DÖW DOKUMENTATIONSARCHIV DES ÖSTERREICHISCHEN WIDERSTANDES

FOLGE 180 Mitteilungen MÄRZ 2007 GEDENKEN IN NIEDERÖSTERREICH

Seit Anfang der 1990er Jahre ist der Umgang der österreichischen Gesellschaft mit Widerstand und Verfolgung in Form ihrer mate- riellen Kristallisation als Erinnerungszeichen ein Forschungsfeld des DÖW. 1998 erschien als Abschluss des Pilotprojekts „Gedenken und Mahnen in Wien 1934–1945“ eine 488-seitige Publikation über „Gedenkstätten zu Widerstand und Verfolgung, Exil und Befreiung in Wien“, 2001 folgte ein erster Ergänzungsband. Gegenwärtig sind wissenschaftliche Dokumentationsprojekte zu den Bundesländern Niederösterreich, Steiermark und Burgenland in Arbeit. Das DÖW kooperiert dabei mit dem „Verein zur Erforschung nationalsozialis- tischer Gewaltverbrechen und ihrer Aufarbeitung“, der Abteilung Zeitgeschichte der Karl-Franzens-Universität Graz und mit dem Forschungsprogramm „Orte des Gedächtnisses“ an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Kommission für Kultur- wissenschaften und Theatergeschichte). Projektleiterin ist Heidemarie Uhl. Claudia Kuretsidis-Haider und Heinz Arnberger, seit den Anfängen an den Projekten des DÖW zu Gedenken und Mahnen beteiligt, beschreiben im Folgenden anhand exemplarischer Beispiele die Gedächtnislandschaften Niederösterreichs.

Erinnerungszeichen im Gedenken an die verschiedenen — politisch, militärisch und religiös begründeten — Formen widerständigen Verhaltens

Das Gedenken an KommunistInnen, So- zialistInnen und Christlich-Konservative ist in der Regel personenbezogen und zeigt sich in den traditionellen „sites of memories“, nämlich in Form von Gedenk- tafeln, Denkmälern, Ehrengräbern, aber auch in Form von Verkehrsflächenbenen- nungen oder von Benennungen von Kin- dergärten, Schulen und anderen öffent- lichen Einrichtungen. Die ersten Nachkriegsjahre standen, wie Gedenktafel an der äußeren Friedhofsmauer in Enzesfeld-Lindabrunn, 1946 Heidemarie Uhl mehrfach feststellte, im Zeichen des konsensualen Gedenkens an vor allem das individuelle Schicksal Ein- Bereits in den 1950er Jahren verschwand den österreichischen Freiheitskampf. Dies zelner wider. Auch die gesellschaftspoliti- die namentliche Kenntlichmachung von lässt sich auch für Niederösterreich nach- sche Zugehörigkeit der Betroffenen geht Personen, die Widerstand gegen das vollziehen. Geprägt wurde diese Erinne- in vielen Fällen hervor, wenngleich der NS-Regime geleistet hatten, und wich rungskultur von der KPÖ und der SPÖ. Hinweis, ob es sich dabei um Kommu- schwammigen Begrifflichkeiten. Aus den Während sich kommunistisches Gedenken nistInnen oder SozialistInnen gehandelt „Kämpfern gegen den Faschismus“ wur- auf den Widerstand gegen die NS-Herr- hat, in der Regel fehlt, außer es handelte den „Opfer des Faschismus“, die sich an- schaft konzentrierte, wobei die Kommu- sich um eine konkret etwa von der KPÖ deren Opferkategorien, wie „Soldaten bei- nistInnen den höchsten Anteil an Opfern gestiftete Tafel. Ganz allgemein ist der der Weltkriege“ oder ganz allgemein „Op- zu verzeichnen hatten, war das sozialde- „Kampf gegen den Faschismus und gegen fer des Krieges“, einfügten. Nur wenige mokratische Gedenken in vielen Fällen den Krieg“ (Brunn am Gebirge) und „für Denkmalerrichtungen prägten in dieser auf den Bürgerkrieg im Februar 1934 fo- Österreichs Freiheit“ (Enzesfeld-Linda- Zeit das Bild der niederösterreichischen kussiert. Generell war in der Erinnerungs- brunn, Stockerau) in Niederösterreich in Gedächtnislandschaften. Exemplarisch zu kultur das Widerstandsnarrativ vorherr- dieser Zeit häufig verwendeter Sprach- erwähnen ist hier etwa das auf Initiative schend und Erinnerungszeichen spiegelten duktus. der drei Opferverbände errichtete „Denk- 2 Mitteilungen 180

Mitte der 1990er Jahre eine starke Reprä- sentanz im öffentlichen Raum Nieder- österreichs aufweist, sei es in Form von Skulpturen (etwa in der Wallfahrtskirche Kleinmariazell), als Reliquienverehrung in zahlreichen Kirchen, in Andachtsräu- men (z. B. in der Justizanstalt Hirtenberg), als Restituta-Kapellen (etwa in der Kursana Seniorenresidenz Maria Enzers- dorf), als Namensgeberin für Verkehrsflä- chenbenennungen (wie z. B. in Mödling) oder als Restituta-Kindergarten in Ober- waltersdorf. Sr. Restituta wurde am 21. Juni 1998 auf dem Wiener Heldenplatz durch Papst Johannes Paul II selig gespro- chen, und in diesem Jahr sind in ver- schiedenen niederösterreichischen Orten verstärkt Zeichensetzungen festzustellen.

Zeichensetzungen im Gedenken an die Opfer des links oben: Mahnmal auf dem Friedhof Holocaust bzw. an in Hainburg, 1977 ausgelöschte jüdische oben: Denkmal gegen den Faschismus Gemeinden sowie an zerstörte in Amstetten (Neuer Friedhof), 1954 Synagogen oder Friedhöfe

links: Gedenktafel in der Kirche von Großweikersdorf, 2002 Die Erinnerung an die Vertreibung und Er- mordung der Jüdinnen und Juden wies jahrzehntelang nur eine marginale öffent- mal gegen den Faschismus“ in Amstetten liche Präsenz auf. Auffallend ist, dass in aus dem Jahr 1954, das der „Märtyrer po- den ersten Nachkriegsjahren auch der Ho- litischer Willkür in den Jahren locaustopfer gedacht wurde, wenngleich 1933–1945“ gedenkt, ohne eine nähere es den Begriff in dieser Zeit noch nicht parteipolitische Spezifizierung vorzuneh- gab. Allerdings scheute man vor der Ver- men. Die Opfer von „Ständestaat“ und wendung der Worte „Jude“ und „jüdisch“ Nationalsozialismus werden anonym an- zurück, zu sehr schienen diese durch die gesprochen. Die breite parteipolitische NS-Zeit belastet. Es finden sich daher auf Einigkeit spiegelte die Teilnahme von Erinnerungszeichen aus diesen Jahren kei- VertreterInnen der SPÖ, ÖVP und der ne „jüdischen“, sondern „israelitische“ KPÖ an der mit einer kirchlichen Weihe Opfer bzw. keine Juden, sondern Israeliten verbundenen Enthüllungsfeier wider. (Bad Deutsch-Altenburg, Bruck/Leitha). Sehr stark vertreten ist in Niederöster- Bisweilen behalf man sich auch mit dem reich, insbesondere seit den 1980er Jah- Begriff „KZ-ler“ (St. Anton–Jeßnitz). Die- ren, das Gedenken an den katholischen se waren in der Regel namentlich unbe- Widerstand. Das hängt mit der stark aus- kannt (eine Nennung der betroffenen Per- geprägten katholischen Prägung der bäu- sonen, oftmals versehen mit näheren Da- erlichen Gesellschaft in Niederösterreich ten, wie Deportation und Ermordung, ist zusammen. Neben Roman Karl Scholz erst seit der intensiven Holocaustfor- von der „Österreichischen Freiheitsbewe- schung in den letzten Jahren möglich ge- gung“, hingerichtet im Mai 1944, der in worden). Klosterneuburg tätig gewesen war und für Sehr bald allerdings verschwand die Er- den dort Erinnerungszeichen angebracht wähnung von Jüdinnen und Juden sowie wurden (etwa 1990 im Bundesgymnasium deren Schicksal völlig aus der Sprache des Buchberggasse oder 1988 eine Gedenk- Gedenkens. Immerhin werden auf einem tafel am Roman-Karl-Scholz-Platz, der Mahnmal in Gmünd noch die „politisch bereits 1946 so benannt wurde), ist es vor und rassisch Verfolgte[n] in einer Welt der allem das Gedenken an die Ordensschwes- Diktatur, des Krieges und des Hungers“ ter der „Franziskanerinnen von der christ- angesprochen, eine nähere Präzisierung, Steinskulptur der Sr. Maria Restituta in lichen Liebe“ Helene „Restituta“ Kafka wer diese Verfolgten in welcher Diktatur der Wallfahrtskirche Kleinmariazell, 1998 (hingerichtet im März 1943), das seit der gewesen sind, fehlt allerdings. Das 1970 März 2007 3 von der Arbeitsgemeinschaft der Opfer- rechts: Massengrab mit Gedenkstein für verbände Niederösterreich und der Stadt- elf ermordete Juden auf dem Friedhof gemeinde Gmünd gestiftete Erinnerungs- in Bad Deutsch-Altenburg, 1945 zeichen soll jener 485 ungarischen Jüdin- nen und Juden gedenken, die sich auf unten: Gedenkstein für die Holocaust- einem Transport nach Theresienstadt be- opfer auf dem Friedhof von fanden und gemeinsam mit weiteren mehr Großweikersdorf, 2003 als tausend LeidensgenossInnen 1944 in einem Getreidespeicher zusammenge- pfercht wurden und Zwangsarbeit leisten mussten. Sie kamen aufgrund von Hunger, Kälte und Terror ums Leben und wurden jenseits der heutigen Grenze in Ceske Velenice begraben. Am 16. Februar 1945 wurde das Lager evakuiert und die zu die- sem Zeitpunkt noch lebenden Häftlinge auf einen Todesmarsch in Richtung Prag geschickt. Die 1980er Jahre brachten im Zuge der „Waldheim-Diskussion“ einen Wandel der Erinnerungskultur(en). Dieser wurde durch den Bruch des traditionellen Ge- schichtsbildes ausgelöst und eröffnete ver- änderte Sichtweisen auf die nationalsozia- listische Vergangenheit Österreichs. Für die Geschichtswissenschaft wird diesbe- züglich von einem Paradigmenwechsel gesprochen, den öffentlich-politischen Diskurs bestimmt seitdem eine neue Sen- sibilität in der Beurteilung der NS-Ver- gangenheit. Erstmals finden dabei auch jene Opfer natio- nalsozialistischer Verbrechen Berücksichtigung, denen bis dahin entsprechende Würdi- gungen versagt geblieben wa- ren, bzw. ist das Gedenken insbesondere an die österrei- chischen Jüdinnen und Juden im öffentlichen Raum nicht mehr nur vereinzelt sichtbar. Während sich im Gedächtnis- raum Wien bereits in den 1980er Jahren dieser Wandel auch öffentlich wahrnehmbar Gedenktafel an der Mauer des Stadtfriedhofs von Mahnmal in Gmünd (nahe dem vollzogen hatte, setzte in Nie- Zistersdorf (ehemalige israelitische Abteilung), 2003 Getreidespeicher), 1970 derösterreich eine derartige Entwicklung erst mit den 1990er Jahren ein. Gedächtnislandschaften für den Holo- caust repräsentieren neue Formen der ma- 48 Meter langes Stahlband mit teriellen Zeichensetzung und werden viel- 129 Namen fach künstlerisch anspruchsvoll gestaltet. Kremser jüdischer Zu nennen ist hier etwa das Mahnmal für Opfer des die Amstettner Juden und Jüdinnen oder Holocaust mit der jüdische Friedhof in Krems, wo 1995 Geburtsjahr und ein rund 50 Meter langes Stahlband (eine Datum sowie Ziel „Erinnerungsspur“) mit 129 Namen ihrer Deportation Kremser jüdischer Opfer des Holocaust bzw. Emigration, mit Datum und Ziel ihrer Deportation er- jüdischer Friedhof richtet wurde. Krems, 1995 In eine andere Richtung von Erinnerungs- kultur, nämlich Richtung Übergang zum kulturellen Gedächtnis, weist die sich 4 Mitteilungen 180 nach der Jahrtausendwende verstärkt fort- mauer in Ebenfurth, der jüdische Friedhof in dem Gebäude das Institut für Geschich- setzende Tendenz der Renovierung von im in Krems, wo die Grabsteine vom Verein te der Juden in Österreich untergebracht. Zuge der NS-Herrschaft zerstörten Syna- Schalom wieder aufgerichtet wurden, der Mittlerweile finden sich auch Textie- gogen und jüdischen Friedhöfen. Bei- von Chewra Kadischa angelegte jüdische rungen, die klar und deutlich die Ursache spielhaft dafür sind etwa die renovierte Friedhof in St. Pölten, der vom Verein des Gedenkens und wer die Opfer waren Toreinfassung der ehemaligen Synagoge Schalom gepflegte jüdische Friedhof in zum Ausdruck bringen. Als Beispiel sei mit hebräischer Inschrift an der Stadt- Tulln oder die Synagoge in Baden. Eben- hier der Gedenkstein vor der evangeli- falls um die Rettung jüdischer Friedhöfe schen Lutherkirche in Stockerau genannt, verdient gemacht hat sich immer wieder auf dem u. a. zu lesen steht: „Dieses Got- — beispielsweise in Marchegg und teshaus erinnert an die furchtbare Ge- Zistersdorf — Ida Olga Höfler (Helikon schichte der gezielten Vernichtung der Ju- Verein für Geschichte, Kunst und Kultur, den. 1908 als Synagoge erbaut, 1938 unter Gänserndorf). Die St. Pöltner Synagoge der Unrechtsherrschaft des Nationalsozia- konnte vor dem Abriss gerettet und in den lismus enteignet — zur evangelischen 1980er Jahren renoviert werden. Heute ist Kirche umgebaut“. In der Regel sind aber Begriffe wie „Vernichtung“, „Ermor- dung“, „Deportation“ sowie Einbekennt- nis von Schuld und Verstrickung nicht auf links: Sowjetisches Kriegsgrab auf dem Erinnerungszeichen zu finden. Friedhof in Niederhollabrunn Monumentale Zeichen- links unten: Sowjetische Kriegsgräber- anlage auf dem Friedhof in Tulln setzungen der sowjetischen Besatzungsmacht im Gedenken an die erfolgreiche Befreiung Österreichs

In zahlreichen niederösterreichischen Or- ten befinden sich sowjetische Kriegsgrä- beranlagen der Roten Armee im Gedenken an die bei der Befreiung Gefallenen sowie während der Besatzungszeit gestorbenen Soldaten und Offiziere. Es handelt sich dabei um die im halb-öffentlichen Raum (zumeist neben oder auf Friedhöfen) prä- senteste Form eines sichtbaren Zeichens für die Befreiung Österreichs. Die größten Anlagen gibt es in Mistelbach, Wiener Neustadt, Mödling und Baden. Österreich ist im Staatsvertrag verpflichtet, für diese Kriegsgräberanlagen zu sorgen, weshalb diese teilweise auch, vor allem Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre so- wie aus Anlass des Staatsvertragsjubilä- ums 2005, renoviert und instand gesetzt wurden. Es handelt sich um eine pflichtge- mäße Form des Gedenkens durch die oben: sowjetische Republik, abseits großer Anteilnahme der Kriegsgräberanlage Bevölkerung und öffentlicher Ausein- beim Stadtfriedhof andersetzung. von St. Pölten Gedenken an andere Opfer links: Sowjetische Kriegsgräberanlage des NS-Regimes in Ebenfurth, errich- tet 1946, 1984 nach Neben den drei genannten Gedächtnis- einer Idee von landschaften, die die niederösterreichische Ing. Joachim Erinnerungskultur am stärksten prägen, Weninger neu finden sich partiell und lokal konzentriert gestaltet Formen des Gedenkens an andere Opfer des NS-Regimes, wie etwa ausländische ZwangsarbeiterInnen (z. B. das Grabmal März 2007 5 für Opfer des Zweiten Weltkrieges in Eggendorf, das an 52 vor allem griechi- sche, jugoslawische und italienische Ar- WIR BETRAUERN beiterInnen erinnert, die in der „Tritol- fabrik Theresienfeld-Blumau“ arbeiten mussten und bei Explosionen ums Leben kamen, oder das erst kürzlich errichtete Antonia Bruha (1915–2006) Denkmal für das „KZ in der Serbenhalle“ in Wiener Neustadt) bzw. Kriegsgefan- Antonia Bruha, Widerstandskämpferin gene, KZ-Häftlinge (sowohl in Gräbern und seit dessen Anfängen ehrenamtliche als auch in KZ-Gedenkstätten wie etwa in Mitarbeiterin des DÖW, verstarb am Melk) und Opfer zu Kriegsende: seien es 27. Dezember 2006 kurz vor Vollendung politische, die im Zuge der letzten Kriegs- ihres 92. Lebensjahres. tage ermordet wurden (wie in der Straf- Antonia Bruha gehörte einer Widerstands- anstalt Stein), militärische (Deserteure, gruppe von Wiener Tschechen an, deren wie auf der Weinzettlhöhe im Gemeinde- Ziel ein freies demokratisches Österreich gebiet Breitenstein) oder zivile (wie der war. Sie wurde Mitte Oktober 1941, kurz sozialdemokratische Funktionär Isidor nach der Geburt ihrer Tochter, wegen Wozniczak aus Gars/Kamp, der Hilfe für „staatsfeindlicher Betätigung“ verhaftet politisch und rassistisch Verfolgte sowie und im September 1942 in das KZ Ra- für Kriegsgefangene leistete). vensbrück überstellt, wo sie bis zur Be- Opfergruppen wie die Roma und Sinti so- freiung Ende April 1945 in Haft blieb. In wie die Euthanasieopfer sind so gut wie Ravensbrück schmuggelte sie unter Le- gar nicht in der niederösterreichischen bensgefahr Medikamente aus dem Kran- Gedächtnislandschaft vorhanden. Für kenrevier und konnte so manches Leben Letztere wurden lediglich am Prosektur- retten. Pavillon der Niederösterreichischen Lan- Nach Kriegsende engagierte sie sich ins- desnervenklinik in Mauer sowie im Park besondere in der 1947 gegründeten Öster- der Niederösterreichischen Landesnerven- reichischen Lagergemeinschaft Ravens- klinik Klosterneuburg-Maria Gugging brück. Im DÖW betreute sie u. a. bis ins Gedenktafeln angebracht. hohe Alter die Sammlung Frauen-KZ Ra- Ein positiv konnotierter Gedächtnisort be- vensbrück, die dem DÖW von der Lager- findet sich in Erlauf, wo in den letzten gemeinschaft Ravensbrück zur Verfügung Jahren unterschiedliche Formen der Erin- gestellt wurde. Solange es ihre Gesundheit nerung an ein für die Befreiung Öster- erlaubte, ging Antonia Bruha als unermüd- reichs bedeutsames Ereignis — das Zu- liche Zeitzeugin in die Schulen. Ihre nach sammentreffen der sowjetischen und ame- der Befreiung aufgeschriebenen Erinne- rikanischen Armeeeinheiten am 7. Mai rungen an die Haft in Wien und Ravens- 1945 — ins Leben gerufen wurden. brück veröffentlichte sie 1984 unter dem Titel Ich war keine Heldin (Neuauflage 1995).

Kurt Schubert (1923–2007)

Prof. Dr. Kurt Schubert, Begründer der Wiener Judaistik und Mitglied des DÖW- Kuratoriums, verstarb am 4. Februar 2007 ganz oben: Grabmal auf dem Friedhof im Alter von 83 Jahren. in Haag. Die KZ-Häftlinge wurden im Zuge eines Todesmarsches nach Nach dem Besuch des Theresianums und Mauthausen erschossen. des Elisabethgymnasiums studierte Kurt Schubert (geb. 4. März 1923) am Orien- talischen Institut der Universität Wien. oben: Friedensdenkmal in Erlauf, 1995 1943 gelang es ihm, die Bibliothek des Rabbiner-Seminars zu retten. Schubert hatte Kontakte zur Widerstandsorganisa- tion O5 (sein Vater wurde im Februar 1945 festgenommen) und war in der „Ka- links: Kunstinstallation in Gneixendorf tholischen Studentenseelsorge“ aktiv, für (Ausschnitt), 2000 die sich auch der spätere Rektor der Uni- Vier Tafeln mit einem Fragezeichen versität Wien und Wissenschaftsminister markieren die Eckpunkte des Hans Tuppy sowie die spätere Zeithisto- ehemaligen Kriegsgefangenenlagers. rikerin Erika Weinzierl engagierten. 6 Mitteilungen 180

1945 war Schubert für die rasche Wie- dereröffnung der Universität Wien verant- Workshop „NS-Justiz in Österreich“ wortlich und leitete das Einsatzreferat für den Aufbau der Universität Wien. Ab 1966 Zum Abschluss des Projekts Hochverrat, Landesverrat, Wehrkraftzersetzung. war er als ordentlicher Professor der Politische NS-Strafjustiz in Österreich 1938–1945 und zur Vorstellung der Judaistik an der Universität Wien tätig. Publikation Wolfgang Form / Wolfgang Neugebauer / Theo Schiller (Hrsg.), NS- Neben dem damit ersten Institut für Justiz und politische Verfolgung in Österreich 1938–1945. Analysen zu den Judaistik in Europa, dem Schubert bis zu Verfahren vor dem Volksgerichtshof und dem Oberlandesgericht Wien, seiner Emeritierung 1993 vorstand, grün- Wien–München 2006 dete er 1972 auch das Jüdische Museum in Eisenstadt. Zeit seines Lebens war Kurt Begrüßung: Walter Manoschek Schubert ein engagierter Kämpfer gegen Brigitte Bailer (DÖW) Österreichische Opfer der den Antisemitismus. Barbara Fischer (Saur-Verlag) NS-Militärjustiz

Kurzreferate: Wolfgang Stadler Elliot Welles (1927 in Wien geboren), Wolfgang Neugebauer Die Verfolgung der NS-Juristen als Holocaust-Überlebender und bis 2003 Zur Vorgeschichte der Täter nach 1945 Leiter der Abteilung NS-Verbrechen der NS-Justizforschung B’nai B’rith Anti Defamation League, Moderation: starb am 28. November 2006 in New Wolfgang Form Theo Schiller York. Der gebürtige Wiener war nach Riga Das Projekt „Hochverrat, (Universität Marburg)/Lahn deportiert worden. 1949 emigrierte er in Landesverrat, Wehrkraftzersetzung“ die USA, ab den späten 1970er Jahren war er für die Anti-Defamation-League tätig. Michael Lojowsky Veranstalter: Hochverrat in Österreich 1938–1945 DÖW Manuel Garcia-Barrado sen., Häftling Philipps-Universität Marburg/Lahn des KZ Mauthausen und nach der Befrei- Ursula Schwarz / Wolfgang Form ung als Leiter der KZ-Gedenkstätte Maut- Die Straftatbestände des Zeit: Montag, 5. März 2007, hausen (bis 1983) und als Zeitzeuge aktiv, Landesverrates 14.30–18.30 Uhr starb am 4. Dezember 2006 im Alter von 88 Jahren. Albrecht Kirschner Ort: Veranstaltungsraum Ausstellung Die Verfahren wegen Dokumentationsarchiv, Der österreichische Maler, Graphiker und Wehrkraftzersetzung vor dem Wipplinger Straße 6–8, Bildhauer Adolf Frohner, Mitglied des Volksgerichtshof und dem 1010 Wien DÖW-Kuratoriums, verstarb am 24. Jän- Oberlandesgericht Wien (Eingang im Hof) ner 2007 im Alter von 72 Jahren. Gefördert durch die Kulturabteilung der Stadt Wien Die ehemalige Widerstandskämpferin Dr. Elfriede Geschwinder (Graz) starb im Jänner 2007 im 86. Lebensjahr. fien aus der Zeit des Aufbaus sowie des lauben, als dynamisch ergänzbare, digitale Bestehens der KZ Buchenwald und Mit- Datenbank mit Zugang über das WWW telbau-Dora (1937–1945), um Aufnahmen für Fachleute, Pädagogen oder interessier- verschiedener Provenienz aus der Zeit un- te Laien zur Verfügung zu stellen. In ei- WIR GRATULIEREN mittelbar nach der Lagerbefreiung, um nem ersten Schritt wurden 500 ausgewähl- Fotos, die unmittelbar nach der Auflösung te Fotografien präsentiert.Abgefragt wer- des sowjetischen Speziallagers Nr. 2 den kann nach Provenienz, Ort und Zeit Senatsrat i. R. Univ.-Prof HR Dr. Peter (1945–1950) entstanden sind, um Porträts sowie im Rahmen einer Volltextrecherche. Csendes, DÖW-Kuratoriumsmitglied, er- (überwiegend von Häftlingen der KZ), hielt das Österreichische Ehrenkreuz für den unterschiedlichen Gestaltungen und Wissenschaft und Kunst I. Klasse. der Nutzung der „Nationalen Mahn- und Wir bedanken uns Gedenkstätte“ der DDR (1945–1990) und der Neugestaltung ab 1990 sowie um Teil- Gerhard Schoenberner, Publizist, archive einzelner Fotografen bzw. um Schriftsteller und Gründungsdirektor Bildarchiv Buchenwald Nachlässe von Überlebenden. Dieser bis- der Gedenkstätte Haus der Wannsee- lang nur in Teilen erfasste und weitgehend Konferenz, übergab dem DÖW den ungeordnete Bestand wurde nun historio- Nachlass des Österreichers Hans Seit Ende Jänner 2007 sind historische graphisch umfassend erschlossen, nach Rosenberg-Müller, der nach Frank- Aufnahmen des ehemaligen KZ Buchen- dem Provenienzprinzip verzeichnet und reich flüchtete. In seinen Erinnerungen wald online abrufbar: digital inventarisiert. beschrieb Rosenberg-Müller sowohl www.buchenwald.de/fotoarchiv/ Damit wurden die Voraussetzungen ge- seine Erlebnisse vor 1939 als auch die Bei den Beständen des Archivs der Stif- schaffen, langfristig den gesamten Foto- Eindrücke, die er als französischer tung Gedenkstätten Buchenwald und Mit- bestand zum KZ Buchenwald, soweit es Soldat im Nachkriegsösterreich sam- telbau Dora handelt es sich um Fotogra- urheber- oder lizenzrechtliche Belange er- melte. März 2007 7 NEUES VON GANZ RECHTSN

dem Verbotsgesetz entging er jedoch stets Thierry, der laut Medienberichten auf den Antisemitische Internationale aufgrund juristischer Immunität. nun aufgetauchten Strache-Fotos zu er- Dass jemandem wie Schaller im offiziel- kennen sei. Thierry war Ende der 1980er Laut Berichten auf der Homepage des in len Organ der Republik Österreich Platz Jahre auch Führungskader der neonazisti- Australien beheimateten „revisionisti- für eine Apologie der schen Volkstreuen Jugend schen“ Adelaide-Institute soll als Nachfol- Holocaustleugnung einge- Offensive (VJO). Die VJO geprojekt der Teheraner Holocaustleug- räumt wird, stellt einen Jänner 2007 rund um den steirischen Neo- ner-Konferenz eine Internationale Stiftung Skandal dar. In Schreiben nazi und Honsik-Vertrauten zur Untersuchung des ‚Holocausts‘ (Inter- an Chefredakteur Andreas Unterberger Franz Radl jun. führte ebenfalls in Kärn- national Holocaust Research Committee) und den Herausgebervertreter machten ten paramilitärische „Wochenendlager“ gegründet werden. Ein dafür am 13. De- Dr. Brigitte Bailer (für das DÖW) und durch. Thierry galt damals als einer der zember 2006 installiertes Interimskomitee Dr. Wolfgang Neugebauer (für die Aktion österreichischen Verbindungsmänner zur setzt sich u. a. aus berüchtigten Neonazis gegen den Antisemitismus in Österreich) 1992 in Deutschland verbotenen Nationa- und „Revisionisten“ wie Bernhard Schaub dies deutlich. listischen Front (NF) von Meinolf (Schweiz), Serge Thion (Frankreich) und Schönborn. 1989 war Thierry u. a. mit Friedrich Töben (Australien) zusammen. dem deutschen NF-Führungskader Der Generalsekretär dieses Komitees soll Straches Spielkameraden Andreas Pohl als „Saalschützer“ bei der Dr. Mohammad Ali Ramin, der langjähri- „Gästewoche“ des neonazistischen DKEG ge Weggefährte und nunmehrige Berater Mitte Jänner wurden von FPÖ-Funktio- in Pichl im Ennstal tätig. 1991 fand die des iranischen Staatspräsidenten Mahmud nären Fotos öffentlich gemacht, die FPÖ- Polizei bei der DKEG-„Gästewoche“ in Ahmadinejad, sein. Ramin, seines Zei- Obmann Heinz Christian Strache gemein- Schönborns Zimmer einen Aufruf zum chens Vorsitzender der Organisation für sam mit zum Teil amtsbekannten Neo- Aufbau eines paramilitärischen Nationa- die Verteidigung der Menschenrechte von nazis bei dem Anschein nach paramilitäri- len Einsatzkommandos (NEK). Das Muslimen, war bereits für die Holocaust- schen Übungen in Kärnten Ende der Schreiben richtete sich an „alle gesunden leugner-Konferenz verantwortlich. 1980er Jahre zeigen. Nachdem die Exis- und sportlichen Kameraden ab 16 Jahre“. tenz dieser Fotos nicht länger zu leugnen Um den „Kampf für ein völkisches war, versuchte Strache, den Vorfall als Deutschland besser, zielgerichteter, siche- Schaller in Wiener Zeitung harmlosen Jugendstreich zu entschuldi- rer und noch erfolgreicher durchführen zu gen. Man habe keine „Wehrsportübung“ können“, sei die „Aufstellung kadermäßig Der bekannte Wiener Neonazi-Verteidiger abgehalten, sondern bloß Paintball ge- gegliederter hochmobiler Verbindungen“, Herbert Schaller bekam am 18. Jänner Ge- spielt. Der politische Hintergrund seiner die „Ausbildung von sportlichen und ge- legenheit, seine einschlägige Sicht auf das Mitspieler sei ihm verborgen geblieben. sunden Kameraden für den politischen Verbotsgesetz-Verfahren gegen den briti- Einige der auf den Fotos abgebildeten Kampf auf der Straße“ und die „Planung schen Holocaustleugner David Irving in Männer waren mutmaßliche Aktivisten und Durchführung von überraschend der regierungsamtlichen Wiener Zeitung der bereits 1987 verbotenen Nationalen durchgeführten Aktionen“ erforderlich. darzulegen. In seinem „Gastkommentar“ Front Gerd Honsiks. Bei der behördlich Daraufhin leiteten die deutschen Behörden verharmlost er einmal mehr die Leugnung untersagten Gründungsversammlung der Ermittlungsverfahren wegen des Ver- des Holocaust als zuzulassende „Mei- Nationalen Front 1984 hätte Herbert dachts der Gründung einer terroristischen nung“. Dem SPÖ-Sprecher Hannes Schweiger, der Doyen des heimischen Vereinigung ein. Jarolim, der die frühzeitige Haftentlassung Neonazismus, als Redner auftreten sollen. Ein weiterer Teilnehmer bei Straches Irvings kritisiert hatte, unterstellt Schaller, Schweiger, ehemaliger SS-Untersturmfüh- „Spiel“ im Wald soll Marcus U., stellver- er sehne „sich offenbar nach einem totali- rer der Leibstandarte Adolf Hitler, war tretender „Kameradschaftsführer“ in der tären Staat“. Nur „faschistoide Machtmen- 1953 Landesobmann der FPÖ-Vorläufer- neonazistischen Volkstreuen Außerparla- schen“ würden auf einer entschiedenen partei Verband der Unabhängigen (VdU) mentarischen Opposition (VAPO) Strafverfolgung von Neonazis beharren. und 1956 FPÖ-Spitzenkandidat in Graz. Gottfried Küssels, gewesen sein. Auch die Schaller verteidigte in der Vergangenheit Wie zahlreiche andere Rechtsextreme und 1986 gegründete VAPO hielt regelmäßig nicht nur die Elite des Neonazismus, son- Neonazis wandte er sich Mitte der 1960er „Wehrsportübungen“ ab, wobei hier tat- dern referierte seine Sicht auf den Holo- Jahre von der FPÖ ab. Gemeinsam mit sächlich manchmal mit Paintballs ge- caust und das Verbotsgesetz auch bei Norbert Burger, dem Strache bis zu sei- schossen wurde. Am 26. Oktober 1989 rechtsextremen und neonazistischen Grup- nem Tod 1992 verbunden war, und ande- nahm U., der wie Strache und Thierry im pen im In- und Ausland. Zuletzt nahm er ren Neonazis gründete er 1966 die (1988 Anfang der 1990er Jahre von der Polizei auf Vorschlag seines Mandanten und en- wegen Verstößen gegen das NS-Verbots- bei Radl beschlagnahmten Telefonver- gen Weggefährten, dem vor Strafverfol- gesetz behördlich aufgelöste) National- zeichnis aufscheint, an einer Kundgebung gung nach Spanien geflohenen Neonazi demokratische Partei (NDP). Seit den der VAPO in Steyr teil, bei welcher Flug- Gerd Honsik, im Dezember 2006 an der 1970er Jahren ist Schweiger auch einer blätter mit nationalsozialistischem Inhalt internationalen Holocaustleugner-Konfe- der führenden Köpfe des neonazistischen verteilt wurden. Zu Beginn der 1990er renz in Teheran teil. Sein jahrzehntelanger Deutschen Kulturwerkes Europäischen Jahre zog es U. wie zahlreiche Gleich- Kampf „wider die Gaskammer“ (HALT Geistes (DKEG). gesinnte in eine deutschnationale Studen- 57/1991) brachte ihm mehrere Diszipli- Einer seiner politischen Ziehsöhne ist der tenverbindung (Grenzlandsmannschaft narverfahren ein, einem Verfahren nach aus Kärnten stammende Neonazi Andreas Cimbria). 8 Mitteilungen 180 REZENSIONENN

sich unschätzbare Verdienste um die juris- mus in Europa und der arabischen Welt. Vormbaum, Thomas: „Euthanasie“ vor tische Verfolgung von NS-Tätern erwor- Ursachen und Wechselbeziehungen eines Gericht. Die Anklageschrift des ben hat — bleibt in dem gesamten Buch komplexen Phänomens. Generalstaatsanwalts beim OLG namentlich ungenannt. Desgleichen wurde Die zwölf Beiträge stammen von Histo- Frankfurt/M. gegen Dr. Werner Heyde darauf verzichtet, Bauers eigene Schriften rikern und Islamwissenschaftlern, Journa- u. a. vom 22. Mai 1962. Mit in das Literaturverzeichnis aufzunehmen listen und Politologen, Soziologen und Anmerkungen von Uwe Kaminsky und (z. B. Fritz Bauer, Auf der Suche nach Theologen. Ähnlich breit ist die themati- Friedrich Dencker. : Berliner dem Recht, Stuttgart 1966; derselbe, Die sche Mischung, die von Begriffsdiskussio- Wissenschaftsverlag 2005 (Juristische Humanität der Rechtsordnung. Ausge- nen zum Antisemitismus und Abhandlun- Zeitgeschichte 17). LXVIII, 445 S. wählte Schriften. Herausgegeben von gen zu einzelnen Varianten über Fallstu- Joachim Perels und Irmtrud Wojak, Frank- dien zur Situation in Frankreich und Polen Der Prozess gegen Dr. Werner Heyde furt am Main 1998). bis zu Erörterungen über die Holocaust- (Obergutachter und ärztlicher Leiter der Die editorische Entscheidung, den Text Rezeption arabischer Intellektueller und Euthanasieaktion „T4“), Dr. Gerhard ohne ausführlichere Erläuterungen heraus- das Verhältnis der katholischen Kirche zu Bohne (einer der Hauptorganisatoren der zubringen, ist selbstverständlich zu re- Antisemitismus und Staat Israel reicht. zentralen „T4“-Dienststelle) und Dr. Hans spektieren — umso mehr, als im Vorwort Man muss allerdings erst einmal zwei Hefelmann (hauptverantwortlich für die so ausdrücklich auf den Anspruch, eine wis- misslungene und verworrene Aufsätze von genannte „Kindereuthanasie“) hätte zu ei- senschaftliche Edition vorgelegt zu haben, Karl Heinz Klein-Rusteberg und Georg nem entscheidenden Moment der juristi- verzichtet wird. Dennoch wird der Ge- Christoph Berger Waldenegg hinter sich schen Aufarbeitung der nationalsozialisti- brauchswert des Buches erheblich dadurch lassen, um zu den wirklich bedeutsamen schen Medizinverbrechen in der Bundes- eingeschränkt, dass ohne die Heranzie- Beiträgen zu kommen. Hierzu zählen ins- republik werden können. hung zusätzlicher Literatur selbst elemen- besondere Werner Bergmanns Analyse des Er nahm jedoch — wie so viele andere tare Fragen (Warum fand der Prozess so Schuldabwehr-Antisemitismus, Bernard Verfahren gegen NS-Täter — einen un- spät statt? Kam es letztlich zu einem Ur- Heybergers Aufsatz über die Rolle der rühmlichen Ausgang. Heyde nahm sich teil? Was geschah mit den Angeklagten?) Christen bei der Vermittlung des Anti- nach einem vereitelten Fluchtversuch unbeantwortet bleiben. Das Verfahren ist semitismus in der arabischen Welt und noch vor Beginn der Hauptverhandlung zwar an verschiedenen Orten ausführlich Jochen Müllers Untersuchung der antise- das Leben; Bohne wurde auf Grund von dokumentiert, ein (kurzer) Essay zur Vor- mitischen Stereotypenbildung in der arabi- ärztlichen Gefälligkeitsgutachten auf frei- geschichte, den Umständen und dem Aus- schen Öffentlichkeit. en Fuß gesetzt und konnte sich nach Ar- gang des Verfahrens hätte die Benutzbar- Durch viele Beiträge zieht sich allerdings gentinien absetzen; Hefelmann erreichte keit des Buches und damit den Kreis der eine kritikwürdige These, wonach der es, aus gesundheitlichen Gründen für dau- potenziellen LeserInnenschaft dennoch Antisemitismus in der arabischen Welt le- ernd verhandlungsunfähig erklärt zu wer- wesentlich erhöht. diglich ein importiertes Phänomen sei und den und entging bis ins hohe Alter weite- Dieser Schwächen ungeachtet bleibt es ein sich der „neue“ Antisemitismus nur als ren Behelligungen von Seiten der Justiz. großes Verdienst des Herausgebers, der Reaktion auf den Palästina-Konflikt erge- So werfen die näheren Umstände dieses Kommentatoren und des Verlages, dieses be. So zutreffend die Hinweise auf die Prozesses ein Schlaglicht auf den Umgang wichtige Dokument in ungekürzter Form Faktoren sind, ignorieren sie doch die mit den nationalsozialistischen Medizin- einem interessierten Publikum zur Ver- eigenständige Herausbildung judenfeind- verbrechen jenseits des Nürnberger Ärzte- fügung gestellt zu haben. licher Stereotype. Der Nah-Ost-Konflikt prozesses von 1946. Herwig Czech bietet mitunter nur den Anlass zur Arti- Mit dem hier zu besprechenden Buch liegt kulation. nunmehr eine ungekürzte Edition der An- Armin Pfahl-Traughber klageschrift gegen Heyde, Bohne und Ansorge, Dirk (Hrsg.): Antisemitismus Hefelmann vor, die nicht nur für Spezia- in Europa und in der arabischen Welt. listInnen eine wertvolle Informationsquel- Ursachen und Wechselbeziehungen Hindels, Josef: Mit der Feder und dem le darstellt — handelt es sich doch um eines komplexen Phänomens. Wort. Eine Bibliographie von Herbert eine der wichtigsten und bis heute häufig Paderborn–Frankfurt/M.: Bonifatius- Exenberger. Mit biographischen zitierten Quellen zur Geschichte der NS- Verlag Otto Lembeck 2006. 318 S. Beiträgen von Georg Scheuer, Ernst Medizinverbrechen. Winkler, Paul Blau, Alfred Dallinger, Zu bedauern ist allerdings, dass das Buch Antisemitische Agitationen und Handlun- Wolfgang Neugebauer und Ernst neben dem gewissenhaft edierten Wortlaut gen lassen sich seit Beginn des neuen Nedwed (Hrsg.). Wien: Bund der Anklageschrift kaum Informationen Jahrtausends in Europa und der arabischen Sozialdemokratischer Freiheits- zum historischen Kontext enthält. Die von Welt verstärkt ausmachen. Dies motivierte kämpfer, Opfer des Faschismus und Uwe Kaminsky und Friedrich Dencker er- die Katholische Akademie „Die Wolfs- aktiver Antifaschisten 2006. 257 S. stellten Anmerkungen sind zwar informa- burg“ in Mülheim (Ruhr) dazu, zwei tiv, wurden aber eher sparsam eingesetzt Fachtagungen zum Thema durchzuführen. Josef Hindels, unermüdlicher Mahner vor (auf über 500 Seiten finden sich insgesamt Der zuständige Dozent Dirk Ansorge ver- den Gefahren des Rechtsextremismus und nur 72). Der Autor der Anklageschrift — öffentlichte nun die dort gehaltenen Vor- als langjähriger führender Funktionär der immerhin kein Geringerer als der Frank- träge in Form von wissenschaftlichen Auf- sozialistischen Freiheitskämpfer und Op- furter Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der sätzen in dem Sammelband Antisemitis- fer des Faschismus der zeitgeschichtlichen März 2007 9 und antifaschistischen Aufklärungsarbeit verpflichtet, war eng mit dem DÖW ver- bunden, das nach seinem Tod im Jahre DÖW-Neuerscheinung 1990 einen bedeutenden Anteil seines Nachlasses erhielt. Im Vorwort der vorliegenden Publikation geht der Herausgeber Ernst Nedwed auf Gerhardt Plöchl die bedeutenden publizistischen und päda- gogischen Leistungen von Josef Hindels Willibald Plöchl und ein, die in der anschließenden Bibliogra- Otto Habsburg in den USA phie des langjährigen ehemaligen Biblio- Ringen um Österreichs thekars des DÖW Herbert Exenberger in „Exilregierung“ 1941/42 1097 dokumentierten Beiträgen belegt werden. Wien 2007, 288 Seiten Die Bibliographie ist zunächst nach The- EUR 9,90 menbereichen und innerhalb dieser nach den Kriterien Bücher und Broschüren, SPÖ-Parteitage, Diskussionsbeiträge und Referate, Beiträge in Sammelwerken, Zeit- schriften und Zeitungen gegliedert. Inner- halb der Themen sind die bibliographi- Eine Publikation zum 100. Geburtstag des Kirchenrechtlers Willibald M. Plöchl schen Angaben chronologisch geordnet. (7. Juli 2007), der sich im US-amerikanischen Exil ebenso wie Otto Habsburg um Nur so konnte man das vielschichtige die Schaffung einer österreichischen Vertretung bemühte. Letztere scheiterte jedoch Oeuvre von Josef Hindels einigermaßen in vor allem an internen Auseinandersetzungen und der nach wie vor bestehenden tie- den Griff bekommen. Selbstverständlich fen Kluft zwischen Sozialdemokratie auf der einen und bürgerlich-konservativem finden sich in der Bibliographie auch jene sowie legitimistischem Lager auf der anderen Seite. Beiträge, die Josef Hindels unter den Pseudonymen B, Bruno, Bruno Hofer, -no Willibald M. Plöchl war dem DÖW eng verbunden und leistete wertvolle Unterstüt- und Karl Popper im Widerstand gegen den zung für dessen Arbeit. Im DÖW befindet sich auch sein umfangreicher Nachlass, Austrofaschismus, gegen die nationalsozi- anhand dessen Gerhardt Plöchl, Neffe Willibald M. Plöchls, die vorliegende Publi- alistische Gewaltherrschaft und im Exil kation erstellte. verwendete. Ergänzung erfuhr diese Bib- liographie durch einige neuerliche Ver- Zu Gerhardt Plöchl: öffentlichungen von Josef Hindels und geboren 1933, Studium der Rechtswissenschaften in Wien, Promotion 1957, biographische Beiträge über ihn aus dem Tätigkeit als Wirtschaftsjurist, 1972 Dozent für Handels- und Wertpapierrecht, 1986 erschienenen Buch Gegen den 1979 tit. a. o. Univ.-Prof., zahlreiche Publikationen zu Rechtstheorie, Gesellschafts- Strom. Damit ist dieser Band eine wichtige recht, Energierecht und Recht der öffentlichen Unternehmen, Gründungs- und erste Information für alle jene, die sich auf Ehrenmitglied der NÖ Juristischen Gesellschaft. die publizistischen Spuren von Josef Hindels begeben und in sein Werk eintau- chen wollen. Wiederholungszwänge auslösen, je be- NS-Verbrechen, als Humanist und Men- Jaro Katz harrlicher wir uns weigern, der „dunklen schenfreund ein leuchtendes Vorbild in ei- Vergangenheit“ im psychischen Haushalt ner dunklen Zeit. des Menschen und in der gegenwärtigen Die in deutscher Sprache nun vorliegende Janouch, František: „Selbst der Teufel Gesellschaft einen Platz einzuräumen. Publikation Selbst der Teufel würde errö- würde erröten“. Briefe meines Vaters Auch das bereits Erinnerte wird erneut vor ten ist eine gute Gelegenheit, darüber aus der Hölle von Auschwitz und aus uns auftauchen, es wird nie „ausgelutscht“ nachzudenken, in welcher Richtung die dem KZ am Loiblpass. sein, wie der Wiener Philosoph Rudolf NS-Vergangenheit in Österreich weiter Hrsg. v. Mauthausen Komitee Öster- Burger vor nicht allzu langer Zeit meinte, aufzuarbeiten und zu dokumentieren wäre. reich, Wien: ÖGB Verlag 2006. 128 S. weil es uns eine Dimension von Identität Beispielhaft wird uns in diesem Buch vor eröffnet, die wir durch den „Blick nach Augen geführt, wie die Generation der Keine Entschädigungsfonds der Welt und vorne“ nie gewinnen können. Beim Erin- Söhne (und Töchter) die Geschichte ihrer keine materielle Restitution können die nern muss das Subjekt von sich selbst re- Väter (und Mütter) bewahren, dokumen- Erniedrigung und Entwürdigung unge- den dürfen, es muss die eigene Lebens- tieren und tradieren kann — und zwar so- schehen machen, die die Opfer der Nazis geschichte ausbreiten und mit der der NS- wohl in der Form des „Familiengedächt- erlitten haben. Weder mit Geld noch Gold Opfer verknüpfen können. Genau dies ge- nisses“ als auch in der des allgemeinen kann die Erinnerung an die Opfer ausbe- schieht in diesem Buch, das uns eine kulturellen Gedächtnisses. zahlt und abgekauft werden. Die morali- außergewöhnliche Persönlichkeit vor- Der Sohn des ehemaligen Auschwitz- und sche Verpflichtung zum Gedenken an die stellt: Dr. med. František Janouch war ein Mauthausenhäftlings František Janouch, Opfer des antifaschistischen Widerstands hoch angesehener Arzt in Prag, Akade- der gleichnamige Autor, Univ.-Prof. Dr. lässt sich nicht so einfach entsorgen. Denn miker im antifaschistischen Widerstand, František Janouch, dokumentiert und die Vergangenheit wird um so bedroh- dann Häftling und Sanitätsgehilfe im KZ, kommentiert in diesem Buch die Wider- licher in die Gegenwart hineindrängen und Augenzeuge und Kronzeuge schrecklicher stands- und Überlebensgeschichte seines 10 Mitteilungen 180

den schließlich die ehemaligen Häftlinge Jahresversammlung des DÖW 2007 aus dem Krankenrevier des KZ Loibl Süd gerettet. Die traditionelle Jahresversammlung des Dokumentationsarchivs des österreichi- Peter Gstettner schen Widerstandes findet heuer am 15. März 2007 um 18.00 Uhr im Festsaal des Alten Rathauses (Wipplingerstraße 8, 1010 Wien) statt. Schneider, Gertrude: Reise in den Tod. Festrednerin ist Univ.-Prof. Alice Teichova. Die 1920 in Wien geborene, internatio- Deutsche Juden in Riga 1941–1944. nal geachtete Wirtschaftshistorikerin wirkte an deutschen Kommissionen zur Auf- 1. Aufl. Berlin: Edition Hentrich 2006. arbeitung der Bankengeschichte in der NS-Zeit mit und war Mitglied der Österrei- 192 S. chischen Historikerkommission zur Erforschung von Vermögensentzug in der NS- Zeit und Rückstellung und Entschädigung nach 1945. Alice Teichova lebt in Wichtige Ereignisse aufschreiben, dies Cambridge (Großbritannien). war der Rat von Pinkas Hirschhorn an sei- ne Tochter Gertrude, als er ihr zu ihrem Der Auflage für Wien, Niederösterreich und Burgenland liegen gesonderte Ein- 10. Geburtstag am 27. Mai 1938 ein mit ladungen bei. einem samtbezogenen Einband ausgestat- tetes Tagebuch schenkte. Die kleine Gertrude, heute Historikerin und emeri- oder hätte die Familie zu Hause zu Tode tierte Universitätsprofessorin der City Gedenkfahrt geschockt. Außerdem war es streng regle- University in New York und im Dezember nach Engerau mentiert, was und wie viel aus dem KZ 2005 vom Bundespräsidenten mit dem geschrieben werden durfte. Österreichischen Ehrenkreuz für Wissen- Gedenkkundgebung beim Mahnmal Von Mauthausen wurde Janouch am schaft und Kunst dekoriert, beherzigte die für die ungarisch-jüdischen Zwangs- 17. April 1944 ins Loibl KZ Süd über- Worte ihres Vaters und notierte von ihr er- arbeiter auf dem Friedhof von stellt, wo er noch fast einen Monat über lebte und erlittene Vorkommnisse im Petrzalka (Engerau), Fahrt zu den Ge- den 8. Mai 1945 hinaus blieb und im slo- Ghetto Riga, im KZ Kaiserwald und im dächtnisorten des ehemaligen Lagers wenischen Partisanenspital in Golnik sei- KZ Stutthof in ihr Tagebuch, von dem sie Engerau in Petrzalka bzw. des „Todes- ne Kameraden betreute und medizinisch die vornehme Hülle wohlweislich entfern- marsches“ zwischen Wolfsthal und versorgte. te, um es problemloser überall mitnehmen Hainburg. In den Jahren 1943 bis 1945 gingen min- zu können. Mit ihren Eltern und ihrer destens 13 Transporte mit insgesamt Schwester Rita wurde Gertrude Schneider Zeit: Sonntag, 1. April 2006, 240 abgearbeiteten und/oder kranken im Februar 1942 in das Ghetto Riga de- 8.00 Uhr Häftlingen zurück nach Mauthausen. Die portiert. Die Historikerin Schneider, die Selektionen für diese Rücktransporte obla- systematisch unzählige Dokumente, Erin- Treffpunkt: Praterstern, 1020Wien gen dem SS-Arzt Dr. Ramsauer. Fast fünf- nerungen und Zeugenaussagen über das Info/Anmeldung (bis 23. März): zig Jahre später wird er in einem Interview Ghetto Riga sichtete, machte bereits 1979 Dr. Claudia Kuretsidis-Haider, sagen, er habe nicht gewusst, was dann mit ihrem Buch Journey Into Terror. Story [email protected] mit den Häftlingen in Mauthausen geschä- of the Riga Ghetto auf sich aufmerksam. oder Tel.: (01) 22 89 469 / Klappe 315 he — und überhaupt: Es sei „niemand Sie ließ mehrere Publikationen in eng- ohne Grund liquidiert worden ...“ lischer Sprache über Riga folgen. Unkostenbeitrag: 10,– Euro Beim großen Kriegsverbrecherprozess Über das Buch Reise in den Tod. Deutsche 1947 in war František Janouch Juden in Riga 1941–1944, von der Verfas- einer der wichtigsten Belastungszeugen serin als Abschluss ihrer persönlichen und Vaters anhand der gesammelten Briefe, im Prozess gegen Ramsauer, da er durch beruflichen Tätigkeit gesehen, meinte die dieser an seine Frau und an seine Kin- seine Tätigkeit im Krankenrevier des Süd- Norbert Kampe von der Berliner Gedenk- der zu Hause gerichtet hat. Die hier doku- lagers sowohl als Häftling als auch als und Bildungsstätte Haus der Wannsee- mentierten Briefe sind ein Ausschnitt aus Arzt-„Kollege“ ein doppelt Betroffener Konferenz in seiner Vorbemerkung dem gesamten Briefwechsel, der vermut- von der erzwungenen Nähe zu Ramsauer u. a.: „Diese Mischung aus unbefangener, lich nicht zur Gänze gesammelt und be- war. Über seine Ansicht bezüglich der präziser Erinnerung des jungen Mäd- wahrt werden konnte: Die Briefe aus dem ärztlichen Fähigkeiten und über das Ver- chens, also der Zeitzeugin und die akribi- KZ Mauthausen, sofern es solche gegeben antwortungsbewusstsein Ramsauers be- sche, methodisch kontrollierte Einordnung hat, fehlen. Die Briefe aus Auschwitz und fragt, sagte der Zeuge Janouch, dass der Historikerin in den größeren Zusam- vom KZ Außenlager am Loiblpass sind im Ramsauers ärztliche Kenntnisse sehr ge- menhang machen den besonderen Cha- Band enthalten. Sie sind aufschlussreiche ring gewesen seien, von einem Verantwor- rakter dieses Buches aus.“ Darüber hinaus Zeitdokumente, geben sie doch Einblick tungsbewusstsein könne bei dem SS-Arzt informiert uns Kampe über die Entste- in einen kleinen Ausschnitt der Gedanken- überhaupt keine Rede gewesen sein. hungsgeschichte der beeindruckenden Ge- welt des KZ-Häftlings František Janouch. František Janouch, der bei einem Ver- denkstätte für die ermordeten jüdischen Die äußere Realität des Lebens und Über- kehrsunfall 1965 tödlich verunglückte, hat Männer, Frauen und Kinder im Bikernieki lebens im KZ durfte freilich nur angedeu- als selbstloser Helfer und Lebensretter Wald durch den Volksbund Deutscher tet werden, oft in einem „internen“ Fa- heute noch im kollektiven Gedächtnis vie- Kriegsgräberfürsorge e. V. und andere miliencode, der für die Zensur nicht zu ler Häftlinge einen festen Platz. Mit seiner Organisationen im Jahre 2001 und zeigt entschlüsseln war. Was ein KZ tatsächlich Hilfe und mit Hilfe der PartisanInnen und auch den Stellenwert Gertrude Schneiders war, entzog sich entweder der Sprache der slowenischen Zivilbevölkerung wur- bei der Erstellung der umfassenden Do- März 2007 11 kumentation Buch der Erinnerung. Die ins Baltikum deportierten deutschen, österrei- Vergleich hinsichtlich von Generali begebenen chischen und tschechoslowakischen Juden auf (bearbeitet von Wolfgang Scheffler Versicherungspolicen aus der Zeit des Holocaust und Diana Schulle, die zwei Bände er- schienen 2003 in München). In der Sammelklage In re: Assicurazioni anzurufen und eine Mitteilung und ein Als sehr nützliche Einführung gibt uns generali S.p.A. Holocaust Insurance Anspruchsformular anzufordern. Beides Gertrude Schneider zunächst einen detail- Litigation, Nr. 1374, die im amerikani- kann auch über das Internet abgerufen reichen Überblick von den bisher erschie- schen Bezirksgericht, United States werden: nenen Werken über das Ghetto Riga. Sie District Court for the Southern District www.nazierainsurancesettlement.com zeigt Stärken und Schwächen in den histo- of New York, USA, eingereicht worden Antragsformulare müssen bis spätes- rischen Darstellungen und in den veröf- war, wurde ein weltweiter Vergleich tens 31. März 2007 (Datum des Post- fentlichen Erinnerungen auf und geht auch zwischen Assicurazioni Generali S.p.A. stempels) an folgende Adresse gesendet sehr kritisch auf das 1996 in Riga erschie- und Personen erzielt, die während der werden: Assicurazioni Generali S.p.A., nene Werk des amerikanischen Professors Nazizeit verfolgt wurden und zum Zeit- Policy Information Center, Piazza Duca Andrew Ezergailis ein, das, wie sie nach- punkt der Verfolgung Versicherungen Degli Abruzzi 2, 34132 Trieste, Italien. weist, letztlich auf eine apologetische Re- mit Generali abgeschlossen hatten. vision bisher gesicherter Erkenntnisse hin- Die Vorlage der eigentlichen Police ist ausläuft. Die Autorin zeigt uns in vielen Anspruchsberechtigt sind Personen, die für die Teilnahme am Vergleich nicht Abschnitten die ungeheuren Probleme der selbst bzw. deren Vorfahren zwischen notwendig. Anspruchsformulare werden Bewältigung des täglichen Lebens der 1920 und 1945 Versicherungspolicen auf der Grundlage von Überprüfungs- Jüdinnen und Juden im Ghetto Riga. Sie von Generali gekauft haben und Eigen- verfahren bearbeitet, die von der Inter- berichtet von ihrer Sklavenarbeit und in- tümer bzw. Begünstigte von Policen wa- nationalen Kommission für Versiche- formiert über die Mordaktionen der SS ren, die unmittelbar vor der Verfolgung rungsansprüche aus der Zeit des Holo- und ihrer lettischen Hilfswilligen an den durch die Nationalsozialisten oder ihre caust (ICHEIC) festgelegt wurden. Der Ghettobewohnern im Rumbula Wald, bei Kollaborateure in Kraft waren. Perso- Vergleich beinhaltet alle Ansprüche, die den so genannten Dünamünde-Aktionen nen, die bereits von Generali Zahlungen bei der ICHEIC eingegangen, jedoch oder im Bikernieki Wald. Sie geht auf aufgrund ihrer Police erhalten haben, ha- noch nicht bearbeitet worden sind, sowie Widerstandsbemühungen im Ghetto Riga ben im Zusammenhang mit diesem Ver- neue Ansprüche. Bestätigte Ansprüche ein und gibt Auskunft über die Konzentra- gleich keinen weiteren Anspruch auf werden auf der Grundlage der fälligen tionslager Salaspils oder Kaiserwald. Entschädigung. Beträge bearbeitet, wobei ein Mindest- Gertrude Schneider schildert auch das betrag in Höhe von USD 1000,– für alle Schicksal ihrer Familie und den Tod ihres Ein der gerichtlichen Aufsicht unterstell- berechtigten Ansprüche festgelegt wur- Vaters in einem Viehwaggon auf einem tes Anspruchsverfahren wurde einge- de. Nebengleis im Bahnhof Weimar knapp richtet. Personen, die am Vergleich teil- vor der Befreiung des KZ Buchenwald. nehmen möchten, werden gebeten, die Information/Formulare: Besonders berührt haben mich jedoch die gebührenfreie Nummer 0-800-293887 www.nazierainsurancesttlement.com Kapitel über die Bemühungen der Ghetto- bewohner, unter den täglichen Bedrohun- gen und Drangsalierungen kulturelle und gemeinschaftsfördernde Zeichen zu set- Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Medieninhaber: Verein „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes“, 1010 Wien, zen, um sich selbst ein menschliches Ant- Wipplingerstraße 8. Vereinsvorstand: Ehrenpräsident: Landtagspräs. a. D. Hubert Pfoch. Präsident: litz zu bewahren und LeidensgefährtInnen BM a. D. Rudolf Edlinger. Vizepräsidenten: KR Dr. Gerhard Kastelic, Prof. Hugo Pepper, Staatssekretär wenigstens moralisch den Rücken zu stär- a. D. Dr. Ludwig Steiner, Abg. a. D. Prof. Alfred Ströer, Oskar Wiesflecker. Kassier: Prof. Dr. Jonny ken. Moser. Kassier-Stv.: Othmar Burian. Weitere Mitglieder: Sr. Dr. Edith Beinhauer, Obersenatsrat Fotos und Faksimile von Dokumenten aus Univ.-Prof. Dr. Hubert Christian Ehalt, Prof. Rudolf Gelbard, Sekt. Chef i. R. Dr. Wilhelm Grimburg, Präs. d. VwGH Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner, RA Dr. Heinrich Keller, Präs. d. IKG Dr. Ariel mehreren Archiven sowie ein Namens- Muzicant, Abg. a. D. Ing. Ernst Nedwed, Hon.-Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer, Univ.-Doz. Dr. Bertrand und Ortsverzeichnis bereichern dieses le- Perz, Prof. Rudolf Sarközi, Dr. Richard Schmitz, OSR Dr. Kurt Scholz, Abg. z. NR Mag. Terezija senswerte Buch, dem hoffentlich noch Stoisits, Univ.-Prof. Dr. Erika Weinzierl, MR Mag. Manfred Wirtitsch, Dr. Helmut Wohnout. weitere Werke der Zeitzeugin und Histori- Wissenschaftliche Leiterin: HR Univ.-Doz. Mag. Dr. Brigitte Bailer-Galanda. Kontrolle: OSR Dr. Josefa kerin Gertrude Schneider folgen. Breuer, Friederike Krenn, Mag. Peter Soswinski. Richtung: Verbreitung von Informationen im Sinne der Grundsatzerklärung des DÖW von 1963: „Das Herbert Exenberger Archiv soll vor allem durch dokumentarische Beweise der zeitgeschichtlichen Erziehung der Jugend die- nen. Sie soll mit den schrecklichen Folgen des Verlustes der Unabhängigkeit und Freiheit Österreichs so- wie mit dem heldenhaften Kampf der Widerstandskämpfer bekannt gemacht werden. Das Archiv soll als bleibende Dokumentation verwahrt werden.“

An der Herstellung dieser Nummer wirkten mit: Heinz Arnberger, Herwig Czech, Herbert Exenberger, Peter Gstettner, Jaro Katz, Eva Kriss, Claudia Kuretsidis-Haider, Willi Lasek, Armin Pfahl- Traughber, Heribert Schiedel.

Impressum: Verleger, Herausgeber und Hersteller: Dokumentationsarchiv des österreichischen Wider- standes, Wipplingerstraße 8 (Altes Rathaus), 1010 Wien; Redaktion ebenda (Christa Mehany- Mitterrutzner, Tel. 22 89 469/322, e-mail: [email protected]; Sekretariat, Tel. 22 89 469/319, Fax: 22 89 469/391, e-mail: [email protected]; Homepage: http://www.doew.at). Ich bestelle folgende Publikationen zum Sonderpreis für Abonnenten der Mitteilungen:

Österreicher im Exil. Mexiko 1938–1947. Eine Dokumentation, Hans Landauer/Erich Hackl: Lexikon der österreichischen hrsg. v. DÖW. Deuticke 2002, 704 S., Bildteil. Leinen oder Spanienkämpfer 1936–1939. Verlag der Theodor Kramer Karton i 15,– Leinen ... Stück Gesellschaft 2003, 258 S., Ladenpr. i 24,– ... Stück Karton ... Stück 40 Jahre Dokumentationsarchiv des österreichischen Wider- Florian Freund, KZ Ebensee. Ein Außenlager des KZ Mauthau- standes 1963–2003, Wien 2003, 112 S., i 5,– ... Stück sen, Wien 1990, 48 S. i 2,90 ... Stück Herwig Czech, Erfassung, Selektion und „Ausmerze“. Das Florian Freund, Concentration Camp Ebensee. Subcamp of Wiener Gesundheitsamt und die Umsetzung der nationalsozialis- Mauthausen, 2nd revised edition, 1998, 63 S., i 4,30 tischen „Erbgesundheitspolitik“ 1938 bis 1945, Deuticke 2003, ... Stück 177 S., Ladenpr. i 19,90 ... Stück Florian Freund/Hans Safrian, Expulsion and Extermination. Wolfgang Form/Oliver Uthe (Hrsg.): NS-Justiz in Österreich. The Fate of the Austrian 1938–1945. 62 S. i 4,30 Lage- und Reiseberichte 1938–1945. Schriftenreihe des DÖW zu ... Stück Widerstand, NS-Verfolgung und Nachkriegsaspekten, Bd. 3, LIT Verlag 2004, LVIII, 503 S., Sonderpreis i 25,– ( Ladenpr. Jonny Moser, Demographie der jüdischen Bevölkerung Öster- i 49,90) ... Stück reichs 1938–1945, Wien 1999, 86 S. i 4,30 ... Stück Themen der Zeitgeschichte und der Gegenwart. Arbeiterbewe- Brigitte Bailer/Wolfgang Neugebauer, ... ihrer Überzeugung gung — NS-Herrschaft — Rechtsextremismus. Schriftenreihe treu geblieben. Rechtsextremisten, „Revisionisten“ und Anti- des DÖW zu Widerstand, NS-Verfolgung und Nachkriegsaspek- semiten in Österreich, hrsg. v. DÖW, Wien 1996, Deutsch ten, Bd. 4, LIT Verlag 2004, 180 S., Ladenpr. i 9,90 (72 S.)/Englisch (64 S.). i 2,90 ... Stück Deutsche Ausgabe: ... Stück Engl. Ausgabe: ... Stück Wolfgang Neugebauer/Peter Schwarz: Der Wille zum aufrech- Josef Hindels, Erinnerungen eines linken Sozialisten, hrsg. v. ten Gang. Offenlegung der Rolle des BSA bei der gesellschaft- DÖW, Bund Sozialdemokr. Freiheitskämpfer, Wien 1996, 135 S. lichen Reintegration ehemaliger Nationalsozialisten, hrsg. vom i 6,50 ... Stück BSA, Czernin Verlag 2005, 335 S., Ladenpr. i 23,– ... Stück Franz Danimann, Flüsterwitze und Spottgedichte unterm Ha- kenkreuz, Ephelant 2001, 202 S. Ladenpr. i 22,– ... Stück Thomas Albrich/Winfried R. Garscha/Martin Polaschek (Hrsg.), Holocaust und Kriegsverbrechen vor Gericht. Der Fall Öster- Gedenken und Mahnen in Wien 1934–1945. Gedenkstätten zu reich, Studien Verlag 2006, 364 S., Ladenpr. 29,90 Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung. Eine Dokumen- i ... Stück tation, hrsg. v. DÖW, Wien 1998, 488 S., rund 230 Abb. i 12,– ... Stück Claudia Kuretsidis-Haider, „Das Volk sitzt zu Gericht“. Öster- reichische Justiz und NS-Verbrechen am Beispiel der Engerau- Gedenken und Mahnen in Wien 1934–1945. Ergänzungen I, Prozesse 1945–1954, Studien Verlag 2006, 496 S., Ladenpr. Wien 2001, 99 S. i 3,– ... Stück i 53,– ... Stück Kombiangebot Gedenken und Mahnen in Wien, Wien 1998 und Gedenken und Mahnen in Wien. Ergänzungen I,Wien 2001. Jahrbuch 2006, hrsg. vom DÖW, Schwerpunkt: Erinne- i 13,– (statt i 15,–) ... Stück rungskultur, LIT Verlag 2006, 234 S., Ladenpr. i 9,90 ... Stück Brigitte Bailer, Wiedergutmachung kein Thema. Österreich Institut Theresienstädter Initiative/DÖW (Hrsg.) Theresien- und die Opfer des Nationalsozialismus. Löcker Verl. Wien 1993. städter Gedenkbuch. Österreichische Jüdinnen und Juden in 309 S. Ladenpr. i 27,60 ... Stück Theresienstadt 1942–1945, Prag 2005, 702 S., i 29,– Claudia Kuretsidis-Haider/Winfried R. Garscha (Hrsg.), Keine ... Stück „Abrechnung“. NS-Verbrechen, Justiz und Gesellschaft in Euro- Gerhardt Plöchl, Willibald Plöchl und Otto Habsburg in den pa nach 1945, Leipzig–Wien 1998, 488 S., i 22,50 ... Stück USA. Ringen um Österreichs „Exilregierung“ 1941/42, Wien Emmerich Tálos/Ernst Hanisch/Wolfgang Neugebauer/Reinhard 2007, 288 S., Ladenpr. i 9,90 ... Stück Sieder (Hrsg.), NS-Herrschaft in Österreich, öbv und hpt 2001, DÖW, Katalog zur permanenten Ausstellung. Wien 2006, 959 S., Ladenpr. i 25,40 ... Stück 207 S., 160 Abb., i 24,50 ... Stück Herbert Exenberger/Heinz Riedel, Militärschießplatz Kagran, DÖW, Catalog to the Permanent Exhibition, Wien 2006, 95 S., Wien 2003, 112 S., i 5,– ... Stück über 100 Abb., i 14,50 ... Stück

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