Zur Geschichte Des Museums Für Vor- Und Frühgeschichte Festvortrag Des

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Zur Geschichte Des Museums Für Vor- Und Frühgeschichte Festvortrag Des Zur Geschichte des Museums für Vor- und Frühgeschichte Festvortrag des Direktors des Museums für Vor- und Frühge­ schichte, Wilfried Menghin Ich freue mich sehr, dass Sie der Einladung zum Fest­ akt anlässlich des 175-jährigen Bestehens des Muse­ ums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz so zahlreich gefolgt sind. Meinen Vorrednern danke ich ganz herzlich für die würdigenden Worte, die sie zu diesem Anlass für unser Museum und seine Akteure gefunden haben. Zu vielen Aspekten der Museumsgeschichte ist schon Wesentliches gesagt worden und man könnte versucht sein, sich wieder einmal auf Karl Valentin und seinen Spruch „Eigentlich ist schon alles gesagt, aber noch nicht von allen!“ zu berufen, um dann mit einem Rundum-Dank sein Redekonzept einzupa­ cken und das Rednerpult zu verlassen. Aber heute geht das nicht: Erstens ist dies ein Festakt, zweitens können die Gäste den Reden im Sitzen fol­ gen, drittens ist die Museumsgeschichte so facetten­ reich, dass man stundenlang aus ihr erzählen könnte und vor allem viertens muss ich, nach der vom Generaldirektor angedeuteten Skepsis, schlüssig er­ Deutschland Geschichts- und Altertumsvereine ge­ klären, weshalb wir 2004 und nicht 2005, wie die gründet wurden, die sich mit den Relikten der „teut- Staatlichen Museen im Allgemeinen, das 175-jährige schen Vorzeit“ befassten. Jubiläum oder auch nicht 2006 das 75-jährige Jubi­ In Berlin wurde 1830 die Königliche Kunstkammer läum des Museums für- Vor- und Frühgeschichte in Schinkels Altem Museum im Lustgarten der allge­ feiern! meinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Aller­ dings unter Ausschluss der „germanisch-slawischen Die Vorgeschichte Altertümer“, weil sie dem von Wilhelm von Hum­ Die Geschichte der Sammlungen des heutigen Muse­ boldt vertretenen Primat der „Hohen Kunst“ nicht ums für Vor- und Frühgeschichte reicht in ihren entsprachen. Anfängen bis in das frühe 18. Jahrhundert zurück. Ein Jahr zuvor aber schon, im Januar 1829, wurde der Damals gelangten bronzezeitliche Urnen und eine wegen Sehschwäche außer Dienst gestellte Artille­ Reihe anderer einheimischer Altertümer in die Kö­ rieoffizier Freiherr Leopold von Ledebur als Drei­ nigliche Kunstkammer, die aus Sammlungen erwor­ ßigjähriger per königlichem Erlass zum Vorsteher ben oder von „patriotisch und wissenschaftlich ge­ der „Unter Abtheilung für vaterländische Alterthü- sinnten Privat-Personen“ geschenkt wurden. mer“ mit einem Jahresgehalt von 1000 Talern er­ Die Wertschätzung dieser Objekte war bis in die Zeit nannt: Dies halten wir, verehrter Herr Generaldirek­ nach den Befreiungskriegen gering. Das änderte sich tor, für den Gründungsakt des heutigen Museums für aber, als im Zuge nationaler Besinnung und Identi­ Vor- und Frühgeschichte, weil wir von diesem Zeit­ tätssuche des aufstrebenden Bürgertums mit wohl­ punkt an eine ungebrochene Traditionslinie nachwei­ wollender Billigung der Obrigkeit überall in sen können. 13 Acta Praehistorica et Archaeologica 38, 2006 Die Ära von Ledebur der Arzt und Ethnologe Adolf Bastian, im Amt nach­ Zuerst noch im Stadtschloss beheimatet, fand die va­ folgte. terländische Abteilung ab 1835 ein Domizil im Mon­ bijou-Schlösschen, wo von Ledebur, inzwischen Virchow, Voß und Bastian auch Direktor der Königlichen Kunstkammer, die Adolf Bastian - als Schiffsarzt in jungen Jahren weit Sammlung 1838 geschlossen zur Aufstellung brachte gereist - vertrat exemplarisch die von den Naturwis­ und einen Katalog „Das Königliche Museum vater­ senschaften und der Evolutionstheorie geprägten ländischer Alterthümer im Schloss Monbijou zu Ber­ Anthropologen und Ethnographen, die im letzten lin“ drucken ließ. In diesem für seine Zeit fortschritt­ Viertel des 19. Jahrhunderts die Forschung dominier­ lichen Werk sind, nach den preußischen Provinzen ten, Zusammen mit Rudolf Virchow und anderen geordnet, alle Objekte der Sammlung beschrieben gründete er bereits 1869 die „Berliner Gesellschaft und zum Teil auch abgebildet. für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte“, Leopold von Ledebur hatte sich schon vor seiner An­ der 1870 die Gründung der gleichnamigen „Deut­ stellung wissenschaftlich qualifiziert und war später schen“ Gesellschaft folgte. in den heftigen Gelehrtenstreit um die Richtigkeit Die herausragende Persönlichkeit im Kreis der des Dreiperiodensystems, das heißt die Einteilung ethnologisch-anthropologisch-prähistorischen For­ der Vorgeschichte in eine Stein-, Bronze- und Eisen­ schung in Berlin war zweifellos Rudolf Virchow, zeit, involviert. In den Diskussionen um die Chrono­ dessen Bedeutung für die Entwicklung der Prähisto­ logie und ethnische Zuweisung der Sachaltertümer rischen Wissenschaft und der institutionellen Struk­ agierte er zeitlebens zurückhaltend und beschränkte turen inBerlin hier nicht weiter ausgeführt zu wer­ seinen wissenschaftlich-didaktischen Ansatz darauf, den braucht. Zum 100 Todestag war ihm 2002 im „das Ähnliche und Verwandte in Form und Stoff, ohne Medizinhistorischen Museum der Charite die Aus­ Rücksicht auf die Lokalität der Findung nebenei­ stellung ,Virchows Zellen“ und eine Vortragsreihe nander zu betrachten und entsprechende Schlüsse zu gewidmet, die sein außergewöhnliches Schaffen als ziehen. Arzt, Anthropologe, Ethnologe, Prähistoriker und Von Ledebur gehörte zu den Gründungsmitgliedern Politiker eindrucksvoll würdigten. des ,Vereins für die Geschichte der Mark Branden­ Der Fürsprache Rudolf Virchows zu verdanken war burg“. Dieser verschickte im Jahr 1840 Fragebögen beispielsweise, dass der Preußische König und Deut­ an die Pfarrer im Lande, in denen diese über die sche Kaiser 1873 den Neubau eines Museums für „jedes Ortes vorhandenen geschichtlichen und Völkerkunde genehmigt hat, das allerdings erst 1886 alterthümlichen Merkwürdigkeiten“ berichten soll­ an der heutigen Stresemannstraße neben dem Mar- ten. Ergebnis der Aktion war die Publikation von tin-Gropius-Bau, dem ehemaligen Kunstgewerbe­ 1852: „Die heidnischen Alterthümer des Bezirks museum, eingeweiht wurde. Potsdam“. Weniger gut aber stand es um sein Verhältnis zu Wil­ Neben diesen frühen denkmalpflegerischen Aktio­ helm Bode, dem herausragenden Exponenten der nen führte von Ledebur auch Ausgrabungen durch. Königlichen Museen, der im Gegensatz zu Virchow Seine Erwerbungen stammten nicht nur aus den mit seinem bürgerlich-kulturhistorischen Impetus preußischen Ländern, sondern bald auch aus Süd­ den Anspruch der Hohen Kunst vertrat. In den immer deutschland und dem Ostseeraum. Dabei ging sein wieder aufkommenden kultur- und museumspoliti­ Anspruch so weit, dass alles, was auf fiskalischem schen Querelen zwischen den beiden Kontrahenten Boden in Preußen, das damals von der Maas bis an behielt meist Virchow die Oberhand, weil er als Ab­ die Memel reichte, gefunden wurde, dem Museum in geordneter in wichtigen kulturpolitischen Gremien Berlin zustehen sollte. sowohl des Preußischen Landtages als auch des Das seit seiner Gründung im Bestand überproportio­ Reichstages vertretenen war: „Denn dort gab es für nal angewachsene „Museum vaterländischer Al­ uns niemanden, der Kunstinteresse besaß. Mommsen terthümer“ zog 1849in das Neue Museum auf der und Virchow waren ihren Kollegen im Abgeordneten­ Museumsinsel um, wo die Funde unter der neuen Be­ haus auch in der Kunst maßgebend, und diese be­ zeichnung „Sammlung nordischer Altertümer“ ab trachteten sie rein wissenschaftlich“ ist in Wilhelm 1855 im eigens für diesen Zweck ausgemalten „Vater­ von Bodes Autobiographie „Mein Leben“ vermerkt. ländischen Saal“ ausgestellt waren. Virchow, der an seinem Lebensende über 1.000 Arti­ Von Ledebur hatte 44 Jahre als Direktor erfolgreich kel allein zu prähistorischen Themen aufzuweisen für das Museum gewirkt, bis ihm 1873 sein Assistent, hatte, vermittelte 1881 die „Schliemannsche Samm­ 14 Festakt 175 Jahre: Festvortrag Menghin lung trojanischer Altertümer“ an die königlichen Bayern 1902 wegen verschiedener Erwerbungen der Museen und vermachte seine eigene Sammlung tes­ Berliner beinahe zu einem Museumskrieg gekom­ tamentarisch der von ihm außerordentlich geförder­ men und zur selben Zeit brachte das zentralistische ten Vorgeschichtlichen Abteilung des Völkerkunde­ Streben nach einem „Nationalmuseum“ in Berlin die museums. Mit Geldern aus der „Virchow Stiftung“, west- und süddeutschen Geschichts- und Altertums­ wurden bis nach dem 1. Weltkrieg Unternehmungen vereine sowie das Kaiserliche Archäologische Insti­ der Berliner Anthropologengesellschaft und der Vor­ tut gegen ,Virchow und die Seinen“ auf, die als geschichtlichen Abteilung, der auch die von Virchow Antwort auf die überzogenen Ansprüche Virchows ins Leben gerufene Volkskunde angehörte, finan­ die Römisch-Germanische Kommission in Frankfurt ziert. am Main gründeten. Andererseits aber brachte Albert Schon 1874 war auf Betreiben Rudolf Virchows dem Voß schon 1888 die zuständigen preußischen Minis­ Ethnologen Bastian Albert Voß, von Haus aus eben­ terien (Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten falls Arzt, zur Seite gestellt worden. Als Direktori­ bzw. Inneres) dazu, eine Verordnung, betreffend „die alassistent verantwortlich für die „Sammlung nordi­ unbefugten Ausgrabungen vorgeschichtlicher Alter- scher Altertümer“ nahm er, nach dem Einzug ins thümer und die Verschleppung der Funde“, zu erlas­ neue Völkerkundemuseum, ab 1886 die Geschäfte sen und ein „Merkbuch, Alterthümer aufzugra­ der nunmehr „Vorgeschichtlichen Abteilung des Kö­ ben ...“ zu verbreiten. Und schließlich geht auch das niglichen Museums für Völkerkunde“ bis 1906 als preußische Ausgrabungsgesetz von 1914
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