„In dem schwankenden Meere prähistorischer Hypothesen“1 Die Germanenfrage am Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte (1799–1945)

Marion Bertram

Die Geschichte des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte zeigt anschaulich, wie sich das Verständnis von Altertümern und Vergangenheit hin zu einem interdisziplinä- ren Forschungsfeld entwickelte und welche organisatorischen und konzeptionellen Ent- scheidungsprozesse von einer reinen Sammlung zu einem nach konkreten Prinzipien Dsammelnden, ordnenden und ausstellenden Museum führten.2 Die Sammlungsstücke, welche den Germanen zugewiesen wurden, standen dabei selten im Mittelpunkt des In- teresses der Museumsmacher, ebenso wenig die Germanen selbst. Vielmehr beschäftig- ten sich die früheren Leiter, Direktoren und Kustoden weitaus häufiger mit der Frage, ob und wie den Impulsen zur Datierung, Ethnogenese und Ausbreitung der Germanen, wie sie in der zeitgenössischen Forschung diskutiert wurden, im Ausstellungsbetrieb zu fol- gen sei.3

Detail des Vaterländischen Saals im Neuen Museum (2009): An der Die „Samlung der Slavischen und altgermanischen Alterthümer“ um 1850 konzipierten Südwand (1799–1829) befindet sich ein früher Versuch der bildlichen Darstellung des Die Ursprünge des heutigen Museums für Vor- und Frühgeschichte liegen in der Kunst- Dreiperiodensystems; im Bild die Bestattung eines „eisenzeitlichen kammer der Hohenzollern, die im Berliner Stadtschloss zunächst im Apothekenflügel Germanen“. Die Zusammenstel- und seit dem 18. Jahrhundert im Lustgartenflügel untergebracht war. Bereits um 1700 lung der Beigaben zeigt deutliche befanden sich dort auch einige prähistorische Keramikgefäße, die als „heidnisch-slawi- Unsicherheiten (z. B. ein bronzezeit- sche Urnen“ angesehen wurden. Erst unter Jean Henry (1761–1831), seit 1794 unter ande- liches Vollgriffschwert), die dem Forschungsstand der Mitte des rem Vorsteher des Antiken- und Münzkabinetts sowie der Kunstkammer und des Natu- 19. Jahrhunderts geschuldet sind. ralienkabinetts, begann der gezielte Erwerb einheimischer Altertümer.4 Aus der Obhut

504 505 der königlichen Hausverwaltung unterstellte Friedrich Wilhelm III. die Kunstkammer allenfalls zum kleineren Teil mit den nun eindringenden Slawen vermischte. Eine andere 1798 der Akademie der Wissenschaften. Während Henry die Oberaufsicht behielt, soll- Fraktion, für die er namentlich Aloys Hirt (1759–1837) erwähnte,12 schrieb ausnahmslos ten nun einige als Fachleute ausgewiesene Akademiker einzelne Kabinette betreuen. Un- alle sich „im Lande findenden Alterthümer einzig und allein Germanischen Völkerschaf- ter Henrys direkter Zuständigkeit verblieben unter anderem die historischen Altertümer, ten zu“. Dem gegenüber stand eine kleinere Gruppe, welche die Historizität der antiken die ethnologischen Objekte und die Kuriosa; alles in allem ein Sammelsurium, welches Quellen anzweifelte und konstatierte, dass „so weit die dokumentirte Geschichte reiche, auch prähistorische Gegenstände aufwies. In seinem Streben nach einem systematische- niemals andere, als Slavische Völker in diesen Gegenden gewohnt haben“. Levezow war ren Sammlungsaufbau war der Plan zur Schaffung eines „allgemeinen Depots für Natio- überzeugt, dass die Artefakte dieser Völker Unterschiede aufweisen, die sie als germa- nal-Antiquitäten“ ein besonderes Anliegen Henrys. Zu diesem Zweck verfasste er 1799 nisch oder slawisch kennzeichnen und somit die Erforschung dieser Merkmale von au- einen Aufruf an private Besitzer von „merkwürdigen Alterthümern und Natur-Seltenhei- ßerordentlicher Bedeutung für die Beantwortung der „noch nicht entschiedenen Vorfra- ten“ zur freiwilligen Abgabe an die Kunstkammer. Die zentrale Aufbewahrung und Klas- ge“ sei.13 Er verwies aber auch auf große überregionale Übereinstimmungen, beispiels- sifizierung sollten „dem vaterländischen Geschichtsforscher viele interessante Aufschlüs- weise von Steingeräten, und schloss daraus auf ein möglicherweise noch älteres, über die se über Sitten, Gebräuche, Kenntnisse, Industrie und Begebenheiten der Vorzeit“ ganze Welt verbreitetes Urvolk. Letztlich betonte er den unsicheren Forschungsstand ermöglichen.5 Noch in das selbe Jahr datiert unter der Bezeichnung „Abtheilung Vater- und warnte vor „übereilten Deutungen“.14 ländischer Merkwürdigkeiten“ die Einrichtung einer „Samlung der Slavischen und alt- germanischen Alterthümer“ aus Preußen und ganz Deutschland,6 die seitdem durch re- gelmäßige Ankäufe Zuwachs erfuhr. In seinem Kunstkammer-Verzeichnis von 1805 erwähnte Henry beispielsweise „Aschenkrüge der Wenden“ und „Tartarische Götzenbil- der“. Derartige ethnische Zuweisungen entbehrten seinerzeit freilich jeder wissenschaft- lichen Argumentation und basierten in der Regel auf mündlicher Überlieferung durch die Vorbesitzer. Sammlungsobjekte, für die man eine römische Herkunft vermutete, waren dem Antikenkabinett zugeordnet. Im Zuge der Umstrukturierung der preußischen Behörden war die Kunstkammer seit 1810 dem Innenministerium und seit 1817 dem neuen Ministerium der geistlichen, Un- terrichts- und Medicinal-Angelegenheiten unterstellt, was die 1797 erstmals erwähnten Pläne zur Gründung eines Königlichen Museums beförderte.7 Seit 1820 beschäftigte sich eine eigens geschaffene Kommission mit der Aus- und Neugliederung der Kunstkammer- Sammlungen für die Abteilungen des geplanten Museums. Ab diesem Zeitpunkt stand Jean Henry der Altertumswissenschaftler Konrad Levezow (1770–1835) zur Seite, der unter anderem die Verwaltung der einheimischen Altertümer übernahm.8 1827 berichte- te Henry über die Fertigstellung eines Verzeichnisses der „Germanischen und nordischen Alterthümer“.9 Aus dem Jahre 1825 stammen Levezows „Andeutungen über die wissenschaftliche Bedeutung der allmählig zu Tage geförderten Alterthümer Germanischen, Slavischen und anderweitigen Ursprungs der zwischen der Elbe und Weichsel gelegenen Länder, und zwar in nächster Beziehung auf ihre Geschichte“, in denen er den Rang der vaterlän- dischen Altertümer als „historische Monumente“ hervorhob und die Klärung von Her- kunftsangaben und Fundumständen sowie die Bewahrung der Fundzusammenhänge anmahnte.10 In den Mittelpunkt stellte er die Frage nach den Möglichkeiten zum Er- kenntnisgewinn aus den prähistorischen Altertümern und begann mit der „großen Vor- 1 Die 1692 bei Wulfen (Sachsen- Anhalt) entdeckten bronzezeit- frage“: „Welche Völker haben, so weit ihre Spuren reichen, von Anfang an, oder nachein- lichen Urnen (12. Jahrhundert v. Chr.) ander, oder nebeneinander, bis auf Einführung des Christenthums, diese Länder gelangten 1707 und 1799 in könig- [zwischen Elbe und Weichsel] bewohnt?“.11 Levezows Ausführungen zufolge hingen die lich-preußischen Besitz. Sie lösten zeitgenössischen Geschichtsforscher unter Berufung auf antike Schriftquellen überwie- eine Diskussion bezüglich ihrer ethnischen Zuordnung aus und gend der These an, dass die ursprüngliche Bevölkerung „Germanischen Stammes“ gewe- wurden als römisch, germanisch sen sei, im Zuge der Völkerwanderung die Gegend größtenteils verlassen habe und sich oder auch slawisch bezeichnet.

506 507 Für die Zeit ab dem Ende des 18. bis zum ersten Drittel des 19. Jahrhunderts belegen Streitfrage in Betreff der Völkergrenzen, und der die Sammlungsbezeichnungen, -beschreibungen und -inventare die Verwendung der Be- Unterscheidung slavischer und germanischer Al- griffe des „Germanischen“, „Slavischen“ und „Römischen“, die in diesen Quellen allem terthümer“ zunächst aus. Und hinsichtlich eines Anschein nach relativ neutral nebeneinanderstehen. Aus der Perspektive des Jahres 1838 kulturhistorischen Konzeptes nach Gegenständen beschrieb Leopold Freiherr von Ledebur (1799–1877) aber das Stigma, welches dem „Ger- „religiöser, kriegerischer und häuslicher Thätig- manischen“ im 18. Jahrhundert anhaftete. Er tat dies im Zusammenhang mit Ausführun- keit“ kam er zu der Ansicht, dass diese „wieder nur gen zur Erwerbungsgeschichte einer prächtigen bronzezeitlichen Urne aus Wulfen im durch die Ermittelung des Ethnographischen oder heutigen Sachsen-Anhalt15 (Abb. 1), die der preußische König Friedrich I. 1707 für 100 Feststellung des Geographischen ihren geschichtli- Reichstaler gekauft und vorgeblich den römischen Antiken zugeordnet hatte. Ledebur chen Werth“ gewinnen würden. Letztlich aber zufolge verachtete man seinerzeit das „eigentlich Heimatliche, als Barbarisches“ und zeigte er sich doch überzeugt, dass aufgrund der brachte aus heimischem Boden „der Zufall der Beachtung Werteres und Ausgezeichnete- historischen Quellen die geographische Grenze res zu Tage, so war man weit entfernt, es für germanisch oder slavisch zu halten, sondern zwischen Germanen und Slawen bekannt sei und man trug gar keine Bedenken, es sofort für römisch zu erklären“.16 die Einteilung in Römisches, Germanisches und Slawisches auch durch chronologische Kriterien gegeben wäre. Hinsichtlich der Bestimmung römi- Ledebur und die Frage nach dem Zweck eines scher Altertümer sah er offensichtlich keine Pro- „Museums für vaterländische Alterthümer“ (1829–1873) bleme. Zu einem klaren Sammlungskonzept führ- ten ihn diese Überlegungen jedoch nicht. Die Idee zur Präsentation des königlichen Kunstbesitzes in einem öffentlichen Museum Nach der Rückkehr von einer mehrmonatigen wurde 1830 mit der Eröffnung des Kunstmuseums am Lustgarten (Altes Museum) ver- Forschungsreise durch Norddeutschland und wirklicht.17 Bereits als Leopold Freiherr von Ledebur 1829 zum Vorsteher der „Unter- Skandinavien äußerte sich Ledebur in einem Be- Abtheilung für vaterländische Alterthümer“ beim Kunstmuseum berufen wurde, stand richt vom August 1832 gegenüber dem Ministeri- allerdings fest, dass seine Sammlung dort keine Aufnahme finden würde, da sie dem um erneut zur Frage der Aufstellung der prähisto- Konzept des Kunstgenusses nicht entsprach.18 rischen Sammlung.20 Er diskutierte nun die Die vaterländische Altertumskunde befand sich zu diesem Zeitpunkt in den Anfängen Möglichkeiten eines chronologischen, ethnogra- ihrer Entwicklung. Der Aufschwung nach den Befreiungskriegen 1813–1815 hatte noch phischen, geographischen und analogen Systems, nicht zu einer übergreifenden Forschungsorganisation geführt. Das Wirken der Alter- wobei sich letzteres auf Analogien der aufzustel- tumsvereine und Museen war regional begrenzt, und von den Universitäten gingen noch lenden Sammlungsgegenstände bezog, und ließ keine Impulse für die Entwicklung des Faches aus. Archäologische Untersuchungen blie- keinen Zweifel daran, dass ein Museum, „dessen ben in der Regel auf enge Regionen beschränkt, ohne dass sie vergleichend zu umfassen- Zweck es ist, in den aufbewahrten Alterthümern deren kulturhistorischen Erkenntnissen führten. Unter diesen Umständen stand Lede- den allmähligen Fortschritt der Cultur, der Begrif- bur mit dem Vorhaben zur Erschließung seiner bunt gemischten und überregionalen fe, Sitten und Gewohnheiten eines Volkes vor Au- Sammlung vor einer besonderen Herausforderung, der er sich zunächst mit umfangrei- gen zu stellen, [...] nothwendiger Weise chronolo- chen theoretischen Überlegungen annäherte. gisch geordnet sein“ müsse. Für die Berliner Aus den Jahren 1830 und 1832 stammen programmatische Papiere, in denen Ledebur Sammlung verwarf er allerdings die chronologi- seine Ideen zur Ordnung, Aufstellung und Vermittlung der Sammlung ausführlich dar- sche Anordnung aufgrund der großen Unsicher- stellte. Im Januar 1830 legte er dem Kultusministerium seine „Andeutungen über den heiten hinsichtlich der Datierung vieler Objekte. Erneut wandte er sich mit dem Ver- Umfang, die Einrichtung und den Zweck eines Museums für vaterländische Alterthümer 2 Tafel V aus „Das Königliche Mu- weis auf den unzureichenden Forschungsstand auch gegen die ethnographische und Merkwürdigkeiten“ vor.19 Für die Anordnung der Sammlung erörterte Ledebur drei seum vaterländischer Alterthümer Anordnung im Sinne der Gliederung nach Römischem, Germanischem und Slawi- im Schlosse Monbijou zu Berlin“ Varianten: 1. die geographische, 2. die ethnographische und 3. die kulturhistorische. (Ledebur 1838), unter anderem mit schem.21 Das geographische Prinzip schließlich würde nach seiner Überzeugung unend- Zwar gestand er einer geographischen Anordnung nach Provinzen und Kreisen durch- Bronzeblechhülsen und Bronze- liche Wiederholungen bringen und doch keinen Überblick ergeben. Levezow hingegen aus das Potenzial zu, daraus historische Erkenntnisse ziehen zu können, sah jedoch prak- Leder-Applikation aus dem Grab hatte sich 1825 für ein geographisches System ausgesprochen und vor dem Auseinan- tische Probleme bei einer Aufstellung, die „das neben einander Gefundene neben einan- von Wulfen (II 1001–1004) und derreißen geschlossener Funde gewarnt. Ledebur entschied sich für das Analogieprin- einem nordischen Goldbrakteaten der“ ließ. Eine ethnographische Anordnung, worunter Ledebur eine Gliederung nach aus der Gegend von Hamburg (II zip, nach dem Gleichartiges und Verwandtes unabhängig vom Fundort und -kontext Römischem, Germanischem und Slawischem verstand, schloss er wegen der „große[n] 1953). angeordnet wurde. So überrascht es nicht, dass schon die zeitgenössische Kritik auf den

508 509 begrenzten Bildungswert der ab 1837 im Schloss Monbijou zu besichtigenden Ausstel- lung der vaterländischen Altertümer verwies.22 Ungleich aussagekräftiger war der erste gedruckte Museumsführer, den Ledebur 1838 unter dem Titel „Das Königliche Museum vaterländischer Alterthümer im Schlosse Mon- bijou zu Berlin“ vorlegte (Abb. 2).23 Zwar erläuterte er in seiner Vorrede abermals das Analogieprinzip, nach dem die Sammlung nun auch inventarisiert war, wählte aber für die Beschreibung der Sammlung eine Gliederung nach den Provinzen der preußischen Monarchie, „verweilend bei den die Auffindung begleitenden Umständen; wobei es nicht unzweckmässig erschien, Blicke auf das jeder Provinz Eigenthümliche, so wie auf andere Sammlungen und die Literatur dieses Bereiches zu werfen“.24 Zu diesem Zweck hatte er erstaunlicherweise vorübergehend „die ganze Masse wieder nach Fundorten mit Berück- sichtigung geographischer und ethnographischer Gesichtspunkte zusammen[gestellt].“25 Sehr ausführlich referierte Ledebur zuweilen die Fundumstände und -zusammenhänge der Sammlungsobjekte und erwähnte dabei auch Fragen der ethnischen Zugehörigkeit, ohne jedoch zu neuen Interpretationen zu kommen. So besprach er den 1799 in den Be- sitz von Friedrich Wilhelm III. gelangten Fundkomplex von Wulfen (Sachsen-Anhalt) ausführlich, zu dem neben der bereits erwähnten, 1707 erworbenen Urne noch ein zwei- tes, ebenso prächtiges Exemplar sowie bronzene und lederne Beifunde zählten (siehe Abb. 1–2). Über die ethnische Zuordnung dieses Grabes als „römisch“, „slavonisch“, „deutsch“ oder einfach nur „heidnisch“ wurde also schon seit dem frühen 18. Jahrhundert diskutiert.26

Der „Saal der nordischen Alterthümer“ im Neuen Museum (1855–1886)

Unter Friedrich Wilhelm IV. begann 1843 die Errichtung eines zweiten Museumsgebäu- des auf der Spreeinsel, das von 1850 bis 1859 sukzessive eröffnet wurde. Im Gegensatz zum Konzept des Kunstmuseums am Lustgarten sollte das Neue Museum dem Publikum die kulturgeschichtliche Entwicklung von den Anfängen der Menschheit bis in die Ge- genwart des 19. Jahrhunderts anschaulich vermitteln.27 In diesem Sinne begann der Rundgang im Erdgeschoss mit den einheimischen Altertümern im „Vaterländischen Saal“, der 1855 unter der Bezeichnung „Saal der nordischen Alterthümer“ eröffnet wur- de.28 Es scheint weltweit der erste Ausstellungsort zu sein, welcher eigens für eine öffent- liche prähistorische Sammlung ausgestaltet wurde.29 Die mit dem Einzug ins Neue Mu- seum vollzogene Umbenennung des „Museums Vaterländischer Alterthümer“ in „Sammlung der Nordischen Alterthümer“ war Ausdruck des Grundgedankens eines ge- meinsamen nordisch-germanischen Kulturraumes.30 Im zweiten Viertel des 19. Jahrhun- derts hatte die prähistorische Altertumskunde in Deutschland starke Impulse aus den nordischen Ländern und insbesondere aus Dänemark empfangen, wo man zu dieser Zeit bereits über eine Reihe modern geordneter Sammlungen und eine ebenso moderne Or- ganisation der Bodendenkmalpflege verfügte.31 Das Konzept für die Ausgestaltung der Innenräume des Neuen Museums war Gegen- 3 Neues Museum, Vaterländischer stand gemeinsamer Abstimmungen zwischen König Friedrich Wilhelm IV., Generaldi- Saal: historische Aufnahmen der Lünettengemälde der Südwand mit rektor Ignaz Maria von Olfers (1793–1872), dem Kunstmaler Wilhelm von Kaulbach der Darstellung des Dreiperioden- (1805–1874) und den jeweiligen Sammlungsdirektoren, aber auch von Diskussionen in systems (Aufnahmen 1919).

510 511 Saal das Ergebnis der intensiven Beschäftigung aller Beteiligten mit dem seinerzeit ver- fügbaren Wissensstand. Beim Publikum hinterließen diese Darstellungen nachhaltige Eindrücke, die das zeitgenössische Bild der nordischen Götterwelt und damit der Germa- nen entscheidend prägten und breiten Kreisen der Bevölkerung erstmals den Zugang zu diesem Thema eröffneten.38 Bot die Ausgestaltung des Saals wissenschafts- und kunstgeschichtlich durchaus Weg- weisendes und auch für den Laien Anregendes und Anschauliches, so blieb Direktor Le- debur mit der dortigen Neuaufstellung seiner Sammlung weit hinter den Erwartungen zurück. Da er das schon im Schloss Monbijou praktizierte Analogieprinzip übernahm, nach dem Gleichartiges und Verwandtes in Material, Form und Funktion unabhängig von Fundort und Fundzusammenhang nebeneinanderstand, und es keinerlei erläutern- de Texte gab, war der Lerneffekt für den Museumsbesucher bezüglich der prähistori- schen Artefakte sehr beschränkt. Besonders Adolf Bastian, seit 1869 zunächst Assistent unter Ledebur, fand zu dessen schwankender „Halbheit“ deutliche Worte.39 Erst als Al- bert Voß 1874 die Geschäfte der „Sammlung Nordischer Alterthümer“ übernahm, kam es zu ersten konzeptionellen Änderungen.

„Der Mensch mit seinem ganzen Thun und Treiben …“40 – Die Pioniere der interdisziplinären Forschung (1869–1906)

Die Prähistorische Archäologie erfuhr an der Wende zum letzten Drittel des 19. Jahrhun- derts eine deutlich von naturwissenschaftlichen Methoden geprägte Ausrichtung. Sie widmete sich in enger Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen der Erforschung des Menschen in seiner Gesamtheit und orientierte auf geographisch weiträumige Studien. Wenn auch nicht unmittelbar im Vordergrund stehend, so spielte auch die Frage nach der ethnischen Zuordnung prähistorischer Befunde und Funde eine Rolle. Entsprechen- breiteren Fachkreisen. Die 1852 vollendeten Wandbilder im Vaterländischen Saal umfas- de Diskussionen gingen zunächst vor allem von der skandinavischen Altertumsfor- sen hauptsächlich einen Zyklus zur nordischen Mythologie,32 außerdem die Darstellung schung aus.41 des Dreiperiodensystems (Stein-, Bronze- und Eisenzeit)33 (Abb. 3) sowie Ansichten von Protagonist dieser von einem unglaublichen Enthusiasmus getriebenen Forschergene- prähistorischen Steindenkmälern34. Kunstgeschichtliche Bedeutung erlangten die Gemäl- ration war der Universalwissenschaftler Rudolf Virchow (1821–1902), Mediziner und de zur nordischen Mythologie insbesondere als erste umfassende bildliche Darstellungen Anthropologe im Hauptfach, aber auch Historiker, Ethnologe, Prähistoriker und vieles zu diesem Thema. Wichtige Grundlagen boten seinerzeit Jacob Grimms „Deutsche Mytho- andere mehr.42 Sein britisches Pendant John Lubbock (1834–1913) stand ihm weder in logie“ (1835) und August Schraders „Germanische Mythologie“ (1843). Vor allem die Dis- der beeindruckenden Breite seines Wirkens noch mit dem bahnbrechenden Charakter kussionen zu neuen Übersetzungen und Interpretationen der Älteren und Jüngeren Edda seiner Schriften zur Prähistorischen Archäologie nach. Als Lubbocks Werk „Pre-historic spielten in der Berliner Gelehrtenwelt um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine große Rolle Times“43 1874 in Deutschland erschien, skizzierte Virchow in seinem Vorwort das Pro- und wirkten sich unmittelbar auf die Ausgestaltung der Bilder aus.35 gramm, mit dem er und seine Mitstreiter angetreten waren: „Der Mensch mit seinem Ferdinand Bellermanns (1814–1889)36 Wandgemälde „Hünengrab auf Rügen“ (Abb. 4) ganzen Thun und Treiben, seinem Denken und Meinen, seinem inneren Wesen soll wie- und „Opferstein bei Stubbenkammer“ wurden angeregt durch oberirdisch erhaltene 4 Ferdinand Bellermann (1814– der entdeckt, soll aufgefunden werden [...]. Nicht nur der Anatom, sondern auch der 1889), „Hünengrab auf Rügen“, Steindenkmäler, die bis heute mit Kulthandlungen germanischer­ Vorfahren in Verbin- 1852. Zusammen mit „Opferstein Zoolog, der Botaniker, der Geolog, der Astronom müssen hier mitwirken, gleichwie die dung gebracht werden.37 Die Insel Rügen war seit der begeisterten Rezeption der soge- bei Stubbenkammer“ bilden die prähistorische Archäologie, da sie nicht mehr blos die Kunst, sondern auch das roheste nannten Ossianischen Gesänge des Schotten James Macpherson (1736–1796) zum Inbe- beiden Wandgemälde Bellermanns Gewerbe, ja die menschliche Arbeit überhaupt zum Gegenstande ihrer Betrachtungen griff nordischer Landschaftsvorstellungen geworden. Maler und Schriftsteller suchten im Durchgang zum Südvestibül machen muß, ihre Erklärungen nicht blos bei dem Bildhauer oder Architekten, sondern den Abschluss des Bildprogramms sie immer wieder als Ort der Inspiration auf und auch Friedrich Wilhelm IV. bereiste die des Vaterländischen Saals im in der Werkstatt des Handwerkers, in der Gewohnheit des Feldarbeiters, in den Gebräu- Insel unzählige Male. Insgesamt dokumentieren die Bilderzyklen im Vaterländischen Neuen Museum. chen der Familie zu suchen hat.“44

512 513 und ethnologischen Sammlungen bzw. des Königlichen Museums für Völkerkunde, so- wie Albert Voß (1837–1906), seit 1874 zuständig für die Vorgeschichtsabteilung bzw. ab 1886 deren Direktor, waren enge Mitstreiter Virchows, der wiederum eine intensive Zu- sammenarbeit mit dem Museum pflegte.49 Virchow und Voß legten 1893 den Entwurf für ein Deutsches Nationalmuseum vor, das als eine zentrale Einrichtung zur Erforschung der Geschichte der deutschen und europäischen Völker von der Urgeschichte bis zur Gegenwart aufgebaut werden sollte. Das Projekt richtete sich gegen die Zerstreuung der archäologischen Funde auf eine Vielzahl kleiner Regionalmuseen, aber die Umsetzung des Konzepts scheiterte. Eine Zentralisierung, wie sie etwa mit den archäologischen Sammlungen in Kopenhagen, Saint-Germain-en-Laye oder London bestand, war in Deutschland nicht durchzusetzen. Neben der Abwehr der Provinzialmuseen spielte die Existenz zweier weiterer überregionaler Museen eine Rolle. Beide waren 1852 auf Be- schluss der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine gegründet worden. Im Römisch- Germanischen Zentralmuseum in Mainz widmete man sich der Erforschung der germa- nischen und der römischen Epoche und im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg der Kulturgeschichte des Mittelalters.50 Bezüglich der Neukonzeption der prähistorischen Sammlung blieb Voß zunächst we- nig Spielraum.51 Erst als im Zusammenhang mit dem von Kaiser Wilhelm I. geförderten Museum für Völkerkunde 1886 auch der Umzug der Vorgeschichtlichen Abteilung in diesen Neubau möglich wurde, kam es zu einer grundlegenden Neupräsentation. Mit Blick auf dieses Ereignis war Voß bei der Katalogisierung der Neuzugänge bereits seit Ethnische Fragen trieben Virchow in vielfacher Hinsicht um. Im Bereich der Prähisto- 1880 dem geographischen Prinzip gefolgt, das den politischen Grenzen dieser Zeit ent- rischen Archäologie sind vor allem seine Burgwallforschungen in Brandenburg und be- sprach.52 Acht große Ausstellungssäle standen im neuen Haus für die prähistorischen nachbarten Provinzen sowie seine daraus folgenden Zuweisungen bestimmter Keramik- Altertümer zur Verfügung. Die ersten vier Säle waren dem Fundmaterial aus den preußi- typen und anderer Artefakte zu nennen.45 Die von ihm erstmals definierte bronze- und schen Provinzen vorbehalten. Es folgten die nicht zu Preußen gehörenden deutschen früheisenzeitliche „Lausitzer Kultur“ wies er einer vorgermanischen Bevölkerung zu. Länder und schließlich die Funde aus anderen europäischen Staaten und Nachbarregio- Demgegenüber grenzte er seine Gruppe der Keramik vom „Burgwall- oder Pfahlbau- nen. Eine ethnische Zuweisung der Objekte erfolgte in der Regel nicht. typus“ ab, die er völlig zutreffend den Slawen zuschrieb. Als er daran anschließend dem Problem der ethnischen Zuordnung vor- und frühgeschichtlicher Körperbestattungen über die Typologie der Grabbeigaben zunächst nicht näherkam (Abb. 5), hoffte er auf Die „germanischen Todtenlager“ anthropologische Untersuchungen. Es herrschte seinerzeit die Auffassung, dass die Be- stimmung der Schädelform eine ethnische Zuordnung erlaube, indem die Germanen der Unter Albert Voß wurde die Vorgeschichtliche Abteilung systematisch zu einer interna- dolichocephalen (langköpfigen) und die Slawen der brachycephalen (kurzköpfigen) tionalen Sammlung ausgebaut. Mehr als ein Viertel der Neuzugänge entfiel auf das eu- Gruppe angehören würden.46 Im Zuge seiner Untersuchungen an prähistorischem Ske- ropäische Ausland, Preußen und Deutschland insgesamt blieben aber im Mittelpunkt lettmaterial stieß Virchow jedoch mehrfach bei zusammengehörigen Fundkomplexen der Aktivitäten. Um eine überregional vergleichende Forschung voranzutreiben, hatten auf ein breiteres Spektrum von Schädelformen, sodass er für die vor- und frühgeschicht- Voß und Virchow 1880 in Berlin die große „Ausstellung prähistorischer und anthropo- lichen Körperbestattungen die Möglichkeit einer ethnischen Zuordnung anhand anthro- 5 Schädel einer jungen Frau mit logischer Funde Deutschlands“ präsentiert, mit der sie erstmals eine äußerst umfangrei- pologischer Merkmale schließlich weitgehend verwarf.47 zugehörigen Fragmenten slawischer che Anzahl von Artefakten aus allen Regionen Deutschlands zusammenbrachten, um Im Rückblick auf Ledeburs Zeiten zeigen schon diese kurzen Verweise auf Untersu- Schläfenringe (Nakel, ehemalige damit die Vorgeschichte des Deutschen Reichs zu veranschaulichen.53 Das Thema Ger- Provinz Posen; 11./12. Jahrhundert chungen Rudolf Virchows die bahnbrechenden Fortschritte, die auf dem Gebiet der Prä- n. Chr.). Der Fund gelangte 1884 manen hatte vor allem im Zusammenhang mit einer Vielzahl, seit dem mittleren Drittel historischen Archäologie und insbesondere der ethnischen Zuweisung archäologischen als Geschenk in die Sammlung der des 19. Jahrhunderts entdeckter frühmittelalterlicher Gräberfelder an Bedeutung ge- Fundmaterials für das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts anzuführen sind. Auch bei den Berliner Gesellschaft für Anthropo- wonnen.54 Die großen thüringischen, bajuwarischen, alamannischen und fränkischen Königlichen Museen zu Berlin hatte eine neue Generation ihren Dienst angetreten, die logie, Ethnologie und Urgeschichte Reihengräberfelder, in denen die Verstorbenen unverbrannt und in voller Tracht, und wurde dort von Rudolf Vir- für eine evolutionistisch orientierte und auf Vergleich basierende Forschung stand.48 chow auf der Sitzung vom 22. Juni Schmuckausstattung und Bewaffnung beigesetzt waren, vermittelten erstmals ein um- Adolf Bastian (1826–1905), seit 1869 Assistent und ab 1876 Direktor der prähistorischen 1884 vorgestellt (Virchow 1884). fassendes Bild der Germanen auf der Basis archäologischer Quellen.55 Auch wenn

514 515 Ludwig Lindenschmit d. Ä. (1809–1893) noch im deutlich sichtbar, wenngleich das streng geographische Prinzip der Aufstellung diesem Jahre 1860 die Gewohnheit beklagte, alle nichtrö- Ziel noch nicht hinreichend entsprach. Ganz dem Zeitgeist folgend war im neuen Gebäu- mischen Funde als keltisch zu bezeichnen,56 hat- de ursprünglich auch die Präsentation einer besonderen anthropologischen Abteilung ten die Gebrüder Lindenschmit schon im Jahre geplant, „damit sowohl die Entwickelung des Menschengeschlechts in seinem Thun und 1848 mit ihrem Werk „Das germanische Todtenla- Können, von den niedrigsten Stufen an, als auch die körperlichen Unterschiede der ger bei Selzen in der Provinz Rheinhessen“57 Stämme und Rassen in vergleichendem Zusammenhange veranschaulicht werden“ Grundlegendes geleistet, indem ihnen die chrono- könnten.64 logische und kulturhistorische Zuordnung der so- Albert Voß war kein Mann großer Worte. Er verfolgte beharrlich den Sammlungsauf- genannten Reihengräber gelang.58 bau und die Systematisierung bei strenger Dokumentation der Herkunft der Funde und In Berlin kam es in der Ära Voß zu umfangrei- der Umstände ihrer Auffindung, unter bewusster Vermeidung ungesicherter Interpreta- chen Erwerbungen solcher frühmittelalterlichen tionen des Fundmaterials.65 Zum Stand der Forschung um die Jahrhundertwende infor- Komplexe.59 Aus der preußischen Rheinprovinz miert sein kurzer „Chronologischer Überblick über die vorgeschichtlichen Perioden“ im sind hier unter anderem die Funde von Ander- „Merkbuch, Alterthümer aufzugraben und aufzubewahren“.66 Schon der 1878 von Voß nach, Gondorf, Kärlich, Kobern, Schwarzrhein- publizierte Katalog der Bronzeschwerter der Berliner Sammlung67 stand ganz im Zei- dorf oder Weißenthurm zu nennen, und mit den chen des Konzepts, mit dem Bastian und Voß angetreten waren. Das eindeutig von Adolf fränkischen Grabinventaren von Nettersheim ge- Bastian verfasste, sicher aber auch auf Zuarbeiten von Voß zurückgehende Vorwort bie- langte erstmals ein einigermaßen systematisch tet einen erfrischenden und äußerst interessanten Eindruck von den zeitgenössischen ergrabener Bestand in die Sammlung. Ludwig Befindlichkeiten „in dem schwankenden Meere prähistorischer Hypothesen“. Bastian Lindenschmit, seit 1852 Direktor des Römisch- verwies auf eine „bis vor Kurzem“ vorherrschende Neigung zu voreiligen Schlussfolge- Germanischen Zentralmuseums in Mainz, vermit- rungen, die „in der Luft schweben blieben“, und begrüßte die sich „in bestimmterem telte den Erwerb umfangreicher Funde aus dem Nachdruck“ durchsetzende Erkenntnis, „dass erst sorgsam geleitete und umsichtig be- Reihengräberfeld von -Schierstein in schränkte Detailstudien, in den Berührungslinien vergleichender Beobachtungen die Hessen nach Berlin. Aus dem ehemals alamanni- durch Relationsverhältnisse gesicherten Anhaltspunkte anzuzeichnen haben werden, schen Gebiet waren unter anderem bekannte um den Faden inductiver Untersuchung mit einiger Zuversicht anknüpfen zu können“68. Fundorte wie Gammertingen, Pfahlheim, Ötlin- Der Text bietet einen instruktiven Rückblick auf die Anfänge einer vaterländischen Al- gen oder Truchtelfingen vertreten, und mit der tertumskunde ausgehend vom 17. Jahrhundert bis ins zweite Drittel des 19. Jahrhunderts berühmten Schwertscheide von Gutenstein60 mit und verweist auf die Tendenzen und Protagonisten der neuen Entwicklung an der ihren figürlichen Darstellungen aus dem Bereich Schwelle zum letzten Drittel des Jahrhunderts. Dem „Bestreben, an die Stelle theoreti- der nordischen Mythologie (Abb. 6) konnte ein be- scher Schemen Völker von Fleisch und Blut“ zu setzen, attestierte Bastian durchaus die sonders herausragendes Zeugnis frühmittelalterli- Berechtigung als Ziel, dem alle Forschung letztlich zu dienen habe. Als vordringliche cher Kultur gezeigt werden, die als germanisch Aufgabe seiner Zeit aber sah er zunächst die mühevollen Vorarbeiten, die „sehr bald eine 6 Die silberne Schwertscheide galt. Aus Bayern schließlich kamen Reihengräber- von Gutenstein (Stadt Sigmarin- Ernte sorgsam gezeitigter Früchte“ erwarten ließen.69 Blickt man auf das Ende der Amts- funde von Inzing oder Bad Reichenhall61 und das gen, Baden-Württemberg) mit der und zugleich Lebenszeiten von Bastian und Voß in den Jahren 1905 und 1906, so war frühmittelalterliche Reich der Thüringer repräsen- Darstellung eines germanischen tatsächlich ein Fundament für nachfolgende Forschergenerationen gelegt, auf dem all- tieren vor allem die reichen Grabinventare vom „Wolfskriegers“, spätes 7. Jahrhun- mählich das Bild einer Kulturgeschichte des vor- und frühgeschichtlichen Europas und dert n. Chr. (nach Lindenschmit „Nordfriedhof“ in Weimar, zu denen mehrere Objekte mit Runeninschriften zählen62. 1900, Taf. 29). Das 1887 entdeckte seiner „Völker“ entwickelt werden konnte. Diese Sammlungsbestände wurden als „Produkte der auf der römischen basirten, eigenen Schwertfragment mit Silberscheide germanischen Kultur“ definiert, die „in Form und Ornament einen Rückschritt“ zeigen.63 gelangte 1896 mit dem Ankauf der Sammlung Eulenstein nach Berlin. Deutsch-nationale Gesinnung mit weitem Horizont – Schon 1889 hatte Julius Naue (1832–1907) auf der gemeinsamen Schuchhardts „Alteuropa“70 Die Vorgeschichtliche Abteilung zur Jahrhundertwende Versammlung der Deutschen und Wiener Anthropologischen Gesell- Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging in Berlin die Dominanz der naturwissenschaftlich- Als aus der „Sammlung der nordischen Alterthümer“ im Jahre 1886 die „Vorgeschichtli- schaft in Wien einen Vortrag zur evolutionistisch ausgerichteten Vorgeschichtsforschung zu Ende. Die Spätzeit des Kai- Interpretation des Bildprogramms che Abtheilung des Königlichen Museums für Völkerkunde“ geworden war, wurde das der Schwertscheide gehalten (Naue serreiches und die frühen Jahre der Weimarer Republik waren in der Vorgeschichtlichen neue Konzept einer gesamteuropäisch vergleichenden Sammlung auch nach außen hin 1889). Abteilung geprägt durch (1859–1943), der 1908 deren Direktion über-

516 517 nahm. Er war der erste studierte Archäologe in diesem Amt und steht für den Paradig- Form geboten werden, die sich an das große Publikum wendet …“78. Die deutlichsten menwechsel zur historischen Auffassung der Prähistorischen Archäologie bei gleichzei- Worte fand selbstredend das völkische Lager, das „haarsträubenden Blödsinn“ attestier- tig intensiver Ausgrabungstätigkeit.71 Sein Konzept zielte auf eine umfassende und te und den Autor der Stiftung von „viel Unheil und Verwirrung“ bezichtigte.79 Tatsäch- vergleichende Darstellung der Kulturperioden und Kulturströmungen Alteuropas. Eine lich hatte die sogenannte Germanenfrage für Schuchhardt nie im Vordergrund gestan- Chance zur Umgestaltung der Ausstellung ergab sich kurz nach seinem Amtsantritt. den. Zunächst schwankend, sah er aber, ähnlich anderen Forschern, in den Anlässlich des „Internationalen Kongresses der Historischen Wissenschaften“ in Berlin jungsteinzeitlichen Megalithkulturen in Nordeuropa den Kern der späteren Germanen. sollte 1908 eine Sonderausstellung die Vorgeschichte Europas mit einer Auswahl von Mit dieser Konstruktion einer nördlichen Urheimat der Indogermanen war er gar nicht Funden aus der Vorgeschichtlichen Abteilung darstellen. Diese richtungsweisende Prä- so weit von Kossinna entfernt. Wie dieser bezeichnete auch Schuchhardt die chronolo- sentation, die Schuchhardt zusammen mit seinen Mitarbeitern Hubert Schmidt (1864– gisch jüngeren bronzezeitlichen Kulturen als germanisch.80 Schon 1909 in einem Auf- 1933), Alfred Götze (1865–1948) und Max Ebert (1879–1929) konzipierte, blieb als neue satz zur Buckelkeramik entwickelte er „die germanische Kette“ von der Lausitzer Kultur Berliner Schausammlung lange Jahre bestehen.72 Von diesem Projekt gingen wichtige bis zur sächsischen Keramik der Völkerwanderungszeit.81 Noch im Vorwort zur ersten Impulse für die deutsche und europäische Vorgeschichtsforschung aus. Auflage von „Alteuropa“ schrieb Schuchardt: „In neun Zehnteln des Buches hat allein Es sollten nicht mehr nur die Artefakte aneinandergereiht werden, sondern die Zeit das archäologische Material das Wort, und erst, wo es in die historische Zeit ausmündet, war reif für eine Aufstellung der Sammlung nach Kulturperioden und Kulturströmun- fallen ihm wie von selbst die Völkernamen zu.“ Bezüglich der Veränderungen seit der gen. Im Mittelpunkt stand „die Norddeutsche Steinzeit, dann die Bronzezeit mit ihren zweiten Auflage von 1926 erläuterte er dann: „Die Indogermanisierung ließ sich hier in Beziehungen nach verschiedenen Richtungen, schließlich die Eisenzeit geteilt in Hall- ihren verschiedenen Zügen und Völkern klarer darstellen als früher: für die Germanen, statt-, La Tène- (resp. Römer-), Völkerwanderungs- und fränkisch-slawische Zeit“. Für den für die Illyrer, für die Griechen.“82 zweiten Teil der Schausammlung mit dem „Außerdeutschen“ strebte Schuchhardt „eine Anders als mit seinen umstrittenen kulturgeschichtlichen Thesen erarbeitete sich möglichst vollkommene Darstellung der Kultur von Alteuropa an“. Insgesamt sollte „für Schuchhardt auf dem Gebiet der Feldforschung, insbesondere der sogenannten Burgen- jede Periode ein Kulturbild“ entstehen, welches vor allem das Siedlungswesen, die Wirt- forschung, wegweisende Verdienste. Das Thema des vor- und frühgeschichtlichen Befes- schaftsweise und die Bestattungssitten veranschaulicht.73 In der Umsetzung schließlich tigungswesens, quer durch alle Zeiten und Kulturen, beschäftigte ihn bereits vor seiner wurde für jede Periode die jeweils zentrale Präsentation der vaterländischen Funde zu Berliner Zeit und blieb auch danach ein Schwerpunkt seiner Ausgrabungs- und For- beiden Seiten „von den Parallelgruppen der Nachbarländer und des Auslandes“ begleitet. schungstätigkeit.83 Nach der Rückkehr von seiner Skandinavienreise 1908 hatte General- Entsprechend dem Zeitgeist und der Stimmung im Fach der Prähistorischen Archäolo- direktor Wilhelm Bode (1845–1929) Schuchhardt mit einer finanziellen Zuwendung den gie74 stand das völkische Lager um (1858–1931) der neuen Ausstellung Beginn der Untersuchungen auf der sogenannten Römerschanze bei Potsdam ermög- massiv ablehnend gegenüber, während in weiten Fachkreisen und Teilen der Öffentlich- licht, bei der es sich um eine spätbronzezeitliche und slawische Befestigungsanlage han- keit große Zustimmung und Anerkennung ausgesprochen wurde.75 delt.84 Kaiser Wilhelm II. besuchte die Schuchhardtschen Ausgrabungen im November Bereits wenige Wochen nach seinem Amtsantritt in Berlin hatte sich Schuchhardt im 1908 und zeigte sich äußerst beeindruckt. 1909 unternahm das Berliner Museum Ausgra- Mai 1908 auf eine „Nordlandreise“ begeben, „um die für die germanische Vorgeschichte bungen auf dem Burgwall von Lossow bei /Oder,85 ein Projekt, das Schuch- so grundlegend wichtigen Sammlungen“ in Kopenhagen, Oslo, Stockholm und Göte- hardts Nachfolger Wilhelm Unverzagt ab 1926 mit großen Plangrabungen fortsetzte. Die borg kennenzulernen. Er traf so bedeutende Kollegen wie Sophus Müller (1846–1934), dortigen früheisenzeitlichen Opferschächte wies Schuchhardt den germanischen Sem- Oscar Almgren (1869–1945), Bernhard Salin (1861–1931) und auch Oscar Montelius nonen zu, was ihm viel Kritik einbrachte.86 Während des Ersten Weltkriegs verlagerten (1843–1921), der sich schon seit den 1880er Jahren mit der These der Einwanderung der sich die Feldforschungen des Berliner Museums vor allem auf den Balkan und nach Germanen nach Skandinavien beschäftigt hatte.76 Im weiteren Verlauf seiner Berliner Südrussland.87 Ab 1920 aber widmete sich Schuchhardt wieder intensiv dem ostdeut- Amtszeit unternahm Schuchhardt immer wieder ausgedehnte Studienreisen durch schen Burgenwesen. Schließlich verfasste er nach seiner Pensionierung auch zu diesem Deutschland und Europa, in deren Ergebnis seine bekannten populärwissenschaftli- Thema ein populäres Überblickswerk mit dem Titel „Die Burg im Wandel der Weltge- chen Werke wie „Alteuropa“ oder „Vorgeschichte von Deutschland“ entstanden, die, schichte“ (1931). Wenngleich Rudolf Virchow auf diesem Gebiet schon Bahnbrechendes mehrfach aufgelegt, bald für ein breites Publikum das Bild der kulturgeschichtlichen geleistet hatte, gilt vor allem Schuchhardt als Pionier der ostdeutschen Burgenforschung. Entwicklung in der Vor- und Frühgeschichte prägten.77 In Fachkreisen allerdings waren Er etablierte die Untersuchung vor- und frühgeschichtlicher Befestigungsanlagen als diese Werke Schuchhardts auch unter wohlwollenden Kollegen durchaus umstritten. wichtige Quelle der Prähistorischen Archäologie und, auch wenn er nicht als Erster auf Mit seinen weiträumigen Beschreibungen der deutschen und europäischen Vorzeit die Bedeutung des „Pfostenlochs“ verwies, stehen sein Name und insbesondere seine begab er sich allzu oft mit sehr subjektiven oder willkürlichen Interpretationen auf Grabung auf der Römerschanze für entscheidende methodische Fortschritte bei der Do- wackeligen Boden. Eine freundliche Kritik stammt von Karl Hermann Jacob-Friesen kumentation und Interpretation von Bodenverfärbungen und dem Nachweis hölzerner (1886–1960): „Alle diese synthetischen Darstellungen sind zweifellos geistreiche Versu- Konstruktionen.88 Die Germanenforschung spielte bei den Schuchhardtschen Feldfor- che, aber sie sind mehr empfunden, als bewiesen. Sie sollten deshalb nicht in einer schungen immer wieder eine Rolle und stand auch hier im Zeichen der angeblichen

518 519 germanischen Nord-Süd-Wanderung und seiner These vom „Urtypus des germanisch- griechischen Hauses“89. Am Rande sei erwähnt, dass Schuchhardt sich in der seit 1909 andauernden Diskussion um ein Ausgrabungsgesetz für Preußen mit seiner 1913 erschie- nenen „Denkschrift über die Notwendigkeit eines gesetzlichen Schutzes der Bodenalter- tümer in Preußen“ engagierte und damit die Grundlage für den Abschluss der Diskussion und die Verabschiedung des Gesetzes im Jahre 1914 schuf.90

Die Rivalen – Schuchhardt und Kossinna

Gustaf Kossinna hatte sich 1908 Hoffnungen auf den Direktorenposten der Vorgeschicht- lichen Abteilung gemacht. Nachdem ihm der „Römerling“ Carl Schuchhardt vorgezogen worden war, begann ein jahrzehntelang währender Konflikt, der die deutsche Vorge- schichtsforschung zunehmend polarisierte.91 Schon seit den 1890er Jahren war es von- seiten Kossinnas immer wieder zu Angriffen gekommen, insbesondere gegen Rudolf Virchow samt der naturwissenschaftlichen Forschungsrichtung sowie gegen die Klassi- schen Archäologen, zu denen Schuchhardt häufig gerechnet wurde. Im Kern ging es da- bei immer um den Vorwurf der Vernachlässigung der germanischen Altertumskunde, und Schuchhardt wurde von Kossinna wiederholt als Scharlatan und Intrigant be- schimpft.92 Besonders heftig entwickelte sich der Streit um den im Mai 1913 auf dem Gelände der Messingwerk-Siedlung bei Eberswalde entdeckten spätbronzezeitlichen Goldfund. Der Seniorchef der Messingwerk-Gesellschaft Aron Hirsch war nach der Zahlung eines Fin- derlohns an die beteiligten Arbeiter zum Alleineigentümer geworden. Er plante, den Schatz der Vorgeschichtlichen Sammlung in Berlin zu übergeben und Schuchhardt das alleinige Publikationsrecht einzuräumen. Zwischenzeitlich ließ sich Wilhelm II. die Fun- de ins Berliner Stadtschloss bringen. Kossinna war es gelungen, den Fundkomplex noch vor dem Abtransport nach Berlin aufzunehmen.93 Noch 1913 kam er Schuchhardt mit seiner Veröffentlichung „Der Goldfund vom Messingwerk bei Eberswalde und die golde- nen Kultgefäße der Germanen“94 zuvor und begründete sein zwielichtiges Vorgehen wie- derum mit Schuchhardts angeblicher Inkompetenz. In engem Bezug zu seinem 1912 er- schienenen programmatischen Werk „Die deutsche Vorgeschichte eine hervorragend nationale Wissenschaft“95 beschrieb Kossinna den spätbronzezeitlichen Depotfund als Zeugnis „uralter germanischer Kulturhöhe“. Erst im Folgejahr erschien Schuchhardts prächtige, vom Kaiser geförderte Publikati- on zum Eberswalder Goldfund (Abb. 7).96 Zu dessen chronologischer und kulturge- schichtlicher Einordnung hatte sich der Museumsdirektor aber bereits wenige Tage nach der Auffindung mit einem Vortrag vor der „Berliner Gesellschaft für Anthropolo- gie, Ethnologie und Urgeschichte“ geäußert.97 Die Einschätzung, dass es sich um den 7 Der spätbronzezeitliche Gold- Schatz eines hochstehenden Semnonen aus der Zeit des 7. oder 8. Jahrhunderts v. Chr. fund von Eberswalde, 10. Jahrhun- handelt, vertrat Schuchhardt auch in seinem 1914 vorgelegten Prachtband.98 Die heftige dert v. Chr. (nach Schuchhardt Schuchhardt 1928 im Vorwort seiner „Vorgeschichte von Deutschland“ seine Intention: Schlacht um die Interpretation des Schatzes wurde nicht nur auf fachlicher Ebene, son- 1914). Nach seiner Entdeckung im „Eine richtige Vorgeschichte von Deutschland fehlt uns. Die sich so oder so ähnlich dern ebenso in der Öffentlichkeit geführt. Selbst der sonst so besonnene Schuchhardt Jahre 1913 wurde der Schatz Ge- nannten, sind durchweg Vorgeschichten der Germanen, womöglich in chauvinistischer genstand eines erbitterten Streits war aus der Fassung geraten. Die öffentlich ausgetragene Antipathie hielt letztlich bis zwischen Gustaf Kossinna und Carl Auffassung.“100 Im Zusammenhang mit dem Goldfund von Eberswalde fand die Unter- zum Tod Kossinnas im Jahre 1931 an.99 Mit deutlichem Bezug auf Kossinna begründete Schuchhardt. suchung Kossinnas keine Erwähnung.

520 521 Das ResümEe der Ära Schuchhardt

Schuchhardt schied 1925 altersbedingt aus dem Amt. Dem Kreis um den Klassischen Archäologen Alexander Conze (1831–1914) zugehörig, hat er nie völkische Vorgeschichts- forschung betrieben und das völkische Lager auch vom Museum fernhalten können, wozu wohl nicht unerheblich sein persönlicher Konflikt mit Kossinna beitrug. Er war ein Mann des Kaiserreichs mit deutsch-nationaler Gesinnung, die seinen weiten geistigen Horizont nur bedingt einschränkte. Schuchhardt verfügte in Fachkreisen über ein ein- flussreiches Netzwerk jenseits des völkischen Lagers. Vom Generaldirektor der Königli- chen, seit 1918 Staatlichen Museen zu Berlin protegiert und mit engen Beziehungen zum archäologiebegeisterten Kaiser Wilhelm II., kam er während seiner Berliner Amtszeit immer wieder in den Genuss großzügiger Förderungen, die ihm ausgedehnte Studienrei- sen, Ausgrabungen und nicht zuletzt spektakuläre Neuerwerbungen für seine Vorge- schichtliche Abteilung ermöglichten.101 Die Berliner Sammlung gewann unter Schuch- hardt ein ausgeprägtes europäisches Profil, und mit dem Umzug in das ehemalige Kunstgewerbe-Museum (Martin-Gropius-Bau) im Jahre 1922 konnte der Direktor das Po- tenzial der reichen überregionalen Sammlung mit der umfassenden und vergleichenden Darstellung der Kulturgeschichte Europas erstmals ausschöpfen (siehe Abb. 11).102 Im wissenschaftlichen Impetus standen die Mitarbeiter dem Direktor nicht nach. Ihre dem Lager der Klassischen Archäologen, unter Vernachlässigung des Naheliegenden im- Ausgrabungen auf dem Balkan und in Südrussland bereicherten die Sammlung, und mit 8 Blick in die Sonderausstellung mer gleich „zu seinem geliebten Auslande“ abschweifen würde.104 Max Ebert, bis 1919 am umfassenden Materialvorlagen schuf vor allem Hubert Schmidt bis heute wichtige Stan- „Frühgermanische Kunst“ mit 9 Auszug aus dem Hauptkatalog Berliner Museum, gab seit 1924 das 14-bändige „Reallexikon der Vorgeschichte“ heraus dardwerke.103 Seit 1907 lehrte Schmidt zunächst als Privatdozent, später als außerordent- Schmuck aus der Sammlung der Vorgeschichtlichen Abteilung und war von 1927 bis zu seinem frühen Tod im Jahre 1929 Ordinarius an der Berliner Diergardt. Raffael-Tapeten-Saal des des Museums für Völkerkunde: licher Professor an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität, was dem dort seit 1902 Kaiser-Friedrich-Museums (heute Einträge zu Objekten aus der 1913 Friedrich-Wilhelms-Universität, wo er gegen den ausdrücklichen Willen Kossinnas des- mit einer Professur ausgestatteten Kossinna durchaus missfiel, da Schmidt, ebenfalls aus Bode-Museum), 1914–1930. angekauften Sammlung Boulanger. sen Nachfolge angetreten hatte. Alfred Götze stand in einem schwierigen Verhältnis zu

522 523 Schuchhardt, was ihn wohl in die Arme von Kossinna und seiner „Gesellschaft für deut- nisse prägen, mit denen der neue Direktor während seiner 20-jährigen Amtszeit konfron- sche Vorgeschichte“ trieb, ohne dass Götzes wissenschaftliches Werk besonders vorder- tiert war.111 Seine programmatischen Äußerungen unterscheiden sich kaum von den gründig von dieser Ausrichtung geprägt wurde.105 Zielen seines Vorgängers. Auch er war bestrebt, mit der Schausammlung „die Kulturent- Dass während Schuchhardts Amtszeit am Museum eine bedeutende Sammlung ger- wicklung und die Völkerbeziehungen im vorgeschichtlichen Europa [...] deutlich zu ma- manischen Schmucks der Völkerwanderungszeit und des Frühmittelalters aus ganz Eu- chen“ und in diesem Sinne mit seiner Erwerbungspolitik bestehende Lücken im Bestand ropa aufgebaut werden konnte, war Götzes Verdienst. Er hatte den großen Sammler und auszufüllen.112 Ein leidenschaftlicher Museumsmann aber war Unverzagt wohl nie. Mäzen Johannes Freiherr von Diergardt (1859–1934) 1905 erstmals getroffen und seitdem Ebenso der Tradition Schuchhardts folgend, hatte sich Unverzagt der ostdeutschen Bur- eine Beziehung gefördert, die in den Folgejahren zu umfangreichen und wertvollen genforschung zugewandt. Die Erforschung vor- und frühgeschichtlicher Befestigungsan- Schenkungen sowie großzügigen finanziellen Unterstützungen führte.106 Diergardts Ziel lagen in der Provinz Brandenburg wurde bald zum Schwerpunkt seiner Tätigkeit. Die war es, die Entwicklung des Kunsthandwerks der Germanen in der Schausammlung des gesamteuropäische Ausrichtung des Berliner Museums trat dagegen während Unver- Berliner Museums zu dokumentieren. Auf eigenen Wunsch ging er als der „Ungenannte zagts Amtszeit zunehmend in den Hintergrund. Seine Bestrebungen, auch die Gönner“ in die Museumsgeschichte ein. Wegen des Platzmangels im Museum für Völker- kunde wurden die von Diergardt zusammengetragenen Schätze 1907 zunächst im Licht- hof des gegenüberliegenden Kunstgewerbe-Museums (Martin-Gropius-Bau) und seit Ende 1914 im Rahmen der Sonderausstellung „Frühgermanische Kunst“ im Raffael-Tape- ten-Saal des Kaiser-Friedrich-Museums (heute Bode-Museum) präsentiert, die auch nach dem Ersten Weltkrieg dort noch einige Jahre bestehen blieb (Abb. 8).107 Neben dem Funderwerb beteiligte sich Diergardt auch an der Finanzierung von Publikationsvorha- ben, Forschungsreisen und Ausgrabungsprojekten, darunter Alfred Götzes Werke über „Gotische Schnallen“ (1907) und „Die altthüringischen Funde von Weimar“ (1912) sowie dessen Ausgrabungen auf der Krim, aber auch die Untersuchungen Schuchhardts auf der Römerschanze bei Potsdam. Weitere umfangreiche und oftmals spektakuläre Neuzugänge prägten die Ära Schuch- hardt.108 So bot 1913 der Erwerb der Sammlung Boulanger mit ihren spätrömischen und merowingerzeitlichen Grabfunden aus Nordfrankreich (Abb. 9) eine hervorragende Er- gänzung zur Diergardtschen Sammlung, aber auch der Neandertaler von Le Moustier oder der umkämpfte Goldfund von Eberswalde zählten dazu. Schließlich gelang Schuchhardt mit dem letzten Akt seiner Amtszeit ein weiterer Sieg in der Auseinandersetzung mit Gustaf Kossinna, indem er 1926 den Klassischen Archäo- logen Wilhelm Unverzagt (1892–1971) als seinen Nachfolger im Amt des Museumsdirek- tors installieren konnte.109 Der um Kossinna in der „Gesellschaft für deutsche Vorge- schichte“ versammelte Kreis hatte „in einer scharfen Entschließung gegen dieses Rolle eines brandenburgischen Provinzialmuseums zu übernehmen, zeugen von diesem Ansinnen Stellung“ bezogen. Kossinna äußerte hierzu, „daß so etwas nun wirklich nicht Richtungswechsel.113 Die wahren Leidenschaften Unverzagts lagen eindeutig auf dem mehr an der Zeit sei, und daß es einen bedenklichen Mangel an Bildung offenbare, wenn Gebiet der Wissenschaftsorganisation und der Feldforschung. Seine modernen Burgwall- von seiten der Behörden der heimischen Vorzeit eine so geringe Bedeutung beigemessen grabungen in Brandenburg sind Meilensteine auf dem Gebiet der Siedlungsforschung. und die Kultur des östlichen Mittelmeers noch immer für die älteste und einzig wertvol- Kritischer werden heute seine kulturgeschichtlichen Interpretationen diskutiert, die er le gehalten werde“.110 im Zuge dieser Ausgrabungen entwickelte.114 Seine Position als Direktor konnte Unverzagt nur halten, indem er sich mit den Ver- hältnissen arrangierte und Kompromisse einging. Zweifellos ist es ihm gelungen, eine Spagat zwischen Wissenschaft und Taktik – politische Ausrichtung des Museums im Sinne des Nationalsozialismus weitgehend zu der neue Direktor Wilhelm Unverzagt 10 Alexander Langsdorff erläutert verhindern. Der Gleichschaltung der Altertumsverbände entging er 1934 durch den Aus- im Propagandafilm „Deutsche Ver- tritt seines Museums aus der „Gesellschaft für deutsche Vorgeschichte“, die in den Eine Kontinuität im Sinne der gesamteuropäischen Ausrichtung und der Abgrenzung gangenheit wird lebendig“ (1936) „Reichsbund für Deutsche Vorgeschichte“ unter der Führung von Hans Reinerth (1900– die Swastika-Symbolik auf einer vom völkischen Lager war mit der Berufung Unverzagts zunächst gegeben. Weltwirt- germanischen Urne des 1. Jahr- 1990) umgewandelt wurde, und 1935 durch den Austritt aus dem „Ostdeutschen Verband schaftskrise, Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg sollten dann aber die Verhält- hunderts n. Chr. für Altertumsforschung“, der nunmehr als „Arbeitsgemeinschaft für den deutschen

524 525 Osten“ dem Reichsbund angehörte.115 Wenn es um finanzielle Zuwendungen für sein Die seinerzeit in Berlin erschienene deutsch-nationale „Deutsche Zeitung“ druckte am Museum ging, gab Unverzagt jedoch durchaus vor, seinen „Teil zu dem großen nationa- 5. Januar 1927124 einen anonymen Leserbrief ab, in dem der Zustand der vorgeschichtli- len Erziehungswerk des Deutschen Volkes beitragen“ zu wollen.116 Auch propagandisti- chen Schausammlung kritisiert wurde. Mit Bezug auf die gerade neu gestalteten ethno- schen Aufgaben konnte er sich nicht vollständig entziehen, insbesondere nachdem sich logischen Abteilungen heißt es darin: „Die asiatische Abteilung prangt in einem ganz Alexander Langsdorff (1898–1946)117 seit 1934 als Kustos des Museums für Vor- und wundervollen Gewand [...]. Wie aber, wenn der Deutsche unter all diesem asiatischen Frühgeschichte mit der „Auswertung der Museumsbestände im Sinne des nationalsozia- Prunk Sehnsucht nach den Kulturerzeugnissen seiner Ahnen bekommt. Dann erfährt er listischen Bildungszieles“ befasste. Im Oktober 1935 begann in Gemeinschaft mit der zunächst, daß er noch einmal über die Straße hinweg in ein anderes Gebäude hinüber Reichsführung SS die Ausgrabung einer elbgermanischen Siedlung auf dem Bärhorst bei muß. Dort umfängt ihn sofort das Gegenteil von der eben beobachteten Gepflegtheit. Nauen, die 1936 zum Gegenstand des „volksbildend, staatspolitisch und kulturell wertvol- Keine übersichtliche Gruppierung, kein Streben zur Geschlossenheit des Eindrucks. Dort len“ Filmes „Deutsche Vergangenheit wird lebendig“ wurde, an dem Unverzagt und ein wenig, hier ein wenig, beinahe verschmelzend mit griechischem und asiatischem Langsdorff mitwirkten (Abb. 10).118 Als Paradebeispiel für die ideologische Instrumenta- lisierung der Archäologie markiert dieses inszenierte Propagandawerk den Tiefpunkt der Öffentlichkeitswirkung des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte während der Zeit des Nationalsozialismus.119 Unabhängig von aller Propaganda aber stehen die Ausgrabungen auf dem Bärhorst als erste planmäßige und großflächige Untersuchungen einer germanischen Siedlung am Beginn der modernen kaiserzeitlichen Siedlungsfor- schung in Deutschland.120 Auch auf den Ausgrabungen von Zantoch, Kliestow und fanden propagandis- tisch geprägte Veranstaltungen statt (Abb. 13). Die Einrichtung der Forschungsstelle Le- bus, von wo aus Unverzagt die Erforschung der befestigten Siedlungen und Burgen ent- lang der Oder vorantreiben wollte, erfolgte unter der Schirmherrschaft der Reichsführung SS. Der „dauernden Bekämpfung durch das Amt Rosenberg“ ausgesetzt, hatte sich Un- verzagt „in den Schutz“ des „Ahnenerbes“ begeben, und 1938 folgte er der Aufforderung zum Eintritt in die NSDAP.121

Pläne für die Schausammlung

Bereits 1926 hatte Unverzagt einen detaillierten Umbauplan für die Schausammlung der Vorgeschichtlichen Abteilung vorgelegt, der sowohl von der Generaldirektion als auch vom Kultusministerium gebilligt wurde. Unter Beibehaltung des von Schuchhardt kon­ zipierten kulturgeschichtlich vergleichenden, chronologischen Rundgangs plante Unver- zagt nach einer Einführung zu den zeitgenössischen Zielen und Methoden der Vorge- schichtsforschung die Zweiteilung der Säle: „Die erste Hälfte jedes Saales sollte an Hand von tabellarischen Übersichten, Karten, Modellen, Photographien usw. den gegenwärti- gen Stand des Wissens, über die jeweils dargestellte vorgeschichtliche Kultur zur An- schauung bringen, während die zweite Hälfte den Originalaltertümern vorbehalten war.“122 Ziel war es, in der Schausammlung „die Entwicklung der menschlichen Kultur in Europa und den Nachbargebieten [...] von den frühesten Anfängen in der Eiszeit bis auf die karolingische Zeit im Westen und den Beginn der Regermanisierung der Länder öst- lich der Elbe in einer allgemeinverständlichen, lehrreichen Weise zur Anschauung zu bringen“.123 Damit schloss man sich der alten Idee an, dass Mittel- und Osteuropa „ur- sprünglich“ germanisch besiedelt gewesen sei, obwohl die Ethnizität der bronze- und ei- 11 Plan der Schausammlung der Vorgeschichtlichen Abteilung im senzeitlichen archäologischen Kulturen auch in den 1920er Jahren nicht sicher zu be- Martin-Gropius-Bau (nach Gesamt- stimmen war. führer 1930).

526 527 Kulturgut. Im einzelnen unerhörtes, prächtiges Museumsgut, aber vernachlässigt in der Verwertung und Darbietung. Wer die Kniebeuge verlernt hat, kann sie vor diesen Glaskästen mit altgermanischen Grabresten wieder lernen. Vielleicht sind dann die kleinen Inhaltsangaben zu entziffern. Allerbestes steht in ständigem Halbdunkel, anderes hat überhaupt keine Bezeichnung. Kommt man Sonntags in dieses Museum, dann wird der köstlichste germanische Gold- schatz nicht gezeigt, weil der bewachende Wärter ausgerechnet an diesem Tag größten Besuches eingespart wird. Das sind unhaltbare Zustände. Wir Deutschen wissen alle viel zu wenig von der hohen Kultur unserer Vorfahren. Hier schlummert wertvollstes Aufklärungsmaterial [...]. Ich, als alter Besucher der Berliner Museen, kenne keines, das so vernachlässigt wäre, wie dieses, das uns am meisten am Herzen liegen sollte. Die Forderung also muß lauten: Schleunige Neuausgestaltung der Altgermanischen Abteilung des Völkerkundemuse- ums“.125 Das Kürzel „Prof. K. G.“ unter dem Leserbrief lässt vermuten, dass Gustaf Kossin- na hinter diesen Zeilen stand. Am 16. Januar 1927 erschien im selben Blatt126 eine ebenso anonyme Entgegnung mit dem Titel „Der Winkel des Völkerkunde-Museums. Endlich Neugestaltung der altgermanischen Abteilung“, die man Unverzagt zuweisen möchte.127 Der Text informiert über die Pläne zur Umgestaltung der Schausammlung der Vorge- schichtlichen Abteilung. Um endlich die notwendigen Mittel für die Umgestaltung zu erhalten, bediente sich Unverzagt durchaus der Argumente, die in der Öffentlichkeit eine Rolle gespielt hatten: „Es haben also jetzt die außereuropäischen Kulturen bis zu den fernsten und primitivsten Völkern hinab eine prächtige, wirkungsvolle Aufstellung er- fahren, während räumlich dicht daneben die nationalen Altertümer, die Denkmäler der eigenen Vergangenheit und des eigenen Landes der Öffentlichkeit weiterhin in einer Weise dargeboten werden, die bei dem Beschauer den Anschein erwecken muß, als ob sarmatischen, hunnischen und awarischen Altertümern.132 Währenddessen wurde 1931 diese Werke unserer eigenen Vorfahren hinter den Leistungen der exotischen Kulturen aus der Vorgeschichtlichen Abteilung des Museums für Völkerkunde das selbständige weit zurückständen und es nicht verdienten, dem Besucher würdig zur Schau gebracht Staatliche Museum für Vor- und Frühgeschichte. zu werden“.128 Die Umsetzung von Unverzagts Umbauplan scheiterte jedoch bald an den fehlenden Finanzmitteln. Als Folge blieb das Schuchhardtsche Konzept von 1922 weitgehend un- „Germanischer Schmuck“ verändert bis zum Beginn der Luftschutzmaßnahmen 1941 bestehen (Abb. 11). Kleine Veränderungen sind im Einzelnen heute nicht mehr nachweisbar. Größere Umstellun- Sieht man von dem im politischen Auftrag für das Außenamt der Staatlichen Museen gen gab es zwischen 1931 und 1936 zumindest in den Sälen 18 bis 21. 1931 eröffnete Un- tätigen Alexander Langsdorff ab, so hatte Unverzagt während seiner Amtszeit nur einen verzagt den neu gestalteten Saal 21 mit völkerwanderungszeitlichem Gold- und Silber- einzigen Kustos zur Seite, den gebürtigen Österreicher Wilhelm Albert Ritter von Jenny schmuck aus der Sammlung Diergardt.129 Die als Leihgaben des „Ungenannten Gönners“ (1896–1960), der in Wien Urgeschichte, Anthropologie, Ethnologie, Klassische Archäolo- präsentierten Schätze mussten allerdings schon drei Jahre später durch unglückliche gie, Kunstgeschichte, Alte Geschichte und Philosophie studiert hatte.133 Seit 1929 machte Umstände nach Köln abgegeben werden.130 Daraufhin kam es im Saal 21 zur Neuaufstel- Jenny seiner Position als „Bewahrer der Sammlung“ alle Ehre. Dass das Museum für Vor- lung der wikingischen, slawischen und deutschen Funde, die im November 1936 für die und Frühgeschichte seine gesamteuropäische Ausrichtung auch während der Ära Unver- Besucher eröffnet wurde.131 Hier verwirklichte Unverzagt sein Konzept, die Originalfun- zagt beibehielt, ist wohl zu einem großen Teil dem Wirken von Jenny zu verdanken. de durch tabellarische Übersichten, Karten und bildliche Darstellungen besser zur An- Während sich Unverzagt seinen Ausgrabungs- und Forschungsprojekten in der Provinz schauung zu bringen (Abb. 12). Die wikingischen und slawischen Funde waren zuvor aus 12 Umgestaltung Wilhelm Unver- Brandenburg zuwandte, führte sein Kustos die Geschäfte im Museum. Jenny war es, der Saal 18 und 20 entnommen und durch neues slawisches und deutsches Material aus den zagts in der Dauerausstellung des die wissenschaftliche Dokumentation der Bestände, die Magazinierung und die Einrich- Unverzagtschen Ausgrabungen in der Provinz Brandenburg ergänzt worden. Im Zuge Museums für Vor- und Frühge- tung der Studiensammlung mit Unterstützung wechselnder Hilfskräfte vorantrieb. Er schichte im Martin-Gropius-Bau: dieser Umstellungen kam es bis 1937 auch zur Verlagerung des Goldsaals, der Edelmetall- Zantoch-Vitrine in Saal 21, um dürfte seinerzeit der beste Kenner der Bestände des Museums gewesen sein. Darauf funde aller Perioden enthielt, nach Saal 20 und zur Neugestaltung des Saals 19 mit 1937. konnte Unverzagt bei seiner Erwerbungspolitik, mit der er gezielt Bestandslücken schlie-

528 529 ßen und somit die Darstellung der gesamteuropäischen Vor- und Frühgeschichte vervoll- ständigen wollte, zurückgreifen. Die Bearbeitung und Publikation der Neuerwerbungen überließ er weitgehend Jenny. Dessen Publikationsliste zeigt, dass er diese Freiheiten gerne nutzte.134 Seinen Verpflichtungen als Kustos folgend, widmete sich Jenny zunächst allen vor- und frühgeschichtlichen Perioden. Seine speziellen Forschungsinteressen während der Berliner Zeit waren dagegen stark kunsthistorisch orientiert und konzentrierten sich ne- ben der Hallstatt- und Latène-Kultur hauptsächlich aber auf das Kunsthandwerk der Völ- kerwanderungszeit und des Frühmittelalters. Davon zeugen seine Buchveröffentlichun- gen dieser Jahre: „Germanischer Schmuck des frühen Mittelalters“ (1933), „Keltische Metallarbeiten aus heidnischer und christlicher Zeit“ (1935), „Germanische Frühkunst“ (1937), „Die Kunst der Germanen im frühen Mittelalter“ (1940, 2. Auflage 1943). Ein Blick in diese Werke zeigt, dass Jenny sich mit dem Thema des frühmittelalterlichen Kunst- handwerks weitgehend kunsthistorisch und selbst bis in die frühen 1940er Jahre fernab der nationalsozialistischen Ideologie beschäftigte. Für ihn standen die Ästhetik und Ty- pologie der Werke der Goldschmiedekunst aus verschiedenen Zeiten und Ländern im Vordergrund. Dem Vergleich von Zierformen und kunsthandwerklichen Techniken so- wie der Beschreibung der Herstellungstechnik der einzelnen Objekte schenkte er beson- deres Augenmerk. Darauf basieren seine Ausführungen zur Kulturgeschichte der germa- nischen Stämme sowie der Ursprünge und der Entwicklung der germanischen Kunststile.135 Dass Jenny damit das Berliner Museum frühzeitig thematisch an einen europäischen Diskurs band, zeigt eine Kooperation mit England. Als der Burlington Fine Arts Club in London 1930 die bis zu diesem Zeitpunkt einzigartige Sonderausstellung „Art in the Dark Ages in Europe“ mit Leihgaben aus ganz Europa und den USA präsentierte, betei- ligte sich die Berliner Sammlung mit einer hochkarätigen Auswahl völkerwanderungs- und merowingerzeitlicher Funde, darunter der Goldfund von Velp, Goldschmuck aus Weimar und das Schwertfragment von Gutenstein.136

Slawen und Deutsche – Vorbehalte gegen den zum Teil als Slawenforscher titulierten Unverzagt mögen dabei die Provinz Brandenburg als Forschungsschwerpunkt137 eine Rolle gespielt, aber nicht den hauptsächlichen Anlass gegeben haben. Nachdem es Unverzagt 1938 gelungen war, mit der Forschungsstelle Lebus ein Zentrum für die Erfor- Mit Unverzagts Namen sind besonders die groß angelegten Plangrabungen in Lossow schung der Vor- und Frühgeschichte des mittleren Odergebiets als Außenstelle des Berli- (1926–1929)138, Reitwein (1930), Zantoch (1932–1934)139 (Abb. 13), Kliestow (1936–1938) ner Museums für Vor- und Frühgeschichte zu schaffen, konnte er von dort aus seine und Lebus (1938–1944) verbunden. Hinzu kam die große Siedlungsgrabung von Nauen- Untersuchungen fortsetzen. Bärhorst (1935–1938). Als Nachfolger von Alfred Götze wurde Unverzagt 1932 außerdem In einer vertraulichen Aufzeichnung, die am 26. April 1937 dem Reichserziehungs- zum Staatlichen Vertrauensmann für kulturgeschichtliche Bodenaltertümer in der Pro- mi­nister Bernhard Rust übermittelt worden war, hatte Unverzagt die Dringlichkeit deut- vinz Brandenburg ernannt und übernahm mit seinem Museum zunehmend die Funktion scher Forschungen zur Geschichte des Landes Lebus als Antwort auf die „politische Ten- eines brandenburgischen Provinzialmuseums. Bestrebungen des Brandenburgischen Pro- denzforschung in einseitig polnischem Sinne“ ausführlich erläutert. Ziel der deutschen vinzialverbandes zur Gründung eines eigenständigen Provinzialmuseums in Potsdam Untersuchungen sollte es sein, den altgermanischen Charakter des Landes durch weitere fanden in Unverzagt einen erbitterten Gegner. Zusammen mit der Tatsache, dass er gegen- 13 Führung von Wilhelm Unver- Ausgrabungen zu bestätigen und zusätzliche Belege für den erbitterten Widerstand der über der Provinz Brandenburg besonders häufig von dem Recht des Berliner Museums zagt (links) anlässlich der Feierstun- Westslawen gegen die Expansionsbestrebungen des im 10. Jahrhundert gegründeten pol- de zur Eröffnung der Ausgrabung auf alle Funde von fiskalischem Terrain Preußens Gebrauch machte, führten diese Ausei- auf dem Schlossberg von Zantoch nischen Reichs aufzuspüren. Die polnische Darstellung, „dass alle slawischen Stämme nandersetzungen 1938 zu seiner Absetzung als Staatlicher Vertrauensmann. Politische am 29. Mai 1934. bis zur Elbe im polnischen Reich ihren Rückhalt gegen die Deutschen gesehen hätten“,

530 531 könne so eindeutig widerlegt werden. Die Forschungsstelle sei somit „für den Deutsch- entscheidend durch die Ausrichtung der jeweiligen Direktoren, aber auch den allgemei- tumskampf im Osten von hervorragender kulturpolitischer Bedeutung“.140 nen Forschungsstand der Prähistorischen Archäologie geprägt waren, auf Konzepte zur Lebus war auch Ort einer intensiven, vom NS-Regime geförderten Öffentlichkeitsar- komplexen und vergleichenden Darstellung der preußischen und später gesamteuropäi- beit. So berichtete Unverzagt über den Schulungs- und Führungsbetrieb, unter anderem schen Kulturgeschichte der Vor- und Frühzeit. Auch in der Außenwirkung für das allge- für die NSDAP, die Wehrmacht und den Reichsarbeitsdienst.141 Ein einleitender Dia-Vor- meine Publikum war der Fokus nie vordergründig auf die Geschichte der Germanen ge- trag war hierzu erarbeitet worden, der „Fragen der Vor- und Frühgeschichte des deut- richtet. Das betrifft vor allem die Präsentationen der Sammlungsbestände in den schen Ostraumes“ und des „kulturpolitischen Ringens um dieses Gebiet“ thematisier- Dauerausstellungen von 1837 im Schloss Monbijou, 1855 im Vaterländischen Saal des te.142 Mit Kriegsbeginn verfügte der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin Neuen Museums, 1886 und 1908 im Museum für Völkerkunde und schließlich ab 1922 im zunächst den Abbruch der Ausgrabungen in Lebus und die Stilllegung der Forschungs- Martin-Gropius-Bau sowie die zugehörigen Sammlungsführer. Darüber hinaus lässt sich stelle. Im Ergebnis einer Eingabe Unverzagts an das Reichserziehungsministerium wur- von einer weiter greifenden Öffentlichkeitsarbeit wohl erst ab den 1930er Jahren reden. de diese Entscheidung jedoch schon im Oktober 1939 „aus nationalpolitischen Gründen“ Das umfassend propagandistisch ausgelegte Programm der Jahre nach 1933 bediente zurückgenommen.143 dann tatsächlich vordergründig die geforderte Germanenverehrung. Von Hause aus war Unverzagt nationalbewusst und bürgerlich-konservativ, aber ge- Die Frühzeit der Sammlungsgeschichte unter Leopold Freiherr von Ledebur war ge- wiss kein Anhänger der Nationalsozialisten. Konnte er seine Projekte im Rahmen der prägt durch das unerfüllte Streben nach einer ethnischen Zuordnung des archäologi- Wissenschaftsorganisationen der Weimarer Republik zunächst noch weitgehend ohne schen Fundmaterials, wobei eine germanische Ansprache nicht unbedingt en vogue war. Verstrickung in den politischen Apparat vorantreiben, so passte er sich nach der natio- Mit der Ausgestaltung des Vaterländischen Saals stand das Museum in der Mitte des nalsozialistischen Machtergreifung allerdings sehr schnell den neuen Verhältnissen an. 19. Jahrhunderts dann doch einmal im Zentrum der Germanenrezeption. Die innovative Im Rahmen seiner Bemühungen um Unterstützung für seine überwiegend aus Drittmit- bildliche Darstellung von Szenen der nordischen Mythologie war nicht nur Diskussions- teln finanzierten Ausgrabungsprojekte bediente er sich umstandslos der Argumentation thema in akademischen Kreisen, sondern prägte das Germanenbild einer breiteren Öf- der nationalsozialistischen Ideologie und stellte seine Forschungsergebnisse in den fentlichkeit. Die bis in die 1870er Jahre nach dem Ledeburschen Analogiekonzept präsen- Dienst der offiziellen Propaganda. Wie alle deutschen Prähistoriker, die weiterhin unbe- tierte Sammlung stand durch die umlaufenden Wandgemälde vollständig im Kontext einträchtigt im Amt verbleiben und gefördert werden wollten, meinte er sich dabei für der altgermanischen Kultur, zumindest dürfte dies der Eindruck des Laienpublikums eines der beiden konkurrierenden Lager der nationalsozialistischen Vorgeschichtsfor- gewesen sein. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts setzte die naturwissenschaftlich- schung, das Amt Rosenberg oder Himmlers SS-„“, entscheiden zu müssen.144 evolutionistisch ausgerichtete Generation zunächst auf solide Basisarbeit, um auf der Ob Unverzagt lediglich aus taktischen Gründen versuchte, den NS-Apparat für seine Grundlage ausgedehnter Sammel- und Dokumentationsaktivitäten den Nachfolgern das Zwecke zu instrumentalisieren, oder ob er sich nicht doch mehr und mehr mit seiner Feld für kulturgeschichtliche Interpretationen zu bereiten. Carl Schuchhardt verfolgte Rolle identifizierte, ist freilich schwer zu entscheiden. Der wissenschaftliche Ertrag sei- seit 1908 eine vergleichende Darstellung der Kulturgeschichte „Alteuropas“, wobei er be- ner Kooperation mit dem NS-Regime ist zwiespältig. Zwar gelang es ihm immer wieder züglich ethnischer Fragen zunächst noch zurückhaltend agierte, ab den 1920er Jahren finanzielle Mittel und Unterstützung einzuwerben, mit denen er Rettungsgrabungen zu aber zunehmend angreifbare Thesen verbreitete. Er stand im deutlichen Gegensatz zum systematischen Feldforschungen auszuweiten vermochte. Der disziplinäre Gewinn lag erstarkenden völkischen Lager, das dem Berliner Museum allzeit eine mangelnde Kon- dabei aber eher in der Weiterentwicklung des technischen Ausgrabungsmanagements zentration auf die germanische Kultur vorwarf. Auch Wilhelm Unverzagt war damit an- und in umfangreichen Dokumentationsmaßnahmen als in der Auswertung der Gra- getreten, die Kulturentwicklung und die Völkerströmungen im vorgeschichtlichen Euro- bungsergebnisse. Die archäologischen Befunde dienten Unverzagt vordergründig zur pa in den Mittelpunkt der Museumsarbeit zu stellen; ein Anspruch, den im Verlauf Untermauerung seinerzeit gängiger Thesen, darunter der „primitive Charakter“ der sla- seiner Amtszeit überwiegend Wilhelm von Jenny aufrechterhielt. Der Direktor konzent- wischen Alltagskultur, die prägenden „nordgermanischen Einflüsse“ auf die Slawen und rierte sich zunehmend auf seine Feldforschungen in Brandenburg und taktische Manö- das wechselhafte Schicksal des „deutschen Ostens“.145 ver im Umgang mit den Vertretern des Nationalsozialismus. Gegenüber der Staatsgewalt und bezüglich der Öffentlichkeitsarbeit am Museum bediente er das Geforderte, indem er die Sprache der Mächtigen anwandte und eben auch die altgermanische Kulturhöhe Die Germanenfrage in den ersten 150 Jahren der Museumsgeschichte – propagierte. ein Fazit

Eine intensive Germanenforschung, wie sie etwa von Gustaf Kossinna und seinem Kreis betrieben wurde, verfolgte man am Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte zu keiner Zeit. Das Thema war nie Schwerpunkt des musealen und wissenschaftlichen Wir- kens dieser Institution. Stattdessen konzentrierte man sich in allen Perioden, die

532 533 Anmerkungen 34 Bertram 2011a, 99–100. 35 Dorgerloh 1987, 27–29; Heinecke 2011, 250–253. 1 Bastian 1878, IV. 36 Bellermann 1987. 2 Die Brüche, Verluste und Sonderwege, die das Schicksal der zerrissenen Sammlung im geteil- 37 Zu weiteren Opfersteinen auf Rügen: Schmidt 2001, 38–44. ten Berlin zwischen 1945 und 1990 bestimmten, führten dazu, dass das Museum erst nach der 38 Lübke 1852, 110. Wiedervereinigung an seine Traditionen anknüpfen konnte und allmählich zu seiner bedeu- 39 Bastian 1878, V. tenden Rolle bei der Erforschung und Darstellung der vor- und frühgeschichtlichen Kulturen 40 Virchow 1874, VII. Europas zurückfand. Dieser Mangel an Kontinuität und die bislang noch wenig erforschte Ide- 41 Jankuhn 1986, 298–301. en- und Institutionengeschichte der Prähistorischen Archäologie in der zweiten Hälfte des 42 Saherwala u. a. 2002. 20. Jahrhunderts waren Anlass für die Begrenzung der vorliegenden Ausführungen auf den 43 Lubbock 1865. Zeitraum bis 1945. 44 Virchow 1874, VII. 3 Wichtige Anregungen verdanke ich Susanne Grunwald. 45 Bertram 2002a. 4 Krauss 2004/05; Dolezel 2019, 142–154. 46 Wiwjorra 2006, 222–245; Fehr 2010, 111–113. 5 Krauss 2004/05 3. 47 Exemplarisch kann hierzu die Schädelserie vom fränkischen Gräberfeld Alsheim (Rheinhes- 6 Ebd. 5. Zur Diskussion um die geographische und chronologische Einordnung von Slawen und sen) genannt werden, die zwar überwiegend dolichocephale, aber auch meso- und brachycepha- Germanen: Wiwjorra 2006, 151–169. le Schädelformen aufweist: Virchow 1877; Mehlis 1877; Virchow 1881. Vgl. auch Vasold 1988, 7 Vogtherr 1997; Wezel 2003, 19–37. 315–319; Goschler 2002, 326–345; Brather 2004, 22–24; Schönholz 2013, 199–212. 8 Johannsen 2001; Bertram 2004/05a, 32. 48 Gärtner 2004/05. 9 Krauss 2004/05, 5. 49 Lewerentz 2004/05. 10 Levezow 1825, 7; 30–34. 50 Gärtner 2004/05, 85–87; Lewerentz 2004/05, 113–118. Vgl. auch Beitrag Grunwald/Hofmann in 11 Ebd. 12–19. diesem Band. 12 Hirt 1803. 51 Führer 1882, 143. 13 Levezow 1825, 14–15. 52 Junker 2004/05, 430–432. 14 Ebd. 35–40. 53 Katalog 1880; Lewerentz 2004/05, 118–120. 15 Wehry 2016. 54 Kühn 1976, 213–229. 16 Ledebur 1838, IV–V. 55 Vgl. Beitrag Grunwald/Hofmann in diesem Band. 17 Vogtherr 1997, 13–23; Wezel 2003, 19–37. 56 Lindenschmit 1860, 101. 18 Vogtherr 1997 220. 57 Lindenschmit/Lindenschmit 1848. 19 SMB-PK, ZA I, KKM 34, 223/30, Bl. 15–22; 29–33. Vgl. Transkription H. Junker in: Bertram 58 Panke 1998; Frey 2009; Ament 2009; Fehr 2010, 177–178; 191–208. 2004/05a, 63–68 = Dokument 3. 59 Bertram 2007. 20 SMB-PK, ZA I, KKM 35, 126/33, Bl. 65–66. Vgl. Transkription Junker, in: Bertram 2004/05a, 60 Naue 1889; Lindenschmit 1900, Taf. 29; Garscha 1939; Bertram 2010. 71–73 = Dokument 5. 61 Bertram 2002b. 21 Zur ethnischen Interpretation im nationalen Diskurs: Brather 2004, 16–19. 62 Götze 1912; Menghin 2007, 380–402. 22 Bertram 2004/05a, 35–43. 63 Führer 1882, 145. 23 Bertram 2004/05a, 43–45. 64 Ebd. 141. Zu den diesbezüglichen Verhandlungen: Lewerentz 2004/05, 109–110. 24 Ledebur 1838, IX. 65 Voß 1894, 5–6; Bastian/Voß 1878, IX. Vgl. auch Gärtner 2004/05, 100–102. 25 Ledeburs Verwaltungsbericht für das Jahr 1836 – SMB-PK/ZA I, KKM 36, 9/37, Bl. 79. 66 Voß 1894, 6–10. 26 Olearius 1701, 16; Beckmann 1710, 28; Ledebur 1838, 159–161; Krauss 2004/05, 13–15; Wehry 67 Bastian/Voß 1878. 2016. 68 Bastian 1878, III–IV. 27 Wezel 2003. 69 Ebd. VII; X. 28 Spätestens 1886 nach dem Umzug der Prähistorischen Sammlung in das neu erbaute Museum 70 Menghin 2004/05b, 160. für Völkerkunde wurde die Bezeichnung „Vaterländischer Saal“ wieder geläufiger. Aber auch 71 Leube 2011, 26–34. zuvor hatte sie parallel weiter bestanden. Vgl. z. B.: Löwe 1868, 17. 72 Führer 1908; Führer 1913. 29 Bertram 2011a. 73 Schuchhardt an Bode, 27. Januar 1908. Zitiert nach Menghin 2004/05b, 128. 30 Wiwjorra 2006, 66–74. 74 Vgl. Grunwald/Hofmann in diesem Band. 31 Grundlegend hierzu: Gummel 1938, 110–208; Kühn 1976, 36–83. 75 Grünert 2002, 161; Menghin 2004/05b, 131–132. 32 Vgl. Beitrag M. Wemhoff in diesem Band. 76 Jankuhn 1986, 298–301. 33 Zur Diskussion um das Dreiperiodensystem: Bertram 2011a, 96–99. 77 „Alteuropa“, 1919–1944 in fünf Auflagen erschienen. Dem Zeitgeist folgend wechselten die

534 535 Untertitel: „in seiner Kultur- und Stilentwicklung“ (1919), „Eine Vorgeschichte unseres Erdteils“ 120 Meyer 2006, 283–284; Bertram 2013, 359–361. (1926), „Kulturen – Rassen – Völker“ (1935), „Die Entwicklung seiner Kulturen und Völker“ 121 Fragebogen zur Feststellung der politischen Zugehörigkeit zum Nationalsozialismus vom 30. (1941; 1944). – „Vorgeschichte von Deutschland“, 1928–1943 in fünf Auflagen erschienen, seit Juli 1945. Archiv BBAW, Akademieleitung, Personalia, Nr. 467. 1939 in der Reihe „Geschichtswerk für höhere Schulen“. 122 Unverzagt/Jenny 1935, 2. 78 Jacob-Friesen 1928, 233. 123 Unverzagt 1927a, 49; Unverzagt 1927b, 46. 79 Grünert 2002, 183. 124 Deutsche Zeitung Nr. 3b vom 5. Januar 1927, Abendausgabe, Beilage. 80 Schuchhardt 1935, VII; 320–321; Jankuhn 1986, 307; Leube 2011, 30. 125 Zit. nach Mannus 19, 1927, 222. 81 Schuchhardt 1909b; Schuchhardt 1909c. Diesen Hinweis verdanke ich Benjamin Wehry. 126 Deutsche Zeitung Nr. 13a vom 16. Januar 1927, Morgenausgabe, Beilage. 82 Zitate nach Schuchhardt 1935, VII. 127 Dafür gibt es keine direkten Belege. Im selben Jahr veröffentlichte Unverzagt aber eine Darstel- 83 Grünert 1987. lung ähnlichen Inhalts im „Nachrichtenblatt für deutsche Vorzeit“ (Unverzagt 1927a, fast 84 SMB-PK/MVF, IA 20; Schuchhardt 1909d; Schuchhardt 1944, 281–287; Meyer 2006, 277–279. gleichlautend: Unverzagt 1927b). Kossinna behauptete, dass er – aufgrund seiner „unvoreinge- 85 SMB-PK/MVF, IA 26, Bd. 1–2; Agahd 1911. nommenen Denkart“ – geplant hatte, die Entgegnung aus der Deutschen Zeitung ebenfalls im 86 Grünert 2002, 184; Wesuls 2010; Griesa 2013. „Mannus“ abzudrucken. Er habe darauf jedoch wegen des Textes im „Nachrichtenblatt“ ver- 87 Menghin 2004/05b, 145–147; Bertram 2011b; Neumayer 2014. zichtet. 88 Meyer 2006, 278. 128 Unverzagt 1927b, 47. 89 Schuchhardt 1909d, 237. 129 Berliner Mus. Ber. 52, 1931, 47. 90 Bertram 2004/05c, 362–364; Kaufmann 2006, 174–175. 130 Neumayer 2002, 100–106; Wemhoff 2017b. 91 Grünert 2002, 174–179; Menghin 2004/05b, 135–138. Vgl. auch Beitrag Grunwald/Hofmann in 131 Berliner Mus. Ber. 57, 1936, 18. diesem Band. 132 Führer 1937, 54–55. 92 Grünert 2002, 173. 133 Wilhelm Jenny, Lebenslauf, o. D.; SMB-PK/MVF, H-4a, MVF 1995/26; Bertram 2004/05b, 171–173. 93 Ebd. 179–181; Menghin 2004/05b, 137; 143–145. 134 Gesamtverzeichnis der Schriften in: Biographisches Lexikon 1957, Losebl. o. Pag. (Jenny Wil- 94 Kossinna 1913. helm Albert). 95 Kossinna 1912. 135 Vgl. die Einführungskapitel zu Jenny/Volbach 1933 und Jenny 1943. 96 Schuchhardt 1914. 136 Catalogue 1930. 97 Schuchhardt 1913. 137 Bertram 2004/05c; Bertram 2013. 98 Schuchhardt 1914, 51. 138 Beilke-Voigt 2010; Griesa 2013. 99 Grünert 2002, 180–184; Schuchhardt, 1944, 288–289. 139 Grunwald 2009; Grunwald 2012. 100 Schuchhardt 1928, III. 140 SMB-PK/MVF, IA 41, Bd. 1, 438/37. 101 Menghin 2004/05b. 141 Liste der Führungen und Vorträge 1938/39 vom 21. April 1939, aufgestellt von Max Muth; Un- 102 Führer 1922. verzagt an Reichserziehungsminister am 3. Mai 1939 mit Liste der Gliederungen, Gruppen und 103 Schmidt 1902; Schmidt 1932. Verbände, die die Forschungsstelle und die Grabungen besuchten, in: SMB-PK/MVF, IA 41, Bd. 104 Grünert 2002, 160–162. 2, 91/39. 105 Ebd. 160–162; 286–287; Menghin 2004/05b, 151–156. 142 Unverzagt 1941, 247. 106 Wemhoff 2017b. 143 Generaldirektor der SMB an Unverzagt am 21. September 1939; Unverzagt an Generaldirektor 107 Frühgermanische Kunst 1915. der SMB am 22. September 1939; Unverzagt an Hiecke am 23. September 1939; Hiecke an 108 Menghin 2004/05b, 138–160. Generaldirektor der SMB am 6. Oktober 1939 – SMB-PK/MVF, IA 41, Bd. 2, 91/39. 109 Unverzagt war bereits seit 1925 als wiss. Hilfsarbeiter bzw. Kustos und kommissarischer Leiter 144 Bollmus 2006; Kater 2006; Halle 2002, 21–36; Leube 2011; Koop 2012; Leube 2013. Interessant am Museum angestellt. ist in diesem Zusammenhang der exemplarische Vergleich der Verhaltensmuster und Lebens- 110 Nachrbl. Dt. Vorzeit 1, 1925, 5. wege von zehn Prähistorikern mit einer Karriere ab ca. 1920, darunter Wilhelm Unverzagt: 111 Bertram 2004/05b. Pape 2001. 112 Vgl. z. B. Gesamtführer 1930, 286–287. 145 Brather 2001b, 484–494. 113 Bertram 2004/05c. 114 Grunwald 2009; Grunwald 2012. Abkürzungen: 115 Unverzagt 1985, 38. KKM Kunstkammer 116 Unverzagt/Jenny 1935, 15. MVF Museum für Vor- und Frühgeschichte 117 Legendre 2016; Fuhrmeister 2019, 242–264. PK Preußischer Kulturbesitz 118 Berliner Mus. Ber. 57, 1936, 19; 83–84. SMB Staatliche Museen zu Berlin 119 Stern 2002, 224–226; Savoy 2014, 92–95. ZA Zentralarchiv

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