Originalveröffentlichung in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 25 (1998), S. 53-77

UNTERSUCHUNGEN ZUR ENTSTEHUNGSGESCHICHTE

DES GRABMALS VON CANGRANDE I. DELLA SCALA1

Peter Seiler

Die inmitten der Altstadt Veronas neben der klei­ und Prototyp der beiden folgenden Grabbauten nen romanischen Kirche S. Maria Antica aufra­ von Mastino II. (f 1351) und Cansignorio (1375) genden Grabmäler der (Abb. 1) werden dargestellt, obwohl die bereits im späten 19. Jahr­ seit den Anfängen der neueren Kunstgeschichts­ hundert geäußerten Zweifel an dieser Auffassung schreibung zu den bedeutendsten Werken der in den letzten Jahrzehnten wiederholt bekräftigt mittelalterlichen Grabmalkunst gerechnet. Nach­ wurden. Versucht man, sich Klarheit über die wi­ dem bereits Franz Kugler in seinem 1841 publi­ dersprüchlichen Hinweise und Hypothesen zu zierten „Handbuch der Kunstgeschichte" ihren verschaffen, tritt die Brisanz des Forschungsstan­ Zeugniswert für die Ausbreitung des gotischen des deutlich zutage: Ohne eine tragfähige Rekon­ Stils in Italien vermerkt hatte,2 wies Jakob Burck­ struktion der sicherlich mehrere Etappen umfas­ hardt einige Jahre später im „Cicerone" auf ihre senden Entstehungsgeschichte des Cangrande­ umfassendere historische Bedeutung hin: „Kul­ Grabmonuments fehlt allen Überlegungen zu sei­ turgeschichtlich sind diese Gräber ebenso merk­ ner historischen und kunsthistorischen Bedeutung würdig als in betreff der Kunst. Außerhalb der eine sichere Grundlage. Mit den folgenden Aus­ Kirche in mehr politisch­monumentaler als in re­ führungen wird beabsichtigt, die vorhandenen ligiöser Absicht von den Gewaltherrschern Vero­ Probleme aufzuzeigen und zumindest teilweise zu nas errichtet, sind sie die Vorstufe jener ganz pro­ lösen. fanen Reiterdenkmäler, wie sie später von den Ve­ nezianern als politische Belohnung für ihre Feldherrn gesetzt wurden."3 Cangrandes Tod Burckhardts Einschätzung wurde zu einem Ge­ meinplatz kunsthistorischer Handbücher. Das In­ Am 2. Juli 1329 verließ Cangrande I. della Scala mit teresse an den „berühmten Denkmälern"4 blieb seinem Heer . Sein Ziel war die Eroberung aber dennoch vergleichsweise gering. Man hat Trevisos. Nach sechzehntägiger Belagerung kapi­ nicht nur ihrem komplexen figürlichen Apparat, tulierten die Trevisaner und unterstellten sich sei­ ihrem ungewöhnlichen Standort inmitten des Re­ ner Herrschaft. Am 18. Juli zog Cangrande in die sidenzviertels der Dynastie und ihrem histori­ Stadt ein. Vier Tage später war er tot. Man über­ schen Entstehungskontext wenig Aufmerksamkeit führte seinen Leichnam nach Verona und bestatte­ zukommen lassen. Auch die Probleme des Erhal­ te ihn cum honore maximo in S. Maria Antica.6 tungszustands, der stilkritischen Analyse und der Cangrande war ein charismatischer Herrscher, Datierung der Grabmäler wurden vernachlässigt der bereits zu Lebzeiten politische Legendenbil­ und in ihrer Tragweite unterschätzt.5 dungen ausgelöst hatte. Es ist daher nicht erstaun­ Besonders schwer wiegen diese Defizite beim lich, daß sein plötzlicher Tod vielen Zeitgenossen Grabmal des Cangrande I. della Scala. Bis in die mysteriös erschien. Zwar wurde in Verona aus­ jüngste Zeit findet man es nicht nur in der populä­ drücklich auf die natürliche Todesursache des Si­ ren Kunstliteratur, sondern auch in Forschungs­ gnoren hingewiesen, ­ im Chronicon Veronense beiträgen immer wieder als einheitliche Schöpfung liest man zum Beispiel, daß er propter fluxum, et

53 1 Verona, S. Maria Antica und der Friedhof der Scaliger febrem continuam ob laborem exercitus gestorben doveafare di tutta la Marca Trivisana Signore, poi sei7 - aber dennoch kursierten Gerüchte über eine il terzo dl morire.9 gewaltsame Todesursache.8 Offene Ohren fanden vor allem auch dicerie, denenzufolge Cangrandes Tod in bereits lange Zeit vorausgesagt Provisorische Bestattung und erstes Grabmal worden wäre. Diese Prophetie wurde in verschie­ denen Versionen wiedergegeben und vereinzelt Zeitgenössische Chroniken erwähnen im allgemei­ auch mit dem legendären Wahrsager Merlin oder nen nur, daß Cangrande in S. Maria Antica beige­ dem Astrologen Michael Scotus in Verbindung ge­ setzt wurde. In welcher Form dies geschah, über­ bracht. In der Istoria di Parma findet man zum liefern sie nicht. Selbst in dem Serventese in morte Beispiel die Schilderung, der Tod des Cangrande di Cangrande, der die Begräbnisfeierlichkeiten sei quasi per pronostico del popolo erfolgt, il quäle ausführlich schildert, findet man lediglich die lapi­ per molti anni inanzi era solito dire: Che Cane si dare Feststellung: E sepolto fu 7 nobile signore / In

54 Santa Maria Antica.l° Genauere Angaben sind in rische Bestattung in einem der damals bereits vor­ einem lateinischen Carmen enthalten. Diesem zu­ handenen Marmorsarkophage ist nicht wahr­ folge wurde der Leichnam des Cangrande einbal­ scheinlich, obwohl man aufgrund des lateinischen samiert und am Ende der Begräbnisfeierlichkeiten Carmen, demzufolge Cangrande im „Grab der Vä­ im „Grab seiner Vorfahren" (tumuluspatrum) bei­ ter" beigesetzt worden sei, zunächst auch diese gesetzt." Spätere Chroniken verweisen in Zusam­ Möglichkeit in Erwägung ziehen möchte.16 Es ist menhang mit dem Begräbnis auf das Grabmal über hier zu bedenken, daß die Bestattung „bei den Vä­ dem Portal der Kirche (Abb. 1, rechts), als habe tern" als ehrenvoll galt. Die Bezeichnung tumulus dieses bereits im Juli 1329 zur Verfügung gestan­ patrum muß deshalb nicht wörtlich verstanden den.12 Das war aufgrund des plötzlichen Todes des werden. Sie dürfte den Friedhof als traditionellen Signoren mit Sicherheit nicht der Fall. Cangrande Bestattungsort der Scaliger meinen. muß im Anschluß an die Begräbnisfeierlichkeiten, Kann man nun die irritierende Unordnung, die die bereits zwei Tage nach seinem Tod stattfanden, man im Sarkophag des vorfand, auf eine entweder in einem bereits vorhandenen Sarkophag einmalige Umbettung des Leichnams zurückfüh­ oder in irgendeiner anderen Form provisorisch be­ ren? Hier bestehen seit der Öffnung des Sarko­ stattet worden sein.13 Aufschlußreich ist in diesem phags Zweifel,17 und diese werden durch andere Zusammenhang der Zustand des Leichnams, wie Indizien, die man allzu leichtfertig übergangen hat, man ihn anläßlich der 1921 erfolgten Öffnung des noch verstärkt. Als man sich 1921 mit dem Sarko­ Sarkophags vorfand. In einem damals abgefaßten phag befaßte, beachtete man nicht, daß bereits ein Bericht wurden folgende Beobachtungen und Jahr zuvor Luigi Simeoni in einem kurzen Beitrag Überlegungen festgehalten: die Auffassung vertreten hatte, es handele sich bei „Fu neccessariamente posto in un avello provvi­ einem auf dem Friedhof stehenden Reliefsarko­ sorio finche l'attuale suo mausoleo fu ultimato; phag (Abb. 15­16) nicht ­ wie gemeinhin vermutet nel frattempo molti mesi passarono e la salma ­ um das Grabmal des Alberto I., sondern um ein imbalsamata pote mumificarsi. ­ Nel primo Grabmal für Cangrande I., das dem Monument avello, che era piü lungo dell'attuale, il morto fu über dem Seiteneingang von S. Maria Antica vor­ collocato supino, con la testa rialzata su guan­ ausgegangen sei. Er stützte sich bei der Identifizie­ ciali di prima [qualitä] ed avvolto in richi palu­ rung des Sarkophags auf die beiden Heiligenfigu­ damenti. ren, die die Reiterfigur flankieren und mit ihren Parecchi mesi dopo fu tolto dalla provvisoria se­ Gesten auf sie Bezug nehmen. Dargestellt sind die poltura e cosi insecchiato come giä era fu qui hl. Magdalena und der hl. Jakobus. Simeoni erklär­ posto mettendolo a riposare sul fianco destro, te ihre Einbeziehung in das ikonographische Pro­ perche la nuova urna era un po' piü stretta gramm des Sarkophages mit dem Hinweis, daß dell'altra ed incapace di contenerlo supino ­ e Cangrande am Festtag der hl. Magdalena starb und qui si posero il resto della prima tomba (...). nach der Überführung am 25. Juli, dem Festtag des Solo in tal modo si puö spiegare l'apparente dis­ hl. Jakobus, in Verona bestattet wurde.18 Simeoni ordine ieri trovato nella sepoltura, certamente hielt den Reliefsarkophag nicht für ein provisori­ mai aperta, e il groviglio delle Stoffe presso ai sches Grabmal, sondern betonte ausdrücklich des­ piedi da cui emergeva l'impugnatura della spada sen Sonderstellung unter den frühen Scaligermo­ con la lama rotta e marcita, e i piedi stessi infran­ numenten. Im Unterschied zu den einfachen, als ti, e Pavello perfettamente asciutto anche nel tombe difamiglia dienenden Sarkophagen sei die­ fondo, ove il marmo non e contaminato da alcu­ ser exklusiv der Erinnerung an Cangrande gewid­ na macchia di putredine."14 met worden. Das zeige nicht nur der Bildschmuck, Die zur Konservierung des Leichnams getroffenen sondern vielleicht auch ein zeitgenössisches, in der Maßnahmen und dessen prachtvolle Einkleidung Überlieferung Graziadio Grimani zugeschriebe­ mit kostbaren Seidenstoffen zeigen, daß Cangran­ nes Epitaphium, bei dem es sich um die Inschrift de wohl in einem Einzelgrab, möglicherweise in dieses ersten Monuments handeln könne.19 Auf­ einem Holzsarg, beigesetzt wurde.'5 Eine proviso­ grund des anhaltenden Macht­ und Prestigezu­

55 2 Verona, S. Maria Antica, Grabmal des Cangrande I., Sarkophag wachses der Signorie sei man indes einige Jahre schein genommen und war zu der Schlußfolgerung später mit dem primo sepolcro nicht mehr zufrie­ gelangt, diese sei eine „reliquia, forse la parte den gewesen und habe deshalb die Errichtung des migliore" des ersten Grabmals des Scaligers: prächtigeren Grabmals über dem Seiteneingang „Quest'epigrafe, che ora sta fra i due cani aral­ von S. Maria Antica veranlaßt. Berücksichtigt man dici dell'urna di Cangrande, fu sempre conside­ Simeonis Ausführungen, dann wäre der Leichnam rata ­ a torto ­ un elemento delParca monumen­ des Cangrande zweimal umgebettet worden. tale; invece ne e affatto slegata e con la sua massa Ohne auf Simeonis Beitrag einzugehen, vertrat rettangolare, rozzamente incorniciata, pertur­ 1921 auch Antonio Avena die Auffassung, ein frü­ bata l'agile armonia delle linee. Inoltre la sua heres Grabmal des Veroneser Signoren müsse exi­ proiezione verticale e la sezione trasversale,(...) stiert haben. Avena hatte anläßlich der Öffnung mostrano delle riseghe e una guscia, lavorate a des über dem Seitenportal der Kirche stehenden martellina, che possono dar elementi per rico­ Sarkophags (Abb. 2) die vor diesem aufgestellte struire o un' altr'arca o una parte, ma sono per se Tafel mit der von Rinaldo Cavalchini da Villafran­ inesplicabili in un epigrafe, che di solito s'incide ca verfaßten Grabinschrift genauer in Augen­ su un masso squadrato. Infinc si noti ch'essa e

56 3 Verona, S. Maria Antica, Grabmal des Cangrande I., 4 Verona, S. Maria Antica, Grabmal des Cangrande I., Sarkophag (Kirchenseite), Relief: „Heinrich VII. überträgt Sarkophag (Außenseite), Relief: „Cangrande kämpft Cangrande das Reichsvikariat von " siegreich um Vicenza"

qui un duplicato, poiche un'iscrizione comme­ zu vereinbaren. Für die Inschriftentafel kommt am morativa del mono la leggeremo anche sul li­ ehesten eine Wand als architektonischer Träger in stello superiore dell'arca."20 Frage, während der Reliefsarkophag aufgrund sei­ Avenas Beobachtungen erscheinen plausibel. Sie nes allseitigen Reliefschmucks als freistehendes sind jedoch mit Simeonis Auffassung, nach der es Grabmal aufgestellt gewesen sein muß. Avena hat sich bei dem Reliefsarkophag um das erste Grab­ sich zu diesem Problem nicht geäußert.21 Die spä­ mal von Cangrande handelt, nicht ohne weiteres tere Forschung ist seinen Ausführungen kommen­

57 tarlos gefolgt. Die Inschriftentafel wurde seither Eingangs; an den Ecken wird sie von Konsolen ge­ immer wieder als Bestandteil des ersten, mögli­ stützt. Die beiden Konsolen der Außenseite lagern cherweise als Provisorium konzipierten Grabmals auf quadratischen Pfeilern, die zugleich als Portal­ von Cangrande I. angesehen.22 Mit Simeonis Iden­ pfosten fungieren. Die beiden inneren Konsolen tifizierung des Reliefsarkophags befaßte man sich wurden ohne architektonische Stützelemente in hingegen nicht mehr. den Quaderverband der Mauer eingefügt. Die Bal­ dachinarchitektur des Grabmals setzt sich aus vier architektonischen Elementen zusammen: aus Das Grabmal über dem Seitenportal spitzbogigen Säulenarkaden (dem Grundriß ent­ sprechend mit enger und weiter Säulenstellung), Das Cangrande­Grabmal ist über dem ins linke einem von diesen getragenen, aus großen Marmor­ Seitenschiff führenden Seiteneingang von S. Maria blöcken zusammengefügten Kreuzgiebeldach, ei­ Antica in die durchbrochene Außenmauer einge­ nem vierteiligen Kreuzrippengewölbe, mit dem setzt und ragt mit seiner über der Traufe des Sei­ der Baldachin im Innern eingewölbt ist, und einem tenschiffdaches ansetzenden hohen Dachkon­ hohen, steilen, pyramidenstumpfförmigen Dach­ struktion turmartig an dem kleinen Kirchenbau aufsatz. Aufgrund der erhöhten Position und der empor (Abb. 1 und 19). Es hat einen querrechtek­ im Verhältnis zu dem kleinen Kirchenbau unpas­ kigen Grundriß und kragt sowohl auf der Seite des senden Größe des Grabmals ­ die lichte Weite der Kircheninnern als auch auf der Außenseite über Spitzbogenarkade an der Breitseite des Grabmals die Kirchenmauer vor. Die nur wenige Zentimeter ist ungefähr eineinhalbmal so groß wie die der Säu­ dicke Platte (Abb. 2), auf der Sarkophag und Bal­ lenarkade des Seitenschiffs ­ wurden bei seiner Er­ dachin stehen, überbrückt die Maueröffnung des richtung Eingriffe in die Struktur des Seitenschiff­ gewölbes notwendig. Die ursprüngliche Lösung des Anschlußproblems ist nicht erhalten.23 Das Monument wird jedoch im Kircheninnern ­ wie heute ­ bis zur Scheitelhöhe des Baldachinbogens sichtbar gewesen sein, denn dieser erhielt ein Blatt­ ranken­Ornament. Der Sarkophag ist ebenfalls seinem besonderen Standort gemäß dekoriert: das figürliche Programm erstreckt sich auf beiden Längsseiten. Zwei großplastische Darstellungen des Can­ grande bilden die visuellen Zentren des Grabmals: die auf einer Bahre wiedergegebene Liegefigur über dem Sarkophag (Abb. 2) und die Reiterstatuc m auf dem Dachaufsatz. Beide Figuren wurden im Hinblick auf ihre Sichtbarkeit konzipiert. Wäh­ rend Pferd und Reiter dem Betrachter zugewandt sind, ist die Liegefigur, da sie nicht nur von außer­ halb, sondern auch von innerhalb der Kirche gese­ hen werden kann, in axialsymmetrischer Rücken­ ff'iBfo *U lage wiedergegeben, d. h. ihr Kopf ist nicht wie bei zahlreichen anderen italienischen Grabmonumen­ ten dem gemeinhin nur auf einer Seite stehenden Betrachter zugedreht. Cangrandes Grabmal ist kein makelloses Mei­ 5 Verona, S. Maria Antica, Grabmal des Cangrande [. sterwerk. Die formalen Inkonsistcnzen sind nicht aus Panvinio 1647 zu übersehen:

58 1. Im Zusammenschluß einzelner Teile des Grabmals treten aufgrund unausgewogener Grö­ ßenverhältnisse Dissonanzen in Erscheinung. Die A ürancfe robusten Massen von Giebeldach und pyramida­ lem Dachaufsatz lasten übergewichtig auf den schlanken Stützelementen und stehen in einem seltsamen Kontrast zu den eleganteren Proportio­ nen von Sarkophag und Totenbett. 2. Der Skulpturenschmuck des Grabmals wurde von unterschiedlichen Bildhauern ausgeführt. Die k Liegefigur steht deutlich unter dem Qualitätsni­ mMmBmmSSmSk veau der Reiterstatue, und markante Unterschiede bestehen auch zwischen den historischen Reliefs des Sarkophags. Die der Außenseite sind konziser dargestellt als diejenigen der Kirchenseite; und die i < unterhalb der szenischen Reliefs befindlichen Stadtdarstellungen sind auf der Seite des Kirchen­ innern stärker an der Vogelperspektive orientiert und im Detail sorgfältiger ausgearbeitet als diejeni­ gen außen (Abb. 3­4). Der in vollrunden Einzelfi­ m guren ausgeführte religiöse Bildschmuck wurde nicht vollständig ausgeführt. Den auf der Außen­ seite vorhandenen Skulpturen fehlen Pendants auf der Seite des Kircheninneren.24 3. Die nur noch teilweise ursprüngliche vegeta­ bile Ornamentik des Monuments ist ebenfalls sti­ listisch nicht einheitlich.25 Die Unterschiede gehen über die Variationsbreite der figürlichen Skulptur hinaus. Die Rankenornamente der Baldachinbö­ 6 Verona, S. Maria Antica, Grabmal des Cangrande L, aus Valesi 1753 gen (Abb. 18), die Säulenkapitelle, bei denen es sich um eine seltene Variante des korinthischen Typus schiedenen Hypothesen zu erklären. handelt, das Zungenblattornament der Standplatte Bereits 1890 wies August Schmarsow in einer und die Zungenblattzier der beiden im Kirchenin­ kurzen Beschreibung der Scaligergrabmäler darauf nern befindlichen Konsolen stehen noch ganz in hin, daß der pyramidale Dachaufsatz des Cangran­ der Tradition der oberitalienischen Romanik.26 Das de­Grabmals „eine spätere, gotisch dekorierte Zu­ Blattornament am Krönungsgesims des Dachauf­ tat des Nachfolgers sein könnte"; die „ursprüngli­ satzes, das an den Giebelschrägen sowie das Blatt­ che Form des Daches wäre wohl derjenigen des werk der äußeren Konsolen27 (Abb. 14) und die Grabmals Castel'barco (Abb. 8) zwischen S. Pietro Ornamente des Sarkophags (Abb. 2) sind dagegen Martire und S. Anastasia ähnlich zu denken."29 den stärker naturalistischen Bestrebungen goti­ Schmarsows Vermutung wurde wenig später, scher Bildhauerkunst verpflichtet. Hervorzuheben 1893, von Alfred Meyer in einer ausführlichen ist vor allem das am oberen Karnies des Sarkophags Analyse des Grabmals geprüft. Meyer machte vorhandene komplexe Blattornament, das sich nachdrücklich darauf aufmerksam, daß das Grab­ qualitativ deutlich von den schematischen Blattrei­ mal aufgrund „mannigfacher Verletzungen, Um­ hen konventioneller Blattkarniese abhebt.28 stellungen, Restaurationen und Zusätze" nicht Seit dem späten 19. Jahrhundert ist immer wie­ mehr seinen originalen Zustand aufweist, und prä­ der auf die stilistischen Unstimmigkeiten hinge­ sentierte daher seine stilkritischen Beobachtungen wiesen worden, und man versuchte, sie mit ver­ mit skeptischer Zurückhaltung.30 Er bezweifelte,

59 mals und die des Mastino­II.­Grabmals seien Arbeiten derselben Bildhauerschule, ob auch des­ selben Meisters, bleibe allerdings fraglich. Bei den Skulpturen des Cangrande­Grabmals könne man SDBBl * sich jedoch am ehesten für eine Datierung in die fünfziger Jahre des 14. Jahrhunderts entscheiden. A Ursprünglich habe es dem Castelbarco­Grabmal geglichen, seine nachträgliche Umgestaltung sei nach der Errichtung des Mastino­II.­Grabmals zu einer „Ehrenpflicht" geworden. Man habe deshalb den ursprünglich vorhandenen „schweren roma­ fes nischen Kastensarkophag" durch den heute vor­ f handenen ersetzt, das Dach erhöht und durch die Reiterfigur bekrönt.33 Die in seinem Resümee nur

t Hi beiläufig angesprochene Hypothese, daß zu dem 1 Cangrande­Grabmal ursprünglich ein „schwerer romanischer Kastensarkophag" gehörte, ergänzte awVL Meyer in einer Fußnote noch mit dem Hinweis, es EB 4. könne sich bei diesem um den „unbezeichneten" r- Reliefsarkophag (Abb. 15­17) des Friedhofs han­ deln: „der Meister des heutigen Cangrande­Monu­ 22/ ments hätte dann in seiner Reiterstatue nur in Voll­ »m figur und großem Maßstab übertragen, was sein - MBH Vorgänger im Relief versucht hatte!"34 :: .J ; « Meyers Beobachtungen und Überlegungen mm wurde lange Zeit keine Bedeutung zugebilligt.35 Auch der Sachverhalt, daß Simeoni 1920 in seinem 7 Verona, S. Maria Antica, Grabmal des Cangrande I., Beitrag L'enigma di una tomba scaligera unabhän­ Zeichnung von Samuel Prout, Oxford, Ruskin Art Collection gig von Meyer ebenfalls den Reliefsarkophag mit daß man anhand des architektonischen Aufbaus Cangrande in Verbindung brachte, änderte daran und der Ornamentik erkennen könne, ob der nichts. Eine radikale nachträgliche Umgestaltung Dachaufsatz eine spätere Zutat sei oder nicht.31 Für des Monuments galt als völlig unwahrscheinlich. die Klärung dieser Frage erschien ihm der Stil der Die offensichtlichen Stilunterschiede führte man figürlichen Skulpturen eher geeignet. Während er darauf zurück, ein einheitlicher Entwurf sei von für Architektur und Ornamentik die Nähe zu den mehreren hinsichtlich ihrer stilistischen Schulung Grabmälern Castelbarco und Dussaimi betonte, und ihres künstlerischen Ranges unterschiedlichen stellte er bei den figürlichen Skulpturen eine große Bildhauern und Steinmetzen realisiert worden. stilistische Distanz zu diesen Monumenten fest. Die Entstehungszeit blieb indes umstritten. Man Wenn man die Reiterstatue mit anderen Trecento­ datierte das Grabmal häufig „intorno al 1330",36 Skulpturcn Oberitaliens vergleiche, liege die Ver­ zog aber auch dessen Entstehung nach 1340 in Er­ mutung nahe, daß sie erst in deutlichem zeitlichen wägung.37 Abstand zu Cangrandes Tod geschaffen wurde. Erst Anfang der sechziger Jahre fanden Meyers Dasselbe gelte auch für die Reliefs des Sarkophags, Ausführungen teilweise Zustimmung. Licisco Ma­ die den gleichen Stilcharakter besäßen.32 Für eine gagnato übernahm die Hypothese, daß die Reiter­ spätere Datierung spreche vor allem auch die stili­ statue und der pyramidale Dachaufsatz nachträg­ stische Nähe zu der figürlichen Skulptur des Ma­ lich ergänzt worden seien und schrieb sie dem stino­II.­Grabmals. Meyer kam zu folgendem Er­ Meister des Mastino­II.­Grabmals zu.38 Diese Ver­ gebnis: Die Skulpturen des Cangrande­I.­Grab­ sion der Entstehungsgeschichte hat seither einige

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8 Verona, S. Anastasia, 9 Verona, S. Anastasia, Grabmal des Guglielmo Castelbarco, Grabmal des Guglielmo Castelbarco Zeichnung von Richard Parkes Bonington, Begwood, Collezione Landsdowne

Anhänger gefunden, ebenso wie die von Maga­ friedhofs auf dem Boden aufgestellt werden sollte. gnato vorgeschlagene Datierung der Reiterstatue Erst im Zusammenhang mit der Planung des Ma­ Cangrandes in die vierziger Jahre.39 Es wurden je­ stino­II.­Grabmals habe man sich für die Errich­ doch auch weiterhin abweichende Meinungen ver­ tung des über dem Seitenportal befindlichen Mo­ treten. So insistierte zum Beispiel Sergio Bettini numents entschlossen.42 darauf, daß die Statue bereits kurz nach dem Tod Welche Beobachtungen, Argumente und Hy­ des Signoren entstanden sein müsse.40 pothesen sind nun relevant? Eine Lücke ist bei der Hinsichtlich der Entstehungsumstände des Sar­ Durchsicht der verschiedenen Forschungsbeiträge kophags sind Unsicherheiten geblieben. Maga­ unverkennbar: Man hat bisher nicht versucht, die gnato datierte ihn zunächst in die Zeit unmittelbar zentralen Beobachtungen von Simeoni, Avena und nach Cangrandes Tod, hielt jedoch zu einem spä­ Meyer zu kombinieren. Die Frage lautet also: Gibt teren Zeitpunkt auch eine Datierung der histori­ es bisher unbeachtete Indizien dafür, daß das Bal­ schen Reliefs in die vierziger Jahre für möglich.41 dachingehäuse über dem Seiteneingang, der Relief­ Sergio Marinelli vermutete aufgrund des kleinen sarkophag auf dem Friedhof und die Inschrift des Formats der Reliefs, daß der Sarkophag ursprüng­ Rinaldo Cavalchini da Villafranca ursprünglich lich wie die einfachen Sarkophage des Scaliger­ zusammengehörten?

61 10 Tregnano, Chiesa della Disciplina, Fassade 11 Verona, S. Zeno in Oratorio, Portal

Der Seiteneingang von S. Maria Antica zierter Grundriß des Friedhofs zeigt noch den al­ ten Zustand,4'' den jetzigen, bei dem die gesamte Der Seiteneingang von S. Maria Antica (Abb. I, Zone zwischen den Pfeilern und unterhalb der rechts) ist nicht in seinem originalen Zustand er­ Standplatte geöffnet ist, findet man dagegen in ei­ halten. Die weiten Proportionen der Öffnung und ner aus den zwanziger Jahren stammenden Zeich­ die eigentümlichen, auf Basen stehenden, aber kei­ nung von Samuel Prout (1783­1852) wiedergege­ ne Kapitelle aufweisenden Pfeiler (Abb. 14), die ben (Abb. 7).47 am Außenbau als Pfosten fungieren und zugleich Der Stich von 1647 zeigt den Seiteneingang be­ die Konsolen des Baldachins stützen, lassen dies reits ohne genuine Portalrahmung. Die Frage, ob bereits erkennen.43 Ein in Panvinios Antiquitatum ursprünglich eine einfache Sturz­Pfosten­Einfas­ Veronensium libri von 1647 enthaltener Stich des sung vorhanden war, wie zum Beispiel beim Portal Cangrande­Grabmals (Abb. 5) zeigt die ursprüng­ der Chiesa della Disciplina in Tregnano (Abb. 10), liche, wesentlich kleinere und stärker hochrecht­ oder eine komplexere, aus mehreren Stützen zu­ eckige Eingangsöffnung.44 Ein Stich von Dionisio sammengesetzte architektonische Anlage, wie beim Valesi bezeugt für das folgende Jahrhundert den­ Portal von S. Zeno in Oratorio (Abb. 11), läßt sich selben Befund (Abb. 6).4' Die Vergrößerung der mit den folgenden Beobachtungen beantworten:48 Eingangsöffnung dürfte in den zwanziger Jahren 1. Die attischen Basen der Pfeiler haben ein goti­ des 19. Jahrhunderts erfolgt sein. Ein 1824 publi­ sches Profil (Abb. 12), das sich von den traditionel­

62 len romanischen Basen deutlich unterscheidet. Da Demzufolge besaß der Seiteneingang ursprüng­ sie den Pfeilerbasen der Umzäunung des Mastino­ lich offenbar einen einfachen Portalrahmen. Des­ Ii.­Grabmals in ihren Proportionen weitgehend sen Pfosten dürften mit den beiden seitlichen Stüt­ entsprechen (Abb. 13), hat man Grund zu der An­ zen identisch sein.31 Würde man diese Stützen nahme, daß sie diesen auch zeitlich nahestehen und (ohne die später hinzugefügten Basen und Konso­ nicht aus der Entstehungszeit des ursprünglichen len) an ihre alte Stelle versetzen und einen Portal­ Portals stammen.49 sturz gleicher Stärke ergänzen, dann erhielte man 2. Die Pfeiler haben, obwohl sie Basen besitzen, eine Portalöffnung, die nahezu die Höhe der Kon­ keine Kapitelle. Die Konsolen des Baldachins solen des Baldachins erreichte, d. h. das Cangran­ (Abb. 14) sitzen unmittelbar auf dem Pfeiler­ de­Grabmal säße dann genau so über dem Portal rumpf. Bei dem Portal von S. Zeno in Oratorio wie die Ädikulen zahlreicher mittelalterlicher Kir­ sind dagegen bei den seitlichen Stützen Kapitelle chenportale in Verona (und außerhalb) (Abb. 10). vorhanden; dies war offenbar auch bei anderen Es würde ausschließlich von Konsolen getragen, Portalen dieser Art üblich.50 und zwischen den Konsolen bliebe ein Mauerstrei­ 3. Die beiden Baldachin­Konsolen sind mit goti­ fen frei. In diesem ließe sich nun die Tafel mit der sierendem Blattwerk dekoriert, ihre Pendants auf Inschrift des Rinaldo Cavalchini da Villafranca der Seite des Kircheninnern dagegen jeweils nur problemlos unterbringen. Für die Annahme, daß mit einem einfachen Zungenblatt traditioneller sie tatsächlich an dieser Stelle saß, sprechen zwei Prägung. Da das Grabmal im Kircheninnern eine weitere Argumente: zweite Schauseite hat und auch die Baldachinbö­ 1. Bei Konsolgrabmälern hat man die Inschrif­ gen ursprünglich gleichwertig mit einem Blattran­ tentafeln normalerweise zwischen den Konsolen kenornament dekoriert waren, ist es nicht wahr­ angebracht. scheinlich, daß die beiden äußeren Konsolen be­ 2. Durch eine um 1826 entstandene Zeichung des reits von Anfang an stärker dekoriert worden englischen Malers Richard Parkes Bonington waren. Sie wurden wohl ebenso wie die Basen erst (1801­28) ist überliefert, daß in dem Mauerstreifen geschaffen, als man die beiden Pfeiler als Balda­ unterhalb des Castelbarco­Grabmals, welches chinstützen versetzte. Hierfür spricht nicht zu­ dem Cangrande­Denkmal als wichtiges Vorbild letzt, daß die Konsolen mit ihrer waagrechten, von gedient haben muß, ebenfalls eine Inschriftentafel einem Wulst eingefaßten Unterseite auf die Pfei­ gleichen Formats vorhanden war (Abb. 9).52 lerform abgestimmt sind.

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12 Verona, S. Maria Antica, Seitenportal, 13 Verona, S. Maria Antica, Grabmal des Mastino II., Pfeilerbasis Pfeiler der Umzäunung, Basis

63 Die ursprüngliche Aufstellung des durch eher demjenigen eines Sarkophags, dessen Relief Sarkophags Schmalseiten für die optische Wirkung nur in ein­ geschränktem Maße wichtig sind, was bei einer Für die Vermutung, daß auch der Reliefsarkophag Aufstellung über dem Seiteneingang von S. Maria (Abb. 15­17) für das Grabmal über dem Seitenpor­ Antica der Fall wäre.55 Darüber hinaus paßt auch tal geschaffen wurde, lassen sich neben den zu sei­ die inhaltliche Konzeption der beiden figürlichen ner Identifizierung vorgebrachten ikonographi­ Schauseiten in besonderer Weise zu diesem Stand­ schen Argumenten folgende Indizien anführen: ort; wahrscheinlich war der Sarkophag so aufge­ 1. Der Reliefsarkophag ist etwas größer als der stellt, daß die Reiterfigur (Abb. 15) auf der Außen­ gotische Sarkophagkasten des Grabmals (H. seite zu sehen war und die commendatio-animae- 1,16m; B. 2,53m; T. 1,16m gegenüber H. 0,92m; B. Darstellung (Abb. 16), die Cangrande kniend vor 2,35m; T. 0,95m) und paßt somit besser in den der Madonna zeigt, auf der Seite des Kirchenin­ Raum zwischen den Säulen des Baldachingehäuses nern. (lichte Weite 2,72m) als dieser. Zum Vergleich bie­ 4. Die vegetabilen Ornamente des Sarkophags ten sich das Grabmal Dussaimi (Verona, S. Pietro stimmen hinsichtlich ihrer Flächengebundenheit, Martire) und das des Guglielmo Castelbarco (Ve­ ihrer Reliefstärke und des Vorhandenseins roma­ rona, S. Anastasia) an. Auch bei diesen Monumen­ nisch­traditioneller Motive mit denjenigen des ten sind die Abstände zwischen Sarkophagkasten Baldachingehäuses überein. Bei den Rankenmoti­ und Baldachinsäulen deutlich geringer, als dies bei ven, die man am besten vergleichen kann, sind der erhaltenen Version des Cangrande­Grabmals kompositionelle und motivische Analogien vor­ der Fall ist.53 handen (Abb. 17­18). Ein ins Detail gehender Stil­ 2. Der Reliefsarkophag muß vor seinem heutigen vergleich ist jedoch nicht mehr möglich, da die Sar­ Standort und vor demjenigen, der durch den von kophagornamente wegen sehr starker Verwitte­ Litta publizierten Grundriß für das frühe 19. Jahr­ rungsschäden wesentlich schlechter erhalten sind hundert belegt ist, direkt an der Kirchenmauer von als die Baldachinornamente an der Außenseite des S. Maria Antica gestanden haben. Wie die nur mit Grabmals. Wappen dekorierten Scaliger­Sarkophage besitzt auch er Untersätze, deren Profil auf der einen Sar­ kophaglängsseite nicht weitergeführt ist, sondern an einem kleinen Quaderblock endet (Abb. 16). Es kann sich bei diesen nicht um die ersten Untersätze handeln, da der Sarkophag auf beiden Seiten figür­ lichen Reliefschmuck aufweist. Sie müssen nach ei­ nem noch früheren Standortwechsel für eine Auf­ stellung an der Kirchenwand ergänzt worden sein. Diese Beobachtung läßt sich mit der Hypothese, • daß der Sarkophag ursprünglich zu dem Grabmal über dem Seiteneingang von S. Maria Antica gehör­ N te, kombinieren. Die Annahme scheint berechtigt, daß der Sarkophag von seinen früheren Untersät­ zen getrennt wurde, als man ihn anläßlich der Um­ gestaltung des Grabmals über dem Kircheneingang von seinem originalen Standort entfernte.54 3. Der figürliche Reliefschmuck des Sarkophags ist auf die beiden Langseiten, auf die Giebel des Deckels und die Akrotere beschränkt. Die Schmal­ seiten des Kastens weisen lediglich ein Schmuck­ 14 Verona, S. Maria Antica, Grabmal des Cangrande I.. Konsole des Grabbaldachins kreuz auf. Das Dekorationssystem entspricht da­

64 15 Verona, S. Maria Antica, Reliefsarkophag, Reiterfigur des Cangrande I. zwischen der hl. Magdalena und dem hl. Jakobus

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16 Verona, S. Maria Antica, Reliefsarkophag, Cangrande I. vor der thronenden Madonna zwischen den Erzengeln Gabriel und Michael 17 Verona, S. Maria Antica, Reliefsarkophag, Deckel, Ausschnitt

Die politische Aussage des ersten Grabmals Cangrande war einer der führenden Ghibelli­ nen seiner Zeit. Im Dezember 1318 wurde er auf Wenn der Reliefsarkophag zur ersten Fassung des dem Reichstag in Soncino sogar an die Spitze der Grabmals von Cangrande gehörte, dann kann die oberitalienischen Ghibellinen­Allianz gestellt. dem Friedhof zugewandte Frontseite des Balda­ Man wählte ihn zum Capitaneus et rector Societatis chins nicht gänzlich ohne Dekor gewesen sein. et Unionis Dominorum et fidelium Imperii in Das heute vorhandene vegetabile Ornamentkreuz Lombardia/' Das Reichsadlerwappen an seinem des Baldachingiebels stammt aus dem 19. Jahrhun­ Grabmal war jedoch nicht nur ein Zeichen ghibel­ dert. In Frage kommen statt dessen figürliche und linischer Parteizugehörigkeit. Cangrande war in heraldische Elemente, wie man sie an vergleichba­ Verona (seit 1311) und in Vicenza (seit 1312) „Ge­ ren Grabmälern vorfindet. Figürlicher Schmuck neralvikar der allerheiligsten kaiserlichen Herr­ war in diesem Fall wahrscheinlich nicht vorhan­ schaft".60 Dieses Amt bildete eine wichtige rechtli­ den, denn die Nebenseiten des Reliefsarkophag­ che Grundlage seiner Signorie, was vor allem in deckels sind mit jenen figürlichen Elementen de­ der 1328 von ihm veranlaßten Redaktion des Liber koriert, die man bei anderen Grabmonumenten statutorum Communis Veronae zum Ausdruck häufig, wenn auch nicht immer, in den Giebel­ kommt.61 Die Bedeutung, die dem Amtstitel im öf­ zwickeln des Baldachins dargestellt findet.57 Es ist fentlichen Leben beigemessen wurde, zeigt sich daher wahrscheinlich, daß die Zwickel des Balda­ nicht zuletzt auch daran, daß die heutige Piazza chingiebels mit heraldischen Elementen, d. h. mit Dante, die ebenso wie der Friedhof zum Residenz­ drei Wappenschilden dekoriert waren. Vermutlich komplex der Scaliger gehörte, zur Zeit des Can­ entsprachen sie der Wappenreihe des Sarkophag­ grande platea domini Vicarii genannt wurde.62 Zu deckels (Scaligerwappen ­ Reichsadlerwappen ­ beachten ist im Zusammenhang mit dem Grabmal Scaligerwappen), und das Reichsadlerwappen auch die Reiterfigur des Sarkophags. Es handelt nahm wie in analogen Fällen die ranghöhere Posi­ sich um ein Amtsporträt. Cangrande trägt einen tion des Zwickels der Giebelspitze ein.58 langen Mantel mit Pelzkragen sowie ein Barett und

66 hält in seiner rechten Hand ein in der Scheide stek­ no­II.­Grabmals. Die Rüstungen der Reiter und kendes Schwert als Zeichen seiner ­ auf kaiserli­ die Kleidung der Liegefiguren liefern hinreichende chem Recht basierenden ­ richterlichen Amtsge­ Indizien für die zeitliche Abfolge der Arbeiten. walt.63 Reiterstatue und Liegefigur des Cangrande sind Mit der Inschrift des Rinaldo da Villafranca, in realiengeschichtlich früher zu datieren als die des der Cangrande als Krieger und Eroberer komme­ jüngeren Herrschers.66 moriert wird, hat das Amtsporträt des Sarkophags Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß die Um­ wenig gemeinsam.64 Maria Monica Donato hält es gestaltung des Grabmals frühestens in Zusammen­ daher für möglich, daß das epitaphium des Grazia­ hang mit der Planung des Mastino­II.­Monuments dio Grimani, das dem Scaliger umfassendere Ei­ erfolgt sein kann. Für dieses muß zumindest ein genschaften (nobilis; magnanimus) zuschreibt, ur­ erster Entwurf vorhanden gewesen sein. Hierfür sprünglich zu dem Grabmal gehörte. Demzufolge spricht zunächst der pyramidale Dachaufsatz und hätte dieses im Verlauf seiner Umgestaltung nicht die ihn bekrönende Reiterstatue. Sie können nur in nur den neuen Sarkophag und den Dachaufsatz Analogie zu den entsprechenden Elementen des mit der Reiterstatue erhalten, sondern auch eine Mastino­II.­Grabmals konzipiert worden sein. neue Inschrift, die mit den veränderten figürlichen Aber auch der Unterbau ist relevant. Die Demon­ Elementen besser übereinstimmt.65 Da die Rück­ tage des ursprünglich offenbar vorhandenen einfa­ seite der Tafel mit der Inschrift des Rinaldo da Vil­ chen Rahmenportals und die Neuversetzung der lafranca auf eine Versetzung im Mauerverband pfeilerförmigen Portalpfosten unter die Konsolen hinweist, müßte die oben dargelegte Demontage des Baldachins lassen sich am ehesten damit erklä­ des ursprünglichen Portalrahmens des Seitenein­ ren, daß man beabsichtigte, auch den Unterbau gangs von S. Maria Antica nicht von Anfang an dem Mastino­II.­Monument anzugleichen (Abb. zum Projekt der Umgestaltung des Grabmals ge­ 19­20). Zu beachten ist hier auch, daß die beiden hört haben, sondern erst im Verlauf der Arbeiten Pfeiler unter dem Cangrande­Grabmal ursprüng­ nachträglich in Angriff genommen worden sein. Auch wenn Donatos Überlegungen weitgehend spekulativ bleiben, sind sie berechtigt. Da der zeit­ liche Ablauf der verschiedenen Veränderungsmaß­ nahmen weitgehend im dunkeln liegt, sollte man die von Grimani verfaßte Inschrift nicht aus dem Blick verlieren. Es steht außer Frage, daß bei der Umgestaltung des Grabmals nicht alles reibungs­ los verlief und unplanmäßige Entscheidungen ge­ troffen wurden. Indizien hierfür liefert der unvoll­ ständige Skulpturenschmuck des neuen Sarko­ phags, das Fehlen von Beischriften zu den res- ge5tae­Reliefs auf der Seite des Kircheninnern und die auf dem oberen Rand des Sarkophags einge­ meißelte Inschrift. o

Datierung der Umgestaltung des Grabmals

Das erste Argument, das für die Datierung der Umgestaltung des Cangrande­Grabmals wichtig ist, betrifft die chronologische Stellung der figürli­ chen Skulpturen im Verhältnis zu denen des Masti­ 18 Verona, S. Maria Antica, Grabmal des Cangrande I., Baldachinbogen, Detail

67" 19 Verona, S. Maria Antica, 20 Verona, S. Maria Antica, Grabmal des Cangrande I., aus Lina 1824 Grabmal des Mastino IL, aus Litta 1824

lieh nicht wie Portalpfosten mit der Kirchenmauer no­II. (1351) bildet also auch den terminus ante fluchteten, sondern vor der Mauer standen. Man quem für die Umgestaltung des Cangrande­Grab­ kann dies an den Konsolen erkennen, die nicht nur mals. auf den heute sichtbaren Seiten, sondern auch auf Schwieriger ist es, einen terminus post quem zu der Seite, auf der sie an die Wand stoßen, mit Blatt­ bestimmen. Der Anonimo Romano berichtet, daß werk dekoriert sind. Ebenso deutlich zeigen aber Mastino II. auf dem Höhepunkt seiner Macht, d. h. auch die bereits erwähnten Stiche (Abb. 5­6), daß um 1336, als er fünfzehn Städte beherrschte, eine die Pfeiler nur mit der Rückseite an die Mauer ver­ Reihe von Bauprojekten initiierte, um seinen poli­ setzt waren.67 Die formale Analogie zwischen dem tischen Rang durch die Pracht des Scaligerhofs in Stützenunterbau des Baldachins und demjenigen Verona zur Schau zu stellen.69 Es ist daher sehr gut des Mastino­II.­Grabmals war noch bis ins 19. möglich, daß Mastino damals auch plante, den Jahrhundert wesentlich deutlicher zu sehen als zwischen den Scaligerpalästen gelegenen Friedhof heute. zu einem prunkvollen Gräberensemble auszuge­ Aus den bisherigen Ausführungen folgt, daß die stalten. Die Entscheidung zur Ausführung dieses Planung des Mastino­II.­Grabmals für die Datie­ Unternehmens ­ wann immer es tatsächlich er­ rung der Umgestaltung desjenigen von Cangrande dacht wurde ­ könnte aber auch erst in den vierzi­ relevant ist. Erfreulicherweise ist durch eine zeit­ ger Jahren gefallen sein. Eine präzise zeitliche Ein­ genössische Chronik überliefert, daß Mastino II. grenzung des Zeitraums, in dem das Cangrande­ bereits zu Lebzeiten die Errichtung seines Monu­ Grabmal erneuert wurde, ist bei der derzeitigen mentes veranlaßte.68 Das Todesdatum des Masti­ Forschungslage nicht möglich. Ein Hinweis er­

68 scheint jedoch angebracht: Es könnte sein, daß zu einer überlokalen Macht. Es gelang Cangrande man mit Hilfe zweier Reliefs des Cangrande­Sar­ durch eine Reihe militärischer Siege in kaum kophags der Lösung des Datierungsproblems ei­ mehr als eineinhalb Jahrzehnten, seinen Herr­ nen Schritt näher kommt. schaftsbereich auf die gesamte Trevisaner Mark Zu den am Cangrande­Sarkophag vorhandenen auszudehnen. Als er 1329 plötzlich starb, war er res gestae­Reliefs gehören Stadtdarstellungen, in bereits eine geradezu mythische Gestalt: de nohi- denen in einigen Fällen Gebäude enthalten sind, litate suafacte sunt infinite cantilene, berichtet ein die man trotz aller formelhaften Vereinfachungen Chronist des 14. Jahrhunderts.74 Boccaccio be­ aufgrund einzelner realistischer Details identifi­ zeugt im Decamerone die chiarissima fama des zieren kann.70 Unter den überwiegend schematisch Veroneser Signoren: fu uno d' piü notabili e de' wiedergegebenen Befestigungsanlagen fällt in den pik magnifichi signori che dallo imperadore Fede- beiden Vicenza­Darstellungen (Abb. 3­4) ein zur rigo secondo in qua si sapesse in ItaliaP Cangran­ Stadtmauer gehörender Turm auf, der ein bei ande­ de war nicht nur in der Erinnerung seiner unmit­ ren Türmen nicht vorhandenes bauliches Detail telbaren Anhänger zu einem herrscherlichen Ide­ aufweist: einen vorkragenden (überdachten) Zin­ albild verklärt worden. Als charismatischer nenkranz. Es handelt sich um den Turm der Porta Begründer der grandezza des Geschlechts der di S. Feiice. Zur Zeit der Signorie des Mastino II. Scaliger war er daher für Mastino II. eine Bezugs­ wurde die Befestigungsanlage dieses Stadttors figur von hohem Prestigewert. Die Gegenüber­ weitgehend neu errichtet, wobei man ältere Bau­ stellung der beiden sich ähnelnden prunkvollen teile einbezog. Nach den Angaben einer auf den Grabmonumente veranschaulichte einen suggesti­ 17. März 1343 datierten Inschrift begannen die Ar­ ven Vergleich: Der Betrachter sollte erkennen, beiten unter dem Podestä Bernardo Scannabec­ daß Mastino ein seinem berühmten Oheim eben­ chi.71 Dieses Datum ist im vorliegenden Zusam­ bürtiger Herrscher war. 1335/36, als Mastino menhang hervorzuheben, da der Turm wahr­ sich auf dem Höhepunkt seiner Macht befand, scheinlich erst damals einen vorkragenden Zin­ war er aufgrund einer Reihe politischer und mili­ nenkranz erhielt. Vorkragende Zinnenkränze wur­ tärischer Erfolge Cangrande durchaus vergleich­ den im Veneto allem Anschein erst in der zweiten bar; Anfang der vierziger Jahre, nachdem er einen Hälfte des 14. Jahrhunderts üblich, während im dreijährigen Krieg gegen ein von Florenz und Ve­ davorliegenden Zeitraum Zinnen mit den Turmau­ nedig geführtes Bündnis verloren hatte, war die­ ßenmauern fluchtend aufgemauert wurden.72 Mit ser Anspruch bereits eine politische Fiktion: Ora diesen Beobachtungen gelangt man noch nicht zu e tornato lo Mastino della Scala de granne aitez- hinreichend präzisen und sicheren Schlußfolge­ ze ad umile stato, stellte der Anonimo Romano in rungen, aber man sollte dennoch damit rechnen, seiner Chronik lapidar fest. Aber er fügt hinzu: daß der Abschluß der baulichen Erneuerung der Non perciö in tanta umilitate, che in sua vete- Porta di S. Feiice in Vicenza als Datierungshinweis ranazza non morisse granna signore de Verona e für den Veroneser Sarkophag in Frage kommt.73 de Vicenza.76 Mastinos Ehrgeiz war nicht erlo­ schen. Umilta blieb am Veroneser Hof ein Fremdwort. In der Inschrift seines Grabmals Die inhaltliche Motivation zur Umgestaltung des wird Mastinos militärische und politische Demü­ Grabmals tigung verschwiegen. In fingierter Rede bringt sich der Signore als mächtiger Herrscher in Erin­ Die Scaliger­Signorie war von ihren Anfängen nerung, als sei er ­ wie Cangrande ­ auf dem Hö­ bis ins frühe 14. Jahrhundert im wesentlichen hepunkt seiner Macht plötzlich verstorben: In eine lokale Signorie geblieben. Alberto L, Barto­ prächtigen Städten herrschte ich / Verona sah lomeo I. und Alboino hatten nur über Verona mich als Signore / Und , Parma, Lucca, und das Veroneser Territorium geherrscht. Unter und die gesamte (Trevisaner) Mark.77 Cangrande I. erfolgte der Aufstieg der Signorie

69 Anmerkungen

1 Eine ausführliche Analyse des Grabmals von Can­ telalterlichen Monumentalgrabes, in: Skulptur und grande ist im 4. Kapitel meiner Dissertation enthal­ Grabmal des Spätmittelalters, Akten des Kongres­ ten (Peter Seiler, Mittelalterliche Reitermonumen­ ses „Scultura e monumento sepolcrale del tardo te. Studien zu personalen Monumentsetzungen in medioevo a Roma e in Italia (Rom, 4.­6. Juli 1985)", den italienischen Kommunen und Signorien des 13. hrsg. von Jörg Garms und Angiola Maria Romani­ und H.Jahrhunderts, Phil. Diss., Universität Hei­ ni, Wien, S. 13­82, bes. S. 20 und S. 57; Hans Kör­ delberg 1989). Der vorliegende Beitrag faßt einen ner, Grabmonumente des Mittelalters, Darmstadt Teil der in Anhang XVIII dargelegten Materialien 1997, S. 96­97 und S. 167­168. und Ergebnisse zusammen. Eine 1994 abgeschlos­ 6 Chronicon Regiense, RIS, XVIII, Sp. 42; siehe auch sene, aber nicht publizierte italienische Version mit die Excerpta in: Rolandino, Liber chronicorum sive dem Titel „Indagini sulla genesi di un monumento memoriale temporum de factis in Marchia etprope enigmatico ­ La tomba di Cangrande I della Scala a Marchiam Tarvisinam, RIS, VIII, Sp. 412; Notae Verona" wurde in der seither erschienenen Litera­ Veronenses, in: Antiche Cronache Veronesi, a cura tur zu den Scaligergräbern teilweise berücksichtigt. di Carlo Cipolla (=Monumenti Storici pubblicati Auf einige neue Überlegungen wird in dem folgen­ dalla R. Dcputazione Veneta di Storia patria, serie den, überarbeiteten Text bereits hingewiesen. Für III, cronache e diari, vol. II), Venezia 1890, S. 475; die kritische Lektüre der älteren italienischen oder Excerpta quaedam nondum edita, ibid., S. 495; der ergänzten deutschen Version danke ich an die­ G. B. Biancolini, Cronica della cittä di Verona des­ ser Stelle Gisela Bungarten, Maria Monica Donato, critta da Pier Zagata, colla continuazione di Jacopo Giulia Tamanti, Ingo Herklotz, Sergio Marinelli Rizzoni, vol. I, Verona 1745, S. 68. und Gian Maria Varanini. 7 Parisio de Cereta, Chronicon Veronense ab anno 2 Franz Kugler, Handbuch der Kunstgeschichte, 2. 1117adannum usque 1278, ab aliis continuatum ad Auflage, Berlin 1847, S. 597­598 und S. 638. annum usque 1375, RIS, VIII, Sp. 646; siehe auch 3 Jakob Burckhardt, Der Cicerone. Eine Anleitung Chronicon Regiense, RIS, XVIII, 42; G. G. Orti­ zum Genuß der Kunstwerke Italiens (Neudruck Manara, Cronaca inedita dei tempi degli Scaligcri der Urausgabe), Stuttgart 1986, S. 160. pubblicata con annotazioni e corredata di docu­ 4 Burckhardt (wie in Anm. 3), S. 159. menti, Verona 1842, S. 13; Notae Veronenses, in: 5 Diese Probleme wurden im Anschluß an Alfred Antiche Cronache Veronesi (wie in Anm. 6), S. 475; Meyers grundlegende Studie zur oberitalienischen Zagata, in: Biancolini, Cronica (wie in Anm. 6), Skulptur des 14. Jahrhunderts von italienischen S. 68. Kunsthistorikern wiederholt erörtert. Siehe Alfred 8 Guillelmi de Cortusiis Chronica de novitatibus Pa- Gotthold Meyer, Lombardische Denkmäler des due et Lombardie, RIS, NS, 12,5, a cura di Benia­ H.Jahrhunderts. Giovanni di Balduccio und die mino Pagin, 1941, S. 58; Giovanni da Cor­ Campionesen, Stuttgart 1893. Für die italienischen nazzano, Istoria di Parma, RIS, XII, Sp. 736; Ga­ Forschungsbeiträge s. u. Bezeichnenderweise las­ leazzo e Bartolomeo Gatari, Cronica Carrarese sen die einschlägigen Gesamtdarstellungen der confrontata con la redazione di Andrea Gatari (AA. Kunst des italienischen Trecento oder der mittelal­ 1318-1407), RIS, NS, 17,1, a cura di Antonio Medin terlichen Grabmalkunst den Leser über die schwie­ e Guido Tolomci, Bologna 1929, S. 17. rige Sachlage völlig im Unklaren. Vgl. z. B. Erwin 9 Giovanni da Cornazzano, Istoria di Parma, RIS, Panofsky, Tomb Sculpture. Four Lectures on Its XII, Sp. 736; für die verschiedenen Versionen dieser Changing Aspects from Ancient Egypt to Bernini. Prophetic siehe: Guillelmi de Cortusiis Chronica, Edited by Horst W. Janson (1964), 2. Auflage New RIS, XII, Sp. 851; Pietro Azario, Liber gestorum in York 1992, S. 75, 84; Cesare Gnudi, in: Das Mittel­ Lombardia RIS, NS, 16,4, a cura di Francesco alter II. Das Hohe Mittelalter (Propyläen Kunstge­ Cognasso, Bologna 1926, S. 167; Chronicon Par- schichte, Bd. 6), hrsg. von Otto von Simson, Berlin mensc, RIS, NS, 9,9, S. 196; Giovanni Villani, Nuo­ 1972, S. 359; Kurt Bauch, Das mittelalterliche va Cronica. Edizione critica, a cura di Giuseppe Grabbild. Figürliche Grabmäler des 11. bis 15. Porta, vol. II (Libri IX­XI), Parma 1991, S. 649 Jahrhunderts in Europa, Berlin/New York 1976, (IX.102) und S. 693­694 (IX.138); vgl. hierzu auch S. 190­192; John Pope­Hennessy, Italian Gothic Seiler (wie in Anm. 1), Bd. I, S. 283­284 und Bd. II, Sculpture, 3. Auflage 1985, S. 27 und S. 200; John S. 156­157. White, Art and Architecture in Italy: 1250 to 1400 10 Zitiert nach Antonio Medin, La rcsa di Treviso e la (The Pelican History of Art), 2. Auflage, Har­ morte di Can Grande I della Scala: Cantare del se­ mondsworth 1987, S. 489­492 und S. 610­614; Ger­ colo XIV, in: Archivio Veneto, ser. 2, 31, 1886, hard Schmidt, Typen und Bildmotive des spätmit­ S. 408­409.

70 11 Zitiert nach L. Padrin, La dedizione di Treviso e la Atti e Memorie dell'Accademia di Agricoltura, Sci­ morte di Cangrande I della Scala. Carme del sec. enze e Lettere di Verona, 21, 1920, S. 301­303. Vgl. XIV, 1896, S. 26-27. Vgl. auch Ferreto de' hierzu Seiler (wie in Anm. 16). Die bei mehreren Ferreti, Le opere, a cura di Carlo Cipolla, Vol. III, Chronisten vorhandene Nachricht, Cangrande sei Rom 1920, S. 100, vv. 352-356. am 24. Juli bestattet worden, liefert keinen Ein­ 12 Chronicon Veronense, RIS, VIII, Sp. 646: in Area wand gegen Simeonis These, da der Veroneser Si­ lapidea valdepulchra conditum est in Ecclesia Sanc- gnore am Abend beigesetzt wurde, d. h. zu einem tae Mariae antiquae de Verona. Orti-Manara, Zeitpunkt, an dem nach liturgischem Brauch be­ Cronaca inedita (wie in Anm. 7), S. 13: Veronam reits der Festtag des hl. Jakobus begonnen hatte. conduetus, sopra portam S.Marie antique sepultus 19 Simeoni (wie in Anm. 18), S. 303 Anm. 2. Zur est. Die übrigen Erwähnungen sind nachmittelal­ Uberlieferung der Inschrift siehe Carlo Cipolla/ terlich; vgl. hierzu auch Seiler (wie in Anm. 1), Bd. Flaminio Pellegrini, Poesie minori riguardanti gli II, S. 156 Anm. 16. Scaligeri, in: Bolletino dell'Istituto Storico Italiano, 13 Egidio Rossini, La Signoria Scaligera dopo Can­ 24, 1902, S. 58, und vor allem Gian Maria Varanini, grande, in: Verona e il suo territorio, III/1, Verona Documenti vecchi e nuovi a proposito delle Arche 1975, S. 455: „Le sue spoglie ricevettero una prima scaligere, in: La statua equestre di Cangrande I della e provvisoria inumazione, nell'attesa che fosse Scala. Studi, ricerche, restauro, a cura di Sergio Ma­ pronta la sua definitiva sepoltura, quella che ancor rinelli e Giulia Tamanti, Verona 1995, S. 25­29, bes. oggi possiamo ammirare sull'entrada nord della S. 26­28. Der Text (zitiert nach Varanini) lautet: chiesa di Santa Maria Antica (...)." Epitaphium pro eodem per providum vincentinum 14 „Verona ­ Area di Cangrande: ­ Ricognizione delle scribam Gratiadeum de Grimanis. Spoglie", Verona, Archiv der Soprintendenza (un­ Hie decor et probitas, hic nobile corpus humatum, signierte maschinenschriftliche Kopie); Antonio hic sunt magnanimi menbra sepulta Canis, Avena, La salma e la tomba di Cangrande I della impia quem, pulsis Patavi de gente tirannis, Scala, in: Dante e Verona. Studi pubblicati a cura di abstulit a summo mors sine cede loco. Antonio Avena e Pieralvise Alighieri in occasione Annis tunc lapis numerabat mille trecentis del secentenario dantesco, Verona 1921, S. 401 ­406; tempora Virgo parens ter tria bisque decem. vgl. auch Giorgio Sangiorgio, Le Stoffe e le veste 20 Avena (wie in Anm. 14), S. 409. Für die von Rinal­ tombali di Cangrande della Scala, in: Bollettino do da Villafranca verfaßte Inschrift siehe Anm. 63; d'arte, n.a., 1,1922, 443­457; Augusto Ferrero, Ciö diejenige auf dem oberen Rand des Sarkophags che resta di Can Grande Signore di Verona, in: Ras­ lautet: Strenuisimus Semper augustus huius urbis segna d'arte, 22, 1922, 138­139. magnificus et eccelsus dominus Canis Maximus de 15 Zu den 1921 im Sarkophag vorgefundenen Seiden­ la Scala cuius fama nobilis per orbem Universum stoffen siehe den Ausstellungskatalog Le Stoffe di tantum antecedebat. Festum Madalene devotesu Cangrande. Ritrovamenti e ricerche sul 300 vero­ MCCCXXVIIII obiit quem tego. Siehe Cipolla/ nese, a cura di Licisco Magagnato, Florenz 1983. Pellegrini (wie in Anm. 19), S. 57. Avena äußert 16 Zur Datierung und Identifizierung der einfachen sich nicht zu der Frage, ob er das von ihm ange­ Sarkophage des Friedhofs, vgl. Peter Seiler, Per nommene erste Grabmal für ein provisorisches un'identificazione del sareofago a rilievo del sepol­ Monument hält. Er verweist auf den in dem lateini­ creto scaligero di Verona, in: Bisanzio e POcciden­ schen Carmen enthaltenen Hinweis auf das soge­ te: arte, archeologia, storia. Studi in onore di Fer­ nannte „Grab der Väter" (tumuluspatrum, ebenda nanda de' Maffei, Rom 1996, S. 541­555. S.407­8). Fernanda de' Maffei, La chiesa di S. Maria 17 Avena (wie in Anm. 14), S. 405, bezweifelte, daß der Antica e le Arche Scaligere, Verona 1968, S. 7, stellt Innenraum für die Rückenlage des Leichnams zu ohne Quellennachweis ­ vermutlich Avena fol­ klein bemessen ist, und wollte daher nicht aus­ gend ­ fest: „II corpo di Can Grande veniva tem­ schließen, daß die vorgefundene Situation auf spä­ poraneamente tumulato in un sareofago nell'inter­ tere Öffnungen des Sarkophags zurückgeht. Eben­ no della chiesetta (...)". so vermutete auch Sergio Marinelli, Note sulle Stof­ 21 Zu Simeonis ikonographischem Argument nimmt fe dell'arca di Cangrande e il Trecento veronese, in: Avena nicht Stellung, obwohl er dessen Beitrag Le Stoffe di Cangrande (wie in Anm. 14), S. 239, kannte und an anderer Stelle (Avena, wie in daß es bereits vor 1921 „ricognizioni" des Leich­ Anm. 14, S. 400 Anm. 3) erwähnt. Vgl. auch Anto­ nams gegeben habe. Sichere Belege hierfür existie­ nio Fajani, Dante nella vita di Verona, in: Dante e ren jedoch nicht. Nach der Auffassung von Ferrero Verona (wie in Anm. 14), S. 230, der die Hypothese (wie in Anm. 14), S. 139, hatte es keine frühere Öff­ Simeonis referiert, aber dann doch ohne Vorbehalte nung gegeben. Avena zustimmt. 18 Luigi Simeoni, L'enigma di una tomba scaligera, in: 22 Avena (wie in Anm. 14), S. 406, spricht von einem

71 „primo sepolcro, provvisorio", vgl. auch de' Maffei non aveva ne foglie rapanti lungo gli spigoli della (wie in Anm. 20), S. 7 Anm. 2; Licisco Magagnato, piramide, ne Pangelo annunziatore sull'urna, come Arte e Civiltä del Medioevo Veronese, Turin 1962, si puö rilevare dai disegni della citata opera del Lita S. 38; Sergio Bettini, La pittura gotica internaziona­ (= Litta, P. S.). Foglie rampanti, croce, angelo furo­ le a Verona. Appunti dalle lezioni di Storia delP Ar­ no disegnate da me a chiaro­scuro in grandezza na­ te Medioevale, Anno Accademico 1973­74, Istituto turale e collocate a posto, e ritenute dalla Commis­ di Storia dell'arte ­ Universitä di Padova, S. 18­19. sione per la conservazione dei monumenti in armo­ (Eine maschinenschriftliche Kopie dieser in der ita­ nia di Stile, furono da me scolpite. Dico ciö perche lienischen Literatur wiederholt zitierten Vorlesung vengono ritenute dell'epoca." Der dadurch ge­ befindet sich in der Bibliothek des Museo di Ca­ schaffene Zustand des Monuments ist durch meh­ stelvecchio in Verona). rere Fotografien dokumentiert (Gabinetto Foto­ 23 Das heutige Gewölbe wurde im späten 19. Jahr­ grafico Nazionale, D 3721; Foto Alinari, publiziert hundert geschaffen, als man den ursprünglichen in G. Biadego, Verona (Italia Artistica), Bergamo mittelalterlichen Zustand der Kirche wiederherzu­ 1909; Foto Stephen Thompson, publiziert in J. S. stellen versuchte. Reste eines Kreuzgratgewölbes Curl, A Celebration of Death, London 1980, PI. 8). wurden im östlichen Joch des linken Seitenschiffes 26 Zur Blattranke als Dekorationsmotiv von Portal­ gefunden. Nicht nur die Gewölbe der beiden Sei­ bögen siehe Eduardo Arslan, Portali Romanici Ve­ tenschiffjoche, in die das Grabmal hineinragt, son­ neziani, in: Festschrift Ulrich Middeldorf, hrsg. dern auch das Mauerwerk, das rechts des Grabmals von A. Kosegarten und P. Tigler, Berlin 1968, S. 15­ vorhanden war, wurden damals erneuert. Um das 19. Die Kombination von Zungenblattornament Problem der Verbindung von Grabmal und Ge­ und flachen Blattranken findet man in Verona in wölbe zu lösen, hat man damals das Kreuzgratge­ verschiedenen formalen Zusammenhängen vor; wölbe des dritten Seitenschiffjoches halbiert, in der zum Beispiel am Bogen des Ponte della Pietra, am Jochmitte einen Gurtbogen eingezogen, der auf der Veroneser Dom, am Portone su Via S. Maria Antica Wand keine Vorlage hat und über dem Bogen der (siehe Gino Sandri, I palazzi scaligeri di S. Maria dritten Säulenarkade des Mittelschiffs endet, und Antica, in: II palazzo della provincia di Verona, Ve­ das Gewölbe des zweiten Seitenschiffjoches mit rona 1931, Abb. 6) und am Kämpfer über den Ka­ höherem Gewölbescheitel ins dritte Joch verlän­ pitellen des Seitenportals von S. Fermo. gert. Der Baldachin ist dadurch im Kircheninnern 27 Auf den Nebenseiten der äußeren Konsolen findet bis in die Scheitelhöhe des Baldachinbogens sicht­ man zwar auch auf dem Grund haftende flache bar. Zur Restaurierung siehe Arthur Kingsley Zungenblätter von monotoner Starrheit; die aufge­ Porter, Lombard Architecture, Vol. 3, London lockerten und kräftigeren Blätter auf der Vorder­ 1917, S. 503: „In 1887 the ediflce was subjected to a seite weisen dagegen deutlich gotische Züge auf. disastrous restauration, in which it lost most of its Die äußeren Konsolen sind zudem üppiger deko­ artistic and archeological value." Die Arbeiten riert und entsprechen bereits dadurch eher dem wurden 1887 und 1890­95 durchgeführt. Siehe formalen Standard der Konsolen gotischer Grab­ Carlo Cipolla, I restauri della chiesa di S. Maria An­ mäler. Vgl. z. B. die Konsolen des Grabmals von tica a Verona, in: Nuovo Archivio Veneto, n. s. 4, Aventino Fracastoro (1385), Verona, S. Fermo (vgl. 1892, S. 358­369; Eduardo Wart Arslan, L'architet­ Wolfgang Wolters, La scultura gotica veneziana, tura Romanica Veronese, Verona, 1939, S. 25; Giu­ Bd. 1, Venedig 1976, S. 207, Kat.­Nr. 122) und die lia Tamanti, Le vicende conservative della statua des Grabmals von Giovanni della Scala ( 1359), Ve­ equestre di Cangrande I della Scala, in: La statua rona, S. Maria Antica (vgl. Wolters, 1976, S. 191­ equestre (wie in Anm. 19), S. 67­81, bes. S. 71. 192, Kat.­Nr. 84). 24 Auf der Seite des Kircheninnern fehlen auch die In­ 28 Wegen der herausragenden Qualität des oberen schriften der historischen Reliefs. An der Außen­ Blattkarnieses des Sarkophags vermutet Giulia seite sind zu deren Identifizierung Städtenamen Tamanti, daß das einfacher aufgebaute und härter eingemeißelt. modellierte Blattornament am Krönungsgesims 25 Das Grabmal wurde 1875 im Auftrag der Kommu­ des Dachaufsatzes nicht zum originalen Bestand ne von Verona von dem Bildhauer Salesio Pegrassi gehört, sondern zu den Restaurierungsarbeiten, die restauriert. A. Pegrassi, Salesio Pegrassi 1812­1879, im 17. Jahrhundert von dem Steinmetz Michelc in: Pro Verona, II/6,1911, S. 7: „L'arca di Cangran­ Tamo ausgeführt wurden. Siehe Tamanti (wie in de, che sta sopra la porta della chiesa, maneava to­ Anm. 23), S. 70. tahnente del fregio dell'arco (il presente e qucllo 29 August Schmarsow, S. Martin von Lucca, Breslau che si trova dall'altra parte del monumento nell'in­ 1890, S. 182. Die von Schmarsow angesprochene terno della chiesa e che, in quel tempo, 1875, era Krabbendekoration stammt in der heutigen Form coperto da piü imbiancature di calce). Quest'arca aus dem 19. Jahrhundert; vgl. hierzu Anm. 25.

72 30 Der problematische Erhaltungszustand des Can- arti a Verona al tempo di Cangrande, in Le Stoffe di grande-Grabmals wurde von der Forschung lange Cangrande (wie in Anm. 15), S. 8, wo die „formella Zeit unterschätzt; vgl. Pietro Toesca, II Trecento, della battaglia di Vicenza" mit der in Klammern Turin 1951, S. 493 Anm. 173. beigefügten Datierung „(1340)" erwähnt wird. 31 Meyer (wie in Anm. 5), S. 70ff. 42 Marinelli (wie in Anm. 17), S. 244. Zur Begründung 32 Die Liegefigur erwähnte Meyer in diesem Zusam­ seiner These verweist Marinelli auch darauf, daß menhang nicht, und ebenso überging er in seiner der Sarkophag auf der Seite des Kircheninnern in­ Analyse die ornamentale Dekoration des Sarko­ nerhalb der Vierpaßrautenrahmen keine Figuren phags. aufweist; diese seien durch den Planwcchsel über­ 33 Meyer (wie in Anm. 5), S. 84. flüssig geworden, da sie wie die auf dieser Seite be­ 34 Meyer (wie in Anm. 5), S. 84 Anm. 2. Toesca (wie in findlichen historischen Reliefs „praticamente" Anm. 30), S. 481 Anm. 172, wies Meyers Vermu­ nicht sichtbar gewesen wären. Die Liegefigur sei tung als „congettura infondata" zurück, ohne frei­ wohl auch erst nachträglich ergänzt worden (vgl. lich Simeonis Beitrag von 1920 zu kennen. hierzu Anm. 72). Die zweite Grabinschrift, die 35 Cesare Baroni, Scultura gotica lombarda, Mailand nach Rossini „caratteri ornati della seconda metä 1944, S. 59­60, Anm. 72; Fernanda de' Maffei, Le del secolo XIV" aufweist (Rossini, wie in Anm. 13, arche scaligere di Verona, Verona 1955, S. 43; Bet­ S. 453 Anm. 1), könne mit dem Zeitpunkt der Voll­ tini (wie in Anm. 22, S. 18. Weder von den hier zi­ endung des Grabmals korrespondieren. tierten Autoren, noch von den anderen Kunsthi­ 43 Zu beachten ist auch die deutlich geringere lichte storikern, die Rckonstruktionsvorschläge für das Weite der Interkolumnien der Mittelschiffsarkaden erste Grabmal des Cangrande vorlegten, wurde Si­ und des in der Fassade der Kirche sitzenden meonis Beitrag von 1920 berücksichtigt. Haupteingangs. Letzterer geht in seinem heutigen 36 De' Maffei (wie in Anm. 35), S.37ff.; Eduardo Ars­ Zustand auf die Restaurierung des späten 19. Jahr­ lan, La statua equestre di Cangrande, in: Studi in hunderts zurück. Nach den Angaben von Cipolla onore di F. M. Mistrorigo, Vicenza 1958, S. 96; (wie in Anm. 23), S. 366, gab es für die Rekonstruk­ Toesca (wie in Anm. 30), S. 431­433; Giuseppe tion einen eindeutigen Befund. Fiocco, Profilo dell'arte scaligera, in: Verona e il 44 Onofrio Panvinio, Antiquitatum Veronensium li­ suo territorio, III/2, Verona 1969, S. 192. bri Octo, Typis Pauli Frambotti, Padua 1647, 37 Avena (wie in Anm. 14), S.418; Giuseppe Fiocco, S. 169. Un libro recente sulle Arche scaligere, in: Arte Ve­ 45 Dionisio Valesi, Varie Fabriche Antiche e Moderne neta, 9, 1955, S. 227­231. accuratamente delineate, & intagliate, Verona 1753, 38 Magagnato (wie in Anm. 21), S. 34ff. und bes. S. 41. Tav. 15. 39 Siehe z. B. Maria Teresa Cuppini, L'arte gotica a Ve­ 46 Pompeo Litta, Familie celebri italiane. Gli Scaligeri, rona, in: Verona e il suo territorio, III/2, Verona Mailand 1824, Tav. o. N. 1969, S. 257. 47 Robert Hewison, John Ruskin ­ The Argument of 40 Bettini (wie in Anm. 21), S. 13ff., vertrat in Anleh­ the Eye, London 1976, Abb. 48; zu Samuel Prout nung an Meyer die Auffassung, daß die Skulpturen vgl. auch U. Thieme, F. Becker, Hg., Allgemeines des Cangrande­Grabmals zusammen mit denen Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis des Mastino­II.­Grabmals im wesentlichen eine zur Gegenwart, 27, 1933, S. 426­427. homogene Stilgruppe bilden und datierte die bei­ 48 Das Portal von S. Zeno in Oratorio ist ein Sturzbo­ den Grabmäler zwischen 1340 und 1350. Die Rei­ genportal, das von in der Mauer sitzenden Stützen terstatue des Cangrande müsse jedoch, da es sich flankiert und von einer Ädukula überdacht wird. um ein „ritratto eseguito da vivo" handele, „non Vgl. A. Orlandi, Schede storico­artistiche relative molto lontano dall'anno della morte del grande sca­ alle Chiese dedicate a S. Zeno, in: G. P. Marchi/A. ligero" (1329) geschaffen worden sein. Es sei daher Orlandi/M. Brenzoni, II culto di San Zeno nel Ve­ anzunehmen, „che la statua equestre facesse parte ronese, Verona 1972, S. 181, der d'\eporta minore ins di (un) primo monumento funebre". Zur Proble­ 14. Jahrundert datiert. Die von einer Ädikula über­ matik der Porträtthese vgl. auch Peter Seiler, Das fangenen Portale Veroneser Kirchen bieten sich Lächeln des Cangrande I. della Scala, in: Zeitschrift zum Vergleich an, da sie wie der Auf­ und Unterbau für Kunstgeschichte (im Druck); zur Datierungs­ des Cangrande­Grabmals eine konzeptionelle Ein­ und Zuschreibungsproblematik des Grabmals vgl. heit bilden. In den meisten Fällen sitzen die Portal­ auch Gian Lorenzo Mellini, Scultori veronesi del ädikulen über einfachen (aus Schwelle, Pfosten und Trecento, Mailand o. J. (1971), S.94­100, und ders., Sturz gebildeten) Rahmenportalen und ihre Kon­ Verona, la Corte sveva, l'Oriente e le origini del solen sind in der Regel unmittelbar über den Ecken Gotico, in: Labyrinthos, 9, 1986, S. 3­49, bes. S. 28. des Portalsturzes in das Mauerwerk eingefügt. Au­ 41 Magagnato (wie in Anm. 22), S. 42, und ders., Le ßer dem Portal von S. Zeno in Oratorio gibt es zwei

73 weitere Beispiele, bei denen mit zusätzlichen Säu­ erstmals wiedergegeben (siehe Kat. Ruskin a Vero­ len bzw. Pfeilern eine struktive Verbindung zwi­ na, a cura di Terence Mullaly, Verona 1966, S. 39, schen Adikula und dem unteren Portalbereich her­ Kat. Nr. 1 und Fig. 1, vgl. auch S. 46). Es handelte gestellt wurde. Vgl. hierzu Anm. 50. sich urspünglich um ein Rundbogenportal (siehe 49 Der Meister des Mastino­Grabmals verwendete den Stich in Da Persico, Tav. III), dem wahrschein­ verschiedene gotische Basenprofile. Die Proportio­ lich im frühen 15. Jahrhundert im Zusammenhang nen der Basen des Monuments sind für jeden Stüt­ mit dem nur teilweise ausgeführten Fassadenpro­ zentypus mehr oder weniger deutlich variiert. jekt für S. Anastasia ein marmornes Frührenais­ 50 Zwei weitere Beispiele sind vorhanden: Am Süd­ sance­Portal vorgeblendet wurde. Zu Bonington portal des Domes von Verona, das vermutlich 1139 vgl. auch P. Noon, Richard Parkes Bonington, in: unter Einbeziehung von Fragmenten eines älteren Allgemeines Künstlerlexikon. Die bildenden Portals errichtet wurde, haben die Konsolen der Künstler aller Zeiten und Völker, Bd. 12, Adikula die Form von Balken und werden von München ­ Leipzig 1996, S. 556­557. zwei frei vor einem Rahmenportal auf ebenfalls 53 Siehe Peter Seiler, La trasformazione gotica della balkenförmigen Untersätzen stehenden Säulen ge­ magnificenza signorile ­ Committenza viscontea e tragen (siehe G. De Francovich, La corrente co­ scaligera nei monumenti sepolcrali dal tardo Due­ masca nella scultura romanica europea, in: Rivista cento alla metä del Trecento, in: Presenze del Goti­ del R. Istituto d'Archeologia e Storia delPArte, 5/3, co Europeo in Italia, hrsg. von Martina Bagnoli und 1936, S. 275ff, bes. S. 280; Angiola Maria Romanini, Valentino Pace, Neapel 1994, S. 119­140, Fig. 15­16. L'arte romanica, in: Verona e il suo territorio, 2, Ve­ 54 Die Frage, ob es sich bei diesen um rein architekto­ rona 1964, S. 711). Bei dem zweiten Beispiel, dem nische oder um figurale Untersätze handelte, muß Portal von S. Pietro Martire, handelt es sich um ein offen bleiben. Da der Sarkophag des Grabmals des Pfeilerportal mit gestuftem Gewände. Zu dem al­ Guglielmo Castelbarco auf Löwenuntersätzen lem Anschein nach dem frühen Trecento angehö­ ruht, liegt es nahe, auch für den Reliefsarkophag fi­ renden Bau von S. Pietro Martire siehe Maria Tere­ gürliche Untersätze anzunehmen. Diese müßten sa Cuppini, L'arte gotica a Verona, in: Verona e il allerdings im Verlauf der Zeit spurlos verschwun­ suo territorio, vol. 3/2, Verona 1969, S. 236. den sein. Angesichts der vielfältigen Eingriffe, die 51 Bestätigung findet diese Annahme in der Tatsache, der Friedhof und seine Monumente erfahren ha­ daß auf der Stichabbildung aus Panvinio die Höhe ben, liegt dies durchaus im Bereich des Möglichen. der Pfeiler (ohne Basen) mit der Höhe der Ein­ 55 Vgl. z. B. den Sarkophag des Alberto Scotti (1318) gangsöffnung in etwa übereinstimmt. in Piacenza, S. Giovanni in Canale. In diesem Fall 52 Begwood, Großbritannien, Coli. Landsdowne, erstreckt sich die figürliche Dekoration auf die veröffentlicht von R. Chiarelli, Una cittä per i pit­ Vorderseite und die beiden Nebenseiten. Die tori, in: Antichitä viva, 2/5,1963. Die Inschrift ist in Rückseite blieb frei, da der Sarkophag offenbar be­ der Veroneser Lokalüberlieferung nicht bezeugt. reits von Anfang an für eine Aufstellung an der Kir­ G. B. Da Persico, Descrizione di Verona e della sua chenwand vorgesehen war. Siehe Lorenza Cochetti provincia (1820­21), Verona 1829, S. 25, vermerkt, Pratesi, La scultura, in: Storia di Piacenza, II. Dal das Grabmal sei „senza epigrafe". Daß außer Bo­ Vescovo Conte alla Signoria (996­1313), a cura di nington niemand die Existenz der Inschriftentafel Piero Castignoli, Piacenza 1984, S. 603­668, bes. bezeugt, ist sehr wahrscheinlich darauf zurückzu­ S. 664­665. führen, daß sie lange Zeit nicht sichtbar war. Foto­ 56 Der Sachverhalt, daß die Reiterfigur in eine der grafien von Lotze (Kat. Lotze. Lo studio fotogra­ Längsseiten und nicht in eine der Deckclschrägen fico 1852/1909, a cura di P. Brugnoli, S. Marinelli eingemeißelt wurde ­ wie z. B. bei dem Sarkophag und A. Prandi, Verona 1984, Nr. 95, 96,115) zeigen der Rogati­Negri (Padua, Santo) oder an dem der Reste von Putz auf der Ziegelsteinmauer. Es ist da­ Scotti (Piacenza, S. Giovanni in Canale) ­ ist wohl her sehr gut denkbar, daß Bonington die Inschrif­ auch als Indiz dafür zu werten, daß der Reliefsar­ tentafel oder Reste derselben unter der teilweise kophag von Anfang an für die sehr hohe Position heruntergefallenen Putzschicht entdeckt hatte. über dem Kirchenportal vorgesehen war. Vermutlich ging die Tafel verloren, als man das 57 Auch hier bietet sich das Grabmal des Guglielmo Portal vergrößerte. Der Mauerabschnitt, in dem Castelbarco als Vergleichsbeispiel an. In den Gie­ sich nach der Zeichnung Boningtons die Inschrift bclfeldzwickeln des Baldachins sitzen kleine Me­ befand, mußte dem noch heute vorhandenen grö­ daillons mit figürlichen Reliefs. In den Zwickeln ßeren Rundbogen weichen. Die bauliche Verände­ des platzseitigen Giebelfeldes findet man oben eine rung des Portals erfolgte zwischen 1826 und 1835, Imago Pietatis, unten eine Darstellung Marias auf einer aus dem Jahre 1835 stammenden Zeich­ (links) und eine des Johannes (rechts); auf der nung von John Ruskin ist der vergrößerte Bogen Rückseite eine Salvatorfigur (oben) und eine Ver­

74 kündigung mit Maria in dem rechten unteren S. 151­156. Zwickel und Gabriel in dem gegenüberliegenden 63 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, linken Zwickel. Im [''all des Cangrande­Grabmals daß Cangrande das Schwert nicht als Zeichen sei­ war es naheliegend, den gesamten Figurenschmuck ner Ritterwürde am Gürtel trägt, wie z. B. Alberto auf den Sarkophag zu konzentrieren, da die Balda­ Scotti, der auf dem Deckel seines Sarkopahgs zur chinseite des Kircheninnern als Bildträger nicht ge­ Falkenjagd ausreitend dargestellt ist. Daß das nutzt werden konnte. Schwert des Scaligers in der Scheide steckend wie­ 58 So z. B. am Grabmal des Guarnerio di Castracane dergegeben war, ist auf dem von Litta publizierten degli Antelminelli (Sarzana, S. Francesco) und an Abbildung des Sarkophags noch deutlich zu erken­ demjenigen des Guido Tarlati (Arezzo, Dom); vgl. nen. Zum Vergleich sei hier auch auf das ursprüng­ zu diesen Monumenten Seiler (wie Anm. 16). In lich zum Grabmal des Alberico Suardi gehörende den Bogenzwickeln von Grabbaldachinen wurden Reiterrelief hingewiesen (Lurano, Villa Secco Suar­ häufig Wappen angebracht. In vielen Fällen befin­ di). Alberico Suardi ist in entsprechender Weise ge­ det sich das Wappen des Bestatteten nur im oberen kleidet und unterscheidet sich von der Figur des Zwickel. Beim Grabmal Dussaimi wurde in den Scaligers nur dadurch, daß er als Zeichen seiner beiden unteren Zwickeln jeweils das Familienwap­ Amtsgewalt kein Schwert, sondern einen Stab pen der Dussaimi angebracht und im oberen Zwik­ trägt. Siehe Baroni (wie in Anm. 35), S. 38, und B. kel eine Relieffigur des Gotteslamms. Belotti, Storia di Bergamo e dei Bergamaschi, IL, 59 Siehe hierzu Rossini (wie in Anm. 13), S. 250; Gian Bergamo 1959, S. 69. Zu den rechtstheoretischen Maria Varanini, Art. Deila Scala, Cangrande, in: Grundlagen der richterlichen Strafgewalt in den Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 37, Rom italienischen Stadtstaaten vgl. Pauler (wie in Anm. 1989, S. 393­405, bes. S. 399. 60), S. 21­24. 60 Magnifico atque victorioso domino domino Cani 64 Si Canis hic grandis ingencia facta peregit Grandi de la Scala sacratissimi Caesarei Prinäpatus Marchia testis adest, quam sevo Marte subegit in urbe Verona et civitate Vicentie Vicario generali Scaligeram qui laude domum super astra tulisset lautet die von Dante in der Salutatio seines Briefs an maiores in luce moras si Parcba dedisset. Cangrande gebrauchte Anrede. Siehe Dante Ali­ Hunc Iuli geminata dies et undenata peremit ghieri, Das Schreiben an Cangrande della Scala (la­ iam lapsis Septem quater annis mille trecentis. teinisch/deutsch), übersetzt und kommentiert von Siehe Cipolla/Pellegrini (wie in Anm. 19), S. 56. Thomas Ricklin (=, Philosophische 65 Maria Monica Donato, I signori, le immagini e la Werke, Bd. 1, hrsg. von Ruedi Imbach), Hamburg cittä. Per lo studio dell'»immagine monumentale« 1993, S. 3. Cangrande wurde am 17. März 1311 zu­ dei signori di Verona e di Padova, in: II Veneto nel nächst zusammen mit seinem älteren Bruder Al­ medioevo. Le signorie trecentesche, a cura di An­ boino von Kaiser Heinrich VII. auf Lebenszeit drea Castagnetti e Gian Maria Varanini, Verona zum Reichsvikar von Verona ernannt. Nach dem 1995, S. 379­454, bes. S. 392­393. Tod seines Bruders übernahm Cangrande dann al­ 66 Für die Datierung der Rüstungen der beiden Rei­ lein diese Funktion. Zu Beginn des Jahres 1312 er­ terstatuen siehe Lionello B. Boccia, in: Gian Loren­ nannte der deutsche Kaiser den Scaliger auch zum zo Mellini, Verona e l'Oriente in epoca gotica, in: Reichsvikar von Vicenza. Beide Reichsvikariate Le Stoffe di Cangrande (wie in Anm. 15), S. 70­71. wurden 1317 durch Friedrich den Schönen und Die Kleidung der beiden Liegefiguren liefert ent­ 1327 durch Ludwig den Bayern bestätigt. Vgl. Va­ sprechende Daticrungsanhaltspunktc. Diejenige ranini (wie in Anm. 59), S. 394, 398, 402; Roland der Liegefigur des Cangrande weist ältere Elemen­ Pauler, Die deutschen Könige und Italien im 14. te auf: Rock und Mantel sind knöchellang und ihr Jahrhundert. Von Heinrich VII. bis Karl IV., Darm­ Schnitt betont in keiner Weise die Körperformen. stadt 1997, S. 83, 96, 134, 148. Für den Zeitraum nach 1340 ist sie vor dem Hinter­ 61 Verona, Biblioteca Civica, ms. 3036; vgl. Francesco grund der damals aufkommenden modischen Ten­ Ercole, Dal comune al prineipato. Saggi sulla storia denzen als eher traditionell einzustufen. Die Klei­ del diritto pubblico del rinaseimento italiano, Flo­ dung der Liegefigur des Mastino II. besitzt dagegen renz 1929, S. 76­88, bes. S. 86f. unverkennbar Züge des Modewandels der vierzi­ 62 Gino Sandri, I palazzi scaligeri di S. Maria Antica, ger und frühen fünfziger Jahre. Der Rock endet in: II palazzo della Provincia di Verona, Verona deutlich oberhalb der Knöchel, die herabhängen­ 1932, S. 21; vgl. hierzu auch Peter Seiler, Residenz, den Armelenden sind länger und die Bauchwöl­ Kirche, Grablege ­ Zur Entstehungsgeschichte des bung ist durch einen tiefsitzenden Gürtel betont. Residenzensembles der Scaliger in Verona, in: Ar­ Am Gürtel der Figur des vor dem thronenden chitectural Studies in Memory of Richard Kraut­ Christus knienden Mastino hängen zudem wie heimer, hrsg. von Cecil L. Striker, Mainz 1996, auch bei anderen modisch gekleideten Personen

75 dieser Zeit gut sichtbar Dolch und Geldtasche. Die Fortunato einen Zinnenkranz dieser Form. Im Un­ Liegefigur Mastinos ist demzufolge aller Wahr­ terschied zu dem des Turms der Porta S. Feiice han­ scheinlichkeit nach später als die des Cangrande delt es sich jedoch bei ihm um keine reine Ziegel­ entstanden. Zum Wandel der Mode im Trecento konstruktion, sondern um einen Zinnenkranz, der vgl. R. Levi Pisetzky, Storiadel costume in Italia, II, auf einem aus Hausteinen bestehenden Konsolen­ Mailand 1964; Stella Ann Newton, Fashion in the Bogen­System aufgemauert wurde. Er wird entwe­ Age of the Black Prince in the Years 1340­1365, der in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert Suffolk 1980. und mit den späteren Befestigungsbaumaßnahmen 67 Die Seitenschiffsmauer wurde im Verlauf der Zeit der Scaliger in Verbindung gebracht oder ganz grob mehrfach verändert, was anhand der erwähnten ins 14. Jahrhundert, vgl. G. Barioli, La torre della Stiche, Fotos des 19. Jahrhunderts und vor allem basilica, in: La Basilica dei SS. Feiice e Fortunato, anhand des von Lina publizierten Grundrisses zu Vicenza 1972, S. 21­23, und Antonia Mareschi, erkennen ist. Zu den Restaurierungen der Kirche L'architettura della basilica fra X e XII secolo, in: vgl. auch die in Anm. 22 angegebene Literatur. La Basilica dei Santi Feiice e Fortunato in Vicenza, 68 Anonimo Romano, Chronica, Edizione critica a Bd. 2, Vicenza 1979, S. 243. Zur Planta Angelica cura di Giuseppe Porta, Milano 1979, S. 35. Vgl. siehe Barbieri, loc. cit., bes. S. 264­265. hierzu Seiler (wie in Anm. 53), S. 132. 72 Gianni Perbellini, Castelli Scaligeri, Mailand 1982, 69 Anonimo Romano, Chronica (wie in Anm. 68), datiert vorkragende Zinnenkränze von Türmen ge­ S. 35. Giuseppe Billanovich möchte den Anonimo nerell in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts. Romano mit Bartolomeo di Iacovo da Valmontone Bodo Ebhardt, Die Burgen Italiens. Baugeschicht­ identifizieren, siehe Giuseppe Billanovich, Come liche Untersuchungen über die Entwicklung des nacque un capolavoro: la «Cronica» del non piü mittelalterlichen Wehrbaus und die Kenntnis der Anonimo Romano. Ii vescovo Ildebrandino Conti, Wohnbaukunst im Mittelalter, I, Berlin 1909, S. 42, Francesco Petrarca e Bartolomeo di Iacovo da Val­ stellt lediglich fest: „Im 14. und 15. Jahrhundert montone, in: Rendiconti delPAccademia Naziona­ scheint die Verwendung von Ziegelauskragungen le dei Lincei. Classe di scienze morali, storiche e fi­ ganz allgemein geworden zu sein." In der Toskana lologiche, s. IX, vol. VI, CCCXCII, 1995, S. 195­ treten vorkragende Zinnenkränze seit der Mitte des 211. Vgl. zu diesem Identifizierungsvorschlag Va­ 13. Jahrhunderts an Türmen auf, vgl. Jürgen Paul, ranini (wie in Anm. 19), S. 33 Anm. 43. Zu der Der Palazzo Vecchio in Florenz. Ursprung und Be­ Schilderung der Bauprojekte Mastinos vgl. Varani­ deutung seiner Form, Florenz 1968, S. 74. Pietro ni, S. 33 Anm. 46, und Seiler (wie in Anm. 62). Gazzola, Castelli Scaligeri, Bergamo 1966, S. 12, 70 Vgl. hierzu Avena(wiein Anm. 14), S. 412­415; Sei­ trifft die Feststellung: „II coronamento delle torri ler (wie in Anm. 1), II, S. 207­222. del Veneto settentrionale e generalmente in mcrla­ 71 Zur Identifizierung der Porta S. Feiice vgl. Seiler tura ad un solo spiovente a filo dei muri esterni, non (wie in Anm.l), II, S. 212f.; die nicht erhaltene In­ aggettante. Le merlature ghibelline a coda di rondi­ schrift ist in Cipolla/Pellegrini (wie in Anm. 19), ne, su beccadelli o caditoie, sono una prerogativa S. 105f., wiedergegeben. Der aus Bologna stam­ del Veneto Orientale o del Veneto meridionale, mende Bernardo Scannabecchi war bereits 1342 quanto piü ci si avvicina alle celebri rocche di Ro­ Podestä in Vicenza. Seine Amtszeit dauerte bis zum magna (), della Lombardia (Vigevano) o März 1344. Die abweichend von der älteren Litera­ delPEmilia (Torchiara)." tur von Barbieri geäußerte Annahme, daß das Bau­ 73 Marinelli (wie in Anm. 17), S. 244, vermutete, daß unternehmen bereits 1337/38 begonnen wurde, ist die Liegefigur wohl erst nachträglich zum Sarko­ nicht begründet und für die Datierung des (von phag ergänzt wurde. Hierfür spreche der Sachver­ Barbieri auf den Reliefs des Cangrande­Sarko­ halt, daß die Bahre nicht wie bei anderen Grabmä­ phags nicht erkannten) vorkragenden Zinnenkran­ lern als Sarkophagdeckel fungiere, sondern erhöht zes ohnehin nicht von Belang. Vgl. Franco Barbieri, über dem eigentlichen Sarkophagdeckcl stehe. Die L'immagine urbana, in: Storia di Vicenza, II, L'etä Erhöhung resultiert jedoch aus dem Bestreben des medievale, a cura di Giorgio Cracco, Vicenza 1988, Bildhauers, die Proportionen des gesamten Sarko­ S. 247­293, bes. S. 264­265. Nach der um 1580 ent­ phagaufbaus besser auf die Öffnung des Baldachins standenen sog. Planta Angelica gab es neben der abzustimmen. Würde die Liegefigur auf einer fla­ Porta di S. Feiice in Vicenza nur einen weiteren chen Bahre direkt auf dem Sarkophag liegen, wären Stadttorturm mit einem vorkragenden Zinnen­ die Disproportionen zwischen dem eher zierlichen kranz, die Porta di Pustarela, die jedoch zu einem gotischen Sarkophag und der massigen Baldachin­ Abschnitt der Stadtmauer gehörte, an dem es kei­ architektur noch wesentlich stärker. Bei dem Re­ nen Wassergraben gab. Von den übrigen Türmen liefsarkophag war dieses Problem nicht vorhanden, der Stadt besaß nur der Turm der Kirche S. Feiice e da er deutlich größer ist als der jetzige Sarkophag.

76 74 Pietro Azario, Libcr Gestorum in Lombardia, RIS, 77 Scaligera de gentefui celebrique ferebar 16/4, S. 167; Chronicon Regiense, RIS, XVIII, 42, nomine Mastinus ciaras dominabar in urbes; de ipso multa cantabantur et merito. me dominum Verona suum me Brixia vidit 75 , Decameron, a cura di Mirko Parmaque cum Luca cum Feltro Marchia tota; Bevilacqua, Roma 1980, S. 72 (Giornata I, iura dabam populis equo libramine nostris novella 7). omnibus et fidei Christi sine sorde sequtor. 76 Anonimo Romano, Chronica (wie in Anm. 68), Ocubui primo post annos mille trecentos S. 44; zu Mastino II. vgl. auch Gian Maria Varanini, decies quinque lux ibat tercia Iunii. Art. Deila Scala, Mastino, in: Dizionario Biografico Zit. nach Cipolla/Pellegrini (wie in Anm. degli Italiani, Bd. 37, Rom 1989, S. 444-451. S. 115f.

Abbildungsnachweis

Brogi: 1 Verona, Biblioteca Civica: 5 Irifoto, Verona: 3, 4 nach Chiarelli 1963: 9 Lotze: 2, 8 nach Hewison 1976, Fig. 48: 7 Seiler: 6, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19,20