Integrales Wassermanagement in der Region Broye und Seeland

Frédéric Jordan¹, Marc Diebold¹, Frédéric Ménétrey2, Robert Stegemann3, Pierre-Alain Sydler4

1 Hydrique Ingénieurs, 1052 Le Mont-sur-Lausanne 2 Pro Agricultura Seeland, 3232 Ins 3 Lüscher & Aeschlimann SA, 3232 Ins 4 Biotopverbund Grosses Moos, 3210 Kerzers

Synthesebericht

Der ausführliche Schlussbericht (französisch) ist auf den Webseiten von Hydrique Ingénieurs und Pro Agricultura Seeland aufgeschaltet *

Auskunft: Frédéric Jordan, Direktor Hydrique Ingénieurs, [email protected]

Dieses Projekt ist Teil des Förderprogramms Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung 2014-2018 im Themenbereich „Natürliche Ressourcen nachhaltig nutzen und in Wert setzen“

Finanziert und unterstützt von: - Pro Agricultura Seeland, WWF, Union des Paysans Fribourgeois / Freiburgischer Bauernverband, Prométerre, Berner Bauern Verband - Den Bundesämter: Raumentwicklung ARE, Umwelt BAFU, Landwirtschaft BLW - Den kantonalen Ämter: LANAT Bern, AWA Bern, SAgri , DAEC Fribourg, SAVI , DGE Vaud

Januar 2018, Hydrique Ingénieurs, Le Mont-sur-Lausanne

* http://www.hydrique.ch/sites/default/files/technical_sheets/RapportIWM.pdf http://www.hydrique.ch/sites/default/files/technical_sheets/RapportSyntheseIWM.pdf http://www.hydrique.ch/sites/default/files/technical_sheets/SyntheseberichtIWM.pdf www.proagricultura.ch Integrales Wassermanagement Seeland-Broye Pro Agricultura Seeland

INHALTSVERZEICHNISS

1 EINLEITUNG ...... 2 2 IWM UNTERSUCHUNGSGEBIET UND METHODE HYDRIQUE ...... 4 PILOTGEBIETE ...... 4 AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS ...... 5 METHODE HYDRIQUE...... 6 DATEN ...... 8 AKTEURE ...... 10 KONFLIKTE ...... 12 FUNKTIONALES SCHEMA ...... 12 SCHLUSSFOLGERUNG ...... 14 3 RESULTATE DER WORKSHOPS ...... 15 SCHLÜSSELBEFUNDE AUS DEN WORKSHOPS (AXIOME)...... 17 4 STRATEGISCHE AUSRICHTUNG DES WASSERMANAGEMENTS ...... 18 INFRASTRUKTURAUSBAU ZUR VERBESSERUNG DES WASSERMANAGEMENTS ...... 18 ZWECKMÄSSIGE ORGANISATIONSSTRUKTUR SCHAFFEN ...... 20 PROFESSIONALITÄT DER BEWIRTSCHAFTER STÄRKEN ...... 22 ANWENDUNG DER METHODE „HYDRIQUE“ FÜR PROJEKTTRÄGER ...... 23 5 AKTIONSPLAN ...... 25 6 SYNTHESE UND AUSBLICK ...... 28

1 Integrales Wassermanagement Seeland-Broye Pro Agricultura Seeland

1 Einleitung

Modellvorha- Der vorliegende Kurzbericht ist eine Synthese der wichtigsten Ergebnisse und Erkennt- ben nisse, die aus dem Modellvorhaben „Integrales Wassermanagement im Einzugsgebiet Seeland-Broye (IWM-SB)“ hervorgegangen sind. In einem ausführlichen, im Internet publizierten Schlussbericht lassen sich alle Daten und Arbeitsschritte einsehen.

Ziel Das Modellvorhaben ist Teil des Förderprogramms des Bundes zur nachhaltigen Raum- entwicklung 2014-2018, welches sich aus 31 verschiedenen Projekten zusammensetzt. Es gehört zum Themenschwerpunkt „Natürliche Ressourcen nachhaltig nutzen und in Wert setzen“.

Ausgangslage Ziel dieses Vorhabens ist eine integrale Bewirtschaftung der Wasserressourcen in der ganzen Region. Bei diesem Prozess wurde versucht, alle zuständigen und betroffenen Akteure miteinzubeziehen, um nach Lösungsansätzen zu suchen, wie eine produktive Landwirtschaft auch in Zukunft (Klimawandel) unter Berücksichtigung der anderen An- sprüche der Gesellschaft an die Nutzung der natürlichen Ressource Wasser gewährleis- tet werden kann.

Problematik Mehr als 25% der Gemüseproduktion aus der Schweiz stammt aus dem Grossen Moos. Demzufolge existieren auch wichtige Infrastrukturen für die landwirtschaftliche Produk-

tion und Verarbeitung. Das mit der Landwirtschaft verbundene Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Region Broye-Seeland übersteigt mehrere Milliarden Franken, davon 1,1 Milli- arden nur für die Gemüseproduktion im Seeland.

Die Absenkung des Seespiegels durch die 2. Juragewässerkorrektion hat Naturschutz- gebiete von nationaler und internationaler Bedeutung geschaffen, wie zum Beispiel die

Grande Cariçaie und das Fanel.

Attraktivität der Die Region ist attraktiv für Naturfreunde, Rad- und Wassersportler. Wirtschaftlich ist die Region Ernährungswirtschaft mit alle ihren Infrastrukturen stark vertreten. Somit ergeben sich viele potentielle Nutzungskonflikte wie zum Beispiel:

. Erhaltung einer produktiven Landwirtschaft versus Flächen für den Umwelt-

und Naturschutz

. Nutzung von Fliessgewässern für die Bewässerung versus Renaturierung

. Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktionsmittel wie beispielsweise Ge-

wächshäuser versus Landschaftsbild

Einschränkun- Hinzu kommen wichtige Einschränkungen, welche nicht immer leicht zu beziffern sind: gen . Klimawandel mit sommerlicher Erwärmung sowie zunehmender Hitze und Dür- reperioden

. Probleme mit der Entwässerung von Parzellen als Folge von Starkniederschlä- gen

. Mineralisierung der organischen Ausgangsböden verbunden mit Bodenabsen-

kungen

. Ausdehnung des Siedlungsgebiets

2 Integrales Wassermanagement Seeland-Broye Pro Agricultura Seeland

Rolle des Staats Der Staat steht gemäss dem Raumkonzept Schweiz in der Pflicht, die anstehenden Prob- leme in optimaler Zusammenarbeit der Bundes- Kantons- und Gemeindebehörden zu

lösen. Er verfügt über finanzielle Mittel und Expertenwissen zur Unterstützung und För-

derung einer integralen Wasserwirtschaft. Insbesondere in der Landwirtschaft können

Bund und Kantone mit Direktzahlungen und Subventionierung von Bodenverbesse-

rungsprojekten - darunter fallen auch Wasserinfrastrukturen - starke Anreize zugunsten

eines integralen Wassermanagements schaffen.

Je nach Vollzugsart können die staatlichen Vorgaben die Entwicklung einer Region aber

auch behindern. Wie kann eine gute partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den

Akteuren herbeigeführt und organisiert werden? Wie kann die Kommunikation zwischen den verschiedenen zuständigen Bundesämtern und kantonalen Ämtern verbessert wer- den? Mit ersten Antworten auf diese Fragestellungen soll das Modellvorhaben beitra- gen, die Ziele der Nachhaltigkeit, die regionalen Kohärenz, die effiziente und umwelt- schonende Ressourcennutzung und die landwirtschaftliche Ertragssicherheit zu errei-

chen. Kommunikation Regelmässiger und konstruktiver Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren führt zwischen Akt- zu einem Konsens und bildet die Grundlage für die Realisierung von kollektiven euren Projekten (Infrastrukturen, Umwelt). Dazu gehört, sich die Erwartungen aller Akteure anzuhören, sich auf die Diagnose der aktuellen Situation zu einigen und alle möglichen Lösungen offen und umfassend zu diskutieren. Methode Zu diesem Zweck wurde eine spezielle Analysemethode, die sogenannte Methode Hydrique Hydrique, entwickelt und angewendet, die den partizipativen Ansatz (Erwartungen der Akteure), Fachwissen (Projektanalyse) und den physikalischen Ansatz (Funktionales Schema) kombiniert. Sie erlaubt, eine regionale strategische Vision zu definieren und breitunterstützte Massnahmen zur Förderung eines nachhaltigen Wassermanagements

in Teilregionen zu bestimmen. IWM-Projekt Das IWM-Modellvorhaben soll zu einer harmonischen Entwicklung der Region beitra- gen. Ziel ist es, den Weg für nötige Investitionen in eine produktive Landwirtschaft vor- zubereiten mit dem Bestreben eines möglichst schonenden Umgangs mit den natürli- chen Ressourcen Wasser, Boden, Landschaft und Lebensvielfalt sowie mit Rücksicht auf die Lebensqualität der Einwohner des Seelands und der Broye.

3 Integrales Wassermanagement Seeland-Broye Pro Agricultura Seeland

2 IWM Untersuchungsgebiet und Methode Hydrique

Pilotgebiete

167 Gemeinden Das Untersuchungsgebiet des IWM-Projekts erstreckt sich über die Kantone Bern, Frei- im Projektperi- burg und Waadt (Abb. 1). Die Grenzen des Projektperimeters sind durch die Seen, die meter natürlichen Einzugsgebiete und die Anbaugebiete gegeben. Insgesamt umfasst das IWM-Projekt 167 Gemeinden, 330'000 Einwohner und 1'178 km2.

Unterteilung in Der Projektperimeter IWM ist zu gross für eine einzige umfassende Analyse. Die regio- kleinere Pilot- nalen Akteure stehen je nach Teilregion vor unterschiedlichen Herausforderungen in Be- gebiete zug auf den Umgang mit dem Wasser. Deshalb wurden folgende Pilotregionen ausge- schieden:

. Die Ebene des Grossen Mooses südlich des Bielersees ist dank sehr fruchtba- ren organischen Böden und einer flachen Topographie ideal für die Gemüse- und Kartoffelproduktion. Die heterogenen Bodenabbauprozesse (Oxidation der organischen Substanz) als Folge der Entwässerung des ehemaligen Moores sind hier das Hauptproblem. In den entstandenen Senken sammelt sich nach Starkniederschlägen das Wasser. Der Flurabstand zum Grundwasser ist zum Teil zu gering geworden. . Die Broye-Ebene beidseitig der Broye ist dank der flachen Topographie und fruchtbaren Böden auch sehr günstig für die landwirtschaftliche Produktion. Der Hackfrucht- und Gemüseanbau ist hier wegen des Wassermangels nur sehr be- schränkt möglich. Es fehlt ein ausreichender Zugang zu Wasser. . Der Seerücken südlich des Neuenburger Sees wird vorwiegend ackerbaulich genutzt. Dank dem relativ einfachen Wasserzugang zum Neuenburgersee konnten hier Bewässerungsgenossenschaften teilweise den Kartoffelanbau etablieren.

. Die Region der Bibera süd-östlich des Murtensees ist hügeliger. Wälder und Dörfer spielen eine wichtige Rolle. Die Landwirtschaft ist kleinstrukturierter und stärker diversifiziert. Hier geht es um die bessere Bewältigung von Hochwasser- und Überschwemmungsrisiken sowie auch das Problem des fehlenden Wasser- zugangs für die Bewässerung des stark ausgeprägten Kartoffelanbaus.

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IWM-Perimeter

Abb. 1: Perimeter für das IWM-Projekt und die Hydrologie: Seen, Bäche und Kanäle (türkis). Westliches Seeland sowie die Broye-Region.

Auswirkungen des Klimawandels

Klimaerwär- Der Klimawandel wird die regionale Wirtschaft und insbesondere die Landwirtschaft mung immer mehr unter Druck setzen. Die Klimaerwärmung führt zu einem generell höheren Wasserbedarf der Pflanzen wie auch zu häufigeren Extrem-Wetterereignissen (Starkniederschläge, Perioden mit Wassermangel).

Erhöhter Was- Bei gleichem Kulturenset wie heute steigt der Wasserbedarf stark an. Eine Anpassung serbedarf der Infrastrukturen für den Zugang zu Wasser, der Bewässerungstechniken und des Anbaus werden nötig sein. In ähnlicher Weise wird es auch wichtig sein, das Wasserangebot für ausgewählte Feuchtgebiete im Sinne des Naturschutzes zu sichern. Ansonsten besteht die Gefahren, dass diese wegen des Klimawandels teilweise verschwinden werden.

Wasserent- Zukünftige Wasserentnahmestellen müssen sorgfältig ausgewählt werden, um eine nahme aus nachhaltige Versorgung zu garantieren. Mit Simulationen, welche ein Modell des Pflan- grossen Flüssen zenwachstums mit einem Modell der Klimaveräanderung verbinden, können Aussagen über den zukünfigten Wasserbedarf verschiedener Kulturen gemacht werden. Abb. 2 zeigt den Wassermangel der Bewässerungsnetze, welche von den verschiedenen Bächen der Broye-Ebene gespiesen werden (Ergebnisse der Simulationen mit Routing System). Bis zum Jahr 2050 würden 15% des mittleren Monatsabflusses der Broye für die Bewässerung im Juli benötigt. Bei Niedrigwasserperioden im Sommer ist der Abfluss der Broye jedoch schon unter der gesetzlich vorgeschriebenen Restwassermenge. Dies bedeutet, dass der Bewässerungsbedarf nicht mehr aus den lokalen Bächen gedeckt

5 Integrales Wassermanagement Seeland-Broye Pro Agricultura Seeland

werden kann. Abb. 3 zeigt im Gegensatz dazu, dass weniger als 1% des Aareabflusses ausreicht, um den Bewässerungsbedarf des ganzen IWM-Perimeters zu decken. Die ist der Hauptzufluss der Drei-Seen und bestimmt die regionale Wasserverfügbarkeit. Im Verhältnis zu den Bewässerungsbedürfnissen für die Landwirtschaft können die Zuflüsse über die Aare und Saane in den Drei-Seen-Speicher als „unlimitierte“ Wasserreserven angesehen werden.

Bewässerung der Broye- Ebene aus loka- len Bächen

Abb. 2: Mittlere Häufigkeit der Tage (in % der gesamten 214 Tage von April bis Oktober) mit einem Wasserdefizit in den verschiedenen Bewässerungszonen für die Referenzperiode und zwei Szenarioperioden (Abbildung stammt aus der Publikation Wasserknappheit wegen Klimawandel, Fuhrer et al, 2017).

Bewässerung 1.20 des IWM Peri- 1980-2009 1.00 meters aus der 2020-2051 0.80 Aare 0.60

0.40

Bewässerungsbedarf in% des Aareabflusses 0.20

0.00 Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. JAHR

Abb. 3: Vergleich zwischen den mittleren monatlichen Abfüssen der Aare und dem Bewässerungsbedarf für das IWM Gebiet. Bewässerungsbedarf berechnet mit dem Modell ISB Seeland-Broye (Fuhrer et al., 2017). Böden und Kulturset aus dem Jahr 2013 werden als unverändert übernommen.

Methode Hydrique

Innovative Me- Die entwickelte Methode Hydrique zur Analyse der Wasserprobleme in einem Einzugs- thode gebiet kombiniert eine partizipative Vorgehensweise (Gespräche, Expertenwissen, Gruppendiskussionen) mit einem funktionalen Schema.

Arbeitsschritte Die Arbeitsschritte sehen wie folgt aus: der Methode 1. Datensammlung bei Akteuren und Experten: Zahlen, Fakten, Prozesse, Hydrique Einschränkungen bei der Problemerkennung

2. Identifizierung der Ziele, Bedürfnisse und Erwartungen der verschiedenen Interessensgruppen anhand von Gesprächen mit den betroffenen Akteuren.

6 Integrales Wassermanagement Seeland-Broye Pro Agricultura Seeland

Formalisieren dieser Informationen in einer Tabelle, um Zusammenhänge zu erkennen und verstehen.

3. Erstellen des funktionalen Schemas Wasser des betroffenen Gebiets zum Aufzeigen der Zusammenhänge (Wechselwirkungen). Validieren und Bereinigen des funktionellen Schemas durch die Akteure im Rahmen einer Gruppendiskussion (Workshop). 4. Interdiszilpinäre Diskussion und Prüfung von Ideen und konkreten Vorschlägen durch die Akteure zur Problemlösung mit Hilfe des validierten funktionalen Schemas in einem Workshop.

Abb. 4 zeigt die Methode, welche es ermöglicht, Lösungen für das Wassermanagement zur Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion mit Rücksicht auf die Umwelt zu iden- tifizieren.

Sachliche Beur- Diese Vorgehensweise erlaubt eine sachliche Beurteilung der Situation. Die emotionale teilung und ideologische Ebene kann so im Prozess relativiert werden. Konflikte werden auf der Grundlage von Fakten identifiziert. Dies verbessert und fördert die Kommunikation zwi- schen den Akteuren und führt zu einer lösungsorientierten Atmosphäre.

Schema der Methode

Abb. 4: Methode Hydrique: Arbeitsschritte nach der Datensammlung

Breitabge- Die Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist Ziele, welche vorerst widersprüchlich schei- stützte Lösun- nen, miteinander zu vereinen. Wassermanagementlösungen werden gefunden, die für gen alle Akteure zufriedenstellend sind. Diese Studie basiert auf einem Kommunikationsinstrument, um zu einer ausgewogenen Zuweisung finanzieller Mittel für nachhaltige Landwirtschaft und Wassermanagement zu kommen. Synergien und Chancen können erkannt, Projekte realisiert werden.

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Daten

Themen- Im Rahmen des IWM-Projekts wurden sechs Themenschwerpunkte definiert: schwerpunkte Wasser, Böden, Klima, Natur und Umwelt, Landwirtschaft/Kulturen und Projekte (Abb. 5).

Abb. 5: Synthese der gesammelten Daten und die erkannten Schwerpunkte

Die Datensammlung erlaubte es verschiedene Bereiche zu bilden, siehe Tab. 1

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Tab. 1 : Synthese der Grundlagendaten und erste Auswertung

DATEN S YNTHES E DER INFORMATION Landwirtschaft Die Landwirtschaft hat eine wichtige sozioökonomische Bedeutung in der Region Broye-S eeland. Fast die Hälfte der S chweizer Gemüse- und Kartoffelproduktion stammt aus dieser Region. Es handelt sich um eine strategisch wichtige Region für die nationale Ernährungssicherheit. Der Klimawandel wird zu einem Anstieg von 60-80% des Wasserbedarfs für die Landwirtschaft führen (Hypothese: Klima unveränderte Kulturenzusammenstellung). Oberflächen- Die Wasserresource Aare ist noch für lange Zeit sehr gross. Der zukünftige Bewässerungsbedarf entspricht etwa 0.3% des gewässer jährlichen Abflusses der Aare. Kleinere Bäche (Petite Glâne, Arbogne, Broye, Bibera) können zukünftig nicht mehr für die Bewässerung genutzt werden. Mit abnehmenden S ommerabflüssen sind diese Bäche keine sichere Bewässerungsquellen. Kanäle mit Pumpstationen und S chieber bestimmen das Abflussregime im Grossen Moos. Die Regulierung erfolgt zur Bewässerung und Entwässerung manuell.. Die Grundwasserressourcen sind sicherlich beschränkt, aber auch das Wissen dazu ist nicht immer vorhanden. Während im Grundwasser, nördlichen Teil des Grossen Mooses der Grundwasserleiter flächendeckend vorhanden ist, tritt er in anderen Zonen Trinkwasser stellenweise auf. Trinkwasserfassungen gibt es am nördlichen Rand (Bargen, , Aarberg) und vereinzelt in der Broyeebene. Die Notwendigkeit Mikroverunreinigungen in kommunalem Abwasser zu eliminieren führt zu ARA-Zusammenschlüssen. Abwasser Kleine ARAs werden deshalb verschwinden. Im S eeland ist die Mineralisierung der Böden ein wichtiges Thema und das Risiko fruchtbares Land zu verlieren wird lokal Böden zunehmen. Feuchtgebiete sind in der S chweiz bedroht. Das S eeland ist aufgrund seiner flachen Topographie besonders geeignet für Umwelt Feuchtgebiete. Das S eeland ist ein wichtiger Raum für Zugvögel. Die Landschaft ist wichtig für den Tourismus (Velorouten). Es existieren mehrere hydroelektrische Kraftwerke. Der S chiffenensee (Groupe-e) ist ein Wasserreservoir von mehr als 30 Wasserkraft Mio. m3 mit einem Auslauf in die S aane. Eine Projektidee der Wasserturbinierung in Richtung Murtensee wird untersucht (S CHEM) . Eine Zentrale in Kallnach (BKW) turbiniert den Zufluss der Kanäle.

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Daten-Syn- . In einer aufwändigen Arbeit wurde eine grosse Datenmenge aus verschiedens- these ten Bereichen zu einem Gesamtbild synthetisiert.

. Die klimatischen und hydrologischen Daten der Vergangenheit waren vollstän- dig verfügbar. Die Zukunftsszenarien (Projekt PRuDENCE) sagen aus, dass es für die landwirtschaftlichen Kulturen heisser wird und der Wasserbedarf steigt. Die Abflüsse der Bäche werden kleiner, der Bewässerungsbedarf nimmt zu.

Landwirschafts- . Für die landwirtschaftliche Flächennutzung standen genaue Daten zur Verfü- daten gung (GELAN für Freiburg und Bern, ACORDA für Waadt). Die Verteilung der verschiedenen Kulturen war parzellenscharf bekannt. Die Schwierigkeit bestand darin, aus der grossen Menge und Vielfalt der Information das Wesentliche zu extrahieren. Zudem verändert sich die Verteilung der Kulturen auf Parzellen- ebene jedes Jahr (Fruchtfolge).

Basis für Vor- . Die vorhandenen Datengrundlagen sind ausreichend, um Vorprojekte auszulö- projekte sen. Für die Realisierung von zukünftigen Projekten müssen sie jedoch noch ge- zielt ergänzt werden.

Lücken im Be- . Die wichtigste Datenlücke besteht im Bereich Bodenkartierung. was zu Konflik- reich Boden ten im Grossen Moos führt. Landwirte möchten durch Terrainveränderungen die Ertragssicherheit und Bewirtschaftbarkeit von Flächen sichern, erhalten aber von den Behörden aufgrund von fehlenden Grundlagen keine Genehmigungen. Der Abbau bzw. die Oxidation von Torfböden führt zu Bodenabsenkungen und

CO2-Emission (klimarelevant). Bezüglich den Wechselwirkungen mit dem Grundwasser bestehen noch erhebliche Wissenslücken.

Natur- und Um- . Die Erfassung der Ausgangslage im Bereich Natur- und Umweltschutz war nur weltschutz teilweise befriedigend. Zwar gibt es grosse, im Grundbuch eingetragene Natur- schutzgebiete, daneben aber auch viele Fruchtfolgeflächen, die auf Teilflächen der Biodiversitätsförderung dienen und wo keine Ackerkulturen mehr angebaut werden. Zur Belastung der Oberflächengewässer durch Pestizide in der Landwirtschaft gibt es noch wenig gesichertes Wissen. Das Thema wird zurzeit im Rahmen ei- nes Berner Grossprojekts vertieft untersucht (65 Mio. CHF in sechs Jahren).

Die Problematik der CO2-Emission wird mit einer Messstation bei Cressier NE untersucht.

Laufende Pro- . Es war aufwändig und schwierig, eine vollständige Liste der laufenden und ge- jekte planten Untersuchungen und Projekte im Perimeter zu erstellen.

Akteure

Interviews: Er- Der zweite Schritt bestand darin, von den verschiedenen Akteuren im Untersuchungs- wartungen der gebiet Informationen sowie – wo möglich - wissenschaftliche Grundlagen zu sammeln. Akteure Die Ausgangslage, die Ziele und die Erwartungen der Akteure wurden in Interviews in Erfahrung gebracht und protokolliert.

Insgesamt wurden von Februar bis Juni 2017 23 Interviews durchgeführt,. Die erhalte- nen Informationen stammen von 35 interviewten Personen. Vier zusätzliche Interviews dienten der Analyse des Fallbeispiels „Dorfbach Ins“.

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Zusammenfas- Die gesammelten Informationen wurden in einer Tabelle zusammengefasst. Gemein- sende Tabelle same Erwartungen und mögliche Konflikte wurden identifiziert und – wenn möglich - in Form von messbaren physikalischen Größen (z.B. Fläche, Abfluss, etc.) ausgedrückt. Die vollständige Tabelle kann im IWM-Projektbericht eingesehen werden und umfasst die folgende Parameter:

. Abflussmenge: In dieser Kategorie geht es um Wassermengen pro Zeiteinheit. Der Einfachheit halber werden dieser Kategorie auch Themen wie Wasserstand, Volu- men oder Pegelschwankungen zugeordnet.

. Bodenfläche : Die Fläche eines Gebiets in Quadratmetern. . Landwirtschaftliche Hilfsstoffe: Stoffe die in der Landwirtschaft zur Düngung von Böden, zur Vorbeugung von Schädlingen und Krankheiten oder zur Behandlung von Nutzpflanzen eingesetzt werden. Einige sind potentiell umweltbelastend und kön- nen in den Boden und die Grund- und Oberflächengewässer gelangen. . Studien / Monitoring: Die Notwendigkeit, zusätzliche Informationen zu beschaffen, um eine Entscheidung treffen zu können (betrifft in der Regel die Behörden). . Koordination: Die Notwendigkeit sich gegenseitig über aktuelle Entwicklungen oder Entscheidungen zu informieren. Im IWM-Projekt sind der Bund, 3 Kantone und 167 Gemeinden involviert. Entscheidungen müssen im Grossen Moos und im Broye-Ge- biet von je zwei Kantonen mit unterschiedlichem Informationsstand getroffen wer- den.

. Gesetzliche Grundlagen: Die Notwendigkeit Gesetze, Verordnungen oder Regle- mente anzupassen, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

Abb. 6 zeigt die Synthese der wichtigsten Erwartungen.

Abb. 6: Erwartungen der Akteure in Bezug auf den Umgang mit der Ressource Wasser

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Konflikte

Identifizierung Die Informationen der Akteure in der Tabelle führte sowohl zur Identifizierung von be- potentieller stehenden Konflikten. Konflikte politischer Natur wie z.B. Finanzierungen, Prioritäten- Konflikte setzungen, Entscheidungen wurden nicht angesprochen, da sie den Rahmen der IWM- Methode sprengten. Die identifizierten, potenziellen Konflikte beziehen sich auf konkrete Bezugsgrössen wie „Wassermenge", „Fläche" oder „Hilfsstoffe".

Potenzielle Konflikte im Bereich „Wassermenge"

- Bewässerungsbedarf im Sommer (Landwirtschaft), Restwassermenge für die Fi- sche (Umwelt)

- Hochwasser (Umwelt), tiefer Wasserstand für die Bewässerung (Landwirtschaft) - Grundwasser für das Trinkwasser, Grundwasser für die Bewässerung (Landwirt- schaft)

- Sauberes Wasser in den Seen Potenzielle Konflikte im Bereich „Bodenflächen"

- Bedarf an zusätzlichen Flächen für Biotope oder Renaturierungen (Umwelt), Be- darf an genügend Fläche für die Ernährungssicherheit (Nahrungsenergie).

- Ufer als natürlicher Lebensraum, Infrastrukturen im Uferbereich für den Was- serzugang

Potenzielle Konflikte im Bereich „Hilfsstoffe"

- Einsatz von Hilfsstoffen, um die Produktion (MJ/ha) zu garantieren, Einsatz von Hilfsstoffen reduzieren, um Belastungen von Böden und Wasser zu vermeiden (Umwelt, Trinkwasser) Die Analyse der Erwartungen und von möglichen Massnahmen führte zur Erkenntnis, dass bestimmte Konflikte relativ unbedeutend sind, so zum Beispiel der potentielle Kon- flikt zwischen Landwirtschaft und Trinkwasser. Der Stand des Grundwasserspiegels, bzw. das Risiko der Belastung des Grundwassers durch Hilfsstoffe, stellt für die Trink- wasserbezüger nur ein kleines Problem dar. Bereits heute werden bewusst andere, si- chere Wasserquellen genutzt, wie z.B. das Grundwasser entlang der Aare, Quellen an bewaldeten Hängen oder Wasserbezug aus den Voralpen.

Funktionales Schema

Funktionales Mit dem funktionalen Schema sollen die Prozesse erkannt werden, welche im Untersu- Schema chungsgebiet relevant sind. Der richtige Skala Massstab muss dabei für jedes Projekt neu definiert werden. Es kann nur ein funktionales Schema pro Gebiet geben, um alle mögli- chen Interaktionen zwischen Akteuren und Indikatoren aufzuzeigen. Mit Hilfe des funk- tionalen Schemas diskutierten und erkannten die Akteure die möglichen Auswirkungen eines potentiellen Vorhabens auf alle Betroffenen. Beispiel eines Abb. 7 zeigt das Beispiel eines gemeinsamen, unabhängigen Bewässerungsnetzes (Be- unabhängigen wässerungsleitungen im Kanaldamm) im westlichen Grossen Moos. Die grünen Pfeile

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Bewässerungs- zeigen günstige Auswirkungen, die roten Pfeile die ungünstigen. Die gestrichelten Linien netzes stehen für langfristige oder sehr unsichere Auswirkungen. Dieses Schema wird mit einem erklärenden Text zu den einzelnen Pfeilen ergänzt (Auswirkungen), um das richtige Ver- ständnis zu gewährleisten. Im IWM-Projekt wurde die Methode anhand von drei ausgewählten Teilregionen und der Detailanalyse eines laufenden Wasserprojektes in der Gemeinde Ins (Projekt „Dorf- bach“) pilotmässig getestet. Alle funktionalen Schematas sind im Gesamtbericht dargestellt und beschrieben.

Abb. 7: Funktionales Schema im westlichen Grossen Moos zur Beurteilung des Vorhabens „Bau eines gemeinsamen, unabhängi- gen Bewässerungssystems mit Wasserbezug aus dem Broye- und dem Zihlkanal“

Workshops Das funktionale Schema wurde bei einem Workshop, bei dem alle Akteure einer Zone zusammenkamen, vervollständigt und validiert. Dieses Vorgehen fördert den Austausch zwischen den Akteuren und zeigt wo Informationsbedarf besteht. Gemeinsam können die zu repräsentierenden Elemente und ihre Interaktionen bestimmt werden. Ideologi- sche Standpunkte, persönlicher Glauben und Vorurteile können vermieden werden.

Entwicklungs- Die für die Region erkannten Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen wurden ins funk- möglichkeiten tionale Schema eingeführt und ihre Auswirkungen aufgezeigt. Dies bildet das Funda- ment (Ausgangspunkt) zur Entwicklung einer machbaren Lösung.

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Die in den Workshops geführten Diskussionen verliefen sachlich und offen. Auch bei sehr unterschiedlichen Positionen der Akteure konnten in der Regel einvernehmliche Ergebnisse erzielt werden.

Schlussfolgerung

Die Methode Hydrique erlaubte es, Konflikte zu antizipieren und Lösungen zu finden. Sie schlägt ein neuartiges Analyse-Raster vor, in dem die positiven und negativen Aus- wirkungen der Projekte identifiziert und im Konsens zwischen den Akteuren und den Experten bewertet werden. Es wird möglich, Vorhaben zu verbessern und umzusetzen.

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3 Resultate der Workshops

Konsensfin- In den Workshops diskutierten die Entscheidungsträger und Akteure der Wasserwirt- dung schaft, welche Auswirkungen das Wassermanagement auf die Nutzung und räumliche Entwicklung in Teilregionen des Landwirtschaftsgebietes „Seeland und Broye“ auslöst. Was sind mögliche Projekte zur verbesserten Wassernutzung der Landwirtschaft und welches wären die potentiellen Auswirkungen auf andere Nutzer (qualitative Auswer- tung)? Die Diskussionen hatten zum Ziel, einen Konsens bezüglich der Diagnose und der Akzeptanz von Projekten zu finden. In den Workshops wurden folgende Erkenntnisse gewonnen:

Broye-Ebene

 Günstiges Land für die landwirtschaftliche Produktion (Kartoffeln, Zuckerrüben, Tabak, etc.). Keine Gefahr der Mineralisierung der Böden.

 Konsens bezüglich einer umweltfreundlichen landwirtschaftlichen Produktion wurde bestätigt: Begrenzen des Einsatzes von landwirtschaftlichen Hilfsstoffen, Bodenerosion vermindern.

 Kleine Fliessgewässer zukünftig nicht mehr als Bewässerungsquelle nutzen, u.a. um die Fische zu schützen/schonen. Bewässerung aus den Seen  Mögliche Projekte: Wasserbezug aus Neuenburger- oder Murtensee (inkl. Broye-Kanal) um eine produktive Landwirtschaft zu garantieren, lokale Revitali- sierungsprojekte (z.B. Broye auf der Höhe ).

Grosses Moos Ost

 Der Gemüseanbau ist für die Region von grosser Bedeutung. Bewässerung Ent-

wässerung sind sicherzustellen.

 Region mit schützenswerter Flora und Fauna (Feuchtgebiete, Zugvögel).

 Gefahr der Mineralisierung der Böden und mittelfristiger Qualitätsverlust der

Fruchtfolgeflächen. Bewässerung, Drainage und  Mögliche Projekte: Bewässerung durch separate Bewässerungsleitungen, ge- Regulation der spiesen vom Murtensee und/oder vom Hagneckkanal, Sanierung der Drainage- Kanäle leitungen und neue Regulierung der Wasserstände in den Kanälen (höher), Bo- denverbesserungsmassnahmen.

Grosses Moos West

 Der Gemüseanbau ist für die Region von zentraler Bedeutung. Die Abführung

des Wassers bei Hochwasserereignissen ist ungenügend. Die Fortführung der Bewässerung mit den existierenden Kanälen ist zunehmend fraglich.

 Region mit schützenswerter Flora und Fauna (Feuchtgebiete, Zugvögel).

 Schwall und Sunk in den Kanälen begrenzen, um die Entwicklung der Fische und

der benthischen Fauna zu fördern.

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Getrennte Be-  Die Qualität der Fruchtfolgeflächen droht wegen des fortschreitenden Torfab- und Entwässe- baus und der Vernässungsprobleme kurz- und mittelfristig abzunehmen. Der rung Handlungsbedarf ist gross.

 Mögliche Projekte: Sanierung der Drainageleitungen und Ausweitung der Ent-

wässerungskapazität der Kanäle, getrennte Infrastruktur für die Bewässerung

gespiesen durch den Zihlkanal, kulturtechnische Massnahmen zur Bodenverbes- serung.

Dorfbach Ins

Konflikt Hoch- Das Projekt Dorfbach Ins war ein geeignetes Beispiel zur lokalen Anwendung der Me- wasser-Land- thode Hydrique in einer Gemeinde. Es zeigt schön, dass viele jetzt bestehende Konflikte wirtschaft-Na- hätten vermieden werden können, wenn die relevanten Zusammenhänge erkannt wor- turschutz den wären.

Akteure nicht Für die Erarbeitung des Vorprojektes wurden nur die öffentlichen Ämter (Kanton, Ge- alle mit einbe- meinde) einbezogen. Private Interessensgruppen wurden nicht konsultiert. Aus diesem zogen Grund wurde in der Lösungssuche nur die Aspekte bezüglich Hochwasser- und Natur- schutz berücksichtigt. Folgende gravierenden negativen Auswirkungen wurden erst im

Verlaufe der Mitwirkung erkannt:

Negative Aus- . Neue Überschwemmungszone auf Fruchtfolgeflächen geplant, Verschärfung wirkungen des Konflikts zwischen kantonaler Naturschutzparzelle (Feuchtgebiet mit ho- hem Wasserstand); Beeinträchtigung der Bewirtschaftbarkeit der umgebenden

fruchtbaren Gemüseflächen.

. Ungenügende Entwässerungskapazität aus dem Agrarraum wegen Naturschutz- ansprüchen

. Verlust von landwirtschaftlicher Fläche für den Bau eines Damms, um Wasser nach Westen abzuleiten.

. Stark erhöhtes Risiko von grossen Ertragsverlusten auf den betroffenen Gemü-

sebauparzellen als Folge von zunehmenden Vernässungen.

Projektanpas- Unter Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Interessen konnten Vorschläge für die sungen Projektanpassungen erarbeitet werden (z.B. Wasserrückhaltung im Vorfeld, Wasserab- leitung in weniger sensible Gebiete, Erhöhung der Entwässerungskapazität, etc.), welche

alle Interessen befriedigen.

Wichtigkeit des Dieses Beispiel zeigt die Wichtigkeit, alle Akteure frühzeitig miteinzubeziehen. So kön- Mitwirkungs- nen Lösungsansätze gefunden werden, welche alle sensiblen Aspekte berücksichtigen. prozesses Eine breitabgestützte Lösung kann auch neue Partner zur Finanzierung finden, statt das Vorhaben durch das Ergreifen der Rechtmittel zu verteuern.

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Schlüsselbefunde aus den Workshops (Axiome)

1. Das Wasser der grossen Seen und der Aare kann für die Bewässerung genutzt werden. Die Wasserressourcen sind in den nächsten Jahrzehnten für den Was- serbedarf der Bevölkerung und der Landwirtschaft auseichend vorhanden. Die Zuflüsse sind gemäss Erkenntnissen aus dem Projekt bedeutend grösser als die nötigen Wasserentnahmen.

2. Der Einsatz von landwirtschaftlichen Hilfsmitteln kann limitiert werden, indem diese bedarfsgerecht eingesetzt werden. 3. Eine landwirtschaftliche Produktion mit hoher Wertschöpfung ist möglich, ohne dabei die Fruchtbarkeit der Böden langfristig zu beeinträchtigen. Dafür braucht es eine kontrollierte Bewässerung, um Bodenerosionen zu vermindern. 4. Bodenkartierungen liefern die Grundlagen zur besseren Beurteilung der Nut- zungseignung und des Bodenverbesserungspotentials von Fruchtfolgeflächen. 5. Es ist möglich, mit Hilfe von Bodenverbesserungsprojekten die natürlichen und produktiven Funktionen der Böden zu lenken. Dafür braucht es viel Know-how, um eine langfristige Ertragsfähigkeit und Ertragssicherheit der Agrarflächen zu gewährleisten.

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4 Strategische Ausrichtung des Wassermanage- ments

Grundlagen der Eine produktive Landwirtschaft in der Region Seeland-Broye ist, gestützt auf den Schlüs- Strategie selbefunden (Axiome) im vorangehendenden Kapitel, möglich und erstrebenswert.

Die Strategie stützt sich auf folgende Grundsätze:

1. Alle Akteure streben eine regionale Entwicklung mit einer produktiven Land-

wirtschaft an, die schonend mit den natürlichen Ressourcen Wasser, Boden,

Landschaft umgeht. Der Erhalt der Fruchtfolgeflächen ist prioritär für die Ernäh- rungssicherheit.

2. Lösungsansätze (Infrastrukturen) müssen regional abgestützt sein und von allen Akteuren getragen werden.

3. Die Organisation und die Kommunikation zwischen Behörden und Interessen-

gruppen muss verbessert werden und frühzeitig erfolgen. So können unnötige Projektverzögerungen vermindert werden.

4. Die geeigneten potentiellen Akteure und Entscheidungsträger müssen rechtzei-

tig identifiziert werden, um erfolgreiche regionale Wasservorhaben zu planen und zu realisieren.

5. Die Entwicklung von effektiven, effizienten und innovativen landwirtschaftli-

chen Produktionstechniken und -systemen soll den Wasserbedarf reduzieren

und die Umweltrisiken wie die Belastung mit landwirtschaftlichen Hilfsstoffen

und Bodenerosion minimieren. Zu diesem Zweck muss weiter in Forschung und Entwicklung investiert werden.

Handlungsbe- Drei Handlungsbereiche führen zum Ziel: reiche 1. Erneuerung und Ausbau der Infrastruktur 2. Entwickeln von zweckmässigen Organisationsstrukturen zwischen den Behör- den und den Akteuren vor Ort

3. Stärken der Professionalität der Bewirtschafter

Infrastruktur-Strategie

Allgemeiner Grundsatz: Nebeneinander statt Integration

Aufteilung der Für die territoriale Anwendung der Strategie wird eine Aufteilung der Infrastrukturen für Infrastrukturen die verschiedenen Zwecke bevorzugt. Zum Beispiel erwies sich die Idee der gemeinsa- men Nutzung der Broye für den Naturschutz, die Entwässerung und die Bewässerung wegen Nutzungskonflikten als nicht sinnvoll.

Neue Bewässerungsinfrastruktur

Seeland-Broye Infrastrukturen für die Bewässerung sollen von den Kanälen und Fliessgewässern ge- soll der Gemü- trennt werden. Die Bewässerung kann realisiert werden, ohne dass sensible Ökosysteme segarten der und Fliessgewässer beeinträchtigt werden. Die Wasserspeisung für die Bewässerung er- Schweiz bleiben folgt aus den Seen (Neuenburgersee, Murtensee) oder den grossen Kanälen (Zihl, Broye

18 Integrales Wassermanagement Seeland-Broye Pro Agricultura Seeland

und Hagneck). Der Zugang zu genügend Wasser ist Grundvoraussetzung für eine pro- duktive Landwirtschaft. Der Ausbau des Wasserbezugs und die Verteilung für die po-

tentielle Bewässerung muss optimiert werden.

Auch die Raumplanung und die Definition von Fruchtfolgeflächen müssen im Rahmen der regionalen Richtpläne überarbeitet werden, damit der nötige Beitrag zur nationalen

Ernährungssicherheit geleistet werden kann. Die Möglichkeit, Wasser aus dem Hagneckkanal oder dem Schiffenensee direkt für die Bewässerung oder die Speisung des Grundwasserreservoirs des Grossen Mooses einzu- leiten, sollte geprüft werden.

Sanierung der Drainageleitungen und Regulierung des Wasserspiegels im Grossen Moos

Entwässerung Die Drainageleitungen müssen in den kommenden Jahren tiefer verlegt und/oder ersetzt muss funktio- werden. Die Entwässerungskapazität der Kanäle ist zu vergrössern. Die rasche Entwäs- nieren serung der Fruchtfolgeflächen bei Starkregen und Hochwasserereignissen ist für die Er- tragssicherheit zentral. Die Regulierungsmöglichkeit des Grundwasserstandes auf einem

hohen Niveau hilft wesentlich die CO2-Emissionen zu senken. Hierfür braucht es eben- falls einen Infrastrukturausbau und eine digitalisierte, datenbasierte Steuerung.

Bodenkartierung und Bodenverbesserungsprojekte

Optimierung Es gibt Böden, welche für die landwirtschaftliche Produktion bestens geeignet wären, der Bodennut- aber durch lokale Absenkungen und damit zu lange verbleibende Wasseransammlungen zung beeinträchtig werden. Durch Bodenplanierung und Bodenaufschüttung könnte dies ver- bessert und das Oberflächenwasser rechtzeitig in das Kanalsystem abgeleitet werden. Solche Bodenverbesserungsprojekte stellen eine mögliche Kompensation für das Aus- scheiden von Naturschutzflächen dar. Für eine optimale Nutzung der Böden ist eine Bo- denkartierung nötig. Der Bau von neuen Treibhäusern könnte so auch auf weniger güns- tigen Böden erfolgen. Dabei muss aber besondere Rücksicht auf das Landschaftsbild ge- nommen werden. Die Treibhausflächen, in denen der gewachsene Boden genutzt wird, sollten weiterhin als Fruchtfolgeflächen angerechnet werden können (Anpassung Raum- planungsgesetz).

Landschaftsbild, Natur und Umwelt schonen

Landschaftsbild Die Nutzung der Agrarlandschaft durch Radsport und Wanderer, wie auch die Nähe zu bewahren den Seen sind für die Bevölkerung wichtig. Die Naturschutzflächen nehmen heute im westlichen Seeland einen Anteil von ca. 11% ein. Die Zukunft liegt mehr in der Verbes- serung ihrer Qualität und fachgerechten Pflege.

Trinkwasser

Trinkwasser- Das Trinkwasser für den häuslichen Gebrauch soll auch zukünftig aus den Hanglagen versorgung aus rund um das Grosse Moos, der Aare und der Broye-Ebene bezogen werden. So können grossen Quel- Grundwasser und kleinere Flüsse geschont und das Risiko einer Belastung durch land- len wirtschaftliche Hilfsstoffe vermindert werden. Integrierte und biologische Produktions- systeme erlauben eine Reduktion des Hilfsstoffeinsatzes.

Abwasser

ARA Zusam- Die Behandlung von Abwasser wird zukünftig zentralisiert erfolgen. Die Einleitung aus menschlüsse der ARA in kleine und sensible Bäche , welche Verschmutzungsrückstände aufweist, wird damit verschwinden. Grössere Kläranlagen sind nicht nur effizienter, sondern behandeln

19 Integrales Wassermanagement Seeland-Broye Pro Agricultura Seeland

auch Mikroverunreinigungen. Das ARA-Wasser wird direkt die Seen oder in die seen- verbindenden Kanäle eingeleitet.

Abb. 8 zeigt die Infrastruktur-Strategie für den IWM-Projektperimeter.

Abb. 8: Strategische Wasserbauvorhaben in der Region westliches Seeland-Broye

Zweckmässige Organisationsstruktur

Die Entscheidungsträger und Akteure sind noch nicht genügend organisiert, um grössere strategische Wasservorhaben realisieren zu können.

Es braucht folgendes:

COPIL 1. Schaffen lokalen Steuergruppen COPIL (comités locaux de pilotage)

Zusammen- 2. Zusammenschluss der lokalen Landwirte in Genossenschaften für die Bewässe- schluss der rung und die Bodenverbesserung Landwirte Die Zusammenarbeit zwischen den Kantonen funktioniert grundsätzlich gut. Der Infor-

mationsaustausch bezüglich Neuprojekten oder Gesetzesanpassungen könnte oftmals früher erfolgen um Projektumsetzungen zu beschleunigen.

Früher Aus- Regelmässiger Austausch zwischen Kanton und Akteuren funktioniert teilweise bei der tausch für alle Entwicklung von grossen Vorhaben, sollte aber verbessert werden und auch die zahlrei- Projekte chen geplanten Projekte in der Landwirtschaft berücksichtigen. Somit könnten auch klei-

20 Integrales Wassermanagement Seeland-Broye Pro Agricultura Seeland

nere Projekte optimiert und erweitert werden. Dieser fehlende Austausch stellt Nach- barn oft vor vollendete Tatsachen, ohne diesen die Möglichkeit zu geben, positiv Einfluss auf die Projektentwicklung zu nehmen. Bei der Suche nach finanziellen Mitteln und der politischen Entscheidungsfindung erhöht Koordination und geeintes Vorgehen die Realisierungschancen. Das integrale Wasser- management erfordert deshalb eine entsprechende interkantonale Struktur des Austau- sches.

Regionale Steuergruppen für die Kommunikation und Koordination

Verbesserte In einem Gebiet, welches sich über drei verschiedene Kantone erstreckt, ist die Kommu- Kommunikation nikation und Zusammenarbeit wichtig. Die Landwirtschaft setzt sich aus einer grossen Anzahl Akteuren zusammen, welche nicht immer eine koordinierte Vision für Infrastruk- turprojekte teilen. Auf Kantonsebene reifen Entwicklungen oft „im stillen Kämmerlein“. Projektideen und Gesetzesentwürfe entstehen, zu welchen möglichst frühzeitig Stellung genommen werden müsste.

Regionale CO- Um Kommunikation und Koordination zu fördern, sollten lokale Steuergruppen (COPIL) PIL für das Wasser- und Bodenmanagement im Agrargebiet geschaffen werden. Solche Steuergruppen existieren bereits in anderen Sektoren (u.a. Bewältigung der Wild- schweinproblematik um den Neuenburgersee, Renaturierung von Flüssen). Regelmäs- sige Sitzungen mit einer festen Tagesordnung und einem Moderator ermöglichen eine optimale Kommunikation zwischen allen Akteuren. Die COPIL muss die wichtigsten und wenn möglich gleichen Personen an einen Tisch bringen, um den Austausch zu erleich- tern und Vertrauen aufzubauen. Vorschläge zu Steuergruppen:

. Perimeter: Broye (copil1), Grosses Moos (copil2), Bibera (copil3).

. Zusammenkunft 1-2mal pro Jahr . Neutraler Moderator, welche die Themen ganzheitlich erfasst

. Festgelegte Tagesordnung: Gesetzesentwürfe in Bearbeitung, Projekte zum Inf- rastrukturausbau. Jeder Akteur präsentiert die Entwicklungen der Projekte, den Projektstand und die weiteren Schritte.

. Mitglieder einer Steuergruppe sind Vertreter der zuständigen kantonalen Ämter (Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Raumplanung) und die Akteure. Die Vertre- ter sollten mit der Region vertraut sein.

Mit dieser einfachen Struktur ist eine Gesamtübersicht über alle aktuellen und geplanten Vorhaben möglich. Konflikte können schneller erkannt und politische und finanzielle Un- terstützung gefördert werden.

Organisation der Grundeigentümer- und Bewirtschafter im Agrarraum

Legitimierte Die Kantone spielen bei der Bodenverbesserung (Infrastrukturen zum Wasser- und Bo- Ansprechpart- denmanagement) eine wichtige Rolle. Sie können nicht mit jedem einzelnen Landwirt ner verhandeln und brauchen deshalb Ansprechpartner, die legitimiert sind, für eine grosse Anzahl von Akteuren zu sprechen. Die Flurgenossenschaften einzelner Gemeinden sind

21 Integrales Wassermanagement Seeland-Broye Pro Agricultura Seeland

Zusammen- hierfür zu klein. Für Wasservorhaben braucht es eine grössere regionale Organisations- schluss von truktur. Vorstellbar ist der Zusammenschluss oder die Neugründung von Flurgenossen- Landwirten schaften, mit dem Zweck der integralen Nutzung von Wasser- und Boden im betreffen- den Landwirtschaftsgebiet.

Professionalität der Bewirtschafter

Bewässerungsmanagement

Datenbasierte Das Know-how zur digitalisierten Steuerung der Bewässerung existiert noch nicht und Bewässerung soll in den nächsten Jahren entwickelt werden. Die Projektidee PIR (Pilotage irrigation) ist ein Schritt in dieser Richtung. Die Bewässerung soll datenbasiert (Echtzeitmessungen, hydro-meteorologische Prognosen, Entwicklungsstand der Kulturen) optimiert werden.

Wichtige Vorarbeiten wurden im Rahmen eines Projektes zur Anpassung an den Klima-

wandel geleistet.

Abb. 9 zeigt die Plattform isb.swissrivers.ch, welche als Grundlage für das PIR dienen ISB-Projekt kann. Eine Prognose des Bewässerungsbedarfs kann pro Gemeinde (Summe aller vor- ausweiten handenen Kulturen und Parzellen) täglich berechnet werden, was eine optimierte Be- wässerung ermöglicht (Agroscope basiert auf der Methode der FAO). Den Landwirten könnte auf Ebene der Parzelle alle relevanten Informationen in Echtzeit geliefert werden: aus der Koppelung von Echtzeitmessungen der Bodenfeuchte und der Berechnungen des Wasserbedarfs ausgewählter Kulturen in einem bestimmten Ent- wicklungsstadium (Simulationsmodelle) können Empfehlungen für eine optimierte Be- wässerung generiert werden.

Der Einsatz solcher Methoden soll eine effiziente und ressourcenschonende Bewässe- rung ermöglichen. Mit Hilfe eines BLW-Ressourcenprojektes (Art. 77a Landwirtschafts- gesetz) sollte das Know-how für ein datengestütztes Management der Bewässerung von landwirtschaftlichen Kulturen in wichtigen Gebieten des Kartoffel- und Gemüsebaus etabliert werden. isb.swissrivers.ch

Abb. 9: Plattform isb.swissrivers.ch (Irrigation Seeland-Broye) als Grundlage für das PIR-Projekt. Optimierte Bewässerung für eine produktive Landwirtschaft mit einem schonenden Umgang der Wasserressourcen.

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Kontrollierter Einsatz von landwirtschaftlichen Hilfsstoffen

Einsatz von Ein optimierter Einsatz von landwirtschaftlichen Hilfsstoffen ist notwendig, um Wasser Hilfsstoffen op- und Boden vor unnötigen Belastungen zu schützen. Der Einsatz solcher Hilfsstoffe ist timieren zwar notwendig für die Erhaltung der Produktion des Gemüse- und Ackerbaus, soll aber optimiert werden. Ausbau bewäs- Möglichkeiten der Wasseraufbereitung und einer angepassten Wasserverteilung könn- serbarer Flä- ten dazu beitragen. In wichtigen Acker- und Gemüsebaugebieten sollte die bewässer- chen bare Fläche möglichst gross sein, damit eine Optimierung von überbetrieblichen Frucht- folgen ermöglicht wird. Das wäre ein wichtiger Beitrag zur Senkung des Pflanzenschutz- aufwandes.

Anwendung der Methode Hydrique für Projektträger

Projektentwick- Die Methode Hydrique hat zum Ziel, die Entwicklung von Projekten zu fördern und lungen verein- durch eine Früherkennung aller relevanten Zusammenhänge im Wasserhaushalt die fachen besten Varianten zu identifizieren.

Abb. 10 : Rolle des IWM Projekts und der Methode Hydrique für die Entwicklung von Infrastrukturen

Vorgehens- Aus dem IWM-SB-Projekt folgt ein Aktionsplan (Abb. 10, Punkt 1). Die vorgeschlagenen weise Massnahmen entsprechen einem Konsens aller Akteure und haben eine hohe Akzeptanz und realistische Erfolgschancen (Entscheidungsträger wurden bereits darauf vorberei- tet). Die Karte der IWM Strategie zeigt eine Liste möglicher Vorprojekte, welche von den Akteuren gutgeheissen wurden.

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Umsetzung Zur Umsetzung von Projektinitiativen (Punkt 2) braucht es als erstes eine solide Projektinitiati- Abklärung der Realisierbarkeit. Diese Prüfung kann zusammen mit den relevanten ven Akleuren anhand des funktionalen IWM-Schemas vorgenommen werden. Darauf ist die Projektträgerschaft zu bilden und ein Vorprojekt zu initiieren und finanzieren. Dazu ist die frühzeitige Zusammenarbeit mit den Gemeinden und dem Kanton anzustreben.

Mitwirkungs- Sobald eine Startfinanzierung gewährleistet ist, muss ein partizipativer Prozess prozess eingeleitet werden. Die Methode Hydrique wird angewendet (Punkt 3), um das Projekt mit den Akteuren zu optimieren. Eine erste Dimensionierung, basierend auf den

Resultaten der Methode Hydrique ermöglicht einen ersten Kostenvoranschlag (+/- 20%). Bewilligungs- Das Vorhaben wird den Behörden zur Validierung, Genehmigung und Bewilligung verfahren vorgelegt (Punkt 4). Der zuständige kantonale Dienst konsultiert die anderen zuständigen kantonalen Ämter und Bundesämter. Nach Abschluss des Bewilligungsverfahrens (Kanton und Bund) liegt es in der Hand der Gemeinde, eine Baubewilligung zu erteilen (Waadt, Bern). Im Kanton Freiburg sind es die Statthalter, die diese Funktion erfüllen (oder der für die Raumplanung zuständige Staatsrat, wenn das Projekt ausserhalb der Bauzonen liegt). Das Projekt kann dann umgesetzt werden.

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5 Aktionsplan

Der Aktionsplan ist das Resultat der vorliegenden Studie. Er gliedert sich in eine Übersicht (Abb. 11) und eine chronologische Liste der geplanten Massnahmen (Tab. 2).

Die Massnahmen, welche die Öffentlichkeit umzusetzen hat, werden im Detail beschrieben, während dem die Massnahmen, welche von einzelen Akteuren laufend auszuführen sind, nur ansatzweise erwähnt werden.

Abb. 11 : Aktionsplan IWM mit den nötigen Massnahmen um die strategische Vision zu verwirklichen

Gemäss Abb. 11 gliedert sich der Aktionsplan in die 4 folgenden Bereiche:

Voruntersuchungen (Vorstufe) Erste Aktionen sind das Bilden von Verbänden und COPILs, und das Auslösen von Sektorstudien und Informations- und Datensammlung. Die Projektträger sind hauptsächlich die Kantone und die Landwirte. Die Kantone sind für Studien zur Informations- und Datensammlung (Kartographie, Sektorplan Bewässrung) zuständig. Pro Agricultura oder andere Organisationen fördern die Bildung regionaler COPILs für jeden funktionalen Teilraum. Landwirte schliessen sich zu Bewässerungs- oder Bodenverbesserungsgenossenschaften zusammen. Die Kantone sollen sie dabei durch proaktive und gezielte Kommunikation unterstützen.

Untersuchungen im Projektgebiet (Lokale Analyse) Lokale Vorstudien dienen als Vorbereitung für konkrekte Projekte (Bewässerung, Bodenverbesserung, Wiederherstellung von Lebensräumen). Die Projektträger sind hauptsächlich organisierte Landwirte oder Umwelt-NGO. Im Bereich Trinkwasser und Abwasser sind die Gemeinden und Gemeindverbände die Projektträger. Dieser Schritt

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soll es ermöglichen auch sehr visionäre Varianten mit der Methode Hydrique (Analyse der Akteure, funktionales Schema) zu berücksichtigen.

Projekte Projektstudien und Projektrealisierung müssen von den gleichen Projektträgern ausgeführt werden. Dabei werden sie, je nach Gesetzesgrundlagen, von den Kantonen oder vom Bund unterstützt. Parallel dazu muss der Bund die Forschung und Entwicklung im Bereich Agrar- und Bewässerungstechniken fördern, um eine produktive Landwirtschaft mit Rücksicht auf Natur und Umwelt sicherzustellen.

Individuelle Aufgaben Neben den Infrastrukturprojekten sind auch individuelle Aktionen durchzuführen, wie z.B. Einsatz von effizienten Agartechniken, Massnahmen zur Energieeffizient, Optimierung der Bewässerung (z.B. Pilotage Irrigation PIR), Digitalisierung und Unterhalt von existierenden Biotopen.

Die folgende Liste der Aktionen/Massnahmen (Tab. 2) ist chronologisch gegliedert und enthält Start und Ende der einzelnen Arbeiten. Die Daten werden laufend angepasst.

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Tab. 2 : Synthese des Aktionsplans

HAUPTPROJEKT- TRÄGER AKTION KATEGORIE ANFANG ENDE Politische Aktionen um den Aktionsplan an die Landwirtschaftliche Entscheidungsträger zu bringen. Zusammenarbeit mit den Organisation Gemeinden. Koordination 2018 2025 Landwirtschaftliche Erstellung von COPILs: Gesuch bei den Ämter erstellen, Organisation Moderatoren suchen, Teilnehmerliste Koordination 2018 2018 Genossenschaften bilden für die Bewässerung oder die Landwirte der Region Bodenverbesserung Koordination 2018 2020 Aufforderung (schriftlich oder bei einem Meeting) der Kanton VD, FR, BE Gemeinden und Akteuren Genossenschaften zu bilden Koordination 2018 2018 Kanton FR Bodenkartierung Grosses Moos Ost Studie 2018 2020 Kanton BE Bodenkartierung Grosses Moos West Studie 2018 2020 Kanton FR/BE Sektorstudie Wasser im Grossen Moos Ost Studie 2019 2021 Kanton BE Sektorstudie Wasser im Grossen Moos West Studie 2019 2021 Landwirtschafts- Projekte für ein separates Bewässerungsnetz: Broye, Bibera genossenschaft Schiffenen, Grosses Moos Wassermenge 2020 2030 Landwirtschafts- genossenschaft Bodenverbesserungsprojekte Bodenfläche 2020 2030 Landwirtschafts- genossenschaft Projekte für die Sanierung der Drainageleitungen Wassermenge 2020 2030

Umwelt NGO / Kantone Lokale Revitalisierungsprojekte der Flüsse + Feuchtgebiete Bodenfläche 2020 2030 Kapazitätsausbau des Trinkwassernetzes von den Hanglagen Gemeindeverbände und den Seen Wassermenge 2020 2030 Gemeindeverbände Projekte für ARA-Zusamenschlüsse Wassermenge 2018 2030 Forschung und Entwicklung von Bewässerungsmethoden / Bund Information Wassermenge 2018 2025 Forschung und Entwicklung von nachhaltigen une effizienten Bund Agrartechniken Bodenfläche 2018 2025 Integration von effizienten Technologien und Methoden: Bewässerungssteuerung, weniger landwirtschaftiliche Wassermenge, Landwirte der Region Hilfsstoffe Bodenfläche 2020 2030

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6 Synthese und Ausblick

Interdisziplinäre Das IWM-Modellvorhaben schuf eine Plattform zur interdisziplinären, interkantonalen und interkanto- und interlingualen Zusammenarbeit zwischen wichtigen Akteuren des Wassermanage- nale Plattform ments im Agrarraum Seeland-Broye. Der nachhaltige Umgang mit der Ressource Wasser ist in diesem Vorranggebiet für den Acker- und Gemüsebau angesichts der Klimaerwär- mung und dem Bedarf der Ernährungssicherung eine grosse Herausforderung. Dank des Modellvorhabens konnte eine Methode für Problemlösungen entwickelt werden.

Ausreichend Das Wasserangebot in der Region ist dank dem Zufluss der Aare ganzjährig gewährleis- Wasser tet und die drei Seen stellen ein grosses Wasserreservoir dar. Die grosse Herausforde- rung in der Region ist nicht der Umgang mit Wasserknappheit in heiss-trockenen Som-

mern, sondern das Schaffen der nötigen Infrastrukturen zur Bewältigung von zu viel

Wasser nach Starkniederschlags- und Hochwasserereignissen einerseits und dem loka-

len Wassermangel im Sommer anderseits.

Handlungsbe- Die IWM-Analyse zeigt einen grossen Handlungsbedarf auf: Es braucht neue Bewässe- darf zum Infra- rungsnetze, getrennt von den Bächen und Kanälen, Erneuerung oder Verlegung der Drai- strukturausbau nageleitungen, koordinierte Bodenverbesserungen und Sanierung der Kanäle, um die Entwässerungskapazität zu stärken.

Integraler An- Die grossen Investitionen sind nur sinnvoll und nachhaltig, wenn Rücksicht auf Umwelt, satz und neue Natur und Landschaft genommen wird. Der nötige integrale Ansatz kann mit der Me- Organisations- thode Hydrique (Funktionales Schema, Workshop mit allen Akteuren) umgesetzt wer- strukturen den. Das frühzeitige Einbeziehen der Grundeigentümer und der Gemeinden sowie das Bilden von zweckmässigen Organisation sind wichtige Voraussetzungen für das Gelin-

gen. Regionale Steuergruppen (COPILS) sichern den nötigen Informationsaustausch über

Gemeinde- und Kantonsgrenzen hinweg sowie zwischen den verschiedenen kantonalen

Ämtern. Für den Bau und den professionellen Betrieb von Wasserinfrastrukturen (so-

wohl für die Landwirtschaft als auch für die revitalisierten Gewässer) ist die Bildung

regionaler Bewässerungs- und Bodenverbesserungsgenossenschaften zentral.

„Dritte“ Jurage- Das Seeland West und die Broye sind Teile eines grösseren korrespondierenden Was- wässerkorrek- ser- und Landschaftssystems, dem Drei-Seen-Land, welches durch die Juragewässerkor- tion rektionen massgebend geprägt wurde. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die diskutier- ten Wasservorhaben nicht in einen grösseren Zusammenhang zu stellen sind. Man

könnte, gestützt auf das Raumkonzept Schweiz, von einem funktionalen ländlichen

Raum „Drei-Seen-Land“ sprechen und die Notwendigkeit einer „Dritten“ Juragewässer-

korrektion zum Antizipieren der Folgen der Klimaerwärmung und zur nationalen Ernäh-

rungssicherung postulieren.

Politischer Die Realisierung und Finanzierung des Integralen Wassermanagements Seeland-Broye Wille, Ernäh- wird nur möglich sein, wenn der politische Wille seitens der betroffenen Kantone Bern, rungssicherheit Freiburg, Waadt und Solothurn und des Bundes gegeben ist. Der neue Verfassungsarti- kel 104a BV „Ernährungssicherheit“ schafft dafür die nötige Voraussetzung.

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