Nr. 23 StadionweltStadionwelt Nov./Dez. 2009 Das Fan- und Stadionmagazin www.stadionwelt.de PYRO Randale oder optisches Stilmittel?

- Die große Pyroumfrage - Interviews - Situation in Österreich

Umbau Mercedes-Benz-Arena Neubau Meadowlands Stadium xxxx

RIO DE JANEIRO 2016 Olympische Sommerspiele FAN-NEWS · PORTRÄTS · REPORTAGEN · STADION-NEWS · UMFRAGEN · U.V.M. am Zuckerhut C C C C CC DemoTitel Schall und Rauch Pyrotechnik: Randale oder optisches Stilmittel?

engalische Lichter und Rauchpa- tronen erhellen die Fankurve, der BReporter schwärmt von südländi- scher Atmosphäre. Ein Spiel später kann es sein, dass ein anderer Moderator bei einer ähnlichen Situation von unbelehr- baren Chaoten spricht, die den Sport missbrauchen. Nicht nur deutsche TV- Moderatoren haben ein Problem im kon- sequenten Umgang mit dem Thema Pyro. Kaum ein Thema ist derart umstritten und wird ansatzweise so kontrovers diskutiert. Randale oder optisches Stilmittel? Da sich die Szenen trotz immer ausge- klügelterer Kontrollen sowie immer härter werdender Sanktionen, nicht selten for- Preußen Münster - Arminia II Bild: Robin Koppelmann dern Vereine mittlerweile verhängte Geld- strafen von den verursachenden Fans zu- derte der Club vom Main seine Auswärts- Ein generelles Pyroverbot ist bereits fast rück und ein Stadionverbot gibt es noch kartenvergabepolitik, die Szene trat zeit- überall in Europa in Kraft. Fast überall in oben drauf, nicht davon abhalten lassen weilig in Streik und es wurde erklärt, dass Europas Ligen brennt es allerdings nach zu „zündeln“, scheint das Thema dem man auf den Einsatz von Pyrotechnik nicht wie vor auf den Tribünen. Das ist der Sta- deutschen Fußball bis auf weiteres erhal- verzichten werde. tus Quo, an dem nicht zu rütteln zu sein ten zu bleiben. In der Schweiz geht man in Nicht selten wird der Einsatz von Pyro da- scheint. Sind Mittelwege wie das legale der letzten Zeit verstärkt, aber auch nicht bei als Teil der Fankultur bezeichnet. In Abbrennen, beispielsweise in Norwegen immer erfolgreich, gegen Feuerwerk auf diesem Zusammenhang wird in der Re- erlaubt, der Weg der Zukunft? Um einen den Rängen vor. In Österreich gilt ab dem gel auch von einem unverantwortlichen Überblick zu bekommen, haben wir mit 1. Januar des kommenden Jahres ein Umgang, beispielsweise dem Werfen von verschiedenen Vertretern, Gruppen oder striktes, gesetzlich geregeltes Pyroverbot. Feuerwerkskörpern, gesprochen, den vie- Institutionen geredet. Beispielsweise Dennoch wird es hier wie dort ganz sicher le Szenen ablehnen. Gänzlich verschwie- kamen acht österreichische Fangruppen schon bald wieder unterm Stadiondach gen werden sollte nämlich nicht, dass zu Wort, die sich langsam auf die neue brennen. Kürzlich rauchte und knallte es pyrotechnische Gegenstände ab und an gesetzliche Regelung in der Alpenrepu- im Frankfurter Gästeblock als der VfB auch als Waffen benutzt werden oder blik vorbereiten müssen. Ein Fananwalt Stuttgart zu Gast war. Aus Protest gegen es zu Unglücken mit Verletzten kommt. klärte über die rechtlichen Folgen auf, der das neue Gesetz setzten österreichische Prominentestes Opfer der jüngeren Ver- DFB und Chosen Few gaben in Interviews Gruppen nicht alleine auf Spruchbänder. gangenheit war sicherlich Georg Koch, Auskunft, wo der Weg hingehen könnte. Einer der großen Aufreger dieses Jahres in dessen Nähe beim Wiener Derby ein Sicher ist, dass bis zum Ziel auf Rauch in puncto Pyro war das Auswärtspiel der Knaller explodierte. In der Folge beende- immer Schall folgen wird. Frankfurter in Karlsruhe. In der Folge än- te der Keeper seine Karriere.  Stadionwelt

Olympiakos Piräus - Panathinaikos Athen Bild: Lohmüller

Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009 DemoTitel „Der DFB ist jederzeit gesprächsbereit“ Stadionwelt sprach mit Helmut Spahn, dem Sicherheitsbeauftragten des Deutschen Fußball-Bundes, über die Risiken von Pyrotechnik und eventuelle Chancen, die Verwen- dung von pyrotechnischen Gegenständen in deutschen Stadien zu legalisieren.

Wolfsburg und dem VfB Stuttgart empfun- den? Vor dem Spiel wurde von Seiten des Veranstalters im wahrsten Sinne des Wor- tes ein Feuerwerk abgebrannt. Bei vielen Fans im Stadion kam das nicht besonders gut an… Spahn: Über die Aktion in Wolfsburg wus- ste der DFB nicht Bescheid. Es gab hier ein großes Kommunikationsproblem. Die DFL befreite sich quasi selbst von den DFB Richtlinien zur Verbesserung der Si- cherheit bei Bundesspielen. Wir waren darüber selbst nicht erfreut. Der Kontroll- ausschuss wurde auch eingeschaltet und forderte den VfL Wolfsburg als Hausher- ren auf, eine Stellungnahme abzugeben, wie es zu so etwas kommen konnte. Wie aber bereits angedeutet, war das Ganze mehr ein Versehen und ein Produkt man- gelnder gegenseitiger Kommunikation. Der gastgebende Verein wurde letztend- lich auch nicht dafür belangt, da die DFL als Mitveranstalter davon ausging, sie könne sich selbst von den Richtlinien be- Helmut Spahn, Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes Bild: Stadionwelt freien. Mittlerweile sind alle Differenzen diesbezüglich geklärt. Proteste von den Stadionwelt: Wie ist die aktuelle Rechts- Stadionwelt: Gibt es eigentlich Studien Fans und den Polizeien diesbezüglich er- lage im Bezug auf Pyrotechnik in den deut- über die Gefahren von pyrotechnischen reichten den DFB in einer Vielzahl. schen Stadien? Gegenständen, wie bengalischen Fackeln Stadionwelt: Obwohl es stets verboten Spahn: Pyrotechnik ist gemäß den DFB oder Rauchpatronen? Wenn ja, wer gab war, wurden schon früher pyrotechnische Richtlinien zur Verbesserung der Sicher- den Auftrag dazu und hat sie erstellt? Gegenstände beim Fußball gezündet. heit bei Bundesspielen in Deutschland Spahn: Natürlich gibt es diese. Der DFB Auch in der Zukunft scheint kein Ende in verboten – und stellt in der Regel auch hat zur Prävention sogar Filme gedreht Sicht. Wie erklärt man sich das „Phäno- Verstöße gegen öffentliches Recht dar. und eigene Untersuchungen angestellt. men“ Pyrotechnik in den Stadien beim Stadionwelt: Wer macht diese Vorschrif- Gerade vom Abbrennen pyrotechnischer DFB? ten/Verbote? Gehen Sie vom Hausherrn, Gegenstände in den engen und vollen Spahn: Der DFB kann nur seine präventive dem Verein, aus, oder untersagt der DFB Stehplatzblöcken geht enorme Gefahr Arbeit weiter fortführen. In der vergange- die Verwendung solcher Materialien? aus. Bengalische Fackeln erreichen Tem- nen Saison wurde bereits ein kleiner Trai- Spahn: Die bereits erwähnten Richtlinien peraturen von weit über 1.500 Grad und ler gegen Pyrotechnik veröffentlicht, der in zur Verbesserung der Sicherheit bei Bun- können den umstehenden Personen allen Stadien gezeigt wurde. Daran muss desspielen sind nur für die ersten vier schnell schwere Verletzungen zufügen. man anknüpfen. Wir leisten stete Aufklä- Ligen, , 2. Bundesliga, 3. Liga Auch die sogenannten Rauchbomben, die rungsarbeit, um die Leute für das Thema und die Regionalligen gültig und vom DFB öfters in den Fanblöcken gezündet wer- zu sensibilisieren. Der DFB geht auch erarbeitet worden. Die Ligen darunter ob- den, setzen die Zuschauer einem großen gezielt über die Vereine und Fanprojekte, liegen den jeweiligen Regional- und Lan- Gesundheitsrisiko aus. Die neuen Arenen sodass Gefahren schon im Keim erkannt desverbänden, die sich aber sehr stark sind teilweise so steil und eng gebaut, werden können. Wir respektieren zwar die an diesen Richtlinien orientieren. Eine Be- dass die Belüftung bei der starken Rauch- Haltung einiger Ultragruppierungen, für freiung von den Richtlinien kann jederzeit entwicklung oftmals nicht schnell genug die das Verwenden dieser Materialien ein bei der Kommission für Prävention und Si- funktioniert. Stilmittel darstellt. Aber auch diese Perso- cherheit des DFB eingereicht werden. Dort Stadionwelt: Wie viele verletzte Personen nengruppen müssen sich im Klaren sein, wird das Anliegen dann gründlich geprüft. gab es in den letzten Jahren durch das dass ein kollektives Zusammenleben nur Grundsätzlich kann aber nur für behörd- illegale Abbrennen von Pyrotechnik? mit Regeln funktioniert und man diese lich genehmigte Feuerwerke oder ähnliche Spahn: Hierüber führt der DFB keinerlei Regeln einhalten muss. Wer sich nicht Veranstaltungen, die von einer Fachfirma Statistiken. an die Regeln hält, muss mit Konsequen- durchgeführt werden sollen, befreit wer- Stadionwelt: Wie haben Sie die Situation zen rechnen. Mittlerweile gibt es einige den. In der vergangen Saison sind bei uns bei der Eröffnungsfeier der neuen Bundes- Beispiele in Deutschland, bei welchen circa zehn Anträge eingegangen. ligasaison beim Spiel zwischen dem VfL der bestrafte Verein den überführten 

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Das Feuer im Rostocker Fanblock beim Auswärtsspiel in Essen kostete den Verein 100.000 Euro Geldstrafe Bild: PLU

Täter auch zivilrechtlich belangt hat. Und richte der anwesenden Spielbeobachter des DFB leider nicht dokumentieren, da bei einer Summe von mehreren tausend sowie alle anderen Informationsquellen, dort die Zuständigkeit eine andere ist. Euro überlegt sich jeder, ob er nochmals wie zum Beispiel TV-Bilder aus, um diese Stadionwelt: Im Juli fand in Hamburg der so etwas macht und sich und die umlie- zu analysieren.. Erst danach wird ein Straf- zweite europäische Fankongress statt. Un- genden Zuschauer einer derartigen Ge- antrag gegen den Verein gestellt und ein ter anderem wurde dort auch das Thema fahr aussetzt. Zumal es ja meistens nicht Strafmaß nach Auswertung der Stellung- Pyrotechnik näher erörtert und das Norwe- nur bei dieser Strafe bleibt: Den Tätern nahmen der beteiligten Vereine und dem gische Modell eines legalen Umgangs mit drohen des Weiteren noch Strafanzeigen Bewerten des vergangenen Auftretens der Pyrotechnik erklärt. Wäre der DFB denn wegen gefährlicher Körperverletzung, des jeweiligen Fans dem Sportgericht vorge- bereit, sich auf ein Experiment mit legaler Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz schlagen.. Einen Bußgeldkatalog, wie im Pyrotechnik einzulassen? und eventuell unerlaubter Waffenbesitz. Straßenverkehr, gibt es nicht. Jeder Straf- Spahn: Der DFB ist grundsätzlich jederzeit Stadionwelt: Was blüht einem Fan, dem antrag wird vom DFB- Sportgericht einzeln gesprächsbereit. So fand beispielsweise vor die Verwendung von Pyrotechnik nach- behandelt und bewertet. Die Höchststra- einigen Wochen in Karlsruhe ein Workshop- gewiesen wurde. Welche Rechte besitzt fe, die mir persönlich bekannt ist, sind Wochenende mit vielen Vertretern aus der diesbezüglich der DFB? 100.000 Euro gegen Hansa Rostock nach Ultraszene und der Polizei zum Abbau der Spahn: Dem DFB sind bei Strafen gegen dem Spiel gegen Rot - Weiss Essen im Jahr gegenseitigen Feindbilder statt. Ich vertrat einzelne Fans die Hände gebunden. Ähn- 2007. dort den DFB und man kann sagen, dass lich wie bei der UEFA darf der Verband auch Stadionwelt: In der Vergangenheit wurde das Thema „Pyrotechnik“ am emotionalsten in Deutschland nur die Vereine bestrafen, häufiger festgestellt, dass die Gewalt in diskutiert wurde. Jeder Partei wurde dabei nicht die einzelnen Täter. Dafür sind die den Stadien abnimmt. Könnte man das auch reichlich Zeit und Platz eingeräumt, Vereine zuständig. Und wie oben bereits auch auf die Verwendung von Pyrotechnik ihren Standpunkt ausführlich zu vertreten. angeschnitten, gibt es immer mehr Verei- in den Fanblöcken übertragen, nimmt die- Ein Punkt war natürlich auch die legalisierte ne, die sich die verhängte Strafe von den se ebenfalls ab? Form von Pyrotechnik. Allerdings zeigte sich Tätern zurückholen. Die Vereine und der Spahn: Mittlerweile existiert ein umfangrei- dabei schnell, dass die Fanszene hierbei DFB haben darüber hinaus im präventiven cher „Lagebericht Sicherheit“ vom DFB zu selbst gespalten ist. Die einen würden eine Bereich die Möglichkeit, gegen die jeweili- diesem Thema und darin wurden alle De- legalisierte Form mit Anmeldung der Aktion gen Täter bundesweit wirksame Stadion- likte der vergangenen Saison erfasst. So akzeptieren, während für die anderen legali- verbote auszusprechen. gab es in den oberen vier Ligen insgesamt sierte Pyrotechnik einem Verrat der Fankul- Stadionwelt: Es drohen nicht nur dem ver- 1.914 Spiele und bei 123 davon wurden tur gleichkommt. Außerdem bliebe auch die meintlichen Täter weitreichende Folgen, Vergehen registriert. Das entspricht circa Signalwirkung im Stadion abzuwarten, denn auch die Vereine werden zum Teil mit ho- sechs Prozent aller Spiele. Bei 78 von den es könnte niemand garantieren, dass nicht hen Strafen belegt. Gibt es für die Strafen 123 Vorfällen war das Vergehen Einsatz doch außerhalb des legalen Rahmens py- der Vereine eine Art Katalog? von pyrotechnischen Gegenständen. Ten- rotechnische Gegenstände in den Stadien Spahn: In der Regel wertet der DFB-Kon- denziell ist der Gebrauch von Pyrotechnik eingesetzt werden. Nicht zu vergessen sind trollausschuss, der eine vergleichbare in den Stadien abnehmend, aber wie bei auch die nicht weg zu diskutierenden straf- Aufgabe wie im öffentlichen Bereich die der Gewalt auch, verlagert sich auch das rechtlichen Folgen, für die auch der DFB kei- Staatsanwaltschaft übernimmt, nach Vor- aus den Stadien heraus auf die Straße. ne Befreiung erteilen kann. fällen den Schiedsrichterbericht, die Be- Dies kann der „Lagebericht Sicherheit“  Wolfgang Dümmler

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„Notfalls eben auch per Klage beim Verwaltungsgericht“ Die rechtlichen Folgen der Verwendung von Pyrotechnik in den Stadien sind nur den wenigsten bewusst. Wir sprachen mit Rechtsanwalt Steffen Schmitt von der sport- rechtlichen Kanzlei Rechtsanwälte Binnewies • Schneider • Schmitt aus Karlsruhe.

Stadionwelt: Was genau erwartet ei- letzung angeklagt. Die Argumentation nen Fan, wenn er bei Spielen pyrotech- der Anklagebehörde lautet insoweit: nische Gegenstände zündet und der Pyrotechnische Gegenstände können Tat überführt wird? zu schwersten Verletzungen führen, RA Schmitt: Wenn ein Fan bei einem weil sie bis zu 1.000 Grad heiß wer- Spiel pyrotechnische Gegenstände an- den. Wer solche Gegenstände in einer zündet, muss er damit rechnen, dass Menschenmenge verwendet, nimmt gegen ihn ein strafrechtliches Ermitt- schwerste Verletzungen zumindest bil- lungsverfahren eingeleitet wird. Es ist ligend in Kauf, auch wenn er diese ei- inzwischen auch weit verbreitet, dass gentlich nicht will. die Polizei beim gastgebenden Verein Stadionwelt: Wie lange dauert es in zusätzlich ein Stadionverbot beantragt. der Regel bis es zu einem Prozess bzw. Das Stadionverbot wird vom Veranstal- einer Verurteilung kommt? ter üblicherweise auch ausgesprochen RA Schmitt: Das lässt sich nicht pau- - und zwar bundesweit bis zu drei Jah- schalisieren. Üblicherweise dauert es re. Ein solches Stadionverbot wäre mehrere Monate oder auch Jahre bis eine zivilrechtliche Angelegenheit. Der ein Ermittlungsverfahren abgeschlos- jeweilige Fan müsste sich überdies sen ist. Das Ermittlungsverfahren muss darauf einstellen, dass er in der Datei auch keineswegs zu einer Anklage Rechtsanwalt Steffen Schmitt Gewalttäter Sport eingetragen würde. führen. Es kann auch eingestellt wer- Nach meiner Erfahrung werden Fans den, z. B. wenn der Verdächtige nicht Stadionwelt: Ist das Verwenden von py- hier teilweise immer noch eingetragen, überführt werden kann. Ich habe aber rotechnischen Gegenständen in Deutsch- auch wenn die Datei Gewalttäter Sport auch schon Fälle erlebt, in denen ein land erlaubt und gibt es Unterschiede zur von Gerichten inzwischen teilweise als beschleunigtes Verfahren durchgeführt Verwendung dieser Materialien in Stadi- rechtswidrig angesehen wurde. wurde und es innerhalb von wenigen en? Stadionwelt: Kann man sagen, dass Tagen zu einer Gerichtsverhandlung RA Schmitt: Es kommt - wie so oft - auf es gängige Anklageschreiben gegen mitsamt Urteil gekommen ist. viele Einzelheiten an. Die Stadionord- die vermeintlichen Täter gibt? Oft ist Stadionwelt: Das Internet bietet be- nungen der jeweiligen Veranstalter von einem Verstoß gegen das Spreng- kanntlich ein grenzenloses Handeln regeln, was ins Stadion mitgebracht stoffmittelgesetz zu lesen, was darf und nicht selten liest man von dubi- werden darf. Die Stadionordnungen man darunter verstehen? osen Importen aus dem Ausland. Spie- sind unterschiedlich. Sie können aber RA Schmitt: Es gibt zwar keine gängi- len Importwaren, wie zum Beispiel die davon ausgehen, dass in keinem Sta- gen Anklageschreiben. Wenn in einem „La Bombas“, bei der Bestrafung eine dion Pyrotechnik erlaubt ist. Unabhän- Stadion Pyrotechnik gezündet wird, andere Rolle? gig davon gibt es verschiedene Straf- würde dies allerdings regelmäßig ei- RA Schmitt: Pyrotechnik in Stadien vorschriften, gegen die man verstoßen nen Verstoß gegen das Sprengstoffge- zünden ist - wie gesagt - schon dann kann, wenn man Pyrotechnik einsetzt. setz darstellen. Im Sprengstoffgesetz mit strafrechtlichen, zivilrechtlichen Dies kann - je nach Gegenstand und ist geregelt, wer wann wie mit welchen und verwaltungsrechtlichen Folgen ver- Einsatzort - vor allem einen Verstoß ge- Feuerwerkskörpern umgehen darf. Ab- bunden, wenn es um Artikel geht, die gen das Sprengstoffgesetz oder gegen gesehen davon wird das Verwenden in Deutschland erhältlich sind. Wenn sonstige strafrechtliche Vorschriften von Pyrotechnik im Stadion oftmals so ein Artikel dann auch noch aus dem darstellen. als versuchte gefährliche Körperver- Ausland eingeführt wird, erhöht dies

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das Risiko, bestraft zu werden, natür- Wenn der Zündler ausfindig gemacht juristisch einen Freiraum diesbezüglich lich zusätzlich. wird, muss er damit rechnen, dass der zu erkämpfen? Stadionwelt: In einem Worst-Case-Sze- bestrafte Verein sich das Geld von ihm RA Schmitt: Das lässt sich nicht pau- nario, mit nachgewiesenem Schmuggel in einem Zivilrechtsstreit zurückzuholen schalisieren. Eine generelle Straffreiheit aus dem Ausland, erwischt beim Zün- versucht. für Pyrotechnik im Stadion wird man na- deln und Schadensersatzforderung, Stadionwelt: Vor kurzem haben sich die türlich nicht verlangen können. Anders würde dem Fan schnell eine fünstellige Stuttgarter Kickers eine vom DFB ver- herum gibt es aber auch keinen Automa- Geldstrafe blühen, oder? hängte Strafe zivilrechtlich von einem tismus, dass jeder Pyrotechnikverstoß RA Schmitt: Bei einem Worst-Case-Sze- Becherwerfer zurückgeholt. Kam es im Stadion auch strafrechtlich geahndet nario ist ein fünfstelliger Betrag schnell beim Zünden von Pyromaterial schon wird. Ein Verdächtiger muss der Tat na- erreicht. Wie hoch eine Geldstrafe in ei- mal zu ähnlichen Situationen und ist türlich erst einmal überführt werden. Es nem Strafverfahren wäre, hängt natürlich dies rechtens? muss auch nicht jedes Stadionverbot auch von den Einkommensverhältnissen RA Schmitt: Die Becherwurf-Entschei- rechtmäßig sein, das im Zusammenhang des Täters ab. Bei einer zivilrechtlichen dung ist mir bekannt. Es gibt ver- mit Pyrotechnik steht. Eintragungen in Schadensersatzforderung ist dies je- gleichbare weitere Entscheidungen. der Datei Gewalttäter Sport lassen sich doch anders. Hier spielt es keine Rolle, Beispielsweise hat das Landgericht derzeit sowieso Erfolg versprechend an- wie arm oder reich der Täter ist. Dort Rostock einen Fan verurteilt, Hansa greifen. Hier gibt es ja Verwaltungsge- kommt es allein auf die Schadenshöhe Rostock eine DFB-Verbandsstrafe zu richte, die die Datei Gewalttäter Sport an. Wenn der Täter einen anderen Fan ersetzen, die dieser Verein zu bezah- generell für rechtswidrig halten. Dem- durch Pyrotechnik verletzt, kann dies - je len hatte. Soweit ich es im Kopf habe, nach käme es für einen Löschungsan- nach Schwere der Verletzung - schnell ging es damals um einen Flitzer, der spruch in der Datei Gewalttäter Sport zu hohen Schadensersatzforderungen auf den Platz gerannt ist. Es ging dort nicht einmal darauf an, ob tatsächlich führen. Im Übrigen gibt es inzwischen also nicht einmal um eine Straftat. eine Straftat begangen wurde oder nicht. einige Gerichtsentscheidungen, wonach Beim Zünden von Pyrotechnik, das im Von alleine werden die Daten aber wohl der Täter auch dem veranstaltenden Regelfall strafbar ist, muss also erst kaum gelöscht. Die Betroffenen müssen Fußballverein schadensersatzpflichtig Recht mit Schadensersatzansprüchen sich schon aktiv darum kümmern und sein kann. Bekanntlich erhält der Ver- des Vereins gerechnet werden. entsprechende Löschungsansprüche anstalter - manchmal sogar auch der Stadionwelt: Gab es denn von Fanseite erheben, notfalls eben auch per Klage Gastverein - hohe Geldstrafen vom DFB, schon den Versuch sich irgendwie ge- beim Verwaltungsgericht. wenn bei einem Spiel gezündelt wird. gen die Vorwürfe zu wehren und sich  Wolfgang Dümmler

Infos und Kontaktmöglichkeiten unter: www.fananwalt.de

Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009 DemoTitel „Der unmittelbare Einsatz einer Bengalfackel als Waffe bildet sicherlich die eher seltene Ausnahme“ Stadionwelt sprach mit Georg Spangardt von der Feuerwehr Köln über seine gesam- melten Erfahrungen mit dem Umgang von Pyrotechnik in den deutschen Stadien.

Stadionwelt: Sie sind unter anderem zustän- des unsachgemäßen Einsatzes der Fackeln. und wird dadurch ein Verletzungsrisiko Un- dig für die Feuerwehreinsätze im RheinEner- Wird die Fackel fallengelassen, brennt sie beteiligter nicht deutlich erhöht? gieStadion. Was genau ist Ihre Arbeit dort unkontrolliert weiter. Die Folge im Kölner Georg Spangardt: Wie bereits zuvor dar- und wer macht die Vorschriften oder spricht Stadion waren zum Beispiel erhebliche Be- gestellt, muss das Abbrennen jeglicher die Verbote für die Veranstaltungen, wie die tonabplatzungen auf den Betonstufen der Pyrotechnik geplant und auch genehmigt Fußball-Bundesliga aus? Tribüne. In einem anderen Fall setzte eine erfolgen. Eine solche Planung schließt Ab- Georg Spangardt: Die Feuerwehr Köln ist Bengalfackel versehentlich die ‚eigene’ und sperrmaßnahmen um einen festgelegten bei jedem Fußballspiel mit drei Beamten als über den Köpfen der Fans gehaltene Groß- Ort des Zündens der Pyrotechnik ein. Nur so genannter Brandsicherheitswachdienst, fahne in Brand. Die dadurch entstandene so kann ausgeschlossen werden, dass Un- SWD, im Stadion. Die gesetzliche Grundlage Gefährdung der Fangruppe dürfte jedem beteiligte beziehungsweise die restlichen bildet die Versammlungsstättenverordnung einleuchten. Der unmittelbare Einsatz einer Fans einer Gefahr, zum Beispiel Brandverlet- des Landes Nordrhein-Westfalen. Danach Bengalfackel als Waffe bildet sicherlich die zungen, Blendwirkung et cetera, ausgesetzt müssen wir sowohl mit einem Beamten eher seltene Ausnahme. werden. für das Krisenmanagement zur Verfügung Stadionwelt: Gibt es denn Studien oder Er- Stadionwelt: Gerade durch das Internet wird stehen, als auch die Auflagen des Vorbeu- kenntnisse wie gefährlich der entstehende es den Fans leicht gemacht pyrotechnische genden Brandschutzes im laufenden Be- Rauch bei Pyrotechnischen Materialen, wie Gegenstände aus dem Ausland zu beziehen. trieb überprüfen und im Falle eines Brandes Bengalische Fackel oder Rauchpatronen? Davon ist aber abzuraten, oder? schnellst möglich die erste Erkundung über Kann man Vergleiche zu Zigarettenrauch Georg Spangardt: Die Beachtung, der für Art und Umfang des Ereignisses vornehmen. ziehen? Deutschland geltenden Rechtsvorschriften, Dazu sitzt ein Kollege in der Befehlsstelle Georg Spangardt: Das Sprengstoffrecht sollten die illegale Beschaffung genauso, der Feuerwehr in der Osttribüne, wo er ne- macht Vorgaben zur Vermeidung bezie- wie das illegale Zünden von pyrotechnischen ben der Brandmeldeanlage auch zahlreiche hungsweise Minimierung der Gesundheits- Gegenständen bewirken. Monitore zur Kontrolle einsehen kann und gefährdung durch pyrotechnische Effekte. Stadionwelt: Gäbe es aus ihrer Sicht eine ein Kollege hält sich in der Westtribüne auf. Die Mengen der verwendeten Metallpulver legale Alternative zum Abbrennen von Py- Das Verbot der Verwendung von pyrotechni- und sonstiger chemischen Zusätze werden romaterial in den Stadien? Beispielsweise schen Gegenständen findet sich in der Sta- begrenzt. Eine gewisse Gesundheitsgefähr- durch einen bestimmten Platz im Block oder dionordnung des Stadions. dung durch das Einatmen des entstehenden Ähnliches. Stadionwelt: Welche pyrotechnischen Ge- Rauches kann allerdings ebenso, wie beim Georg Spangardt: In einer offenen Ge- genstände haben sie bisher in den Stadien Rauchen einer Zigarette, keinesfalls vermie- sprächsrunde mit Fangruppen, ist mit mir vor wahr genommen und eventuell schon ken- den werden. einiger Zeit die Möglichkeit diskutiert wor- nen lernen dürfen/müssen? Stadionwelt: Haben Sie in den letzten Jah- den, ob von sachkundigen Fans Pyrotechnik, Georg Spangardt: Typische pyrotechnische ren einen Wandel von Pyrotechnik in den ähnlich einer Choreographie, vor Spielbeginn Gegenstände in den Fußballstadien, die Stadien wahrgenommen? Wird es häufiger aus einem gesicherten Bereich abgebrannt auch im Kölner Stadion immer einmal wie- eingesetzt oder andere Dinge. werden kann. Vergleichbare Pyrotechnik wird der abgebrannt werden, sind Bengalfackeln, Georg Spangardt: Der Eventcharakter selbst auch heute schon - allerdings vom Veran- Knallkörper und Rauchbomben. eines Fußballspiels führt scheinbar dazu, stalter - im Vorfeld zu Football-Spielen prä- Stadionwelt: Häufig sieht man bengalische dass es nicht mehr ausreichend ist, das ei- sentiert. In das Stadion geschmuggelte Py- Fackeln in den Fankurven aus dem Ausland, gentliche Fußballspiel anzuschauen. Salopp rotechnik gewaltbereiter so genannter Fans, was in den Medien gerne als „südländischer ausgedrückt, verlangt der Zuschauer mehr. wird damit allerdings leider nicht zu verhin- Flair“ betitelt wird. In Deutschland hingegen So gibt es kaum eine Sportart, in der nicht dern sein. sind es „Chaoten“ die dasselbe tun, da die versucht wird, mit pyrotechnischen Mitteln  Wolfgang Dümmler Fackeln sehr viel Schaden anrichten können. entsprechende Showeffekte zu erzielen. Was für eine Gefahr geht wirklich von diesen Wird dies durch den Veranstalter in Abspra- Gegenständen aus und haben Sie schon che mit den genehmigenden Behörden von einmal mitbekommen, dass es Fan die Fak- Fachleuten durchgeführt, spricht nicht grund- kel als Waffe eingesetzt hat und gezielt auf sätzlich etwas dagegen. Der Einsatz von jemanden gerichtet hat? pyrotechnischen Effekten durch die Fans Georg Spangardt: Bengalische Fackeln sind selbst, stellt jedoch zunächst ein unbere- darauf ausgelegt einen starken optischen chenbares Risiko für die übrigen Zuschauer Effekt zu erzielen. Physikalisch bedeutet das und die bauliche Anlage dar. allerdings, dass sie hohe Temperaturen bis Stadionwelt: Durch die immer strengeren Si- zu 2.500 Grad Celcius entwickeln. Deshalb cherheitskontrollen ist es den Fans nur noch ist beim Abbrennen dieser Fackeln, wie bei durch Schmuggeln und verdecktes Zünden allen pyrotechnischen Effekten, ein Sicher- möglich Pyrotechnik einsetzen, manchmal heitsabstand vorgeschrieben. Dieser ist kommen sogar vereinzelt Leuchtspurraketen naturgemäß in einer Menschenmenge nicht zum Einsatz. Wie gefährlich ist das illegale Bengalfackeln können bis zu 2.500 Grad Celcius heiß einzuhalten. Dazu kommt die Problematik Zünden oder Abfeuern solcher Gegenstände werden. Bild: Stadionwelt

Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009 DemoTitel „Niemand wird die Verantwortung übernehmen wollen“ Die Anhänger des Hamburger SV setzten Pyrotechnik in der jüngeren Vergangenheit vor allem bei Europapokalspielen ein. Stadionwelt sprach mit der Fangruppe Chosen Few Hamburg (CFHH) über das Thema Pyrotechnik im Fanblock.

seines Gesichts explodierte. Das kann man nicht schönreden, da kamen die Ver- ursacher aus der eigenen Szene. Und da werden auch die Hauptprobleme greifbar: Unachtsamkeit beziehungsweise Dumm- heit sowie der exzessive Einsatz von Pyro- technik. Allerdings, ohne die Versäumnisse auf Fanseite relativieren zu wollen: wäre kontrolliertes Zünden erlaubt und vernünf- tig geregelt, so würde sich auch die Gefahr verringern, dass Fackeln schnellstmöglich im Block entsorgt werden oder im Schutze der Massen Rauchpulver in Unmengen ge- zündet wird. Stadionwelt: Ist die deutsche Szene Eurer Corteo der HSV-Fans beim Europapokalspiel gegen Slavia Prag Alle Bilder: CFHH.net Meinung nach reif für einen vernünftigen Um- gang mit Pyrotechnik? Stadionwelt: Wie steht ihr als Gruppe zurzeit vermehrt zu Pyroshows. Wie streng ist die CFHH: Es obliegt uns nicht, darüber zu urtei- zum Einsatz von Pyrotechnik? deutsche Regelung im Vergleich zum Aus- len und wir können nur für uns sprechen. Ein CFHH: Wir befürworten einen verantwor- land Eurer Meinung nach? abgestimmter und vernünftiger Einsatz ist für tungsvollen Umgang mit Pyrotechnik. CFHH: Das ist pauschal sicherlich nicht zu uns auf jeden Fall denkbar. Aber da sind wir Stadionwelt: Wäre das legale Zünden von Py- beantworten. Vergleicht man aber Kurven- leider nicht das Zünglein an der Waage. rotechnik in bestimmten Bereichen des Sta- bilder aus Europa, so kann man feststellen, Stadionwelt: Welche Wünsche habt Ihr an dions für Euch eine mögliche Lösung? dass in Deutschland weniger gezündet wird, den DFB und andere Institutionen, die die CFHH: Ja, ganz klar. Das dürfte eigentlich als bei den Nachbarn. Weniger zu sehen, Bestimmungen zum Umgang mit Pyrotechnik auch jedem so gehen. Jeder Freund von gibt’s gefühlt wohl nur noch auf dem briti- regeln? Pyrotechnik wäre doch froh, wenn er die- schen Festland. CFHH: Wünsche haben wir viele. Vielleicht se ganz legal zünden könnte. Pyrotechnik Stadionwelt: Habt Ihr selbst schon Fehler erst einmal die generelle Bereitschaft zu ist schließlich kein Ausdruck von Protest beim Umgang mit Pyrotechnik gemacht? Gesprächen darüber und im zweiten Schritt, oder gar mit dem Begriff Hooliganismus in CFHH: Auch in der Hamburger Szene sind die Chance zu beweisen, dass es klappen einem Satz zu nennen, sondern soll eigent- schon Fehler passiert, klar. Ob das nun zur kann. Aber da liegt wohl auch schon das lich als Element angesehen werden, dass Jahrtausendwende in Wolfsburg war, als Hauptproblem: niemand wird die Verantwor- Ausdruck von Freude oder eben optisches ein Mädchen mit Asthma das Bewusst- tung übernehmen wollen. Zumal Pyrotechnik Stilmittel ist. sein ob der Rauchentwicklung verlor oder sicherlich auch nicht in das Konzept des fa- Stadionwelt: Und wie seht Ihr den Umgang der Junge, der letzte Saison in Bremen milienfreundlichen, sterilen „Events“ Fußball der Medien mit der Thematik? beinahe sein Augenlicht verloren hätte, passt, den sich so manch einer wünscht. CFHH: Die Doppelmoral der Medien bei die- weil ein Knallkörper in unmittelbarer Nähe  Johannes Mäling sem Thema ist schon heftig. Auf der einen Seite werden Redakteure und Kommenta- toren – unserer Meinung nach von oben gesteuert – nicht müde, das Abbrennen von Pyrotechnik als Hooliganismus zu geißeln, den man nicht sehen will, auf der anderen Seite wird jeder Bengalo, der südlich der Al- pen gezündet wird, als südländische Mentali- tät abgefeiert. Am verlogensten ist es dann, wenn TV-Sender sich der Bilder bedienen, die sie eine Woche zuvor verdammt haben, um Werbung für ihre Sendung zu machen. Was im Rahmen dieses Generalauskotzens aber nicht unerwähnt bleiben soll, ist die Tatsache, dass zumindest die Hamburger Printmedien- landschaft mittlerweile diesem paradoxen Weg nicht mehr folgt und über das Ganze emotionslos berichtet, wenn überhaupt. Stadionwelt: Gerade bei internationalen Spielen des HSV kam es in der letzten Zeit Pyroaktion der Hamburger beim dänischen Vertreter Randers FC während der Euro-League-Qualifikation 2009

Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009 DemoTitel Kommentar: Ein Umdenken muss einsetzen Von Johannes Mäling

lle paar Monate ein neuer Skandal, nie vollständig aus den deutschen Stadien Bild, welches die Öffentlichkeit von Pyro- der den deutschen Fußball erschüt- verschwinden, weil es immer Leute gibt, die technik hat, wird sich dadurch sicherlich Atert. Solch ein Eindruck entsteht, den Anblick von bengalischen Fackeln bei ei- auch nicht nachhaltig verbessern. Lobens- wenn man die Fußballberichterstattung der nem Flutlichtspiel lieben und weil es immer wert wäre es also, wenn die mitwirkenden meisten deutschen Medien verfolgt. Verur- junge Fans gibt, die dem Reiz des Verbote- Institutionen organisierten Fans einen Ver- sacht werden diese Skandale durch Pyro- nen nicht widerstehen können. Mit Verbo- trauensvorsprung einräumen würden und technik, eingesetzt von sogenannten Fuß- ten alleine wird man nie verhindern können, den Einsatz von bengalischen Fackeln in be- ballfans. Pyrotechnik genießt keinen guten dass es zu Ausschreitungen mit Pyrotechnik stimmten Bereichen des Stadions nach An- Ruf mehr in der deutschen Öffentlichkeit. kommt. Vielmehr sollten der DFB und die meldung und Absprachen mit den örtlichen Genauer gesagt war die Meinung über Pyro- DFL zusammen mit den Strömungen inner- Sicherheitsinstitutionen testweise erlauben technik in der Gesellschaft wohl nie schlech- halb der Fanszene, die für einen verantwor- würden. Die Fanszenen müssten als Grund- ter. Grund hierfür ist sicherlich auch die tungsvollen Umgang mit Pyrotechnik einste- voraussetzung auf das verantwortungslose bereits angesprochene Berichterstattung, hen, ein Konzept über den weiteren Umgang Zünden verzichten und dies auch so offen aber zum Beispiel auch der sehr gefährli- mit dem Thema entwickeln. Nur gemeinsam wie möglich kommunizieren, um bei allen che Einsatz von Böllern bei Fußballspielen. mit den Fans kann man eine Entwicklung in Fans, die sie erreichen, ein Umdenken zu Doch hat der Einsatz von Pyrotechnik in den Gang setzen, bei der auch die Selbstregu- bewirken. letzten Jahren wirklich so stark zugenom- lierung innerhalb der Fankurve Wirkung im Sicherlich wäre eine solche Lösung nicht die men, wie die Strafen, die der DFB dafür von Kampf gegen verantwortungslosen Umgang Idealvorstellung vieler aktiver Fans, jedoch den Vereinen ansetzt? Diese Frage muss mit Pyrotechnik zeigt. nach jahrelanger Verteufelung von Pyrotech- ganz klar verneint werden. Pyrotechnik wird Doch auch innerhalb der Fanszenen muss nik ein wichtiger Schritt, damit es auch in seit vielen Jahren von deutschen Fansze- ein Umdenken stattfinden. Leuchtspuren, Zukunft Pyroshows in den Stadien gibt wa- nen eingesetzt und dies wird wohl auch in Böller, Bengalos, die aufs Spielfeld und in ren. Dann wären die Fanszenen an der Rei- Zukunft so sein. Egal welche Strafen man benachbarte Blöcke fliegen, riesige weiße, he, das ihnen entgegengebrachte Vertrauen festlegt, egal wie viele Kampagnen, wie die oder schwarze Rauchwolken haben nichts zu rechtfertigen Und unter Beweis zu stel- 37 Grad Kampagne von DFB und DFL noch mit optischer Unterstützung der eigenen len, dass man Pyrotechnik einsetzen kann, über die modernen Videoleinwände der Mannschaft zu tun. Schwere Verletzungen ohne dabei andere Fans zu gefährden. Arenen flimmern werden, Pyrotechnik wird können sie ebenfalls hervorrufen und das  Johannes Mäling Faszination Fankurve 3

DEUTSCHLAND RÜCKBLICK 2005 – 2007 DEUTSCHLAND RÜCKBLICK 2005 – 2007

Dynamo Dresden – Karlsruher SC (Saison 2005/06)

Bayern München – 1. FC Nürnberg (Saison 2006/07)

Eintracht Frankfurt – (DFB-Pokal 2005/06)

Werder Bremen – 1. FC Köln (Saison 2005/06)

SV Babelsberg 03 – VfB Stuttgart (DFB-Pokal 2006/07)

SpVgg Unterhaching – Wacker Burghausen (Saison 2005/06) Hertha BSC – Steaua Bukarest (UEFA-Pokal 2005/06) Rot-Weiss Essen – Kickers Emden (Saison 2005/06)

TuS Koblenz – 1. FC Kaiserslautern (Saison 2006/07)

Erzgebirge Aue – Dynamo Dresden (Saison 2005/06) Hertha BSC – Bayer Leverkusen (Saison 2006/07) Rot-Weiß Erfurt – FC Carl Zeiss Jena (Saison 2005/06)

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027-54_atmo deutschland 05-07.indd 28 02.10.2008 15:24:54 027-54_atmo deutschland 05-07.indd 29 02.10.2008 15:25:10 027-54_atmo deutschland 05-07.indd 30 02.10.2008 15:25:18 3.00 € DEUTSCHLAND ZUSCHAUERBOOM RÜCKBLICK 2005 – 2007

Spiele von Mönchengladbach, Aue, 1860, St. Pauli und 52.000 Plätze und damit fast 30.000 Plätze mehr als Erneut ist ein umfangreicher Co. sehen, was den Schnitt seit der Gründung fast ver- die BayArena in den vergangenen Spielzeiten. dreifacht hat. Wie weit Aufsteiger TSG Hoffenheim zum Weltrekord in Ob die zweite Liga in der Saison 2008/09 angesichts spe wird beitragen können, muss sich erst noch zei- von Neulingen wie dem FSV Frankfurt, Ingolstadt, Ahlen gen. Trotz enormen sportlichen Erfolgs belegte der Club Chemnitzer FC – Alemannia Aachen (DFB-Pokal 2006/07) oder Oberhausen (der Gesamtschnitt der vier Clubs lag aus Baden das Ende der Zweitliga-Zuschauertabelle, Bildband entstanden, der die in der Aufstiegssaison bei etwa 3.400) wird nachlegen allerdings war das lediglich 6.350 Zuschauer fassen- können, bleibt fraglich. Auch weil sich mit dem 1. FC de Dietmar-Hopp-Stadion zu 95 Prozent ausgelastet. Köln und Borussia Mönchengladbach die beiden stärk- Da es den höheren Erstligaansprüchen keineswegs ge- sten Zugpferde nach oben verabschiedet haben. Beide nügt und der eigene Neubau, die 30.500 Zuschauer Aufsteiger lockten über 40.000 Zuschauer zu ihren Auf- fassende Rhein-Neckar-Arena erst Anfang 2009 fertig tritten vor heimischem Publikum. gestellt sein wird, trägt der Club die Hinrunde im Mann- Aktivitäten der nationalen Die Bundesliga hingegen könnte auch dank der Rückkehr heimer Carl-Benz-Stadion aus. Für die erste Spielzeit dieser beiden Traditionsvereine eine Marke brechen, die im Oberhaus überhaupt konnte ein neuer Vereinsre- im Weltfußball bisher nicht geknackt werden konnte: der kord vermeldet werden. Der Club setzte etwa 14.000 40.000er-Schnitt über die Dauer einer gesamten Spiel- Dauerkarten ab. zeit. Den Weltrekord für eine einzelne Saison hat die Insbesondere am Dauerkartenabsatz lässt sich der und internationalen Fankur - Bundesliga bereits seit der Spielzeit 2006/07 inne. In- Boom festmachen. Jahr für Jahr entscheiden sich immer klusive von Frei- und Ehrenkarten, eine Erfassung wie mehr Fans für eine Dauerkarte. Zur laufenden Saison sie in anderen Ländern üblich ist, kamen damals 12,1 wurden erstmals über 400.000 verkauft. Würden Clubs Hannover 96 – VfB Stuttgart (Saison 2006/07) RSV Göttingen 05 – FC Eintracht Northeim (Bezirkspokal 2005/06) Millionen Besucher. Das entspricht einem Schnitt von wie Schalke oder Bayern, die bei nahezu jeder Heimpar- Die Generation 40.000 plus 39.547 Zuschauern pro Partie. Die 30.000er-Marke wur- tie volles Haus vermelden können, die Zahl der Saison- ven auf eindrucksvolle Weise de erstmals vor zehn Jahren durchbrochen, die 40.000 Tickets nicht beschränken, gäbe es gar keine Fluktuati- wären ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der on unter ihren Besuchern. Wie nicht anders zu erwarten, Liga. führt Zuschauerkrösus Borussia Dortmund auch diese Den Rekord im Blick Weitere Hilfestellung bei der Rekordjagd könnte Bay- Wertung an. 2007/08 waren es 50.000, dieses Jahr nur In puncto Zuschauer ist die Bundesliga die weltweite Nummer 1 – und ein Ende des Booms ist nicht absehbar. er Leverkusen leisten. Der Bundesligist, aufgrund der unwesentlich weniger. geringen Zuschauerkapazität der BayArena trotz regel- Welchen gesellschaftlichen Stellenwert der Fußball in portraitiert. Faszination Fan - Nach Beendigung der Spielzeit 2007/08 konnte die auf Position vier und Schalke auf sechs fi nden sich ge- mäßig ausverkauften Hauses grundsätzlich in unteren Deutschland mittlerweile erreicht hat, beweist auch Deutsche Fußball Liga (DFL) den siebten Zuschauer- nauso wie der Hamburger SV unter den ersten zehn. Gefi lden des Rankings zu fi nden, spielt die Rückserie das riesige Interesse an der Nationalmannschaft. Hun- rekord in Folge verkünden. Zu den 612 Spielen des Nicht viel hat gefehlt, und mit Köln wäre sogar ein deut- der Saison wegen Umbauarbeiten am eigenen Stadion dertausende zieht es nach wichtigen Siegen auf die deutschen Ober- und Unterhauses pilgerten insgesamt scher Zweitligist unter den ersten Zwanzig der europä- in der Düsseldorfer LTU arena. Das Stadion verfügt über Straße. Die TV-Einschaltquoten bei Großereignissen 17,4 Millionen Zuschauer in die 36 Stadien. Das ist ein ischen Zuschauergunst vertreten gewesen. wie Welt- oder Europameisterschaften sind riesig. An- kurve Band 3: 2005 - 2008 Durchschnitt von fast 28.500 für die ersten beiden Li- Wer dachte, dieser Boom, der nicht allein durch die Ver- gesichts der Masse an Bewerbern und der überschau- Eintracht Braunschweig – Alemannia Aachen (Saison 2005/06) 40.000 gen, wohlgemerkt. Einzig England – durchschnittlich fast gabe der Weltmeisterschaft an Deutschland im Sommer 1. BL baren Kartenkontingente sind die Chancen live im Premier 36.000 in der Premier League und 17.000 in der Cham- 2000, sondern auch durch das sich nach und nach ver- 35.000 League Stadion zu sein eher gering. Selbst durchschnittliche pionship – kann da einigermaßen mithalten. Spaniens ändernde Fußballpublikum, einen immer höheren Sta- Länderspiele sind, anders als früher, grundsätzlich be- 30.000 Primera División (29.124) ist alleine nur unwesentlich dionkomfort und verhältnismäßig niedrige Eintrittsprei- Primera stens besucht. Seit dem Sieg über Portugal im Spiel División besser. Mit der italienischen Serie A kommt die erste se zu erklären ist, würde einige Jahre nach dem Turnier 25.000 um Platz drei bei der WM im eigenen Land waren ledig- ist ab sofort exklusiv nur bei Serie A Liga des amtierenden Weltmeisters gerade einmal auf langsam wieder auf ein Normalmaß abebben, sieht sich Ligue 1 lich vier Heimspiele der Nationalmannschaft nicht ganz einen Schnitt von 23.000 Tifosi pro Spiel. Vielen ande- getäuscht. Das Normalmaß scheint mittlerweile ein 20.000 ausverkauft. »Fußballzwerg« San Marino zog immerhin 2. BL ren europäischen Ligen misslingt es über eine gesamte steter Anstieg zu sein. Zwar musste die Bundesliga im 15.000 43.967 Zuschauer in das easyCredit-Stadion nach Nürn- Saison gesehen sogar, die 20.000er Hürde zu nehmen. Vergleich zum Vorjahr einen leichten Rückgang um 1,5 berg. Stadionw elt erhältlich. Den Sprung in die europäischen Top 20 der Clubs mit Prozent verzeichnen, der hatte sich allerdings durch die 10.000 Irgendwann wird der Zuschauerboom ganz sicher ein dem über die gesamte Saison betrachtet besten Zu- etwas geringere Zuschauerkapazität der Spielstätten Ende erreichen. Denn selbst wenn das Interesse weiter- 5.000 schauerschnitt haben gleich sieben deutsche Teams der drei Aufsteiger schon vor der Spielzeit angedeutet. 2003/042004/052005/062006/072007/08 hin steigen sollte, sind die Stadien eines Tages maximal geschafft. Dortmund musste sich lediglich den Meistern Dafür wuchs das Interesse an der zweiten Liga gleich ausgelastet. Aber bis dahin sind ja noch ein paar Plätze aus Manchester und Madrid geschlagen geben. Bayern um acht Prozent. Fast 18.000 im Schnitt wollten die Zuschauerzahlen aus fünf europäischen Ligen zu belegen. FC Carl Zeiss Jena – 1. FC Köln (Saison 2006/07) 16 Stadionwelt Nr.17 23 – November/Dezember 200931

016-17_zuschauerboom.indd 16 02.10.2008 18:33:42 016-17_zuschauerboom.indd 17 02.10.2008 18:33:50 027-54_atmo deutschland 05-07.indd 31 02.10.2008 15:25:33 DemoTitel Pyrotechnik in den vergangenen fünf Jahren Stadionwelt dokumentiert ausgewählte Geschehnisse zum Thema Pyrotechnik der letzten fünf Jahre in Deutschland.

27.10.2004 29.01.2007 schen Ordnungskräften und Bochumer Einen Tag vor dem Spiel Energie Cott- Beim Anmarsch der Karlsruher Anhän- Anhängern gekommen, nachdem diese bus gegen Erzgebirge Aue hatte ein ger auf den Betzenberg kam es zu Aus- pyrotechnische Mittel gezündet hatten. Cottbuser Polizeihund eine acht Kilo- einandersetzungen zwischen Fans vom In Folge der Streitigkeiten wurde ein gramm schwere Rauchbombe im Gä- 1.FC Kaiserslautern und dem Karlsru- Mitarbeiter einer privaten Sicherheits- steblock gefunden. Laut Energie Cott- her SC. Ein Polizist wurde dabei durch firma schwer am Kopf verletzt. Der VfL bus wird das Stadion der Freundschaft einen Feuerwerkskörper verletzt und Bochum wurde zu einer Geldstrafe von vor jeder Partie nach Pyrotechnik und ein Vorsänger der Karlsruher festge- 30.000 Euro und einem Heimspiel vor Sprengstoff abgesucht. nommen. Auch im Stadion wurde im leeren Stehplätzen verurteilt. Gästeblock Pyrotechnik eingesetzt. 18.02.2005 05.04.2008 Beim Spiel der zweiten Bundesliga zwi- Beim Spiel des 1.FC Nürnberg in Frank- schen dem Karlsruher SC und Dynamo furt explodierten im Block einige Knal- Dresden wurden im Gästeblock von ler, eine Bengale flog Richtung Spielfeld Dresdener Fans pyrotechnische Gegen- und landete davor. Infolgedessen kam stände gezündet und Richtung KSC- es zu einer regelrechten Medienhyste- Fans und Spielfeld geworfen. Schieds- rie. Die Ultras Nürnberg distanzierten richter Helmut Fleischer unterbrach die sich einige Tage nach der Partie vom Partie für zwölf Minuten. Dynamo Dres- Einsatz pyrotechnischer Gegenstände den musste als Strafe beim nächsten in Bundesliga-Stadien. Eintracht Frank- Heimspiel alle Stehplätze geschlossen furt wurde zu 25.000 Euro Strafe verur- lassen. teilt und der 1.FC Nürnberg zu 50.000 Euro. 19.03.2005 Ein 33-jähriger Fan von Hertha BSC er- 12.07.2008 litt beim Heimspiel der Hertha gegen Beim Vorbereitungsturnier im schwei- Arminia Bielefeld ein Knalltrauma, das Karlsruher Anhänger auf dem Betzenberg zerischen Grenchen wurden aus dem von einem von Berliner Fans gezünde- Bild: Baden Maniacs Dortmunder Block pyrotechnische Ge- ten Knallkörper verursacht wurde. genstände auf den Platz geworfen. 30.04.2007 Nachdem sich die Täter beim Verein 26.03.2005 Das Spiel von Hansa Rostock in Essen meldeten, verhängte dieser nach Ge- Das Fußballländerspiel zwischen Slo- musste für etwa 15 Minuten unterbro- sprächen mit den Tätern eine Strafe wenien und Deutschland in Celje wur- chen werden, weil im Gästeblock py- von einem halben Jahr Stadionverbot de wegen dem Zünden von pyrotech- rotechnische Gegenstände gezündet im heimischen Dortmunder Stadion und nischen Gegenständen im Gästeblock wurden. 14 Personen erlitten Verletzun- 60 Sozialstunden, die beim Fanprojekt mehrmals unterbrochen. gen, 75 wurden vorübergehend festge- abzuleisten waren. nommen. 01.04.2005 15.08.2008 Petrik Sander, Trainer von Energie Cott- 23.02.2008 Beim Spiel Waldhof Mannheim gegen bus, fiel beim Auswärtsspiel in Aue im Beim Baden-Württemberg Derby zwi- den TSV 1860 München II musste der Innenraum des Erzgebirgsstadions zu schen dem VfB Stuttgart und dem Schiedsrichter die Partie für circa eine Boden und erlitt ein Knalltrauma, nach- Karlsruher SC wurden sowohl im Gä- halbe Stunde unterbrechen, nachdem dem ein Feuerwerkskörper neben ihm steblock, als auch in der Heimkurve Feuerwerkskörper aus dem Gästeblock explodierte, der von außerhalb des Sta- pyrotechnische Gegenstände gezündet. auf das Spielfeld geflogen sind. In Fol- dions abgeschossen wurde. Der Karlsruher SC beschloss darauf- hin, Eintrittskarten für Auswärtsspiele 11.11.2006 mit Beteiligung des badischen Bundes- Die Oberligapartie zwischen dem FSV ligisten künftig nicht mehr an Fanclubs, Zwickau und dem Chemnitzer FC mus- sondern nur noch an namentlich be- ste wegen dem Einsatz von Pyrotechnik kannten Personen auszugeben. Nach- mehrmals unterbrochen werden. Der dem die Karlsruher Ultraszene sich von Präsident des FSV Zwickau, Volker Sei- den Bengalwürfen und Leuchtraketen fert trat noch am selben Abend wegen distanzierte, wurden die Sanktionen der Ereignisse von seinem Amt zurück. wieder aufgehoben. Der FSV Zwickau wurde zu 800 Euro Geldstrafe, einem Spiel ohne Zuschau- 03.05.2008 er und zur achtzigprozentigen Übernah- Im Gästeblock auf der Bielefelder Alm Baden-Württemberg Derby: Beide Fanszenen setzten me der Verfahrenskosten verurteilt. war es zu Auseinandersetzungen zwi- Pyrotechnik ein Bild: Lostboys99.de

Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009 Titel ge dessen kam es zu Differenzen zwi- schen der Geschäftsführung des TSV Strafen wegen Pyrotechnik und der Ultragruppe Cosa Nostra. Die Höhe der einzelnen Strafen, die vom DFB verhängt werden, haben sich in den 25.10.2008 letzten Jahren deutlich gesteigert. Der FC Hansa Rostock beispielsweise musste Bei Gastspiel des 1. FC Köln bei Bayer nach dem Auswärtsspiel in Essen und dem Einsatz pyrotechnischer Gegenstände im 04 Leverkusen flog in der 33. Minute Gästeblock 100.000 Euro überweisen. Auch andere Vereine wurden schon merklich bei einem Eckball, den Michael Kadlec zu Kasse gebeten. Nach dem Spiel Eintracht Frankfurt gegen den 1.FC Nürnberg in ausführte, ein Böller in seine Richtung. der Saison 2007/08 waren beide Vereine zusammen um 75.000 Euro ärmer. Beide Vereine wurden seitens des DFB Diese Höhe wurde früher eher nicht erreicht. Im Jahr 2002 musste Union Berlin mit Strafen belegt. 750 Euro bezahlen, nachdem der Schiedsrichter-Assistent laut DFB-Homepage beim Heimspiel gegen Mainz 05 aus dem Union-Fanblock mit Gegenständen beworfen 08.11.2008 worden war und zudem ein Feuerwerkskörper neben ihm explodierte. Mit 200 Euro Das Spiel zwischen Fortuna Düssel- plus 75 Euro Verfahrenskosten kam der VfB Lübeck noch im Jahr 2005 davon, als dorf und dem Wuppertaler SV musste beim Spiel der zweiten Mannschaft gegen die Zweitvertretung aus Kiel pyrotechni- wegen einiger aus dem Gästeblock auf sche Gegenstände auf den Platz flogen. den Platz geworfener pyrotechnischer Zur Schließung der Stehplätze im Stadion wegen pyrotechnischer Vergehen kam es Gegenstände für etwa eine Viertelstun- in Dresden und in Bochum. Rechnet man die 30.000 Euro, die der VfL Bochum in der de unterbrochen werden. Folge zahlen musste, mit den entgangenen Zuschauereinnahmen zusammen, ergibt sich empfindliche Geldstrafe. 14.02.2009 In der Schweiz kam es nach Spielen, in denen gezündet wurde, auch schon zu kom- Das Thüringen-Derby musste für mehre- pletten Ansetzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Grund: das Werfen von py- re Minuten unterbrochen werden, weil rotechnischen Gegenständen auf andere Zuschauer. Der FC Zürich wurde beispiels- im Gästeblock pyrotechnische Gegen- weise im August 2008 zu zwei Spielen ohne Zuschauer verurteilt. Auf Leitern wurde stände gezündet wurden. Rot-Weiß Er- das Spielgeschehen auch von hinter dem Stadionzaun verfolgt und gezündet. furt wurde deshalb vom DFB zu einer Strafzahlung von 10.000 Euro bestraft. Außerdem wurden beim folgenden 06.03.2009 28.03.2009 Heimspiel nur 1.800 Zuschauer zuge- Der FC Hansa Rostock wurde für die Das Spiel zwischen Zwickau und Lok lassen. Rot-Weiß Erfurt hatte mit so- Verwendung von pyrotechnischen Ge- Leipzig wurde für mehrere Minuten un- fortiger Wirkung gegen alle Mitglieder genständen im Hansa-Fanblock beim terbrochen, nachdem aus dem Block der der Erfordia Ultras ein Hausverbot bis Auswärtsspiel gegen den FC St. Pauli Leipziger pyrotechnische Gegenstände zum 30. Juni 2009 verhängt. Die Strafe zu einer Geldstrafe verurteilt. Einen auf das Spielfeld geflogen waren. wurde unabhängig davon verhängt, ob Tag später beim Spiel FC Energie Cott- die Gruppenmitglieder beim Gastspiel bus gegen Hertha BSC Berlin zündeten 30.04.2009 in Jena anwesend waren oder nicht. Berliner Fans mehrfach Rauchbomben Beim UEFA-Cup Spiel zwischen Werder und Knallkörper, sodass das Spiel un- Bremen und dem Hamburger SV verlor terbrochen werden musste. In der 70. ein Fan des Hamburger SV fast seine Minute des Spiels wurde dann auch im Sehkraft, als ein Feuerwerkskörper in Cottbus-Fanblock eine Rauchbombe ge- der Nähe seines Gesichts explodierte. zündet. Weshalb der Hamburger Supporters Club die Fans davor warnte, „pyrotech- 14.03.2009 nische Erzeugnisse und Knallkörper Anlässlich des rheinischen Derbys unkontrolliert zu zünden und durch die zwischen dem 1. FC Köln und Borus- Gegend zu schmeißen“. sia Mönchengladbach kam es im Gä- steblock zu einer Pyroshow. Borussia 02.09.2009 Mönchengladbach geht bei der Ermitt- Das Spiel Waldhof Mannheim gegen die lung derjenigen, die beim Derby in Köln zweite Mannschaft vom 1. FC Kaiserslau- Pyromaterialien verwendet haben, neue tern musste aufgrund des Einsatzes von Pyro führte zu Hausverboten für die Erfordia Ultras Wege. Mit bis zu 2.000 Euro sollen pyrotechnischen Gegenständen zeitweise Bild: Horda Azzuro Fans für Hinweise belohnt werden, die unterbrochen werden. Die Vereinsführung zur Überführung der vermeintlichen Tä- von Waldhof Mannheim zeigte nach den Er- 21.02.2009 ter führen. eignissen kein Verständnis für die Vorfälle, Nachdem die Mottochoreografie der aber kritisierte die Ansetzung unter der Wo- Frankfurter Ultras beim Auswärtsspiel 18.03.2009 che für ein solch brisantes Duell hart. in Karlsruhe verboten wurde, zündeten Für viel mediale Aufregung sorgte das Fans aus Frankfurt einige Feuerwerks- Spiel von Werder Bremen in St. Eti- 26.09.2009 körper im Gästeblock. Der Vorstand der enne im UEFA-Pokal. Auf Seiten der Der Anhang des VfB Stuttgart bejubelte Eintracht Frankfurt AG reagierte auf die Werder-Verantwortlichen war man über den deutlichen Auswärtssieg bei Ein- Vorfälle mit Maßnahmen bei zukünftigen die „Pyroshow“ des eigenen Anhangs tracht Frankfurt mit einer Pyroeinlage. Auswärtsspielen der Frankfurter. Die Ul- alles andere als erfreut. Klaus Allofs Stuttgarts Trainer Markus Babbel for- tras traten daraufhin in den Streik. Nach kündigte an, dass ermittelte Personen, derte daraufhin nach dem Spiel ein le- einigen Wochen wurden die Sanktionen insgesamt wurden drei Personen in benslanges Stadionverbot für die Fans, der Eintracht Frankfurt AG nach intensi- Frankreich festgenommen, mit Stadion- die für den Einsatz der Pyro-Artikel ver- ven Gesprächen wieder aufgehoben. verboten zu rechnen hätten. antwortlich waren.

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Nachgefragt: Pyrosituation in Österreich Am 1. Januar 2010 tritt in Österreich ein allgemeines Pyroverbot in Kraft. Verboten sind laut Innenministerium alle Erzeugnisse, die chemi- sche Stoffe beinhalten und Bewegungs-, Licht-, Rauch-, Nebel-, Druck- oder Reizwirkungen hervorrufen. „Um Sicherheit zu gestalten, müssen wir auch den vielfältig gewordenen Missbrauch von pyrotechnischen Gegenständen eindämmen, die gerade bei Sportveranstaltungen gern verwendet werden und die sehr gefährlich geworden sind. In der vergangenen Fußballsaison gab es 324 Verstöße gegen das Pyrotech- nikgesetz“, sagte die österreichische Innenministerin Maria Fekter. Seit bekannt werden der Pläne des Innenministeriums kam es in den österreichischen Stadien immer wieder zu größeren Protestaktionen gegen das neue Gesetz und auch gegen Innenministerin Maria Fekter. Stadionwelt befragte acht österreichische Fangruppen zum Thema.

Austria Wien II - Admira Wacker Mödling Bild: Maximilian Wittmann Blau-Weiss Feldkirch - SC Bregenz Bild: Supporters Bregenz FC Wacker Innsbruck - SCR Altach Bild: Verrückte Köpfe

Viola Fanatics Direttivo Ultras WNSC 1993: Direttivo Nordkurve: Tornados Rapid: Südstadt Fanatics: Bianco e Nero Supporters Tough Guys Salzburg 1992: Verrückte Köpfe Innsbruck: (Austria Wien) (SC Wiener Neustadt) (Sturm Graz) (Rapid Wien) (Admira Wacker Mödling) Bregenz ’05: (SC Bregenz) (Austria Salzburg) (FC Wacker Tirol Innsbruck) Das Bundesministerium des Inneren hat in einer Pressemitteilung am neunten Juli dieses Jahres bekannt gegeben, dass „der Besitz und die Verwendung sämtlicher pyrotechnischer Gegenstände und Feuerwerkskörper in und um Stadien verbo- ten“ werden soll. Wie steht Ihr zu der Initiative? Unserer Ansicht nach war das ganze Thema Die ULTRAS WNSC 1993 empfinden dieses Man kann nur den Kopf schütteln, wie man Wir stehen dem Ganzen, genauso wie alle Generell sind wir klar gegen dieses Verbot Natürlich negativ, auch wenn etwas in der 1992% Ablehnung und aus der Willkür gebo- Wir treten dieser Initiative mit großem Unver- rund um solch eine Mitteilung nur eine Frage Gesetz als reine Schikane gegenüber den ohne konkrete Anlässe „plakative“ Gesetze Fanszenen in Österreich, sehr negativ gegen- – durch Verbote löst man keine Probleme. Art schon länger im Raum stand und nach ren. ständnis entgegen, empfinden den weiteren der Zeit, denn immerhin machte das Bundes- richtigen Fans in den Stadien Österreichs. Hier durchzubringen versucht, die letztlich wieder über. Für unsere Gruppe und den gesamten Bis auf wenige Ausnahmen gehen die diver- einigen negativen Aktionen mit Pyrotechnik Versuch, uns als Fußballfans zu kriminalisie- ministerium für Inneres schon seit geraumer sollen Fußballbegeisterte durch den Staat, bei nur massive Einschränkungen für die Fan- Block West ist Pyrotechnik ein fixer Bestand- sen Fangruppen verantwortungsvoll damit (Böller- und Bengalwürfe) zu erwarten war. ren als Frechheit. Das Innenministerium sagt, Zeit auf verschiedene Art und Weise enormen Verstoß gegen dieses Gesetz, abkassiert wer- kurven bringen können. Der Unterschied teil in den Vorstellungen einer freien Fankul- um und deshalb sehen wir auch nicht die „es gestalte Sicherheit bei Sportveranstaltun- Druck auf diverse Fangruppen bzw. aktiv be- den, aber solche Gepflogenheiten kennt man zwischen Böllermissbrauch, den auch wir klar tur. Seit Jahren läuft das Abbrennen von Pyro Notwendigkeit, Pyrotechnik generell zu ver- gen“, ich bin der Meinung sie nehmen den kannte Personen aus der Szene in Hinsicht ja, in dieser Raubritterrepublik. ablehnen, und von uns selbst kontrollierten in unserer Kurve sehr diszipliniert ab. Jeder bieten. Sportveranstaltungen das gewisse Etwas. auf pyrotechnische Gegenstände im Stadi- Pyroshows scheint im Ministerium nicht be- der bei uns in der Kurve mit Fackeln und der- Bengalische Feuer gehören einfach zum Fuß- on. Offensichtlich zeigten wir unseren unbe- kannt zu sein. Man ignoriert dabei, dass es gleichen hantiert, weiß dabei genau wie man ball und solange Pyrotechnik kontrolliert abge- schreibar großen Unmut gegenüber Maria damit umzugehen hat. Die Massnahmen, die fackelt wird, sehe ich keinen Grund dies unter bei uns noch nie einen Zwischenfall mit Ben- Fekter, welche die aktuelle Innenministerin das Innenministerium hier durchzusetzen Strafe zu stellen. galen gegeben hat und dass sich der Verein darstellt, beim Auswärtsspiel unserer Austria versucht, zeigen einmal mehr wie wenig man und auch die Medienlandschaft immer wieder in der zweiten Meisterschaftsrunde in Linz sich für die Anliegen der Fans interessiert. am 24.07.2009. Zu Spielbeginn gab es vor mit Stimmungsbildern von Pyroshows schmü- unserem Sektor einen überdimensionalen cken, weil es eben ein fixer Bestandteil unse- Banner mit der Aufschrift „Nutte Fekter: Wenn rer Fanszene ist. Dass eine derartige „Initiati- Argumente fehlen, folgen Strafen und Verbo- ve“, die in Wahrheit das Ende für jede bisher te - Free Pyro!“. Dazu gab es beim Einlaufen versuchte Zusammenarbeit zwischen Fans, unserer Mannschaft eine attraktive Pyro-Show Vereinen und Behörden bedeuten kann und im Sektorinneren mit zahlreichen Bengalos, geradewegs in die Eskalation führt, von uns Blinkern und Rauchfontänen. Eine ausdrucks- klar abgelehnt wird, erklärt sich von selbst. starke Aktion unsererseits, wie wir meinen! Es gibt in Österreich wahrlich dringendere und wichtigere Themen, um die sich das Innenmi- nisterium Gedanken machen sollte. Das neue Gesetz ließe explizit keine Ausnahmegenehmigungen mehr zu, sodass auch das kontrollierte Abbrennen von Pyrotechnik in dafür vorgesehen Bereichen verboten wäre. Dies war bisher legal. Hat Eure Gruppe diese Möglichkeit des Ab- brennens genutzt und macht eine derartige legale Variante überhaupt Sinn? In erster Linie wollen wir erwähnen, dass wir, Wir nutzten diese Möglichkeit ausschließlich Diese „Kontrolle“ legen wir so aus, dass wir Diese Möglichkeit wurde von uns nie genutzt Ja, bei uns wurde das Abrennen von Pyro- In der Bundesliga wurde ab und zu direkt vor Was glaubt Ihr, natürlich nicht. Entweder eine In Innsbruck wurde diese Möglichkeit ganz gut die Gruppe Viola Fanatics 2001, seit gerau- bei Heimspielen und dies machte durchaus die Pyroshows selbst kontrollieren – und des- und wird auch in Zukunft in der Form nie technik ausgiebig genutzt und es ist auch nie dem Zaun gezündelt. Seit unserem Abstieg Gruppe hat so etwas im Griff oder nicht, aber ausgenützt. Wir verwenden oft und sehr gern mer Zeit das legale Abbrennen vor dem Sektor Sinn, da man südländische Stimmung ins Sta- wegen funktioniert das auch. Andere Varian- wahrgenommen werden. Unser Platz ist in jemand zu Schaden gekommen. Pyrotechnik haben wir bis auf ein paar Ausnahmen aus- wie Karnevalsgilde in einer Reihe aufstellen pyrotechnisches Material bei Heimspielen. Ich strikt und deutlich abgelehnt haben, da dies in dion zauberte. ten sind für uns kein Thema. der Kurve und nicht irgendwo vor, neben oder ist ein wichtiger Bestandteil der gesamten wärts keine Richtlinien zu beachten (mehr und einen auf Choreographiekurs Teil 1 zu ma- kann mir die Nord ohne Rauch gar nicht mehr allen Belangen gegen unser Gruppenkonzept hinter dieser. Wir wünschen uns ein legales Fanperformance – als Ergänzung zu Gesang, ein gegenseitiges Entgegenkommen wie z.B. chen, ist mit Sicherheit nicht unser Stil. vorstellen. Die legale Variante macht natürlich spricht und das ist auch gut so! Unserer Mei- Abbrennen von Pyrotechnik, genau dort wo Fahnen, Spruchbändern... eigentlich nur Sand- bzw. Wasserkübel für abgebrannte Sinn, so können großartige Choreographien nung nach hat das legale Abbrennen, obwohl wir es jetzt tun. Derartige Varianten machen schwer wegzudenken. Gegenstände im Sektor vom Heimverein), ohne Gedanken an spätere Folgen, wie Stra- es Gruppen gibt, welche diese Möglichkeit unserer Meinung nach keinerlei Sinn und ste- zuhause wurde den Pyroaktionen dank einer fen, durchgezogen werden. nutzen, wenig Sinn, da Pyrotechnik doch den hen auch in keinster Weise zur Diskussion. sehr strengen städtischen Verwaltung (im Zu- Reiz des Verbotenen hat! sammenhang mit einem nicht wirklich dicht besetzten Fansektor) ein Riegel vorgescho- ben. Sie sind deshalb eher selten.

Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009 Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009 Titel Titel

Viola Fanatics Direttivo Ultras WNSC 1993: Direttivo Nordkurve: Tornados Rapid: Südstadt Fanatics: Bianco e Nero Supporters Tough Guys Salzburg 1992: Verrückte Köpfe Innsbruck: (Austria Wien) (SC Wiener Neustadt) (Sturm Graz) (Rapid Wien) (Admira Wacker Mödling) Bregenz ’05: (SC Bregenz) (Austria Salzburg) (FC Wacker Tirol Innsbruck) Das neue Gesetz steht im Zusammenhang mit der Kampagne „Die Welle gegen Gewalt“. Wie seht Ihr den hergestellten Zusammenhang zwischen Pyro und Gewalt? Pyro und Gewalt, zwei komplett verschiedene Wir, die ULTRAS WNSC 1993, sehen über- Es ist ein fahrlässiger Trugschluss, wenn man Diese Initiative ist an Lächerlichkeiten nicht Dadurch ergibt sich ein medial gut nützbares Es zeugt vom Unverständnis des Gesetzge- Als Legitimation generell alle zu verurteilen Was hat ein Freudenfeuer mit Gewalt zu tun? Paar Schuhe! Unserer Meinung nach ist das haupt keinen Zusammenhang zwischen Ge- die Gleichung Pyro=Gewalt aufstellt – wer so zu überbieten. Welche Erfolge man sich aus Feigenblatt für den oberflächlichen Blick. bers und der Verantwortlichen bei Verbänden eine gute Idee, kann aber nur von Leuten kom- Eigentlich nix. Wenn es natürlich immer wieder eine mit dem anderen nicht vergleichbar. Py- walt und Pyrotechnik. Auch werden wir diese etwas tut, hat keine Ahnung von der Praxis. derartigen Kampagnen erwartet, ist sehr rät- Geschehnisse wie die Gewaltanwendung ge- und Ligen in Sachen Fankultur. Jeder gut ar- men, die Sodoku als Sport sehen. Leute gibt, die nicht wissen wie man mit dem rotechnik verleiht unserer Meinung nach das unsinnige Kampagne in keinster Weise unter- Pyrotechnik war und ist seit jeher ein fixer Be- selhaft. Der einzige Erfolg, den man daraus gen Torhüter Koch werden damit sicher nicht beitende Fanbetreuer in Österreich wird sich Zeug umgeht oder es einfach mal aus Spaß gewisse Kurvenflair und hilft doch sehr, die stützen. standteil der Fankurven in Österreich. Wenn erzielen wird, ist, dass die aktiven Fans in der vermieden werden – schon damals war der gegen dieses Gesetz aussprechen. Erst sol- aufs Feld werfen, lässt sich von unserer Seite von Emotionen geprägte Ausdrucksweise klar das im Ministerium ignoriert wird, trägt man breiten Öffentlichkeit in noch schlechterem Knallkörper ja illegal ins Stadion gebracht che Gesetze bringen mehr Gefahr in die Kur- ganz klarer Weise schwerer argumentieren. und deutlich zu dokumentieren. Jeder, der ver- auch die Verantwortung dafür, wenn eine bis- Licht erscheinen. Dies erleichtert es ihnen worden. ven, weil das versteckte Abbrennen natürlich sucht Pyrotechnik mit dem Thema Gewalt in her problemlose Thematik radikalisiert und natürlich in Zukunft, weitere und noch stren- mehr Risiko mitbringt. Wegen einer Handvoll Verbindung zu bringen, möchte doch ganz klar diskriminiert wird. Es kann nicht sein, dass gere Gesetze durchzubringen. Personen wie negativer und natürlich auch unakzeptabler Fußballfans kriminalisieren! man plötzlich als Straftäter dasteht, wenn Frau Fekter haben zwar keinerlei Ahnung was Aktionen mit Pyrotechnik die Gleichsetzung man so wie bisher Pyrotechnik zur Unterma- in und um unsere Stadien passiert, trotzdem mit Gewalt zu rechtfertigen ist ein Witz. Sieht lung des Supports einsetzt. spielt sie die Vorreiterin in Sachen Bekämp- man sich die durchschnittlichen Straftaten fung von Gewalt im Fußball. Während sie und und Verletzungen bei größeren Menschen- ihre Einsager neue Gesetze am laufenden ansammlungen an, werden diese wohl als Band produzieren, erschießen Polizisten vier- nächstes verboten… Der Fussball bietet zehnjährige Kinder! für die Politik einfach die beste Möglichkeit, sich der breiten Öffentlichkeit positiv zu prä- sentieren, mit vermeintlichen „Gewalttätern“ kurzen Prozess zu machen und die Medien stürzen sich natürlich darauf… Was denkt Ihr wie sich der Umgang mit Pyro im Falle eines Durchkommens des Gesetzes verändern wird? Wird die Mehrheit der Gruppen verzichten oder vielleicht gerade zündeln? Wir sind der Meinung, dass Gruppen, wel- Wir werden uns natürlich das Zündeln nicht Man öffnet möglicherweise der Willkür bei Wie schon gesagt, ist Pyrotechnik ein fixer Natürlich wird ein Verbot die Sache noch Aus Trotz wird es wohl eine Zeit lang mehr Hängt vom Organisationsgrad jeder Gruppe Am Anfang wird sicher mal ausgelotet wer- che bis dato fleißig am Zündeln waren, auch verbieten lassen und weitermachen. Wir Anzeigen, Stadionverboten, etc. Tür und Tor, Bestandteil einer lebendigen, lauten und reizvoller machen und durch im Versteckten Pyro zu sehen geben (wie man es an den ers- ab und von der Souveränität damit umzuge- den wie weit man gehen kann. Es wird sich weiterhin ihrer Linie strikt nachgehen werden werden uns halt mehr Listen ausdenken, um insbesonders kleinere oder nicht so gut orga- freien Kurve. Daher wird es bei uns auch in durchgezogene Aktionen weitaus gefährlicher ten Spieltagen hier in Österreich schon beo- hen. Jedes Spiel wird auch Pyro langweilig, zeigen wie streng das Gesetz exekutiert wird. und das Zünden von pyrotechnischen Artikeln nicht erkannt zu werden. nisierte Kurven könnten dadurch massive Pro- Zukunft rauchen und brennen. Immer dann, werden, als sie es bisher im kontrollierten bachten konnte). Aber unter dem Strich wird daher einfach Schwerpunkte setzen. Wahrscheinlich ändert sich auswärts nicht all- nicht einstellen werden. Außerdem, wenn wir bleme erleiden. Letztlich wird das jede Kurve wenn wir es für richtig halten und wir unse- Rahmen waren. Besser wäre anstatt des- es wohl etwas weniger Pyrotechnik zu sehen zu viel, denn das Abbrennen von Pyrotechnik ehrlich sind, war das Abbrennen von pyrotech- für sich selbst bewerten müssen. re Freude und unseren Enthusiasmus damit sen, wie in allen Bereichen der Fanarbeit den geben, aber wenn dann auch entsprechend wäre ohne Genehmigung (die praktisch nie nischen Gegenständen im Sektor sowieso noch intensiver zum Ausdruck bringen wol- Dialog zu suchen, Vereinbarungen zu treffen, mehr. Vor allem die von uns nicht gern gese- erteilt wird) sowieso verboten. Ich gehe davon noch nie erlaubt! len. Was genau auf uns zukommt, wird sich der Fangruppe Verantwortung besonders im henen Böller werden vermehrt den Weg ins aus, dass wenn es nicht übertrieben wird, es in den nächsten Jahren zeigen. Wir werden Selbstreinigungsprozess zu übertragen und Stadion finden und so wird wohl eher mehr keine Probleme hagelt. Was schade ist, denn diesen Kampf aber sicher nicht aufgeben letztlich natürlich die anderen Fans gefähr- passieren als bisher. Übertreiben macht Spaß. und zu unseren Idealen weiterhin stehen. dende Leute auch nicht mehr zu decken.

Sturm Graz - Rapid Wien Bild: Tornadosrapid.at SV Mattersburg - Rapid Wien Bild: Tornadosrapid.at LASK Linz - Austria Wien Bild: Austria80.at

Sturm Graz - Rapid Wien Bild: Sturmtifo.com FC Wiener Neustadt - Austria Lustenau Bild: Rupert Bogensperger USK Piesendorf - Austria Salzburg Bild: Union Ultras

Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009 Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009 Titel Die große Stadionwelt Pyroumfrage Passend zum Titelthema hatten unsere Leser über einen ganzen Monat Zeit, an un- serer Umfrage zum Thema Pyrotechnik teilzunehmen. Mehr als 6.000 taten dies und lieferten uns mehr als interessante Ansätze, wie und ob Pyrotechnik in den Stadien eingesetzt werden soll.

Ist Pyro beim Fußball ein optisches Stilmittel und damit Teil der Fankultur, wie beispielsweise Fahnen, oder eine für die Allgemeinheit gefährliche Sache, die zu Recht verboten ist? Schon bei der ersten Frage zeigten die Umfrageteilnehmer, dass sie sich klar für die Verwendung von Pyrotechnik in Stadien aus- sprachen. Mit einer überwältigen Mehrheit von mehr als 95 Prozent wurde die These unterstrichen, dass Pyro auch in der heutigen Zeit ein optisches Stilmittel für Fans darstellt. Lediglich etwas mehr als 4,5 Prozent sahen darin auch Gefahren und Risiken, die ein Verbot rechtfertigen. Sollte die Kurve selbst über den Einsatz von pyrotechnischen Gegenständen entscheiden dürfen? Ebenfalls klar, wenn auch nicht ganz so deutlich, fiel die Antwort auf die Frage aus, wer über den Einsatz von Pyrotechnik entscheiden sollte. Fast 91 Prozent sahen die Kurven in den Stadien als so verantwortungsbewusst an, dass sie sagen, diese sollten darüber entscheiden, ob und was an Pyrotechnik verwendet wird. Ein bisschen mehr als neun Prozent würden diese Entscheidung, lieber Dritten überlassen. Wie sollten die Fanszenen mit Pyrotechnik umgehen? Könnte eine legalisierte Form des Einsatzes pyrotechnischer Gegenstände in Stadien eine ernsthafte Alternative sein? Die dritte Frage beschäftigte sich mit der Art und Weise wie mit Pyrotechnik in den Stadien umgegangen werden sollte. 96 Prozent waren der Meinung, dass gezündet werden sollte, während nur vier Prozent klar sagten, dass keine pyrotechnischen Gegenstände in den Stadien geduldet werden sollten. Allerdings muss man erwähnen, dass sich die 96 Prozent untereinander uneins waren, wie gezündet werden sollte. Etwas mehr als 83 Prozent sprachen sich nämlich für einen geregelten Umgang aus, der das Werfen nicht tolerieren würde. Die restlichen 13 Prozent würden sich keinerlei Vorschriften im Umgang machen lassen. Wie könnte eine solche legalisierte Form aussehen? Wie bereits erwähnt sprach sich der Großteil für eine legalisierte Form des Einsatzes von Pyro aus. 35 Prozent aller Teilnehmer wären damit einverstanden, Pyrotechnik nur in einen bestimmten Bereich des Fanblockes einzusetzen. Dem stehen aber 25 Prozent entgegen, die es für besser empfanden, wenn nur einzelne Artikel erlaubt wären. Und gut 20 Prozent, die Pyro nach Absprache durch bestimmte Personen tolerieren würden. Kleinere Prozentsätze stimmten für Vorschlag der Einführung eines Pyropasses, der dem üblichen Fahnenpass ähnelt, Verwendung vor und nach dem Spiel und dem Zünden vor dem Block.

1 Pyro nach Absprache in bestimmten Bereichen des Blocks: 35,16% 5 6 7 2 Erlaubnis bestimmter pyrotechnischer 4 Gegenstände: 25,16% 3 Pyro nach Absprache durch bestimmte Personen 19,70% 1 4 Einführung eines Pyropasses 10,36% 3

5 Pyro vor oder nach dem Spiel 4,74%

6 Pyro vor dem Block 4,11% 2

7 Keine Meinung 0,76%

Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009 Titel Welche pyrotechnischen Gegenstände sollten erlaubt sein? Da sich ein relativ großer Prozentsatz für die Legalisierung einzelner pyrotechnischer Gegenstände aussprach, wollten wir natürlich auch wissen, was erlaubt sein sollte. Keinen überraschend großen Zuspruch fanden bengalische Feuer mit knapp 86 Prozent. Mit viel Abstand und nicht einmal zehn Prozent folgten darauf Rauchtöpfe oder Rauchpatronen. Eine Überraschung folgte auf dem dritten Platz: so schafften es Leuchtraketen mit 1,6 Prozent auf den dritten Platz, noch vor Böllern, die nicht einmal auf 0,2 Prozent kamen. Immer wieder erhalten Vereine Strafen wegen des Einsatzes pyrotechnischer Gegenstände. Sind die Strafen gerechtfertigt? Nicht selten liegen die Strafen des DFB-Sportgerichts für die Vereine im fünfstelligen Bereich. Die Fans hingegen zeigten bei unserer Um- frage keinerlei Verständnis für die Strafen. Gute 90 Prozent waren der Meinung, dass der DFB die Strafen viel zu hoch ansiedelt. Wobei sie von acht Prozent auch als angemessen eingestuft wurden. Zwei Prozent würden die Strafen sogar noch erhöhen. Wie würden die Fans selber eine Regelüberschreitung bei der legalisierten Form von Pyrotechnik sanktionieren? 1 Selbstregulierung innerhalb der Fanszenen 48,75% 567 2 Gar nicht 28,12% 4

3 Geldstrafen 12,57% 3

4 nur durch die Polizei/Ordnungsdienst 5,82%

5 Platz-/Blocksperre 2,76% 1

6 Punktabzug 1,35% 2

7 Keine Meinung 0,62%

Etwas mehr als 28 Prozent sahen keinen Grund, Regelüberschreitungen der Kurve zu bestrafen. Die Mehrheit aller Teilnehmer hingegen war sich der Verantwortung bewusst: Allerdings sahen es auch hier die meisten, genaugenommen 49 Prozent, am sinnvollsten an, wenn die Kurve das Pro- blem selbst in die Hand nehmen würde. Lediglich 12,5 Prozent erachteten eine Geldstrafe als gerechtfertigt. 5,8 Prozent würden sogar Polizei und Ordnungsdienst zu Rate ziehen und etwa vier Prozent sprachen sich für drastische Sanktionen wie Punktabzug und Platz- oder Blocksperre aus.

Sollten Vereine die Strafen, beispielsweise zu bezahlende Geldsummen, an die verursachenden Fans weitergeben? Vor wenigen Wochen fand das Spiel Eintracht Frankfurt gegen VfB Stuttgart statt. Kurz vor Ende der Partie wurde das Spiel unterbrochen, als Rauchschwaden aus dem Gästefanblock kamen und Böller in Richtung Spielfeld beziehungsweise anliegende Blöcke flogen. Das DFB Sportge- richt verurteilte die Schwaben zu einer Geldstrafe von 35.000 Euro und droht für die Zukunft unter anderem Geisterspiele an. Mit etwas Abstand kündigte der VfB Stuttgart daraufhin an, den oder die überführten Täter in Regress zu nehmen. Solche Entwicklungen lösen bei unseren Lesern keine Freude aus. 75 Prozent lehnten derartige Regressforderungen per se ab, nur 25 Prozent zeigten offensichtlich Verständnis dafür. Hast Du selbst schon einmal Pyro gezündet? Findest du, dass die Regeln zur Pyrotechnik im internationalen Vergleich in Deutschland zu streng sind? Die große Ablehnung zivilrechtlicher Klagen gegen Fansscheint einen Grund zu haben: 57 Prozent der Umfrageteilnehmer gestanden, dass sie selbst schon einmal Pyrotechnik eingesetzt haben. Auf die Frage nach der Relation zum europäischen Ausland gab es eine deutliche Antwort: die aktuelle Regelung von Pyro in Deutschland war für rund 93 Prozent aller Beteiligten zu streng. Hast Du schon einmal eine Verletzung durch Pyrotechnik bei einem Fußball- spiel miterlebt? Da der DFB oder andere Institutionen kein Buch über die Verletzten oder Verletzungen durch die Verwendung von Pyrotechnik führt, haben wir die Fans gefragt, ob sie schon mal Verletzungen durch Pyrotechnik beim Fußball wahrgenommen haben. Immerhin gaben rund 13 Pro- zent der Befragten zu, dass sie schon Verletzungen durch Pyro bei einem Fußballspiel miterlebt haben. Der Großteil von 87 Prozent hatte bis zur Umfrage von etwaigen Verletzungen durch den Einsatz pyrotechnischer Gegenstände noch nichts mitbekommen.

Stadionwelt Nr. 23 – November/Dezember 2009