wurden. Ich bin oder Leben) gebracht. Die SS war bereits zufrieden. Wichtig ist, dass eine

33 betrifft widerstand Die Geschichte des „Igels“ als Theaterstück Eine Nachbesprechung von Franzobels „Hirschen“ von Andreas Schmoller

Parallel zur Trilogie Hunt – Zipf – standskämpfer sollen ihr Denkmal Lenz, die sich mit zeitgeschicht- haben, aber damit ist es aber dann lichen Ereignissen im oberöster- wirklich genug“, lautet der Sub- reichischen Hausruck beschäftigt, text der Gesellschaft, gegen den hat der Autor Franzobl ein weite- sich die heute greisalten aber res Stück regionaler Geschichte immer noch widerborstigen literarisch für das Theater aufbe- Widerstandskämpfer zur Wehr reitet. Georg Schmiedleitner führ- setzen, indem sie dann und wann te für die Auftragsarbeit des Gra- die Bühne durchqueren und sich zer Schauspielhauses wieder Gehör verschaffen. Besonders Regie, die am 30. November 2006 gelungen ist die Schaffung einer uraufgeführt wurde und von den weiteren Ebene, die rein musika- heimischen Medien durchwegs lisch stattfindet, aber gewisserma- positive Kritik erfuhr. In bekannter ßen den Kommentar zum Gesche- Skurrilität und zynischem Sprach- hen auf der Bühne darstellt: Die witz präsentiert Franzobel den Zigeunerklänge der Instrumentali- historischen Stoff und erlangt Karl Gitzoller (1.v.l.), Sepp Plieseis (3.v.l.) in stinnen, die sich durchgehend auf damit die größte Wirksamkeit, den Bergen, o.D,. Quelle: Peter eine der Spielebenen bewegen, wenn der Umgang mit der Vergan- Kammerstätter schaffen mitunter ein Gegenge- genheit in der Gegenwart beleuch- wicht zu der ausgeprägten Komik tet wird. In „Hirschen“ geht es um gen.“ Mit seiner Zustimmung Franzobls im Text und weisen den „Igel“, der historische Name wurde die Lage des Verstecks aus- gleichzeitig über das Stück hinaus des Verstecks jener Widerstands- gewählt und sein Sohn, der von auf den weiteren Kontext der NS- gruppe, die sich um den Bad Isch- der Wehrmacht desertierte, Verfolgung, in welchem die ler Sepp Plieseis sammelte und im schloss sich der Gruppe am Igel „Zigeuner“ ebenfalls zu den Ver- Toten Gebirge erfolgreich bis an. Vordergründig scheint das Set- gessenen gehören. Weder Text Kriegsende versteckt hielt. Das ting der Ereignisse im Gebirge noch Inszenierung tendieren zu Stück setzt ein, als der Protagonist schwer umsetzbar, jedoch kann die einer Heroisierung der histori- (gespielt von Daniel Doujenis) Lösung, auf das Bühnenbild weit- schen Figuren noch zur Mytholo- nach seiner Flucht aus dem Dach- gehend zu verzichten, nur als gisierung des Geschehens, son- auer Außenlager Hallein Ende 1943 gelungen erachtet werden. Eine dern führen zutiefst menschliche wieder ins Salzkammergut zurük- leere Bühne, die in drei Bereichen Charaktere mit allen persönlichen kkehrt (er hatte es 1936 verlassen, nach oben oder unten gefahren Schwächen vor Augen. Die stärk- als er sich auf nach Spanien zu den wird, womit die Kargheit des sten Effekte erzielt das skurrile Internationalen Brigaden machte) Toten Gebirges angedeutet ist und Volkstheater, wenn die Träume und dort auf alte Bekannte trifft: zugleich verschiedene Spielebenen vom „freien Österreich“ in der Alois Straubinger (Franz Solar), zur Verfügung stellt. Dabei ist Hir- Idylle des Ausseer Narzissenfestes ebenfalls soeben aus dem KZ geflo- schen nicht einfach die künstleri- ihre Erfüllung finden. hen, (tatsächlich 1942 aus dem sche Aufbereitung einer Geschich- Franzobl folgt dramaturgisch und Gefangenenhaus Wels geflüchtet), te des Widerstands im Nationalso- inhaltlich weitestgehend dem sowie die beiden Frauen Resi zialismus, die vor wenigen Jahren Buch Plieseis’ „Vom Ebro zum Pesendorfer (Julia Cencig) und vermutlich durchaus Kontroversen Dachstein“. Albrecht Gaiswinkler, Marianne Feldhammer (Andrea hervorgerufen hätte. Franzobl der zweite bekanntere Wider- Wenzl). Eine prominente Rolle schlägt immer wieder Brücken zur standskämpfer im Salzkammer- nimmt der Jäger Mittendorfer ein, politischen und gesellschaftlichen gut, erhält als Fallschirmspringer, er versinnbildlicht zum einen die Gegenwart, im Stück selbst und der kurz vor Kriegsende im Auf- opportunistische Haltung des „I dann durch das Einfügen einer trag der britischen Alliierten in bin net dafür und i bin net dage- weiteren Spielebene. „Die Wider- der Region abgesetzt wird, eine betrifft widerstand 34 HIRSCHEN eher klamaukhafte Nebenrolle. licher Schwachpunkt die Darstel- ten. In aufreizenden Hotpants und Beeindruckend und nachvollzieh- lung der Frauen. Sie werden zwar Netzstrümpfen bekleidet gibt sie bar hingegen Plieseis, der in Hir- zu Protagonistinnen der Wider- die unpolitische, naive Gefährtin schen durch die Jahre im Spani- standsbewegung am Igel, an dem ab, die nur drauf hofft, dass sie schen Bürgerkrieg, in Gefängnis- historisch die Anwesenheit von Plieseis vielleicht doch noch „rum- sen und KZs zu einem gefühlskal- Frauen verboten war (Marianne kriegen“ möchte. Wer die - leider ten, rigorosen Leader geworden Feldhammer war als einzige mehr- häufig verkannte - Bedeutung von ist. Nur schwer lässt er sich z.B. mals hinaufgegangen), jedoch Resi Pesendorfer im Widerstand davon abbringen, Mitglieder, die kommt ihr tatsächliches Verdienst kennt, wird sich darüber ärgern. durch ihren Leichtsinn die Gruppe und die Gefahren, denen sie ausge- Ein würdiges Denkmal wurde ihr in Gefahr bringen, eigenhändig zu setzt waren, nicht zum Tragen. damit wieder nicht gesetzt. erschießen. Insbesondere die Figur der Resi Bleibt als einziger aber wesent- Pesendorfer ist irgendwie missra-

Stimmen aus dem Widerstand Erweiterung der Ausstellung um zwei Hörstationen

Ein mehrmonatiges Audio-Projekt Foto: Karin Böhm den z.B. heute noch erstaunlichen des Zeitgeschichte Museums Anklang. Über die Jahrzehnte ist wurde Anfang Juni abgeschlossen. das Interesse von HistorikerInnen, Der Ausstellungsbereich „Wider- StudentInnen, Jugendlichen etc. stand“ ist seither um 2 Hörstatio- an der Frage nach dem Resistenz- nen und dazugehörigen Begleit- verhalten gegenüber dem NS- heften erweitert. Thematisch Regime ungebrochen. Der Wider- gegliedert und in einzelnen Hör- stand war angesiedelt zwischen tracks abrufbar werden Biografien Verdrängtsein auf der einen Seite und Bewegungen aus dem spezifi- und Heroisierung, Mythologisie- schen Widerstand im Salzkamm- rung auf der anderen Seite. Vor ergut präsentiert. Auf den beiden allem dem Laienhistoriker Peter leicht bedienbaren Audiogeräten Kammerstätter und seiner For- können mit Kopfhörern Aus- schertätigkeit ist es zu verdanken, schnitte aus insgesamt je 1 Stunde dass seit den 70er Jahren der Tonmaterial abgerufen werden. Grundstein für eine umfassende Neben Stimmen von prominenten Widerstandsforschung gelegt ProtagonistInnen wie Franz Föt- war. tinger, Hans Grafl, Leni Egger, des Widerstands im Salzkammer- Franz Kain, Resi Pesendorfer, gut. Das Verdienst der Frauen und Das Projekt „Stimmen aus dem Marianne Feldhammer, Alois Männer soll auf diese Weise muse- Widerstand“ wurde von Andreas Straubinger, Karl Gitzoller, al verankert werden, gleichzeitig Schmoller unter der Mitarbeit von Agnes Primocic kommt eine wird auch der gesellschaftliche David Guttner durchgeführt und Reihe HistorikerInnen, Zeitzeug- Umgang mit dem Widerstand seit erhielt eine Förderung der Innen, Regionalgeschichtsfor- 1945 zum Thema und somit bri- Museumsabteilung des BM:UKK. scher etc. zu Wort. Hinzu kom- sante Zeitgeschichte aufgezeigt. Die Hörstationen sind Teil der men Auszüge aus Dokumentarfil- Der Widerstand im Salzkammer- Dauerausstellung, die zu den Öff- men, Radioreportagen und litera- gut während der NS-Zeit ist über nungszeiten Dienstag-Sonntag rischen Erzählungen. Zusammen- die regionalen Grenzen hinaus (jeweils 10-17 Uhr) besichtigt wer- gefasst entsteht ein Streifzug bekannt. Bergwanderungen zu den kann. durch Geschichte und Gedächtnis Schauplätzen des Geschehens fin-

35 betrifft widerstand Nachruf auf Leon Zelman 12. Juni 1928 – 11. Juli 2007

Leon Zelman wurde in Szczekoci- Lagererfahrung, stellte Leon Zel- ny, in der Nähe von Zawiercie man aktuelle Bezüge zur damali- (Schlesien) geboren. Seine Eltern gen Gegenwart her und in Anspie- kamen im Ghetto Lodz ums Leben, lung auf die Haider- FPÖ sagte er: sein Bruder und er wurden 1944 in „Man müsse fassungslos zur das KZ- Auschwitz/Birkenau Kenntnis nehmen, dass Nationa- deportiert. Ende September 1944 lismus, Intoleranz und Fremden- ging ein weiterer Transport zuerst hass zunehmend gesellschaftsfä- nach Falkenberg, dann nach hig werden.“ Wolfsberg, beides Außenkomman- Ebensee hatte als Ort für Leon Zel- dos des KZ Groß-Rosen in Ober- man aufgrund seiner Erfahrungen schlesien. Leon Zelmans Bruder eine negative Aura und ich erinne- starb in Wolfsberg an den Folgen re mich gut, dass er 1995 nicht in der Lagerbedingungen. Im März Ebensee sondern in Bad Ischl über- 1945 erfolgte die Evakuierung nachten wollte. Ich erinnere mich Wolfsbergs und über 2000 jüdi- auch gerne an seine durchaus sche Häftlinge, darunter Leon Zel- wohlwollende Ungeduld, als wir man und sein Freund Rysiek (1), am Tag nach der Gedenkfeier von kamen nach Mauthausen. Ohne Bad Ischl viel zu spät nach Maut- die Häftlinge in das Lager zu las- hausen aufbrachen und sämtliche sen ging der Transport sofort wei- Verkehrsregeln missachtend, die ter in das Außenkommando nach Autoschlange hinauf zur Gedenk- Ebensee. Die „Aufnahmeforma- stätte Mauthausen in halsbrecheri- litäten“ dauern 1 ½ Tage, in denen scher Fahrt überholten, ohne auf Leon Zelman 1995 bei der Gedenkfeier eine Polizeieskorte zu warten. Ich die Häftlinge im Schnee warten in Ebensee, Foto: Archiv ZME müssen. Hunderte kamen habe seine konstruktive Ungeduld unmittelbar und in den Tagen sche Besucher als Reiseland attrak- gut verstehen können. Wer seine danach ums Leben. Leon Zelman tiver zu machen. 1980 gründete er Jugend verloren hatte, war wurde die Häftlingsnummer das Jewish Welcome Service Vien- gezwungen, das so weit als mög- 136433, seinem Freund Rysiek die na. Mit großem Erfolg gelang es lich aufzuholen, was ihm verwehrt Nummer 135504 zugewiesen. 3 ihm, 1938 vertriebene österreichi- geblieben war. Monate später erfolgte die Befrei- sche Juden nach Wien einzuladen Leon Zelman war ein sensibler, ung des Lagers. Leon Zelman und einen Jugendaustausch beider seine Ziele hartnäckig und bestim- wurde noch geraume Zeit in einem Länder zu organisieren. 1995 konn- mend verfolgender Mensch. Ich Hospital für jüdische Displaced te Leon Zelman seine Autobiogra- hoffe, er hat sein Leben als erfüllt Persons in Bad Goisern behandelt. phie „Ein Leben nach dem Überle- erachtet, auch wenn so manches 1946 ging er nach Wien und ben“ gemeinsam mit dem „Falter“ unerfüllt bleiben musste. Die Mit- begann nach der Matura ein Publi- Herausgeber Armin Thurnher arbeiterInnen der Gedenkstätte zistikstudium, das er 1954 mit dem publizieren. Ebensee werden Leon Zelman ein Doktorat abschloss. 1951 gründete Dr. Leon Zelman kam Anfang der ehrendes Andenken bewahren. er das bis heute vielbeachtete Jahr- 90er Jahre erstmals mit der KZ- (Wolfgang Quatember) buch „Das jüdische Echo“.1963 Gedenkstätte Ebensee in Kontakt. übernahm Leon Zelman vom Am 6. Mai 1995 hielt er anlässlich Anmerkungen Österreichischen Verkehrsbüro die der 50. Befreiungsfeier des KZ- 1 Richard Bugajer, überlebte ebenfalls und Leitung des Reisebüros City mit Ebensee eine viel beachtete Rede. lebte später als Arzt in Wien, seine Auto- biographie „Mein Schattenleben“ wurde dem Ziel, Österreich für israeli- Neben der Schilderung seiner im Jahr 2000 im Czernin Verlag publiziert

betrifft widerstand 36 Nachruf auf Agnes Primocic

Am 14. April 2007 starb Agnes Pri- Dachauer Außenkommando Adnet mocic in Hallein im 103. Lebens- bei Hallein mitorganisierte. Sie jahr. stellte den Kontakt zwischen Plies- „Agnes Primocic ist eine beein- eis und Karl Gitzoller, einem weite- druckende Persönlichkeit, die in ren Fluchthelfer her. Unter Einsatz einer unmenschlichen Zeit ihres eigenen Lebens rettete sie Mensch geblieben ist und ohne gemeinsam mit ihrer Bekannten Rücksicht auf das eigene Schick- Mali Ziegleder kurz vor Kriegsende sal, das Leben anderer gerettet 17 Häftlinge des KZ-Außenlagers hat“, so charakterisierte Gabi Hallein vor der drohenden Ermor- Burgstaller im Jahr 2000, die dung. Nach der Befreiung war sie damals 95-jährige. langjährige Halleiner Stadträtin

Agnes Primocic wurde 1905 in Kammerstätter Sammlung Peter Foto: o.D. für Fürsorge und Gemeinderätin einer Halleiner Arbeiterfamilie der KPÖ und zuletzt bis zu ihrem geboren, wo sie als eines von sechs Tod Ehrenobfrau des KZ-Verban- Kindern aufwuchs. des in Salzburg. Als Halleiner Tabakarbeiterin Uwe Bolius (Regie), Robert Angst engagierte sie sich als Betriebsrä- (Kamera) und Kerstin Dresing tin und Gewerkschafterin, wurde (Projektleitung) gestalteten im während des Austrofaschismus die „Rote Hilfe“, Unterstützungen Jahr 2002 ein Filmporträt über viermal verhaftet und auch nach für Arbeiterfamilien, die zumeist Agnes Primocic mit dem Titel: dem März 1938 mehrfach von der durch Verhaftung der Männer in „Nicht stillhalten, wenn Unrecht Gestapo festgehalten und verhört. Not geraten waren. geschieht!“ Seit 1934 war Agnes Primocic, Agnes Primocic hatte einen sehr 2004 publizierte Michaela Zehet- Mutter dreier Kinder, Mitglied der engen Bezug zum Salzkammergut. ner das gesamte Interview als Kommunistischen Partei und sam- Im Herbst 1943 war sie es, die die Taschenbuch im Akzente Verlag melte jahrelang Geldbeiträge für Flucht von Sepp Plieseis aus dem (ISBN: 9783902294005)

Bücher

MARIA CÄSAR Frauen im Widerstand – Verfolgung von Frauen in der Steiermark, Clio – HEIMO HALBRAINER (HRSG.) Historische und gesellschaftspolitische Schriften, Bd. 5, „Die im Dunkeln sieht man doch“. Graz: Clio 2007 ISBN: 978-3-902542-05-2 Das Buch baut auf einer vom KZ Verband Steiermark und dem Verein CLIO veranstalteten Vortragsreihe auf. Zahlreiche namhafte Historike- rInnen und ZeitzeugInnen referierten zum Thema Widerstand und Ver- folgung von Frauen in der Steiermark. Lebenserinnerungen an Wider- stand und Haftzeit von Irma Trksak, Maria Cäsar und Luise Reiter wer- den durch wissenschaftliche Beiträge etwa über die steirischen Frauen Konzentrationslager St. Lambrecht und Lannach, Steirerinnen im KZ Ravensbrück oder auch über die leider weitgehend vergessene Wider- standsaktivistin Irene Harand („Sein Kampf. Antwort an Hitler“, Wien 1935) ergänzt. Im Anhang wird erstmals ein „Lexikon der weiblichen NS- Opfer der Steiermark“ publiziert.

37 betrifft widerstand BÜCHER

GERALD LAMPRECHT (HRSG.) Seit mehreren Jahren sind in Europa und einigen arabisch-muslimi- Antisemitismus, Antizionismus schen Ländern vermehrt antisemitische Ausschreitungen und Aktivitä- und Israelfeindschaft ten feststellbar. In diesem Zusammenhang ist seit dem September 2001 auch immer wieder von einem so genannten neuen Antisemitismus die Rede. Dieser zeichnet sich vor allem durch neue Tätergruppen wie auch durch einen neuen Begründungszusammenhang aus. Demnach vollzie- hen die neuen Antisemiten eine Verschränkung alter, traditioneller Ste- reotype mit der politischen Gegenwart im Nahen Osten, respektive dem Staat Israel. Als Träger dieses neuen Antisemitismus werden nun nicht mehr nur Gruppen der politischen Rechten ausgemacht, sondern ver- stärkt männliche Migranten mit arabisch-muslimischen Hintergrund und Vertreter der radikalen, antiimperialistischen Linken. Sichtbar wer- den all diese Zusammenhänge in den Begriffen Antisemitismus, Anti- zionismus, Israelkritik sowie deren vielfältigen Überschneidungen und Verflechtungen. Graz: Clio 2007, ISBN 978-3- Der Sammelband geht eben diesen komplexen Beziehungen nach und 902542-01-4124 Seiten, Euro 12,00 versucht einen Beitrag zu leisten, bei der Entwirrung des scheinbar Unentwirrbaren. Mit Beiträgen von Moshe Zuckermann, Thomas Schmidinger, Karl Pfeifer, Stefan Moritz, Gerald Lamprecht

Hörbuch Eine Anthologie von 39 Autorinnen und Autoren zur Erinnerung an die NACHKLANG-WIDERHALL Verfolgung, Vertreibung, Vernichtung und den Widerstand von Jüdin- nen und Juden, Roma, Sinti und Jenischen, behinderten Menschen, Doppel-CD (160 Minuten) Angehörigen von Religionsgemeinschaften, Deserteuren, Homosexuel- ISBN: 978-3-200-00877-9 len, Kriegsdienstverweigerern, Kriegsgefangenen, politischen GegnerIn- Bestellungen: www.doew.at nen, ZwangsarbeiterInnen und allen anderen Opfern des Nationalsozia- lismus: Michael Amon, Heimrad Bäcker, Bogdan Bogdanovic, Franzobel, Karl-Markus Gauß, Eva Geber, Elfriede Gerstl, Sabine Gruber, Henriette Haill, Josef Haslinger, Elfriede Jelinek, Eugenie Kain, Franz Kain, Leo Katz, Alois Kaufmann, Ruth Klüger, Walter Kohl, Traude Korosa, Theo- dor Kramer, Ludwig Laher, Gitta Martl, Martin Pollack, Christian Qual- tinger, Doron Rabinovici, Schoschana Rabinovici, Elisabeth Reichart, Erwin Riess, Kathrin Röggla, Stella Rotenberg, Gerhard Ruiss, Robert Schindel, Simone Schönett, Ceija Stojka, George Tabori, Peter Turrini, Vladimir Vertlib, Susanne Wantoch, Ruth Weiss und Rosa Winter. Gelesen von: Ilse M. Aschner, Siglinde Bolbecher, Eva Geber, Konstantin Kaiser, Gitta Martl, Otto Tausig. Musik: Christof Dienz

Das Hörbuch ist Teil des Denkmal-Projektes NACHKLANG-WIDER- HALL und wurde vom Kulturverein Kult-Ex (Sabine Belezanski, Michael Dunzendorfer, Anita Eyth, Thomas Hinterberger, Andrea Hummer, Bernhard Hummer, Regina Klambauer, Doris Schuller) konzipiert und produziert. Hintergrundinformationen zum Gesamtprojekt und sämtli- che Texte der AutorInnen: www.nachklang-widerhall.at

Der Erlös aus dieser CD wird folgenden Initiativen gespendet: Deser- teurs- und Flüchtlingsberatung Wien, Kupfermuckn und Laura-Gatner- haus für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Besuchen Sie das Denkmal NACHKLANG-WIDERHALL in Leonding bei Linz (Oberösterreich) am Alten Kirchenplatz (hinter dem Stadtplatz).

betrifft widerstand 38 Grablagepläne auf dem KZ-Opferfriedhof

Durch die Anbringung von Lage- fern aus Mauthausen und Gusen plänen, welche einen Teil der am (3) nach Ebensee umgebettet. KZ-Friedhof beerdigten Opfer des Der Anbringung von Grablageplä- Konzentrationslagers Ebensee na- nen lag die Absicht zu Grunde, mentlich erfassen, konnte einem den in Ebensee bestatteten KZ-Op- langjährigen Wunsch von Überle- fern ihre Namen als Zeichen ihrer benden und Angehörigen von Op- Individualität und Menschenwür- fern entsprochen werden. de wieder zu geben. Basierend auf historischen Grabla- geplänen (1954) der seinerzeit täti- Anmerkungen gen französischen Exhumierungs- 1 Abschlussbericht der Kommission des kommission (1) sowie weiteren Re- Ministerium A.C.V.G.: „Opération d’exhu- cherchen in zahlreichen Archiven Foto: ZME mation et de regroupement de corps de und Datenbanken (2) ließen sich in concentrationnaires à Ebensee Haute- mühevoller historischer Kleinar- sern, St. Wolfgang, Bad Ischl, Autriche, Bad Ems, am 5. April 1954 2 beit zahlreiche Namen von Opfern Sankt Konrad, Aurachkirchen, Al- Archiv KZ-Gedenkstätte Mauthausen (Republik Österreich: BM für Inneres): in den Einzelgräbern und 185 taussee ) exhumiert und 1952 auf Totenbücher, Häftlingspersonalakten, Yad Opfer des so genannten 2. Massen- dem KZ-Sammelfriedhof in Eben- Vashem, NA Washington, USHMM grabes (von der Lager-SS zwischen see wieder bestattet wurden. Häft- Washington, Instytut Pamieci Narodowej 20. und 29. April 1945 angelegt) linge aus den Lagern Gunskirchen, Warszawa, Zbigniew Waruszinski (Pol- eruieren. St. Valentin und Mauthausen, die nische Opfer), Opferdatensammlung Dr. Florian Freund (Wien) und Häftlingsda- Nunmehr ist für Gedenkstättenbe- im Mai 1945 an den Folgen der La- tensammlung KZ-Gedenkstätte Ebensee, sucher nachvollziehbar, dass viele gerhaft starben und ursprünglich Marktgemeinde Ebensee (Standesamt), nach der Befreiung in Hospitälern in Hörsching, St. Valentin, Schö- Magistrat Steyr: Veraschungsbuch der Salzkammergutgemeinden nau, Linz-St. Martin und 3 Einäscherung im Städtischen Kremato- Verstorbene, von den jeweiligen Gallspach beerdigt worden waren, rium in Steyr in den Jahren 1940, 1941 und 1942 Kommunalfriedhöfen (Bad Goi- wurden ebenso wie Urnen von Op-

Denkmalprojekt „Den Opfern die Namen wieder geben“

Das Projekt, dessen Zielsetzung Behörden verfügter Kategorisie- Nationalsozialisten vorgenomme- die Errichtung eines Mahnmals rung der ermordeten Lagerinsas- ne Stigmatisierung von Menschen mit den Namen aller im KZ- sen wird aus mehreren Gründen nach rassischen Ideologiekon- Nebenlager Ebensee ermordeten abgesehen. Da nach 1945 in vielen strukten („Jude“, „Asozialer“, Opfer ist, wurde am 18. Juni 2007 Fällen Staatsgrenzen verändert „Zigeuner“ u.a.) nachzuvollziehen, dem Internationalen Forum Maut- wurden und insbesondere in Ost- und damit den Opfern nachträg- hausen im Bundesministerium für und Südosteuropa zahlreiche neue lich, kollektive Identitäten von Inneres in Wien vorgestellt. Dr. Staaten entstanden sind, ist eine außen aufzuzwingen. Florian Freund erläuterte die nationale Zugehörigkeit der Opfer Nach Abschluss der Forschungsar- Schwierigkeiten, aus den vorhan- nicht im Einzelfall zu rekonstruie- beit werden im Herbst 2007 Künst- denen historischen Quellen alle ren. Ebenso wird auf eine Kategori- ler eingeladen, Projektvorschläge Opfernamen in orthographisch sierung der Opfer nach NS-Krite- einzureichen. Eine Fachjury wird korrekter Schreibweise zu rien aus gutem Grund verzichtet. in der Folge ein Projekt zur Reali- erschließen. Von Hinweisen auf Denn es kann nicht Ziel eines sierung auswählen. nationale Herkunft und von NS- Mahnmales sein, die von den

39 betrifft widerstand Ankündigung - Sonderausstellung

Foto: Ingrid Moser, 2000

Anne Frank - eine Geschichte für heute Oktober 2007

- Wanderausstellung der Anne-Frank Stiftung, Amsterdam - in Kooperation mit dem Verein Anne-Frank in Österreich

- Öffnungszeiten: ab Mo 1. Okt. für Schulklassen Mo-Fr nach telefonischer Vereinbarung für EinzelbesucherInnen Di - So jeweils 10 - 17 Uhr - Für Schulgruppen werden Workshops und altersgemäße Ausstellungsrundgänge angeboten. - Nähere Informationen zum pädagogischen Rahmenprogramm werden am Beginn des Schuljahres bekannt gegeben! - Interessenten können ab sofort terminliche Vereinbarungen treffen (061 33 56 01) Veranstaltungsvorschau Franz Kain in memoriam

Aus Anlass des 10. Todestag (27. Oktober) von Franz Kain veranstalten das Zeitgeschichte Museum und das Kino Ebensee einen Film- und Lite- raturabend, an dem Leben und Werk des Goiserer Schriftstellers, Jour- nalist und Politikers in Ebensee jene Würdigung erfahren soll, die ihm in der Region stets verwehrt blieb. Mit 14 Jahren bereits zum ersten Mal verhaftet, 1941 wegen Flugblattaktionen auf Vorbereitung zum Hochver- rat angeklagt, stand Leben und Schreiben von Franz Kain stets im Zei- chen des Widerstands. Als Autor zahlreicher Erzählungen, als unbeque- mer Kommunalpolitiker der KP in Linz, oder als Chefredakteur der "Neuen Zeit", Kain war in all seinen Lebensbereichen jemand, der Spra- che als Werkzeug kultivierte und zum Einsatz brachte. Fr. 9.11. Beginn: 20 Uhr im Kino Ebensee Programm - VORTRAG: Ein Leben im Widerstand - mit Wolfgang Quatember - FILM: Kain Denkmal - von Alenka Maly - LESUNG: Der Weg zum Ödensee. Die Verhaftung von Ernst Kalten- brunner im Toten Gebirge - mit Peter Raab und Arthur Fischer, sowie, Foto: privat, F. Kain 1990 Ariane Horz (Oboe) und Christian Kapun (Kontra-Bassklarinette)

Öffnungszeiten der Dauerausstellung in der Stollenanlage 2007

16. Juni - 16. September täglich 10-17 Uhr Mo geschl. sowie bis Ende September an Wochenenden 22./23.9. und 29./30.9. von 10-17 Uhr

Führungen ab 10 Personen sind nur nach telefonischer Voranmel- dung, jedoch auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich. Tel.: 06133 5601

Foto: S. Panzl

41 betrifft widerstand Bücher & Filme aus dem Buchshop des ZME

Folgende Artikel können über das Zeitgeschichte Museum bezogen werden!

Veröffentlichungen des Zeitgeschichte Museums: - Gruber, Andreas: Hasenjagd DVD 19,99 - Felber, Ulrike/ Quatember, Wolfgang: Ausstellungska - Hackl, Erich: Anprobieren eines Vaters 19,50 talog Zeitgeschichte Museum Ebensee 19,50 - Hackl, Erich: Abschied von Sidonie 7,10 - Ausstellungskatalog: Ebensee Concentration - Hackl, Erich: Hochzeit von Auschwitz 9,20 Camp/Konzentrationslager Ebensee 7,- - Horsky, M.: Man muss darüber reden 22,- - Quatember, Wolfgang et.al: Das Salzkammergut 21,65 - Kain, Franz: Auf dem Taubenmarkt 25,- - Zeitgeschichte Museum: 60 Jahre Befreiung KZ Eben - Kalss, Helmut: Widerstand 18,- see. Filmdoku der Gedenkfeiern 2005 (DVD) 15,- - Kammerstätter, Peter: Dem Galgen, dem Fallbeil, der - 50. Gedenkfeier KZ-Gedenkstätte Ebensee 1995, VHS Kugel entronnen 19,50 Video € 15,00 - Kohl, Walter: Auch auf dich wartet eine Mutter 18,50 - Moser-Kroiss, Judith/ Schmoller, Andreas (Hg.): Stim - Kohl, Walter: Die Pyramiden von Hartheim 28,90 men aus dem KZ Ebensee 15,- - Krawarik Verena (Hg.): Mutter, der Himmel - betrifft widerstand: Ausgaben Juni 2005, Dez 2005, brennt 20,- Juni 2006 € 3,60 - Laher, Ludwig: Herzfleischentartung 18,90 - Laher, Ludwig (Hg.): Uns hat es nicht geben sollen Bücher im Sortiment des ZME: 19,50 - Schulhefte (Hg.), Auf dem Weg: Von der Museumspä - Laher, Ludwig: Ketani heißt miteinander DVD 14,90 dagogik zur Kunst- und Kulturvermittlung 11,20 - Longerich, Peter: „Davon haben wir nichts - Historische Sozialkunde: Geschichte, Fachdidaktik, gewusst!“ 25,70 Politische Bildung 5,- - Münichreiter, Karl: Ich sterbe weil es einer - Historische Sozialkunde, Teaching the Holocaust, sein muss 12,- Sondernummer 7,30 - Neugebauer, Wolfgang/Schwarz, Peter: Der Wille zum - Anne Frank, Tagebuch 8,40 aufrechten Gang 23,- - Bárta, Drahomir: Tagebuch aus dem KZ Ebensee 18,- - Orth, Karin: Die Konzentrationslager SS 15,- - Benz, Wolfgang: Ausgrenzung, Vertreibung, Völker - Ostermann, Dagmar: Eine Lebensreise durch Konzen mord 10,30 trationslager 22,- - Berger, Peter: Kurze Geschichte Österreichs im 20. - Pilar, Walter: Lebenssee 1 18,90 Jahrhundert € 24,50 - Pilar, Walter: Lebenssee 2 18,90 - Burger, Adolf: Des Teufels Werkstatt € 23,60 - Putz, Erna: Franz Jägerstätter -...besser die Hände als - Brunnthaler, Adolf: Strom für den Führer 29,- der Wille gefesselt... 21,65 - Engl Bernhard: Die Pfarre Ebensee in der Zeit des - Reiter, F.R.: Wer war Rosa Jochmann? 22,- Nationalsozialismus 24,00 - Scheuch, Manfred: Der Weg zum Heldenplatz 24,- - Ertelt, Ingeborg: Meine Rechnung geht bis Anfang - Schreiber, Gerhard: Der Zweite Weltkrieg 8,20 Mai. Biographie über Sepp Teufl 15,- - Stöver, Bernd: Der Kalte Krieg Beck Reihe Wissen 8,20 - Farkas, Anita: Die Bibelforscherinnen des Frauenkon - Tálos, Emmerich/ Neugebauer, Wolfgang (Hg.): Aus zentrationslagers St. Lambrecht 18,- trofaschismus 20,50 - Farkas, Anita: Sag mir wer die Toten sind 8,- - Topf, Christian: Auf den Spuren der Partisanen - Forum gegen Vergessen, Auschwitz. Ausstellungsbro 17,90 schüre in Italienisch 3,00 - Ulrich, Bernd: Stalingrad 8,20 - Freund, Florian: Concentration Camp Ebensee 7,- - Voigt Klaus, Die jüdischen Kinder der Villa Emma, - Freund, Florian: KZ Ebensee 5,- Ausstellungskatalog dt./ital. 15,00 - Freund, Florian/ Safrian: Expulsion und Extermina tion 7,- Alle Preise exkl. Versandkosten - Gindlstrasser, Franz: Franz Peterseil - Eine nationalso Bestellungen unter: 06133/5601 oder per Email: zialistische Karriere 14,90 [email protected] - Gouffault, Roger : Quand l’homme sera-t-il humain? Zeitzeugenbericht KZ Ebensee in franz. Sprache 20,- - Graf, Willi: Briefe und Aufzeichnungen 10,30 betrifft widerstand 42