Dokumentation

Jeder liebt seine Heimat in seiner Weise und sucht, ihr zu dienen. Fritz Haber: Aus Leben und Beruf. 1927, S. VI.

Das Verhältnis zwischen Heereswesen und exakten Natur- wissenschaften: Dieses Verhältnis war vor dem Kriege ein unvollkomme- nes. Der General wohnte gewissermaßen in der Beletage und grüßte zwar den Gelehrten, der in demselben Hause wohnte, aber ein innerer Zusammenhang bestand nicht. Zur Vermittlung bediente er sich des im gleichen Hause wohnenden Industriellen. Dieses Verhältnis ist bedingt gewesen durch die bis zum Kriege bei weitem unterge- ordnete Stellung der Technik gegenüber der Taktik. Heu- te ist dies anders. Fritz Haber auf der Hauptversammlung der Deutschen Bunsen-Gesellschaft für angewandte physikalische Che- mie im April 1918, Chemikerzeitung 42 (1918), S. 197.

Manfred Rasch

Wissenschaft und Militär: Die Kaiser "Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft"

Verflechtungen zwischen Wissenschaft und Militär sowie Wechselwirkungen zwischen bei- den »Komplexen« sind seit den Star War Plänen (SDI) Ronald Reagans auch in Deutschland einer breiteren Öffentlichkeit wieder bewußt geworden und dürften an das Engagement vie- ler tausend Forscher beim Bau der ersten Atombombe erinnert haben. Dies war jedoch nicht das erste Mal, daß Wissenschaft und Militär enge Beziehungen miteinander eingegangen sind. Schon seit der frühen Neuzeit waren Wissenschaftler den Militärs in Fragen der Ballistik, des Festungsbaus u. a. m. behilflich, aber erst im 20. Jahrhundert erreichte diese Zusammen- arbeit eine neue Dimension. Galt es bis dahin, empirisch gewonnenes Know-how auf wis- senschaftlicher Grundlage zu optimieren, so suchten die Forscher nun selbst nach militäri- schen Anwendungszwecken für ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse und institutionalisier- ten die Beziehungen zum Militär. Die historische Entwicklung der Wechselwirkungen zwi- schen Militär und Wissenschaft in Deutschland liegt jedoch noch im dunkeln. Die Geschichts- wissenschaft hat sich dieses Themas bisher kaum angenommen'. Für Deutschland lassen sich die ersten institutionalisierten Beziehungen zwischen Wissenschaft und Militär schon für die Zeit des Ersten Weltkriegs nachweisen.

1. Über Beziehungen zwischen Wissenschaft und Militär zu Beginn des Ersten Weltkriegs

Die Jahre unmittelbar vor Beginn des Ersten Weltkriegs waren in Deutschland eine Periode hektischer Aufrüstung. Nachdem 1911 das großangelegte Flottenbauprogiamm de facto geschei- tert war, setzte erneut eine quantitative Aufrüstung des preußischen Heeres ein. Die Ausbil- 3M dung aller wehrfähigen Männer war das erste und wichtigste Ziel, das der Chef des General- [/91 stabes, Helmuth Graf v. Moltke, in seiner Denkschrift vom Dezember 1912 fixierte^. Noch

73 zählte das Primat der personalintensiven Kriegführung; eine material- und technikorientier- te Aufrüstung fand beim Heer nur in bescheidenem Rahmen statt. Entsprechend gering war die technische und wirtschaftliche Kriegsvorbereitung des Deutschen Reichs'. Seit 1903 bestand in Potsdam eine Militärtechnische Akademie für die Ausbildung von Ingenieur-Offi- zieren; sie wurde jedoch nur von einer geringen Zahl von Offizieren aus dem Bereich der Verkehrstruppen, des Ingenieurkorps und der technischen Institute des Heeres besucht"*. Für die Materialbeschaffung und Prüfung waren beim preußischen Heer die »Inspektion der tech- nischen Institute der Infanterie« und die »Inspektion der technischen Institute der Artille- rie« zuständig. Erstere umfaßte die Munitionsfabrik und das Infanterie-Konstruktionsbüro in Spandau sowie die Gewehrfabriken in Danzig, Spandau und Erfurt; letztere führte die Auf- sicht über das 1894 geschaffene Artillerie-Konstruktionsbüro und die Geschützgießerei in Spandau, die Artilleriewerkstätten in Danzig, Spandau, Lippstadt und Straßburg, die Geschoß- fabriken und Feuerwerklaboratorien in Spandau und Siegburg sowie die staatlichen Pulver- fabriken in Hanau und Spandau. Außerdem verfügte die preußische Feldzeugmeisterei noch über das von einem Zivilbeamten geleitete »Militärversuchsamt« in Berlin, das 1890 als Ver- suchsstelle für Sprengstoffe entstanden war. Ähnliche Einrichtungen besaßen die Bundesstaaten Bayern und Sachsen, während Württemberg keine technischen Institute unterhielt. Die Kai- serliche Marine besaß ebenfalls technische Einrichtungen, die u. a. der Inspektion der Marine- artillerie bzw. des Torpedo- und Minenwesens unterstellt waren^. Über die Arbeit der technischen Einrichtungen von Heer und Marine und über deren Ein- fluß auf die Entwicklung von Waffensystemen liegen noch keine umfassenden Untersuchun- gen vor; ihre Aufgabe scheint jedoch weniger die wissenschaftliche Erforschung und Ent- wicklung neuer Kriegsmittel und Sprengstoffe als vielmehr die waffenspezifische, ingenieur- mäßige Prüfung und Abnahme der von privater sowie staatlicher Rüstungsindustrie entwik- kelten und produzierten Kriegsgeiäte und Munition gewesen zu sein. Die privaten Rüstungs- lieferanten verfügten aber nicht nur über eigene wissenschaftliche Laboratorien, sondern auch — wie beispielsweise die Firma Krupp — über firmeneigene Schießplätze zur Waffen- und Munitionserprobung. Vergleichbare wissenschaftliche Einrichtungen des Heeres erfreuten sich keiner besonderen Förderung, obwohl die Technik eine immer größere Bedeutung für die Kriegführung gewann. Die Armee verließ sich offensichtlich auf die industrielle Leistungsfä- higkeit der Wirtschaft^. Weder die technische Entwicklung noch die wirtschaftliche Kriegsvorbereitung wurden von militärischer oder politischer Seite koordiniert und gelenkt. Mit Kriegsbeginn, als die Indu- strialisierung des Krieges offensichtlich wurde, zeigten sich erste Versäumnisse. Wichard v. Moel- lendorff und Walther Rathenau wiesen schon Anfang August 1914 auf die Mängel bei der wirtschaftlichen Kriegsvorbereitung hin und strebten mit der Schaffung der Kriegs-Roh- stoff-Abteilung eine adhoc-Lösung an'. Für die Defizite in der technisch-wissenschaftlichen Kriegsvorbereitung bot sich keine vergleichbare Generallösung an. Da das militärische Kon- zept des deutschen Generalstabs zunächst eine personalintensive Kriegführung vorsah, um die numerische Überlegenheit des Gegners zu kompensieren, wurden mit Kriegsbeginn (fast) alle kriegsverwendungsfähigen Männer einberufen, darunter auch zahlreiche Forscher, ohne daß berücksichtigt wurde, ob ihre wissenschaftlichen Qualifikationen anderweitig effektiver einsetzbar waren. Viele Wissenschaftler sahen es zudem als ganz selbstverständlich an, dem »Vaterland« mit der Waffe in der Hand im Schützengraben zu dienen und sich öffentlich zum Deutschen Reich zu bekennen (siehe Aufruf der 93 >An die Kulturwelt<)®. Hochschulen und Forschungslaboratorien verwaisten teilweise, obwohl das Heer recht bald Mängel in der Ausrüstung feststellte und Ersatzstoffe und technische Lösungen benötigte, die

74 eine wissenschaftliche Bearbeitung erforderten. Abhängig vom jeweiligen Kenntnisstand bzw. den persönlichen Beziehungen der Mitarbeiter einzelner Militärdienststellen wurden Aufträ- ge an Forscher vergeben, ohne daß eine Koordination der praxisorientierten Forschung im Auftrag des Heeres und der Rüstungsindustrie stattfand'. Andererseits trafen diese Aufträge auf die fast uneingeschränkte Bereitschaft der Wissenschaftler, Arbeitskraft und Forschungs- einrichtungen in den Dienst des Kaiserreichs zu stellen. Pazifisten wie Albert Einstein waren die Ausnahme, vielmehr begannen Forscher wie Fritz Haber und Emil Fischer in ihren Wis- senschaftsbereichen Forschung und Wirtschaft auf den Kriegsbedarf hin zu organisieren. In diesem Zusammenhang sind zu erwähnen die Kommission zur Beschaffung von Kokereipro- dukten, die Salpeterkommission, der Nährstoffausschuß, der Kriegsausschuß für Ersatzfut- ter, der Kriegsausschuß für pflanzliche und tierische Öle und Fette und viele andere Einrich- tungen, in denen Militärs, Industrielle und Wissenschaftler zur Lösung von kriegswirtschaft- lichen Problemen erstmals zusammenarbeiteten^". Obwohl viele improvisierte Maßnahmen schon in den ersten Kriegsmonaten angelaufen waren, begriff man erst nach geraumer Zeit, daß Krieg und Kriegführung eine neue Dimension erreicht hatten. Nachdem in den ersten beiden Kriegsjahren die personalintensive Kriegführung bis ins Extreme ausgeschöpft worden war, vollzog sich allmählich ein Wechsel — die rigorose Substitution von Mensch durch Maschine —, der in Hindenburg-Progi^imm, Hilfsdienstgesetz und Bildung des Kriegsamts seinen äußeren Abschluß fand. Mit dem Wechsel zur materialintensiven, tech- nischen Kriegführung ging die Militarisierung der Wissenschaft einher. Eine Koordination der militärischen Zweck- sowie Auftragsforschung war notwendig; schon vor der Berufung Hindenburgs und Ludendorffs zur Obersten Heeresleitung wurden Pläne entwickelt, Wis- senschaft systematisch für die Rüstung einzusetzen. In diesem Zusammenhang nennen zahl- reiche Autoren den Namen der Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft'^ ohne daß bisher deren Entstehungs- und Bedeutungsgeschichte aufgearbeitet wäre.

2. Entstehungsgeschichte der Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft

Erst im zweiten Kriegsjahr wurden Anstrengungen unternommen, die natur- und ingenieur- wissenschaftliche Forschung sowohl an den Hochschulen als auch in der Industrie verstärkt für militärische Probleme und Fragestellungen zu interessieren. Initiativen hierzu gingen nicht etwa vom Militär, sondern von Zivilisten aus, die die technologische Lücke der deutschen Rüstung bemerkt hatten (siehe beispielsweise Dok. 1). Für die Entstehung der Kaiser Wil- helm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft (KWKW) war offensichtlich ein Vorschlag Albrecht Schmidts" von Bedeutung, der damals das wissenschaftliche Laboratorium für Patentsachen der Farbwerke Hoechst AG leitete. Schmidt, ein Vetter des Ministerialdirigen- ten und späteren preußischen Kultusministers Friedrich Schmidt-Ott", hatte um 1915/16 gegenüber Fritz Haber", dem Leiter des zu einer militärischen Gaskampfforschungsanstalt umfunktionierten Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Chemie und Elektrochemie'®, den Vorschlag gemacht, man möge eine Stiftung mit einem Kapital von 250000 M errichten, »damit Personen, die um die Kriegführung ein wissenschaftliches oder technisches Verdienst erworben haben und >es brauchen können<, Belohnungen erhalten« (Dok. 2). Offensichtlich hatte sich Schmidt vorgestellt, daß Hauptmann Haber als Leiter eines mittlerweile militä- risch ausgerichteten Kaiser-Wilhelm-Instituts die Stiftung verwalte und geeignete Personen für die Ehrung in Vorschlag bringe. Ob Schmidt dabei auch an sich dachte, ist nicht überlie- fert. Er zählte jedoch zum Kreis möglicher Kandidaten, die von einer solchen Stiftung aus-

75 zuzeichnen gewesen wären, da er ein spezielles Augenkampfgas sowie ein Verfahren zur Erzeu- gung künstlichen Nebels, des sogenannten »Hoechster Nebels«, der in der Skagerrakschlacht am 31. Mai 1916 eine Rolle spielte, entwickelt hatte. Anlaß für Schmidts Vorschlag dürfte die sehr zurückhaltende Verleihung von militärischen Orden und Ehrenzeichen für Verdienste um die Rüstungswirtschaft gewesen sein. Schmidt wurde für seine (kriegswichtigen) Forschungen erst 1917 mit der Verleihung des Titels Pro- fessor und einiger Orden geehrt. Die Bedeutung seines Vorschlags für die Errichtung der Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft scheint ihm — auch in späteren Jahren — nicht bewußt geworden zu sein; was wiederum nicht besonders verwunderlich ist, da sein ursprünglicher Vorschlag, Geldpreise für kriegswichtige Innovationen zu vei^eben, inner- halb eines Jahres total verändert wurde'^. Haber nahm Rücksprache sowohl mit Schmidt-Ott, mit dem er seit einigen Jahren einen regen Gedankenaustausch pflegte und der innerhalb des Kultusministeriums u. a. für wissen- schaftliche Stiftungen zuständig war, als auch mit dem preußischen Kriegsminister, Adolf Wild V. Hohenborn. Haber hielt weder sich persönlich noch sein Institut, sondern nur die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften'^ (KWG) für berufen, »eine solche Spende entgegenzunehmen, und mit der erforderlichen Autorität [Auszeichnungen] zu vergeben, wenn überhaupt eine andere Stelle als der Kaiser oder der Kultusminister in Frage kommen« (Dok. 2). In einem Schreiben an Friedrich Schmidt-Ott vom 2. April 1916'' entwickelte Fritz Haber den ursprünglichen Vorschlag Albrecht Schmidts weiter, da auch er der Ansicht war, daß das Eiserne Kreuz für Verdienste, die nicht mit der Waffe errungen worden seien, zu sparsam ver- teilt werde. Er schlug deshalb vor, daß eine »von Künstlerhand in Eisen geprägte Medaille« zusammen mit einem Geldpreis sowohl an Zivilisten als auch an Militärs verliehen werden sollte, die sich in wissenschaftlicher oder technischer Hinsicht um »wichtige« Hilfsmittel der Kriegführung verdient gemacht hätten. Haber entwarf einen Organisationsplan und stellte einen Kriterienkatalog für die Ordensverleihungen auf, um Selbstbewerbungen zu unterbinden und um eine sachliche Beurteilung schon erprobter und technisch eingeführter Inventionen und Innovationen zu ermöglichen. Um die bei der Kandidatenauswahl notwendige Sachkennt- nis sicherzustellen, seien an der Stiftung sowohl Kriegs- als auch Kultusministerium zu beteili- gen. Wegen der zwischen beiden Behörden zu erwartenden Rivalität um den Führungsanspruch innerhalb der Stiftung sollte nach Habers Vorstellungen die KWG Trägerin der Stiftung wer- den (Dok. 2). Schmidt-Ott fand die Idee offensichtlich gut, sprach sich jedoch aus Gründen der militärischen Geheimhaltung gegen eine maßgebliche Beteiligung der KWG aus. Die Zwei- fel an Verschwiegenheit und Zuverlässigkeit der KWG scheinen vorgeschoben zu sein, denn der Präsident der KWG, Adolf v. Harnack, hatte seine kritische Rede zu den Kriegsgewinnen der Wirtschaft noch nicht gehalten, die (insbesondere) die (Rüstungs-) Industrie nachhaltig verstimmen sollte". Außerdem hätte innerhalb der KWG eine spezielle Kommission gebil- det werden können, deren Mitglieder zur strikten Geheimhaltung verpflichtet gewesen wären. Gegen eine Beteiligung der KWG wurde nicht das schon eher zutreffende Argument vorge- bracht, daß diese Forschungsorganisation nicht über ausgewiesene Fachleute zur Beurteilung kriegswichtiger Innovationen und Inventionen auf technischem Gebiet verfüge. Die Direk- toren der Kaiser-Wilhelm-Institute waren nämlich in der Regel Naturwissenschaftler — vor allem Chemiker — und keine Praktiker und Ingenieure^". Vielmehr versuchte Schmidt-Ott, mit dem weiterentwickelten Vorschlag »Schmidt-Haber« eine schon seit längerem gehegte Idee zu verwirklichen, nämlich bei der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaf- ten zu Berlin endlich auch für Techniker reguläre Mitgliederstellen einzurichten.

76 Schon Friedrich Althoff, »der ungekrönte König der preußischen Wissenschaftspolitik«^' hatte um die Jahrhundertwende vergeblich versucht, eine Akademie der technischen Wis- senschaften in Preußen zu errichten bzw. für Ingenieure und Techniker Mitgliedschaften bei der Berliner Akademie zu erwirken". 1916 schwebte Schmidt-Ott vor, daß Wilhelm II. die Berliner Akademie um drei Stellen für »technische Mitglieder« erweitere, die dann eine »tech- nische Kommission« zur Vergabe der oben genannten Ehrungen bilden sollten^'. Nach einer Unterredung mit Haber ließ Schmidt-Ott diesen Plan jedoch wieder fallen. Haber dürfte ihn auf den zu erwartenden Widerstand der Akademiemitglieder aufmerksam gemacht haben. Die Berliner Akademie war noch überwiegend »geisteswissenschaftlich« ausgerichtet und wollte Technikdisziplinen nicht als Wissenschaft anerkennen. Außerdem erschien es unklug, die neuen Stellen durch den König errichten zu lassen. Schon die Erweiterung der Königlich Preußischen Akademie zu Berlin um drei Stellen für die Direktoren der ersten Kaiser-Wil- helm-Institute in Berlin-Dahlem war als ein Eingriff Wilhelms II. in die Autonomie der Aka- demie aufgefaßt worden. Aus diesem Grund hatte es 1911 innerhalb der Akademie nicht nur eine umfangreiche, gegen die KWG gerichtete Diskussion gegeben, sondern auch ihr Histo- riograph und Mitglied Harnack, der gleichzeitig Präsident der KWG war, wurde nicht — wie eigentlich erwartet — zum ständigen Sekretär der Akademie gewählt. Diesmal aber konnte der zu erwartende Widerstand der Akademiemitglieder das gesamte Projekt gefährden^"*. In einem Gespräch, das am 18. Mai 1916 nach einer Sitzung der militärischen Kommission der Preußischen Akademie stattfand, entwickelten Haber und Schmidt-Ott den Plan, nicht nur schon vollbrachte wissenschaftliche Leistungen auf militärtechnischem Gebiet auszuzeich- nen, sondern auch materielle und ideelle Anreize zu schaffen, um weitere wissenschaftliche Arbeiten mit kriegstechnischer Relevanz zu fördern. Da sie der Ansicht waren, daß Natur- wissenschaft und Technik eine immer größere Bedeutung bei der Vorbereitung und Durch- führung von Kriegen erlangen würden, wollten sie jetzt nicht eine nur vorübergehende, kriegs- bedingte Einrichtung, sondern eine beständige, auch für Friedenszeiten geeignete Organisa- tionsform schaffen. Sie beabsichtigten jedoch nicht, ein neues Forschungsinstitut zu gründen, sondern die militärtechnischen Untersuchungen in den schon vorhandenen, dem preußischen Kultusministerium unterstehenden wissenschaftlichen Forschungs- und Unterrichtsanstalten zu fördern^^ Als Vorbild hierfür mögen einerseits das 1914 von den Naturwissenschaftlern Fritz Haber, , Max Planck, Heinrich Rubens und Emil Warburg beantragte »Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Forschung« gedient haben, das eine Kooperation der an deutschen Universitäten und Hochschulen tätigen Physiker untereinander ermögli- chen und ihnen für umfangreichere Forschungen zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen sollte^^, andererseits aber auch vergleichbare britische Bemühungen, über die sowohl in der britischen Wochenzeitschrift Nature als auch in der Chemiker-Zeitung berichtet worden war. 14 Tage nach dem Gespräch zwischen Haber und Schmidt-Ott erschien am 3. Juni 1916 auf der Titelseite der Chemiker-Zeitung ein Beitrag des Chemikers Dr.-Ing. Bruno Wäser^'. Ob- wohl dieser Aufsatz den beiden Gesprächspartnern — aus zeitlichen Gründen — keine Anre- gung gegeben haben kann, so weist er doch auf Bemühungen in Großbritannien hin, die erheblich früher lagen und die wahrscheinlich Haber, vielleicht auch Schmidt-Ott, bekannt waren. Wäser griff Gedanken des Berliner Patentanwalts Alard du Bois-Reymond auf, der sich wiederum auf Äußerungen des englischen Journalisten und Schriftstellers Herbert George Wells stützte. Aufgrund der alliierten Wirtschaftsblockade nahm Wäser an, »daß sich Deutschland und die wirtschaftlich ihm nahestehenden und angegliederten Mächte nach dem Kriege in den Zustand einer gewissen Autarkie versetzt sehen werden«, weshalb »eine Organisation zur Nutzbarmachung technischer und wissenschaftlicher Forschung

77 [...] nur förderlich sein kann. Eine solche Zentralstelle, aus Staats- oder Privatmitteln ver- wirklicht und nach Art der Kriegsausschüsse mit behördlich angestellten und vereidigten, fachwissenschaftlich vorgebildeten Beamten besetzt und in Untergruppen für Auskunfter- teilung, Rohstoffausnutzung und Erfindungsgedanken zerfallend, könnte in Anlehnung an das Kaiserliche Patentamt in Berlin geschaffen werden. Diese Behörde könnte auch hin- sichtlich der erforderlichen, sorgsamen und langwierigen Registrierung als Vorbild dienen. Die Zentralstelle würde nach vollständigem Ausbau aus einer Anzahl von Fachausschüs- sen bestehen, etwa solchen für Architektur, Bauingenieurwesen, Maschinenbau, Elektro- technik, Chemie, Hüttenindustrie, Textilindustrie, Flugwesen, allgemeine Naturwissenschaf- ten, Physik, Gegenstände des täglichen Gebrauchs usw. Einzelklassen, etwa nach Art der Patentklassen, müßten sich unterordnen.« Da die Finanzierungsfrage wesentlich für die Errichtung einer solchen Zentralstelle sein würde, schlug Wäser vor, daß »eine Vereinigung der großen Fachverbände aus sich heraus eine sol- che Zentralstelle schaffen könnte«^®. Weniger dezidiert waren die Vorstellungen von Alard du Bois-Reymond in der »sechsten Liebes- gabe Deutscher Hochschüler«. In diesem schon 1915 erschienenen Bändchen hatte er sich in seinem Beitrag »Kriegserfindungen« kritisch mit einigen von Herbert George Wells geäußerten Gedanken auseinandergesetzt^'. Als Patentanwalt besaß er Erfahrungen über die industrielle Bedeutung von Patenten und war mit den Problemen bei der Umsetzung von Erfindungen in die industrielle Technik wohl vertraut, weshalb er sich sehr skeptisch geäußert hatte: »Das >Erfindungsministerium< des Herrn Wells steht auf demselben Blatt. Wenn es mit Umsicht geleitet wird, kann es wertvolles entwickeln helfen. Aber Überrraschungen von durchgreifender Bedeutung oder gar Umgestaltungen der Taktik wird es in diesem Kriege nicht mehr bringen. Was es etwa an dauernden Gewinn schafft, wird sich erst in der fol- genden Friedenszeit entfalten und wird dann uns ebensosehr zugute kommen wie den Engländern, vorausgesetzt, daß wir in diesem Kriege nicht verlernen, von unserem Nach- barn zu lernen.«'® Weder hatte du Bois-Reymond konkrete Vorschläge wie etwa Wäser gemacht, noch hatte er seine Quellen bezüglich der Wellsschen Gedanken benannt. Ob sein Beitrag Haber oder Schmidt-Ott überhaupt bekannt war, erscheint unwahrscheinlich, wohl aber dürfte Haber den gleichen Zugang wie du Bois-Reymond zur Berichterstattung über die Wissenschaftsent- wicklungen auf der britischen Insel gehabt haben, nämlich die in London erscheinende Wochenzeitschrift Nature, die trotz des Krieges ihren Weg in deutsche Bibliotheken fand. In für Kriegszeiten unwahrscheinlich offener Weise hatte die Zeitschrift über entsprechende Pläne in Großbritannien berichtet. In ihr konnte man nachlesen, wie sich die seit Kriegsbe- ginn geäußerten Überlegungen im Jahr 1915 zu einem Konzept zentraler Wissenschaftslen- kung verdichteten und 1916 in der Gründung des Departement of Scientific and Industrial Research (DSIR) mündeten'^. Die britische Regierung hatte — anders als die deutsche — schon in den ersten Kriegsmona- ten auf vorhandene Forschungseinrichtungen zurückgegriffen und nach Möglichkeiten gesucht, die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie zu intensivieren^^. Eine große Anzahl neuer Einrichtungen und Gremien mit Forschungsaufgaben wurde ins Leben geru- fen, eine Vielzahl von Förderprogrammen und neuen Organisationsformen der Forschung (Kooperation von Universitäten, Forschungseinrichtungen und Privatindustrie) geschaffen, dennoch wies die Zeitschrift Nature im Herbst 1915 darauf hin, daß es immer noch eine große Anzahl von Wissenschaftlern gebe, »whose energies and expert knowledge are not being effectively used«'\

78 Vielleicht aufgrund von Initiativen der Royal Society und der Chemical Society, sicherlich aber aufbauend auf Gedanken, die seit 1909 im britischen Erziehungsministerium über die Gründung eines zentralen Forschungsrates entwickelt worden waren, wurde — ohne daß es entsprechende Vorbilder in anderen Staaten gab — im Jahr 1916 das Departement of Scientific and Industrial Research (DSIR) geschaffen. Eine erste Denkschrift datiert vom Mai 1915, ein Memorandum vom Juni 1915 und eine Denkschrift über Konzeption, Aufgaben und Finan- zierung der neuen Oi^anisation vom Juli 1915. Das DSIR sollte als zentrale Instanz die natur- wissenschaftliche Grundlagen- und Industrieforschung mit staatlichen Geldern unterstützen, Forschungsprogramme koordinieren und Kooperationen zwischen Wissenschaft und Industrie intensivieren. Das DSIR wurde 1916 gegründet, seine finanzielle Grundlage war ein vom Par- lament auf fünf Jahre bereitgestellter Fonds (Imperial Trust for the Encouragement of Scientific and Industrial Research) in der ungewöhnlichen Höhe von 1 Million Pfund Sterling'"*. Inwieweit diese Überlegungen Haber oder Schmidt-Ott bekannt waren, läßt sich aufgrund der überlieferten Akten nicht entscheiden. Die Gründung des DSIR, aber auch die zeitglei- che Errichtung des National Research Council (NRC) in den USA'^ belegen, daß es in allen größeren kriegführenden Staaten ähnliche Bemühungen zur Intensivierung der Forschung gab und daß Deutschland im Bereich der Wissenschaftsförderung für Kriegszwecke nicht unbedingt eine herausragende Stellung einnahm. Hinsichtlich Unterbringung und Finanzierung ihrer neuen Forschungsoi^anisation beschritten Haber und Schmidt-Ott andere Wege als ihre deutschen Vorbilder (KWI für physikalische Forschung) und lehnten sich ^ wahrscheinlich ohne es zu wissen — an das britische Vorbild an. Für das KWI für physikalische Forschung war die Errichtung eines Hauses in Berlin- Dahlem als Vortrags-, Bibliotheks- und Archivgebäude vorgesehen; die Experimental-Unter- suchungen sollten jedoch »in den Laboratorien der betreffenden Forscher« ausgeführt werden; der Institutshaushalt in Höhe von 75000 M für die Durchführung von Projekten einzelner Wissenschaftler hätte zu je einem Drittel von KWG, Koppel-Stiftung und Preußen aufgebracht werden müssen''. Errichtung eines Gebäudes und Finanzierung der militärtechnischen For- schungen durch KWG und Staat waren weder beabsichtigt, noch wegen der kriegsbedingten, angespannten Finanzlage des Reiches realisierbar, vielmehr schien der von Albrecht Schmidt vorgeschlagene Gedanke, eine Stiftung zu errichten, die geeignete Organisations- und Finanzie- rungsform zur Förderung kriegstechnischer Forschung zu sein. Um aus den jährlichen Kapi- talerträgen eine größere Anzahl von militärtechnisch relevanten Projekten fördern zu können, mußte die zu errichtende Stiftung jedoch über erheblich mehr Kapital verfügen als über die ursprünglich von Schmidt vorgeschlagene Summe von 250 000 M, die bei einer 5-prozentigen Verzinsung jährlich nur 12500 M Rendite abgeworfen hätte. Da weder Staat noch KWG erheb- liche Beiträge zu einer solchen Stiftung beisteuern konnten, mußten die notwendigen Mittel auf eine andere Weise beschafft werden. Eine öffentliche Kapitalsammlung, die sicherlich erhebliche Zeit beansprucht hätte, kam offensichtlich wegen der Dringlichkeit der Angele- genheit nicht in Frage'^. Schließlich müssen Schmidt-Ott und Haber darauf verfallen sein, nicht die Albrecht Schmidt bekannten Spender, die ungenannt bleiben wollten, um Dotatio- nen in Höhe von insgesamt 250 000 M anzusprechen, sondern den jüdischen Bankier und Industriellen Leopold Koppel, der schon häufiger als Mäzen aufgetreten war; er hatte u. a. das Habersche Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie gestiftet. Leopold KoppeP®, über den äußerst wenig bekannt ist, der aber sicherlich nicht schlecht am Krieg verdiente, da er über die »Gesellschaft für Verwertung chemischer Produkte« die im Haberschen Institut gemachten Erfindungen (Gasschutzmasken, -filter etc.) industriell ver- wertete, fand den Vorschlag Habers interessant und war sofort bereit, »Kaiser und Heer eine

79 mit 2 Millionen [M] Kriegsanleihen dotierte Einrichtung anzubieten« (Dok. 3). Haber ließ Koppel über seine Vorgespräche mit Schmidt-Ott und Schmidt im unklaren, vielmehr erweckte er den Eindruck, daß es sich bei dem Besprochenen ausschheßlich um Probleme handle, die aus der Verschiebung der Tätigkeit des Haberschen Instituts von der reinen Grundlagenfor- schung zu Arbeiten auf dem Gebiet des Gaskampfes und Gasschutzes entstanden seien, so daß Koppel später die Idee der Gründung einer kriegstechnischen Stiftung für sich reklamie- ren konnte" (Dok. 4). Innerhalb von nur drei Wochen, zwischen Ende Mai und Mitte Juni 1916, wurden Gespräche zwischen Koppel, Haber, Nernst, Emil Fischer sowie Schmidt-Ott geführt und eine Satzung für eine »Kaiser Wilhelm Stiftung für Naturwissenschaft und Technik im Heere« ausgearbei- tet. Dabei war es das Hauptproblem, die »Freiheit der Wissenschaft« zu garantieren. Der Wech- sel eines Wissenschaftlers von einer dem Kultusminister unterstehenden Forschungseinrich- tung (Universität, Technische Hochschule, Akademie oder Kaiser-Wilhelm-Institut) an ein mili- tärisch geleitetes Institut wurde als eine Einengung des Wissenschaftlers angesehen. Die speziell militärischen Fragestellungen waren Zweckforschung und verloren damit den Charakter von Wissenschaftlichkeit. Haber, dessen Institut seit Anfang 1916 militärisch verwaltet wurde, dürf- te über ausreichende Erfahrungen verfügt haben, um die Errichtung militärischer Zweckfor- schungsinstitute abzulehnen und für die Errichtung ständiger Kommissionen zu plädieren, in denen sich Wissenschaft und Militär gleichberechtigt gegenüberstanden. Aus diesem Grund strebten die Initiatoren in der Satzung nur eine repräsentative Berücksichtigung des Militärs bei gleichzeitiger Wahrung der Autonomie der Wissenschaften an, d. h. dem Militär sollte kein Ein- fluß auf die Lenkung der Wissenschaft eingeräumt werden, vielmehr sollte es auf rein repräsen- tative Aufgaben beschränkt werden. Aus diesem Grund sah der Satzungsentwurf der Stiftung zwei Lenkungsorgane vor, die »Kuratorium« und etwas geringschätzig »Verwaltung« genannt wurden. Das Kuratorium, als dessen Vorsitzender der Kriegsminister vorgesehen war und dem ein Offizier des Generalstabs als Geschäftsführer sowie jeweils weitere sechs Offiziere und »Ge- lehrte« angehören sollten, hatte laut Satzung die Aufgabe, alle Arbeiten, »welche zur Erfüllung des Stiftungszweckes dienen, zu leisten« (Dok. 5). Gemeint waren damit repräsentative Aufga- ben, denn alle »wirtschaftlichen Geschäfte«, also die Bewilligung einzelner Projekte, sollte dem Verwaltung genannten Organ obliegen. Innerhalb der Verwaltung war aber die Stimmenmehr- heit der Wissenschaftler gesichert, da sie aus je einem Mitglied der Berliner Akademie und der Leopold Koppel-Stiftung sowie dem Präsidenten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft bestand. Der Geschäftsführer des Kuratoriums, ein Offizier, war diesem Gremium nur »attachiert«. Die tatsächliche Arbeit der Stiftung sollte jedoch in sogenannten Senaten (Fachausschüssen) geleistet werden, in denen das jeweilige wissenschaftliche Mitglied des Kuratoriums den Vor- sitz führte. Das Vorschlagsrecht für die Benennung der wissenschaftlichen Kuratoriumsmit- glieder stand der Berliner Akademie zu, die das Kultusministerium auch sonst in Wissen- schaftsangelegenheiten beriet. Die einzelnen Senatsvorsitzenden konnten die zivilen Mitar- beiter ihres Senats frei, d.h. nach eigenem Gutdünken, auswählen. Eine Beschränkung hinsichtlich der Anzahl war nicht vorgesehen. Die militärischen Mitglieder der einzelnen Senate wurden von den jeweils interessierten Militärdienststellen abkommandiert, benötig- ten jedoch für ihre Mitarbeit das Einverständnis des jeweiligen Senatsvorsitzenden. Durch die Unterteilung der Stiftung in Kuratorium, Verwaltung und Fachausschüsse war theo- retisch die Autonomie der Wissenschaft gewahrt, da das Militär nur im Kuratorium über eine Mehrheit verfügte. Daß die Unterteilung in zwei getrennte Lenkungsgremien (Kuratorium und Verwaltung) ausschließlich dazu diente, den Einfluß des Militärs auf die wissenschaftliche Arbeit der Stiftung so gering wie irgendmöglich zu halten, zeigt auch die nach dem Krieg

80 überarbeitete Stiftungssatzung, die nach dem Ausscheiden der Militärs aus den Stiftungsgre- mien nur noch ein Lenkungsorgan (Kuratorium) vorsah'"'. Aufgrund der gewähhen Organi- sationsstruktur bestanden bei den Initiatoren Zweifel darüber, ob das Kriegsministerium der Errichtung der Stiftung überhaupt zustimmen würde; insbesondere der Stifter Koppel selbst hatte erhebliche Bedenken, dem Kriegsminister seinen Vorschlag zu unterbreiten"". Vermut- lich in der Absicht, diesen durch eine vorherige positive Äußerung des Kaisers zur Annah- me der Stiftung zu bewegen, richtete Koppel zunächst ein Schreiben an den Chef des Zivil- kabinetts, Rudolf V. Valentini, in dem er diesen um seine Stellungnahme bat, bevor er weite- re Schritte unternehme (Dok. 3). Parallel dazu unterrichtete Schmidt-Ott Valentini vertraulich über einige Details der Entstehungsgeschichte und wies auf die ungeklärte Frage hin, ob das Kriegsministerium dem Plan überhaupt zustimme. Mit dem Satz »daß S. Majestät aber mit voller Huld über dem Unternehmen waltet, wird schon erforderlich sein, um die freudige Mitarbeit der wissenschaftlichen Kommissionsmitglieder zu sichern«'*^, versuchte Schmidt- Ott die vorherige Unterrichtung des Kaisers zu erreichen, die Valentini jedoch bewußt unter- ließ, da es ihm mehr als zweifelhaft erschien, »ob der Satzungsentwurf die volle Zustimmung der Heeresverwaltung finden wird.« Denn er hatte erkannt: »Der Schwerpunkt der Arbeit und der Bedeutung liegt naturgemäß in den 6 Fachausschüssen, deren Vorsitz den wissenschaftlichen Mitgliedern des Kuratoriums vorbehalten ist und deren Mitglieder ohne Zuziehung der Militärs bei den Vorschlägen ernannt werden sollen.« Des- halb regte von Valentini an: »Vielleicht läßt sich ein Modus für eine Mitwirkung der mili- tärischen Kuratorialmitglieder bei der Zusammensetzung der Fachausschüsse finden, um auch den Anschein einer Zurücksetzung der beteiligten Offiziere zu vermeiden«". Am 4. Juli 1916 unterrichtete Koppel trotz der Bedenken Valentinis den Kriegsminister, Wild V. Hohenborn, der wiederum den Kaiser informierte und nach nur drei Wochen Koppel mit- teilte, daß das Projekt nur noch der Prüfung und Stellungnahme der daran beteiligten Behör- den bedürfe''"'. Das ungewöhnlich schnelle Reagieren des Kriegsministers und die unerwar- tet positive Einstellung zum Antrag Koppels dürften sich auf die von Haber im Frühjahr 1916 geführten Vorgespräche mit dem Kriegsminister und auf die militärische Situation der Mittelmächte zurückführen lassen. Technik und Naturwissenschaft gewannen immer größe- re Bedeutung für die weiteren Kriegsanstrengungen.

Wegen der totalen Umgestaltung des Kriegsministeriums im Sommer 1916 verzögerten sich je- doch die Besprechungen der Satzung bis Ende Oktober. Wider Erwarten minimal waren die Änderungen der Militärs: Der ursprünglich vorgeschlagene Name wurde in Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft geändert, da auch die Marine Nutzen aus der Stif- tung ziehen sollte. Als Abkürzung des umständlichen Namens bürgerte sich KWKW ein. Das Kuratorium wurde um drei Offiziere erweitert, weshalb Haber und Schmidt-Ott ihrerseits dar- auf bestanden, daß auch der Kaiser ein Mitglied seiner Wahl in das Kuratorium entsandte. Sie hofften, mit Valentini, dem Chef des Zivilkabinetts, als zusätzlichem Delegierten des Kaisers ein ausreichendes Gegengewicht zur numerischen Uberzahl der Militärs zu besitzen''^. Die wei- teren Änderungen betrafen die Geheimhaltungspflicht der Mitglieder und regelten die Abstim- mungen (Entscheidungen durch einfache Stimmenmehrheit). Außerdem wurde in der Satzung festgeschrieben, daß die Verwaltung die rechtliche und wirtschaftliche Vertretung der Stif- tung nach außen übernehme, während das Kuratorium nur repräsentative Aufgaben zu erfüllen habe (Dok. 5). Nach einer Abschlußbesprechung zwischen Kultusministerium, Akademie, KWG, Koppel- Stiftung und Kriegsministerium am 28. Oktober 1916 und einer anschließenden Schlußredak- tion des Satzungsentwurfs durch die Akademie richtete Koppel am 13. November 1916 ein

81 Gesuch um Errichtung der Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft an den neuen Kriegsminister, Hermann v. Stein. Dem Schreiben war die überarbeitete Stiftungssat- zung beigefügt (Dok. 5). Nur sieben Tage später leitete das Kriegsministerium das Gesuch an den Kaiser weiter, der am 17. Dezember 1916 der Stiftung seine Genehmigung erteilte'*'. Im Januar 1917 zeichneten Kriegs- und Kultusminister die landesherrliche Genehmigung gegen. Dieser Akt mußte im Spätsommer d. J. mit Datum vom 24. Januar 1917 wiederholt werden, da auch das Reichsamt des Innern und das Justizministerium auf Gegenzeichnung bestanden. Schon bevor diese bürokratischen Hürden genommen waren, hatte die Berliner Akademie ihre Mitarbeit an der Stiftung signalisiert, Ihr Sekretär, der Altphilologe Prof. Hermann Diels, wurde zum Vorstand der Verwaltung gewählt; die Geschäftsstelle der KWKW in den Räumen der Akademie »Unter den Linden 38« errichtet'*^. Auch die wissenschaftlichen Kuratoriums- mitglieder der Stiftung, also die Vorsitzenden der Fachausschüsse, wurden von der Akademie gewählt, bedurften aber der Bestätigung durch den Kaiser. Entsprechend dem ursprünglich vorgesehenen Namen »Kaiser Wilhelm Stiftung für Naturwissenschaft und Technik im Heere« bestand die Stiftung aus jeweils drei naturwissenschaftlichen und drei technischen Fachaus- schüssen. Die naturwissenschaftlichen Ausschüsse leiteten Emil Fischer (für chemische Roh- stoffe der Munitionserzeugung und für die Betriebsstoffe), Fritz Haber (für chemische Kampf- stoffe, also für Pulver, Sprengstoff, Gaskampfstoff und dergl.) sowie Walther Nernst (für Physik, umfassend Ballistik, Telephonie, Telegraphie, Ziel- und Entfernungsbestimmung, Meßwesen u. dgl.), während den drei technischen Senaten Alois Riedler (für maschinelle und verkehrs- technische Hilfsmittel der Kriegführung), Heinrich Müller-Breslau (für Luftfahrt) und Fritz Wüst (für Metallgewinnung und Metallbearbeitung) vorstanden (Dok. 6). Bei der Besetzung der Fachgruppe für Luftfahrt hatte sich die Akademie sehr schwergetan, sie wählte schließlich ihr Mitglied Müller-Breslau, der durch sein Buch »Theorie und Berech- nung der Eisernen Bogenbrücken« (1880) bekannt und durch Entwürfe zur Fundierung und der Hauptkonstruktion des Berliner Doms zu Rühm gelangt war, der aber nicht unbedingt Verdienste um die Luftfahrtforschung vorweisen konnte. Auch sonst war die Stiftung nicht ganz uneigennützig. Der stellvertretende Geschäftsführer, Major Klotz, war der Schwieger- sohn Koppels, und der Fachausschußvorsitzende Riedler warb über die KWKW unverhoh- len für seine Verbrennungsturbinen und ließ dabei die gewünschte Objektivität des Wissen- schaftlers vermissen'". Die Auswahl der Senatsvorsitzenden und die daraus resultierende einseitige Zusammenset- zung der Fachgruppen benachteiligte vor allem die nicht in Berlin angebundenen wissen- schaftlichen »Schulen«. Dies dürfte mit ein Grund dafür gewesen sein, daß sich Anfang Februar 1917 die Professoren Richard Zsigmondy (anorganische Chemie, Göttingen), Friedrich Krü- ger (Physik, früher physikalische Chemie, Danzig) und Max Bodenstein (physikalische und Elektrochemie, Hannover) mit einem eigenen Aufruf an ihre Fachkollegen wandten. In Zusam- menarbeit mit dem fast siebzigjährigen Chemiker und Nobelpreisträger Otto Wallach woll- ten sie zur Lösung der bei Heer und Industrie anfallenden kriegstechnischen Probleme eine »akademische« Vermittlungsstelle für technisch-wissenschaftliche Untersuchungen schaffen, die »die Aufgaben von Heeresverwaltung und Industrie entgegennimmt, um sie den einzel- nen [Hochschul-] Instituten zur Bearbeitung zu übermitteln« (Dok. 8), um damit gleichzei- tig die Möglichkeiten des vaterländischen Hilfsdienstgesetztes hinsichtlich der »uk-Stellung« von Mitarbeitern auszunutzen. Trotz oder gerade wegen einer Absprache mit den Fachgruppenvorsitzenden der KWKW Fischer, Nernst und Haber war eine temporäre Paiallelorganisation zur Kaiser Wilhelm Stif- tung für kriegstechnische Wissenschaft entstanden, deren Existenzberechtigung wohl darin

82 bestand, daß sich die KWKW nicht explizit um Probleme der (Rüstungs-) Industrie küm- merte, sondern ihre Aufgaben allein vom Kriegsministerium und deren nachgeordneten Dienst- stellen entgegennahm. Deshalb wollten Zsigmondy, Krüger und Bodenstein in Zusammenarbeit mit dem im September 1916 gegründeten Deutschen Verband technisch-wissenschaftlicher Vereine (DVT)'*' eine Vermittlungsstelle schaffen, »welche zwischen der Technik, insbesonde- re den mit Versuchseinrichtungen weniger versehenen mittleren und kleineren Werken, und den Instituten vermitteln soll« (Dok. 8). Von wem letalich die Initiative zur Errichtung der Vermittlungsstelle für technisch-wissenschaftliche Untersuchungen ausging, ob von den Hoch- schullehrern oder vom Vorstand des DVT, der 1917 beschloß, »in seiner Geschäftsstelle eine Einrichtung zu schaffen, welche für die Ausführung von wissenschaftlich technischen Untersu- chungen zwischen der Technik und den wissenschaftlichen Instituten der Universitäten und Technischen Hochschulen vermitteln soll«'", ist nicht mehr feststellbar. Der Aufsatz Wäsers »Uber die Schaffung einer Zentralstelle für technische und wissenschaftliche Forschung« vom 3. Juni 1916 kann ebenso eine Rolle gespielt haben wie die Initiative von 36 britischen Hoch- schullehrern und Wissenschaftlern, die im Februar 1916 ein Memorandum veröffentlichten, das im Mai 1916 zur Errichtung des Neglect of Science Committee unter Vorsitz des berühmten Physikers Lord John William Rayleigh führte. Dieses Committee agierte — ähnlich wie die »Vermittlungsstelle« — vornehmlich mit Entschließungen und Konferenzen®'. Über die Leistungen der »Vermittlungsstelle« ist so gut wie nichts bekannt, obwohl sich ihr bis Herbst 1917 ungefähr 150 Hochschullehrer zur Verfügung stellten. Die Anzahl ihrer wis- senschaftlichen Mitarbeiter war erheblich höher als die bei der KWKW (Dok. 7). Kriegsbe- dingt erwähnten die Fachzeitschriften nur zwei vom DVT für das Reichsschatzamt erstellte Gutachten, »und zwar einmal über die Besteuerung der Energie, das heißt der Kohlen, des Gases und der Elektrizität und seiner Nebenerzeugnisse, zum andern über die Berechnung der Pferdestärken für die Kraftwagensteuer«". Weitere von der »Vermittlungsstelle für tech- nisch-wissenschaftliche Untersuchungen« vermittelten Arbeiten lassen sich nicht nachwei- sen". Etwas günstiger ist dagegen die Situation bei der KWKW.

3. Kriegsarbeit der KWKW

Über die während des Ersten Weltkriegs vollbrachten Leistungen der KWKW zu berichten, ist nahezu unmöghch, da sowohl die Bestände des Heeresarchivs in Potsdam im Zweiten Welt- krieg zerstört wurden als auch das Archiv der KWKW nicht überiiefert ist. Nur ein rudi- mentäres Bild der Kriegsarbeit der KWKW läßt sich aus den noch vorhandenen Quellen erschließen, zumal ein geplanter Tätigkeitsbericht, dessen Redaktion in den Händen des Che- mikers Alfred Stock lag, vor Kriegsende offensichtlich nicht mehr gedruckt wurde®"*. Über die einzelnen Senate, ihre Mitarbeiter und ihre Tätigkeit sind zu berichten: Soweit es die Unterlagen überliefern, hat kein Wissenschaftler seine Berufung in einen Fach- ausschuß abgelehnt, obwohl die Arbeit ehrenamtlich war und den einzelnen Fachausschüs- sen jährlich jeweils nur 7 500 M zur Verfügung standen. (Praktische Versuche sollten mit Mitteln des Heeres durchgeführt werden.) Eine Mitarbeit in der KWKW bot andere Vorteile, bei- spielsweise die uk-Stellung von Mitarbeitern®®. Die in der Satzung verankerte Organisationsform der Stiftung konnte sich in der Praxis nicht recht durchsetzen. Obwohl die »Verwaltung« die Rechtsgeschäfte der KWKW organisieren sollte, übernahm der Kriegsminister als Vorsitzender des Kuratoriums diese Aufgabe. Um ihre Selbständigkeit gegenüber den Militärs zu wahren, bildete sich aber eine in der Satzung

83 nich: vorgesehene Versammlung der Ausschußvorsitzenden. Auch gegenüber Versuchen der Industrie, ihre Mitarbeiter in einzelne Senate berufen zu lassen, mußten sich die Fachaus- schuß-Vorsitzenden erwehren''. Die eigentliche Forschungsarbeit des KWKW lief im Frühjahr 1917 an. Heer und Marine leiteten zunächst über das Kriegsministerium Listen mit zu bearbeitenden Themen an die einzelnen Fachausschüsse, die intern deren Bearbeitung regelten; später wandten sich auch nachgeordnete Militärdienststellen an ihnen bekannte Fachausschußvorsitzende, ohne daß auf deren sachliche Zuständigkeit geachtet wurde. Dies und Hinweise, daß die Berichte der KWKW direkt an den Kriegsminister zu leiten seien, lassen auf hohe »Reibungsverluste« und eine Desorganisation der deutschen Rüstungsanstrengungen im Bereich Forschung und Ent- wicklung schließen. Dies traf wohl auch auf die Koordination der militärisch-technischen Anstrengungen der einzelnen Bundesstaaten des Deutschen Reichs zu. Während die Senats- vorsitzenden der KWKW ihre Kollegen im gesamten Deutschen Reich um Mitarbeit baten, unterrichtete das preußische Kriegsministerium erst Ende März 1917 die Kriegsministerien der anderen Länder, obwohl schon am 16. März 1917 im preußischen Armee-Verordnungs- blatt die Errichtung der KWKW bekannt gegeben worden war. Noch früher — nämlich im Januar/Februar 1917 — hatte das Kriegsministerium über die Rektorate der einzelnen Uni- versitäten und Technischen Hochschulen im gesamten Deutschen Reich die Ordinarien der in Frage kommenden naturwissenschaftlichen und technischen Lehrstühle informiert'^. Spektakuläre Erfolge scheinen die an der KWKW beteiligten Forscher bis Kriegsende Jedoch nicht erzielt zu haben. Bürokratische Hemmnisse mögen dafür mitverantwortlich gewesen sein, so mußten Bestimmungen über die patentrechtliche Verwertung von Erfindungen der Mitglieder der KWKW und »Gesichtspunkte für die Behandlung geheimer Sachen« erlassen werden. Andererseits dürfte — wie du Bois-Reymond schon 1916 vermutet hatte — die Zeit- spanne bis Kriegsende zu kurz gewesen sein, um Erfindungen und Neuerungen technisch zu realisieren. Einige Arbeiten, die unter dem Namen der Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegs- technische Wissenschaft veröffentlicht wurden, hier seien Stephan Löfflers und Alois Ried- lers Denkschrift »Verbrennungsturbine und Brennstoffwirtschaft« sowie Franz Fischers »Bericht über den wissenschaftlichen und technischen Stand der Gewinnung von Tieftem- peraturteer aus Steinkohle« erwähnt, waren keine grundsätzlich neuen, von der KWKW ini- tiierten Arbeiten, sondern wurden nur bei dieser zusätzlich eingereicht''. Einen Überblick über die bei den ersten Berufungsvorschlägen genannten Arbeitsthemen gibt Dokument 7. Detailforschungen müssen noch zeigen, welche Inventionen oder Innovationen der folgen- den Jahre ihren Ursprung in diesen Kriegsarbeiten der KWKW hatten". Hinsichtlich des Gaskampf- und Gasschutzwesens waren dem preußischen Kriegsministeri- um die Arbeiten der KWKW nicht ausreichend, vielmehr wünschte es die Errichtung einer dauerhaften Einrichtung mit eigenen Labors, um eine Forschungskontinuität auch nach Kriegs- ende zu gewährleisten, und »damit die bestehende Überlegenheit unserer Ausrüstung nicht verloren geht.« Wahrscheinlich angeregt von Haber, dessen Kaiser-Wilhelm-Institut für phy- sikalische Chemie und Elektrochemie während des Krieges die gewünschten Aufgaben wahr- nahm, der aber sein Institut wieder in eine unabhängige Grundlagenforschungseinrichtung zurückverwandelt wissen wollte, wandte sich das Kriegsministerium Anfang 1917 mit einer entsprechenden Anfrage an das Kultusministerium (Dok. 9). Um seine Meinung gebeten, schlug Haber die Errichtung eines neuen »Kaiser Wilhelm Instituts für angewandte physikalische und Biochemie« vor. Er sah das »Institut nicht zur Lösung der militärischen Aufgaben, son- dern zur Bearbeitung ihrer naturwissenschaftlichen Grundlagen als eine Forschungsstelle ange- wandter Wissenschaft« an, weshalb eine militärische Institutsleitung zu vermeiden sei; viel-

84 mehr falle das neue Institut — mangels Lehiaufgaben — in die Zuständigkeit der KWG. Haber glaubte, daß »aus der Tätigkeit des neuen Instituts Wissenschaft und Friedensindustrie nicht weniger gewinnen werden als die Landesverteidigung, die den Anstoß gibt«. Diese Pläne lie- ßen sich bis Kriegsende nicht mehr realisieren, weshalb das Habersche Institut auch nach Kriegsende nicht nur reine Grundlagenforschung betreiben sollte'".

4. Nachkriegsentwicklung bis zur Auflösung der Stiftung 1925

Entsprechend den ursprünglichen Absichten der Gründer sollte die Stiftung auch nach Kriegs- ende weitergeführt werden. Obwohl sich die Fachausschuß-Vorsitzenden schon Anfang 1918 Gedanken über die zukünftigen, militärischen Aufgaben der KWKW in einer Übergangs- und Friedenswirtschaft gemacht hatten, schliefen die Aktivitäten der Stiftung nach Kriegs- ende zunächst ein. Emil Fischer war im Januar 1919 der Ansicht: »Die Kriegsarbeiten haben natürlich jetzt keinen Sinn mehr, und die KWKW tut am besten, möglichst bald zu verschwin- den.«'' Im Gegensatz dazu gelang es Haber, der weiterhin an Fragen von Naturwissenschaft, Technik und Krieg interessiert war, die Stiftung wieder zu neuem Leben zu erwecken. Schon im Mai 1919 besprach er mit Schmidt-Ott die Frage, »welche Rolle die Kaiser Wilhelm Stif- tung für kriegstechnische Wissenschaften (!) in den nächsten Dezennien zu spielen berufen ist.« Angeregt dazu hatte ihn wiederum eine britische Veröffentlichung, die Anniversary Adress des Präsidenten der Royal Society of London, des Physikers Sir Joseph John Thompson, vom 30. November 1918. Haber gelang es, durch eine Passage in dem von ihm verfaßten Tätig- keitsbericht des Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Chemie und Elektrochemie Kop- pel weiterhin für seine Stiftung zu interessieren'^. Nach eingehenden Diskussionen wandte sich Koppel am S.Januar 1920 an das Reichswehrministerium, um dessen Zustimmung zu einer umfassenden Änderung von Zweck und Organisation der KWKW zu erhalten. Da das deutsche Militär durch den Versailler Friedensvertrag erheblichen Beschränkungen unterlag, sollten die bisherigen Beziehungen zu diesem Ministerium gelöst und die Stiftung an die Preu- ßische Akademie der Wissenschaften angegliedert werden. Die Satzung war so umzugestal- ten, »daß als Aufgabe der Stiftung künftig die Förderung des öffentlichen Wohles durch das Zusammenwirken der besten wissenschaftlichen Kräfte des Landes mit der Reichsregierung bezeichnet wird«. Natürlich sollte die bisher geleistete Kriegsarbeit nun »für die Zwecke des Friedens« genützt werden (Dok. 10). Schon am 19. Januar 1920 erklärte sich Reichswehrminister Gustav Noske mit den beabsich- tigten Änderungen einverstanden, dankte für die bisherige Arbeit und stellte eine zukünftige Unterstützung durch das Heereswaffenamt in Aussicht. Auch die Berliner Akademie erklär- te sich mit der beabsichtigten Umwandlung der Stiftung »in ein Institut zur Förderung des öffentlichen Wohles durch das Zusammenwirken der besten wissenschaftlichen Kräfte« und dem Plan, »die Stiftung an die Akademie der Wissenschaften direkt anzuschließen«, einver- standen. Sie beauftragte »die Herren Diels, Haber, Seckel und Nernst, Hrn. Koppel bei der Aufstellung des neuen Statuts zu unterstützen«. Nachträglich nominierte sie noch Prof. Müller- Breslau als Kommissionsmitglied. In weniger als zwei Monaten wurde die alte Satzung im Hinblick auf die Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages überarbeitet — den Platz des preußischen Kriegsministeriums nahm nun das Reichsministerium des Innern ein — und am 9. März 1920 unterzeichneten die ursprünglichen Hauptinitiatoren der Stiftung — Haber, Schmidt-Ott und Koppel — deren neues Statut. Die Stiftung änderte ihren Namen in Kaiser Wilhelm-Stiftung für technische Wissenschaft, abgekürzt KWTW. Laut Paragraph 1 bezweckte

85 sie nun »vaterländische Aufgaben technisch-wissenschaftlicher Art in Zusammenhang mit den Verwaltungsstellen der Reichs- und Landesregierung zu bearbeiten.« Dafür wurde der organisatorische Aufbau vereinfacht, und die sechs Fachausschüsse erhielten neue Namen. Der Ausschuß für chemische Rohstoffe der Munitionserzeugung und für die Betriebsstoffe hieß nun Ausschuß für organische und Biochemie, derjenige für chemische Kampfstoffe nun für physikalische und anorganische Chemie, der Fachausschuß für Physik behielt seinen Namen, jedoch ohne die frühere Erklärung »umfassend Ballistik, Telephonie, Entfernungs- bestimmung etc.« Der Ausschuß für maschinelle und verkehrstechnische Hilfsmittel der Krieg- führung wurde auf den Maschinenbau beschränkt, ehrend derjenige für Luftfahrt erweitert wurde zu einem Ausschuß für Verkehrswesen. Den Ausschuß für Metallgewinnung und Metall- bearbeitung nannte man nun zusammenfassend Ausschuß für Metallurgie. Außerdem erhielt die Akademie in der neuen Satzung weitergehende Rechte eingeräumt, sie konnte nun auch die Mitglieder der einzelnen Fachausschüsse vorschlagen. Eine formelle Anbindung an die Akademie wurde jedoch nicht vollzogen". Entsprechend den mehr demokratischen Gepflo- genheiten dieser Jahre wurden nicht die im Spätsommer 1921 intern vorgesehenen Fachaus- schuß-Vorsitzenden gewählt, sondern die Berliner Akademie wählte im Sommer 1922 eigene Kandidaten, nämlich: Fachausschuß für organische und Biochemie: Wilhelm Schlenk; Fachausschuß für physikalische und anorganische Chemie: Wakher Nernst; Fachausschuß, für Maschinenbau: Walter Reichel; Fachausschuß für Verkehrswesen: Gustav Kemmann. Der für die Leitung des Fachausschusses Physik vorgesehene Heinrich Rubens verstarb noch vor seiner Berufung, während die Akademie über die Leitung des Ausschusses für Metallur- gie keine Entscheidung fällte, da sie die Wiederbesetzung der Direktorenstelle am Kaiser- Wilhelm-Institut für Eisenforschung, Düsseldorf, abwarten wollte, dessen ehemaliger Stellen- inhaber Fritz Wüst die entsprechende Fachgruppe der KWKW geleitet hatte^"*. Das Hauptproblem der Nachkriegszeit war jedoch die Sicherung der Finanzen. Das Vermö- gen war in der Inflationszeit viel zu lange in B^iegsanleihen festgelegt und hatte nach der Währungsstabilisierung nur noch den Wert von einigen tausend RM. Zwar war in der neuen Satzung von 1920 schon vorgesehen, Zuschüsse beim Reich und den Ländern zu beantragen, aber es wurden offensichtlich keine staatlichen Zuschüsse gewährt. Aufgrund der äußerst gerin- gen finanziellen Mittel konzentrierten sich die Stiftungsaktivitäten während der Inflations- zeit nur auf das Segelflugwesen. Beim Rhön-Segelflugwettbewerb am 22. August 1923 setzte die Stiftung als Siegpreis ein Bond Compagnie Hispano-Americano de Electricidad im Wert von einigen hundert Goldmark aus. Weil jegliche Betriebsmittel fehlten, beschlossen die Mit- glieder des Kuratoriums der Kaiser Wilhelm-Stiftung für technische Wissenschaft im Jahr 1925, das Restvermögen der Stiftung in Höhe von 1224 RM dem Direktor des Aerodynami- schen Instituts der RWTH Aachen, Prof. Theodor von Karman^®, für Versuche am fliegen- den Flugzeug zu schenken^'. Mit der Auflösung der Kaiser Wilhelm-Stiftung für technische Wissenschaft war in Deutsch- land erneut der Versuch der vollwertigen akademischen Etablierung der Technikwissenschaften gescheitert. Erst im Dritten Reich, 1935, wurde von Hermann Göring eine technische Aka- demie errichtet, die ebenfalls keine zehn Jahre Bestand haben sollte: die Deutsche Akademie der Luftfahrtforschung. Trotz ihres Scheiterns ist die Gründung der KWKW nicht ohne Fol- gen geblieben, denn die Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft kann für sich beanspruchen, von der Organisationsstruktur her zu den Vorläufern der heutigen Deut- schen Forschungsgemeinschaft zu zählen. Die sechs Fachausschüsse der KWKW stellen eine

86 Vorform der späteren Selbstverwaltungskörperschaft der DFG dar. "Weitere Vorbilder für die 1920 von Haber und Schmidt-Ott begründete Notgemeinschaft der Wissenschaft waren das 1914 begründete KWI für physikalische Chemie und die schon 1902 gegründete Carnegie Institution mit ihren 18 Fachausschüssen^^. Außerdem hat die KWKW — nach dem Zeugnis von Schmidt-Ott — die schon älteren Pläne zur Gründung eines Eisenforschungsinstituts katalytisch beeinflußt. Die Beschwerde des Aus- schuß-Vorsitzenden für Metallgewinnung und Metallbearbeitung, Prof. Fritz Wüst, daß sein Aachener Institut nicht für die Aufgaben der Stiftung ausreiche, führte noch 1917 zur Grün> dung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Eisenforschung in Düsseldorf^®. Trotz ihres nur kurzen Bestehens hat die Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wis- senschaft das Verhältnis des Militärs zur Wissenschaft verändert. Zwar fehlen — durch kriegs- bedingte Verluste — Unterlagen über das Verhältnis des preußischen Kriegsministeriums zur Arbeit der KWKW, aber die vom Militär angeregte Errichtung eines »Kaiser-Wilhelm-Insti- tuts für angewandte physikalische und Biochemie« im Rahmen der Kaiser-Wilhelm-Gesell- schaft und in der Zuständigkeit des Kultusministeriums (Dok. 9) läßt deutlich eine geänderte Einstellung gegenüber der Vorkriegszeit erkennen. Das Militär war bereit, Grundlagenfor- schung im Hinblick auf kriegstechnische Fragen zu finanzieren, ohne sich direkten Einfluß — beispielsweise durch eine militärische Institutsleitung — zu sichern. Durch den Ausgang des Krieges und durch den Währungsverfall in der Nachkriegsinflation konnte das Projekt eines »KWI für angewandte physikalische und Biochemie« nicht mehr realisiert werden, aber das Militär hatte die Nützlichkeit wissenschaftlicher Forschung für die Rüstungsentwick- lung erkannt. Zur Errichtung eigenständiger Institute — wie im Krieg geplant — kam es in der Weimarer Repubhk nicht, wohl aber zur verdeckten Finanzierung von Forschungsauf- trägen an Kaiser-Wilhelm-Instituten, Hochschulen und anderen Einrichtungen durch das Heereswaffenamt''. Weitergehende Forschungen zum Verhältnis Wissenschaft und Militär in der Weimarer Republik sind wünschenswert, auch wenn die Quellenlage auf den ersten Blick als ungünstig bezeichnet werden muß.

87 1. Handschreiben Prof. Karl Schaum vom Physikalisch-Chemischen Institut der Universi- tät Gießen an den Präsidenten der KWG, Adolf v. Harnack, vom 28. November 1916 Archiv zur Geschichte der MPG, Berlin, IA 1-642

Hochverehrte Exzellenz!

Während meiner siebenmonatlichen Kriegsfreiwilligentätigkeit bei der Prüfanstalt und Werft der Fliegertruppen ist in mir der Gedanke lebendig geworden, daß es im Interesse unserer Vaterlandsverteidigung dringend wünschenswert wäre, die zahlreichen unausgenutzten gei- stigen Arbeitskräfte und die vielen zur Zeit fast unbenutzten glänzenden Hilfsmittel an unseren Hochschulen in den Dienst des Heeres und der Marine zu stellen, um denjenigen militäri- schen Abteilungen wissenschaftlich-technischen Charakters, die nicht in wünschenswertem Maße über fachkundige Mitarbeiter, geeignete Räume, Apparate, Bibliotheken und anderes verfügen, zur Erreichung der größtmöglichen Leistungsfähigkeit zu verhelfen. Eine Unterre- dung, die ich im Januar mit einem dem Kriegsministerium angehörenden Offiziere hatte, zeigte mir die damals vorliegenden großen Schwierigkeiten einer derartigen Organisation; doch glaube ich, daß gegenwärtig im Hinblick auf die bevorstehende Einführung der Zivil- dienstpflicht ein großer Teil der Hemmungen geschwunden sein dürfte. Wenn ich angesichts der bewundernswerten Leistungen auf militärisch-technischen Gebie- ten überhaupt die Möglichkeit ins Auge fasse, die Leistungsfähigkeit einzelner Abteilungen zu steigern, so muß ich zu meiner Rechtfertigung betonen, daß nicht alle Disziplinen eine so glückliche Organisation erfahren konnten, wie beispielsweise die Chemie. Die zuständi- gen militärischen Behörden waren oft bei der Einrichtung und Ausgestaltung gewisser Abtei- lungen darauf angewiesen, ihnen bekannt gewordene, bereits dem Heere angehörende und nicht kriegsverwendungsfähige Fachmänner heranzuziehen. Der durch diese Einschränkun- gen bedingte Mangel an Vertretern der verschiedensten, für die Arbeiten einer bestimmten Abteilung in Frage kommenden Fächer hat die bedauerliche Folge, daß die mit der Bearbei- tung wichtiger Aufgaben beauftragten Personen sich oft erst mühsam unter großen Zeit- und mitunter auch Materialverlusten in die ihnen nicht vertraute Materie einarbeiten müssen, um womöglich noch zu der Erkenntnis zu kommen, daß sie dem gestellten Problem nicht gewach- sen sind. Eine Heranziehung von Fachleuten aus nichtmilitärischen Kreisen zu Besprechun- gen oder Versuchen findet bisher in viel zu geringem Umfang statt, teils weil den betreffen- den militärischen Stellen die besten Kenner des Gebietes nicht bekannt sind, teils weil sie Bedenken tragen, Zivilpersonen in militärisch wichtige Fragen einzuweihen. So kommt es, daß hochwichtige Probleme unserer Vaterlandsverteidigung gerade den Männern unbekannt bleiben, deren Fachkenntnisse die besten Aussichten für eine erfolgreiche Bearbeitung des Problems gewährleisten und die sich, wie alle Hochschullehrer, in dieser Zeit fast völliger akademischer Ruhe nach einer die Kräfte anspannenden vaterländischen Arbeit sehnen. Aus ähnlichen Gründen haben die Militärbehörden meist auch auf die Inanspruchnahme von Hochschulinstituten verzichtet; infolgedessen sind viele technische Abteilungen in wenig geeigneten Räumen untei^ebracht worden, wobei sie entweder zahlreiche kostspielige Hilfs- mittel wie Meßinstrumente, Werkstatteinrichtungen, Bücher, Zeitschriften und anderes anschaf- fen, vielfach aber sich dabei unter weiterer Verminderung der Leistungsfähigkeit einer star- ken Beschränkung unterwerfen mußten, während in den zur Zeit fast leer stehenden Hoch- schulinstituten die glänzendsten Mittel nur wenig benutzt werden.

Es scheint mir demnach eine großzügige Organisation der Arbeitskräfte und Hilfsmittel aus den akademischen Kreisen heraus erfolgen zu müssen; eine Persönlichkeit, die das uneinge- schränkte Vertrauen aller in Frage kommenden Kreise genießt und ein Meister der Organisa- tion ist, müßte sie durchführen oder wenigstens einleiten; die Vorstände der Kaiser-Wil- helm-Institute, die Präsidenten der Physikalisch-technischen Reichsanstalt, des Königlichen Materialprüfungsamtes und sonstige hervorragende Vertreter der naturwissenschaftlich-tech- nischen Disziplinen müßten zu einer akademischen Vermittlungsstelle^® zusammentreten, die nach erfolgtem Einvernehmen mit den zuständigen militärischen Stellen sich den wissen- schaftlich-technischen Abteilungen des Heeres und der Marine für alle Auskünfte, für die Veranlassung von literarischen und experimentellen Studien, für die Beschaffung von Arbeits- und Unterrichtskräften zur Verfügung stellt. Die militärischen Abteilungen der äußeren und der inneren Front ihrerseits müßten veran- laßt werden, über ihre Tätigkeit an die akademische Vermittlungsstelle zu berichten, etwa in der Weise, wie sie es an die vorgesetzten Inspektionen oder dergleichen zu tun verpflichtet sind. Das zu erreichen wird allerdings nicht ganz leicht sein, weil die Abteilungsleiter ihren Stolz darin suchen, die Lösung der gestellten Aufgaben in ihren eigenen Abteilungen durch- zuführen; das Interesse des Vaterlandes muß aber jetzt wahrlich höher stehen, als jeder an und für sich noch so berechtigte Ehrgeiz. Die gleichen Schwierigkeiten werden sich bei der Durchführung einer weiteren Aufgabe der Ver- mittelungsstelle ergeben: bei der Anregung eines innigen Gedankenaustausches zwischen den Abteilungen im Innern und den entsprechenden Gruppen an der Front, und bei der Anregung zu einer ständigen Fühlungsnahme zwischen verwandten Abteilungen des Heeres und der Mari- ne. An Beidem fehlt es leider noch erheblich; die an der Front sich ergebenden Erfahrungen und Bedürfnisse werden daher den Zentralabteilungen im Innern nicht in genügendem Umfang be- kannt; ebenso bleiben wertvolle Versuchsergebnisse, die an einer Stelle gewonnen worden sind, anderen lebhaft daran interessierten Gruppen verborgen, die dann noch lange Zeit weitere Ver- suche über das bereits gelöste Problem anstellen. Die Vermittelungsstelle könnte durch Veran- staltung von Zusammenkünften der Abteilungsleiter und der an der Front tätigen Gruppenführer unter Heranziehung nichtmilitärischer Sachverständiger diesen bedauerlichen Mängeln abhelfen. Ich bin der festen Überzeugung, daß überaus einschneidende Probleme, wie zum Beispiel die Fliegerabwehr, die Ermittelung feindlicher Batteriestellungen auf optischem oder akustischem Wege, durch eine solche Mobilisierung der geistigen Kräfte ungemein gefördert würden. Es dürfte auch vielleicht nicht überflüssig sein, der Vermittelungsstelle die zahlreichen bis- her unverwendeten Vorschläge, die aus weitesten Kreisen über mancherlei militärisch-techni- sche Fragen eingegangen sind, zu unterbreiten. Möglicherweise gewinnen einzelne Fachmän- ner selbst aus anscheinend unbrauchbaren Vorschlägen doch eine nützliche Anregung. Da ich persönlich keine Erfahrung auf organisatorischem Gebiete habe und mich meinen Gedanken gegenüber nicht als sachlicher Kritiker fühle, wage ich es. Eurer Exzellenz die ganz ergebene Bitte zu unterbreiten, meinen Plan einer scharfen Beurteilung unterziehen und, wenn er nicht ganz zweck- und aussichtslos erscheint, mir einen gütigen Rat für seine Behandlung erteilen zu wollen. Warum ich gerade Eure Exzellenz mit meinen Ideen behellige, wird mein hochverehrter Kollege, Herr Geheimrat Krüger'^ besser sagen, als es einem so wenig gewand- ten Schriftsteller wie mir möglich ist. Ich bitte Eure Exzellenz noch, meine anspruchsvolle Bitte meinem brennenden Wunsch, in dieser Zeit nicht[s] zu unterlassen, was dem Vaterland vielleicht nützen könnte, zu gute halten zu wollen. Mit dem Ausdruck aufrichtigen Dankes bin ich Eurer Exzellenz hochachtungsvoll ergebener Karl Schaum.

89 2. Handschriftlicher Brief Fritz Haber an Ministerialdirektor Friedrich Schmidt-Ott, Kul- tusministerium, vom 2. April 1916

Tentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 92, Nachlaß Schmidt-Ott, BXIII, 4 p. 33—35v.

Hochverehrter Herr Direktor! Eben hier angelangt bitte ich, Ihnen in der Sache der Ehren- und Geldpreise einiges berich- ten zu dürfen. Was zunächst Ihren Herrn Vetter^^ anlangt, so hat er die Angelegenheit mir mitgeteilt, weil er der Überzeugung ist, sie Ihnen voi^etragen zu haben, worauf Sie ihm erwie- dert hätten, Sie wollten sie mit mir besprechen. Er hat aber danach nicht mehr davon gehört. Es ist sein Wunsch, von ungenannten und ungenannt bleiben wollenden Leuten 1/4 Million Mark zusammenzubringen, damit Personen, die um die Kriegführung ein wissenschaftliches oder technisches Verdienst erworben haben und »es brauchen können«, Belohnungen erhal- ten. Seine Idee war, daß ich als »Kaiser Wilhelm Institut« diese Verteilung übernähme. Den Gedanken habe ich aufJerordentlich schön gefunden, wenn auch meine persönliche Beteili- gung an der Ausführung im Interesse der Sache schlechterdings nur eine untergeordnete sein kann. Ich habe vermutet, daß Ihre angenommene Zurückhaltung auf einem Missverständnis Ihres Herrn Vetters beruhte, was Sie selbst telephonisch bestätigt haben. In Verfolg unserer telephonischen Unterhaltung habe ich mit Minister Wild^' gesprochen, der [sich] bei wohl- wollender Aufnahme doch naturgemäß eine Entscheidung vorbehalten hat, bis er von Ihnen näheres brieflich höre. Die Anregung Ihres Herrn Vetters bez. des Kaiser Wilhelm Instituts habe ich sinngemäß als einen Hinweis auf die Kaiser Wilhelm Gesellschaft verstehen zu sol- len geglaubt, welche nach Ihrer Konstruction allein in der Lage und berufen ist, eine solche Spende entgegenzunehmen und mit der erforderlichen Autorität zu vergeben, wenn über- haupt eine andere Stelle als der Kaiser oder der Kultusminister in Frage kommen. Eine [dies]bezügliche Darlegung Ihrem Herrn Vetter gegenüber habe ich aber unterdrückt, da ich den Eindruck meiner Bereitwilligkeit der Sache zu dienen nicht abschwächen wollte. Von Ihrer telephonischen Erlaubnis, mit Excellenz v. Valentini'"'^ über den Gegenstand zu reden, habe ich bei reiflicherer Erwägung keinen Gebrauch machen zu sollen geglaubt. Zum Gegenstand selbst erscheint mir Ihr Gedanke, eine Medaille mit der Verleihung des Geldpreises zu vergeben, von entscheidender Wichtigkeit. Von Künstlerhand in Eisen geprägt, stelle ich sie mir als eine überaus reizvolle und hochgewertete Auszeichnung vor, von der ich vermute, daß sie an maßgeblicher Stelle um so lieber gesehen werden wird, als die Beloh- nung durch das eiserne Kreuz für Verdienste, die nicht mit der Waffe errungen sind, sehr sparsam verteilt werden soll. Wenn ich noch einige Worte über die Schwierigkeiten, die mir beim Durchdenken begegnet sind, zufügen darf, so wäre folgendes zu sagen: 1.) Preiswürdig erscheint nur hervorragendes Verdienst wissenschaftlicher oder technischer Natur umHilfsmittel der Kriegführung, welche sich tatsächlich als wichtig erwiesen haben. 2.) Infolgedessen kommt es ebensosehr auf die wissenschaftliche und technische Beurteilung der erfinderischen Leistung wie auf die Kenntnis des mit ihrer Hilfe im Kriege Erreichten an. Im allgemeinen wird letzteres nur von der Heeresverwaltung, ersteres nur von dem Kultusminister'^ beurteilt werden können. 3.) Das preiswürdige Verdienst kann ebensowohl bei Heeresangehörigen wie bei Zivilperso- nen vorhanden sein. Dabei müssen neben den sachlichen Punkten auch die persönlichen Ver- hältnisse des Auszuzeichnenden berücksichtigt werden, insbesondere auch, ob die Medaille allein oder mit einem Geldpreis zu vergeben wäre. Auch hier scheint mir eine Tätigkeit sowohl des Kriegsministers als des Kultusministers in Betracht zu kommen.

90 4.) Will man nicht zu dem Verfahren der Bewerbung greifen, dessen Bedenklichkeit offen- sichtlich ist, so bedarf es eines Antragsverfahrens. Am naturgemäßesten erscheint es, wenn das Antragsrecht den Stellen zuerkannt wird, die den Nutzen von der Erfindung haben. Es sind das wohl in erster Linie, soweit es sich um Dinge handelt, die direktem Feldgebrauch'^ die- nen, die Inspectionen der Truppen und verwandte Stellen, für andere Gegenstände die cen- tralen militärischen Beschaffungsstellen. Hierbei ist dann zu beachten, daß jede Stelle nur ihren Dienstbereich übersieht, und dieselbe Neuerung früher an anderer Stelle der Heeresver- waltung aufgetreten sein kann. Es wird also eine Zentralstelle militärischer Art notwendig sein, die wohl am besten im Kriegsministerium göchaffen wird. Auf der anderen Seite kann ein Antragsrecht des Kultusministers nicht entbehrt werden. Wenn beispielsweise eine technische Neuerung auf dem Gebiete des Ernährungswesens großen Erfolg ergibt, so kann dieser Erfolg sich der dienstlichen Kenntnis der Heeresverwaltung völlig entziehen. Aber auch auf rein industriellem Gebiete ist das möglich. So war z. B. bis vor 4 Wochen die Heereswirtschaft auf dem Schwefelgebiete von der büi^erlichen Wirtschaft völlig getrennt. Die wichtigen, ganz schwer ins Gewicht fallenden Fortschritte in der Beschaffung von Schwefelsäure ohne Schwe- felerze erschienen nur im Gebiet der Privatwirtschaft, weil die Heeresverwaltung sich die Schwefelerze reservierte. Aber diese Reservierung war nur durch jene Fortschritte möglich. 5.) Es scheint mir also, daß Kriegsminister und Kultusminister in gleicher Weise beteiligt sind, und es ist nicht ohne weiteres klar, wer die Führung zu übernehmen hat. Unter diesen Umstän- den schien mir der Gedanke, die Kaiser Wilhelm Gesellschaft zur Trägerin der Aufgabe zu machen, einen gewissen Reiz zu haben. ir i n ° Verehrungsvoll Haber

3. Handschriftlicher Brief Leopold Koppels an den Chef des Geheimen Zivilkabinetts, Rudolf V. Valentini, vom 16. Juni 1916

Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, 2'2'1 Nr. 32426, p. 3—4

Hochverehrte Exzellenz Ich wende mich schriftlich an Eure Exzellenz in einer Angelegenheit, die persönlich vorzu- tragen, die Zeit Umstände [!] mir leider verbieten. Ich habe die Absicht, Kaiser und Heer eine mit 2 Millionen [M] Kriegs-Anleihe dotierte Ein- richtung anzubieten, welche eine organisierte Verbindung zwischen dem Heer und der deut- schen Wissenschaft für die Zeit während des Krieges und nach demselben herstellt. Ich habe gestern bei Herrn Ministerial-Director Schmidt eine Besprechung mit den hauptsäch- lich in Betracht kommenden wissenschaftlichen Koryphäen gehabt und zu meiner Freude gefun- den, daß der Gedanke von den 4 Herren^' nutzbringend und ausführbar gefunden wurde. Auch ein vorläufiger, die Hauptpunkte betr. Entwurf eines Statuts hat Beifall gefunden. Mein Anzubieten wird wo[h]l, der Ansicht der Herren gemäß, an den Kriegsminister zu richten sein, da es sich um eine Einrichtung für das Heer unter dessen Mitwirkung handelt. Bevor ich diesen Schritt thue, wird Herr Ministerialdirektor Schmidt, der solche Dinge am besten beherrscht, in liebenswürdiger Erfüllung meiner Bitte, die Angelegenheit Eure Exzellenz vortra- gen, damit ich die Eingabe erst mache, nachdem Er. Exzellenz, der die Wissenschaft und ihre Einrichtungen unter seine besondere Obhut genommen hat, von dem Project Kenntnis erlangt und dasselbe gebilligt hat. Die vorerwähnten 4 Herren sind der Ansicht, daß, bevor das Project concrete Gestalt angenommen hat, nur Er. Exzellenz davon Mittheilung gemacht werden soll.

91 Ich hoffe, daß Er. Exzellenz die so lange andauernde schwere Zeit ohne Schaden an Ihrer Gesundheit überstehen. Wir hier im Lande sind voll Zuversicht auf unser Heer. Die Dankbarkeit gegenüber dem Heer und seinem obersten Führer hat mir den Gedanken eingegeben, über den zu berichten, Herr Ministerial-Director Schmidt die große Güte haben wird. Ich bin hochverehrte Exzellenz in vorzüglichster Hochachtung ergebenst Leopold Koppel

4. Typoskript »Begründung zum Vorschlag eines Satzungsentwurfs für eine >Kaiser Wilhelm Stiftung für Naturwissenschaft und Technik im Heere<«, undatiert. Abschrift in: Archiv zur Geschichte der MPG, Berlin, IA 1—1789, p. 1—4

Während des Krieges habe ich gesehen, daß das seinerzeit von mir dem Kaiser dargebotene Kaiser Wilhelm Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem sei- ne satzungsmäßige Aufgabe, die reine Wissenschaft zu fördern, mit einer Tätigkeit auf dem Gaskampf- und Gasschutzgebiet vertauscht hat, die mir als wichtig und nützlich für die Kriegs- führung vielfach gerühmt worden ist. In Verbindung mit einer Reihe von Informationen, die ich über die Tätigkeit für den Krieg hervorragender Gelehrter aus den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern erhal- ten habe, hat diese Beobachtung in mir den Eindruck erweckt, daß durch den Krieg neue Beziehungen zwischen dem Heere und der Wissenschaft entstanden sind, die für die Landes- verteidigung wertvoll sind, und deren Erhaltung und Fortentwicklung nach dem Kriege als im nationalen Interesse gelegen begrüßt werden würde. Bei der Prüfung der Frage, ob ich persönlich dazu beitragen könnte, den Fortbestand eines solchen Zusammenhanges zwischen Heer und Wissenschaft zu fördern, ist mir der Gedanke einer Stiftung gekommen, deren ungefähre Form, wie sie mir vorschwebt, in dem Satzungs- entwurf skizziert ist. Zur näheren Erläuterung darf ich folgende Punkte berühren^': L Man hat von jeher von der »Gelehrten-Republik« gesprochen, um das in der Gelehrten- welt bestehende Bedürfnis des einzelnen hervorragenden Fachmannes nach persönlicher Unab- hängigkeit und Freiheit in der fachlichen Betätigung zu kennzeichnen. Diese von der staatli- chen Unterrichtungsverwaltung stets berücksichtigte und wohl im Wesen der Gelehrtenar- beit gelegene Eigenheit spricht meines Erachtens gegen den Versuch, führende Gelehrte in rein militärische Betriebe einzugliedern. Auch wird der einzelne Gelehrte seine Bedeutung für die Heeresverwaltung^' als Forscher und Ratgeber gerade dadurch vermehren, daß er den Schwerpunkt seiner Stellung und seiner Tätigkeit in der wissenschaftlichen Welt behält und ihn nicht in die militärische Welt verschiebt. Ist doch der Überblick über das Gesamtgebiet seiner Wissenschaft und dessen Entwicklung die Quelle nützlicher Ratschläge, die er auf den speziellen Anwendungsgebieten zu geben vermag, welche für die Heeresverwaltung von Inter- esse sind. Wenn aber auf der einen Seite eine vollständige Eingliederung des Gelehrten in den militärischen Organismus nicht erfolgreich durchführbar erscheint, so wird auf der anderen Seite, wenn ich recht sehe, eine lediglich gelegentliche Heranziehung zu gutachterlicher Äuße- rung das gesteckte Ziel nicht vollständig zu erreichen erlauben. Ich habe mir sagen lassen und es in meinem eigenen Kreise, soweit ich dazu Gelegenheit hatte, bestätigt gefunden, daß die Art der Antwort und Nützlichkeit des Gutachtens, das man von einem Gelehrten ein-

92 holt, in erster Linie von der Fragestellung abhängt, und daß die richtige Fragestellung nur dann gefunden wird, wenn die fragende Instanz mit dem befragten Gelehrten eine nahe Füh- lung auf dem in Betracht kommenden Gebiete besitzt, wie sie erst durch längeres Zusam- menarbeiten und Vertrautheit mit der Denk- und Arbeitsweise des anderen bei beiden Teilen erreicht wird. Diese Erwägungen veranlassen mich, für das Kuratorium der Stiftung eine ständige Kommis- sion aus technisch maßgeblichen Offizieren und führenden Persönlichkeiten des Gelehrten- standes vorzuschlagen. 2. Es bildet immer eine besondere Schwierigkeit, in der Gelehrtenwelt die richtigen Persön- lichkeiten für eine Aufgabe zu finden. Das erforderliche Maß von Sachkunde und von Sach- lichkeit für die Auswahl von Männern, die der Heeresverwaltung als Vertreter der deutschen Wissenschaft auf den ihr besonders wichtigen Gebieten der Naturwissenschaft und Technik empfohlen werden dürfen, wird nach der Erfahrung in erster Linie bei der Königlich Preußi- schen Akademie der Wissenschaften erwartet werden dürfen. Den einzelnen Gelehrten wird bei der Wahl der Mitarbeiter für die ihnen zufallenden Auf- gaben eine erhebliche Freiheit nicht versagt werden können, doch scheint es zweckmäßig, diese Freiheit einerseits in Rücksicht auf die im Hochschulwesen erprobte Tradition durch einen mitbestimmenden Einfluß des Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegenhei- ten und andererseits durch das Einverständnis des Kuratoriums zu begrenzen. In diesem Sinne ist der Vorschlag gemacht, für die Mitglieder des Kuratoriums der Stiftung, soweit sie Gelehrte sind, ein Präsentationsrecht der Akademie einzuführen, jedem dieser Gelehrten den Vorsitz eines Fachausschusses zu übergeben und die Mitglieder dieses Aus- schusses durch das Kuratorium auf gemeinsamen Vorschlag des betreffenden Gelehrten und des Offizialvertreters des Kultusministeriums im Kuratorium bestellen zu lassen'". Ich neh- me an, daß auf diesem Wege alle diejenigen wissenschaftlichen Kräfte, welche für die Heeres- verwaltung schon im Frieden tätig waren oder sich im Kriege in ihren Dienst gestellt haben, unter der natürlichen Führung maßgeblicher wissenschaftlicher Persönlichkeiten, ohne Rei- bungen zu wirksamer und dauernder Mitarbeit zusammengefaßt werden können. 3. Die Tätigkeit, welche mir für die neue Organisation vorschwebt, ergibt sich meines Erach- tens zwanglos aus dem, was die einzelnen Gelehrten für die Heeresverwaltung im Kriege aus- geführt haben. Es wird sich dabei um Fragen der Heeresverwaltung handeln, die je nach der Lage der Sache auf Grund der bestehenden wissenschaftlichen Kenntnisse oder mit Hilfe neuer Versuche zu beantworten sind. Diese Versuche werden oft zunächst rein wissenschaftlicher Natur sein und in den bestehenden im allgemeinen von der Preußischen Unterrichtsverwal- tung geschaffenen Instituten bearbeitet werden. Insoweit dafür besondere Mittel erforderlich sind, werden dieselben von der Stiftung zu leisten sein, die ich mich freuen werde durch Stif- tung von zwei Millionen dazu in den Stand zu setzen. Nach der Natur der Sache werden solche Laboratoriumsversuche aber nur die Grundlage geben können; die im Preußischen Heere", soweit mir bekannt ist, mit großer Liebe entwickelten Versuchsstellen, wie die Artil- lerieprüfungskommission, das Ingenieur-Comite und zahlreiche andere werden nach wie vor die Aufgabe behalten, die weitere praktische Erprobung unter ihrer Verantwortlichkeit durch- zuführen, aber ich stelle mir vor, daß sie durch Beteiligung der wissenschaftlichen Kräfte der Stiftung eine Förderung erfahren werden. Naturgemäß wird für diese praktischen Versuche nicht mehr das Stiftungsvermögen eintreten können, ihre Bestreitung wird vielmehr aus Mit- teln der Heeresverwaltung'^ erfolgen müssen. Die weiteren Punkte des Satzungsentwurfes werden eine besondere Erläuterung nicht er- fordern».

93 5. Satzung der Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft, Typoskript einer beglaubigten Abschrift [13.11.1916r

Archiv zur Geschichte der MPG, Berlin, IA 1-1789, p. 18v-20

Satzung der Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft?^

I. Die »Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft« (KWKW)®' bezweckt, durch das Zusammenarbeiten der besten wissenschaftlichen Kräfte des Landes mit den militärischen Kräften die Entwicklung der naturwissenschaftlichen und technischen Hilfsmittel der Kriegs- führung zu fördern. Sie hat ihren Sitz in Berlin^^.

11.8' Das Vermögen der Stiftung besteht zur Zeit aus dem Seiner Majestät dem Kaiser vom Geheimen Kommerzienrat Leopold Koppel zur Verfügung gestellten Stammkapital von 2 Millionen Mark 5 prozentiger Kriegsanleihe®'. Für die Zwecke der Stiftung finden die Erträge des Stiftungs- vermögens Verwendung. Das Stammkapital darf nicht ange;griffen werden. Weitere Zuwen- dungen fließen dem Stammvermögen zu, falls der Spender nicht gegenteilige Bestimmung trifft'".

in. Die Organe der Stiftung sind a) das Kuratorium" h) die Verwaltung. Aufgabe des Kuratoriums'^ ist die Regelung der inneren Einrichtung und die Leitung aller Arbeiten, die zur Erfüllung des Stiftungszweckes dienen'^, sowie die repräsentative Ver- tretung'"*. Die Vei-wakung besorg die wirtschaftlichen Geschäfte der Stiftung und übernimmt die recht- liche und wirtschaftliche Vertretung nach außen'®.

IV Das »Kuratorium«^'' besteht aus folgenden Mitgliedern: 1. dem Preußischen Kriegsminister, der zu seiner Vertretung einen Departements-Direktor im Kriegsministerium bestimmt — als Vorsitzenden'^; 2. einem von Seiner Majestät dem Kaiser ernannten Mitgliede"; 3. je einem durch den Preußischen Kriegsminister, den Staatssekretär des Reichsmarineamts und den Chef des Generalstabes aus seinem Befehlsbereich zu ernennenden Offizier. Einer von ihnen wird durch den Vorsitzenden zum Geschäftsführer bestimmt und gehört gleich- zeitig der Verwaltung der Stiftung an (Vgl. V. 4)"; 4. je einem durch den Minister der geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten und den Staatssekretär des Reichsmarineamts zu bestimmenden Vertreter^""; 5. a. einer je nach Bedarf zu bemessenden Anzahl von Offizieren oder Beamten"', die zu Mitgliedern auf Vorschlag des Vorsitzenden durch Seine Majestät den Kaiser entweder für die Dauer der Bekleidung einer bestimmten Dienststelle oder auf 5 Jahre ernannt werden!"^;

94 b. einer gleichen Anzahl von Gelehrten, die auf Vorschlag der Preußischen Akademie der Wissenschaften durch Seine Majestät den Kaiser auf 5 Jahre zu Mitgliedern ernannt werden'^^

V. Die »Verwaltung« setzt sich zusammen: 1. aus einem Mitglied, das auf Vorschlag der Preußischen Akademie der Wissenschaften von Seiner Majestät dem Kaiser zum Verwaltungsmitgliede auf 5 Jahre ernannt wird oder seinem Stellvertreter, der in gleicher Weise ernannt wird'""*, 2. aus dem Präsidenten der Kaiser Wilhelm Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften oder seinem Stellvertreter'"', 3. aus dem Vorsitzenden der Leopold Koppel-Stiftung für die Dauer seines Amtes oder sei- nem Stellvertreter'®', 4. aus dem dem Kuratorium angehörenden Geschäftsführer (vergl. IV. 3)'°^. Die Mitglieder zu 1 bis 3 wählen den Vorsitzenden der Verwaltung aus ihrer Mitte. Die Wahl zum Vorsitzenden gilt für die Dauer der Zugehörigkeit des Gewählten zur »Verwaltung«'®'. Für Urkunden, die die Stiftung verpflichten, genügen die Unterschriften zweier Mitglie- der'®'.

VI. Die für die Erfüllung des Stifungszweckes erforderlichen Mittel werden, soweit sie Verwen- dung für wissenschaftliche Aufgaben finden, vom Kuratorium bei der Verwaltung angefor- dert"®. Für etwaige durch das Kuratorium oder die Verwaltung des Heeres und der Marine gewünschte praktische Versuche sind sie vom Kuratorium im Einvernehmen mit den zustän- digen militärischen Fachstellen beim Kriegsminister oder dem Staatssekretär des Reichs-Marine- amts zu beantragen'".

VII. Die wissenschaftliche Arbeit im einzelnen erfolgt in Fachausschüssen, in denen ein jeweils zu bestimmendes wissenschaftliches Mitglied des Kuratoriums (IV. 5. b) den Vorsitz führt und denen die erforderliche Zahl von militärischen und Zivilmitgliedern angehört'^^. Es werden zunächst sechs Ausschüsse gebildet, nämlich: 1. Ausschuß für die chemischen Rohstoffe der Munitionserzeugung und für die Betriebs- stoffe"3; 2. Ausschuß für die chemischen Kampfstoffe, also für Pulver, Sprengstoff, Gaskampfstoff und dergl.; 3. Ausschuß für Physik, umfassend Ballistik, Telephonie, Telegraphie, Ziel- und Entfernungs- bestimmung, Meßwesen und dergl.; 4. Ausschuß für die maschinellen und verkehrstechnischen Hilfsmittel der Kriegsführung"''; 5. Ausschuß für Luftfahrt; 6. Ausschuß für Metallgewinnung und Metallbearbeitung. Die Zivilmitglieder der Fachausschüsse, die gegebenenfalls auch aus der staatlichen und Pri- vatindustrie zu wählen sind, werden auf Vorschlag des Vorsitzenden des Fachausschusses im Einvernehmen mit dem Kuratorium durch den Herrn Minister der geistlichen und Unter- richts-Angelegenheiten für die betreffende Arbeit von Jahr zu Jahr berufen. Sie führen die Amtsbezeichnung »Ausschußmitglied der Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wis- senschaft«"^

95 Die militärischen Mitglieder der Fachausschüsse werden auf Vorschlag des Kuratoriums und nach Anhörung des Vorsitzenden des Fachausschusses von der zuständigen Dienststelle für die betreffende Arbeit auf Zeit bestimmt"'.

VIII. Das Kuratorium sorgt für das notwendige Zusammenarbeiten der Ausschüsse. Den Mitglie- dern des Kuratoriums steht Einblick und Mitarbeit in allen Fachausschüssen frei"^.

IX. Uber die Arbeit der Fachausschüsse erstatten ihre Vorsitzenden jährlich dem Kuratorium Bericht, das diese Berichte begutachtet und die Ergebnisse durch Vermittlung des Kriegsmi- nisters, des Staatssekretärs des Reichsmarineamts und des Ministers der geistlichen und Unter- richts-Angelegenheiten in einer Denkschrift Seiner Majestät dem Kaiser vorlegt"®.

X. Den Mitgliedern des Kuratoriums wird volles Vertrauen in allen kriegstechnischen Fragen geschenkt werden, den Mitgliedern der Fachausschüsse insoweit, als die jeweils zu bearbei- tenden Aufgaben es erfordern. Mit Rücksicht hierauf sind die Mitglieder des Kuratoriums durch den Vorsitzenden, die Ausschußmitglieder durch den Geschäftsführer auf strengste Geheimhaltung aller kriegstechnischen Fragen zu verpflichten"'.

XI. In Kuratorium und Verwaltung entscheidet bei Beschlüssen die einfache Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder, bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden. Ein Beschluß kann ausnahmsweise auch schriftlich gefaßt werden"®.

XII. Änderungen dieser Satzung bedürfen eines übereinstimmenden Beschlusses des Kuratoriums und der Verwaltung. Sie unterliegen der Genehmigung des Kriegsministers, des Staatssekre- tärs des Reichsmarineamts und des Ministers der geistlichen und Unterrichts-Angelegenhei- ten, sofern jedoch die Stiftung in Ansehung des Zwecks geändert oder aufgehoben werden soll, der Allerhöchsten Genehmigung'^'.

Berlin, den 13. November 1916. gez. Leopold Koppel.

96 6. Typoskript »Verzeichnis der Mitglieder des Kuratoriums und der Verwaltung der Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft«, undatierte Abschrift'^^ (vermutlich Ende 1916)

Archiv zur Geschichte der MPG, Berlin, IA 1-1789, p. 21-22

Abschrift Zu Nr. 670. 1. 17. A 1 Verzeichnis der Mitglieder des Kuratoriums und der Verwaltung der Kaiser Wilhelm-Stiftung für kriegstechische Wissenschaft (Stiftung des Geheimen Kommerzienrats Leopold Koppel in Berlin) Gemäß Abschnitt IV der A. Kuratorium Stiftungs- satzung:

Ziffer 1 Vorsitzender: Der Kriegsminister. Stellvertreter: Der Direktor des Allgemeinen Kriegs- Departements Oberst von Wrisberg.

Ziffer 2 Von Seiner Majestät dem Kaiser und Der Chef des Zivilkabinetts Seiner König unmittelbar zu ernennendes Majestät. Mitglied:

Ziffer 3 a) vom Kriegsminister zu ernennen- Oberstleutnant von Meiß, Chef der Ar- der Offizier: mee-Abteilung des Kriegsministeriums.

b) vom Staatssekretär des Reichsma- Kapitän zur See Widenmann, Abtei- rineamts zu ernennender Offizier: lungschef im Reichsmarineamt'^'.

c) vom Chef des Generalstabes zu Oberstleutnant im Generalstabe Bauer. ernennender Offizier: Stellvertreter: Major im Generalstab Klotz.

Geschäftsführer: Die zu c Genannten.

Ziffer 4 a) vom Minister der geistlichen und Ministerialdirektor Schmidt^^" im Mini- Unterrichtsangelegenheiten zu be- sterium der geistlichen und Unterrichts- stimmender Vertreter: angelegenheiten.

b) vom Staatssekretär des Reichsma- Vizeadmiral Schräder, Direktor des Kon- rineamts zu bestimmender Vertreter: struktions-Departements im Reichs- Marineamt.

Ziffer 5 a) auf Vorschlag des Kriegsministers Der jeweilige von Seiner Majestät dem Kaiser und 1.) Präses der Artillerie-Prüfungskom- König zu ernennende Mitglieder: mission.

97 2.) Präses der Gewehr-Prüfungskom- mission. 3.) Präses des Ingenieur-Kommitees. 4.) Präses der Verkehrstechnischen Prü- fungskommission. 5.) Feldzeugmeister. 6.) Inspekteur der Fliegertruppen. b) auf Grund erfolgter Wahl durch die 1.) Sr. Exzellenz Wirklicher Geheimer Preußische Akademie der Wissen- Rat Professor Dr. Dr.-Ing. Fischer an schaften von Seiner Majestät dem der Universität Berlin. Kaiser und König auf die Dauer von 2.) Geheimer Regierungsrat Professor 5 Jahren zu ernennende Mitglie- Dr. Haber, Direktor des Kaiser Wil- der'" helm-Instituts für physikalische Chemie in Berlin-Dahlem. 3.) Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Dr.-Ing. Nemst an der Universi- tät in Berlin. 4.) Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Dr.-Ing. Riedler an der Techni- schen Hochschule in Charlottenburg. 5.) Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Wüst an der Technischen Hoch- schule in Aachen. 6.) Geheimer Regierungsrat Professor Dr.-Ing. Müller-Breslau an der Tech- nischen Hochschule in Charlotten- burg'2^

Gemäß Abschnitt V der B. Verwaltung Stiftungs- satzung.

Ziffer 1 Auf Grund erfolgter Wahl der Preußi- Geheimer Oberregierungsrat Professor schen Akademie der Wissenschaften D. Dr. Biels in Berlin. von Seiner Majestät dem Kaiser und König auf die Dauer von 5 Jahren zu ernennendes Mitglied:

Stellvertreter: Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Roethe in Berlin-Westend. Anmerkung: Beide Herren sind bestän- dige Sekretäre der Preußischen Akade- mie der Wissenschaften.

98 Ziffer 2 Präsident der Kaiser Wilhelm-Gesell- Sr. Exzellenz Wirklicher Geheimer Rat schaft zur Förderung der Wissenschaf- D. Dr. von Harnack in Berlin. ten: Stellvertreter: Generalsekretär der Kaiser Wilhelmge- sellschaft Amtsrichter Dr. Trendelenburg im Reichsjustizamt.

Ziffer 3 Vorsitzender der Leopold Koppel- Geheimer Kommerzienrat Leopold Stiftung: Koppel in Berlin. Stellvertreter: Wird noch gewählt werden.

Ziffer 4 Geschäftsführer des Kuratoriums: Oberstleutnant im Generalstab Bauer. Stellvertreter: Major im Generalstabe Klotz. (s. unter A 3 c)

Anmerkung: Vorsitzender der Verwaltung wird von den Mitgliedern zu 1 bis 3 gewählt 127

7. Verzeichnis der für die Berufung in die Fachausschüsse der KWKW vorgeschlagenen mili- tärischen und Zivilmitglieder, undatiertes Typoskript [vermutlich Anfang 1917] Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 92, Nachlaß Schmidt-Ott, B XIII, 4, p. 79-81V

Zu Nr. 169 / 17. KWKW. Verzeichnis der für die Berufung in die Fachausschüsse der KWKW vorgeschlagenen militärischen und Zivilmitglieder. Abschnitt VII der Stiftungssatzung.

Nr. Bezeichnung der Mitglieder Gegenstand der Arbeit

Fachausschuß I. Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Verschiedene Fragen der Photographie A. Miethe an der Technischen Hochschu- le in Charlottenburg Geheimer Hofrat, Professor Dr. Ludwig Verschiedene Fragen der Ernährungs- Knorr an der Universität Jena chemie 3. Professor Dr. Franz Fischer, Direktor des Heizstoffe und Kokereiprodukte. Kaiser Wilhelm-Instituts für Kohlenfor- schung in Mülheim a/Ruhr. 4. Professor Dr. Alfred Stock, Mitglied des Leicht entzündliche Flüssigkeiten, Konser- Kaiser Wilhelm-Instituts für Chemie in venbüchsen. Berlin-Dahlem. 5. Sr. Exzellenz Wirklicher Geheimer Rat, Flüssige Heizstoffe, Schmieröle usw. Professor Dr. C. Engler in Karlsruhe i.B., Kaiserstr. 12

Fachausschuß 2.

Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Verbesserung der Gaskampf- und Gas- Willstätter, Direktor des chemischen schutzmittel. Laboratoriums des Staates in München.

2. Professor Dr. Lothar Wähler an der Tech- Ammonpulver. nischen Hochschule in Darmstadt. 3. Professor Dr. Thiele, Direktor des chemi- Kohlenoxydschutz für Heer und Flotte. schen Universitätslaboratoriums in Straß- burg i.E. 4. Geheimer Regierungsrat, Major Will in Ammonpulver und Streckung von Nitro- Berlin-Grunewald. zellulosepulver mit Nitrokörpern. 5. Professor Dr. Poppenberg im Kriegsmini- Ammonpulver und Streckung von Nitro- sterium, Chemische Abteilung. zellulosepulver mit Nitrokörpern sowie Sprengstoffe.

6. Geheimer Regierungsrat Dr. Bergmann, wie zu 4. Direktor des Militär-Versuchsamts.

Fachausschuß 3.

Professor der Physik Dr. Wehnelt an der Drahtlose Verständigung in Schützen- Universität Berlin. gräben

2. Professor Dr. A. Sommerfeld an der Uni- Theoretische Behandlung günstiger An- versität München. tennenformen, Kreiseltheorie 3. Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Versuche mit Flügelminen und Untersu- Kurlbaum an der Technischen Hochschu- chung des Rohrrücklaufs der Minen- le in Charlottenburg. werfer. Rittmeister d. L. Erich Müller, bisher Füh- Trockenelemente, Amalgamierungsfrage rer der Munitionskolonne 6. Batt. Fuß- von Zinkzylindern. art. Regts. Nr. 20, z. Zt. in Berlin in am- bulanter Lazarett-Behandlung; Professor an der Technischen Hochschule Dresden. 5. Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. wie zu 3. Cranz, an der militärtechnischen Akade- mie in Charlottenburg.

100 Fachausschuß 4. bis jetzt keine Vorschläge.

Fachausschuß 5.

Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Wissenschaftliche Unterlagen für Luft- Miethe an der Technischen Hochschule in fahrt. Charlottenburg.

2. Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. desgl. Hergesell, Vorsteher des Aeronautischen Observatoriums in Lindenberg Kr. Beeskow. 3. Professor Dr. Ing. Yi. Reissner an der desgl. Technischen Hochschule in Charlotten- burg. 4. Professor Dr. Pran[d]tl an der Universi- desgl. tät Göttingen. 5. Professor Dr. Finsterwalder an der Tech- desgl. nischen Hochschule in Müchen.

6. Geheimer Regierungsrat, Professor Rude- Wissenschaftliche Unterlagen für Luft- loff, Direktor des Material-Prüfungsamts fahrt. in Berlin-Lichterfelde. 7. Professor Baumann von der Technischen desgl. Hochschule in Stuttgart; z. Zt. Flugzeug- werft G.m.b.H., Staaken bei Spandau. Geheimer Oberbaurat Dr. Ing. Hüllmann, Untersuchung der Frage, ob der Propel- Professor für Kriegsschiffbau an der Tech- ler das wirksamste und günstigste Über- nischen Hochschule in Berlin. tragungsmittel zwischen Motor und Luft ist (gestellt vom Reichsmarineamt).

Fachausschuß 6.

Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Ersatz für Konservenbüchsen aus Weiß- Schenck an der Universität Münster. blech.

2. Professor O. Bauer vom Kgl. Materialprü- Feststellung der metallurgischen Eigen- fungsamt in Berlin-Lichterfelde. schaften usw. der Eisennäpfchen zwecks Herstellung von kriegsbrauchbaren Infan- teriepatronenhülsen. 3. Professor Dr. Ing. ]aeger an der Techni- wie vor. schen Hochschule in Aachen.

101 4. Professor Dr. Ing. Bonin an der Techni- desgl. schen Hochschule in Aachen. 5. Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Ersatzstoff für Fernsprechkabel Tammann an der Universität Göttingen. 6. Professor Dr. R. Ruer, Vorstand des Insti- Ersatz für Sparmetalle tuts für theoretische Hüttenkunde und physik. Chemie der Technischen Hoch- schule in Aachen. 7. Professor Dr. Ing. Oberhojfer an der Tech- Verbesserung des Graugusses für Geschos- nischen Hochschule in Breslau. se und der Stahlerzeugungsverfahren. Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Ing. Dr. Borchers, Vorstand des Instituts Erhöhung der Seewasserbeständigkeit der für Metallhütenkunde und Elektrometal- Aluminiumlegierungen lurgie der Technischen Hochschule in Aachen. 9. Hauptmann Heiser von der Gewehr-Prü- Feststellung der metallurgischen Eigen- fungskommission schaften usw. der Eisennäpfchen zwecks Herstellung von kriegsbrauchbaren Infan- teriepatronenhülsen. 10. Hauptmann Büttner der Gewehr-Prü- Versuche zwecks Ersatz des Nickels in den fungskommission Schloßteilen des Maschinengewehrs. 11. Oberleutnant Buchterkirch von der Versuche über die Brauchbarkeit von Gewehr-Prüfungskommission Laufstäben für Gewehre und Maschinen- gewehre mit erhöhtem Schwefel- und Kup- fergehalt. 12. Hauptmann Schwerdt vom Waffen- und wie zu 9. Munitionsbeschaffungsamt Berlin. 13. Oberstleutnant Angem, Direktor der wie zu 9. Munitionsfabrik in Cassel.

102 8. Maschinenschriftlicher Rundbrief von Richard Zsigmondy, Friedrich Krüger und Max Bodenstein vom 11./12./13. Februar 1917 an ihre Kollegen wegen Errichtung einer aka- demischen Vermittlungsstelle

Deutsches Museum, München, Hcmdschriftenabteilung, Nachlaß Wilhelm Wien C//.'^'

Sehr geehrter Herr Kollege! Die großen materiellen und geistigen Werte, die in den Einrichtungen der wissenschaftlichen Institute unserer Universitäten und technischen Hochschulen und in den Kenntnissen und Erfah- rungen ihrer Leiter beruhen, werden zur Zeit für die Zwecke des vaterländischen Hilfsdienstes nur vereinzelt nutzbar gemacht. Eine erhöhte und möglichst allgemeine Verwertung derselben könnte aber für die Zeit des Krieges, für die der Ubergangswirtschaft — und wohl auch für die des Friedens — großen Nutzen schaffen. Denn es treten dauernd bei der Heeresverwaltung und in der Industrie Probleme auf — solche größten Umfanges bis hinab zu ganz untergeordneten — die durch Bearbeitung in den genannten Instituten vielfach ihre Lösung finden könnten. Eine solche Tätigkeit der Institutsleiter, die unter normalen Verhältnissen bei zu starker Beto- nung wegen der Gefahr einer Schädigung des Unterrichts vielleicht Bedenken unterliegen könnte, wäre heute nebenher wohl auch für den Unterricht nützlich insofern, als der Insti- tutsleiter und vielleicht einige seiner Hilfskräfte dadurch innerhalb des Institutes Hilfsdienst leisteten und so ihrem bisherigen Wirkungskreise sicher erhalten bleiben würden. Um sie aber in größerem Umfange in die Wege zu leiten, ist es nötig, eine Stelle zu schaffen, die zwischen Industrie und Heeresverwaltung einerseits und den Hochschullehrern andererseits vermittelt. Denn die Probleme sind ebenso wie die besonderen Kenntnisse und Arbeitsgebiete der einzelnen meist so stark spezialisiert, daß häufig für ein bestimmtes Problem nur ganz we- nige, oft gar nur einer den geeignetsten Bearbeiter darstellt, dann allerdings unter Umständen in dem Maße, daß für ihn mit der Bekanntgabe der Frage auch ihre Lösung unmittelbar gegeben ist. Würde es also gelingen, alle auftretenden Probleme den jeweils geeignetsten Bearbeitern zu- zuführen, so würde damit ein sehr erheblicher Nutzen mit dem geringstmöglichen Arbeitsauf- wand geschaffen werden können, und eine solche wohlorganisierte Mitwirkung der Institute für den vaterländischen Hilfsdienst könnte eine ungeahnte Bedeutung gewinnen. Die Unterzeichneten haben daher im Einvernehmen mit Geheimrat Prof. Wallach-Göttin- gen versucht. Schritte zu tun, um eine solche Mobilmachung der Institute für die Zwecke des Hilfsdienstes in die Wege zu leiten. Zur Schaffung der dafür nötigen Vermittlung schie- nen uns zwei Wege möglich: Einmal der, daß regelmäßige und möglichst viel besuchte Zusam- menkünfte abgehalten würden, bei denen in freier Aussprache die Fragen gestellt und in per- sönlicher Besprechung die Beziehungen zu ihrer Bearbeitung angebahnt würden. Solche Ver- sammlungen könnten sicherlich sehr wirksam sein, aber ihre Durchführung würde, mindestens unter den heutigen Verhältnissen, großen Bedenken unterliegen. Sie mögen als spätere Aus- gestaltung des Gedankens, einstweilen jedenfalls, zurückgestellt werden. Die andere, jetzt schon realisierbare, Möglichkeit sahen wir in der Schaffung einer Vermitt- lungsstelle, eines Büros oder dergl., das die Aufgaben von Heeresverwaltung und Industrie entgegennimmt, um sie den einzelnen Instituten zur Bearbeitung zu übermitteln. In dem Bestreben, eine solche Stelle zu schaffen, haben wir zunächst Entgegenkommen gefunden bei den Herren Emil Fischer, Nernst und Haber. Dies sind neben einigen anderen hervorragenden Gelehrten anderer Fachrichtungen Mitglieder der in diesen Tagen ins Leben getretenen Kaiser Wilhelm Stiftung für Kriegstechnische Wissen- schafter^^ zu deren Zielen es gehört, die in den verschiedenen technischen Zweigen des Heerwe-

103 sens auftretenden Probleme der wissenschaftlichen Bearbeitung zuzuführen. Die genannten Herren haben uns in Aussicht gestellt, daß die Stiftung, die »KWKW.«, den Instituten, die sich hierfür zur Verfügung stellen, in geeigneten Fällen Themata zur Bearbeitung überweisen wird, ohne freilich uns eine große Zahl solcher Überweisungen in Aussicht stellen zu können. Wir haben uns dann weiter an den im Sommer 1916 gegründeten Deutschen Verband technisch- wissenschaftlicher Vereine'^ gewandt mit der Bitte, eine Stelle zu schaffen, welche zwischen der Technik, insbesondere den mit Versuchseinrichtungen weniger versehenen mittleren und kleine- ren Werken, und den Instituten vermitteln soll. Der Vorstand des Verbandes hat sich bereit er- klärt, dies durch seine Geschäftsstelle auszuführen. Diese wird durch die Zeitungen der ange- schlossenen Vereine und in sonst geeignet erscheinender Weise die Einrichtung dieser Vermitt- lungsstelle bekanntgeben und auffordern, sich mit Fragen an die Geschäftsstelle zu wenden. Beide Stellen müssen nun unterrichtet sein über die Institute, die sich ihnen für den genann- ten Zweck zur Verfügung stellen wollen, und über die Arbeitsgebiete, die in ihnen, sei es von ihren Leitern, sei es von selbständigen Abteilungsvorstehern oder Assistenten gepflegt werden. Die KWKW., die wie geschildert die unmittelbar von der Heeresverwaltung ausge- henden Probleme zu bearbeiten hat, wird daher auf unsere Bitte in diesen Tagen durch die Rektoren der Universitäten und Technischen Hochschulen eine entsprechende Aufforderung an die Kollegen ergehen lassen, die wir durch geeignete Erklärungen zu beantworten erge- benst empfehlen möchten. Der Verband der technisch-wissenschaftlichen Vereine, der für die — voraussichtlich sehr viel zahlreicheren und für Einzelbearbeitung in den Instituten geeig- neteren — Aufgaben aus der Kriegsindustrie vermitteln will, hat uns beauftragt, ihm von den Institutsleitern die nötigen Unterlagen zu besorgen. Er beabsichtigt dann, unter Zuziehung einiger mit den einzelnen Gebieten vertrauten Fachleute" "', die bei ihm anfragenden Vertre- ter der Technik behufs persönlicher Fühlungnahme an diejenigen Institutsleiter zu verwei- sen, deren Arbeitsgebiet das fragliche Problem angehört. Deswegen bitten wir die Herren Kollegen, die in den ihnen unterstellten Instituten über geeig- nete Mittel verfügen und die geneigt sind, solche Arbeiten zu übernehmen, uns und zwar zu Händen des mit unterzeichneten Prof. Bodenstein, Hannover, Ellernstraße 6 A, zur Wei- tergabe an den Verband ihre Meldungen zugehen zu lassen, die neben der Mitteilung der Bereit- willigkeit auch möglichst genaue Angaben über das oder die in Betracht kommenden Arbeits- gebiete enthalten müßten. Wir sind uns bei dieser Bitte bewußt, daß wir sie an viele der Herren Kollegen vergeblich richten werden; viele sind bereits mit dringenden Aufgaben z.T. gerade der uns vorschwe- benden Art überhäuft, viele sind schon unmittelbar im Heeresdienst oder sonst im Dienste des Vaterlandes tätig und ihrem Institute entzogen, viele werden andere Hinderungsgründe haben, ihr zu willfahren. Aber wir hoffen doch, daß sehr zahlreiche Kollegen in der Lage und und geneigt sein werden, dem Rufe zu folgen; wir hoffen weiter, daß innerhalb der Institute

*) Dem Verband gehören an: Verein deutscher Elektrotechniker; Verein deutscher Ingenieure; Verein deutscher Eisenhüttenleute; Verein deutscher Chemiker; Schiffsbautechnische Gesellschaft; Verband deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine; Deutscher Verein von Gas- und Wasserfachmännern; Verein deutscher Straßen- und Kleinbahnverwaltungen; Verein der Zellstoff- u. Papierchemiker; Wissenschaftliche Gesellschaft für Luftfahrt; Gesellschaft deutscher Metallhütten- und Bergleute, denen sich voraussichtlich in der nächsten Zeit noch einige weitere Vereine anschließen werden. *) Hierfür haben sich bisher bereit erklärt: Geh. Rat Scheel, Charlottenburg, für Physik; Prof. Aumund, Danzig, für Maschineningenieurwesen. Für die Fragen der reinen Chemie wird der geschäftsfüh- rende Vorsitzende des Verbandes Dr. Diehl, Berlin, im Verein mit Prof. Rassow — Leipzig selbst die Vermittlung übernehmen, für die anderen Gebiete geeignete Kollegen zu finden wird, keine Schwierigkeiten machen; auch die Unterzeichneten sind natürlich bereit, hierbei mitzuwirken.

104 vielfach selbständige Abteilungsvorsteher und Assistenten in gleicher Weise bereit sind, denen wir bei der ungeheuren Schwierigkeit, ihre Adressen zu ermitteln, diese Aufforderung nicht persönlich zugehen lassen können, und denen sie zu übermitteln wir daher die Herren Insti- tutsleiter freundlichst bitten möchten. So glauben wir annehmen zu dürfen, daß doch eine sehr erhebliche Menge z.Z. schlummernder Energie auf diesem Wege wird nutzbar gemacht werden können, und daß die gemeinsame Arbeit von Wissenschaft und Technik auch hier wie schon so oft reiche Früchte tragen möge zum Nutzen der Beteiligten und zum Heile des Vaterlandes.

9. Schreiben des preußischen Kriegsministerium an das Kultusministerium vom 13. Februar 1917 wegen Errichtung eines militärischen Gasforschungsinstituts, Abschrift Archiv zur Geschichte der MPG, Berlin, IA 1-1789, p. 26a—26c

Das Gaskampf- und Gasschutzwesen hat im Kriege eine Bedeutung gewonnen, die mich ver- anlaßt, dauernde Einrichtungen militärischer Art für die Entwicklung dieses Zweiges unse- res Heerwesens in Aussicht zu nehmen. Sie sollen der Ausbildung der Armee im Gebrauch der Gaskampf- und Gasabwehr-Waffen und der Prüfung und militärischen Durchbildung von Verbesserungsvorschlägen dienen. Ich halte es aber nicht für zweckmäßig, einer militärischen Organisation das Ersinnen der chemischen Verbesserungen und die dazu erforderlichen wissenschaftlichen Forschungsar- beiten aufzutragen. Die mit Euer Exzellenz Zustimmung für die Dauer des Krieges erfolgte Umbildung des Kai- ser-Wilhelm-Institutes für physikalische Chemie und Elektrochemie ist eine reine Kriegsmaß- nahme, die für die weitere Friedensentwickelung kein Vorbild abgibt. Im Frieden finden die rein naturwissenschaftlichen Forschungsaufgaben meines Erachtens auch dann, wenn ihre Lösung im militärischen Interesse gelegen ist, ihre Bearbeitung zweckmäßiger im Rahmen der allgemeinen Wissenschaftspflege, als im Bereiche der Heeresverwaltung. Auf der anderen Seite halte ich auf dem Gebiete von Gaskampf und Gasschutz, dessen Bear- beitung erst während des Krieges aufgenommen worden ist, eine systematische wissenschaft- liche Fortarbeit auch nach Kriegsbeendigung auch im Interesse der Heeresverwaltung für drin- gend geboten, damit die bestehende Überlegenheit unserer Ausrüstung nicht verloren geht. Diese Fortarbeit erscheint mir durch die unter Euer Exzellenz Mitwirkung ins Leben gerufe- ne Kaiser-Wilhelm-Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft, so großes Gewicht ich dersel- ben auch beilege, nicht ausreichend gewährleistet, da diese Stiftung nicht über eigene Arbeits- stätten verfügt, sondern ihrer Organisation nach sich begnügen muß, an vorhandenen Arbeits- stätten ausführbare wissenschaftliche Arbeiten durch ihre wissenschaftlichen und materiellen Kräfte zu fördern. Eine geeignete Arbeitsstätte für die wissenschaftliche Fortbildung von Gaskampf und Gas- schutz ist aber für die Zeit nach Kriegsbeendigung nicht vorhanden, da die während des Krieges zur Verfügung gestellten Räume der Kaiser-Wilhelm-Institute für physikalische Chemie und Elektrochemie, für Chemie, für Biologie und für experimentelle Therapie, ebenso wie die Räu- me des pharmazeutischen Institutes der Universität und der Städtischen Webeschule in Berlin- Ost mit Kriegsbeendigung ihrer natürlichen Bestimmung wieder zugeführt werden müssen. Eine zersplitterte Bearbeitung an vielen Stellen, etwa in den Euer Exzellenz unterstehenden Laboratorien der Universitäten und Technischen Hochschulen würde, auch wenn sie tech- nisch durchführbar wäre, dem militärischen Interesse nicht entsprechen, weil sie jeden Fort-

105 schritt einem großen Kreise bekannt werden ließe. Es erscheint aber notwendig, das mihtäri- sche Interesse an der Geheimhaltung, auch wenn es sich nicht auf alle Punkte erstreckt, die Gegenstand der weiteren Forschungsarbeit bilden, doch so weit im Auge zu behalten, daß Erfahrung und Ergebnisse nicht ohne Zustimmung der Heeresverwaltung einem größeren Kreise bekannt werden. Unter diesen Umständen würde ich es begrüßen, wenn die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften bewogen werden könnte, in Berlin ein Forschungsinstitut zu errichten und zu betreiben, welches sich mit der wissenschaftlichen Fortbildung der Gaskampf- und Gasabwehr-Mittel beschäftigt. Ich halte es für erwägenswert, ob ein solches Institut neben den militärischen Interessen auch die Interessen der Land- und Forstwissenschaft erheblich fördern könnte, weil, soviel mir bekannt ist, Gaskampfmittel schon früher in Amerika zur Bekämpfung der niederen Tier- welt benutzt worden sind, die als Würmer und Käfer unsere Bäume, Früchte und Reben zu überfallen pflegt. Euer Exzellenz bitte ich, falls die Durchführung dieses Gedankens dort möglich erscheint, mit der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und eventuell wegen der Bekämpfung der Schädlinge mit dem Herrn Minister für Landwirtschaft in Verbindung zu treten. Ich bin meinerseits bereit, an den Herrn Reichs-Schatz-Sekretär mit der Bitte heranzutreten, der Zuweisung eines Betrages an die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft aus dem Kriegsjahresetat zuzustimmen, der ausreicht, um dieser Gesellschaft die Errichtung der Baulichkeiten und den Betrieb des Institutes während 10 Jahren insoweit zu ermöglichen, als die militärischen Interessen in Betracht kommen. Ich würde mir vorbehalten, ohne in die wissenschaftliche Arbeit des Instituts im übrigen einzugreifen, doch durch einen mit dem Institute in dauern- der Verbindung stehenden Vertreter der Heeresverwaltung Ziele anzugeben, deren Erreichung im militärischen Interesse gelegen ist, vom Fortgange der Arbeiten Kenntnis zu nehmen und auf die praktische Verwendung nach Abschluß, insbesondere auch auf Veröffentlichung von Resultaten, soweit dadurch militärische Interessen berührt werden, einen bestimmenden Ein- fluß zu nehmen. Um den militärischen und wissenschaftlichen Interessen gleichzeitig Rechnung zu tragen, möchte ich weiter zur Erwägung geben, ob es sich empfiehlt, ein solches Kaiser-Wilhelm-Insti- tut mit der Kaiser-Wilhelm-Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft, insbesondere mit dem Fachausschuß dieser Stiftung, welcher sich mit Gaskampfstoffen befaßt, in Verbindung zu bringen. Ich würde schließlich bereit sein, den Bau dieses Institutes und seine Einrichtung als Kriegs- maßnahme noch während dieses Krieges zu fördern, damit, wenn bei Kriegsbeendigung die gegenwärtige Organisation des Kaiser-Wilhelm-Institutes für physikalische Chemie und Elek- trochemie und damit die wissenschaftliche Gaskampf- und Gasschutz-Arbeit in den vorüber- gehend überlassenen Räumen aufhört, die Fortsetzung an einer neuen Stelle alsbald möglich ist. Ich halte es für wesentlich, daß wenigstens ein Teil der Personen, welche mit diesem Gegen- stande im Kriege durch dauernde Arbeit verbunden sind, der Fortarbeit erhalten bleibt, und nicht durch Übergang aller jetzt in der Sache tätigen Kräfte in andere chemische Stellungen das erworbene Erfahrungskapital verloren geht. Dem Herrn Staatssekretär des Reichsmarineamts übersende ich eine Abschrift des Schrei- bens mit dem Anheimgeben, mit Euer Exzellenz in Verbindung zu treten, falls gleichartige Interessen seines Ressorts in Frage kommen. Im Auftrage (gez.) von Wrisberg.

106 10. Schreiben Leopold Koppels an das Reichswehrministerium [8.1.1920], Abschrift Akademie der Wissenschaften der DDR, Zentrales Archiv, II - XI ~ 159, Bl. 34/1-34/2

Am B.November 1916 habe ich die am Kopf dieses Bogens genannte Stiftung errichtet, die darnach die kaiserliche Genehmigung gefunden hat, während des Krieges in Erfüllung des Stiftungszweckes tätig gewesen ist und seit seiner Beendigung ruht. Der Stiftungszweck, durch das Zusammenarbeiten der besten wissenschaftlichen Kräfte des Landes mit den mili- tärischen Kräften die Entwicklung der naturwissenschaftlichen und technischen Hilfsmittel der Kriegführung zu fördern, ist durch den Ausgang des Krieges und die Bestimmungen des Friedensvertrages hinfällig geworden. Die Folge der veränderten Verhältnisse ist ferner, daß die Satzung der Stiftung in wesentlichen Punkten undurchführbar geworden ist. Unter die- sen Umständen möchte ich eine Veränderung des Zweckes der Stiftung und ihrer Organisa- tion anregen. Es ist meine Uberzeugung, daß die Wiederaufrichtung unseres Landes nur auf dem Boden der hohen wissenschaftlichen Kultur gelingen kann, auf dem sich die frühere wirtschaftliche Blüte entwickelt hatte. Ich möchte deshalb die Mittel der Stiftung wissenschaftlichen Zwecken erhalten wissen. Es ist ferner meine Uberzeugung, daß die Verbindung zwischen den maß- geblichen Stellen der Staatsgewalt und der Wissenschaft durch den Wandel der Verhältnisse nichts an ihrer Bedeutung verloren hat. Es würde sich deshalb m.E. empfehlen, den Stiftungs- zweck und das Statut so umzugestalten, daß als Aufgabe der Stiftung künftig die Förderung des öffentlichen Wohles durch das Zusammenwirken der besten wissenschaftlichen Kräfte des Landes mit der Reichsregierung bezeichnet wird. Die Nutzbarmachung der großen wis- senschaftlichen Arbeit, die während der Kriegsjahre im Interesse der Landesverteidigung getan worden ist, für die Zwecke des Friedens, scheint mir zunächst geeignet, die Stiftung zu beschäf- tigen. Daran werden sich naturgemäß weitere Fragen schließen, die bei den verschiedenen Reichsministerien oder anderen durch die Reichsregierung als zuständig gekennzeichneten Stellen erwachsen. Eine solche Änderung des Stiftungszweckes bedeutet zugleich eine wesentliche Erweiterung des Kreises staatlicher Stellen, die an der Beantwortung interessiert sind. Es scheint mir des- halb nicht zweckmäßig, die Angliederung der Stiftung an ein einziges Reichsministerium festzuhalten. Ich glaube vielmehr, daß es besser wäre, die Stiftung an die erste wissenschaftli- che Organisation des Landes anzuschließen, die schon jetzt durch das Statut wesentlich dar- an beteiligt ist, nämlich an die Preußische Akademie der Wissenschaften. Das Kuratorium der Stiftung wird, wie ich annehme, dann am besten auf die von der Akademie zu bestellen- den Leiter der Fachausschüsse und auf einen Vorsitzenden beschränkt werden, der vermöge seiner Erfahrung im Staatsleben, insbesondere auf dem Gebiete der Wissenschaftspflege, geeig- net ist, den Zusammenhang mit den zahlreichen Staatsstellen, dessen das Kuratorium bedarf, zu pflegen und zu fördern. Es würde mir eine besondere Freude bereiten, wenn die Stiftung, die ich unter ganz anderen Verhältnissen errichtet habe, durch diese oder ähnliche Maßnahmen in die Lage käme, in der schweren Zeit, in der wir leben, rasch und wirksam in den Dienst der allgemeinen Inter- essen zu treten. Hochachtungsvoll Leopold Koppel

107 " Die ursprüngliche Schreibweise des Namens — ohne Bindestriche — wurde für diesen Beitrag beibe- hahen. Erweiterte und ergänzte Fassung des Vortrags »Kaiser-Wilhelm-Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft (1916—1924): Entstehungs- und Wirkungsgeschichte«, der am 23.9.1989 auf der 72. Jah- restagung der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik in Kaiserslautern gehalten wurde. Für Anregungen und Kritik danke ich Prof. Wolfhard Weber, Bochum, Prof. Jeffrey Allan Johnson, Villanova, Pennsylvania und Dr. Bernhard vom Brocke, Marburg. Die Bestände des Zentralen Staatsarchivs, Dienststelle Merseburg, gehören seit der Wiedervereini- gung zum Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz.

' Eine erste Zusammenstellung bisheriger Forschungsergebnisse bringen Science, technology and the military. Ed: E. Mendelsohn, M.R.Smith, P. Weingart: 2 Bde. Dordrecht, Boston, London 1988 (= Sociology of the Science. A Yearbook. Vol. XII.). Für die Zeit des Nationalsozialismus hat erstmals K.-H. Ludwig: Technik und Ingenieure im Dritten Reich. Düsseldorf 1974 (= Beiträge zur Wissen- schaftsgeschichte des Dritten Reiches.), das Thema umfassend behandelt, siehe auch Naturwissen- schaft, Technik und NS-Ideologie. Hrsg. von H. Mehrtens, St. Richter. Frankfurt 1980. 2 S. Förster: Der doppelte Militarismus. Die deutsche Heeresrüstungspolitik zwischen Status-quo-Siche- rung und Aggression 1890—1913. Stuttgart 1985; M. Geyer: Deutsche Rüstungspolitik 1860—1980. Frankfurt 1984. ^ Siehe beispielsweise L. Burchardt: Friedenswirtschaft und Kriegsvorsorge. Deutschlands wirtschaft- liche Rüstungsbestrebungen vor 1914. Boppard am Rhein 1968. " H.-J. Wefeld: Ingenieure aus Berlin. 300 Jahre technisches Schulwesen. Berlin 1988, S. 288—296; H. Ebert, H.-J. Rupieper: Technische Wissenschaft und nationalsozialistische Rüstungspolitik: Die wehrtech- nische Fakultät der TH Berlin 1933—1945. In: Wissenschaft und Gesellschaft. Beiträge zur Geschich- te der Technischen Universität Berlin 1879—1979. Hrsg. von R. Rürup. Bd 1. Berlin, , New York 1979, S. 469-491, hier S. 469. ® E. Graf V. Matuschka: Organisationsgeschichte des Heeres 1890 bis 1918. In: Deutsche Militärgeschichte in sechs Bänden 1648-1939. Bd 3. Abschnitt V. München 1983, S. 157-282, hier S. 186f. Der Welt- krieg 1914—1918. Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft. Hrsg. vom Reichsarchiv. Bd 1. Berlin 1930, S. 391-393. ' In dem Werk des Reichsarchivs: Der Weltkrieg. Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft. Bd 1. Berlin 1930, S. 292 heißt es zwar: »bei Kriegsausbruch [war] die militärische Verwertung der Technik im Deut- schen Heere im Vergleich zu allen anderen Heeren am weitesten fortgeschritten,« aber auf der glei- chen Seite wird eingestanden: »Gewiß war die militärische Nutzbarmachung der neuzeitlichen tech- nischen Errungenschaften im einzelnen häufig nur zögernd erfolgt; meist wurde erst eingehend geprüft, bis man zur praktischen Verwertung sich darbietender Neuerungen schritt. Dieses zögernde Vorge- hen — vornehmlich im ersten Jahrzehnt nach der Jahrhundertwende, in dem die technischen Bedürf- nisse im Heere stark anwuchsen — lag zum Teil an einer durch den Charakter des Heerwesens bedingten Scheu vor Änderung überkommener Ansichten sowie an einer gewissen, namentlich in der Truppe lebenden Abneigung gegen das Eindringen des technischen Elements in den Bereich des bisher wesent- lich durch moralische Kräfte (!) bestimmten Kriegswesens.« ' L. Burchardt: Walther Rathenau und die Anfänge der deutschen Rohstoffbewirtschaftung im Ersten Weltkrieg. In: Tradition 15 (1970), S. 169—196; ders.: Eine neue Quelle zu den Anfängen der Kriegs- wirtschaft in Deutschland 1914. Ebd., 16 (1971), S. 72-92. ' Da die Unterlagen des preußischen Kriegsministeriums nicht mehr existieren, sind keine genaueren Angaben über die Einberufungspolitik möglich; es sei jedoch darauf hingewiesen, daß einige Wis- senschaftler nicht einberufen oder nach kurzem Kriegsdienst freigestellt wurden, beispielsweise der Erfinder der Kohlenverflüssigung, der spätere Nobelpreisträger , der während des Krieges sein Verfahren zur industriellen Reife entwickeln wollte (siehe M. Rasch: Zur Vorgeschichte der Kohlenverflüssigung bis 1945. In: Energie in der Geschichte, llth Symposium of the Internatio- nal Cooperation in History of Technology Committee. Hrsg. vom Verein Deutscher Ingenieure. Düs- seldorf 1984, S. 470f.) und der Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Kohlenforschung, Franz Fischer, der auf Veranlassung des Landwirtschaftsministeriums Arbeiten auf dem Gebiet der Stick- stofferzeugung durchführen sollte (siehe M. Rasch: Geschichte des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Koh- lenforschung 1913—1943. Weinheim 1989, S. 65ff.). B. vom Brocke: Wissenschaft und Militarismus. Der Aufruf der 93 >An die Kulturwelt!< und der Zusammenbruch der internationalen Gelehrtenre- publik im Ersten Weltkrieg. In: Wilamowitz nach 50 Jahren. Hrsg. von W. M. Calder III, H. Flashar und Th. Lindken. Darmstadt 1985, S. 649—719; ders.: Wissenschaft versus Militarismus. Nicolai, Ein-

108 stein und die »Biologie des Krieges«. In: Annali dell' Istituto storico italo-germanico in Trento. Bd 10 (Bologna 1985), S. 405-510. ' Beispiele für den desorganisierten Wissenschaftseinsatz finden sich bei M. Rasch: Geschichte (wie Anm. 8), S. 72, 63-66. Zu Emil Fischer siehe G.D. Feldman: A German Scientist between Illusion and Reality: Emil Fischer, 1909—1919. In: Deutschland in der Weltpolitik des 19. und 20. Jahrhunderts. Fritz Fischer zum 65. Geburtstag. Hrsg. von I. Geiss, B.J. Wendt. Düsseldorf 1973, S. 341-362. Die Geschichte der Kommissionen und Ausschüsse ist noch nicht aufgearbeitet. Diese Einrichtungen dürfen nicht mit den entsprechenden Kriegsgesellschaften, beispielsweise der Kriegschemikalien AG, der Kriegsleder AG, verwechselt werden, siehe dazu A. Müller: Die Kriegsrohstoffbewirtschaftung 1914—1918 im Dienst des deutschen Monopolkapitals. Berlin [DDR] 1955. Der Verfasser beabsichtigt, einen Bei- trag über »Salpetersäure, Schwefelsäure und Schwefel. Engpässe der deutschen Rüstungswirtschaft im Ersten Weltkrieg und deren Lösungsversuche 1914/15« zu veröffentlichen, der sich auch mit einigen der erwähnten Kommissionen beschäftigen' wird. " L.F. Haber: The Chemical Industry 1900—1930. International Growth and Technological Change. Ox- ford 1971, S. 223; G. Wendel: Die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft 1911-1914. Zur Anatomie einer impe- rialistischen Forschungsgesellschaft. Berlin [DDR] 1975, Dokument 128, S. 357f.; L. Burchardt: Stan- despolitik, Sachverstand und Gemeinwohl: Technisch-wissenschaftliche Gemeinschaftsarbeit 1890 bis 1918. In: Technik, Ingenieure und Gesellschaft. Geschichte des VDI 1856—1981. Hrsg. von K.-H. Ludwig, W. König. Düsseldorf 1981, S. 167—234, hier S. 211; ders.: Die Förderung schulischer Ausbildung und wissenschaftlicher Forschung durch deutsche Unternehmen bis 1918. In: Wirtschaft, Schule und Universität. Die Förderung schulischer Ausbildung und wissenschaftlicher Forschung durch deutsche Unternehmen seit dem 19.Jahrhundert. Hrsg. von H.Pohl. Wiesbaden 1983 (= Zeitschrift für Unternehmensgeschichte. Beihefte 29.), S. 9-41, hier S. 34f.; M. Osietzki: Wis- senschaftsorganisation und Restauration. Köln, Wien 1984, S. 56; Autorenkolleg unter Leitung von H. Laitko: Wissenschaft in Berlin. Von den Anfängen bis zum Neubeginn nach 1945. Berlin [DDR] 1987, S. 386; B. vom Brocke: Die Kaiser-Wilhelra-Gesellschaft im Kaiserreich. Vorgeschichte, Grün- dung und Entwicklung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. In: Forschung im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft. Geschichte und Struktur der Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft. Hrsg. von R. Vierhaus, B. vom Brocke. Stuttgart 1990, S. 17—162, hier S. 102, Anm. 158; J. A. John- son: The Kaiser's Chemists. Science and Modernization in Imperial . Chapel Hill, London 1990, S. 188, 195. D.J. Stoltzenberg: Zur Geschichte des Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Chemie und Elektrochemie. Zur geplanten Veränderung des Instituts in eine Forschungs- und Ent- wicklungsstätte des Heeres für den Gaskampf und Gasschutz auch in Friedenszeiten 1916 und 1933. In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 14 (1991), S. 15—23, hier S. 16f. 12 Albrecht Schmidt (3.7.1864-27.5.1945), Chemiestudium 1883-1887 in Darmstadt, Heidelberg und Straßburg, dort 1887 Promotion über »Einwirkung von Butyraldehyd auf bernsteinsaures Natrium«; 1887/88 Assistent am chemischen Institut der Universität Straßburg; 1888—1898 Leiter eines »wis- senschaftlich-chemischen Erfinderlaboratoriums« der Chemischen Fabrik auf Aktien vorm. E. Sche- ring, Berlin; dort Erfindung eines Gichtmittels, Nieren- und Blasenantiseptikums sowie der Forma- lingasdesinfektion; 1.9.1898 Wechsel zu den Farbwerken Hoechst, dort Einrichtung eines Labora- toriums für Patentsachen; Erschließung der Schwefelfarben auch für Hoechst; Arbeiten auf dem Indigogebiet; 1910 Prokurist, ab 1912 Teilnahme an den Direktionssitzungen; im Ersten Weltkrieg Erfindung und Weiterentwicklung von Nebelbomben und eines Augenkampfgases; 1916 stellvertre- tendes Vorstandsmitglied, 1917 Verleihung des Professorentitels, 1925 Berufung in den ordentlichen Vorstand der IG Farben, 1931 Pensionierung; ca. 2300 Patente gehen offensichtlich auf ihn zurück. Für Hinweise danke ich dem Firmenarchiv der Hoechst AG, Frankfurt; siehe jetzt auch J. U. Heine: Verstandst Schicksal. Die Männer der LG. Farbenindustrie AG (1925—1945) in 161 Kurzbiogra- phien. Weinheim, New York, Basel, Cambridge 1990, S. 126—128 mit abweichenden Daten zu ein- zelnen Ernennungen. " Friedrich Schmidt (-Ott) (4.6.1860—28.4.1956), Staatsbeamter und Wissenschaftsorganisator, seit 1920 besaß er das Recht, seinem Namen den Mädchennamen seiner Frau anzufügen, im folgenden immer als Schmidt-Ott bezeichnet, auch wenn er zum entsprechenden Zeitpunkt nur den Namen Schmidt führte. 1895 Vortragender Rat im Kultusministerium, 1898 Abteilungsdirigent für Univer- sitäten, Wissenschaft und Kunstangelegenheiten, 1908 Ministerialdirektor für Kunst und Wissen- schaft, August 1917—November 1918 preußischer Kultusminister, Mitbegründer der 1920 errichte- ten Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, der späteren DFG, deren erster Präsident er bis

109 1934 war. — Autobiographie: Erlebtes und Erstrebtes 1860—1950. Wiesbaden 1952; W. Treue: Fried- rich Schmidt-Ott. In: Wissenschaftspolitik in Berlin: Minister, Beamte, Ratgeber. Hrsg. von W. Treue, K. Gründer. Berlin 1987, S. 235—250; ders.: Neue Wege der Forschung, ihrer Organisation und För- derung: Friedrich Schmidt-Ott (4.6.1860—24.4.1956). In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 12 (1989), S. 229—238; zu den Familienverhältnissen siehe insbesondere Heine (wie Anm. 12), S. 239—241. 1" Fritz Haber (9.12.1868-29.1.1934), Chemiker, 1896 Habilitation an der TH Karlsruhe, 1906-1911 Professor für physikalische und Elektrochemie ebd., 1911—1933 Direktor des neugegründeten KWI für physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin, 1918 Nobelpreis für die von ihm 1909 erfun- dene Darstellung von Ammoniak aus Stickstoff und Wasserstoff unter hohem Druck (Haber-Bosch-Ver- fahren); trat 1933 von seinem Direktorposten wegen der antijüdischen Gesetzgebung des Deutschen Reiches (Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums) zurück. Siehe A. Becker, K. A. Becker, J. H. Block: Fritz Haber. In: Berlinische Lebensbilder der Naturwissenschaftler. Hrsg. von W. Treue und G. Hildebrandt. Berlin 1987, S. 167-181. 1915 wurde Haber an den Gaskampfversuchen der Heeresverwaltung beteiligt, 1916 übernahm er die technische Verantwortung für die Gaskampfmittel in der von ihm geleiteten chemischen Abtei- lung des preußischen Kriegsministeriums. Für die experimentelle Durchführung dieser Arbeiten war das KWI für physikalische Chemie und Elektrochemie zuständig, das gegen Kriegsende fast 2150 Personen beschäftigte, siehe M. Engel: Geschichte Dahlems. Berlin 1984, S. 135 f., vgl. »... im Frie- den der Menschheit, im Kriege dem Vaterlande ...«. 75 Jahre Fritz-Haber-Institut der Max-Planck- Gesellschaft. Bemerkungen zu Geschichte und Gegenwart. Berlin 1986. " Laut Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft. Bd 2. Berlin 1930, S. 1654, wurden Albrecht Schmidt folgende Orden und Ehrenzeichen verliehen: E. K. am weiß-schwarzen Bande, Kaiser Franz Josef- Orden, Offizierskreuz mit Kriegsauszeichnung, Türkischer Halbmond. Albrecht Schmidt hat sei- ne, mehrere Bände umfassenden »Erinnerungen« geschrieben; das Typoskript wird im Firmenar- chiv der Hoechst AG, Frankfurt aufbewahrt. In den fünf Bänden »Der Krieg 1914—1918« konnte kein Hinweis auf die Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft gefunden werden, wohl aber vermerkt Schmidt in der Darstellung des Jahres 1914 (S. 178f.), daß er eine resultatlose Unterredung mit Haber über den Gaskrieg hatte, die ihm aber den Vorteil einbrachte, »zum ersten Mal Beziehung zu Haber gewonnen zu haben, was dann im späteren Gaskrieg, also etwa nach 1—1 1/2 Jahren, zu einer sehr ersprießlichen Zusammenarbeit zwischen uns führte.«Herrn Rudolf Volz, Fir- menarchiv Hoechst AG, danke ich für seine Recherche und Hilfe. Auf Betreiben der Staatsbeamten Friedrich Althoff (siehe Anm. 21), Friedrich Schmidt-Ott sowie unter Mitwirkung des Theologen Adolf v. Harnack (Denkschrift an Kaiser Wilhelm II. 1909) und anderer wurde am 11. Januar 1911 die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft e.V. gegründet. Sie sollte die außeruniversitäre (natur-) wissenschaftliche Forschung organisieren, koordinieren und durch Bereitstellung privater Mittel finanzieren, siehe M. Rasch: Thesen zur Preu- ßischen Wissenschaftspolitik gegen Ende des Wilhelminischen Zeitalters. In: Berichte zur Wissen- schaftsgeschichte 12 (1989), S. 240—252. Bis 1914 wurden von ihr u.a. die folgenden Forschungsein- richtungen begründet: 1911 KWI für Chemie, KWI für physikalische Chemie und Elektrochemie (beide eröffnet 1912); 1912 KWI für Kohlenforschung (eröffnet 1914), KWI für Arbeitsphysiologie (eröffnet 1913), KWI für Biologie (eröffnet 1915), KWI für experimentelle Therapie (eröffnet 1913); 1914 KWI für Hirnforschung (errichtet 1919), KWI für physikalische Forschung (errichtet 1917). Siehe: Forschung (wie Anm. 11). Johnson (wie Anm. 11), S. 245, Anm. 49, datiert diesen Brief fälschlich auf den 2. März 1916. (Lies IV statt III.) A. V. Harnack: An der Schwelle des dritten Kriegsjahrs. Rede am 1. August 1916 in Berlin gehalten. In: ders.: Aus der Friedens- und Kriegsarbeit. Gießen 1916, S. 331—348, insbesondere S. 341 f.: »Was haben wir vor dem Kriege besessen? Eine internationale Privatwirtschaft und neben ihr auf einigen Gebieten eine gut arbeitende fiskalische und militärische Staatswirtschaft. Was haben wir im Kriege erlebt.' Die fiskalische und militärische Staatswirtschaft erweiterte sich und arbeitete in umfassendster Weise, gelei- tet von genialen Männern, bald ausgezeichnet. Aber dagegen: Die internationale Privatwirtschaft brach zusammen, die ausländische Konkurrenz fiel fort und eine unbekümmerte, lediglich auf den Profit gestimmte, heimische Privatwirtschaft trat in weiten Kreisen an ihre Stelle. Wucherei und Hamsterei wuchsen auf, und vom Geiste des August 1914 war hier wenig mehr zu spüren. Meine Damen und Herren! Ich klage nicht einzelne an, obwohl einzelne es verdienten; ich klage das ganze System an, dem sie unterlagen, das System, welches den vollen Handelsegoismus und das rücksichtslose Verdie- nen auch im Kriege erlaubt, weil man eben überhaupt Grenzen hier nicht gekannt hat und kennt.«

110 Eine Ausnahme bildete sicherlich Ludwig Prandtl, dessen Aerodynamische Versuchsanstalt jedoch eine Zwitterstellung zwischen KWG, Universität Göttingen und Göttinger Vereinigung zur Förde- rung der angewandten Physik und Mathematik einnahm. Charakterisierung der Althoffschen Machtfülle innerhalb des preußischen Kultusministerium von L. Burchardt: Adolf von Harnack. In: Wissenschaftspolitik in Berlin (wie Anm. 13), S. 215—233, hier S. 220. Friedrich Althoff (19.2.1839-20.10.1908), preußischer Staatsbeamter, seit 1871 mit Grün- dung und Aufbau der Reichsuniversität Straßburg befaßt, ab 1882 im preußischen Kultusministeri- um Hochschulreferent, 1897 Ministerialdirektor und Leiter der 1. Unterrichtsabteiiung. Siehe B. vom Brocke: Von der Wissenschaftsverwaltung zur Wissenschaftspolitik. Friedrich Althoff (19.2.1839— 20.10.1908). In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 11 (1988), S. 1—26, dort weitere Literatur. K.-H. Manegold: Universität, Technische Hochschule und Industrie. Ein Beitrag zur Emanzipation der Technik im 19. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung der Bestrebungen Felix Kleins. Berlin 1970, S. 215—221; G. Buchheim: Eine Denkschrift von Alois Riedler, die Errichtung einer Akademie der technischen Wissenschaften betreffend (1899). In: NTM-Schriftenreihe zur Geschich- te der Naturwissenschaften, Technik und Medizin 24 (1987), S. 121—124. Auch Bemühungen loka- ler Wissenschaftspolitiker, in den Jahren 1907 bis 1910 in Bonn eine Akademie unter Einschluß der Technikwissenschaften zu gründen, schlugen ebenso fehl wie frühere Aktivitäten Felix Kleins in Göttingen bzw. der Stiftung Lanz in Heidelberg, die Technik-Wissenschaften in die dortigen Aka- demien zu integrieren; siehe H. Lepper: Die Einheit der Wissenschaften. Der gescheiterte Versuch der Gründung einer »Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften« in den Jahren 1907 bis 1910. Opladen 1987 (= Abhandlungen der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaf- ten. Bd 75.), vgl. Rezension von M. Rasch in: Rheinische Vierteljahresblätter 52 (1988), S. 351—354. Während des Kaiserreichs wurden nur die Ingenieure Heinrich Müller-Breslau und Hermann Zim- mermann zu ordentlichen Mitgliedern der Berliner Akademie berufen; auch während der Weimarer Republik nahm der Anteil der Techniker unter den Akademiemitgliedern nicht wesentlich zu, sie- he: W. Schlicker: Die Berliner Akademie der Wissenschaft in der Zeit des Imperialismus. Bd 2. Teil 2. Von der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution bis 1933. Berlin [DDR] 1975, S. 53. Erwähnt im Schreiben Schmidt-Ott an von Valentin! vom 17.6.1916, in: Zentrales Staatsarchiv, Dienst- stelle Merseburg 2-2-1 Nr. 32426, p. 1—2v. 2'' C. Grau: Die Berliner Akademie der Wissenschaften in der Zeit des Imperialismus. Bd 2. Teil 1. Von den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts bis zur Großen Sozialistischen Oktoberrevolution. Ber- lin [DDR] 1975, S. 218-220; G. Wendel (wie Anm. 11), S. 125-134. Wie wichtig Haber die Errich- tung der KWKW war und wie groß seine Befürchtung vor einer ablehnenden Haltung der Akade- mie waren, kann man daran ersehen, daß er bei der erstmaligen Besprechung der Satzung der KWKW am 26.10.1916 zum ersten Mal überhaupt an einer Sitzung der Gesamtakademie teilnahm, ob- wohl er schon seit fast fünf Jahren ihr Mitglied war (siehe Akademie der Wissenschaften der DDR - Zentrales Archiv, II - XI - 159, Bl. 10). 25 Das Gespräch zwischen Haber und Schmidt-Ott wurde zunächst datiert nach dem handschriftli- chen Vermerk auf einem Telegramm Koppels an Haber vom 23.5.1916, das sich im Nachlaß Schmidt- Ott befindet: »Herrn Ministerialdirektor Dr. Schmidt überreicht in Erinnerung an die Unterhal- tung (bei der militärischen Kommission der Akademie) bei Habelt, für die Verfasser herzlich dankt. F. Haber« (in: Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 92, NL Schmidt-Ott B XIII, 4, S. 32). Anstatt Habelt ist Habel gemeint; die Gebrüder Habel betrieben »Unter den Linden 30«, in unmittelbarer Nähe zur Akademie, ein berühmtes Weinhaus. Für diesen Hinweis danke ich Frau Dr. Cecilie Lowenthal-Hensel, Berlin. In den tagebuchähnlichen Aufzeichnungen von Friedrich Schmidt-Ott fand sich dann unter dem 18.5.1916 die folgende Eintragung: »Mit Haber bei Habel (sein Institut nach dem Krieg, Koppel Erfindungsstiftung)«. Herrn Dr. Hans-Dietrich Schmidt-Ott, Berlin danke ich für diesen Hinweis aus den Aufzeichnungen seines Vaters. Die Einschätzung der Bedeutung von Naturwissenschaft und Technik für die Kriegführung, wie sie Leopold Koppel in seiner »Begründung zum Vorschlag eines Satzungsentwurfs für eine >Kaiser Wilhelm Stiftung für Naturwissenschaft und Technik im Heere«« vom Juni 1916 gibt, dürfte in ihren Grundzügen auf Haber und Schmidt-Ott zurückgehen, siehe Dok. 4. Ein Schreiben Habers an Schmidt-Ott vom 18.9.1917 läßt vermuten, daß Haber und Schmidt-Ott schon vor dem Krieg über das Verhältnis von Wissenschaft und Militär Gedanken ausgetauscht haben, denn in diesem Schreiben heißt es: »Euer Exzellenz erlaube ich mir daran zu erinnern, daß wir in der Gründungszeit des Kaiser-Wil- helm-Instituts für physikalische Chemie und Elektrochemie vielfach den Gedanken erwogen haben, ob nicht bei dieser Gelegenheit ein Zusammenhang hergestellt werden könnte, wie er in Frankreich

III und England zwischen der Heeresverwaltung und den maßgeblichen Persönlichkeiten der Wissen- schaft immer bestanden hat.« Abgedruckt bei Wendel (wie Anm. 11), S. 357, Dok. Nr. 127, Abschrift des Briefes in: Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, l-l'X. Nr. 21290, S. 222—229. ^^ Protokoll der Sitzung des Senats der KWG vom 21.3.1914, in: Archiv zur Geschichte der MPG I 1 A-60; Antrag betr. Begründung eines Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Forschung, unda- tierte Abschrift, vermutlich 1916, mit dem maschinenschriftlichen-Zusatz: »Gilt nach dem Senats- beschluß vom 6. Juli 1916 als vorläufige Satzung«, ebd., 1 A-49. Herrn Dr. Bernhard vom Brocke, Marburg, danke ich recht herzlich für den Hinweis auf das KWI für physikalische Forschung. B. Wäser: Uber die Schaffung einer Zentralstelle für technische und wissenschaftliche Forschung. In: Chemiker-Zeitung 40 (1916), S. 485—487. In der elften Ausgabe von »Wer ist's«, Berlin 1928, S. 1630, konnte ein Bruno Waeser ermittelt werden, der wahrscheinlich — trotz anderer Schreibwei- se des Umlauts — mit dem Autor des Artikels identisch sein dürfte: »Bruno Waeser, geb. 21.1.1888 in , Studium TH Berlin, Betriebschemiker b. d. Konsolid. Alkaliwerk. u. d. Reichsstick- stoffwerk Piesteritz, seit Ende 1919 selbst, berat. Chemiker u. Literat. Zahlreiche Veröffentlichun- gen in Fachzeitschriften und Handbüchern.« Chemiker-Zeitung 40 (1916), S. 485. Im Zusammenhang mit dem von Wäser erwähnten Patentamt sei darauf hingewiesen, daß die 1917 gegründete Brennkrafttechnische Gesellschaft von dem Gehei- men Regierungsrat im Reichspatentamt, Wilhelm Gentsch, gegründet wurde, siehe Rasch: Geschichte (wie Anm. 8), S. 93. " A. du Bois-Reymond: Kriegserfindungen. In: Vom Deutschen Michel. Berlin, Kassel 1915, S. 78—90. Beruf und Vorname recherchiert im Berhner Adreßbuch 1915. Ebd., S. 86. Zu du Bois-Reymonds Erfahrungen siehe A. du Bois-Reymond: Erfindungen und Erfin- der. Berlin 1906. " A Mobilisation of Chemists. In: Nature 94 (1914/15) vom 25.2.1915, S. 700f.; Engineering, Education, and Research, ebd., 95 (1915) vom 29.4.1915, S. 244-248; The Government and Chemical Research, ebd., vom 13.5.1915, S. 295f.; A Consultive Council in Chemistry, ebd., vom 8.7.1915, S. 523f.; The Promotion of Research by the State, ebd., vom 5.8.1915, 5. 619f.; Science in the War and after the War, ebd., 96 (1915/16) vom 14.10.1915, S. 180-185; Science in National Affairs, ebd., vom 21.10.1915, S. 195—197; The Government Scheme for the Organisation and Development of Scientific and Indu- strial Research, ebd., vom 4.11.1915, S. 259f.; The Organisation of Scientific Research, ebd., vom 17.2.1916, S. 692-696; National Aspects of Chemistry, ebd., 97 (1916) vom 20.4.1916, S. 171-173. Eine hervorragende Darstellung der britischen Entwicklung findet sich bei P. Alter: Wissenschaft, Staat, Mäzene. Anfänge moderner Wissenschaftspolitik in Großbritannien 1850—1920. Stuttgart 1982, S. 212—229, hier S. 214; eine Kurzfassung hat Alter 1990 unter folgenden Titel veröffentlicht: Die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in den deutsch-britischen Wissenschaftsbeziehungen. In: Forschung (wie Anm. 11), S. 735-741. " Zitiert nach Alter (wie Anm. 32), S. 227. 3t Ebd., S. 226f. Zum National Research Council siehe D. J. Kevles: The Physicists. The History of a Scientific Com- munity in Modern America. New York 1978, S. 102—116, insbesondere S. III f. Th.P. Hughes: Ame- rican Genesis. A Century of invention and technological enthusiasm 1870—1970. New York 1989, S. 115-137, insbesondere S. 118-126. Laut Antrag betr. Begründung eines Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Forschung, siehe Anm. 26. 37 Bei der KWG betrug die reine Sammelzeit (ohne Verfahrensfragen etc.) mehr als ein halbes Jahr und erbrachte bis Anfang 1911 Zusagen in Höhe von über 10 Millionen Mark; der Eingang der Zahlun- gen war jedoch eher schleppend, siehe L. Burchardt: Wissenschaftspolitik im Wilhelminischen Deutschland. Vorgeschichte, Gründung und Aufbau der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. Göttingen 1975, S. 53—83. 38 Leopold Koppel (20.10.1854—29.8.1933), Bankier und Industrieller jüdischer Herkunft, arbeitete sich vom kleinen Bankangestellten zum selbständigen Bankier (Bankhaus Koppel u. Co.) hoch. 1901 beteilig- te er sich finanziell an der Deutschen Gasglühlicht — Berliner Auergesellschaft, in deren Aufsichtsrat er schon seit 1897 saß, und wurde später ihr Hauptaktionär. Die von Auer v. Welsbach erfundene Me- tallfadenlampe war die Haupteinnahmequelle der sich rasch entwickelnden Gesellschaft, die maßgeb- lich an der Elektrifizierung beteiligt war. Der Auer-Gesellschaft wurde 1906 die Gesellschaft für Verwertung chemischer Produkte angegliedert, die später die Produktion von Atemschutzgeräten in enger Verbindung mit Habers Institut aufnahm. Siehe jetzt B. vom Brocke: Die Kaiser-Wilhelm- Gesellschaft (wie Anm. 11), S. 98—100. Zur Finanzierung des internationalen Wissenschaftsaustauschs

112 gründeten im Sommer 1905 der Ministerialbeamte Friedrich Althoff und Leopold Koppel die »Kop- pel-Stiftung zur Förderung der geistigen Beziehungen Deutschlands zum Ausland« mit einem Stamm- kapital von 1 Million Mark, siehe Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 76, Vc Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Nr. 13, Koppelstiftung. Diese Stiftung ist offensichtlich identisch mit jener »Koppel- Stiftung zur Förderung der wissenschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu den Vereinigten Staaten von Amerika aber auch zu anderen Kulturstaaten, vornehmlich zu Frankreich«, siehe vom Brocke: Wissenschaftsverwaltung (wie Anm. 21), S. 19. Die Spenden der Koppel-Stiftung an die KWG wurden nur noch durch die der Familie Krupp und der Erben Fritz von Friedlaender-Fulds übertroffen. Siehe Anm. 23, aber auch Anm. 25; zu den Kriegsarbeiten des KWI für physikalische Chemie und Elektrochemie siehe L. Burchardt: Die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Ersten Weltkrieg (1914—1918). In: Forschung (wie Anm. 11), S. 163-196, hier S. 164-167. Satzung der Kaiser Wilhelm-Stiftung für technische Wissenschaft [9.3.1920], in: Zentrales Staatsar- chiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 76, Vc Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 347—350. Paragraph 3 lautet: »Die Organe der Stiftung sind a) das Kuratorium, b) die Fachausschüsse.« Weite- re, unterschiedliche Exemplare der Satzung in: Akademie der Wissenschaften der DDR — Zentrales Archiv II - XI - 159, Bl. 38 (Typoskript) bzw. Bl. 42 (Druck). Siehe Anm. 23. « Ebd. Zitate aus Schreiben v. Valentini an Schmidt-Ott vom 24.6.1916, in: Zentrales Staatsarchiv, Dienst- stelle Merseburg, Rep. 92, NL Schmidt-Ott, BXIII, 4, S. 36, Entwurf, ebd., 2'2-l Nr. 32426, S. 5v-6; weniger detailliertes Schreiben von Valentini an Koppel vom 24.6.1916, Entwurf, ebd., S. 5; Abschrift, ebd., Rep. 92, NL Schmidt-Ott, B XIII, 4 S. 37-37v. Mit dem Verlust des Potsdamer Heeresarchivs im Zweiten Weltkrieg dürften auch die Unterlagen des Kriegsministeriums zur Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft vernichtet worden sein, so daß für die Einstellung des preußischen Kriegsministeriums zur Errichtung dieser Stiftung keine Originalquellen vorliegen. In den vergleichsweise gut überlieferten Beständen der Reichs- marine im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg/Breisgau findet sich keine Ersatzüberlieferung, obwohl das Reichsmarineamt an der Errichtung der KWKW beteiligt war. Die genannten Daten wurden dem Schreiben Koppels an Kriegsminister von Stein vom 13.11.1916 entnommen, Abschrift in: Zen- trales Staatsarchiv, Diensstelle Merseburg, 2-2-1, Nr. 32426, S. 13f. Schreiben Haber an v. Valentini vom 29.12.1916, ebd., Rep. 92, NL v. Valentini Nr. 6. Schreiben Kriegsministerium an Kultusministerium vom 27.10.1916, ebd., Rep. 76, Vc Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 27; Überarbeitung des Satzungsentwurfs vom 28.10.1916 auf der Sitzung der Gesamtakademie am 2.11.1916, Protokollauszug in: Akademie der Wissenschaften der DDR — Zentrales Archiv, II — XI — 159, Bl. 15; Schreiben Koppel an von Stein vom 13.11.1916, Abschrift, Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, 2'2-l, Nr. 32426, S. 13f.; Allerhöchste Kabi- netts-Ordre an den Kriegsminister von Stein vom 17.12.1916, Fotografie in: MPG-Archiv IA 1—1789, S.28. Schreiben des Justizministerium an das Kultusministerium vom 21.5.1917 wegen Bedenken hinsicht- lich der Mitzeichnung des Ministerialerlasses vom 24.1.1917, Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Mer- seburg, Rep. 76, Vc Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 203; Schreiben Schmidt-Ott an v. Trott zu Solz, ebd., S. 208; Landesherrliche Genehmigung der Stiftungserrichtung, beglaubigte Abschrift, ebd., S. 215.; Schreiben der Akademie an das preußische Kultusministerium vom 26.10.1916, ebd., S. 35; Protokoll der Sitzung der Gesamtakademie am 2.11.1916, in: Akademie der Wissen- schaften der DDR — Zentrales Archiv, II — XI — 159, Bl. 15, Bereitstellung geeigneter Räume mit Tresor in der Akademie, ebd., Bl. 17—20. "" Im Schreiben Roethe an Schmidt-Ott vom 26.10.1916 wurden von selten der Akademie als Leiter der Fachausschüsse genannt: Emil Fischer, Walther Nernst, Fritz Haber, Alois Riedler. Original in: Zentra- les Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 76 Vc, Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 35; im Schreiben der Akademie an Schmidt-Ott vom 21.12.1916 wurde Fritz Wüst als Leiter der Fach- gruppe Metalle benannt. Original, ebd., S. 45; im Schreiben der Akademie an Schmidt-Ott vom 25.1. 1917 wurde Heinrich Müller-Breslau als Vorsitzender des Ausschusses für Luftfahrt ernannt. Original, ebd., S. 64. Aus einem Brief von Emil Fischer an Wilhelm Waldeyer vom 20.12.1916 (Akademie der Wissenschaften der DDR — Zentrales Archiv, II — XI — 159, Bl. 22) ist bekannt, wie es zum Akademie- vorschlag Fritz Wüst kam: Nernst, Haber und Emil Fischer waren intern übereingekommen und hatten ihn ohne Diskussion in der Gesamtakademie vorgeschlagen. Schreiben Riedler an Kultusminister Schmidt-Ott vom 22.1.1918, Original, Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 76 Vc, Sekt. 1,

113 Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 235, diverse Schreiben Kriegsministerium in dieser Angele- genheit von Anfang 1918, Abschriften, ebd., S. 294—296v. Denkschrift von Stephan Löffler und Alois Riedler: Verbrennungsturbinen und Brennstoffwirtschaft, ebd., S. 236—242; handschriftliche Notizen von Krüss über Gespräche mit Riedler und Haber vom 7.2. bzw. 29.1.1918, ebd., S. 243 f.; kritische Auseinandersetzung mit dem Riedlerschen Projekt im Schreiben Emil Fischer an Fritz Haber ohne Datum [Anfang 1918], Durchschlag in: Bancroft Library, Berkeley, NL Emil Fischer, Briefdurchschläge; auf der Fachausschuß-Vorsitzenden-Sitzung am 3.10.1918 wurde Riedler mit seinem Projekt an die Brennkrafttechnische Gesellschaft verwiesen, siehe handschriftliche Notiz Krüss in: Zentrales Staats- archiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 76 Vc, Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 313. "" Der Dachverband wurde im September 1916 vom Verein Deutscher Ingenieure, Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine, Verein deutscher Eisenhüttenleute, Verband Deutscher Elektro- techniker, der Schiffbautechnischen-Gesellschaft und dem Verein Deutscher Chemiker gegründet, siehe Burchardt: Standespolitik (wie Anm. 11), S. 188f. 5» Stahl und Eisen 37 (1917), S. 384. 51 Alter (wie Anra. 32), S. 113. 52 Stahl und Eisen 38 (1918), S. 79f. " In den Archiven von Mannesmann, Krupp, Thyssen, Siemens und des Vereins Deutscher Eisenhüt- tenleute konnten keine Archivalien ermittelt werden. 5t Rundschreiben Nernst vom 30.1.1918 wegen Herstellung des Jahresberichts 1917, Abschrift, Zen- trales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 76 Vc, Sekt. 1, Tit. 9, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 231f.; handschriftliche Notiz Krüss über Fachausschußvorsitzenden-Sitzung am 8.2.[1918], der zufolge Alfred Stock die Redaktion übernehme; laut handschriftlicher Notiz Krüss über eine Sit- zung der Fachausschußvorsitzenden am 9.5.1918 lagen die Manuskripte zum großen Teil bereits vor, Einlieferungsschluß sollte der 15.5.1918 sein, ebd., S. 271; auf der Fachausschuß-Vorsitzenden-Sit- zung vom 3.10.1918 war die Drucklegung des Berichts noch immer auf der Tagesordnung, siehe handschriftliche Notiz Krüss, ebd., S. 313. Zur Arbeit von Alfred Stock, der im Februar 1918 in Vertretung von Emil Fischer den Vorsitz des Fachausschusses 1 übernahm, siehe: Chemische Berichte 83 (1950), S. XXXVIf. 55 Bevor die einzelnen Senatsvorsitzenden dem Kultusministerium die wissenschaftlichen Mitglieder ihres Senats vorschlugen und um ministerielle Bestätigung nachsuchten, dürften sie die betreffenden Wissenschaftler persönlich angesprochen haben, siehe beispielsweise Bancroft Library, Berkeley, NL Emil Fischer, Briefdurchschläge, Schreiben Emil Fischer an Carl Engler vom 13.2.1917; ebd., Map- pe Engler, Schreiben Engler an Fischer vom 20.2.1917, in dem er seine Mitarbeit in der KWKW bestätigt. Schreiben Emil Fischer an Franz Fischer vom 1.2.1917 wegen Mitarbeit im Fachausschuß 1 der KWKW, in: MPI für Kohlenforschung, Archiv 01—001. Die Anträge der Fachausschußvorsit- zenden und die Erklärung der einzelnen wissenschaftlichen Senatsmitglieder finden sich in: Zentra- les Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 76 Vc, Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1. Ihre Mitarbeit schränkten nur Rieppel wegen beruflicher Tätigkeit als Betriebsleiter der Bayerischen Flugzeug-Werke (ebd., S. 168) und Wallichs wegen seines Militärdienstverhältnisses beim Kriegsamt, technische Institute der Infanterie (ebd., S. 177) ein. Bei einer 5-prozentigen Verzinsung des Kapitals hätten jährlich 100000 M — also jeder Fachgruppe ca. 15000 M zur Verfügung stehen müssen. Emil Fischer teilte Carl Engler mit Schreiben vom 13.2.1917 jedoch mit: »Vorläufig sind für jeden Fachaus- schuß M 7500 zur Verfügung gestellt.« Durchschlag in: Bancroft Library, Berkeley, NL Emil Fischer, Briefdurchschläge. Dieses Geld diente offensichtlich zur Deckung der Reisekosten. Schreiben Emil Fischer an das Kriegsamt, Kriegsarbeitsamt vom 12.4.1917 wegen Nichteinberufung eines Mitar- beiters, Durchschlag, ebd.; die Möglichkeit der uk-Stellung von Mitarbeitern erwähnt Emil Fischer auch auf der 1. Sitzung seines Fachausschusses, Protokoll, Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merse- burg, Rep. 76 Vc, Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 190; weiteres Exemplar in: Ban- croft Library, Berkeley, NL Emil Fischer, Mappe Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wis- senschaft. 5^ Entsprechende Äußerungen Emil Fischers in seinen Briefen, siehe ebd., Briefdurchschläge 13.2.1917, 12.4.1917, 2.7.1917, 6.7.1917 und 1.12.1917. Die Sitzung der Fachausschuß-Vorsitzenden wird u.a. erwähnt im Schreiben Emil Fischer an die Kriegs-Rohstoff-Abteilung vom 2.7.1917 und im Schrei- ben an Franz Fischer vom 5.11.1917, Durchschlag, ebd.; Schreiben Emil Fischer an den Geschäfts- führer der KWKW vom 16.8.1918, in dem er argumentiert: »Es besteht nicht die Absicht, den Kreis der Mitglieder der Kaiser Wilhelm-Stiftung zu erweitern durch die Wahl von Männern, die selbst in der Industrie tätig sind, weil durch deren Teilnahme an Vorschlägen oder Erfindungen, die von

114 der Kaiser Wilhelm Stiftung ausgehen, die Heeresverwaltung bei der späteren praktischen Ausnut- zung in eine gewisse Zwangslage kommen könnte.« Durchschlag, ebd., siehe auch Protokoll der Sit- zung am 7.1.1918 im Kriegsministerium wegen Patentverwertung, in: Zentrales Staatsarchiv, Dienst- stelle Merseburg, Rep. 76 Vc, Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 226f. Eine »lange Wunschliste des Kriegsministerium« und der Hinweis, daß die KWKW völlig unabhän- gig von den Verwaltungsorganen des Kriegsministers sei und seine Vorschläge direkt an den Kriegs- minister richte, werden erwähnt im Schreiben Emil Fischer an Carl Engler vom 13.2.1917, Durch- schlag in: Bancroft Library, Berkeley, NL Emil Fischer, Briefdurchschläge; »eine Liste der Aufgaben, die einstweilen vom Kriegsministerium und vom Marineamt gestellt sind,« wird im Schreiben Emil Fischer an Ludwig Knorr vom 21.2.1917 erwähnt. Durchschlag, ebd.. Schreiben Emil Fischer an die Kriegsrohstoffabteilung vom 2.7.1917, in dem er Mitteilung macht, daß er die Überweisung der ihm zugedachten Aufgabe an Prof. Wüst beantragen werde, da sich dieser speziell mit der Unter- suchung von Metallen und Metallegierungen beschäftige. Durchschlag, ebd. Mit Schreiben vom 26.3.1917 unterrichtete Wrisberg das Königlich Bayerische Kriegsministerium, das daraufhin Mit- teilung an die nachgeordneten Dienststellen machte. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Kriegsarchiv MKr 12282; Ausschnitt aus dem preußischen Armee-Verordnungsblatt Nr. 14 vom 16.3.1917, S. 134, ebd.; Druckschrift des Kriegsministeriums vom 22.1.1917 über die Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegs- technische Wissenschaft mit sechs Anlagen, der Name des Adressaten konnte handschriftlich einge- setzt werden, identische Exemplare in: Deutsches Museum, München, Handschriftenabteilung, Nach- laß Wilhelm Wien C II; Bancroft Library, Berkeley, NL Emil Fischer, Mappe Kaiser Wilhelm Stif- tung für kriegstechnische Wissenschaft. Zu Fragen von Technik, Beschaffungswesen und Erfindun- gen siehe auch E. v. Wrisberg: Wehr und Waffen 1914—1918. Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Leipzig 1922, S. 114—126. Schreiben Kriegsministerium an den Generalsekretär der KWG vom 1.12.1917 mit Entwurf der »Bestimmungen betreffend die Erfindungen der Mitglieder der Kaiser Wilhelmstiftung (!) für kriegs- technische Wissenschaften (!)«. Typoskript, Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, 2'2-l, Nr. 32426, S. 36, weiteres Exemplar in: Archiv zur Geschichte der MPG, I A 1-1789, S. 34-35v, endgültige Fassung vom 13.2.1918, ebd., S. 37—38; weiteres Exemplar in: Zentrales Staatsarchiv, Dienst- stelle Merseburg, 2'2'1, Nr. 32426, S. 38—39; »Gesichtspunkte für die Behandlung Geheimer Sachen« erwähnt im Schreiben Emil Fischer an Franz Fischer vom 25.5.1917, Durchschlag in: Bancroft Library, Berkeley, Nachlaß Emil Fischer, Briefdurchschläge. Zu Riedlers Bemühungen um seine Turbine sie- he Anm. 48, zu Fischers Arbeiten über den Tieftemperaturteer siehe: Rasch: Geschichte (wie Anm. 8), S. 74—80, siehe auch das Sitzungsprotokoll der Fachgruppe 1 der KWKW vom 1.11.1917 (siehe Anm. 59, S. 251), Anfrage des Staatssekretärs des Reichsmarineamts vom 5.5.1918 bei Fischer wegen des Berichts, Original in: Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Archiv 01—005. Einzelne Arbeitsthemen laut Berufungsvorschläge der einzelnen Fachgruppenvorsitzenden in: Zen- trales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep 76 Vc, Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 84, 86, 97, 99f., 105f. weitere Unterlagen ebd.; Einblicke in die Arbeit der Fachgruppe 1 gewähren die beiden Sitzungsprotokolle vom 16.6.1917 und 1.11.1917, ebd., S. 189-202, 247-264; dsgl. in: Bancroft Library, Berkeley, NL Emil Fischer, Mappe Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft. Aus den für die KWKW durchgeführten Arbeiten von Prof. Prandtl und Dr. Gram- mel zur Stabilisierung von Flugzeugen scheint der »Kreisel« seinen Weg in die Anwendung gefun- den zu haben. Für diesen Hinweis danke ich Herrn Jobst Broelmann, Deutsches Museum. Schreiben Kriegsministerium an Kultusministerium vom 13.2.1917, Abschrift, Zentrales Staatsar- chiv, Dienststelle Merseburg, 2-2-1, Nr. 32426 S. 31—33; Schreiben Haber an Schmidt-Ott vom 18.9.1917, Abschrift, ebd., 2-2-1, Nr. 21290 S. 222-229. Eine andere Gewichtung der geplanten Insti- tutsgründung sowie weitergehende Informationen bei Stoltzenberg (wie Anm. 11), S. 16f. Das bei G. Wendel (wie Anm. 11), S. 357 wiedergegebene Dokument Nr. 127 (ein Auszug aus dem Schrei- ben Haber an Schmidt-Ott vom 18.9.1917) bezieht sich nicht etwa auf eine Zusammenarbeit zwi- schen Habers Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie und der KWKW, sondern auf eine angestrebte Kooperation zwischen KWKW und dem noch zu gründenden Kaiser- Wilhelm-Institut für angewandte physikalische und Biochemie. " Handschriftliche Notiz Krüss' über Sitzung der KWKW am 8.2. [1918], Zentrales Staatsarchiv, Dienst- stelle Merseburg, 2-2-1 Nr. 21290, S. 278. Zitat aus Schreiben Emil Fischer an Alfred Wohl vom 4.1.1919, Durchschlag in: Bancroft Library, Berkeley, NL Emil Fischer, Briefdurchschläge. Schreiben Haber an Schmidt-Ott vom 2.5.1919, Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 92, NL Schmidt-Ott C 84, S. 38f.; Proceedings of the Royal Society of London, Serie A Vol. XCV,

115 London 1919, S. 253 f.; in einem undatierten Schreiben Haber an Schmidt-Ott (ungefähr 1920, Ori- ginal, ebd.) verrät dieser, daß er durch eine Passage im Tätigkeitsbericht des Kaiser-Wilhelm-Insti- tuts für physikalische Chemie und Elektrochemie Leopold Koppel wieder für die KWKW interes- sieren konnte und daß er die neue Satzung ausgearbeitet habe. " Auszug aus dem Protokoll der Sitzung der Gesamtakademie vom 29.1.1920, Akademie der Wissen- schaften der DDR — Zentrales Archiv, II — XI — 159, Bl. 36; Satzung (Entwurf und Endfassung), ebd., Bl. 38 bzw. 42; weiteres Exemplar in: Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 76 Vc, Sekt 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 331-334, 347-350, 383 f. " Vorstellung Spätsommer 1921 bzgl. der Besetzung der 6 Fachausschüsse, siehe: ebd., S. 362, Schrei- ben der Akademie an das preußische Kultusministerium vom 28.7.1922, Original, ebd., S. 378. « Theodor von Karman (11.5.1881-7.5.1963), Studium 1898-1902 Budapest, 1906-1908 Göttin- gen, dort Promotion 1908, 1910 Privatdozent in Göttingen, 1913—1933 Ordinarius für Mechanik (als Nachfolger von Arnold Sommerfeld) und Aerodynamik an der TH Aachen, 1933—1949 Direk- tor des Guggenheim Aeronautical Laboratory am California Institute of Technology in Pasadena, wo er mit seiner Turbulenztheorie u. a. die Entwicklung des neuen Drehflügelflugzeugs gefördert hat. " Protokoll der Sitzung des Kuratoriums der KWTW vom 25.10.1922, Abschrift Zentrales Staatsar- chiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 76 Vc, Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 1, S. 387f., insbesondere der spätere Generaldirektor der preußischen Staatsbibliothek, Hugo Andres Krüss, setzte sich für den Segelflug ein; 18seitige Denkschrift über das Segelflugwesen und die Möglichkeiten zu dessen Förderung, ebd., S. 389—402; Unterlagen wegen Rhön-Segelflug-Wettbewerb am 22.8.1923, ebd., S. 441—445; bzgl. Auflösung der Stiftung und Verwendung des Restvermögens siehe Schreiben Reichsministerium des Innern an Preußisches Kultusministerium vom 7.1.1926, ebd., Rep. 76 Vc, Sekt. 1, Tit. 8, Abt. 8, Stiftungssachen 17, Bd 2, S. 10. '' Für die Hinweise auf die DFG und zur Carnegie Institution danke ich Herrn Bernhard vom Brocke. Zur DFG siehe: K. Zierold: Forschungsförderung in drei Epochen. Deutsche Forschungsgemein- schaft. Geschichte, Arbeitsweise. Kommentar. Wiesbaden 1968, S. 48f., 57—61. E Schmidt-Ott: Erlebtes und Erstrebtes 1860-1950. Wiesbaden 1952, S. 145; F Wever: Aus der Geschichte des Max-Planck-Institutes für Eisenforschung. In: Aus der Deutschen Forschung der letzten Dezennien. Festschrift Ernst Telschow zum 65. Geburtstag. Hrsg. von B. Rajewsky und G. Schrei- ber. Stuttgart 1956, S. 302 f. Eine historische Aufarbeitung der Geschichte des Düsseldorfer Eisen- forschungsinstituts ist noch immer ein Desiderat, siehe Ansätze bei Burchardt (wie Anm. 39), S. 182 f. '' Die Unterlagen zur Forschungsfinanzierung durch das Heereswaffenamt sind äußerst spärlich. Hin- weise finden sich jedoch in der Akte »Verkehr mit Industrie und Wirtschaft« (Bundesarchiv-Militär- archiv [BA-MA], Freiburg, RH 8/v. 919). Einer Aufstellung »Reichsmittel für wissenschaftliche For- schungen« vom 21.9.1927 zufolge unterhielt das Heereswaffenamt u.a. Beziehungen zum Kaiser- Wilhelm-Institut für Eisenforschung, zum Schlesischen Kohlenforschungsinstitut, zum Mineralöl- und Braunkohlenforschungsinstitut der TH Berlin-Charlottenburg, zur Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, zur Chemisch-Technischen Reichsanstalt, zum VDI, VdEh und zu anderen Einrich- tungen. Die finanziellen Zuwendungen des Heereswaffenamtes waren in der Regel gering, siehe bei- spielsweise zur Unterstützung des Schlesischen Kohlenforschungsinstituts M. Rasch: Die Montanin- dustrie und ihre Beziehungen zum Schlesischen Kohlenforschungsinstitut der Kaiser-Wilhelm-Gesell- schaft. Ein Beitrag zu Wissenschaft und Wirtschaft in der Zwischenkriegszeit. In: Technikgeschichte 55 (1988), S. 7—24, hier S. 15 und Anm. 42. Laut einem internen Schreiben des Heereswaffenamts, Waffenprüfungswesen vom 14.11.1929 erhielten KWI für Strömungsforschung, KWI für Silikatfor- schung und KWI für Eisenforschung geringe Mittel aus dem Militäretat, BA-MA, RH 8/v. 919. Siehe Dokument 8. " Der Physiker Friedrich Krüger zählt zu den Mitunterzeichnern des Aufrufs zur Errichtung einer akademischen Vermittlungsstelle, siehe Dokument 8. Dr. Albrecht Schmidt, freundliche Auskunft Dr. HJns-Dietrich Schmidt-Ott, Sohn von Friedrich Schmidt-Ott, aufgrund von tagebuchähnlichen Aufzeichnungen seines Vaters. Kriegsminister Adolf Wild v. Hohenborn. Rudolf v. Valentini, Chef des Zivilkabinetts. Ursprünglich stand dort: Unterrichtsverwalt. Ursprünglich stand dort: Kampfgebrauch. Die »Koryphäen« werden nicht namentlich erwähnt. In den tagebuchähnlichen Aufzeichnungen von Friedrich Schmidt-Ott, die mir sein Sohn Hans-Dietrich Schmidt-Ott freundlicherweise zugänglich gemacht hat, findet sich unter dem 15. Juni 1916 die folgende Eintragung: »Koppel u. Haber, von

116 Bornstedt bei mir. Frühstück bei Koppel. Emil Fischer und Nernst bei mir (Stiftung 2 Millionen für Naturwissenschaft und Technik im Heere). Moellendorff wg. Einwendung(en) von Deutelmo- ser. Mit Auto Habers nach Hause.« Also sind drei »Koryphäen« namentlich bekannt, nämlich die Physikochemiker Walther Nernst und Fritz Haber sowie der weltberühmte Organiker Emil Fischer. Alle drei haben später jeweils einen Fachausschuß der KWKW geleitet. Der ebenfalls genannte »von Bornstedt« ist vermutlich ein Offizier, während zwischen der Eintragung über Moellendorff/Deu- telmoser und der KWKW vermutlich kein Zusammenhang besteht. " Vermutlich Abschrift der von Leopold Koppel am 4.7.1916 an den preußischen Kriegsminister gerich- teten Eingabe. Das gleiche, jedoch erweiterte Schreiben — aber ohne diese Uberschrift — sandte Koppel am 13.11.1916 an Kriegsminister Hermann v. Stein; Abschrift u.a. in: Archiv zur Geschichte der MPG, Berlin, I Al-1789, p. 17—18v. Dieser Absatz wurde durch drei neue Absätze ersetzt, die die Entwicklung zwischen Juli und Oktober 1916 schildern und mit der Absichtserklärung enden, daß Leopold Koppel vorbehaltlich der königlichen Genehmigung die Kaiser Wilhelm-Stiftung für krieg- stechnische Wissenschaft errichtet: »Bereits meiner erwähnten Mitteilung an den Herrn Kriegsmi- nister vom 4. Juli d. Js. hatte ich den Entwurf einer Satzung für die Stiftung beigefügt. Die Satzung hat nach vorhergegangenen verschiedenen Beratungen in einer Sitzung, welche am 28. Oktober d.Js. im Kaiser-Saal des Preußischen Kriegsministeriums stattgefunden hat, und an welcher das Preußi- sche Kriegsministerium, das Reichs-Marine-Amt, das Preußische Kultusministerium, die Preußische Akademie der Wissenschaften, die Kaiser Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften und die Leopold Koppel-Stiftung durch ihre Vertreter teilgenommen haben, die anliegende Fassung im allseitigen Einverständnis erhalten. Mit dieser Satzung errichte ich hierdurch, vorbehaltlich der Königlichen Genehmigung, die Kaiser Wilhelm-Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft als rechts- fähige Stiftung. In Anlehnung an die Begründung, die ich dem Satzungsentwurfe bei der Mitteilung meiner Absicht an den Herrn Kriegsminister vom 4. Juli d.Js. beigegeben habe, bemerke ich zur Erläuterung meiner Absichten folgendes:« '' In der Version vom 13.11.1916 wird die Marine nicht zusätzlich erwähnt. Entsprechend den Satzungsänderungen heißt es am 13.11.1916: »und die Mitglieder dieses Ausschusses durch den Kultusminister im Einvernehmen mit dem Kuratorium auf Vorschlag des betreffenden Gelehrten berufen zu lassen.« " In der Version vom 13.11.1916 mit dem Zusatz: und der Deutschen Flotte. In der Version vom 13.11.1916 erweitert zu: Mitteln der Heeres- und Marineverwaltung. " Anstelle dieses Satzes folgt in der Version vom 13.11.1916 als weiterer Punkt: »4. Sobald die Stiftung die Königliche Genehmigung gefunden haben wird, werde ich ihr aus den Mitteln einer meiner Unter- nehmungen das Stiftungskapital von zwei Millionen 5%iger Kriegsanleihe überweisen. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß Seine Majestät der Kaiser und König die Stiftung genehmigen und ihr erlau- ben wird, seinen Namen zu führen. Möge dann die Stiftung dem Heere, der Flotte und der Wissen- schaft jetzt und in Zukunft zum Nutzen gereichen! gez. Leopold Koppel.« Drei verschiedene Vorentwürfe und eine Endfassung der Satzung konnten festgestellt werden. Die älteste überlieferte Version A (Satzung der Kaiser Wilhelm Stiftung für Naturwissenschaft und Tech- nik im Heere) befindet sich im Archiv zur Geschichte der MPG, Berlin IA 1-1789 p.5—7. Sie dürfte eine Abschrift desjenigen Satzungsentwurfs sein, der am 4. Juli 1916 von Koppel an den Kriegsmini- ster gesandt wurde; ein späterer Entwurf, Version B, der aufgrund seines Aktenzeichens im Kriegs- ministerium entstanden ist und eine dort überarbeitete Fassung der Version A darstellt, trägt hand- schriftliche Anmerkungen von Friedrich Schmidt-Ott. Exemplar vorhanden in: Zentrales Staatsar- chiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 92 Nachlaß Schmidt-Ott B XIII, 4 p. 49—51. Eine dritte, noch später entstandene Fassung, Version C, die die handschriftlichen Randbemerkungen Schmidt-Otts auf Version B zum Teil aufgegriffen hat, befindet sich im Archiv zur Geschichte der MPG, Berlin, I A 1-1789 p. 8—10. Diese Version C wurde am 28. Oktober 1916 im Kaisersaal des Preußischen Kriegsministeriums von Vertretern des Kultusministeriums, der Preußischen Akademie, der Kaiser- Wilhelm-Gesellschaft und der Koppel-Stifung mit Offizieren des Kriegsministeriums diskutiert, darauf deuten auch die handschriftlichen Korrekturen hin, die in der Regel mit der Endfassung {Version D) übereinstimmen. Allerletzte Korrekturen wurden von der Gesamtakademie auf ihrer Sitzung am 2. November 1916 festgelegt und in die Endversion eingearbeitet (Akademie der Wissenschaften der DDR - Zentrales Archiv, II - XI - 159, Bl. 15). In Version A lautete die Überschrift schlicht: Satzungsentwurf. In Version A lautete der Namen noch: Kaiser Wilhelm Stiftung für Naturwissenschaft und Technik im Heere.

117 Dieser Zusatz fehlt in Version A noch vöUig. In der Version A fehlten genaue Angaben über die Verwendung der Kapitalerträge, nur in J IX heißt es: »Das Stiftungsvermögen besteht aus vom Geheimen Kommerzienrat L. K. überwiesenen zwei Millionen Mark in 5% Deutscher Kriegsanleihe.« In den Versionen B und C fehlt die Angabe »5 prozentiger Kriegsanleihe«, während in Version A, S IX, von 5%igen deutschen Kriegsanleihen die Rede ist. Der letzte Satz geht auf eine handschriftliche Randbemerkung Schmidt-Otts in Version B zurück und findet sich erstmals in Version C. " In Version A: Kuratorium; in Version B: Vorstand; in Version C: Stiftungsvorstand. In Verion B und C: des Vorstandes. In Version A lautet der Sachverhalt noch: »Aufgabe des Kuratoriums ist die Leistung (!) aller Arbei- ten, welche zur Erfüllung des Stiftungszwecks dienen.« In Version B werden »Kuratorium« durch »Vorstand«, »Leitung« durch »wissenschaftliche Leitung« und der Relativanschluß »welche« durch »die« ersetzt. In Version B finden sich die handschriftlichen Ergänzungen, »Regelung der inn. Einrichtung &« und »sowie eine repräsentative Vertretung«, außerdem ist das Wort »wissenschaft- lich« durchgestrichen. Diese Korrekturen sind in Version C vollständig übernommen, so daß sich Version C und die Endfassung nur durch den Namen des Stiftungsorgans Vorstand bzw. Kuratori- um unterscheiden. Letzter Halbsatz stammt von Schmidt-Ott und ist handschriftlich in Version B notiert; er erscheint erstmals in Version C. Nach Version A war die Aufgabe der Verwaltung wie folgt gekennzeichnet: »Die Verwaltung besorgt die wirtschaftlichen Geschäfte der Stiftung.« In Version B wurde die Aufgabenstellung ergänzt durch den Satz »und übernimmt die rechtliche Vertretung nach außen«. Die handschriftliche Bemerkung Schmidt-Otts »und wirtschaftliche« Vertretung ist in Version C übernommen. " Ursprünglich: Kuratorium; in Version B: Vorstand-, in Version C: der Stiftungs-Vorstand. In Version A wird vom »jeweiligen« Preußischen Kriegsminister gesprochen, zu seiner Vertretung soll nur der »jeweilige Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements« und nicht jeder Depanement- Direktor zugelassen sein. Die Versionen B und C unterscheiden sich nicht von der Endversion. Dieser Zusatz fehlt in den Versionen A—C. " Die Version A sah nur einen »Stabsoffizier des Großen Generalstabs — als Geschäftsführer, der zugleich der Verwaltung der Stiftung angehört« vor; in Version B ernennen schon Preußischer Kriegs- minister und Chef des Generalstabes je einen Offizier aus ihrem Befehlsbereich zum Mitglied, von denen einer durch den Vorsitzenden zum Geschäftsführer bestimmt wird und gleichzeitig der Stif- tungsverwaltung angehört. Damit ist in Version B fast die endgültige Fassung gefunden, handschrift- liche Bemerkungen Schmidt-Otts weisen noch auf den Staatssekretär des Reichsmarineamts hin, der dann erstmals in Version C genannt wird. Ursprünglich nur: »einem Vertreter des jeweiligen Ministers der geistlichen- und Unterrichtsange- legenheiten«; in Version B und C heißt es: »einem durch den Minister der geistlichen und Unter- richtsangelegenheiten zu bestimmenden Vertreter«; erst in der Endversion D wird dem Staatssekre- tär des Reichsmarineamts die Entsendung eines weiteren Vertreters zugebilligt. "" Ursprünglich waren nur Offiziere vorgesehen, in Version B werden erstmals auch Heeresbeamte genannt, die in Version C als Beamte firmieren. 102 Jjj Version A waren vorgesehen: »sechs Offiziere, welche zu Mitgliedern auf die Dauer der Inneha- bung ihrer Dienststellung ernannt werden, wie z. B. die Präsidenten der Artillerieprüfungskommis- sion, der Gewehrprüfungskommission, des Ingenieur-Comites«. In Version B heißt es: »einer je nach Bedarf zu bemessenden Anzahl von Offizieren oder Heeresbeamten, die zu Mitgliedern auf Vor- schlag des Vorsitzenden durch seine Majestät den Kaiser ernannt werden. Die Ernennung wird ent- weder für die Dauer der Bekleidung einer bestimmten Dienststelle oder auf fünf Jahre ausgesprochen.« Ursprünglich war § 5 b ein eigenständiger Punkt; die Zusammenfassung mit dem vorhergehenden Punkt geht auf Schmidt-Ott zurück. Version A sah entsprechend den zuvor erwähnten sechs Offi- zieren die Ernennung von sechs Gelehrten vor. In Version B wird keine genaue Anzahl von Offi- zieren mehr genannt, folglich soll nur eine dieser Zahl entsprechende Anzahl von Gelehrten ernannt werden. In Version A fand sich am Schluß des Paragraphen folgende Passage über Anzahl und Qua- lifikation der Zivilisten und Militärs, die in den späteren Versionen ersatzlos gestrichen wurde: »Die Zahl der Offiziere und der Gelehrten kann durch Allerhöchste Entschließung vermehrt werden. Von den Offizieren wird angenommen, daß sie aus dem Kreise der in den technischen Ressorts der Heeresverwaltung besonders unterrichteter Persönlichkeiten in Rücksicht auf ihr Verständnis

118 und ihr Interesse für die Stiftungsaufgaben gewählt werden. Von den Gelehrten wird angenommen, daß sie von der Akademie nicht nur aus ihrem eigenen Mitgliederbestande vorgeschlagen werden, sondern daß der Vorschlag auf die bestgeeigneten Persönlichkeiten des Faches gerichtet wird.« Handschriftliche Bemerkungen Schmidt-Otts in Version B betrafen die »Vorstandsmitglieder«, die er als »Mitglieder des Stiftungskörpers an der Akademie d. W [issenschaften]« bezeichnete. In Ver- sion C wird jedoch nur von Mitgliedern gesprochen. 104 In Version A war nur vorgesehen: »aus einem Mitgliede der Preußischen Akademie der Wissen- schaften, von der letzteren vorgeschlagen.« Der Nebensatz fehlt in der ansonsten identischen Uber- lieferung der Version A in der Akademie der Wissenschaften der DDR — Zentrales Archiv, II — XI — 159, Bl. 6/1. In Version B erfolgt schon die Ernennung durch den Kaiser und ist zudem auf fünf Jahre begrenzt, erst in Version C findet sich der handschriftliche Zusatz »oder seinem Stellver- treter, der in gleicher Weise ernannt wird.« In Version B stand noch, daß das Mitglied der Akade- mie gleichzeitig Vorsitzender der Verwaltung sei. Diesen Zusatz hat Schmidt-Ott in seinem Exem- plar gestrichen. 105 Jjj Version A heißt es schlicht: »aus dem Präsidenten der Kaiser Wilhelm Gesellschaft«; in Version B wird dies ergänzt durch: »für die Dauer seines Amtes«, was Schmidt-Ott ersetzte durch »oder seinem Stellvertreter«. In der ursprünglichen Version heißt es nur: »aus dem Vorsitzender der L. K. Stiftung«; in Version B hatte Schmidt-Ott den neuen Zusatz »für die Dauer seines Amtes« gestrichen und ersetzt durch »oder seinen Stellvertreter«; jedoch blieb in Version C der ursprüngliche Zusatz erhalten, zusätz- lich wird der Stellvertreter erwähnt. Ursprünglich ohne eigene Nummer aufgeführt heißt es in Version A: »Der Verwaltung attachiert ist der sub II 2 erwähnte Geschäftsführer des Kuratoriums.« Ab Version B als 4.) mit dem endgülti- gen Text aufgeführt, wobei noch von Vorstand und nicht Kuratorium die Rede ist. 108 erste Satz geht auf Schmidt-Ott zurück; der zweite wird erstmals in der Endversion D erwähnt. "" Dieser Zusatz wird erstmals in Version B erwähnt. Schmidt-Ott hatte in Version B »beantragt« durch »angefordert« ersetzt. Ursprünglich wollte Schmidt- Ott noch einen Nebensatz über die Verwendung der vorhandenen Mittel anfügen. Die Anmerkung hat er jedoch wieder ausgestrichen. In Version A lautete diese Passage kurz: »für die praktischen Versuche sind sie vom Kuratorium bei der Heeresverwaltung zu beantragen.« Version B: »Für etwaige durch den Vorstand oder die Heeresverwaltung gewünschte praktische Versuche sind sie vom Vorstand im Einvernehmen mit den zuständigen militärischen Fachstellen beim Kriegsminister zu beantragen.« In Version C wer- den erstmals auch Marine und der Staatssekretär des Reichsmarineamts erwähnt. In Version A lautet dieser Absatz noch ganz schlicht: »Die Stiftung setzt Senate (Fachausschüsse) ein, in denen jeweils das entsprechende wissenschaftliche Mitglied des Kuratoriums das Präsidium führt. Es werden zunächst sechs Senate gebildet, nämlich: [...]« Version B und C haben schon fast die endgültige Fassung, nur wird noch vom Vorstand und nicht Kuratorium gesprochen; außerdem fehlt in Version B noch der Halbsatz »und denen die erforderli- che Zahl von militärischen und Zivilmitgliedern angehört«. Ursprünglich: »Senat für die chemischen Rohstoffe der Munitionserzeugung und für die Betriebs- stoffe des Verkehrswesens«, ab Version B ist der Zusatz »des Verkehrswesens« gestrichen. Ursprünglich: »Senat für die maschinellen Hilfsmittel der Kriegsführung«, ab Version B mit dem Zusatz »und verkehrstechnischen« Hilfsmittel. In Version A wird dieser Sachverhalt noch wie folgt ausgedrückt: »Die Zivilmitglieder der Senate werden von dem Kuratorium auf gemeinsamen Vorschlag des jeweiligen Senatspräsidenten und des Vertreters des Kultusministers ernannt.« In Version B erfolgt schon die Präzisierung der Zivilmit- glieder durch den Relativsatz »die gegebenenfalls auch aus der staatlichen und Privatindustrie zu wählen sind.« Außerdem wird das Einvernehmen mit dem Kuratorium/Vorstand vorausgesetzt und die Ernennung erfolgt — wie bei Hochschullehrern — durch den Kultusminister persönlich »für die Dauer der betreffenden Arbeit«. Schmidt-Ott änderte dies ab zu »auf Zeit«, während in der End- version die Formulierung »von Jahr zu Jahr« benutzt wird. In Version C erfolgt die Ernennung »durch den Herrn Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten oder der sonst in Betracht kommenden Stelle.« In Version A heißt es: »Die oben erwähnten Zivilmitglieder der Senate führen den Titel >Senatsmitglied der Kaiser Wilhelm Stiftung für Naturwissenschaft und Technik im Hee- re<«. Ab Version B rückt dieser Satz direkt hinter die Ausführungen über die Zivilmitglieder, jedoch heißt es erst in der Endversion D »Amtsbezeichnung« anstatt »Titel«.

119 In der ersten Version fehlten noch die sachhche und zeitHche Eingrenzung »für die betreffende Arbeit auf Zeit«. In Version B findet sich schon der Zusatz: »Für die Dauer der betreffenden Arbeit«, den Schmidt-Ott zur endgültigen Formulierung abänderte. Ursprünglich hieß es nur: »Den Mitgliedern des Kuratoriums steht Einblick und Mitarbeit in allen Senaten frei.« Schon in Version B wird der Vorstand (= das Kuratorium) verpflichtet, für eine not- wendige Zusammenarbeit der Ausschüsse zu sorgen. Die hier zum Ausdruck gebrachte Idee steckt schon in den Formulierungen der Version A: »Über die Arbeit der Senate erstatten deren Pt^identen jährlich dem Kuratorium Bericht, das diese Berichte begutachtet und die Ergebnisse zu einer Geheimdenkschrift für Seine Majestät den Kaiser zusam- menfaßt.« In Version B wird die Vermittlertätigkeit des Kriegsministers und des Ministers für geist- liche und Unterrichtsangelegenheiten zwischengeschaltet, um dem Kaiser nur noch eine »Denk- schrift« vorzulegen. Damit ist der direkte Zugang zum Kaiser wieder erschwert. In der Version B finden sich handschriftliche Hinweise auf den Staatssekretär des Reichsmarineamtes, der dann in Version C zusätzlich genannt wird. Dieser Paragraph ist wohl der am meisten überarbeitete. Version A: »Den Mitgliedern des Kuratori- ums wird volles Vertrauen in allen technischen Fragen des Heerwesens geschenkt, den Mitgliedern der Senate insoweit als die jeweilig bearbeiteten Aufgaben es erfordern.« Version B: »Den Vorstands- mitgliedern steht der volle Einblick in allen kriegstechnischen Fragen frei, den Ausschußmitglie- dern insoweit, als die jeweilig bearbeiteten Aufgaben es erfordern. Die Vorstandsmitglieder sind durch den Vorsitzenden, die Ausschußmitglieder durch den Geschäftsführer auf strengste Geheimhaltung aller kriegstechnischen Fragen zu verpflichten.« Version C: »Mit Rücksicht darauf, daß Vorstands- und Ausschußmitgliedern aus Anlaß ihrer Tätigkeit volle Einsicht in geheime kriegstechnische Fragen gewährt werden muß, sind die Vorstandsmitglieder durch den Vorsitzenden, die Ausschußmitglie- der durch den Geschäftsführer auf strengste Geheimhaltung aller kriegstechnischen Fragen zu ver- pflichten.« Diese letzte Änderung geht auf eine Forderung der Akademie der Wissenschaften zurück, die auf ihrer Sitzung am 2.11.1916 beschlossen hatte, daß § X entsprechend den Wünschen des Stifters und der Akademie im ersten Satz wieder so hergestellt werden soll, »wie er ursprünglich gelautet hatte:« Auszug aus dem Protokoll der Sitzung der Gesamtakademie am 2.11.1916, in Aka- demie der Wissenschaften der DDR — Zentrales Archiv, II—XI—159, Bl. 15. 120 In Version A fehlt jeder Hinweis auf Abstimmungsmodalitäten, Version B sieht Abstimmungen sogar in den Fachausschüssen vor; die Fachausschüsse werden jedoch von Schmidt-Ott gestrichen und fehlen in Version C. Auf eine handschriftliche Bemerkung Schmidt-Otts geht die Ergänzung über die schriftliche Abstimmung zurück, die erstmals in Version C genannt wird. Während Ver- sion B und C noch von Vorstand sprechen, heißt dieses Organ in der Endfassung Kuratorium. Auch dieser Paragraph fehlt in der Urversion. Version B und C unterscheiden sich dadurch, daß ab Version C auch das Reichsmarineamt erwähnt wird. 122 Weiteres Exemplar in: Zentrales Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg, Rep. 92, Nachlaß Schmidt- Ott B Xni, 4, S. 77—78v; gedrucktes Verzeichnis in: Bancroft Library, Berkeley, Nachlaß Emil Fischer, Mappe Kaiser Wilhelm Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft, dsgl. in: Deutsches Museum, München, Handschriftenabteilung, Nachlaß Wilhelm Wien C II. 12^ In der Druckversion wird aufgeführt: Korvettenkapitän Rieder im Reichs-Marine-Amt. 12*1 In der Druckversion als »Dr. Schmidt« bezeichnet. 125 In der Druckversion versehen mit dem Zusatz »- zugleich Vorsitzende der Fachausschüsse:« 12^ In der Druckversion sind die Positionen 5 und 6 ausgetauscht und entsprechen dadurch der in der Satzung gewählten Aufzählung der Fachausschüsse. 12' In der zeitlich später entstandenen Druckversion heißt es: »Zum Vorsitzenden der Verwaltung wurde von den Mitgliedern zu 1 bis 3 der Geheime Kommerzienrat Leopold Koppel gewählt.« 128 Herrn Dr. Bernhard vom Brocke, Marburg, danke ich für den Hinweis auf den Nachlaß Wilhelm Wien; Herrn Dr. Rudolf Heinrich, Deutsches Museum, München danke ich für die Übersendung der über die KWKW hinausgehenden Kopien, die gerade diese Vermittlungsstelle betreffen. (Her- vorhebungen im Original.)

120