Rudolf Höß in Übersetzung: Massenmörder oder Marionette?

Vergleich zweier englischer und einer spanischen Übersetzung von Rudolf Höß’ Kommandant in Auschwitz

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (MA)

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von Stefanie Kristin MAXONES, BA

am Institut für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft Begutachterin: Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil. Michaela Wolf

Graz, 2014

Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...... 4

1. Tötungsmaschinerie des NS-Regimes ...... 7 1.1. Stätten der Massenvernichtung ...... 7 1.1.1. „Heil- und Pflegeanstalten“ ...... 7 1.1.2. Konzentrations- und Vernichtungslager ...... 9 1.1.3. Entwicklung des Lagersystems ...... 9 1.1.4. Konzentrationslager Auschwitz ...... 12 1.2. Methoden der Massenvernichtung ...... 14

2. Aufarbeitung der NS-Verbrechen ...... 17 2.1. Aufarbeitung im deutschsprachigen Raum ...... 17 2.1.1. Aufarbeitung in Österreich ...... 17 2.1.2. Aufarbeitung in der DDR ...... 19 2.1.3. Aufarbeitung in der Bundesrepublik Deutschland ...... 21 2.2. Aufarbeitung im englischsprachigen Raum ...... 23 2.2.1. Aufarbeitung in den USA ...... 23 2.2.2. Aufarbeitung in Großbritannien ...... 25 2.3. Aufarbeitung im spanischsprachigen Raum ...... 26

3. Das Genre der Autobiographie ...... 30 3.1. Begriffserklärung ...... 30 3.2. Die Autobiographie im Wandel der Zeit ...... 31 3.3. Autobiographien im Kontext des Holocausts ...... 35 3.3.1. Autobiographien aus Opferperspektive ...... 35 3.3.2. Autobiographien aus TäterInnenperspektive ...... 38

4. Das Original Kommandant in Auschwitz ...... 42 4.1. Rudolf Höß ...... 42 4.2. Entstehung der Autobiographie ...... 45 4.3. Inhalt ...... 47 4.4. Edition von Martin Broszat ...... 48 4.5. Rezeption im deutschsprachigen Raum ...... 49

5. Die Übersetzungen ...... 51 5.1. Die englischen Übersetzungen ...... 52 5.1.1. Commandant of Auschwitz (1959, Ü1) ...... 52

2 5.1.1.1. Der Übersetzer Constantine FitzGibbon ...... 54 5.1.1.2. Der Verlag The Orion Publishing Group...... 54 5.1.2. Death Dealer (1992, Ü2) ...... 55 5.2. Die spanischen Übersetzungen ...... 57 5.2.1. El Comandante de Auschwitz (1960, Ü3) ...... 58 5.2.2. Yo, Comandante de Auschwitz (1979, Ü4) ...... 59 5.3. Rezeption der Übersetzungen ...... 61 5.3.1. Rezeption im englischsprachigen Raum ...... 61 5.3.2. Rezeption im spanischsprachigen Raum ...... 64

6. Paratextanalyse ...... 66 6.1. Analysegrundlage ...... 66 6.2. Analyse ...... 68 6.2.1. Cover ...... 69 6.2.2. Vorworte und Einleitung ...... 73 6.2.3. Anmerkungen ...... 75 6.2.4. Illustrationen ...... 76 6.3. Ergebnisse der Paratextanalyse ...... 77

7. Textanalyse ...... 79 7.1. Kritische Diskursanalyse nach Siegfried Jäger ...... 80 7.2. Analyse ...... 82 7.2.1. Der NS-Diskurs ...... 83 7.2.2. Institutioneller Rahmen ...... 84 7.2.3. Analyse der Diskursfragmente ...... 84 7.2.3.1. Der „Führer“-Diskurs ...... 85 7.2.3.2. Der politische Diskurs ...... 92 7.2.3.3. Der Sexualitätsdiskurs...... 98 7.2.3.4. Der Kriegsdiskurs ...... 100 7.2.3.5. Der wirtschaftliche Diskurs ...... 102 7.3. Resultate der Diskursanalyse ...... 107

8. Zusammenfassung ...... 109

Bibliographie ...... 113

3 Einleitung The only power which man should be aspire is that which he exercises over himself. (Elie Wiesel)

Auschwitz – ein Begriff, der das 20. Jahrhundert geprägt hat. Doch wer hatte im Konzentrationslager Auschwitz die Fäden in der Hand? Wer war das Gesicht hinter den Massenmorden? Rudolf Höß, jener Mann, der das Konzentrationslager Auschwitz über drei Jahre lang leitete, verfasste während seiner Untersuchungshaft in einem polnischen Gefängnis seine Autobiographie, die Aufschluss über die Person hinter der Tötungsmaschinerie gibt. In der vorliegenden Arbeit sollen das Original von Rudolf Höß’ Autobiographie Kommandant in Auschwitz und zwei englische und zwei spanische Übersetzungen der Autobiographie miteinander verglichen werden.

Die Autobiographie, die Höß in deutscher Sprache verfasste, erschien in den Jahren 1951 und 1956, noch bevor die deutsche Erstausgabe veröffentlicht wurde, in polnischer Übersetzung. Die deutsche Ausgabe, die in dieser Arbeit zur Analyse herangezogen wird, wurde von Martin Broszat editiert und erschien erstmals im Jahr 1958. Nur ein Jahr später, im Jahr 1959, wurde die von Constantine FitzGibbon angefertigte englische Erstübersetzung Commandant of Auschwitz (Ü1) publiziert. Die englische Neuübersetzung der Autobiographie Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz (Ü2), welche für ein US-amerikanisches Zielpublikum angefertigt wurde, erschien erstmals im Jahr 1992. Die von Andrés Ma. Mateo angefertigte spanische Erstübersetzung El Comandante de Auschwitz (Ü3) wurde im Jahr 1960 in Mexiko publiziert. Die spanische Neuübersetzung Yo, Comandante de Auschwitz (Ü4) hingegen erschien erstmals im Jahr 1979 in Spanien. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass es sich bei den spanischen Übersetzungen um indirekte Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen handelt.

Um das Original und die Übersetzungen miteinander vergleichen und analysieren zu können, müssen vorweg nachstehende allgemeine Fragen diskutiert werden: Wie sah die Tötungsmaschinerie des NS-Regimes aus? Wie erfolgte die Aufarbeitung der NS- Verbrechen? Welche Unterschiede gibt es im Umgang mit dem Holocaust im deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Raum? Welche Rolle spielen Zeitzeugnisse in diesem Kontext? Welche Unterschiede gibt es in der Darstellung des Erlebten aus Opfer- bzw. TäterInnenperspektive? Warum wurde gerade in den letzten 10 Jahren eine Vielzahl von Zeitzeugnissen publiziert?

4 Daraus können folgende weiterführende Fragestellungen abgeleitet werden: Welche Beweggründe hatte Rudolf Höß für die Verfassung seiner Autobiographie? Warum wurde die Autobiographie von Rudolf Höß übersetzt bzw. welches Ziel verfolgten die Verleger mit der Publikation? Welche Rolle spielt hierbei die geschichtliche Aufarbeitung der NS- Verbrechen? Inwiefern spielte der Grad der Aufarbeitung des Holocausts in den verschiedenen Sprachräumen bei der Anfertigung der Übersetzungen eine Rolle? Werden die banale Schilderung der NS-Verbrechen und der nüchterne und „kalte“ Stil von Höß in die Übersetzungen übertragen? Haben die Übersetzer versucht, den NS-Jargon zu übertragen? Warum wurde die englische Erstübersetzung (1959, Ü1) für das britische Zielpublikum angefertigt, obwohl in den USA in den 1950er-Jahren auch eine starke Aufarbeitung der NS-Verbrechen im Gange war? Warum begnügten sich die USA mit dem Vertrieb der britischen Übersetzung der Autobiographie (1959, Ü1)? Warum wurde keine US-amerikanische Übersetzung von Kommandant in Auschwitz angefertigt? Warum wurde die spanische Erstübersetzung (1960, Ü3) in Mexiko publiziert? Besteht der einzige Grund hierfür, dass die Publikation solcher Literatur unter Franco nicht möglich war oder ist dies eher auf die fehlende Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte und Francos Außenpolitik zurückzuführen? Warum gibt es sowohl eine englische (1992, Ü2) als auch eine spanische (2009, Ü4) Neuübersetzung der Autobiographie? Ist hier der Publikationszeitpunkt der Erstübersetzungen ausschlaggebend? Sind die Veränderung des Umgangs mit der Zeitgeschichte und der politische Umschwung in Spanien Gründe für die spanische Neuübersetzung (1979, Ü4)? Ist die Adaptierung an das US- amerikanische Zielpublikum der einzige Grund für die englische Neuübersetzung (1992, Ü2) oder spielt die Auseinandersetzung mit dem Holocaust als Vorbeugungsmaßnahme hierbei eine Rolle? Warum wurden beide spanischen Übersetzungen als indirekte Übersetzungen aus dem Englischen (1960, Ü3) bzw. Französischen (2009, Ü4) angefertigt?

Welche Rolle nehmen die Paratexte ein? Dienen sie nur zur Bereitstellung des notwendigen Hintergrundwissens für eine kritische Lektüre der Autobiographie? Sollen durch die umfassungsreiche Erläuterung der Entstehungsgeschichte des Originals der Autobiographie und die Vorstellung der Person Rudolf Höß der unterschiedliche Grad der Aufarbeitung des Holocausts kompensiert werden? Welche Rolle nehmen die Übersetzer und Verleger in den Paratexten ein? Sind aus den Paratexten Rechtfertigungen für die Adaptierungen der Übersetzungen ersichtlich?

Aufgrund der angeführten Fragestellungen wird von der Hypothese ausgegangen, dass die Paratexte insofern eine zentrale Funktion einnehmen, als dass sie den Verlegern und

5 Übersetzern ermöglichen, sich für jegliche Veränderungen in den Übersetzungen zu rechtfertigen und die Leser/Leserinnen zu einer kritischen Lektüre der Autobiographie mahnen. Weiters scheint es zwar offensichtlich, dass Constantine FitzGibbon die englische Erstübersetzung Commandant of Auschwitz (1959, Ü1) ausgangstextorientiert anfertigte, dennoch wurden zahlreiche Veränderungen vorgenommen, sodass die Aufzeichnungen Höß’ eher dem Genre der Autobiographie zugeschrieben werden kann. Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass die englische Zweitübersetzung Death dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz (1992, Ü2) für das jugendliche US- amerikanische Zielpublikum stark adaptiert wurde, um so den Lesern/Leserinnen den Holocaust in einer eher jugendlichen Sprache vermitteln zu können.. Andrés Ma. Mateo, der Übersetzer der spanischen Erstübersetzung El Comandante de Auschwitz (1960, Ü3) setzte offensichtlich bei den LeserInnen einen gewissen Wissensstand voraus, was aber aufgrund des Experten-LaiInnen-Verhältnisses zwischen Übersetzer und Zielpublikum und der mangelnden Aufarbeitung des Holocausts im spanischsprachigen Raum zu einer schweren Verständlichkeit der Übersetzung führte.

Um diese Hypothesen überprüfen zu können, ist sowohl eine theoretische als auch eine methodische Grundlage notwendig. So soll zunächst in Kapitel 1 auf die Tötungsmaschinerie des NS-Regimes eingegangen werden, wobei hier die Stätten und die Methoden der Massenvernichtung näher beleuchtet werden. Um einen Einblick in den Umgang mit den NS-Verbrechen zu erhalten, wird im zweiten Kapitel auf die Aufarbeitung des Holocausts im deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Raum eingegangen. In Kapitel 3 wird, aufgrund dessen, dass die Aufzeichnungen Höß’ dem Genre der Autobiographie zugeschrieben werden können, ebendieses Genre thematisiert. Um sich ein Bild über die zu analysierenden Werke machen zu können, sind die Kapitel 4 und 5 dem Original und den Übersetzungen der autobiographischen Aufzeichnungen gewidmet. Danach wird in Kapitel 6 die Paratextanalyse und in Kapitel 7 die Textanalyse durchgeführt, um die eingangs formulierten Hypothesen zu überprüfen. Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und zudem begründet, warum die Hypothesen zu bestätigen oder widerlegen sind.

6 1. Tötungsmaschinerie des NS-Regimes Im folgenden Kapitel soll ein Überblick über die Tötungsmaschinerie des NS-Regimes gegeben werden, wobei einerseits die Stätten der Massenvernichtung und andererseits die Methoden der Massenvernichtung behandelt werden.

1.1. Stätten der Massenvernichtung Nun soll näher auf die „Heil und Pflegeanstalten“, die als Deckmantel für die systematische Tötung geistig und körperlich beeinträchtigter Menschen benutzt wurden, und die Konzentrations- und Vernichtungslager eingegangen werden. Bei der Erläuterung der Konzentrations- und Vernichtungslager wird ein besonderes Augenmerk auf die Entstehung und Geschichte des Konzentrationslagers Auschwitz gelegt, das über drei Jahre lang von Rudolf Höß geleitet wurde.

1.1.1. „Heil- und Pflegeanstalten“ Die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen verfolgten das Ziel, mittels der Beseitigung ideologisch unerwünschter Gesellschaftsgruppen innerhalb des Dritten Reiches eine „arisch rassereine“ und „erbgesunde“ „Volksgemeinschaft“ zu schaffen (vgl. Kepplinger/Reese 2005:258). Die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“, die in drei Phasen vonstatten ging, stellte somit einen zentralen Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie dar (vgl. Friedlander 1997:117ff.). Anfang der 1930er- Jahre wurde eine Reformierung des Strafgesetzbuches bezüglich der Legalisierung der Euthanasie und der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ angestrebt, die jedoch nicht durchgesetzt werden konnte (vgl. Benzenhöfer 1999:109ff.). Um dies zu umgehen, wurde die Euthanasie als „geheime Reichssache“ eingestuft und der „Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“ als Tarnorganisation zur Umsetzung des Euthanasieprogramms gegründet (vgl. Friedlander 1997:91).

Die „Heil- und Pflegeanstalten“ waren schon im Jahr 1933, als die erste Phase der „Säuberung“ begann, der Mittelpunkt der Euthanasie. Geistig und körperlich beeinträchtigte Menschen, die Patienten/Patientinnen in „Heil- und Pflegeanstalten“ waren, wurden zwangssterilisiert, um „erbkranken“ Nachwuchs vorzubeugen. Weiters wurde die Grundversorgung minimiert, sodass viele Patienten/Patientinnen verhungerten (ibid.:84).

7 Zur Realisierung der zweiten Phase, der Kindereuthanasie, wurden in den bereits vorhandenen „Heil- und Pflegeanstalten“ sogenannte Kinderfachabteilungen eingerichtet (vgl. Schmuhl 1987:186). Die erste Kindereuthanasieanstalt entstand in der „Heil- und Pflegeanstalt“ Görden bei Brandenburg, wobei diese Fachabteilung auch als Ausbildungsstätte für Ärzte, die die Kindermorde durchführten, diente (vgl. Friedlander 1997:97f.). Insgesamt wurden ungefähr 30 solcher Abteilungen geschaffen, wobei die meisten erst nach dem Stopp der Erwachseneneuthanasie errichtet wurden (vgl. Schmuhl 1987:186). Als Beispiel können hier die Kinderfachabteilungen in Wien, Eglfing-Haar bei München, Eichberg, Hessen-Nassau und Kaufbeuren-Irsee genannt werden (vgl. Friedlander 1997:98ff.). Im Rahmen der Kindereuthanasie, die im Gegensatz zur Erwachseneneuthanasie nicht unterbrochen wurde, wurden in den Jahren 1939 bis 1945 zwischen 5.000 und 8.000 Kinder ermordet. Dem ist jedoch hinzuzufügen, dass die Dunkelziffer der Opfer weit höher zu bemessen ist, da im Rahmen der „ 1“, der Erwachseneneuthanasie, nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder getötet wurden (vgl. Benzenhöfer 1999:118).

Die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ erreichte mit der Erwachseneneuthanasie („Aktion T4“), die von Hitler mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 offiziell genehmigt wurde, ihren Höhepunkt (vgl. Schmuhl 1987:190). Zur Umsetzung des Euthanasieprogramms wurden eigene Tötungsanstalten geschaffen, in denen geistig und körperlich beeinträchtigte Menschen ermordet wurden (vgl. Kepplinger/Reese 2005:258). Insgesamt wurden in Grafeneck, Brandenburg, Bernburg/Saale, Hartheim, Sonnenstein und Hadamar sechs Mordzentren eingerichtet, die der Bevölkerung unter der Bezeichnung „Landespflegeanstalt“ präsentiert wurden. Einige der „Heil- und Pflegeanstalten“, die bereits vor dem Krieg bestanden, wurden zu „Sammelstellen“ umfunktioniert, von denen aus die Opfer in die Tötungsanstalten überstellt wurden (vgl. Friedlander 1997:163). Das erste Mordzentrum entstand im Herbst 1939 in Grafeneck und wurde von Jänner 1940 bis Dezember 1940 zur Ermordungsstätte vieler geistig und körperlich beeinträchtigter Menschen. Die Tötungsanstalt Brandenburg wurde von Februar bis November 1940 zur „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ benutzt, wobei es hier zu erwähnen gilt, dass ab Juni 1940 auch Juden/Jüdinnen ermordet wurden. Das Mordzentrum Bernburg/Saale, das als Ersatz für die Anstalt in Brandenburg errichtet wurde, war von September 1940 bis ins Jahr 1943 in Betrieb. Die vierte Tötungsanstalt wurde in Hartheim bei Linz errichtet, wobei diese von Mai 1940 bis Dezember 1944 als Vernichtungsstätte diente. Die Anstalt Sonnenstein war von Juni 1940 bis August 1941,

1 Tiergartenstraße 4; Sitz der Tarnorganisation, die die Euthanasie organisierte (vgl. Benzenhöfer 1999:121)

8 die Anstalt Hadamar, die als Ersatz für Grafeneck errichtet wurde, war von Jänner bis August 1942 in Betrieb (vgl. Kepplinger/Reese 2005:261ff.). Bis zum Stopp der „Aktion T4“ im August 1941 wurden in den sechs Tötungsanstalten mehr als 70.000 geistig und körperlich beeinträchtigte Menschen getötet (vgl. Friedlander 1997:189). Die „Heil- und Pflegeanstalten“ wurden jedoch trotz der vorübergehenden Einstellung der Erwachseneneuthanasie nicht geschlossen, sondern erhielten mit der Durchführung der „Sonderbehandlung 14f13“, der Ermordung arbeitsunfähiger Häftlinge aus den Konzentrationslagern, eine neue Aufgabe (ibid.:237). Im Zuge der „Aktion 14f13“ wurden Häftlinge in den Konzentrationslagern von einer Ärztekommission selektiert und in die „Heil- und Pflegeanstalten“ Bernburg, Sonnenstein oder Hartheim gebracht, wo sie ermordet wurden. Die Opferzahlen belaufen sich hier auf mindestens 10.000 Tote, es wird jedoch angenommen, dass sich die wahre Opferzahl zwischen 15.000 und 20.000 Toten bewegt (vgl. Orth 1999:116).

1.1.2. Konzentrations- und Vernichtungslager Die Begriffe Konzentrationslager und Vernichtungslager werden fälschlicherweise oft als Synonyme behandelt. Obwohl beide Begriffe die Stätten des Terrors und der Ermordung hunderttausender Menschen bezeichnen, muss dennoch zwischen ihnen differenziert werden. Der Begriff Vernichtungslager bezeichnet jene Lager, die zum Zweck der Massenvernichtung verschiedener Bevölkerungsgruppen, vor allem Juden und Jüdinnen, geschaffen wurden. In diesen Lagern wurden die Menschen nach ihrer Ankunft systematisch ermordet, wobei die „Effizienz“ der Mordmethode und logistische Aspekte eine große Rolle spielten. Demnach wurden die Vernichtungsstätten an gut erreichbaren, aber abgelegenen Orten im Osten Polens errichtet. Im Gegensatz zu den Vernichtungslagern wurden die Häftlinge in den Konzentrationslagern nicht durch systematische Methoden, bei denen die „Effizienz“ höchste Priorität hatte, ermordet. Vielmehr fanden sie durch Unterernährung, Misshandlung und Ausbeutung ihrer Arbeitskraft den Tod (vgl. Benz 2008:57f.).

1.1.3. Entwicklung des Lagersystems Die nationalsozialistischen Lager, deren einziger Zweck die Disziplinierung, Ausbeutung und Vernichtung von Menschen war, waren bei der Beseitigung von Regimegegnern/Regimegegnerinnen und der Umsetzung der Rassenpolitik von großer Bedeutung (vgl. Benz 2005:12). Schon im ersten Jahr nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen im Jahr 1933 entstanden rund 70 frühe Konzentrationslager und 30 „Schutzhaftabteilungen“ in Justiz- und Polizeigefängnissen (vgl. Königseder 2005:30). In diesen Lagern wurden in der Anfangsphase ausschließlich

9 politische Gegner/Gegnerinnen des NS-Regimes festgehalten. Nachdem der größte Widerstand niedergeschlagen war und die Häftlingszahlen wieder sanken, wurden die meisten Haft- und Folterstätten wieder geschlossen (vgl. Orth 1999:23f.). Das von initiierte Konzentrationslager Dachau, das im März 1933 errichtet wurde, blieb nach der Anfangsphase erhalten. Nach der Ernennung Theodor Eickes zum Kommandanten von Dachau wurde das Lager neu organisiert, und das KZ Dachau galt fortan als „Modell“ für die Errichtung weiterer Konzentrationslager (vgl. Königseder 2005:31f.).

Im Herbst 1935 erreichte der Terror des NS-Regimes mit der Entscheidung Hitlers, weitere Schritte zur „rassischen Generalprävention“ zu setzen, eine neue Dimension. Neben politischen Gegnern/Gegnerinnen sollten nun auch „Berufsverbrecher“, „Gewohnheitsverbrecher“ und „Asoziale“ inhaftiert und in Zwangslager überstellt werden. Um diese Maßnahmen durchsetzen zu können, wurde der Aufbau eines Lagersystems beschlossen und ein neuer Lagertyp geschaffen. Der neue Lagertyp, das Konzentrationslager im eigentlichen Sinne, unterschied sich von den frühen Konzentrationslagern einerseits durch die einheitliche Organisationsstruktur und andererseits durch die Radikalisierung und Systematisierung der Maßnahmen zur „Säuberung“ der „Volksgemeinschaft“ (vgl. Orth 1999:35f.). Der Bau des Konzentrationslagers Sachsenhausen im Sommer 1936 stellte den Auftakt zum Ausbau des Lagersystems dar. 1937 wurden das KZ Dachau ausgebaut und das KZ Buchenwald errichtet, im Jahr darauf folgten die KZ Flossenbürg, Mauthausen und Ravensbrück (vgl. Königseder 2005:33). Im Gegensatz zu den frühen Konzentrationslagern, die meist in leerstehenden Gebäuden eingerichtet wurden, wurden die KZ ab 1936 neu errichtet und waren ursprünglich für 30.000-50.000 Häftlinge geplant (vgl. Orth 1999:36f.).

Im Jahr 1937 begann die systematische Verfolgung von Menschen, die im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie vom Idealbild eines/einer Reichsdeutschen abwichen. Weiters wurde aufgrund der geplanten Bauvorhaben die Zwangsrekrutierung von Arbeitskräften und der Einsatz der KZ-Häftlinge zur Sklavenarbeit beschlossen (ibid.:47ff.).

Der Kriegsbeginn im Jahr 1939 war ausschlaggebend für eine weitere Expansion des Systems der Konzentrationslager. So wurden bis 1942 sechs weitere Konzentrationslager, unter anderem das KZ Auschwitz, errichtet. Die im besetzten Polen errichteten Lager in Majdanek und Birkenau waren ursprünglich nur für die Inhaftierung sowjetischer Kriegsgefangener geplant. Nach Kriegsbeginn stieg die Anzahl der Häftlinge

10 beträchtlich an, und die deutschen Häftlinge, die bis dahin die Mehrheit der Häftlinge darstellten, wurden zu einer Minderheit. Dem ist jedoch hinzuzufügen, dass in der ersten Kriegshälfte auch die Juden/Jüdinnen nur eine kleine Gruppe innerhalb der Häftlingsgesellschaft bildeten, da zu dieser Zeit die Konzentrationslager noch nicht das Zentrum der Umsetzung der „JüdInnenpolitik“ waren. Die Zahl der Häftlinge belief sich im September 1942 auf 110.000 Menschen und steigerte sich innerhalb von 2 Jahren im August 1944 auf 524.286 Menschen (vgl. Königseder 2005:35ff.).

Im Verlauf des Krieges nahm die Bedeutung der Häftlingsarbeit immer mehr zu. In der ersten Hälfte des Krieges wurden die Häftlinge vorwiegend für Bauprojekte wie den Ausbau bestehender und die Errichtung neuer Konzentrationslager eingesetzt. Die Zwangsarbeit wurde zur Erziehung und Bestrafung der Häftlinge eingesetzt. Nach Kriegsbeginn führten die Mangelernährung, die schlechten Lebensbedingungen und die Verschärfung der Arbeitsbedingungen zu einem drastischen Anstieg der Sterblichkeitsrate unter den Häftlingen (vgl. Orth 1999:406ff.). Aufgrund des ungünstigen Kriegsverlaufs und dem immer größer werdenden Bedarf an Arbeitskräften in der Rüstungsindustrie wurden ab dem Sommer 1942 in der Nähe von Industriebetrieben Außenlager errichtet, wo jene Häftlinge untergebracht wurden, deren Arbeitskraft an die Unternehmen vermietet wurde (ibid.:162ff.). Bis Jänner 1945 wurden insgesamt 662 Außenlager errichtet und rund 400.000 Häftlinge waren in der Rüstungsindustrie beschäftigt (vgl. Königseder 2005:39).

Neben der Zwangsarbeit hatte die systematische Vernichtung der vom „Standard“ abweichenden Menschen in den Konzentrationslagern oberste Priorität. Im Laufe der Jahre wurden die Methoden der Vernichtung systematisiert und erreichten mit dem Einsatz der Gaskammern von Auschwitz-Birkenau ab dem Jahr 1942 ihren Höhepunkt (vgl. Orth 1999:198f.). Die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Majdanek, Chełmno, Bełzec, Sobibór und Treblinka wurden zu Zentren der nationalsozialistischen Massenvernichtung (vgl. Walter 2007a:140).

Als sich die Situation an der Front immer mehr zuspitzte und die Feinde des NS-Regimes begannen, die besetzten Gebiete zurückzuerobern, wurde die Räumung der Konzentrationslager beschlossen (vgl. Königseder 2005:38). Durch diesen Entschluss sollte vermieden werden, dass die Häftlinge den Feinden Informationen über die Gräueltaten des Regimes übermitteln. Die Evakuierung der Häftlinge wurde in drei Etappen durchgeführt und dauerte insgesamt ein Jahr (vgl. Orth 1999:270ff.). Die erste Phase begann im Frühjahr 1944 mit der Räumung der Konzentrationslager im Baltikum und des KZ Majdanek. Im Jänner 1945 wurde mit der Evakuierung der KZ Auschwitz,

11 Groß-Rosen und Stutthof die zweite Etappe eingeleitet. In der dritten und letzten Phase versuchten die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen, alle Lager im Reichsinneren zu räumen (vgl. Blatman 2005:297f.). Insgesamt verloren mindestens ein Drittel oder sogar die Hälfte der verbliebenen 714.211 Häftlinge auf diesen Todesmärschen ihr Leben (vgl. Orth 1999:328f.).

Während der Herrschaft der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen entstand eine große Anzahl von Lagern unterschiedlichen Typs, in denen unzählige Menschen gefangen gehalten und ermordet worden. Aufgrund fehlender Quellen kann jedoch nicht festgestellt werden, wie viele Menschen in den Konzentrationslagern ermordet wurden. In den Konzentrationslagern Auschwitz und Majdanek kann die Zahl der ermordeten Juden/Jüdinnen auf ungefähr 1,9 bis 2 Millionen beziffert werden (vgl. Königseder 2005:37ff.).

1.1.4. Konzentrationslager Auschwitz Nach Besetzung polnischer Gebiete im Jahr 1939 versuchten die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen die Germanisierung der Region voranzutreiben und inhaftierten die einheimische Bevölkerung, die sich ihnen widersetzte (vgl. Königseder 2007a:80). Aufgrund der überfüllten Gefängnisse in Folge der Massenverhaftungen entstand der Plan, in O świ ęcim (Auschwitz) ein neues Konzentrationslager zu errichten (vgl. Czech 1988:13). Nachdem das Gebiet für die Errichtung eines KZ zuerst für ungeeignet erklärt wurde, befahl Himmler nach einer weiteren Inspektion des Kasernengeländes durch Rudolf Höß mit den Umbauarbeiten zu beginnen (vgl. Gutman 1994:10). Das KZ Auschwitz sollte als Quarantänelager für jene Häftlinge dienen, die in Konzentrationslager ins Innere des Reichs deportiert werden sollten. Am 4. Mai 1940 wurde Rudolf Höß offiziell zum Kommandanten des KZ Auschwitz ernannt, wobei er diese Funktion bis 11. November 1943 ausübte (vgl. Königseder 2007b:97).

Die Umbauarbeiten und die Errichtung neuer Gebäude wurden von 300 einheimischen Juden/Jüdinnen und polnischen Arbeitern/Arbeiterinnen durchgeführt. Aus dem KZ Sachsenhausen wurden zudem 30 kriminelle Häftlinge, die im KZ Auschwitz die Aufgabe von Funktionshäftlingen erfüllen sollten, überstellt (vgl. Königseder 2007a:81). Der 14.Juni 1940, jener Tag, an dem der erste große Häftlingstransport eintraf, gilt als der Gründungstag des Konzentrationslager Auschwitz (vgl. Gutman 1994:10).

12 Nachdem Himmler die Errichtung von landwirtschaftlichen Betrieben im „Interessensgebiet“ Auschwitz befahl, wurde die einheimische Bevölkerung vertrieben, damit diese Pläne umgesetzt werden konnten (vgl. Königseder 2007a:83ff.). Da die Anzahl der Häftlinge tagtäglich anstieg und aus den besetzten Gebieten in der Sowjetunion viele Kriegsgefangene erwartet wurden, wurde die Erweiterung des KZ Auschwitz beschlossen. Weiters entstand der Plan, in Auschwitz-Birkenau ein Kriegsgefangenenlager für 100.000 Häftlinge zu errichten. Schon im Sommer 1940 wurde mit dem Ausbau des Stammlagers begonnen, der Bau des KZ Auschwitz-Birkenau startete im Oktober 1941 (vgl. Gutman 1994:16). Außerdem wurde in Monowitz ein Außenlager errichtet, in dem jene Häftlinge untergebracht wurden, die Zwangsarbeit für den Bau der IG Farben Bunawerke leisten mussten (vgl. Czech 1988:20f.). Das Konzentrationslager Auschwitz bestand demnach aus drei Teilen, wobei das Stammlager als Auschwitz I, das Lager Auschwitz-Birkenau als Auschwitz II und das Lager in Monowitz als Auschwitz III bezeichnet wurde. Weiters bestand das Stammlager aus verschiedenen Teilbereichen wie zum Beispiel dem Männerlager und dem Männerquarantänelager. Das KZ Auschwitz-Birkenau wurde in einen Männerkrankenbau, ein Frauenlager, ein Zigeunerfamilienlager, das Familienlager Theresienstadt und das Vernichtungslager unterteilt (ibid.:28f.). Neben Auschwitz-Monowitz wurden in den Jahren 1942-1945 in der Nähe von Minen und Industriebetrieben 40 weitere Außenlager errichtet (vgl. Gutman 1994:17f.).

Schon vor Beginn der Errichtung des KZ Auschwitz-Birkenau wurden im Jahr 1941 im Stammlager Vorbereitungen für die Massenvernichtung in Birkenau getroffen (vgl. Czech 1988:17). Bereits im September 1941 wurde im Stammlager mit der Ermordung sowjetischer Kriegsgefangener im Keller des Block 11, der zu einer Gaskammer umfunktioniert wurde, der erste Schritt zur systematischen Massenvernichtung gesetzt (vgl. Bailer-Galanda 1995:77). Weiters wurde auch im Krematorium I des Stammlagers eine provisorische Gaskammer eingerichtet (vgl. Orth 1999:200). Das KZ Auschwitz- Birkenau wurde nur für einen einzigen Zweck errichtet: die Umsetzung der Massenvernichtung der europäischen Juden/Jüdinnen (vgl. Walter 2007b:106). Die Massentötung von Menschen mit wurde im KZ Auschwitz-Birkenau erstmals im Jänner 1942 durchgeführt (vgl. Czech 1988:23). Zu diesem Zweck wurden zwei Bauernhäuser umfunktioniert, in denen Juden/Jüdinnen und arbeitsunfähige Häftlinge nach ihrer Ankunft im Lager ermordet wurden (vgl. Gutman 1994:30f.). Aufgrund der Massendeportationen war jedoch eine andere technische Lösung für die Massenvernichtung und die Beseitigung der Leichen „notwendig“, sodass von März bis Juni 1943 vier Krematorien mit Gaskammern errichtet wurden (vgl. Curio 2007:123).

13 Die Massenvernichtung in Auschwitz-Birkenau erreichte 1944 mit der Ermordung der ungarischen Juden/ Jüdinnen und der Juden/Jüdinnen, die aus dem Ghetto Łód ź nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden, ihren Höhepunkt. Da die Rote Armee immer näher vorrückte, begann im August 1944 die Liquidierung des Lagerkomplexes Auschwitz. Hierbei wurden die Häftlinge des Theresienstädter Familienlagers sowie kranke und arbeitsunfähige Häftlinge ermordet. Arbeitsfähige Häftlinge hingegen wurden zur Ausbeutung ihrer Arbeitskraft in Konzentrationslager ins Innere des Reiches überstellt (vgl. Walter 2007c:153). Gleichzeitig versuchten die Nationalsozialisten/ Nationalsozialistinnen mit der Demontage der Krematorien und der Verbrennung der Opferlisten alle Spuren ihrer Verbrechen zu beseitigen (vgl. Czech 1988:31f.). Im Jänner 1945 schickten sie rund 58.000 Menschen, die im Lagerkomplex Auschwitz inhaftiert waren, auf die Todesmärsche, welche 9.000–15.000 Menschen nicht überlebten. Die verbliebenen 7.000 Häftlinge im Lager wurden am 27.Jänner 1945 von der Roten Armee befreit (vgl. Walter 2007c:156).

In den Jahren 1941-1945 wurden insgesamt mehr als 1,3 Millionen Menschen in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Die größte Häftlingsgruppe bildeten die europäischen Juden und Jüdinnen, deren Zahl auf ungefähr 1,1 Millionen geschätzt wird. Die zweitgrößte Häftlingsgruppe mit 150.000 Menschen waren Häftlinge polnischer Nationalität. Weiters wurden ungefähr 23.000 Roma und Sinti, 15.000 sowjetische Kriegsgefangene und 25.000 Menschen anderer Nationen ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert (vgl. Piper 1994a:69f.). Die Zahl der Todesopfer im Lagerkomplex Auschwitz beläuft sich auf 1,1 Millionen Menschen. Da der Großteil der Menschen, die nach Auschwitz deportiert wurden, direkt bei der Ankunft im Lager ermordet und nicht registriert wurden, kann sowohl die Zahl der Deportierten als auch die Zahl der Todesopfer nur geschätzt werden. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass diese Schätzung nur die Untergrenze der tatsächlichen Opferzahl darstellt (ibid.:70ff.).

1.2. Methoden der Massenvernichtung Die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen bedienten sich bei der Massenvernichtung der KZ-Häftlinge unterschiedlicher Methoden, deren Grausamkeit und Unmenschlichkeit im Laufe des Krieges unvorstellbare Ausmaße annahm. Während in den Jahren bis Kriegsbeginn die „Säuberung der Volksgemeinschaft“ durch die Entziehung aller lebensnotwendigen Grundlagen vorangetrieben wurde, gingen die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen nach Einfall in die Sowjetunion auf direkte Mordmethoden über. Die unzureichende und einseitige Ernährung in den

14 Konzentrationslagern führte dazu, dass viele KZ-Häftlinge verhungerten oder an Epidemien, die sich aufgrund der katastrophalen hygienischen Bedingungen ausbreiteten, starben (vgl. Piper 1988:81). Weiters spielte, wie in Kapitel 1.1 bereits angesprochen, die Häftlingsarbeit eine große Rolle im Lagersystem des NS-Regimes. Jeder Häftling im Konzentrationslager wurde gezwungen, Zwangsarbeit zu leisten, wobei die Überlebenschance der Häftlinge von der Art der Tätigkeit abhängig war (vgl. Langbein 1993:3). Häftlinge, die in Arbeitskommandos im Freien eingeteilt waren, waren aufgrund der Witterungsverhältnisse, die sich auch auf ihren Gesundheitszustand auswirkten, von vornherein dem Tod geweiht (vgl. Kaienburg 2005:185). Die „besten“ Arbeitskommandos waren jene in der Metallindustrie, da die Produktionsstätten im Winter beheizt waren und die Häftlinge der Schikane der Aufseher/Aufseherinnen oft entgehen konnten (vgl. Piper 1994b:44).

In den ersten Jahren des NS-Regimes wurden die Häftlinge vorwiegend für den Ausbau und die Erhaltung der Konzentrationslager eingesetzt, wobei diese Arbeiten ohne jegliche technische Hilfsmittel mit primitivsten Werkzeugen verrichtet werden mussten. Die Häftlinge wurden bei dieser Art von Tätigkeit in der Regel auch als Zug- und Lasttier missbraucht und von den Aufsehern/Aufseherinnen brutal verprügelt (vgl. Piper 1988:82). In der letzten Kriegsphase wurden die Häftlinge zur Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie herangezogen, da aufgrund dessen, dass die meisten Männer an der Front waren, Arbeitskräftemangel herrschte (vgl. Piper 1994b:35f.). Dem Leitspruch „Vernichtung durch Arbeit“, welcher im Jahr 1942 in einem Abkommen offiziell fixiert wurde, wurde durch die völlige Ausbeutung der Arbeitskraft der Häftlinge und der daraus folgenden hohen Sterblichkeit unter den KZ-Insassen/KZ-Insassinnen Rechnung getragen. Zusätzlich fanden viele Häftlinge durch Bestrafung oder Hinrichtung den Tod. Diese Mordmethoden dienten den Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen einerseits zur Machtdemonstration und andererseits zur Niederschlagung jeglichen Widerstands in den Konzentrationslagern (vgl. Piper 1988:83ff.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Hinrichtungen nur in den Konzentrationslagern selbst stattgefunden haben. Im Zuge der Erwachseneneuthanasie verloren viele geistig und körperlich beeinträchtigte Menschen durch Massenerschießungen in Polen ihr Leben (vgl. Klee 1983:94ff.). Weiters wurden ab Juni 1941 auch Juden/Jüdinnen durch Massenerschießungen ermordet (vgl. Bailer- Galanda 1995:69).

Nach Kriegsbeginn wurden, wie bereits erwähnt, die Methoden zur Ermordung unerwünschter Gesellschaftsgruppen radikalisiert. Eine Methode, die vor allem in den Kinderfachabteilungen der „Heil- und Pflegeanstalten“ praktiziert wurde, war die

15 Verabreichung von Medikamenten. In den meisten Fällen wurden den geistig und körperlich beeinträchtigten Kindern Medikamente in Tablettenform oder in Flüssigkeit aufgelöst verabreicht, Injektionen wurden im Zuge der Kindereuthanasie nur in den seltensten Fällen verwendet (vgl. Friedlander 1997:105). In den Konzentrationslagern hingegen wurden arbeitsunfähige Häftlinge mittels Phenolinjektionen ins Herz ermordet, da dies eine unkomplizierte Methode war, die wenig Zeit in Anspruch nahm (vgl. Piper 1988:96).

In jenen „Heil- und Pflegeanstalten“, die nur für die Ermordung geistig und körperlich beeinträchtigter Erwachsener gegründet wurden, griffen die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen aufgrund der großen Anzahl der Patienten/ Patientinnen erstmals auf die Ermordung mittels Kohlenmonoxid zurück (vgl. Friedlander 1997:152). Dieser Schritt und der Einsatz von Gaswagen läuteten den systematischen Massenmord ein und dienten als Vorbild für die Gaskammern in den Konzentrationslagern (vgl. Bailer-Galanda 1995:69). Da die Anzahl der Häftlinge, die ermordet werden sollten, immer mehr anstieg, richteten die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen auch in den Konzentrationslagern Gaskammern ein, bei denen das Giftgas Zyklon B verwendet wurde (vgl. Piper 1988:97).

Medizinische Experimente in den Konzentrationslagern können als weitere Methode der Massenvernichtung im NS-Regime betrachtet werden. Um die systematische Ausrottung unerwünschter Gesellschaftsgruppen voranzutreiben, wurden in den Konzentrationslagern Sterilisierungsversuche an Frauen und Männern durchgeführt (ibid.:110). Weiters wurde neben erbbiologischen Untersuchungen und Experimenten auch die Wirkung verschiedener Substanzen, wie Medikamente oder neu entwickelte Impfstoffe an den Häftlingen getestet. Die medizinischen Versuche in den Konzentrationslagern lieferten keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, sie waren jedoch das Todesurteil für viele weitere Menschen, die vom Regime als minderwertig betrachtet wurden (vgl. Winau 2005:167ff.).

Die Verbrechen, die die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen begingen, sind anhand des jetzigen Forschungsstandes schon kaum vorstellbar, dennoch gilt es ins Bewusstsein zu rufen, dass das wahre Ausmaß der Gräueltaten aufgrund der großen Anzahl der Quellen und der daraus folgenden unvollständigen Aufarbeitung der Verbrechen und dem Faktor Zeit wahrscheinlich nie vollständig ans Tageslicht gelangen wird.

16 2. Aufarbeitung der NS-Verbrechen Nachdem im ersten Kapitel ein Überblick über die Tötungsmaschinerie des NS-Regimes gegeben wurde, soll in diesem Kapitel die Aufarbeitung der begangenen Verbrechen thematisiert werden. Hierbei wird auf den Umgang mit dem Holocaust im deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Raum eingegangen.

2.1. Aufarbeitung im deutschsprachigen Raum Im Folgenden wird die Aufarbeitung des Holocausts in Österreich, der DDR und der Bundesrepublik Deutschland erörtert, wobei ein besonderes Augenmerk auf den politischen Umgang mit der Thematik gelegt wird, da dieser großen Einfluss auf die gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung des Holocausts im deutschsprachigen Raum ausübte.

2.1.1. Aufarbeitung in Österreich Der Einmarsch der deutschen Truppen am 12. März 1938 und der darauf folgende Anschluss an das „Dritte Reich“ wurden einerseits aufgrund der militärischen Unterlegenheit Österreichs und andererseits aufgrund dessen, dass viele Österreicher/Österreicherinnen den Anschluss wünschten, vom Großteil der Bevölkerung widerstandslos zur Kenntnis genommen (vgl. Axer 2011:172). Der offizielle Umgang mit dem Nationalsozialismus nach Kriegsende stützte sich auf die von den Alliierten formulierten „Opfer- und Nichtigkeitsklauseln“ der Moskauer Deklaration, in der Österreich die Rolle des ersten Opfers des NS-Regimes zugeschrieben wurde. Diese Deklaration implizierte, dass Österreich keinerlei Verantwortung für die Verbrechen des NS-Regimes hätte und stellte für die österreichischen Politiker/Politikerinnen der Nachkriegszeit die Basis dar, um eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte zu umgehen und den „Opfermythos“ weiter zu forcieren. Hierbei wurde völlig außer Acht gelassen, dass viele Österreicher/Österreicherinnen aktiv an den Verbrechen des Regimes beteiligt waren und hohe Posten innerhalb der SS bekleidet hatten (vgl. Albrich 1994:147ff.). Dennoch wurde, um die eigene Position gegenüber den Alliierten zu stärken, die strafrechtliche Verfolgung der NS-Verbrechen vorangetrieben (vgl. Axer 2011:179f.). Zu diesem Zweck wurden noch im Jahr 1945 das Verbotsgesetz und das Kriegsverbrechergesetz beschlossen, die ein wichtiges Instrument zur „Entnazifizierung“ Österreichs darstellten. Weiters wurden sogenannte „Volksgerichte“ eingerichtet, die für die strafrechtliche Ahndung von NS-Verbrechen zuständig waren (vgl. Kuretsidis-Haider 2009:74ff.). Während in den ersten Nachkriegsjahren viele Prozesse gegen Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen geführt wurden, verringerte sich die Zahl der

17 Strafverfahren ab 1950 beträchtlich (vgl. Axer 2011:190). Nach Unterzeichnung des Staatsvertrages im Jahr 1955 wurden die eigens für die Strafverfolgung von NS- Verbrechen geschaffenen „Volksgerichte“ abgeschafft und im Jahr 1957 eine Generalamnestie beschlossen, sodass nationalsozialistische Straftäter/ Straftäterinnen nur mehr auf Grundlage des allgemein gültigen Strafrechts vor Gericht gestellt werden konnten (vgl. Grabitz 1994:219). Anfang der 1970er-Jahre wurde die Strafverfolgung von NS-Tätern/NS-Täterinnen seitens der österreichischen Behörden fast gänzlich eingestellt, 1975 wurde das vorerst letzte Urteil gefällt. Erst im Jahr 1999 wurde mit der Anklageerhebung gegen Heinrich Gross in Österreich erstmals wieder ein nationalsozialistischer Straftäter vor Gericht gestellt. Gross starb jedoch 2005, sodass das Verfahren eingestellt werden musste (vgl. Kuretsidis-Haider 2009:82).

Die meisten österreichischen Politiker/Politikerinnen versuchten die Mittäterschaft der Österreicher/Österreicherinnen systematisch zu vertuschen und sich der Mitverantwortung Österreichs an den Gräueltaten des Regimes zu entziehen (vgl. Albrich 1994:158). Somit bestand die „Vergangenheitsbewältigung“ Österreichs bis in die 1980er- Jahre aus einer Kultur des Verdrängens und Schweigens (vgl. Axer 2011:186). Erst zu Beginn der 1980er-Jahre wurde der Umgang Österreichs mit dem Nationalsozialismus und Antisemitismus vermehrt durch Künstler/Künstlerinnen und Intellektuelle thematisiert (ibid.:201). Hier spielt auch die Ausstrahlung der US-amerikanischen Serie Holocaust im Jahr 1979 eine wichtige Rolle (vgl. Gärtner 1995:270). Der ausschlaggebende Anstoß zum Umschwung der Erinnerungskultur in Österreich war jedoch die Reaktion im Ausland auf die Präsidentschaftskandidatur Kurt Waldheims, der bewusst seine NS-Vergangenheit verschleiert hatte (vgl. Axer 2011:201ff.). Die Rechtfertigung Waldheims, in der Wehrmacht nur seine Pflicht als Soldat erfüllt zu haben, spiegelte die im offiziellen Diskurs vorherrschende Einstellung gegenüber der NS-Vergangenheit Österreichs wider (vgl. Gärtner 1995:275). Obwohl sich die Mehrheit der Österreicher/Österreicherinnen anfangs trotz der negativen Reaktionen aus dem Ausland mit Waldheim solidarisch zeigten und ihn zum Bundespräsidenten wählten, forderten viele Bürger/Bürgerinnen nach der Untersuchung der Causa Waldheim durch die eigens für diesen Zweck geschaffene Historikerkommission dessen Rücktritt (vgl. Axer 2011:204f.).

Das Jahr 1988 als 50-jähriges Jubiläum des „Anschlußes“ Österreichs an das „Dritte Reich“ wurde als Anlass zur öffentlichen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit Österreichs genommen (vgl. Uhl 1992:18). Für die österreichische Politik war dies einerseits eine gute Möglichkeit, um der Bevölkerung die gute Zusammenarbeit der politischen Parteien bei der Aufarbeitung der geschichtlichen Vergangenheit Österreichs

18 vor Augen zu führen und andererseits das Bild Österreichs im Ausland, das durch die Waldheim-Affäre Schaden erlitten hatte, wieder ins rechte Licht zu rücken (ibid.:33). Im Gedenkjahr wurden nicht nur seitens der Politik, sondern auch von verschiedenen Organisationen und den Medien Konferenzen, Symposien und Ausstellungen, die sich mit der Rolle Österreichs im Dritten Reich befassten, veranstaltet. Somit sollte das Jahr 1988 als Jahr der „Vergangenheitsbewältigung“ in die Geschichte eingehen, in dem das Geschichtsbewusstsein der österreichischen Bevölkerung gestärkt werden und die Geschichte des Nationalsozialismus und des „Dritten Reichs“ als ein Teil der österreichischen Geschichte akzeptiert werden sollte (ibid.:19ff.).

Im Jahr 1991 wurde durch die Parlamentsrede Franz Vranitzkys einen neue Ära in der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit Österreichs eingeläutet. Durch das Eingeständnis der „Mitverantwortung für das Leid, das zwar nicht Österreich als Staat, wohl aber Bürger dieses Landes über andere Menschen und Völker gebracht haben“ (Lehnguth 2013:206) bezog erstmals ein österreichischer Politiker offiziell Stellung zur Rolle Österreichs im Dritten Reich. Die Gründung des Nationalfonds zur „Erbringung von Leistungen an Opfer des Nationalsozialismus“ im Jahr 1995, der für die Entschädigung aller Opfer der NS-Verbrechen geschaffen wurde, zeigte, dass Österreich 50 Jahre nach Kriegsende endlich bereit war, für die Mitverantwortung Österreichs an den nationalsozialistischen Verbrechen anzuerkennen. Weiters wurde auch durch die Einführung des „Gedenktages gegen Gewalt und Rassismus“, der am 5. Mai, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen, begangen wird, ein weiteres Zeichen zur „Vergangenheitsbewältigung“ gesetzt (vgl. Uhl 1992:211ff.). Zudem wurden Mahnmale und Gedenkstätten zur Erinnerung an die Zeit des NS-Regimes und die NS- Verbrechen errichtet (vgl. Gärtner 1995:280).

Seit der Jahrtausendwende setzt sich das österreichische Bundesministerium für Frauen und Bildung für die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen in den österreichischen Schulen ein. So wurde im Jahr 2000 das dem Bundesministerium unterstellte Institut gegründet, welches sich ausschließlich mit dem Lehren des Holocausts in den österreichischen Schulen beschäftigt (vgl. Bundesministerium für Bildung und Frauen [2014].)

2.1.2. Aufarbeitung in der DDR Während in der Zeit vor der Gründung der DDR zumindest eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und Antisemitismus im Rahmen der marxistischen Ideologie möglich war, ließ die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) nach ihrer

19 Machtergreifung nur mehr die von ihr offiziell nach außen getragene Sicht auf den Nationalsozialismus zu (vgl. Axer 2011:105). Da im Potsdamer Abkommen auch die Schuld der deutschen Bevölkerung thematisiert wurde, konnte sich die DDR der Auseinandersetzung mit der Schuldfrage nicht entziehen und entschied sich für die „Anerkennung“ der Verantwortung, um eine „Rehabilitierung“ zu ermöglichen. Die „Anerkennung“ der Schuld der deutschen Bevölkerung erfolgte jedoch dadurch, dass einerseits die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen und andererseits die gesellschaftliche Elite für die Geschehnisse dieser Zeit verantwortlich gemacht wurden. Die restliche deutsche Bevölkerung hingegen wurde als Opfer des Faschismus dargestellt, das durch die Sowjetunion von Hitler befreit wurde (vgl. Blänsdorf 1995:27). Die DDR machte es sich somit als „antifaschistischer Staat“ zur Aufgabe, den vorherrschenden Kapitalismus und Imperialismus, aus dem die nationalsozialistische Ideologie entstanden war, zu zerschlagen und erklärte den Antifaschismus zur Staatsdoktrin (vgl. Mertens 1995:194). Diese Doktrin diente sowohl zur Festigung der eigenen Identität als auch zur Abgrenzung zur BRD, in der aus Sicht der SED eine Rückkehr zum Nationalsozialismus jederzeit möglich wäre (vgl. Axer 2011:110ff.).

Die „Entnazifizierung“ in der DDR erfolgte mittels der Abwendung vom Nationalsozialismus und der Verurteilung und Reintegration von ehemaligen Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen, wobei hier die antifaschistische Staatsdoktrin als Grundlage diente. Aufgrund dessen, dass der Faschismus und Antisemitismus als Teil des deutschen Imperialismus der Vergangenheit angehörten und die DDR ein „Siegerstaat“ war, bestand aus Sicht der SED keine Notwendigkeit zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit (ibid.:112f.). Um jedoch der Bevölkerung die Rechtsstaatlichkeit der DDR zu demonstrieren, fanden Prozesse zur strafrechtlichen Aufarbeitung der NS- Verbrechen statt. Das Ziel dieser Schauprozesse war jedoch nicht die kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und die Würdigung der Opfer, sondern vorrangig die Selbstinszenierung der SED (ibid.:116ff.). Weiters wurden diese Prozesse auch missbraucht, um Feinde des kommunistischen Regimes vor Gericht zu stellen und zu verurteilen (vgl. Grabitz 1994:209).

Gedenktage und Gedenkstätten spielten in der DDR eine große Rolle, jedoch wurden hier die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus ausgeklammert und die antifaschistischen Widerstandskämpfer zu Helden hochstilisiert (vgl. Mertens 1995:197). Jüdische Gemeinden wurden zwar finanziell unterstützt, und im Jahr 1988 wurden Gedenkveranstaltungen anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Reichsprogromnacht im November 1938 organisiert, dennoch wurde dies wiederum zum Anlass genommen, die

20 Macht der SED zu inszenieren (ibid.: 202f.). Weiters wurde die Erinnerung an die Zeit des NS-Regimes in Schulbüchern und der Literatur weitestgehend zurückgedrängt (vgl. Groehler 1994:242). Somit ist zu sagen, dass jegliche Art von Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus seitens der Führung der DDR instrumentalisiert wurde, um sich einerseits vom NS-Regime abzugrenzen und andererseits die BRD als Zentrum des Nationalsozialismus und die kommunistischen Widerstandskämpfer als Helden der Nation darzustellen (vgl. Axer 2011:128f.).

Erst als Künstler/ Künstlerinnen, Schriftsteller/ Schriftstellerinnen und Oppositionelle Mitte der 1980er-Jahre die Thematik vermehrt aufgriffen, wurde ein Umschwung im Umgang mit dem Nationalsozialismus erkennbar (vgl. Groehler 1994:243). So nahmen schließlich auch die Medien von der in der DDR üblichen antisemitischen Berichterstattung Abstand und versuchten einen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Zeit zu leisten (vgl. Mertens 1995:201).

2.1.3. Aufarbeitung in der Bundesrepublik Deutschland Nach der Kapitulation des NS-Regimes wurde seitens der Alliierten die Zerstörung des deutschen Militarismus und des Nationalsozialismus systematisch vorangetrieben und schlussendlich im Potsdamer Abkommen auch mit Maßnahmen untermauert. Die sogenannte Entnazifizierung sollte einerseits durch die juristische Strafverfolgung von NS- Verbrechen und andererseits durch das Verbot jeglichen nationalsozialistischen Gedankenguts erfolgen (vgl. Fischer/Lorenz 2007:18). Einen wichtigen Schritt stellten die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse dar, die sich jedoch nur auf die Verurteilung der Hauptkriegsverbrecher konzentrierten und in denen zudem auch keine Unterscheidung zwischen Kriegsverbrechen und nationalsozialistischen Verbrechen vorgenommen wurde. Somit entstand das Bild, dass die Täter/Täterinnen an der Spitze standen und die Masse der Bevölkerung keine Schuld an den verübten Verbrechen hatte (vgl. Axer 2011:62).

Diese Darstellung und die in den 1950er-Jahren praktizierte Amnestiepolitik trugen nach der Gründung der BRD im Jahr 1949 zum endgültigen Scheitern der Entnazifizierung bei. Obwohl die Politik bestrebt war, Verantwortung für die Verbrechen des Regimes zu übernehmen und Adenauer erklärte, dass die gesamte deutsche Bevölkerung eine Mitschuld an den Ereignissen im Zweiten Weltkrieg trägt, wurde die deutsche Kollektivschuld vehement abgelehnt (vgl. Schmidt 1995:85ff.). Diese Haltung änderte sich auch nach der öffentlichen Anerkennung des Unrechts, dass Juden/Jüdinnen im NS- Regime zuteil wurde, nicht, was während der Verhandlungen über die materielle „Wiedergutmachung“ mit Israel zu Konflikten führte (ibid.: 89f.). Der Abschluss des

21 Vertrages über die „Wiedergutmachung“ mit Israel kann als eine der wichtigsten Leistungen der Ära Adenauer betrachtet werden, die jedoch innerhalb der Bevölkerung nicht begrüßt wurde (vgl. Axer 2011:70f.).

Erst als es ab Mitte der 1950er-Jahre vermehrt zu antisemitischen Ausschreitungen kam, wurde das Ausmaß der Verdrängung der eigenen Vergangenheit erkannt und die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus intensiviert (vgl. Blänsdorf 1995:35f.). Einen großen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit leistete der Ulmer Einsatzgruppenprozess im Jahr 1958, der die unzureichende Strafverfolgung der NS-Verbrechen ans Tageslicht brachte und als Ausgangspunkt für eine umfassende strafrechtliche Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen gilt (vgl. Axer 2011:73ff.). Hier spielten einerseits der Eichmann-Prozess im Jahr 1961 und der Frankfurter Auschwitz- Prozess im Jahr 1963 eine große Rolle, da der deutschen Bevölkerung ein Einblick in das wirkliche Ausmaß der vom NS-Regime vorangetriebenen Massenvernichtung gegeben wurde (vgl. Levy/Sznaider 2001:118). Weiters wurde die Wende im Umgang mit dem Holocaust durch den Generationenwechsel begünstigt, da der Nationalsozialismus für die jüngere Generation kein Tabuthema darstellte. Die bereits erwähnte Ausstrahlung der US- amerikanischen Serie Holocaust im Jahr 1979 führte schlussendlich dazu, dass die Bevölkerung davon Abstand nahm, den Kreis der Täter/Täterinnen strikt von der restlichen Bevölkerung zu trennen (vgl. Axer 2011:82f.). Mit der Ära Kohl wurde eine neue Phase der „Vergangenheitsbewältigung“ eingeläutet, denn Kohl strebte eine „Normalisierung“ im Umgang mit dem Holocaust an und trieb die Bildung einer positiven deutschen Identität durch die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus voran (vgl. Levy/Sznaider 2001:136).

Die deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1991 rief im Ausland zahlreiche Proteste hervor, da ein Aufkeimen der neonazistischen Bewegung befürchtet wurde. Zudem wurde die Haltung der bundesdeutschen Regierung, keinen Passus über die Erinnerung an den Holocaust in die Verfassung aufzunehmen, heftig kritisiert (vgl. Fischer/Lorenz 2007:273f.). Während die Wiedervereinigung für die DDR eine große Veränderung bedeutete, brachte sie für die BRD keine Neuerungen mit sich. Obwohl beide Teile Deutschlands den Nationalsozialismus als eine menschenverachtende Diktatur betrachteten, unterscheidet sich der Umgang mit dem Holocaust grundlegend voneinander. Nach der Wiedervereinigung, die sowohl eine wirtschaftliche als auch politische Veränderung der internationalen Situation implizierte, wurde die offizielle Erinnerungskultur zur Bildung einer gemeinsamen deutschen Identität verstärkt. Dies wurde auch mit der Entscheidung, die „Neue Wache“ in Berlin in eine Gedenkstätte

22 umzuwandeln, untermauert und zeigt sich im Umgang mit historischen Jahrestagen, die als Ausdruck der Erinnerung feierlich begangen werden (vgl. Axer 2011:135ff.). Die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus ist zudem nicht nur als bloße Pflichterfüllung seitens der BRD, sondern auch als Geste der Anerkennung der Verantwortung für die NS-Verbrechen zu betrachten (ibid.:169f.). Anzumerken ist jedoch, dass die Erinnerung an den Holocaust als Mittel zur Einbindung der Bundesrepublik in Europa herangezogen wird und die Zeit des NS-Regimes noch immer als ein dunkles Kapitel der deutschen Vergangenheit betrachtet wird, das keinerlei Einfluss auf die Gegenwart und Zukunft hat (vgl. Levy/Sznaider 2001:82ff.).

Die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen in Österreich, der BRD, der DDR und Deutschland nach der Wiedervereinigung gestaltet sich somit unterschiedlich, es können jedoch auch Parallelen aufgezeigt werden.

2.2. Aufarbeitung im englischsprachigen Raum Nachdem in Kapitel 2.1 der Umgang mit dem Holocaust und Nationalsozialismus im deutschsprachigen Raum behandelt wurde, soll nun, da in weiterer Folge auch die englischen Übersetzungen der Autobiographie Rudolf Höß’ erörtert werden, auf die Aufarbeitung in den USA und Großbritannien eingegangen werden.

2.2.1. Aufarbeitung in den USA Die USA, die während des Zweiten Weltkriegs als Teil der Alliierten weder die Rolle eines Opfers noch die eines Täters einnahmen, sondern die Rolle des Retters, betrachteten sich selbst als „Verteidiger der freien Welt“ (vgl. Levy/Sznaider 2001:103). Die Befreiung der Menschen aus den Konzentrationslagern und die Kapitulation des NS-Regimes wurde als Sieg über das Böse gefeiert (ibid.:70). Nach Auffassung der USA, wie auch aus den Medienberichten der damaligen Zeit ersichtlich ist, richteten sich die Verbrechen des NS- Regimes hauptsächlich gegen politische Gegner/Gegnerinnen. Juden und Jüdinnen als Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen wurden jedoch in den Berichten über die Konzentrationslagerbefreiung nur als eine Opfergruppe unter vielen behandelt (vgl. Novick 2003:90f.). Die Erfahrungen der Juden/Jüdinnen spielten somit in der US- amerikanischen Darstellung des Holocausts keine besondere Rolle, und die Vernichtung der Juden/Jüdinnen wurde im offiziellen Diskurs nicht berücksichtigt (vgl. Levy/Sznaider 2001:105). Weiters rückten die Gräueltaten der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen vor der Kulisse des Kalten Krieges in den Hintergrund, und der Holocaust wurde in den USA als eine erfolgreich überwundene Epoche betrachtet, der keine Beachtung

23 geschenkt werden sollte (ibid.:107). Diese Einstellung spiegelt sich auch im Verhalten der US-amerikanischen Juden/Jüdinnen wider, die sich von der Opferrolle distanzierten und ihre Erlebnisse verschwiegen (vgl. Novick 2003:113f.). Bis in die 1960er-Jahre wurde die Vernichtung der Juden/Jüdinnen im NS-Regime somit weder im öffentlichen noch im jüdischen Diskurs offen angesprochen (ibid.:141). Nur die Theaterinszenierung des Tagebuchs von Anne Frank, deren Schwerpunkt darin lag, den US-Amerikanern/ US- Amerikanerinnen aufzuzeigen, dass das Schicksal vieler Juden/Jüdinnen im Zweiten Weltkrieg ein Symbol für die Leiden der Menschheit ist, stellte eine Ausnahme dar (vgl. Levy/Sznaider 2001:71f.).

Die Jahre 1960 und 1961 brachten einen Umschwung im Umgang mit dem Holocaust und dessen Stellenwert in der US-amerikanischen Kultur. Der Besuch des Anne Frank- Hauses in Amsterdam durch den US-amerikanischen Arbeitsminister Arthur Goldberg, das Buch Aufstieg und Fall des Dritten Reiches und das vermehrte Auftreten von antisemitischen Vandalenakten führten zur öffentlichen Diskussion des Holocausts (vgl. Novick 2003:171f.). Weiters trug der Eichmann-Prozess dazu bei, dass Juden/Jüdinnen aufgrund der Aufzeigung der systematischen Massenvernichtung des NS-Regimes als größte Opfer des Holocaust in den Mittelpunkt gestellt wurden (vgl. Levy/Sznaider 2001:110ff.). Die universalistische Darstellung des Eichmann-Prozesses in den US- amerikanischen Medien trug zur „Amerikanisierung“ des Holocausts bei. Hannah Arendt, eine in den USA lebende deutsche Jüdin, beschäftigte sich in ihrem Buch Eichmann in Jerusalem erstmals auch mit sozialwissenschaftlichen Aspekten des Holocausts (ibid.:124f.). Der Eichmann-Prozess in Israel stellte gleichzeitig auch den Beginn einer jüdischen ethnischen Politik in den USA dar (ibid.:70).

Die Auseinandersetzung mit dem Holocaust durch die US-amerikanischen Medien, sei es durch Berichte, Artikel oder Filme, trug wesentlich zur Bildung einer grenzübergreifenden Erinnerungskultur bei. So führte die US-amerikanische Serie Holocaust aus dem Jahr 1978 auch in Westeuropa zu einem Umschwung im Umgang mit dem Nationalsozialismus (vgl. Bösch 2010:413). Steven Spielbergs Film Schindlers Liste prägte durch die Individualisierung des Holocausts das Holocaustverständnis vieler US-amerikanischer Bürger/Bürgerinnen, insbesondere Jugendlicher, die Spielbergs Darstellung als Realität während der NS-Zeit betrachteten (vgl. Levy/Sznaider 2001:157f.). Eine weitere wichtige Rolle in der Aufarbeitung des Holocausts spielte Art Spiegelmans Comic Maus , der positiv dazu beitrug, dass sich sowohl Juden/Jüdinnen als auch Nicht-Juden/Nicht-Jüdinnen mit dem Holocaust und den Opfern dieser Verbrechen identifizieren konnten (vgl. Young 1999:114f.).

24 Seit den 1970er-Jahren gewann der Holocaust in der US-amerikanischen Kultur an Bedeutung, wobei die Eröffnung des Holocaust Memorial Museum in Washington im Jahr 1993 den Höhepunkt der US-amerikanischen Holocausterinnerung darstellte. Durch die Verbindung der jüdischen Erfahrungen mit der US-amerikanischen Politik und Gesellschaft wurde der Holocaust aus seinem historischen und geografischen Kontext herausgelöst. Die Erinnerung an den Holocaust nimmt somit in der US-amerikanischen Kultur eine zentrale Stellung ein und gilt als Teil der US-amerikanischen Geschichte (vgl. Levy/Szanider 2001:173f.).

2.2.2. Aufarbeitung in Großbritannien Die in den 1940er-Jahren von Arthur Chamberlain betriebene „Apeasement“-Politik gegenüber Hitler wurde nach Kriegsende seitens der britischen Bevölkerung verurteilt, und auch Winston Churchill kritisierte, dass Großbritannien von seinem Vorgänger nicht auf den Krieg gegen das Dritte Reich vorbereitet geworden wäre (vgl. Mares 2004:129). Um einen weiteren Krieg mit Deutschland zu vermeiden, waren die Briten nach dem Ersten Weltkrieg bestrebt, eine friedliche Einigung mit Hitler zu erzielen. Diese Politik wurde auch noch im Jahr 1939 mit der Begründung, den Frieden in Europa sichern zu wollen, zielstrebig verfolgt. Nach dem Einfall Hitlers in Polen erklärte Großbritannien Deutschland am 3. September 1939 den Krieg und versuchte als Teil der Alliierten die Vorhaben Hitlers zu stoppen (vgl. Kielinger 2009:205ff.).

Nach der Kapitulation des NS-Regimes verfolgte Großbritannien in der Rolle der Besatzungsmacht das Ziel, der deutschen Bevölkerung ihre Schuld an den Geschehnissen während des Dritten Reiches bewusst zu machen. Gleichzeitig wurde Großbritannien als Vorbild freiheitlicher Strukturen dargestellt und die re-education deutscher Kriegsgefangener durchgeführt, um Deutschland für den Wiederaufbau der Demokratie vorzubereiten. Zudem wurde durch die Heranziehung der deutschen Bevölkerung beim Wiederaufbau Deutschlands aus Sicht der britischen Befehlshaber/Befehlshaberinnen der Grundstein für eine moderne Demokratie geschaffen (ibid.:225ff.).

Die Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen spielte im Umgang mit dem Holocaust in Großbritannien eine besondere Rolle. Die mediale Berichterstattung über die Befreiung der KZ-Häftlinge durch die britischen Truppen sollten der Bevölkerung die Wahrheit über das NS-Regime und dessen Verbrechen vor Augen führen. Dennoch wurde von den Medien bewusst verschwiegen, dass rund zwei Drittel der befreiten Häftlinge des KZ Bergen-Belsen Juden und Jüdinnen waren (vgl. Kushner 2008:228f.).

25 Juden und Jüdinnen wurden aufgrund der Tatsache, dass Großbritannien den Krieg gegen das Dritte Reich mit der Begründung, die Toleranz und Gleichheit aller Menschen verteidigen zu wollen, rechtfertigte, nicht als größte Opfer des NS-Regimes betrachtet, da dies der offiziellen Begründung für den Krieg widersprochen hätte (vgl. Holmila 2011:22).

Der Begriff Belsen entwickelte sich in Großbritannien zum Synonym für die Gräueltaten der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen. Das Konzentrationslager Auschwitz war in Großbritannien zwar schon während des Krieges bekannt, jedoch wurde der Begriff Auschwitz in Großbritannien erst durch die Nürnberger Prozesse bekannt (vgl. Kushner 2008:232f.).

Die eigentliche Aufarbeitung des Holocausts mit Adressierung der Juden/Jüdinnen als größte Opfer von Hitlers Rassenpolitik begann erst Ende der 1980er-Jahre (vgl. Levene 2006:34). Bis zu diesem Zeitpunkt wurde jeglicher Umgang mit dem Holocaust instrumentalisiert, um die Kriegstaten der britischen Truppen zu rechtfertigen (vgl. Kushner 2008:241). Im Jahr 2000 wurde bei der Gedenkfeier anlässlich des 55-jährigen Jubiläums der Kapitulation der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen beschlossen, in Großbritannien einen offiziellen Holocaust Memorial Day ins Leben zu rufen. Der erste britische Holocaust Memorial Day fand am 27. Jänner 2001, dem Jubiläum der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, statt (vgl. Levene 2006:26). Das Ziel dieses Gedenktages ist es, der britischen Bevölkerung die Verbrechen des NS-Regimes ins Gedächtnis zu rufen, um die Folgen von Rassismus und Antisemitismus aufzuzeigen (vgl. Cesarani 2002:16). Diese Wende in der Aufarbeitung des Holocausts spiegelt sich auch in der Bildungspolitik Großbritanniens wider, denn heute wird die Geschichte des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges in britischen Schulen öfter gelehrt als die eigene britische Zeitgeschichte (vgl. Mares 2004:128).

2.3. Aufarbeitung im spanischsprachigen Raum Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln ein Einblick in den Umgang mit dem Holocaust im deutsch- und englischsprachigen Raum gegeben wurde, wird im Folgenden auf die Aufarbeitung im spanischsprachigen Raum eingegangen, da in dieser Arbeit auch die spanischen Übersetzungen der Autobiographie Rudolf Höß’ behandelt werden. Hier ist anzumerken, dass Spanien hier insofern eine besondere Rolle einnimmt, da zwischen 1936 und 1939 der Spanische Bürgerkrieg stattfand.

26 Während des Zweiten Weltkrieges nahm Spanien als Transitland für Flüchtlinge aus Mitteleuropa eine besondere Rolle ein, da die spanischen Behörden bei der Einreise nach Spanien nicht zwischen jüdischen und nichtjüdischen Flüchtlingen unterschieden. Da Portugal den Juden/Jüdinnen die Einreise erlaubte und von dort aus die Möglichkeit bestand, aus Europa zu fliehen und somit der Deportation in die Konzentrationslager zu entgehen, war diese Fluchtroute von großer Bedeutung (vgl. Rother 2009:51ff.). Im Jahr 1943 stellte Hitler allen europäischen Machthabern, das Ultimatum entweder alle spanischen Juden/Jüdinnen, die im Ausland lebten, nach Spanien zurückzuholen oder die Deportation ohne Widerstand zur Kenntnis zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt wurde klar, dass Franco nicht das Ziel verfolgte, alle spanischen Juden/Jüdinnen vor den Verbrechen des NS-Regimes zu retten, sondern nur jene, die ihren Besitz in Spanien verwalten ließen (vgl. Rother 1999:109). Schon während des Krieges versuchte der spanische Außenminister General Jordana, Spanien im Ausland, insbesondere bei den Alliierten, als Retter der europäischen Juden/Jüdinnen darzustellen und betonte, dass die spanischen Behörden gegen die Deportierung der spanischen Juden/Jüdinnen gekämpft hatten. Dies bescherte Spanien viele Sympathisanten, insbesondere aus den Kreisen jüdischer Organisationen in den USA. Der World Jewish Congress , der diese Darstellung Spaniens als nicht wahrheitsgemäß empfand, verübte jedoch keinerlei Kritik am Franco-Regime, da das Schicksal vieler europäischer Juden/Jüdinnen vom Wohlwollen Spaniens abhängig war. Intensivierte. Auch wenn viele Juden/Jüdinnen aufgrund dessen, dass sie Spanien auf ihrem Weg nach Portugal durchqueren konnten, dem Schicksal der Konzentrationslager entgehen konnten, bedeutet dies nicht, dass Franco den Juden/Jüdinnen wohlgesinnt war. Franco selbst war darauf bedacht, dass sich die Anzahl der in Spanien lebenden Juden/Jüdinnen nicht steigerte, und so wurde die Einbürgerung für Juden/Jüdinnen zusätzlich durch Bürokratie erschwert (vgl. Rother 2009:53ff.).

Nach der Kapitulation des NS-Regimes intensivierten die spanischen Behörden ihre Anstrengungen in der Darstellung Spanien als Retter vieler europäischer Juden/Jüdinnen, um im Ausland das Ansehen Spaniens zu verbessern (vgl. Diner 2009:34). Spanien wurde aufgrund dessen, dass Hitler für den Aufstieg der autoritären Regierung Francos mitverantwortlich war, von der Außenwelt abgeschnitten. Ein wichtiger Schritt zur Isolierung stellte die Nichtzulassung Spaniens als Mitglied der Vereinten Nationen dar, die zusätzlich allen Staaten empfohlen, die diplomatischen Beziehungen zu Spanien abzubrechen (vgl. Rother 2001:330f.). Nach der Publikation eines Berichtes über die Rettung der Juden/Jüdinnen durch Spanien im Jahr 1949 beendete Spanien seine Kampagne zur Verbesserung des Bildes Spaniens im Ausland (vgl. Rother 2009:62). Um die Legende der glorreichen Heldentaten über die Rettung der europäischen Juden/

27 Jüdinnen innerhalb Spaniens aufrecht zu erhalten, wurde im Jahr 1963 in Córdoba ein Denkmal für Maimonides, einem spanischen, jüdischen Philosophen, der im Mittelalter in dieser Stadt lebte, aufgestellt (vgl. Diner 2009:34).

Die Erinnerung an den Holocaust unter Franco zeichnete sich durch die Selbstdarstellung Spaniens als Retter der Juden/Jüdinnen aus. Jegliche Erinnerung an die republikanischen Opfer des NS-Regimes wurde unterdrückt, sodass die Erinnerung an den Holocaust nur im Gedächtnis der spanischen Opfer, der Republikaner/Republikanerinnen und spanischen Juden/Jüdinnen, erhalten blieb. Weiters distanzierte sich Franco von Bewegungen in Lateinamerika, die für die Erinnerung an den Holocaust eintraten. Der Umgang mit dem Holocaust änderte sich auch nach dem Tod Francos im Jahr 1975 nicht; erst mit Eintritt Spanien in die Europäische Union und der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel im Jahr 1986 ist eine Wende im Umgang mit den nationalsozialistischen Verbrechen erkennbar (vgl. Baer 2011:505).

Der Holocaust und die Aufarbeitung des Zweiten Weltkriegs gelangten durch die mediale Darstellung der Ereignisse in US-amerikanischen und europäischen Filmen nach Spanien. Eine besondere Rolle nimmt hier auch die Ausstrahlung der US-amerikanischen Serie Holocaust ein. Jedoch bedeutete erst der Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 1986 eine endgültige Wende im Umgang mit dem Holocaust, denn Spanien nahm zu diesem Zeitpunkt erstmals diplomatische Beziehungen zu Israel auf. Einen weiteren Meilenstein stellten die Initiativen anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Vertreibung der Juden/Jüdinnen im Jahr 1492 aus Spanien dar. Die Teilnahme Spaniens am Internationalen Holocaust Forum in Stockholm im Jahr 2000, wo eine Vereinbarung über das Gedenken an den Holocaust unterzeichnet wurde, kann als Beginn der offiziellen spanischen Erinnerung an den Holocaust betrachtet werden. Mit der Einführung eines Holocaust-Gedenktages, der jährlich am 27. Jänner, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, und der Einweihung der ersten Gedenkstätte für die Opfer des Holcoausts in Madrid wurde ein weiterer wichtiger Schritt in der Aufarbeitung der NS-Verbrechen gesetzt (ibid.:506ff.).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Holocaust unter Franco als Thema der „Deutschen und Juden/Jüdinnen“ angesehen wurde und erst durch die Rückkehr zur Demokratie die Weichen für eine angemessene Erinnerung an den Holocaust gestellt wurde, da die Aufarbeitung der NS-Zeit in Europa einen zentralen Pfeiler zur Erhaltung der Demokratie darstellt (ibid.:503).

28 Die Aufarbeitung des Holocausts erfolgt, wie in diesem Kapitel dargestellt werden konnte, im deutsch-, englisch- und spanischsprachigen Raum unterschiedlich, wobei auch gewisse Parallelen in der Art der „Vergangenheitsbewältigung“ festgestellt werden konnten. Der Umgang mit dem Holocaust in der Nachkriegszeit ist insgesamt von einer Kultur des Verdrängens und Schweigens oder der Heraushebung der eigenen Rolle während des Zweiten Weltkrieges geprägt. In den USA und Großbritannien sowie in Spanien sind beide Phänomene gleichzeitig beobachtbar, im deutschsprachigen Raum hingegen wird die NS-Vergangenheit bis in die 1980er-Jahre im offiziellen Diskurs vermieden. Ein weiterer Punkt, der Parallelen zwischen den Sprachräumen erkennen lässt, ist die Beschäftigung mit der Frage der Schuld und Mitverantwortung sowie der Beteiligung des eigenen Landes am Krieg. Die Frage der Schuld ist vor allem im deutschsprachigen Raum von Bedeutung, wobei die Schuld und Mitverantwortung an den NS-Verbrechen sowohl in Österreich als auch in der DDR und der Bundesrepublik lange nicht anerkannt wurden. Während Österreich den Opfermythos forcierte und die DDR die Schuld durch die „Entnazifizierung“ der deutschen Bevölkerung begleichen wollte, gestand Adenauer die Schuld der deutschen Bevölkerung zwar ein, weigerte sich jedoch, die Schuld der Bundesrepublik als Staat offiziell einzugestehen. Die USA hingegen versuchte ihre Beteiligung im Zweiten Weltkrieg durch die Darstellung als Retter der europäischen Bevölkerung und insbesondere der KZ-Häftlinge zu rechtfertigen, wobei hier in keiner Weise nur angesprochen wird, dass der Krieg durch früheres Eingreifen unter Umständen verhindert hätte werden können. In Großbritannien wurde das Verhalten der britischen Regierung gegenüber Hitlers NS-Regime kritisiert, dennoch lenkten die Behörden durch die Darstellung des Landes als vorbildhafte Demokratie von dieser Kritik ab. Francos Regime hingegen betonte die Rolle Spaniens als Retter der europäischen Juden/ Jüdinnen und verbot jeglichen Umgang mit dem Holocaust.

Die eigentliche Aufarbeitung des Holocausts begann in der BRD Mitte der 1950-er und in den USA Mitte der 1960-er Jahre. In den anderen Ländern hingegen begann die Auseinandersetzung mit dem NS-Regime erst in den 1980-er Jahren. Hierbei ist anzumerken, dass die mediale Repräsentation des Holocausts eine wichtige Rolle für die Aufarbeitung spielte. In den letzten Jahren wird das Gedenken an diese Zeit offiziell forciert, dennoch kann zusammenfassend gesagt werden, dass weder im deutsch-, noch im englisch- oder spanischsprachigen Raum eine „Vergangenheitsbewältigung“ stattfand.

29 3. Das Genre der Autobiographie Da in der vorliegenden Arbeit die Autobiographie des Kommandanten von Auschwitz untersucht wird, soll im Folgenden das Genre der Autobiographie eingegangen werden. Hierbei soll zunächst der Begriff Autobiographie und die Entwicklung der literarischen Gattung behandelt werden, um aufzuzeigen, welche Charakteristika die Autobiographie kennzeichnet. Die autobiographischen Aufzeichnungen Rudolf Höß’ nehmen innerhalb der literarischen Gattung eine besondere Rolle ein, da sie im Kontext des Holocausts entstanden. Deshalb soll abschließend noch auf die Besonderheiten der Autobiographie im Kontext des Holocausts eingegangen werden, wobei hier zwischen autobiographischen Texten von Opfern und TäterInnen unterschieden wird.

3.1. Begriffserklärung Die Begriffe Autobiographie und Selbstbiographie traten erstmals Ende des 18. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum auf und verdrängten den Begriff Memoiren als Bezeichnung von Lebensbeschreibungen. So veröffentlichte David Seybold im Jahr 1796 eine Sammlung von Lebensgeschichten unter dem Titel Selbstbiographien berühmter Männer (vgl. Neumann 1970:9). In der Encyclopedia Britannica wird die erstmalige Verwendung des Begriffs im englischen Sprachraum auf das Jahr 1797 datiert. Weiters trug auch Robert Southeys Bericht aus dem Jahre 1809 zur Durchsetzung der Gattungsbezeichnung im englischen Sprachgebrauch bei (vgl. Holdenried 2000:19). Bis zu diesem Zeitpunkt wurde der Begriff Autobiographie dem Begriff Biographie gleich gesetzt, was darauf zurückzuführen ist, dass insbesondere in der englischen Literaturforschung das Genre der Autobiographie dem Genre der Biographie untergeordnet wurde (vgl. Holdenried 2009:9).

Das Genre der Autobiographie unterscheidet sich insofern vom Genre der Biographie darin, als dass der Autor/die Autorin des Textes gleichzeitig die Rolle des Erzählers/ der Erzählerin und die Rolle der Hauptfigur einnimmt (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:6). Somit wird unter dem Begriff Autobiographie die „Beschreibung ( graphia ) des Lebens ( bios ) durch sich selbst ( auto )“ (Misch 1989:38) verstanden. Lejeune (1994) konkretisiert die Abgrenzung zur Gattung der Biographie und definiert die Autobiographie wie folgt:

Rückblickender Bericht in Prosa, den eine wirkliche Person über ihr eigenes Dasein erstellt, wenn sie das Hauptgewicht auf ihr individuelles Leben, besonders auf die Geschichte ihrer Persönlichkeit legt. (Lejeune 1994:215)

Demzufolge kann der Begriff Memoiren, welcher die „literarische Form der Lebenserinnerungen des in die Gesellschaft integrierten, seine soziale Rolle ohne

30 Vorbehalt spielenden Menschen“ (Neumann 2013:21) bezeichnet, klar vom Begriff Autobiographie abgegrenzt werden. Dies bedeutet, dass in den Memoiren das persönliche Leben des Autors/der Autorin bewusst ausgeklammert wird, während in der Autobiographie das Privatleben des Autors/der Autorin im Mittelpunkt steht (ibid.:28).

3.2. Die Autobiographie im Wandel der Zeit Nach Misch stellt das Verständnis der Individualität, welches bei der Verfassung der Autobiographie eine wichtige Rolle spielt, keine neuzeitliche Errungenschaft dar, da schon in den frühen Hochkulturen des Nahen und Mittleren Ostens als auch in der griechischen und römischen Welt autobiographische Texte verfasst wurden. So können biographische Inschriften in den ägyptischen Pyramiden, die ungefähr 3.000 v. Chr. angefertigt wurden, als erste Form der autobiographischen Darstellung betrachtet werden. Diese Form autobiographischen Schreibens zeigt, dass die Persönlichkeit einer Person schon in diesem Zeitalter an Bedeutung gewann (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:105f.).

Erste Ansätze autobiographischer Darstellung in der griechischen Welt sind bei Hesiod (700 v. Chr.), Archilochos und Solon (600 v. Chr.) erkennbar (vgl. Holdenried 2000:86). Hierbei war die Verteidigungsrede von großer Bedeutung, da sie vor Gericht die einzige Möglichkeit dar, die eigene Person darzustellen, da jeder Bürger/jede Bürgerin verpflichtet war, sich dem Staat unterzuordnen (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:106f.). Isokrates, ein Rhetoriker und politischer Schriftsteller, nutzte diesen Rahmen als Legitimation für seine eigene Selbstdarstellung und verfasste mit Antidosis den ersten autobiographischen Text (vgl. Holdenried 2000:87). Im Hellenismus erfuhr das autobiographische Schreiben einen Aufschwung und so erfreute sich die Hypomnemata , eine Form der politischen Autobiographie, großer Beliebtheit (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:108). Die schriftliche autobiographische Darstellung war in der griechischen Welt nicht unbedeutend und es wurden viele Selbstzeugnisse verfasst, jedoch entwickelte sich in dieser Zeit keine einheitliche Gattung der Autobiographie (ibid.:106).

Im antiken Rom nutzten viele römische Kaiser das autobiographische Schreiben zur Darstellung ihrer politischen Persönlichkeit und ihrem Verhältnis zur Gemeinschaft und zum Staat. Die Rechtfertigung des Verfassers/der Verfasserin spielt auch hier, wie in den ägyptischen Grabinschriften und den griechischen autobiographischen Texten, eine zentrale Rolle (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:110). Neben politischen Autobiographien wurden im vierten und fünften Jahrhundert n. Chr. Reisebeschreibungen und Texte über Selbstbeobachtungen verfasst (vgl. Holdenried 2000:89f.).

31 Das in der Spätantike entwickelte Individualitätsbewusstsein, das sich in autobiographischen Texten widerspiegelte, ging im Mittelalter weitestgehend wieder verloren (vgl. Holdenried 2000:94). Im Gegensatz zu Texten, die Wissen vermittelten, wurde Texten mit autobiographischer Darstellung kaum Beachtung geschenkt. Diese Haltung manifestierte sich im mangelnden Authentizitätsbewusstsein der Autoren/Autorinnen und erklärt auch, warum biographische Informationen mit fiktionalen Elementen kombiniert wurden (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:119). So konnte festgestellt werden, dass autobiographische Texte, die vor der Jahrtausendwende verfasst wurden, sowohl antike als auch christliche Elemente beinhalten. Otloh von Emerams Schriften, die nach Misch als erste förmliche Autobiographie des katholischen Mittelalters betrachtet werden können, sind nur ein Beispiel dafür, dass in jener Epoche der Glauben der Autoren/Autorinnen in der schriftstellerischen Tätigkeit eine wichtige Rolle spielte (ibid.:120ff.). Als wichtigstes autobiographisches Dokument des Mittelalters gilt der Briefkontakt zwischen Petrus Abaelard und Héloise (vgl. Holdenried 2000:94f.). Die Rechnungs- und Handelsbücher des spätmittelalterlichen städtischen Bürgertums, die neben der Aufzeichnung biographischer Daten auch die Möglichkeit der Rechtfertigung über Vermögensverhältnisse boten, stellten eine weitere Form autobiographischen Schreibens dar (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:128ff.).

Die humanistische Orientierung, die mit Beginn der Renaissance einsetzte, förderte die Entwicklung des Individualitätsbewusstseins und begünstigte die Transformation des Beichtbekenntnisses zur Autobiographie (ibid.:132). Den endgültigen Beginn neuzeitlichen autobiographischen Schreibens stellt der autobiographische Text Benvenuto Cellinis dar, der aufgrund der ausgeschmückten Schilderung Cellinis Lebens als dramatische Autobiographie angesehen wird. Die Wirtschaftsentwicklung und das neu gewonnene Individualitätsbewusstsein führten dazu, dass einerseits das städtische Bürgertum das autobiographische Schreiben für sich entdeckte und andererseits der christliche Glaube in der Praxis der Autobiographik an Bedeutung verlor (vgl. Holdenried 2000:102ff.). Auffallend ist, dass deutschsprachige Autobiographien dieser Zeit wie jene von Thomas und Felix Platter in der Autobiographieforschung nur am Rande erwähnt werden, da sie weniger fortgeschritten als die autobiographischen Texte der italienischen Renaissance betrachtet werden (ibid.:133f.). Die Autobiographik erlebte im 15. und im frühen 16. Jahrhundert durch die Blütezeit des städtischen Großbürgertums einen Aufschwung, jedoch ging die Anzahl der autobiographischen Texte wieder zurück, als das Großbürgertum im 16. Jahrhundert aufgrund des aufkommenden Absolutismus an Bedeutung und Macht verlor (ibid.:144f.).

32 Im 17. Jahrhundert entwickelten sich, nachdem die Autobiographie als Lebensbeschreibung aufgrund des Niedergangs des Großbürgertums in den Hintergrund gedrängt wurde, neue literarische Formen der Selbstbeschreibung. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die französische Memoirenliteratur und Tagebücher sowie die von Frauen geführten Hausbücher, die als Muster der weltlichen Autobiographik des Barocks gelten, zu nennen (vgl. Holdenried 2000:118ff.).

Die pietistische Autobiographie, eine kleinbürgerliche Literaturform, die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstand, konzentrierte sich auf die Schilderung des eigenen Seelenzustandes. Philipp Jakob Speners (1635-1705) Autobiographie, die sich an der traditionellen Biographik orientiert, August Hermann Franckes (1663-1727) Lebenslauf, der an Augustinus’ Confessiones erinnert, sowie Johanna Eleonora Petersens (1644- 1724) Lebensbeschreibung sind nur einige Beispiele, die in diesem Kontext genannt werden können (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:145ff.). Auch das Tagebuch gewann als Möglichkeit der Selbstbeobachtung immer mehr an Bedeutung. Weiters entdeckten auch Menschen aus den niedrigen sozialen Schichten die Kunst des autobiographischen Schreibens für sich, sodass die Zahl der autobiographischen Texte im 18. Jahrhundert stetig anstieg (vgl. Holdenried 2000:132ff.). Eine wichtige Rolle in der Autobiographiegeschichte des 18. Jahrhunderts spielt Jean-Jacques Rosseaus (1712- 1778) Autobiographie Confessions , die erst nach seinem Tod veröffentlicht wurde. Die Gegensätzlichkeit des Selbst- und Fremdbildes der eigenen Person bewog Rosseau zur Verfassung seiner Autobiographie, um einerseits Rechenschaft über seine Taten abzulegen und andererseits sein Ansehen wieder herzustellen (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:163ff.). Rosseau eröffnete mit Confessions und der damit einhergehenden Forderung nach universaler Geltung seiner Autobiographie eine neue Epoche modernen autobiographischen Schreibens (vgl. Holdenried 2000:149f.).

Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) Autobiographie Dichtung und Wahrheit , die bis in die 1960er-Jahre als Klassiker der Autobiographie galt, war Vorbild für viele weitere autobiographische Texte, die im 19. Jahrhundert verfasst wurden (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:166). Jean Paul (1763-1825) und Joseph von Eichendorff (1788-1857) hingegen lehnten die Ansicht Goethes einer linearen Entwicklung des Lebens ab und verfassten parodistische autobiographische Texte. Auch Heinrich Heine (1797-1856) setzte sich kritisch mit Goethe auseinander, der seiner Ansicht nach Repräsentant der Kunstperiode war (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:171ff.). Die autobiographische Literatur des 19. Jahrhunderts zeichnete sich dadurch aus, dass die Autoren/Autorinnen versuchten, ein Gleichgewicht zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart herzustellen und

33 bestimmte Rituale des Gedenkens und Erinnerns in ihre Texte einzuarbeiten. Theodor Fontanes (1819-1989) autobiographischer Text Meine Kinderjahre , der 1893 veröffentlicht wurde, nimmt in diesem Kontext insofern eine Sonderstellung ein, als dass er den Übergang von der klassischen Autobiographik des 19. Jahrhunderts zur modernen Autobiographik darstellt (ibid.:183f.).

Im 20. Jahrhundert erfuhr das Genre der Autobiographie eine Wende und die vorhandenen Muster für Lebensbeschreibungen, welche zuvor von den Autoren/Autorinnen einhalten zu waren, wurden unverbindlich (ibid.:187). Als Kennzeichen für diese Entwicklung können einerseits die Fiktionalisierung und Trivialisierung des autobiographischen Schreibens und andererseits die Distanzierung von der Autobiographik angeführt werden. Weiters begannen sich Wissenschafter/ Wissenschafterinnen sowie Autoren/Autorinnen mit der Theorie und der Entwicklung der autobiographischen Literatur auseinanderzusetzen (vgl. Holdenried 2000:206f.). Beispielhaft für diese Entwicklung sind Hans Carossas (1878-1956) Lebensberichte und Walter Benjamins (1892-1940) Berliner Kindheit um Neunzehnhundert , die die Grundzüge der modernen Autobiographik vereinen (vgl. Wagner-Egelhaaf 2005:180ff.). Aufgrund der geschichtlichen Ereignisse des 20. Jahrhunderts gewinnt die Selbstrechtfertigung als Element des autobiographischen Schreibens wieder an Bedeutung. So nutzte Gottfried Benn (1886-1956) seine Autobiographie, um seine Einstellungen gegenüber dem NS- Regime zu rechtfertigen. Peter Weiss (1916-1982) hingegen stellte wie viele Autoren/Autorinnen des 20. Jahrhunderts kritische Analysen über den Zusammenhang von Kunst, Literatur und gesellschaftlich-politischen Ereignissen und das Fortleben nationalsozialistischen Gedankenguts an. In den 1970er-Jahren kristallisierte sich eine neue Art des autobiographischen Schreibens heraus, die sich in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und der Sexualität manifestierte (ibid.:191ff.). Besonders hervorzuheben ist der Anstieg von Zeitzeugnissen von Holocaustüberlebenden Ende des 20. Jahrhunderts, wobei dies darauf zurückzuführen ist, dass sich die Anzahl der Zeugen/ Zeuginnen des Holocausts aufgrund des Faktors Zeit tagtäglich verringert (ibid.:207).

Die literarische Gattung der Autobiographie erfuhr im Laufe der Zeit einen stetigen Wandel. So ist die Autobiographie heute ein Medium, in dem der Autor/die Autorin als Zeuge/Zeugin zeitgeschichtlicher Ereignisse auftreten kann, wobei auch hier Fakt und Fiktion keine Gegensätze mehr darstellen. Hier steht das Mitteilungsverhältnis zwischen Erzähler/Erzählerin und Leser/Leserin und damit einhergehend die Bewahrung des Gedächtnisses im Vordergrund (ibid.:208f.).

34 3.3. Autobiographien im Kontext des Holocausts Die Verbrechen des NS-Regimes stellten nicht nur einen Einschnitt politischer und gesellschaftlicher Natur dar, sondern schlugen sich, wie bereits in Kapitel 3.2 kurz angesprochen, in der Art und Weise künstlerischer und literarischer Produktion sowohl während des Krieges als auch nach Kriegsende nieder. Romane, Gedichte, Briefe, Tagebücher, Musik, Opern, Hörspiele sowie Filme, deren Ziel es ist, die nationalsozialistischen Verbrechen im Gedächtnis der Menschen zu bewahren, können unter dem Begriff Holocaust-Diskurs vereint werden. Die ältesten schriftlichen Zeitzeugnisse über die Verbrechen des NS-Regimes sind einerseits die Tagebücher und Chroniken der Opfer und andererseits die autobiographischen Texter der Täter/Täterinnen (vgl. Braese/Gehle 1999:79).

Der Autobiographie kann in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle zugeschrieben werden, da sie als versprachlichte Lebensgeschichte eine eigene soziale und kommunikative Funktion erfüllt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht die Intention des Autors/der Autorin ist, die Gesellschaft zu analysieren oder historische Ereignisse zu untermauern, sondern seine eigene Person zu erklären und sich vor sich selbst und den Mitmenschen zu rechtfertigen. Hierbei gilt, die Erfahrungen und Erwartungen der Vergangenheit in eine für den Rezipienten/die Rezipientin nachzuvollziehende chronologische Ordnung zu bringen (vgl. Fischer-Rosenthal 1995:50ff.). Die Rekonstruktion der Vergangenheit erfolgt jedoch innerhalb vorgegebener gesellschaftlicher Strukturen, sodass Kriterien, die das Zeitzeugnis erfüllen sollte, von der Gesellschaft vorgegeben werden (vgl. Schmoller 2006:169). Dennoch muss zwischen Autobiographien von Opfern und Tätern/Täterinnen unterschieden werden.

3.3.1. Autobiographien aus Opferperspektive Der Begriff Opfer bezeichnet in diesem Zusammenhang jene Menschen, die von den Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen diskriminiert, verfolgt und inhaftiert wurden. Juden/Jüdinnen, Widerstandskämpfer/Widerstandskämpferinnen als auch Geistliche und intellektuelle Kritiker/Kritikerinnen, die zu Gegnern/Gegnerinnen des NS-Regimes deklariert wurden, dokumentieren und bezeugen in ihren mündlichen und schriftlichen Zeitzeugnissen die Verbrechen, die ihnen widerfuhren (vgl. Kämper 2007:XII).

Berichte über Ereignisse und Erfahrungen in Konzentrationslagern und Ghettos des NS- Regimes, auch Überlebenszeugnisse , Literatur des Genozids , Überlebensmemoiren , Lagerliteratur oder Holocaustliteratur genannt, sind Texte mit besonderer

35 Deutungsautorität (vgl. Körte 2005:329). Diese historischen Dokumente erhalten jedoch nur Bedeutung, wenn sie gehört oder gelesen werden (vgl. Overbeck 2006:181f.). Als künstliches, zweites Gedächtnis sollen Zeitzeugnisse dabei helfen, die eigene Lebensgeschichte zu verarbeiten und die Erinnerungen an die durchlebten Ereignisse an künftige Generationen weiter zu geben (vgl. Körte 1996:202ff.). Anfangs verfassten nur Laien/ Laiinnen autobiographische Texte, wobei diese zum großen Teil in Erinnerungsarchiven gesammelt und nicht veröffentlicht wurden (vgl. Körte 2005:336f.).

Motive für die Niederschrift der eigenen Erfahrungen waren/ sind einerseits die Einsamkeit der Überlebenden und andererseits Überlegungen, warum gerade der Autor/die Autorin überlebt hat, während andere Menschen in den Konzentrationslagern sterben mussten (ibid.:330). Überlebende der Konzentrationslager und Ghettos befinden sich in einem Zwiespalt und müssen für sich persönlich abwägen, ob sie über sich an ihre eigenen Erfahrungen erinnern und über diese sprechen und schreiben oder diese vergessen und für sich behalten wollen. Jene, die sich für das Erinnern, Schreiben und/oder Sprechen entscheiden, sehen in diesem Entschluss die Möglichkeit, das eigene Leben nach der Erniedrigung durch die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen wieder selbst in die Hand zu nehmen und Entscheidungen für sich selbst zu treffen. Die selbst auferlegte Verpflichtung sich zu erinnern und Zeugnis über das Leid in den Konzentrationslagern abzulegen ist oft durch den Wunsch bedingt, dass die Verbrechen des NS-Regimes im kollektiven Gedächtnis verankert werden und künftige Generationen Lehre aus der Vergangenheit ziehen sollen (vgl. Overbeck 2006:181ff.). Die Auseinandersetzung mit dem erfahrenen Leid stellt einen Versuch dar, die eigenen Erinnerungen in geordnete Bahnen zu bringen, wobei die Zerstörung der eigenen Person in den Mittelpunkt gerückt wird (vgl. Körte 2005:337ff.). Somit verfassen die Autoren/Autorinnen die autobiographischen Texte für sich selbst und nachfolgende Generationen, aber auch für Familienmitglieder und Leidensgenossen/ Leidensgenossinnen (vgl. Matthäus 2005:368).

Während die Zeugnisliteratur kurz nach Kriegsende der Wissensbereicherung diente und die Faktizität des Geschriebenen von großer Bedeutung war, sind Texte von Überlebenden heute ein Medium zur Überlieferung, welches die Ereignisse während des NS-Regimes gegenwärtig hält (vgl. Körte 2005:333f.). Die mündlichen und schriftlichen Zeugnisse von Augenzeugen/Augenzeuginnen trugen nach Kriegsende wesentlich dazu bei, der Öffentlichkeit ein Bild über die Ausmaße des Verfolgungssystems der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen zu vermitteln (vgl. Matthäus 2005:367). Oft stellten die Autoren/Autorinnen hierbei ihre individuellen Erfahrungen in den Hintergrund

36 und schilderten Ereignisse öffentlichen Interesses, um die Ereignisse im kollektiven Gedächtnis zu verankern. Die objektive Darstellung der Verbrechen implizierte hierbei auch die Verallgemeinerung der geschilderten Ereignisse, sodass die Erzählung in der Wir-Form und nicht in der Ich-Form erfolgte. Im Laufe der Zeit verschob sich dieser Fokus und die Schilderung persönlicher, privater und nicht verallgemeinerbarer Erlebnisse der Autoren/Autorinnen wurde zum zentralen Merkmal der Zeugnisliteratur (vgl. Werle 2010:68ff.). Ein weiteres Kennzeichen dieser autobiographischen Texte sind die von den Autoren/ Autorinnen verfassten Vorworte, Epiloge, Widmungen und Motti, in denen meist die Motive für die Verfassung des Textes thematisiert werden (vgl. Körte 2005:340).

Es gibt viele Gründe, warum die Verschriftlichung des erlebten Leids und die Rezeption der autobiographischen Zeugnisse beeinflusst und erschwert werden. Viele Autoren/Autorinnen misstrauen ihren eigenen Erfahrungen und befürchten, die Ereignisse und das durchlebte Grauen durch die Verschriftlichung aus ihrem Gedächtnis zu verdrängen (vgl. Körte 1996:203ff.). Ein weiterer Aspekt, der nicht außer Acht zu lassen ist, ist jener, dass alle Autoren/Autorinnen autobiographischer Texte über das Überleben in den Konzentrationslagern und Ghettos des NS-Regimes, nicht nur Augenzeugen/Augenzeuginnen sind, sondern gleichzeitig auch Opfer der Verbrechen der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen sind (vgl. Overbeck 2006:182). Weiters spielt auch eine Rolle, dass das Überleben eine Grundvoraussetzung für die Möglichkeit der Autorschaft/Autorinnenschaft ist und nur wenige Opfer Zeugnis ablegen können, da der Großteil der Opfer in den Lagern des NS-Regimes ermordet wurde. Aufgrund der Schuldgefühle, auf Kosten anderer Häftlinge überlebt zu haben, verfassen viele Autoren/Autorinnen ihr Zeitzeugnis stellvertretend für jene Menschen, die die Verbrechen nicht überlebt haben (vgl. Werle 2010:54f.). Hier werden die Überlebenden vor die Herausforderung gestellt, das eigene Ich in Worte zu fassen und ein zusammenhängendes, chronologisches Ganzes zu formen (ibid.:25). Zudem können sich die Rezipienten/Rezipientinnen nicht mit den Erlebnissen des Autors/der Autorin identifizieren, da die Erfahrungen für sie nicht vorstellbar sind (vgl. Overbeck 2006:182). Da die Distanz zwischen Sprache und dem Mitzuteilendem unüberwindbar ist, ist es unmöglich, das Erlebte mit den zur Verfügung stehenden sprachlichen Mittel in Worte zu fassen, sodass die authentische Darstellung des Völkermordes in den Konzentrationslagern des NS-Regimes nicht möglich ist (vgl. Werle 2010:25f.).

Die Behauptung, dass die Verbrechen des NS-Regimes nicht darstellbar seien, stellt ein weiteres Problem dar, da dadurch jegliche Erinnerungs- und Beschreibungsversuche Überlebender ignoriert und das Wissen über die Verbrechen des NS-Regimes negiert

37 wird (vgl. Körte 2005:331). In diesem Zusammenhang wird von Forschern/Forscherinnen immer wieder die Frage der Repräsentativität und Authentizität von Zeitzeugnissen, auch von fiktionalen Beschreibungen, thematisiert. So wurde die autofiktionale Darstellung des erlebten Leids lange Zeit tabuisiert, da sie von der Gesellschaft als unangemessen betrachtet wurde (vgl. Werle 2010:29ff.).

Trotz der Diskussionen bezüglich der Authentizität der Zeugnisliteratur kann davon ausgegangen werden, dass es eine wesentliche Funktion von Zeitzeugnissen ist, einen authentischen Zusammenhang zwischen Text, Autor/Autorin und Rezipient/Rezipientin herzustellen. Beim Zeugnis, das als eine Erinnerungsrede angesehen werden kann, steht die Beziehung zwischen Autor/Autorin und Rezipient/Rezipientin im Vordergrund (vgl. Körte 2005:334). Während für einige Überlebende die Niederschrift der persönlichen Erfahrungen lebensnotwendig ist und oft auch einen therapeutischen Zweck erfüllt, hüllen sich andere Überlebende zum Selbstschutz in Schweigen (vgl. Overbeck 2006:186). Der Prozess des Schreibens ist für die Autoren/Autorinnen sehr schmerzhaft, weil alle Erlebnisse und Ereignissen noch einmal durchlebt werden müssen. Dennoch entsteht durch diesen Prozess die Möglichkeit, einen externen Standpunkt einzunehmen und die Erfahrungen aus einer anderen Perspektive zu betrachten, welche für die Verarbeitung der individuellen Erfahrung maßgeblich sein kann (vgl. Werle 2010:85f.). Weiters kann der Schreibprozess dazu beitragen, „leere Stellen“ wieder ins Gedächtnis zu rufen und die Erinnerung an die durchlebten Ereignisse zu vervollständigen (ibid.:54).

Abschließend muss jedoch angemerkt werden, dass die Rolle der Autoren/Autorinnen in der Rezeption der Zeugnisliteratur oftmals unterschätzt wird, obwohl diese durch die Teilnahme an der Diskussion über die Darstellbarkeit und Nichtdarstellbarkeit der Shoah einen zentralen Standpunkt in der Rezeptionsgeschichte einnehmen (vgl. Körte 2005:331).

3.3.2. Autobiographien aus TäterInnenperspektive Der Begriff Täter/Täterin bezeichnet jene Personen, die in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei als Funktionsträger/Funktionsträgerinnen tätig und an den Verbrechen des Regimes beteiligt waren. Täter/Täterinnen des NS-Regimes waren einerseits die Regierung und Planer/Planerinnen der Verbrechen und andererseits die Exekutoren/Exekutorinnen, die Funktionäre/Funktionärinnen des Militärs, NS-Angehörige, die in der Pressarbeit der Partei tätig waren, sowie viele weitere Anhänger/Anhängerinnen der NSDAP (vgl. Kämper 2007:XIII).

38 Autobiographien, die von Personen verfasst wurden, die Kapitalverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit begingen, werden auch als autobiographies from „the other side“ bezeichnet. Grundsätzlich kann hier zwischen jenen Autobiographien, die vor oder während des Zweiten Weltkrieges verfasst wurden und jenen, die nach Kriegsende entstanden, unterschieden werden. Die Erstgenannten wurden vorwiegend in den 1930er-Jahren verfasst, wobei diese entweder die nationalsozialistische Ideologie unterstützen oder den Nationalsozialismus und dessen Legitimation in Frage stellen. In den Jahren nach Kriegsende wurden aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und Zensur nur sehr wenige Autobiographien von Tätern/Täterinnen veröffentlicht. Erst in den 50er- bzw. vorwiegend in den 60er- und 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts erlebte das öffentliche Interesse an TäterInnenautobiographien einen Aufschwung. Hier muss jedoch angemerkt werden, dass im Vergleich zu Autobiographien von Opfern der NS-Verbrechen nur sehr wenige autobiographische Texte von Tätern/Täterinnen publiziert wurden. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass Täter/Täterinnen im Gegensatz zu den Opfern der nationalsozialistischen Verbrechen nicht das Bedürfnis hatten, ihre Erfahrungen nieder zu schreiben, damit diese nicht in Vergessenheit geraten, sondern darauf hofften, ihre Taten so schnell wie möglich zu vergessen und von den Menschen vergessen zu werden (vgl. Rosen 2001:553ff.).

Täter/Täterinnen reflektieren entweder vor Gericht oder retrospektiv in Form autobiographischer Texte über ihre Rolle bei den Verbrechen des NS-Regimes und die Schuldfrage. Als Motiv für die Verfassung der Autobiographie kann die Verteidigung des eigenen Handelns oder die Entlastung des eigenen Gewissens genannt werden. Hierbei ist jedoch auffallend, dass Täter/Täterinnen im Gegensatz zu den berichtenden Texten von Opfern der NS-Verbrechen ihre Erfahrungen und Erinnerungen den Lesern/Leserinnen in argumentativer Form unterbreiten, um sich für ihre Taten zu rechtfertigen und diese zu begründen (vgl. Kämper 2007:XIIIf.). Weiters folgen die Gliederung und der Aufbau dieser autobiographischen Texte historischen Ereignissen, die für die Täter/Täterinnen wichtige Stationen und Einschnitte in ihrem Leben darstellten (vgl. Werle 2010:73). Während die Autobiographie Opfern der NS-Verbrechen die Möglichkeit gibt, „leere Stellen“ wieder ins Gedächtnis zu rufen, erzeugen Täter/Täterinnen einerseits künstliche Leerstellen, indem sie Ereignisse aus ihrem Leben absichtlich verschweigen. Andererseits verfälschen sie ihre eigene Lebensgeschichte, indem sie Ereignisse und Erfahrungen nicht oder nicht ganz wahrheitsgemäß schildern (ibid.:54).

NS-Täter/NS-Täterinnen werden von der Gesellschaft meist als Dämonen, Monster und die Verkörperung des Bösen betrachtet. Die begangenen Verbrechen untergraben die

39 Glaubwürdigkeit der Täter/Täterinnen, wobei hier anzumerken ist, dass für die Rezipienten/Rezipientinnen die autobiographische Darstellung von Tätern/Täterinnen umso unglaubwürdiger ist, je schlimmer die Verbrechen sind, die der Autor/die Autorin begangen hat. Der Täter/die Täterin steht somit vor der Herausforderung die Skepsis und die Zweifel an der Echtheit, die die Rezipienten/Rezipientinnen der autobiographischen Darstellung entgegenbringen, zu überwinden. Einigen Autoren/Autorinnen ist das Image autobiographischer Darstellungen von Tätern/Täterinnen, wie sich aus ihren Texten schließen lässt, jedoch bewusst (vgl. Rosen 2001:553f.). Dennoch versuchen die Autoren/ Autorinnen durch die Verfassung einer Autobiographie zumeist ihr eigenes Handeln zu rechtfertigen und zu verteidigen und somit die Einstellung der Rezipienten/Rezipientinnen zu ihren Gunsten zu beeinflussen (vgl. Werle 2010:92f.).

Das Genre der Autobiographie erlebte im Laufe der Zeit, wie in diesem Kapitel erläutert wurde, einen stetigen Wandel, wobei ersichtlich ist, dass das Motiv der Rechtfertigung und Verteidigung der eigenen Person für die Verfassung der eigenen autobiographischen Darstellung von großer Bedeutung ist. Aufgrund der historischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts entstand ein neuer Typus dieser literarischen Gattung, wobei hier zwischen Autobiographien von Opfern und autobiographischen Texten von Tätern/ Täterinnen unterschieden werden muss. Das Motiv der Rechtfertigung, das, wie in Kapitel 3.2 aufgezeigt, omnipräsent ist, spielt im Kontext der Texte von Überlebenden jedoch keine Rolle. Opfer von NS-Verbrechen haben das Bedürfnis, Zeugnis abzulegen, damit die grausamen Erfahrungen und Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten und künftige Generationen Lehre aus der Vergangenheit ziehen können. Im Gegensatz zu den Opfertexten tritt das Motiv der Rechtfertigung und der Verteidigung der eigenen Handlungen in den autobiographischen Darstellungen von Tätern/Täterinnen in den Vordergrund. Jene Texte sollen die Haltung der Rezipienten/Rezipientinnen zu Gunsten des Täters/Täterin verändern, und gleichzeitig soll die Autobiographie helfen, das eigene Gewissen zu entlassen und selbst in die Opferrolle zu schlüpfen.

Viele Autobiographien von Opfern wurden in den Erinnerungsarchiven gesammelt und nicht veröffentlicht. Hier ist jedoch auch hervorzuheben, dass viele autobiographische Texte von Opfern auch veröffentlicht wurden. Diese Texte stellen einen wertvollen Schatz dar, aus welchem die Wissenschaft schöpfen kann und somit künftige Generationen davor bewahrt werden können, dass sich die Ereignisse in der Zukunft wiederholen. Doch auch die im Vergleich zu den Opferautobiographien geringe Anzahl autobiographischer Darstellungen von Tätern/ Täterinnen kann einen Beitrag leisten, die Motive und

40 Beweggründe der NS-Verbrecher/ NS-Verbrecher weiter zu erforschen und zu hinterfragen.

41 4. Das Original Kommandant in Auschwitz Rudolf Höß, jener Mann, der als Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz für die Ermordung von Millionen von Menschen verantwortlich war, verfasste eine Autobiographie, welche einen Einblick in die Grundprinzipien der nationalsozialistischen Ideologie und der Organisation der Massenvernichtung gibt. Im Folgenden werden die Person Rudolf Höß und die autobiographischen Darstellungen eingehend behandelt, um aufzuzeigen, wer die Person hinter der Tötungsmaschinerie des Konzentrationslagers Auschwitz war.

4.1. Rudolf Höß Rudolf Franz Ferdinand Höß wurde am 25. November 1900 als Sohn des Kaufmanns Franz Xaver Höß und dessen Ehegattin Pauline Höß als ältestes von drei Kindern in Baden-Baden geboren. Höß verbrachte seine ersten sechs Lebensjahre in Baden-Baden, bevor die Familie nach Mannheim zog. Dort wurde er zunächst zwei Jahre lang zu Hause unterrichtet und besuchte danach die öffentliche Grundschule und ein Gymnasium (vgl. Lasik 1994:288). Da der Vater für Rudolf Höß eine Karriere als Priester vorgesehen hatte, wurde Höß streng katholisch und autoritär erzogen (vgl. Rawicz 1981:5). Im Jahr 1914, zu Beginn des Ersten Weltkrieges, verstarb Franz Xaver Höß, und Rudolf Höß war als Helfer des Roten Kreuzes in den Kriegslazaretten tätig. Mit nur 15 Jahren meldete er sich freiwillig als Soldat und kämpfte mit den deutschen Truppen in der Türkei und in Palästina (vgl. Orth 2004:105f.). Nachdem Höß in der Schlacht dreimal verwundet wurde, wurde er mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet und kommandierte als jüngster Unteroffizier der deutschen Armee seine eigene Kavallerietruppe, wofür er eine Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse erhielt (vgl. Lasik 1994:289).

Nach der Niederlage der deutschen Truppen kehrte er mit anderen Soldaten nach Deutschland zurück und trat dem Ostpreußischen bei (ibid.). Nachdem die Anhänger des Ostpreußischen Freikorps im Dezember 1919 im Baltikum besiegt wurden, kehrte Höß abermals nach Deutschland zurück und war als Hilfsarbeiter in den von den Freikorps gegründeten Landarbeitsgemeinschaften tätig. Auf diesem Weg lernte er auch Heinrich Himmler kennen und trat schließlich im Jahr 1922 der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei bei (vgl. Orth 2004:108f.). Weiters entschloss sich Höß entgegen seiner religiösen Erziehung gegen seinen Glauben und trat aus der Römisch Katholischen Kirche aus (vgl. Lasik 1994:289).

42 Am 31. Mai 1923 beteiligte sich Rudolf Höß am Mord an Walter Kadow („Parchimer Fememord“), einem ehemaligen Mitglied des Freikorps Roßbach, dem auch Höß angehörte, und wurde am 28. Juni 1923, nachdem ein Beteiligter ihn und andere Mittäter an die Polizei verraten hatte, verhaftet (vgl. Deselaers 1997:51f.). Am 15. März 1924 wurde er zu zehn Jahren Haft verurteilt, blieb jedoch Mitglied der NSDAP. Wie Höß in seinen autobiographischen Aufzeichnungen schildert, bereitete ihn die Zeit, die er im Gefängnis verbrachte, auf seine zukünftigen Aufgaben in den Konzentrationslagern vor (vgl. Lasik 1994:290). Aufgrund des am 14. Juli 1928 erlassenen Amnestiegesetzes wurde Höß begnadigt und konnte das Gefängnis, obwohl er noch nicht einmal die Hälfte seiner Strafe verbüßt hatte, verlassen (vgl. Wistrich 1983:141).

Höß kehrte nach seiner Entlassung aufs Land zurück und arbeitete, wie schon vor seiner Haft, bei verschiedenen Landdienstgruppen in der Landwirtschaft. Weiters trat er dem „Bund der Artamanen“, einer antisemitisch geprägten Organisation, bei. Dort lernte er auch seine spätere Frau Hedwig kennen. Die Hochzeit fand am 17. August 1929 statt und aus dieser Ehe entstanden fünf Kinder. Am 20. September 1933 wurde Rudolf Höß schließlich Mitglied der SS (vgl. Orth 2004:113). Im Juni 1934 wurde er zum 10. Bataillon des 9. Allgemeinen SS-Regiments versetzt und verpflichtete sich mit der Unterzeichnung eines 12-Jahres-Vertrages. Höß wurde in das Konzentrationslager Dachau versetzt, wo er nach seiner Ausbildung in die Position des Blockführers befördert wurde. Schon im April 1936 wurde er nochmals befördert und nahm als SS-Rapportführer die Rolle des stellvertretenden Schutzhaftlagerführers ein. Am 1. August 1938 wurde Höß als Schutzhaftlagerführer ins Konzentrationslager Sachsenhausen beordert, gewann an Ruf und stieg auch innerhalb der SS auf (vgl. Lasik 1994:290f.). Im Mai 1940 beauftragte Himmler Höß mit dem Aufbau des Konzentrationslagers Auschwitz und ernannte ihn zum Kommandanten dieses KZ, einen Posten, den Höß bis November 1943 innehatte (vgl. Rawicz 1981:6). Nachdem die Korruption im KZ Auschwitz durch eine eigens von Himmler eingerichtet Kommission aufgedeckt wurde, wurde Höß als Kommandant abgesetzt und am 11. November 1943 stattdessen zum Direktor des Amtes DI befördert und nach Berlin beordert (vgl. Lasik 1994:294). Ein weiterer Grund für die Versetzung nach Berlin war die Affäre, die Höß mit Eleonore Hodys, einer Insassin des Konzentrationslagers, unterhielt (vgl. Langbein 1980:352). Als Höß Nachfolger im KZ Auschwitz wurde Arthur Liebehenschel zum Kommandanten ernannt. Die Aufgabe von Rudolf Höß bestand nun darin, die Tötungsmaschinerie der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen weiter zu entwickeln. Er kehrte jedoch zur Durchführung der „Aktion Höß“, der Massenvernichtung der ungarischen Juden/Jüdinnen, in das Konzentrationslager Auschwitz zurück. Weiters war Höß auch für die Liquidierung

43 des Sektors BIIe im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, in dem die vom NS-Regime deportierten Roma und Sinti untergebracht waren, zuständig. Nach seiner Rückkehr nach Oranienburg konzentrierte sich der ehemalige Kommandant des KZ Auschwitz auf die Organisation der Evakuierung der Konzentrationslager. Im Mai 1945, als die Kapitulation des Dritten Reichs bevorstand, flüchtete Rudolf Höß nach Flensburg, wo sich Heinrich Himmlers letztes Hauptquartier befand. Dort erhielt er die offiziellen Papiere eines Bootsmaates und versteckte sich vor den Besatzungstruppen (vgl. Lasik 1994:294f.). Mit der Identität von Franz Lang arbeitete Höß in der britischen Besatzungszone in der Landwirtschaft, wurde jedoch schlussendlich erkannt und am 11. März 1946 verhaftet (vgl. Rawicz 1981:6).

Höß wurde von der britischen Field Security Section verhört und sagte im April 1946 als Zeuge für die Verteidigung des Chefs des RSHA (Reichssicherheitshauptamt) aus. Weiters wurde er auch in den US-amerikanischen Nachfolgeprozessen gegen Oswahl Pohl und die Verantwortlichen der I.G. Farben in den Zeugenstand gerufen. Am 25. Mai 1946 wurde Höß an die polnischen Behörden ausgeliefert, wo er die Monate bis zu seinem Prozess in Untersuchungshaft verbrachte und seine Erinnerungen niederschrieb. Während seiner Haft in Polen fand er zu seinem Glauben zurück und trat Anfang 1947 wieder der Römisch Katholischen Kirche bei (vgl. Orth 2004:282f.). Der Prozess gegen Rudolf Höß wurde am 11. März 1947 aufgenommen und endete am 2. April 1947 mit der Verkündung des Todesurteils für den ehemaligen Kommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz. Das Urteil gegen Höß wurde am 16. April 1947 auf dem Gelände des Konzentrationslagers Auschwitz in der Nähe des Hauses, das Höß während seiner Zeit als Kommandant mit seiner Familie bewohnte, vollstreckt (vgl. Lasik 1994:297).

Obwohl Rudolf Höß gegen hohe Funktionäre des nationalsozialistischen Regimes vor den Kriegsverbrechertribunalen in Nürnberg als Zeuge aussagen musste, beschützte er keinen der Angeklagten. Er leugnete auch seine eigene Verantwortung für die begangenen Verbrechen nicht und gab sowohl bei seinen Zeugenaussagen als auch seiner eigenen Verhandlung präzise Auskunft über die damaligen Ereignisse (vgl. Lasik 1994:296). Höß bekannte sich jedoch auch noch in der Untersuchungshaft zum Nationalsozialismus und stand vollends hinter der „Erweiterung des deutschen Lebensraumes“ und dem Vernichtung der Juden/Jüdinnen (vgl. Orth 2004:282). Dennoch muss hier betont werden, dass Rudolf Höß, auch wenn er dies persönlich in seinen autobiographischen Aufzeichnungen vermitteln wollte, nicht nur ein Spielball Himmlers war, der Befehle ausführte, denn er hatte die Befugnis, Entscheidungen zu treffen und

44 setzte diese Macht ein, um die Massenvernichtung im Konzentrationslager Auschwitz voranzutreiben (vgl. Langbein 1980:345ff.).

4.2. Entstehung der Autobiographie Die Autobiographie des Kommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz zählt zu den wichtigsten Texten über die Verbrechen des NS-Regimes. Dies ist aber nicht nur darauf zurückzuführen, dass die Aufzeichnungen von Rudolf Höß als Zeugenmaterial in den Nachkriegsprozessen von großer Bedeutung waren, sondern auch auf die Tatsache, dass Höß aufgrund seiner Position im Machtapparat des NS-Regimes und als Kommandant des größten Konzentrationslagers mehr Wissen über das System der Konzentrationslager und das Ausmaß der nationalsozialistischen Verbrechen hatte wie andere SS- Funktionäre. Zudem existieren nur drei Zeugnisse von Tätern aus dem Konzentrationslager Auschwitz (vgl. Rawicz 1981:14f.). Höß ’ Texte, die während seiner Haftzeit in einem polnischen Gefängnis entstanden und zum Großteil in die Prozessakten aufgenommen wurden, erlauben außerdem einen Einblick in das Selbstbild des Autors (vgl. Deselaers 1997:27f.). Sie stellen somit als historische Dokumente Unikate dar, da nicht nur die Faktizität der beschriebenen Ereignisse sondern auch die Denkweise und Gefühlswelt des Kommandanten von Auschwitz offengelegt wird (vgl. Broszat 2011/1963:13). Durch die Autobiographie von Höß ist es möglich, Erkenntnisse über die Motive jener Menschen zu gewinnen, die die Tötungsmaschinerie des NS-Regimes möglich machten (ibid.:19).

Höß wollte durch die Verfassung der Autobiographie einerseits die Zeit im polnischen Gefängnis überbrücken und andererseits dem Gericht zusätzliche Informationen über die Ereignisse während des Zweiten Weltkrieges liefern. Er erklärte sein Handeln mit eifriger Gewissenhaftigkeit, obwohl er das Recht hatte, die Aussage zu verweigern (ibid.:11f.). Höß selbst begründet die Verschriftlichung seiner Lebensgeschichte folgendermaßen:

Nie hätte ich mich zu einer Selbstentäußerung, zu einer Entblößung meines geheimsten Ichs herbeigelassen – wenn man mir hier nicht mit einer Menschlichkeit, mit einem Verstehen entgegengekommen wäre, das mich entwaffnet, das ich nie und nimmer erwarten durfte. Diesem menschlichen Verstehen bin ich schuldig, daß ich alles dazu beizutragen habe, um ungeklärte Zusammenhänge aufzuhellen, soweit mir dies möglich. (ibid.:235)

Dennoch wurde die Echtheit und Glaubwürdigkeit der autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höß im Laufe der Zeit immer wieder angezweifelt. Durch einen Handschriftenvergleich konnte die Echtheit der Dokumente jedoch bewiesen werden und auch die Art und Weise, wie Höß die damaligen Ereignisse schildert, lassen keinen Zweifel an der Urheberschaft. Der ehemalige Kommandant des KZ Auschwitz

45 verfasste seine Autobiographie freiwillig und wurde nicht zur Verfassung genötigt (ibid.:12). Der Psychologe Dr. Stanislaw Batawia und der Jurist Prof. Dr. Jahn Sehn, die während der Voruntersuchung unzählige Gespräche mit Höß führten, bezeichnen Höß’ Aussagen als aufrichtig und im Vergleich zu anderen Verbrechern/ Verbrecherinnen des NS-Regimes glaubwürdig (vgl. Rawicz 1981:16).

Wie bereits erwähnt, verfasste Rudolf Höß seine autobiographischen Aufzeichnungen während der Zeit der Voruntersuchung, die von September 1946 bis Jänner 1947 dauerte, und zwischen dem Ende der Voruntersuchung und dem Hauptprozess, der im März 1947 begann. Die Aufzeichnungen bestehen aus zwei Teilen, wobei der erste Teil, 34 voneinander unabhängige Schriften über verschiedene Persönlichkeiten der SS und unterschiedliche Sachverhalte des NS-Regimes, zwischen Oktober 1946 und Jänner 1947 entstanden. Den zweiten Teil der autobiographischen Aufzeichnungen, eine zusammenhängende Darstellung seines Lebens mit dem Titel Meine Psyche. Werden, Leben und Erleben. verfasste Höß im Jänner und Februar 1947 (vgl. Broszat 2011/1963:9). Weiters schrieb Rudolf Höß fünf Tage vor der Vollstreckung seines Todesurteils einen Abschiedsbrief an seine Frau und seine Kinder und eine Erklärung ans polnische Volk, die veröffentlicht werden sollte (vgl. Deselaers 1997:31).

Die Originale der autobiographischen Aufzeichnungen von Höß werden auch heute noch im polnischen Justizministerium in Warschau aufbewahrt und werden von der „Hauptkommission zur Untersuchung der hitleristischen Verbrechen in Polen“ verwaltet. Im Jahr 1951 entschlossen sich die polnischen Behörden aufgrund der Wichtigkeit und Außergewöhnlichkeit der Aufzeichnungen, diese ins Polnische zu übersetzen und veröffentlichen. So wurden im Verlag des polnischen Justizministeriums in Band VII des Biuletyn Glownej Komisji Badania Zbrodni Hitlerowskich w Polsce die Autobiographie sowie ein Teil der Einzelaufzeichnungen veröffentlicht (vgl. Broszat 2011/1963:12ff.). Weiters enthielt diese Ausgabe auch die von Höß verfasste Erklärung an das polnische Volk (vgl. Deselaers 1997:31). Die Einleitung zur ersten polnischen Ausgabe verfasste Dr. Stanislaw Batawia, jener Psychologe, der Rudolf Höß persönlich kannte und während der Zeit der Voruntersuchung viele Gespräche mit dem ehemaligen Kommandanten führte. Im Jahr 1956, nur fünf Jahre nach der Erstpublikation, erschien im Juristischen Verlag Warschau eine vollständige polnische Ausgabe, die neben der zusammenhängenden autobiographischen Darstellung und allen Einzelaufzeichnungen auch die am 11. April 1947 verfassten Abschiedsbriefen an die Frau und die Kinder des Kommandanten von Auschwitz enthielt. Dr. Jan Sehn, der die Voruntersuchung im Fall Höß leitete, verfasste einerseits die Einleitung zur zweiten polnischen Ausgabe, und

46 andererseits gliederte er die Aufzeichnungen von Rudolf Höß nach verschiedenen Themengebieten und kommentierte diese (vgl. Broszat 2011/1963:14).

Die polnischen Publikationen der autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höß waren zur Zeit der Veröffentlichung nur einigen wenigen Wissenschaftern/ Wissenschafterinnen in Deutschland und dem westlichen Ausland bekannt. Somit kann gesagt werden, dass nur ein kleiner Kreis von Historikern/Historikerinnen und anderen Wissenschaftern/Wissenschafterinnen wusste, dass Rudolf Höß während seiner Untersuchungshaft seine Autobiographie verfasste. Obwohl Höß’ Texte nur wenigen bekannt waren, wurden diese schon im Jahr 1952 von Robert Merle als Vorlage für dessen Roman La mort est mon métier herangezogen. Die deutsche Ausgabe der autobiographischen Aufzeichnungen erschien erstmals im Jahr 1958, wobei auf diese in Kapitel 4.4 näher eingegangen wird.

4.3. Inhalt Rudolf Höß schildert in seinen autobiographischen Aufzeichnungen angefangen von seiner Kindheit, die von der streng autoritären und katholischen Erziehung durch den Vater geprägt war, bis hin zu seiner Verhaftung durch die britischen Truppen und die Auslieferung an Polen, seinen Werdegang und seine Rolle innerhalb des NS-Regimes. Sowohl in den 34 Einzelaufzeichnungen über verschiedene SS-Persönlichkeiten wie z. B. Heinrich Himmler und und bestimmten Sachverhalten zur Zeit des NS- Regimes als auch in seiner Lebensbeschreibung gibt Rudolf Höß konkrete und detaillierte Informationen über das System der Konzentrationslager sowie die Organisation und Weiterentwicklung der Massenvernichtung von Juden/ Jüdinnen und anderen Gesellschaftsgruppen. So beschreibt Höß die Verbrechen, die im Konzentrationslager begangen wurden, sachlich und detailliert wie aus Sicht eines unbeteiligten Beobachters ohne jegliche Gefühlsregungen, schildert im gleichen Atemzug jedoch, dass ihn die Ereignisse noch tagelang beschäftigten. Die Autobiographie von Rudolf Höß zeigt, dass das System der Konzentrationslager nicht nur aufgrund der Grausamkeit, sondern vor allem aufgrund des Pflichtbewusstseins und der Autoritätshörigkeit von SS-Anhängern/ SS-Anhängerinnen wie Höß funktionieren konnte. Diese Eigenschaften treten auch in den autobiographischen Aufzeichnungen hervor, so beschreibt Rudolf Höß die Verfassung seiner Texte als einen Zeitvertreib, der ihm die Zeit in Haft erleichtere (vgl. Broszat 2011/1963:17ff.).

47 4.4. Edition von Martin Broszat Im deutschsprachigen Raum erschienen die autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höß, dem Kommandanten von Auschwitz, erstmals im Jahr 1958 in der Deutschen Verlags-Anstalt als Band 5 der Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte , einer Reihe, die vom Institut für Zeitgeschichte in München herausgegeben wird. Martin Broszat, der Direktor des Instituts für Zeitgeschichte in München, editierte sowohl Höß ’ Aufzeichnungen und versah diese mit Kommentaren, verfasste aber auch die Einleitung zu der deutschsprachigen Ausgabe. Die erste Auflage des Taschenbuchs wurde im Jahr 1963 im Deutschen Taschenbuch Verlag veröffentlicht. Die Ausgabe, die für die Analyse verwendet wird, stammt aus dem Jahr 2011 und ist die 23. Auflage des im Jahr 1963 erschienen Taschenbuchs (vgl. Höß 2011/1963:[4]). Im Februar 2013 erschien bereits die 24. Auflage der autobiographischen Aufzeichnungen (vgl. Deutscher Taschenbuch Verlag 1995-2013).

Wie bereits erwähnt, wurde die zur Analyse verwendete Ausgabe von Martin Broszat herausgegeben, wobei nachfolgend auf die vorgenommenen Veränderungen und Kommentare eingegangen wird. Die Taschenbuchausgabe der autobiographischen Aufzeichnungen enthält die im Jänner und Februar 1947 verfasste Autobiographie und zwei im November 1946 verfasste Einzelaufzeichnungen über die Endlösung der Judenfrage im Konzentrationslager Auschwitz und den Reichsführer-SS Heinrich Himmler. Broszat begründet die Auswahl dieser beiden Einzelaufzeichnungen damit, dass diese als Ergänzung zur Autobiographie dienen sollen. Die anderen von Rudolf Höß verfassten Einzelaufzeichnungen wurden nicht in die deutschsprachige Ausgabe aufgenommen, da viele Gegebenheiten, die Höß in den einzelnen Aufzeichnungen aufgreift, auch in der Autobiographie behandelt werden. Weiters argumentiert Broszat, dass, um die Angaben Höß ’ vollständig wieder zu geben, auch alle Verhandlungsprotokolle abgedruckt werden müssten, da die Autobiographie und die 34 Einzelaufzeichnungen nur ein Teil der Aussagen und Erklärungen von Rudolf Höß seien. Zudem hätten einige Einzelaufzeichnungen keinen relevanten Inhalt und die Personenbeschreibungen seien zu subjektiv, um sie in die Ausgabe aufzunehmen (vgl. Broszat 2011/1963:15f.).

Während Höß die originalen Aufzeichnungen nicht in Kapitel verfasste, gliederte der Herausgeber der deutschsprachigen Ausgabe Höß’ Aufzeichnungen nach den unterschiedlichen Lebensabschnitten des Kommandanten in zehn Kapitel. Die Überschriften zu diesen Kapiteln stammen somit von Martin Broszat und nicht von Rudolf

48 Höß. Weiters gibt Broszat im Vorwort an, an vier Stellen Auslassungen von einigen Seiten und Abschnitten vorgenommen zu haben, die jedoch als solche kenntlich gemacht und mit Kommentaren begründet werden. Der Herausgeber fügte auch laut eigenen Angaben zur besseren Verständlichkeit und zur Verdeutlichung Worte ein und rekonstruierte unleserliche Textstellen, welche in eckigen Klammern angeführt werden. Oftmals wurden die von Höß verwendeten Abkürzungen aufgelöst und nur allgemein bekannte Abkürzungen in den Texten belassen. Rudolf Höß hob im Original verschiedene Textpassagen durch Unterstreichungen hervor, welche in der deutschsprachigen Edition von Martin Broszat kursiv dargestellt werden. Die von Broszat eingefügten Anmerkungen, Erklärungen, Richtigstellungen und Verweise auf andere Quellen beziehen sich auf Personen, Orte und für das Verständnis wichtiger Zusammenhänge und Tatsachen. Der Herausgeber betont jedoch, dass die von ihm hinzugefügten Kommentare keineswegs die Richtigstellung falscher Darstellungen durch Rudolf Höß intendierten (ibid.:16f.).

4.5. Rezeption im deutschsprachigen Raum Im Februar 2013 erschien bereits die 24. Auflage der Taschenbuchausgabe der autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höß, was zeigt, dass das Interesse am Werdegang des Kommandanten von Auschwitz und den Verbrechen des NS-Regimes sehr groß ist. Seit der Erstpublikation des Taschenbuchs im Jahr 1963 wurde somit ungefähr alle zwei Jahre eine neue Auflage gedruckt.

Wie Berichte des deutschen Magazins Der Spiegel und weitere Rezensionen aus dem Jahr 1958 zeigen, war das Interesse auch kurz nach der deutschen Erstpublikation sehr groß. So verfasste Karl Korn, langjähriger Rezensent bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, bereits im September 1958 eine Rezension zur deutschsprachigen Ausgabe der autobiographischen Aufzeichnungen, in welcher er die Notwendigkeit der Lektüre von Höß’ Texten betont, da durch die Autobiographie deutlich wird, dass sich Auschwitz aufgrund der instabilen Lage jederzeit wiederholen könnte (vgl. Korn 1958). Weiters veröffentlichte Der Spiegel im Dezember 1958, nur kurz nach der Veröffentlichung der Autobiographie, unter dem Titel Der Vergaser einen ausführlichen Bericht über die von Martin Broszat herausgegebenen autobiographischen Aufzeichnungen des Kommandanten von Auschwitz (vgl. N.N. 1958:67ff.). Ein halbes Jahr später berichtete Der Spiegel, dass die Autobiographie Rudolf Höß’ auch im Ausland mit großem Interesse aufgenommen wurde und Verlage in England, Frankreich, den USA, Italien und Norwegen die Übersetzungsrechte für die autobiographischen Aufzeichnungen erworben haben (vgl. N.N. 1959:67).

49 Auch heute herrscht reges Interesse an den autobiographischen Aufzeichnungen des Kommandanten von Auschwitz, wie auch an den zahlreichen Kundenrezensionen auf dem Online Shop Amazon ersichtlich (vgl. Amazon.com Inc. 1998-2006). 2

2 Da nur wenige Rezeptionsdokumente über die deutsche Ausgabe der Autobiographie erschlossen sind, fällt die Rezeption hier nur kurz aus.

50 5. Die Übersetzungen Wie bereits in Kapitel 4.2 erörtert, wurden die autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höß in den Jahren 1951 und 1956 ins Polnische übersetzt und veröffentlicht. Die Ausgabe des deutschsprachigen Originals erschien erst im Jahr 1958, was bedeutet, dass Höß’ Autobiographie zuerst als Übersetzung erschien und die autobiographischen Aufzeichnungen im deutschen Original erst sieben Jahre nach Veröffentlichung der polnischen Ausgabe publiziert wurden.

Die Autobiographie des Kommandanten von Auschwitz wurde jedoch nicht nur ins Polnische, sondern in viele weitere Sprachen übersetzt und in diesen publiziert. So erschienen nach der Publikation des deutschen Originals im Laufe der Zeit auch eine englische, niederländische, griechische, russische, französische, italienische, japanische, dänische, tschechische, finnische und schwedische Übersetzung der Aufzeichnungen von Rudolf Höß. Hierbei ist anzumerken, dass die russische und französische Übersetzung nur Auszüge der Aufzeichnungen Höß’ sind, welche von Jadwiga Bezwi ńska gemeinsam mit Ausschnitten der autobiographischen Texte Paul Kremers und Pery Broads veröffentlich wurden (vgl. Index Translationum [2014a]). Weiters wurden auch zwei spanische Übersetzungen der Autobiographie angefertigt (vgl. Karlsruher Virtueller Katalog [2014d]).

Nachdem in Kapitel 4 die Hintergründe zur Entstehung der Autobiographie von Höß beleuchtet sowie die Edition von Martin Broszat und deren Rezeption im deutschsprachigen Raum thematisiert wurde, sollen nun die englischen und spanischen Übersetzungen näher betrachtet werden. Dies soll klären, warum die Übersetzungen angefertigt wurden und welche Intention die Herausgeber und Übersetzer verfolgten. Es wird darauf eingegangen, welche Rolle die Verlage und, im Fall der spanischen Übersetzung El Comandante de Auschwitz , der Publikationsort spielen. Weiters soll auch herausgearbeitet werden, warum aus Sicht der Herausgeber und Übersetzer eine Neuübersetzung von Höß’ Aufzeichnungen notwendig erschien. Um die Rolle von Übersetzern/Übersetzerinnen bei der Übersetzung von TäterInnentexten nachvollziehen zu können, soll jedoch zuerst auf die Probleme beim Übersetzen dieser Art von Texten eingegangen werden.

Bei der Übersetzung von autobiographischen Texten von Tätern/Täterinnen, die für die Massenvernichtung von Menschen verantwortlich waren, nimmt die Frage nach der ethischen Verantwortung eine besondere Stellung ein. So müssen sich hier sowohl der

51 Übersetzer/die Übersetzerin, der Herausgeber/die Herausgeberin und alle weiteren Beteiligten vor Augen führen, ob es für sie ethisch verantwortbar ist, diese Art von Texten zu veröffentlichen und somit dem Täter/ der Täterin in einer anderen Kultur und einem anderen Sprachraum eine Stimme zu verleihen. Weiters stellt sich auch die Frage, welche Funktion die Übersetzung in der Zielkultur erfüllen soll. Bei der Vielzahl der publizierten Übersetzungen von Rudolf Höß’ Autobiographie spielt insbesondere die Positionierung der Übersetzer/Übersetzerinnen und Herausgeber/Herausgeberinnen eine besondere Rolle. So wird durchgehend die Wichtigkeit von Höß’ Aufzeichnungen als historische Quelle betont und die Veröffentlichung der Autobiographie mit dem Kampf gegen die Leugnung der NS-Verbrechen gleichgesetzt. Dennoch greifen sie in den von Höß verfassten Text ein, um die Aussagen des Kommandanten zu kommentieren und ihre Missbilligung auszudrücken. In diesem Zusammenhang muss auf die Bedeutung der Paratexte zu den verschiedenen Übersetzungen hingewiesen werden (vgl. Spiessens 2013:4ff.).

5.1. Die englischen Übersetzungen Im Folgenden wird die beiden englischen Übersetzungen der autobiographischen Aufzeichnungen des Kommandanten von Auschwitz, Commandant of Auschwitz und Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz eingegangen. Hierbei werden sowohl die Übersetzungen selbst als auch die publizierenden Verlage und die Übersetzer thematisiert. Es soll somit herausgefunden werden, wie der publizierende Verlag positioniert ist und welche Hintergründe die Übersetzer haben.

5.1.1. Commandant of Auschwitz (1959, Ü1) Die englische Übersetzung Commandant of Auschwitz wurde erstmals im Jahr 1959 im Verlag Weidenfeld & Nicolson in London veröffentlicht. Die zur Analyse verwendete Taschenbuchausgabe stammt aus dem Jahr 2000 und wurde von Phoenix Press, einem Verlag, der der Orion Publishing Group angehört, publiziert (vgl. Hoess 1959/2000:[10]). Im Folgenden wird die englische Übersetzung Commandant of Auschwitz als Ü1 bezeichnet.

Die Übersetzung wurde von der im Jahr 1958 erschienenen deutschen Ausgabe angefertigt. Alle Gewinne, die mit der Publikation und dem Verkauf dieser englischen Ausgabe erwirtschaftet werden, werden dem Comité International d’Auschwitz zur Unterstützung der Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz, gestiftet (ibid.:[7]). Die Einleitung zur vorliegenden englischen Ausgabe wurde von Primo Levi, einem

52 Überlebenden des KZ Auschwitz, ursprünglich für die italienische Ausgabe der Autobiographie verfasst und stammt aus dem Jahr 1985, wobei diese von Joachim Neugroschel vom Italienischen ins Englische übersetzt wurde. Neben der Einleitung von Primo Levi beinhaltet diese Ausgabe auch ein kurzes Vorwort des Übersetzers Constantine FitzGibbon (ibid.:[10f.]). In dieser wird Höß’ Zeit nach der Verhaftung durch die britischen Truppen, der Aufbau der autobiographischen Aufzeichnungen und die Zusammenstellung der vorliegenden Übersetzung angesprochen. Weiters betont FitzGibbon die Echtheit der Aufzeichnungen des Kommandanten von Auschwitz (vgl. FitzGibbon 1959/2000:13f.).

Die vorliegende englische Ausgabe enthält die autobiographische Darstellung von Rudolf Höß sowie neun verschiedene Einzelaufzeichnungen und 13 Illustrationen. Bei den Einzelaufzeichnungen handelt es sich um Höß’ Beschreibung Ermordung der Juden/Jüdinnen im Konzentrationslager Auschwitz sowie Personenbeschreibungen von Himmler, Eichmann, Müller, Pohl, Maurer, Globocnik, Eicke und Glücks (vgl. Hoess 1959/2000:[11]). Nach Angaben des Übersetzers Constantine FitzGibbon wurden die restlichen Einzelaufzeichnungen nicht in die Ausgabe aufgenommen, da diese nicht so interessant seien, wie die eben genannten. Weiters wurden auch die Abschiedsbriefe, die Rudolf Höß vor seinem Tod an seine Frau und seine Kinder schrieb, nicht übersetzt und abgedruckt (vgl. FitzGibbon 1959/2000:13f.).

Bei der vorliegenden Übersetzung handelt es sich nach der polnischen Übersetzung um die erste Übersetzung der autobiographischen Aufzeichnungen des Kommandanten. Während Martin Broszat in der im Jahr 1959 veröffentlichten deutschen Ausgabe Höß’ Autobiographie nach Lebensabschnitten in Kapitel teilte, wurde dies in der englischen Erstübersetzung nicht übernommen. Zudem betont FitzGibbon, dass die Übersetzung im Gegensatz zur deutschen Ausgabe, wo der Text laut FitzGibbons Angaben aufgrund der Sensibilität der Thematik gekürzt wurde, vollständig veröffentlicht wird. Stellen, die im Originaltext unleserlich und somit nicht übersetzbar waren, werden dementsprechend kenntlich gemacht (ibid.:14).

In diesem Zusammenhang ist auffallend, dass angegeben wird, dass die englische Erstübersetzung auf Grundlage der im Jahr 1958 veröffentlichten deutschen Erstausgabe angefertigt wurde und dennoch grundlegende Veränderungen wie die oben beschriebenen vorgenommen wurden. Weiters ist auch die von Martin Broszat, dem Herausgeber der deutschen Ausgabe, verfasste Einleitung nicht Teil der englischen Ausgabe der autobiographischen Aufzeichnungen. Erwähnenswert ist jedoch, dass die für

53 die italienische Ausgabe von Primo Levi verfasste Einleitung ins Englische übersetzt und in die englische Erstausgabe integriert wurde.

5.1.1.1. Der Übersetzer Constantine FitzGibbon Constantine FitzGibbon wurde am 8. Juni 1919 als jüngstes Kind von Robert Francis FitzGibbon und Georgette May Folsom in Lenox, Massachusetts geboren. Der Historiker und Schriftsteller wuchs zusammen mit seinen drei älteren Schwestern in Lenox auf, und nach der zweiten Heirat der Mutter verbrachte die Familie auch einige Zeit in Frankreich. Constantine FitzGibbon besuchte zuerst eine Schule in Lenox, danach die „New Beacon“ in Sevenoaks, Großbritannien, und wechselte dank eines Stipendiums auf das „Wellington College“, welches er jedoch im Alter von 15 Jahren nach einem Skandal verließ (vgl. Lubbock/Taylor 2011).

Nachdem FitzGibbon in Deutschland Malerei und europäische Literatur studiert hatte, kehrte er nach Großbritannien zurück. Er begann ein Studium am „Exeter College“ und verfasste seine ersten Werke; in dieser Zeit war er auch als Herausgeber der Zeitschrift Yellowjacket tätig. Im Jahr 1939 brach FitzGibbon sein Studium am „Exeter College“ und begann seine Karriere beim Militär. Nachdem er 1940 der Irischen Garde beigetreten und später in der Leichtinfanterie tätig war, wurde Constantine FitzGibbon 1942 Soldat der US-Armee. Auf Grundlager seiner persönlichen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg verfasste er nach Kriegsende ein Buch über die Befehlshaber/Befehlshaberinnen des NS- Regimes. Seine Recherchen über die Befehlshaber/Befehlshaberinnen des NS-Regimes wurden als Beweise bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen herangezogen (ibid.).

Im Jahr 1946 verließ Constantine FitzGibbon die US-Armee, widmete sich vollständig der Schriftstellerei und veröffentlichte im Jahr 1949 mit The Arabian Bird , einem Drama, das während des Zweiten Weltkrieges spielt, seinen ersten Roman. Nach der Veröffentlichung von The Arabian Bird und der Verfassung der Biographie von Norman Douglas kehrte der Schriftsteller nach Großbritannien zurück. Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller war FitzGibbon auch als Journalist und Übersetzer tätig. Im Jahr 1965 verlegte er seinen Wohnsitz nach Irland, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1983 lebte (ibid.).

5.1.1.2. Der Verlag The Orion Publishing Group Wie bereits in Kapitel 5.1.1 erwähnt, wurde die englische Ausgabe der autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höß im Verlag Phoenix Press veröffentlicht, welcher Teil der Orion Publishing Group ist.

54 Der Verlag The Orion Publishing Group wurde im Jahr 1991 gegründet. Bereits kurze Zeit später wurde der Verlag Weidenfeld & Nicolson, welcher im Jahr 1949 gegründet wurde, aufgekauft und in die Orion Publishing Group integriert. Die Imprints von Weidenfeld & Nicolson, Everyman Paperbacks und Phoenix wurden weiter geführt. Im Jahr 1992 wurde die Wortmarke Orion Books eingeführt und in den darauf folgenden Jahren wurde die Orion Publishing Group durch den Kauf verschiedener kleinerer Verlagshäuser vergrößert. Nachdem Hachette Livre, das Verlagsunternehmen der französischen Lagardère Group schon im Jahr 1998 Anteile an der Orion Publishing Group erworben hatte, wurde es im Jahr 2003 Alleineigentümer der Verlagsgruppe (vgl. The Orion Publishing Group [2014]).

Im Jahr 2012 publizierte die Orion Publishing Group unter den Marken Orion, Weidenfeld & Nicolson, Gollancz, Phoenix, Cassell Military und Everyman eine Vielzahl von Büchern, sowohl Hardcover als auch Taschenbücher, klassischer und moderner Autoren/ Autorinnen aus den unterschiedlichsten Genres. In der Orion Publishing Group werden sowohl belletristische Werke als auch Sachbücher, Kinder- und Jugendliteratur, sowie Science-Fiction- und Fantasyliteratur veröffentlicht. Phoenix Press, jene Marke der Orion Publishing Group, in dem die zur Analyse verwendete Ausgabe publiziert wurde, veröffentlicht sowohl Sach-als auch belletristische Literatur im Taschenbuchformat (ibid.).

5.1.2. Death Dealer (1992, Ü2) Die Übersetzung Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Ausch witz wurde erstmals im Jahr 1992 im Verlag Prometheus Books veröffentlicht. Die zur Analyse verwendete Taschenbuchausgabe wurde im Jahr 1996 im Verlag Da Capo Press in New York veröffentlicht, welcher der Verlagsgruppe Perseus Books angehört (vgl. Höss 1992/1996:[ix]). Diese englische Übersetzung wird im Folgenden als Übersetzung 2, kurz Ü2, bezeichnet.

Die vorliegende Taschenbuchausgabe enthält wie auch die zur Analyse verwendete Ausgabe der Ü1 ein Vorwort von Primo Levi, das im Jahr 1958 angefertigt und im Jahr 1996 von Joachim Neugroschel vom Italienischen ins Englische übersetzt wurde. Das Vorwort von Primo Levi war jedoch nicht Teil der Erstpublikation der Übersetzung Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz , die im Jahr 1992 veröffentlicht wurde (vgl. Höss 1992/1996:[ix]). Auffallend ist, dass der von Primo Levi verfasste Text in Ü1 als Einleitung und in Ü2 als Vorwort bezeichnet wird.

55 Neben dem Vorwort Primo Levis enthält diese englische Übersetzung auch ein Vorwort, eine Danksagung und eine Einleitung des Herausgebers Steven Paskuly sowie ein kurzes Vorwort des Übersetzers Andrew Pollinger (ibid.:[x]). 3 Weiters wurden auch Rezensionen zur Übersetzung abgedruckt (ibid.:[if.]). Der Grund für die Neuübersetzung der autobiographischen Aufzeichnungen war, den US-amerikanischen Jugendlichen die Hintergründe der Massenvernichtung der europäischen Juden/Jüdinnen und anderer Gesellschaftsgruppen durch das NS-Regime näher zu bringen. Höß’ Autobiographie, die eines der wichtigsten Dokumente für die Bezeugung der NS-Verbrechen ist, hilft die Ursachen und Hintergründe der damaligen Ereignisse zu verstehen. Vor allem die US- amerikanischen Medien konzentrierten sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges darauf, über die Opfer und Überlebenden des NS-Regimes zu berichten, sodass die Berichterstattung über die Täter/Täterinnen, die Verantwortlichen für die Massenverbrechen, in den Hintergrund gerückt wurde. Die Neuübersetzung soll der jungen Generation in den USA aufzeigen, dass sich diese Ereignisse jederzeit wiederholen könnten und Wissen über die nationalsozialistischen Verbrechen und die Verantwortlichen Voraussetzung dafür ist, dies in Zukunft zu verhindern (vgl. Paskuly 1992/1996a:11ff.). Ein weiterer Grund für die Publikation dieser Ausgabe ist das verstärkte Auftreten fanatischer, rechtsradikaler Gruppierungen, wie zum Beispiel die in den USA, Frankreich und Australien tätigen „The Revisionist Historians“, welche den Holocaust und die Echtheit der Autobiographie Höß’ leugnen (vgl. Paskuly 1992/1996b:21).

Die Übersetzung der Autobiographie gestaltete sich laut Andrew Pollinger als schwierig, da das unterschiedliche Verständnis von Sprache in verschiedenen Kulturen auch historisch bedingt ist und der NS-Jargon in der Übersetzung falsch aufgefasst werden könnte. Da der Übersetzer von 1933-1947 in Deutschland lebte und danach in die USA auswanderte, hatte er laut eigenen Angaben den Vorteil, sowohl den NS-Jargon als auch das moderne US-amerikanische Englisch verstehen zu können. Um den US- amerikanischen Jugendlichen das Verständnis der autobiographischen Aufzeichnungen zu erleichtern, versuchte Andrew Pollinger gemeinsam mit Steven Paskuly, moderne US- amerikanisch englische Ausdrücke und Bezeichnungen für den NS-Jargon zu finden (vgl. Pollinger 1992/1996:17). Weder der Herausgeber noch der Übersetzer geben explizit an, ob die Übersetzung auf Grundlage der Originaldokumente oder der von Martin Broszat herausgegebenen Aufzeichnungen Höß’ angefertigt wurde. Aus den von Steven Paskuly

3 Auch nach eingehender Recherche im Karlsruher Virtuellen Katalog, dem Index Translationum sowie auf den Seiten des Verbands der Übersetzer, der American Translators Association und der American Literary Translators Association konnten keine weiteren Informationen über Andrew Pollinger gefunden werden.

56 verfassten Paratexten zur Ü2 kann aufgrund der Angaben aber davon ausgegangen werden, dass die Übersetzung auf Grundlage der in Polen aufbewahrten Originalaufzeichnungen angefertigt wurde.

Die Übersetzung der Autobiographie von Andrew Pollinger besteht aus vier verschiedenen Teilen, wobei hier der Anhang, der nicht von Rudolf Höß verfasst wurde, noch nicht berücksichtigt ist. Den ersten Teil stellt die zusammenhängende autobiographische Darstellung dar, welche von Herausgeber und Übersetzer in 25 Unterkapitel eingeteilt wurde. Hier ist auffallend, dass die Einzelaufzeichnung über Vernichtung der Juden/Jüdinnen im Konzentrationslager Auschwitz der durchgehenden autobiographischen Darstellung Höß’ vorangestellt ist und somit das erste Unterkapitel des im Englischen als „Memoiren“ bezeichneten ersten Teils der Übersetzung darstellt. Die Abschiedsbriefe des Kommandanten an seine Frau und seine Kinder sowie ein von Steven Paskuly verfasster Epilog bilden den zweiten Teil der vorliegenden Ausgabe. Der dritte Abschnitt stellt Höß’ Ausführungen über die Organisation der Konzentrationslager dar, und der vierte Abschnitt enthält die Beschreibungen verschiedener SS-Funktionäre, der Aktion „Nacht und Nebel“ sowie Ausführungen zu Dienstgraden innerhalb der SS. Der Anhang, welcher Informationen über Budy, einem kleinen Dorf in der Nähe des KZ Auschwitz, die Chronologie der Ereignisse im KZ Auschwitz und die Wannseekonferenz beinhaltet (vgl. Höss 1992/1996:[xiif.]).

Die vorliegende Taschenbuchausgabe der von Andrew Pollinger angefertigten Übersetzung erschien im Verlag Da Capo Press, welcher seit dem Jahr 1999 Teil der Verlagsgruppe Perseus Books Group ist. Der Verlag publiziert Bücher über US- Amerikanische Geschichte und Weltgeschichte, Biographien sowie Bücher über Sport und Musik (vgl. The Perseus Books Group 1999-2014).

5.2. Die spanischen Übersetzungen Um auch einen Einblick über die Entstehung der spanischen Übersetzungen zu gewinnen, wird nun auf die Entstehung der spanischen Erstübersetzung El Comandante de Auschwitz und die Neuübersetzung Yo, Comandante de Auschwitz eingegangen werden. Wie bei den englischen Übersetzungen soll auch hier der Hintergrund des Übersetzers und die Positionierung des publizierenden Verlages beleuchtet werden.

57 5.2.1. El Comandante de Auschwitz (1960, Ü3) Die spanische Übersetzung El Comandante de Auschwitz wurde erstmals im Jahr1960 im Verlag Editorial Diana in Mexiko publiziert (vgl. Hoess 1960/1962:[II]). Dies ist besonders hervorzuheben, da viele europäische Autoren/Autorinnen nach dem Aufstieg Hitlers und während des Zweiten Weltkrieges nach Mexiko ins Exil flüchteten und dort auch viele Bücher antifaschistischen Inhalts veröffentlicht wurden. Zudem war Mexiko das einzige Land, das im Jahr 1938 beim Völkerbund offiziell schriftlich Protest gegen den Anschluss Österreichs an Deutschland einlegte (vgl. Kloyber 2002).

Die zur Analyse verwendete Ausgabe ist die zweite Auflage der Übersetzung, welche im Mai 1962 im Verlag Editorial Diana erschien. Die Übersetzung wurde auf Grundlage der im Jahr 1959 von Constantine FitzGibbon angefertigten englischen Übersetzung angefertigt, wobei diese wiederum auf Grundlage der von Martin Broszat herausgegebenen autobiographischen Aufzeichnungen angefertigt wurde (vgl. Hoess 1960/1962:[II]). Im Folgenden wird diese spanische Übersetzung als Übersetzung 3, kurz Ü3, bezeichnet werden.

Neben der Anmerkung des Herausgebers der Übersetzung enthält die von Andrés Ma. Mateo angefertigte Übersetzung auch das ins Spanische übersetzte Vorwort des Übersetzers Constantine FitzGibbon, eine kurze Erklärung bezüglich der im Buch abgedruckten Illustrationen und eine Einleitung von Lord Russell von Liverpool (ibid:IIIf.). Edward Frederick Langley Russell (1895-1981), auch als Lord Russell von Liverpool bekannt, war von 1941-1945 Chefrichter des britischen Generalkorps in Frankreich und war danach von 1946-1951 als Rechtsberater der Britischen Rheinarmee tätig (vgl. Munzinger Archiv 2014). Bei den Illustrationen handelt es sich um Fotografien, die von einem SS-Angehörigen angefertigt wurden und nach dem Zweiten Weltkrieg in dessen Haus gefunden und an ein Museum verkauft wurden. Später wurden sie an das International Auschwitz Comitee übergeben (ibid.:VII). Die selben Illustrationen wurden bereits in der ersten englischen Übersetzung (Ü1) abgedruckt.

Wie bereits erwähnt, wurde die spanische Übersetzung aus dem Englischen übersetzt, es handelt sich hiermit um eine indirekte Übersetzung der autobiographischen Aufzeichnungen von Höß. Wie in der englischen Übersetzung wurde in der vorliegenden spanischen Übersetzung die Autobiographie, im Gegensatz zu der von Martin Broszat veröffentlichten deutschen Ausgabe, nicht in Kapitel unterteilt. Die vorliegende Ausgabe enthält in den Anhängen wie auch die englische Ausgabe neun Einzelaufzeichnungen über Vernichtung der Juden/Jüdinnen im Konzentrationslager Auschwitz und

58 ausgewählten SS-Funktionären. Auffallend ist jedoch, dass die vorliegende spanische Ausgabe kein Inhaltsverzeichnis enthält.

Der Übersetzer Andrés Ma. Mateo nimmt nicht nur insofern eine besondere Rolle ein, als dass er bei der Übersetzung sowohl Sprachmittler als auch Brückenbauer zwischen zwei verschiedenen Kulturen ist. Zudem nimmt er als Historiker den Rezipienten/Rezipientinnen der Übersetzung gegenüber eine Expertenrolle ein (vgl. Hoess 1960/1962:[II]. Andrés Ma. Mateo fertigte neben der Übersetzung von Höß’ Aufzeichnungen viele weitere Übersetzungen vom Englischen ins Spanische wie zum Beispiel Despacio bruja von Carter Brown, Secretos de la gran pirámide von Peter Tomkins, El misterio del sombrero de copa von Ellery Queen, Yoga: por siempre joven, por siempre sano von Indra Devi und El leopardo devorador de hombres de Rudraprayag von Jim Corbett (vgl. Index Translationum [2014b]). Weiters übersetzte Andrés Ma. Mateo viele weitere Bücher, die im Verlag Editorial Diana veröffentlicht wurden. Redaccion de tesis y trabajos escolares , La vida secreta de las plantas , La voz del maestro , Tesoro del Jalil Gibrán und Publicidad commercial sind nur einige wenige, die genannt werden können. Besonders hervorzuheben ist hier, das von Olga Lengyel verfasste Buch Los hornos de Hitler , welches sich mit der Thematik des Holocausts beschäftigt und ebenfalls im Verlag Editorial Diana publiziert wurde (vgl. Karlsruher Virtueller Katalog [2014a]).

Der Verlag Editorial Diana wurde im Jahr 1946 von José Luis Ramírez Cerda gegründet und gilt als einer der angesehensten Verlage in Mexiko. Seit dem Jahr 2006 ist Editorial Diana Teil der Verlagsgruppe Grupo Planeta, das führende Unternehmen in der Verlagsbranche in Spanien, Frankreich, Lateinamerika und Portugal. Im Verlag Editorial Diana wurden und werden viele Werke namhafter lateinamerikanischer Autoren/Autorinnen sowie Bestseller veröffentlicht. So publizierte der Verlag unter anderem alle Bücher des kolumbianischen Schriftstellers García Márquez (vgl. Editorial Planeta 2009).

5.2.2. Yo, Comandante de Auschwitz (1979, Ü4) Die spanische Übersetzung Yo, Comandante de Auschwitz wurde von Juan Esteban Fassio aus dem Französischen angefertigt und wurde erstmals im Jahr 1979 im Verlag Muchnik Editores in Barcelona veröffentlicht. Das Vorwort zu dieser Ausgabe verfasste der französische Historiker León Poliakov (vgl. WorldCat [2014]). Die zur Analyse verwendete Ausgabe wurde im Jahr 2009 im Verlag Ediciones B in Barcelona publiziert. Hier gilt anzumerken, dass es sich um die zweite Auflage der Ausgabe handelt, wobei die erste Auflage ebenfalls im Jahr 2009 veröffentlicht wurde (vgl. Höss 2009:[6]). Die von

59 Juan Esteban Fassio angefertigte Übersetzung wird nur für die Rezeptions- und Paratextanalyse, nicht aber für die Textanalyse herangezogen und wird im Folgenden als Übersetzung 4, kurz Ü4, bezeichnet.

Wie schon kurz erwähnt, handelt es sich bei der vorliegenden Übersetzung um eine Übersetzung aus dem Französischen, das heißt, beide spanischen Übersetzungen, sowohl Ü3 als auch Ü4, sind indirekte Übersetzungen und wurde nicht auf Grundlage des deutschen Originaltextes angefertigt. Das Vorwort zur Übersetzung Yo, Comandante de Auschwitz wurde von Primo Levi verfasst und von Juan Carlos Gentile Vitale aus dem Italienischen ins Spanische übersetzt (vgl. Höss 2009:[6]). Die zur Analyse verwendete Ausgabe der Übersetzung enthält jedoch weder ein Vorwort des Herausgebers noch Anmerkungen des Übersetzers Juan Esteban Fassio.

Neben der Autobiographie Höß’, die im Gegensatz zum deutschen Original nicht in Kapitel unterteilt wurde, beinhaltet die Ausgabe neun Einzelaufzeichnungen sowie einen Auszug aus dem polnischen Gerichtsurteil gegen Rudolf Höß. Bei den neun Einzelaufzeichnungen handelt es sich um Höß’ Aufzeichnungen über die Vernichtung der Juden/Jüdinnen im Konzentrationslager Auschwitz sowie Personenbeschreibungen der SS-Funktionäre Himmler, Eichmann, Müller, Pohl, Maurer, Globocnik, Eicke und Glücks. Diese Einzelaufzeichnungen waren auch Teil der englischen Übersetzung von Constantine FitzGibbon (Ü1) und der von Andrés Ma. Mateo angefertigten spanischen Übersetzung (Ü3). Weiters enthält die von Juan Esteban Fassio angefertigte Übersetzung die selben Illustrationen wie Ü1 und Ü3. Begriffe und Textpassagen, die für die Leser/Leserinnen nicht verständlich sein könnten, werden in Fußnoten erklärt, wobei diese nicht im Fließtext sondern nach den Anhängen am Ende des Buches positioniert sind. Auch das Inhaltsverzeichnis befindet sich, nicht wie üblich am Anfang, sondern am Ende des Buches. Zusätzlich sind auf den letzten Seiten Informationen über weitere Titel der im Verlag Ediciones B veröffentlichten Kollektion zum Thema Holocaust und Nationalsozialismus angegeben.

Juan Esteban Fassio fertigte neben der Übersetzung der autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höß noch weitere Übersetzungen wie zum Beispiel El Captain Cap: sus aventuras, sus ideas, sus brebajes, Ubú cornudo: y Ubú encadenado, Ubu rey: drama en cinco actos an. Fassios Tätigkeit beschränkte sich jedoch nicht nur auf die eines Übersetzers, er war auch als Illustrator tätig. So stammt zum Beispiel die Illustration des Buches La Selva 4040 von Juan José Ceselli von ihm (vgl. Karlsruher Virtueller Katalog [2014b]).

60 Die im Jahr 1979 erschienene Ausgabe der Übersetzung von Juan Esteban Fassio wurde, wie schon erwähnt, im Verlag Muchnik Editores veröffentlicht. Der Verlag Muchnik Editores wurde im Jahr 1973 gegründet und ist heute, nachdem der Verlag im Jahr 1998 in die Verlagsgruppe Grup 62 integriert wurde, unter dem Namen El Aleph Editores bekannt. Der Verlag El Aleph Editores ist Teil der Verlagsgruppe Grupo Planeta und ist auf die Veröffentlichung von Romanen, Biographien, Memoiren und Tagebüchern spezialisiert (vgl. Grupo Planeta 2011). Dies ist insofern erwähnenswert, als dass der Verlag Editorial Diana, in welcher die von Andrés Ma. Mateo angefertigte spanische Übersetzung (Ü3) veröffentlicht wurde, ebenfalls der Verlagsgruppe Grupo Planeta angehört.

Der Verlag Ediciones B, in welchem die von Juan Esteban Fassio angefertigte spanische Übersetzung erstmals im Jahr 2009 veröffentlicht wurde, wurde im Jahr 1986 gegründet und ist seit dem Jahr 2012 Teil der Verlagsgruppe Grupo Zeta. Der Verlag Ediciones B ist nicht nur in Spanien tätig, sondern ist auch in den USA, Argentinien, Chile, Kolumbien, Mexiko, Uruguay und Venezuela vertreten (vgl. Ediciones B 2014a). Der Verlag veröffentlicht fiktionale und nicht fiktionale Romane, Kinder- und Jugendliteratur, Comics, Selbsthilfebücher sowie esoterische Bücher spanischer, lateinamerikanischer und internationale bekannter Autoren/Autorinnen (vgl. Ediciones B 2014b).

5.3. Rezeption der Übersetzungen Da die Rezeption auch ein Hinweis auf die Aufarbeitung des Holocausts im jeweiligen Sprachraum sein kann, wird nun im Folgenden, nachdem die Hintergründe der Entstehung der Übersetzungen, die Positionierung der Verlage und die Übersetzer erörtert wurden, versucht, ein möglich umfassendes Bild der vorhandenen Rezeptionsdokumente aufzuzeigen.

5.3.1. Rezeption im englischsprachigen Raum Die von Constantine FitzGibbon angefertigte englische Übersetzung der Aufzeichnungen Höß’ (Ü1), welche erstmals im Jahr 1959 im britischen Verlag Weidenfeld & Nicholson veröffentlicht wurde, wurde noch im selben Jahr auch im US-amerikanischen Verlag The World Publishing Company in Cleveland publiziert. (vgl. Karlsruher Virtueller Katalog [2014c]). Im Jahr 1961 wurde Commandant of Auschwitz auch in einem zweiten US- amerikanischen Verlag, dem Verlag Public Library, veröffentlicht (vgl. MALMAD [2014]). Weiters erwarb im selben Jahr auch der britische Verlag Pan Books die

61 Publikationsrechte für die von FitzGibbon angefertigte Übersetzung (vgl. Karlsruher Virtueller Katalog [2014c]).

Nach der Erstpublikation der Autobiographie Höß’ im US-amerikanischen Raum im Jahr 1959 verging beinahe ein Jahr, bis im März 1960 die autobiographischen Aufzeichnungen des Kommandanten von Auschwitz mediales Interesse erregten. So veröffentlichte das im Verlagsgeschäft tätige Unternehmen Kirkus in seiner Zeitschrift Kirkus Reviews am 14. März 1960 eine Rezension, welche Commandant of Auschwitz (Ü1) als eines der wichtigsten historischen Dokumente über den Nationalsozialismus tituliert (vgl. Kirkus 1960). Auch das populärwissenschaftliche Time Magazine veröffentlichte am 28. März 1960 unter dem Titel Crimes of the Century einen ausführlichen Artikel über die Autobiographie Höß’ (vgl. Time 1960). Die Publikation von Höß Aufzeichnungen in den USA zog jedoch, wie eine Rezension des Buches im American Journal of Psychiatry im Jahr 1961 zeigt, auch das Interesse von Wissenschaftern/Wissenschafterinnen außerhalb der Geschichtsforschung auf sich. Hilda Muszynski, die während des Zweiten Weltkrieges in der Nähe des Konzentrationslagers Belzec lebte, verfasste eine ausführliche Rezension über die autobiographischen Aufzeichnungen, wobei Höß auch aus psychiatrischer Seite betrachtet wurde. Sie sieht die autobiographischen Aufzeichnungen als Dokument von unschätzbarem Wert, welches zwar nicht Antwort auf alle Fragen gibt, aber ermöglicht, Rückschlüsse auf die Menschen hinter der Tötungsmaschinerie zu ziehen (vgl. Muszynski 1961:88f.). Da die im Verlag Phoenix Press im Jahr 2000 erschienene Ausgabe der Übersetzung auch im Internet verkauft wird, finden sich unter anderem auf der Seite des Onlineshops Amazon.com eine Vielzahl von Kundenrezensionen (vgl. Amazon.com Inc. 1996-2014a). 4

Auffallend ist jedoch, dass Commandant of Auschwitz , jene Übersetzung, die ursprünglich für ein britisches Zielpublikum angefertigt wurde, auch von US-amerikanischen Verlagshäusern veröffentlicht wurde. Bis zur Publikation der für ein jugendliches US- amerikanisches Zielpublikum angefertigten Übersetzung Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz (Ü2) im Jahr 1992 wurde in den USA nur FitzGibbons Übersetzung (Ü1) vertrieben. Dies kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass sich das mediale Interesse am Holocaust, wie von Steven Paskuly, dem Herausgeber der Ü2 angeführt, hauptsächlich auf die Opfer und Überlebenden der NS- Verbrechen konzentrierte.

4 Die Rezeption im Raum Großbritannien konnte nicht erschlossen werden, da diesbezüglich keine Dokumente existieren.

62 Wie schon in Kapitel 5.2.2 erwähnt, wurde Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz (Ü2) bereits vier Jahre nach der Erstpublikation im Jahr 1992 im Verlag Da Capo als Taschenbuchausgabe veröffentlicht. Die Erstpublikation der Übersetzung stieß auf reges mediales Interesse, so veröffentlichte das Magazin Publisher weekly am 1. Jänner 1992, dem Tag der Publikation der von Andrew Pollinger angefertigten Übersetzung, eine Rezension, die sowohl die professionelle Edition der autobiographischen Aufzeichnungen durch Steven Paskuly als auch die herausragende Übersetzungstätigkeit von Andrew Pollinger unterstreicht. Zusätzlich werden die Seriosität und Qualität des Buches unterstrichen, indem dem Herausgeber als Historiker eine Expertenrolle zugeschrieben wird (vgl. PWxyz [2014]). Hier ist jedoch aufgrund des Publikationszeitpunktes anzunehmen, dass die im Magazin veröffentlichte Rezension vom Verlag Prometheus Books bewusst zu Werbezwecken angestoßen wurde.

Rund ein halbes Jahr nach der Erstpublikation wurde auch im Library Journal ein Artikel über die von Andrew Pollinger übersetzte Autobiographie veröffentlicht, welcher betont, dass die Edition durch Steven Paskuly und die Veröffentlichung aller Einzelaufzeichnungen, die Höß über die SS-Funktionäre verfasste, den Wert des Buches als Beitrag zur Holocaustforschung beträchtlich erhöht (vgl. Johnston 1992:84). Weiters erschien im Dezember 1992 in der Zeitschrift Foreign Affairs eine Rezension, die die autobiographischen Aufzeichnungen Höß’ als „most authorative and deadliest account we are likely to have“ (Despard 1992:209) bezeichnet. Besonders hervorzuheben ist, dass auch in der facheinschlägigen wissenschaftlichen Zeitschrift Holocaust and Studies erschienen eine Rezension der Autobiographie erschienen ist (vgl. Lewin 1995:385f.). Im Journal of Church and State hingegen wurde im Jahr 1993 eine Rezension publiziert, die Paskulys Versuch, sich mit der Person Rudolf Höß psychoanalytisch auseinanderzusetzen, kritisiert (vgl. Lewis 1993:630).

Wie auch die deutsche Ausgabe von Höß’ Aufzeichnungen und die englische Übersetzung Commandant of Auschwitz (Ü1) wird Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz (Ü2) über verschiedene Onlineshops vertrieben. Auf diesen Onlineportalen gibt es eine große Anzahl von Kundenrezensionen, die jedoch von Laien/Laiinnen oder zu Werbezwecken verfasst wurden (vgl. Amazon.com Inc 1996- 2014b).

Es gilt noch anzumerken, dass in der für die Analyse verwendete Taschenausgabe der Ü2 aus dem Jahr 1996 sowohl auf dem hinteren Buchdeckel als auch auf den ersten Seiten des Buches Rezensionen aus verschiedenen Zeitschriften und Zeitungen

63 abgedruckt sind. Hierbei ist jedoch erwähnenswert, dass nicht nur Rezensionen der von Andrew Pollinger angefertigten Übersetzung (Ü2), sondern überwiegend Rezensionen der von Constantine FitzGibbon angefertigten Übersetzung (Ü1) abgedruckt wurden. 5

5.3.2. Rezeption im spanischsprachigen Raum Die Veröffentlichung der von Andrés Ma. Mateo angefertigten spanischen Übersetzung El Comandante de Auschwitz (Ü3) beschränkt sich, wie schon in Kapitel 5.2.1 erörtert, auf zwei Auflagen, wobei diese bereits in den Jahren 1960 und 1962 veröffentlicht wurde. Aufgrund dessen, dass Ü3 vor über 50 Jahren zum letzten Mal in einem mexikanischen Verlag aufgelegt wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die Rezeption der Übersetzung relativ gering ist. Dies kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass die Übersetzung der spanischsprachigen Bevölkerung aufgrund fehlenden medialen Interesses in den 1960er-Jahren nicht bekannt und die Aufarbeitung der Verbrechen des NS-Regimes nicht vorhanden war und auch heute nur schleppend voranschreitet. 6

Die von Juan Esteban Fassio angefertigte Übersetzung Yo, Comandante de Auschwitz (Ü4) wurde, wie schon in Kapitel 5.2.2 eingehend behandelt, erstmals im Jahr 1979 im Verlag Muchnik Editores und danach im Jahr 2009 im Verlag Ediciones B veröffentlicht. Somit vergingen nach der Erstpublikation 30 Jahre bis die Übersetzung in einem anderen Verlag wieder publiziert wurde. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die Rezeption der Ü4 im spanischsprachigen Raum sehr gering ist, weil zur Zeit der Erstpublikation, nur vier Jahre nach dem Tod Francos, die politische und gesellschaftliche Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen noch nicht im Gange war. Erst nach dem politischen Umschwung Anfang der 1990er-Jahre entwickelte sich in Spanien ein Bewusstsein, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Daraus lässt sich auch erklären, dass die Übersetzung neu aufgelegt wurde und die erste Auflage, die im Frühjahr 2009 erschien, nach kurzer Zeit ausverkauft war und der Druck einer zweiten Auflage in Angriff genommen wurde.

Hier ist jedoch anzumerken, dass die im Jahr 2009 erschienene Ü4 von den Medien in keiner Weise bedacht wurde. Die Publikation der von Juan Esteban Fassio angefertigten Übersetzung wurde nur in der Zeitschrift Mundo Eslavo als Buchneuheit angeführt (vgl. Kovátcheva 2009:272). 7 Weiters wird die Autobiographie Höß’ und dessen Schilderung

5 Die Erschließung von Rezeptionsdokumenten ist hier aufgrund des zeitlichen Faktors problematisch. 6 Die Rezeption über die Übersetzung El Comandante de Auschwitz (Ü3) fällt nur kurz aus, da auch nach eingehender Recherche in diversen internationalen Datenbanken und Universitätsbibliotheken keine Rezeptionsdokumente erschlossen werden konnten. 7 Auch nach eingehender Recherche konnten keine weiteren Rezeptionsdokumente erschlossen werden.

64 des Alltags im Konzentrationslager Auschwitz auch kurz in der von Muchnik und Garvie (2006) verfassten kritischen Auseinandersetzung mit dem „Bösen“ im 20. Jahrhundert thematisiert. Erwähnenswert gilt hier noch, dass auf der offiziellen Website von eine Rezension von Yo, Comandante de Auschwitz (Ü4) publiziert wird (vgl. Sinay 2014). Sinay betont hier einerseits die von Primo Levi verfasste Einleitung und andererseits die Wichtigkeit von Höß’ Autobiographie als historisches Dokument. 8

Aufgrund der intensiven Auseinandersetzung mit den Übersetzungen der autobiographischen Darstellung von Rudolf Höß konnten aufschlussreiche Erkenntnisse gewonnen werden. So ist unter anderem zu erkennen, dass die englische Übersetzung viel verbreiteter ist als die spanische Übersetzung. Dies kann einerseits in gewissem Sinne auf den Publikationszeitpunkt der Übersetzungen und andererseits auf die Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der jeweiligen Kultur zurückgeführt werden. Während die im Jahr 1959 angefertigte Ü1 von Constantine FitzGibbon viele Jahre lang auch von anderen britischen und auch US-amerikanischen Verlagen vertrieben wurde, beschränkt sich der Vertrieb der von Andrés Ma. Mateo angefertigten Übersetzung, die zur selben Zeit publiziert wurde, auf den Verlag Editorial Diana. Der Grund für die Neuübersetzung ins Englische wird sowohl von Steven Paskuly, dem Herausgeber der Ü2, als auch dem Übersetzer Andrew Pollinger klar angesprochen. Hier spielen mitunter die in den USA in den 1990er-Jahren präsenten revisionistischen Bewegungen eine große Rolle. Durch die Publikation der Neuübersetzung sollen den US-amerikanischen Jugendlichen die Verbrechen des NS-Regimes wieder ins Gedächtnis gerufen werden, wobei dies in einer dem Zielpublikum angepassten Sprache erreicht werden soll. Die Gründe für die Neuübersetzung ins Spanische (Ü4) konnten nicht eruiert werden, da keine Dokumente über die Motive des Übersetzers und des Verlages erschlossen werden konnten. Auffallend ist hier jedoch, dass es sich bei beiden spanischen Übersetzungen um indirekte Übersetzungen, eine aus dem Englischen und eine aus dem Französischen, handelt. Es kann weiters davon ausgegangen werden, dass aufgrund der Tatsache, dass sowohl im deutschen Original als auch in allen Übersetzungen Vorworte der Herausgeber, Übersetzer bzw. dem KZ-Überlebenden Primo Levi oder im Fall der Ü3 ein Vorwort des französischen Historikers León Poliakov vorhanden sind, die Paratexte eine zentrale Rolle in der Rezeption des Originals und der Übersetzungen einnehmen. Die Bedeutung und Rolle der Paratexte für die Rezeption der Autobiographie werden im folgenden Kapitel eingehend behandelt.

8 Die Rezeption über die Übersetzung Yo, Comandante de Auschwitz (Ü4) fällt nur kurz aus, da keine weiteren Rezeptionsdokumente erschlossen werden konnten.

65 6. Paratextanalyse Da von der Hypothese ausgegangen wird, dass die Paratexte sowohl in der von Martin Broszat editierten deutschen Ausgabe, als auch in den englischen und spanischen Übersetzungen eine zentrale Rolle einnehmen, soll im Folgenden darauf eingegangen werden, welche Rolle diese einnehmen. Es soll untersucht werden, ob bei den englischen und spanischen Übersetzungen von Kommandant in Auschwitz Veränderungen und Adaptierungen vorgenommen wurden, die dazu führen, dass ein verzerrtes Bild der NS- Verbrechen vermittelt wird. So gilt es herauszufinden, ob mittels der Paratexte nur das notwendige Hintergrundwissen für eine kritische Lektüre von Höß Aufzeichnungen bereitgestellt wird oder durch die umfassende Erläuterung der Entstehungsgeschichte und die Vorstellung der Person Rudolf Höß der unterschiedliche Grad der Aufarbeitung der NS-Verbrechen in den jeweiligen Sprachräumen kompensiert werden soll. Es stellt sich hierbei jedoch auch die Frage, welche Rolle die Verleger und Übersetzer der Autobiographie in diesem Zusammenhang einnehmen. Aus diesem Grund soll geklärt werden, ob aus den Paratexten Rechtfertigungen und Erklärungen für die Adaptierung der Autobiographie hervorgehen. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Paratexte insofern eine zentrale Funktion einnehmen, als dass sie den Verlegern und Übersetzern ermöglichen, jegliche Änderungen und Adaptierungen der Autobiographie zu erklären und die Leser/Leserinnen zu einer kritischen Lektüre der Aufzeichnungen Höß’ aufzufordern, um somit die Rezeption der Autobiographie zu steuern und einen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Verbrechen zu leisten.

6.1. Analysegrundlage Im folgenden Kapitel sollen nun die Kategorien der Paratexte nach Gérard Genette erläutert werden, da diese die Grundlage für die Paratextanalyse darstellen, die in Kapitel 6.2 durchgeführt wird. Es werden jedoch nur die allgemeinen Grundlagen und die für die Analyse notwendigen Kategorien des Peritextes behandelt.

Unter dem Begriff Paratext werden jene Elemente eines Textes verstanden, die den eigentlichen Text umgeben. Hierzu können unter anderem der Name des Autors/der Autorin und der Titel als auch das Vorwort und Illustrationen gezählt werden. Paratexte haben den Zweck, die Lektüre und die damit einhergehende Rezeption zu steuern, d.h. sie sollen den Text auf dem Markt präsentieren und ihm somit die „Gestalt eines Buches“ (Genette 2001:9) verleihen. Laut Genette kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass in jedem Text alle Paratextkategorien auftreten, denn die Präsenz der Paratexte kann je nach Autor/Autorin, Kultur und Epoche variieren (ibid.:9ff.).

66 Paratexte können grundsätzlich in zwei verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Die erste der beiden Schlüsselkategorien ist der Peritext, der sich entweder innerhalb des Textes oder in dessen näheren Umfeld positionieren lässt. Der Titel, das Vorwort, die Kapitelüberschriften sowie Anmerkungen können der Kategorie des Peritextes zugeordnet werden. Die zweite Kategorie, der sogenannte Epitext, befindet sich nicht innerhalb des Textes, sondern in dessen weiteren Umfeld. Dies bedeutet, dass Texte, die der Kategorie des Epitextes zugeordnet werden können, keine Elemente des eigentlichen Textes sind, sondern sich außerhalb des Textes situieren lassen. Als Beispiel hierfür können Interviews, Gespräche sowie private Kommunikation wie Tagebücher und Briefwechsel genannt werden (ibid.:12).

Nach Genette ist die Positionierung des Paratextes mit Hilfe des Zeitpunktes seiner Entstehung eine weitere wichtige Komponente. So wird zwischen frühem, originalem, nachträglichem und spätem Paratext unterschieden. Paratexte, die vor der Publikation der Erstausgabe veröffentlicht werden, wie zum Beispiel Prospekte oder Vorankündigungen, werden als frühe Paratexte bezeichnet. Jene Texte, die gleichzeitig mit der Erstausgabe erscheinen, wie zum Beispiel das Originalvorwort, sind originale Paratexte. Der Unterschied zwischen nachträglichem und spätem Paratext besteht darin, dass Paratexte neuerer Auflagen den nachträglichen und Paratexte von Neuausgaben den späten Paratexten zugeordnet werden. Weiters kann noch zwischen posthumen und anthumen Elementen differenziert werden, wobei posthum bedeutet, dass das Element nach dem Tod des Autors/der Autorin entstand. Anthume Elemente hingegen werden zu Lebzeiten des Autors/der Autorin veröffentlicht (ibid.:13).

Ein wichtiges Element der Peritexte ist der verlegerische Peritext, der jene Elemente bezeichnet, die vom publizierenden Verlag konzipiert werden. Der verlegerische Peritext kann aufgrund dessen, dass hier der Umschlag, die Titelseiten und der Druck im Mittelpunkt stehen auch als „Aufmachung“ des Buches bezeichnet werden. Der Umschlag, der als einer der wichtigsten Aspekte des verlegerischen Peritextes gilt, hat die Funktion, den Lesern/Leserinnen Informationen über den Autor/die Autorin oder den Verlag zu liefern. Die Informationen, die auf dem Umschlag ersichtlich sind, können variieren, jedoch ist es heutzutage üblich bzw. gesetzlich vorgeschrieben, den Namen des Autors/der Autorin, den Titel des Buches und das Verlagssignet abzudrucken. Weitere mögliche Angaben sind der Name des Übersetzer/der Übersetzerin oder des Verfassers/der Verfasserin des Vorworts, ein Kurzporträt des Autors/der Autorin, der Titel der Reihe usw. (ibid.:22f.). Der Schutzumschlag, der den eigentlichen Umschlag verdeckt

67 und bei gebundenen Ausgaben sehr beliebt ist, soll potenzielle Leser/Leserinnen auf das Buch aufmerksam machen, weshalb er oft aufwendige Illustrationen enthält (ibid.:32f.)

Eine weitere wichtige Funktion innerhalb des Peritextes nimmt das Vorwort ein. Der Begriff Vorwort bezeichnet all jene Texte, die entweder vor oder nach dem eigentlichen Text positioniert werden. Dies bedeutet, dass das Nachwort als eine Art des Vorworts betrachtet wird. Für die Begriffe Vorwort und Nachwort existieren viele Synonyme wie zum Beispiel Einleitung, Prolog, Einführung bzw. Nachschrift und Postskriptum. Sollten jedoch sowohl Vorwort als auch Einleitung im Paratext auftreten, so sind diese zu differenzieren, da sie eine unterschiedliche Funktion innerhalb des Textes ausüben (ibid.:157f.). Die Funktionen des Vorwortes bestehen einerseits darin, den Leser/Leserinnen Auskunft darüber zu geben, wie das Buch zu lesen ist und andererseits sollen die Leser/Leserinnen zur Lektüre angeregt werden (ibid.:191f.). Die Einleitung hingegen bezieht sich nicht nur auf das Thema des Buches, sondern behandelt allgemeine Probleme und versucht das Grundproblem und die Ausgangssituation für die Leser/Leserinnen verständlich darzustellen (ibid.:157f.). Weiters muss auch zwischen den Adressanten des Vorwortes unterschieden werden: Wird das Vorwort vom Autor/von der Autorin des Werkes verfasst, so wird es als auktoriales oder autographes Vorwort bezeichnet. Unter allographem Vorwort wird jenes Vorwort verstanden, das von einer dritten, fremden Person verfasst wurde (ibid.:173).

Anmerkungen, die wie schon erwähnt, Teil des Peritextes sind, beziehen sich auf einen oder mehrere Teile des Textes und haben die Funktion Verständnisschwierigkeiten seitens der Leser/Leserinnen vorzubeugen (ibid.:304ff.). Dem ist außerdem noch hinzuzufügen, dass nachträgliche Anmerkungen mit dem Vorwort in Verbindung stehen und aus diesem Grund ohne Zweifel zu den Elementen des Paratextes gezählt werden können (ibid.:313). Weiters wird auch zwischen dem Verfasser/der Verfasserin der Anmerkungen unterschieden, wobei hier nur auf die allographen Anmerkungen eingegangen wird. Allographe Anmerkungen entstehen in der Regel posthum und stellen einen starken Eingriff in den Text dar. Diese Art von Anmerkungen wird meist von Verlagen hinzugefügt (ibid.:321).

6.2. Analyse Im Folgenden werden nun die Paratexte der englischen und spanischen Übersetzung der autobiographischen Aufzeichnungen Höß’ analysiert. Hierbei wird ein Schwerpunkt auf die Cover, die Vorworte und Einleitungen der Übersetzungen sowie die Anmerkungen und

68 Illustrationen gelegt. Bei der Analyse der Cover wird auch auf die von Martin Broszat editierte deutsche Ausgabe der Autobiographie eingegangen werden.

6.2.1. Cover Das Cover eines Buches ist Teil des verlegerischen Peritextes und hat einerseits die Funktion den Lesern/Leserinnen Informationen über den Verlag, den Autor/die Autorin bzw. den Übersetzer/die Übersetzerin zu liefern und dient andererseits dazu, das Interesse der potenziellen Leser/Leserinnen auf sich zu ziehen. Um Unterschiede in der Aufmachung des Buchumschlages in den jeweiligen Sprachräumen aufzeigen zu können, werden die Cover des deutschen Originals, der englischen Übersetzungen Ü1 und Ü2 und der spanischen Übersetzungen Ü3 und Ü4 miteinander verglichen werden.

Abbildung 1: Cover des deutschen Originals

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, hat sich die Aufmachung des Covers des deutschen Originals im Laufe der Zeit verändert. Die Erstausgabe aus dem Jahr 1958 ist in den Farben orange, grau und weiß gehalten und zeigt eine Fotografie des Konzentrationslagers Auschwitz. Während der Fokus hier auf Titel und Untertitel liegt, liegt das Hauptaugenmerk der in den Farben schwarz und weiß gehaltenen Taschenbuchausgabe aus dem Jahr 1965 auf Titel und Verlagsbezeichnung. Weiters sticht der schwarz hinterlegte Auszug aus den Originalaufzeichnungen von Höß hervor. Der Untertitel hingegen, der auf dem Cover der Erstausgabe eine zentrale Rolle spielt, rückt bei dieser Taschenbuchausgabe in den Hintergrund. Die Taschenbuchausgabe aus dem Jahr 2011, welche auch für die Textanalyse verwendet wird, ist in weiß mit schwarzer und grüner Schrift gehalten und zeigt zudem eine Fotografie von Rudolf Höß bei der Auslieferung an die polnischen Behörden. Die Verlagsbezeichnung, die am Cover der Taschenbuchausgabe aus dem Jahr 1965 im Vordergrund steht, ist auf dem Cover aus dem Jahr 2011 unscheinbar. Der Fokus hingegen liegt auf der Fotografie, sodass es den potenziellen Lesern/Leserinnen möglich ist, einen direkten Bezug zwischen dem Titel

69 des Buches und der Person Höß’ herzustellen. Obwohl sich das Cover der deutschen Ausgabe im Laufe der Zeit verändert hat, kann hier festgestellt werden, dass die Aufmachung durchwegs schlicht gehalten ist. Die Cover der Ausgaben aus den Jahren 1958 und 2011 wirken jedoch aufgrund der Illustration für potenzielle Leser/Leserinnen sehr ansprechend.

Abbildung 2: Cover der britischen Übersetzung 1

Wie Abbildung 2 zeigt, gibt es von der von Constantine FitzGibbon angefertigten Übersetzung (Ü1) abhängig vom publizierenden Verlag sehr unterschiedliche Cover. Während das Cover der Erstpublikation im Verlag Weidensfeld & Nicholson in rot und gelb mit weiß und schwarzer Schrift gehalten ist und eine Fotografie des Konzentrationslagers Auschwitz zeigt, ist das Cover der im US-amerikanischen Verlag Popular Library erschienene Ausgabe in schwarz mit roter und gelber Schrift gehalten und zeigt eine Zeichnung eines bis zur Unkenntlichkeit verstümmelten SS-Angehörigen. Der Hintergrund des Covers der im Jahr 1961 im Verlag Pan Books veröffentlichten Ausgabe ist sehr dunkel gehalten und zeigt im unteren Teil des Covers einen Mann. Weiters sind auf dem Cover Stacheldraht und ein KZ-Häftling abgebildet. Die Schrift hingegen ist sehr hell, in gelb und weiß, gehalten. Die neueste Ausgabe der Ü1, die im Jahr 2000 publiziert wurde, zeigt auf dem Cover eine Schwarzweißfotografie von Rudolf Höß, die bei seinem Prozess in Polen entstand. Der Schriftzug hingegen sticht, obwohl in gelb und weiß gehalten, nicht hervor. Die in den Verlagen Popular Library und Pan Books veröffentlichten Ausgaben der Ü1 sind sehr auffallend und dienen einzig dazu, die Aufmerksamkeit von potenziellen Lesern/Leserinnen auf sich zu ziehen. Hier kann zusammenfassend angemerkt werden, dass die in den Verlagen Popular Library und Pan Books veröffentlichten Ausgaben aufgrund ihrer Aufmachung einen großen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Verbrechen im englischsprachigen Raum leisten könnten.

70

Abbildung 3: Cover der US-amerikanischen Übersetzung 2

Die von Andrew Pollinger angefertigte Übersetzung wurde in zwei verschiedenen US- amerikanischen Verlagen veröffentlicht. Wie Abbildung 3 zeigt, sind sich die Cover der im Verlag Prometheus Books und der im Verlag Da Capo Press erschienen Ausgabe optisch sehr ähnlich. Das Cover der im Verlag Prometheus Books veröffentlichten Ausgabe ist aufgrund des schwarzen Hintergrunds mit rotem Hakenkreuz und der weißen Schrift sehr markant. Zusätzlich ist noch eine Fotographie von Rudolf Höß zu sehen. Der Buchumschlag der im Verlag Da Capo Press veröffentlichten Ausgabe ist ebenso sehr markant, wobei hier sowohl schwarze Schrift auf rotem und gelben Hintergrund als auch rote und weiße Schrift auf schwarzem Hintergrund verwendet wird. Zusätzlich nimmt eine Fotografie von Höß ein Drittel des gesamten Buchcovers ein. Die in Abbildung 3 gezeigten Cover sind ebenso wie das Cover der im US-amerikanischen Verlag Popular Library erschienen Ü1 primär zur Gewinnung potenzieller Leser/Leserinnen konzipiert. Die Informationsfunktion des Buchumschlages rückt hier in den Hintergrund. Die Covergestaltung der englischen Neuübersetzung kann aufgrund dessen, dass hier gezielt versucht wird, das Interesse potenzieller Leser/Leserinnen zu erwecken, einen großen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Verbrechen im englischsprachigen Raum leisten.

Abbildung 4: Cover der spanischen Übersetzung 3

71 Abbildung 4 zeigt den Buchumschlag der im Verlag Editorial Diana übersetzten spanischen Übersetzung der autobiographischen Aufzeichnungen Höß’. Der Hintergrund des Covers ist in rot, beige und schwarz, die Schrift in weiß gehalten. Auf dem beigen Hintergrund ist Stacheldraht abgebildet, welcher ein Symbol für die Konzentrationslager darstellen soll. Auf dem schwarzen Hintergrund sind Auszüge aus Höß’ Aufzeichnungen abgedruckt.

Abbildung 5: Cover der spanischen Übersetzung 4

Der Buchumschlag der im Verlag Muchnik Editores veröffentlichten Ausgabe der von Juan Esteban Fassio angefertigten Übersetzung wirkt aufgrund des dunklen Hintergrunds und der einfachen weißen Schrift unscheinbar und für potenzielle Leser/Leserinnen nicht ansprechend. Bei diesem Cover steht die Informationsfunktion im Vordergrund; die optische Aufmachung, um die Aufmerksamkeit potenzieller Leser/Leserinnen zu erlangen, wurde bei der Publikation nicht beachtet. Auf dem Cover der im Jahr 2009 erschienenen Ausgabe der Übersetzung ist im Hintergrund eine Schwarzweißfotografie von Rudolf Höß zu sehen. Der Buchtitel ist in rot und der Name des Autors, der Verlag und die zusätzliche Information über das Vorwort sind in weiß gehalten. Die optische Gestaltung ist für potenzielle Leser/Leserinnen sehr ansprechend, da aufgrund der Fotografie zwischen dem Namen und der Person Rudolf Höß eine Verbindung hergestellt werden kann. Die Gestaltung des Covers der spanischen Neuübersetzung, welche im Jahr 1979 veröffentlicht wurde, kann möglicherweise ein Grund für die fehlende Rezeption der Übersetzung im spanischsprachigen Raum sein. Die Aufmachung der Neuausgabe wirkt jedoch sehr ansprechend und kann einen positiven Beitrag zur Aufarbeitung der NS- Verbrechen im spanischsprachigen Raum leisten.

72 6.2.2. Vorworte und Einleitung Bei der Analyse der Vorworte und der Einleitung der autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höß wurden aufgrund dessen, dass untersucht werden soll, welche Rolle die Paratexte bei der Rezeption der Übersetzungen einnehmen, nur die Vorworte und Einleitungen der beiden englischen und spanischen Übersetzungen, nicht aber jene der von Martin Broszat editierten deutschen Ausgabe untersucht. Die originalen Aufzeichnungen von Höß enthalten weder ein Vorwort noch eine Einleitung, sodass die Vorworte und Einleitungen in der editierten deutschen Ausgabe und den englischen und spanischen Übersetzungen eine Art Rahmung darstellen, durch die einerseits die Rezeption der Texte gesteuert und andererseits die Kanonisierung und der Verkauf gefördert werden soll. Dies bedeutet, dass es sich bei allen in den editierten und übersetzten Ausgaben der Aufzeichnungen Höß’ vorhandenen Vorworte um allographe Vorworte handelt. Weiters wurden alle Vorworte posthum, also nach dem Tod von Rudolf Höß, verfasst.

Obwohl die englischen Übersetzungen, Ü1 und Ü2, auf Grundlage der von Martin Broszat editierten deutschen Ausgabe angefertigt wurden, enthält keine der beiden Übersetzungen die von Broszat verfasste Einleitung. Daraus kann der Rückschluss gezogen werden, dass die Herausgeber der englischen Übersetzungen den Paratexten einen besonderen Stellenwert zuschrieben und diese selbst gestalten bzw. den Autor der Einleitung/des Vorworten selbst bestimmen wollten. Die Paratexte nehmen somit aus Sicht der Herausgeber und Übersetzer eine zentrale Rolle in der Rezeption der englischen Übersetzung der autobiographischen Aufzeichnungen Höß’ ein. Es scheint, dass die Herausgeber und Übersetzer der spanischen Übersetzungen, Ü3 und Ü4, hingegen, es nicht für wichtig empfanden, an das spanischsprachige Zielpublikum angepasste Vorworte und Einleitungen in die Autobiographie zu integrieren, da diese aus der englischen und französischen Übersetzung, die die Grundlage für die spanischen Übersetzungen bildeten, übernommen wurden.

Die im Jahr 2000 veröffentlichte Neuausgabe der Ü1 enthält neben einem kurzen Vorwort des Verlegers, das eine Informationsfunktion erfüllt, auch ein Vorwort des Übersetzers und eine Einleitung von Primo Levi. Das Vorwort des Übersetzers gibt dem Leser/der Leserin einen kurzen Einblick in die Ausgangssituation und eine Erklärung der Vorgangsweise bei der Übersetzung und der Edition der englischen Erstausgabe. Die von Primo Levi verfasste Einleitung zeigt die Sicht eines KZ-Überlebenden auf Rudolf Höß, jenen Mann, der für den Bau und die Organisation des größten Massenvernichtungszentrums verantwortlich war. Neben einer Beschreibung der Person

73 Rudolf Höß, die die Hintergründe seines Werdegangs begründet, ist Levi darauf bedacht, die Lügen und Ausflüchte von Höß, die er mittels der Autobiographie verbreiten möchte, aufzudecken. Weiters betont Primo Levi, dass aufgrund dessen, dass die Behauptung in den Raum gestellt wurde, die Menschen im Konzentrationslager Auschwitz seien nicht in Gaskammern ermordet worden und die Zahl der Opfer sei viel niedriger als von Historikern/Historikerinnen beziffert, es von größter Bedeutung ist, die Autobiographie von Rudolf Höß zu veröffentlichen. So kann gezeigt werden, welche Ausmaße die Verwirklichung einer Ideologie annehmen kann.

Im Zusammenhang mit Ü1 gilt es hier noch anzumerken, dass Ü1 ursprünglich, wie aus Ü3, die auf Grundlage der Ü1 übersetzt wurde, hervorgeht, ein Vorwort von Lord Russell von Liverpool, dem Rechtsberater der britischen Rheinarmee enthielt. Dieses wurde jedoch in der Neuausgabe der Übersetzung vom Verlag Phoenix Press durch die von Primo Levi verfasste Einleitung ersetzt. Der von Primo Levi verfasste einleitende Text ist auch Teil der englischen Neuübersetzung der Autobiographie (Ü2), wobei Levis Text hier als „Vorwort“ bezeichnet wird. Das von Steven Paskuly, dem Herausgeber des Buches, verfasste Vorwort und auch die Einleitung spielen in der Rezeption der Ü2 eine zentrale Rolle. So behandelt Paskuly im Vorwort die Gründe für die Neuübersetzung und Publikation und regt die Leser/Leserinnen zur kritischen Lektüre an. In der Einleitung hingegen legt Paskuly die Ausgangssituation und die Geschichte der Entstehung der Aufzeichnungen Höß’ dar, um den Leser/Leserinnen die Hintergründe, die für eine kritische Lektüre des Textes notwendig sind, zu liefern. Das vom Übersetzer Andrew Pollinger verfasste Vorwort gibt Auskunft über die Vorgangsweise bei der Übersetzung und vermittelt den Lesern/Leserinnen das Gefühlt, dass Pollinger aufgrund dessen, dass er während des Zweiten Weltkrieges in Deutschland gelebt hatte, die Rolle eines Experten einnimmt.

In der spanischen Erstübersetzung wurden, wie schon kurz erwähnt, keine zusätzlichen Vorworte oder Einleitungen verfasst, sondern jene aus der im Verlag Weidensfeld & Nicholson im Jahr 1959 veröffentlichten Übersetzung übernommen. Die Einleitung stammt hier von Lord Russell von Liverpool, der aufgrund seiner Position als Rechtsberater der britischen Rheinarmee auch hier eine Expertenrolle zugeschrieben wird.

Die im Jahr 2009 im Verlag Ediciones B publizierte Ausgabe der spanischen Neuübersetzung von Juan Esteban Fassio enthält wie auch die zur Analyse verwendeten Ausgaben der Ü1 und Ü2 die von Primo Levi verfasste Einleitung. Auch hier enthält die

74 Erstpublikation der Übersetzung ein anderes Vorwort, welches von León Poliakov, der als Historiker eine Expertenrolle einnimmt, verfasst wurde.

6.2.3. Anmerkungen Anmerkungen stellen einen wichtigen Teil des Paratextes dar, da sie Verständnisschwierigkeiten seitens der Leser/Leserinnen vorbeugen sollen. Sowohl beide englischen Übersetzungen als auch beide spanische Übersetzungen enthalten Anmerkungen in Fußnoten, welche den Lesern/Leserinnen zusätzliche Informationen über die von Höß beschriebenen Sachverhalte liefern.

Die Anmerkungen in der von FitzGibbon angefertigten Übersetzung Ü1 stimmen mit jenen des Ausgangstextes, das heißt mit den Anmerkungen der von Martin Broszat editierten deutschen Ausgabe überein. Constantine FitzGibbon ging somit davon aus, dass die Leser/Leserinnen des Textes keine weiteren Informationen, als jene, die Martin Broszat in der deutschen Ausgabe hinzufügte, benötigen, um die Hintergründe der damaligen Geschehnisse und die von Höß beschriebenen Situationen zu verstehen. Auch die von Andrew Pollinger angefertigte englische Neuübersetzung (Ü2) enthält zahlreiche Anmerkungen. Diese sind jedoch viel zahlreicher und detaillierter als jene der Ü1, was auf das Zielpublikum der Ü2 zurückzuführen ist. Da die englische Neuübersetzung für ein US- amerikanisches, jugendliches Zielpublikum angefertigt wurde, welches kein oder nur wenig Wissen über die Geschehnisse während des Zweiten Weltkrieges verfügt, war es notwendig, das zur kritischen Lektüre unabdingbare Hintergrundwissen detailliert zur Verfügung zu stellen, um somit den Lesefluss und die Lektüre gezielt steuern zu können.

Die spanische Erstübersetzung (Ü3), die auf Grundlage der Ü1 entstand, enthält wie auch die englische Übersetzung die von Martin Broszat hinzugefügten Anmerkungen. Somit ging der Übersetzer Andrés Ma. Mateo offensichtlich davon aus dass, dass die von Broszat für ein deutschsprachiges Zielpublikum gedachten Anmerkungen, auch für ein spanischsprachiges Zielpublikum geeignet werden. Es scheint, dass Mateo davon ausging, dass das Wissen über den Holocaust im spanischsprachigen Raum dem Wissensstand im deutschsprachigen Raum entspricht und das spanischsprachige Zielpublikum alle notwendigen Informationen für das Verständnis des autobiographischen Textes in den für ein deutschsprachiges Zielpublikum konzipierten Anmerkungen findet. Dies impliziert, dass er in der Rolle als Experte offensichtlich davon ausgeht, dass die Aufarbeitung des und das Wissen über den Holocaust im spanischsprachigen Raum dem Stand der Aufarbeitung im deutschsprachigen Raum gleichzusetzen ist. Die von Juan Esteban Fassio angefertigte Ü4 enthält auch wie Ü1 und Ü3 die von Broszat verfassten

75 Anmerkungen, wobei diese nicht wie in allen anderen Übersetzungen am jeweiligen Seitenende, sondern nach den Anhängen platziert sind. Aufgrund dessen, dass Ü4 aus dem Französischen angefertigt wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die von Martin Broszat editierte deutsche Ausgabe Grundlage für die französische Übersetzung war. Die Platzierung der Anmerkungen nach den Anhängen beeinträchtigt einerseits das Textverständnis und andererseits auch den Lesefluss, da dieser durch das Suchen der jeweiligen Fußnote am Ende des Buches ständig unterbrochen wird. Es kann somit ausgegangen werden, dass im Fall der Ü4 die Anmerkungen für das Verständnis keine unterstützende Rolle spielen, sondern vom Leser/von der Leserin eher als störend empfunden werden könnten.

6.2.4. Illustrationen Neben Cover, Vorwort, Einleitung und Anmerkungen sind auch Illustrationen von großer Bedeutung, da sie für die Leser/Leserinnen insofern unterstützend wirken, als dass sie die beschriebenen Sachverhalte und Ereignisse mit Bildern verknüpfen können, was positiv zum Verständnis beiträgt.

Alle zur Analyse verwendeten Ausgaben der Übersetzung der Aufzeichnungen Höß’ enthalten zusätzlich Illustrationen, welche dem Leser/der Leserin helfen, sich ein Bild der von Höß beschriebenen Situationen zu machen. So enthält Ü1 dreizehn verschiedene Fotografien, welche verschiedene Szenarien aus dem Konzentrationslager Auschwitz zeigen. In Ü2 hingegen findet der Leser/die Leserin eine Vielzahl von verschiedenen Fotografien, wie zum Beispiel von Höß, dem Konzentrationslager Auschwitz, Exekutionen und der Ankunft und Selektion der Häftlinge im KZ Auschwitz. Weiters enthält Ü2 auch detaillierte Pläne des KZ Auschwitz und der Gaskammern sowie Auszüge aus dem Protokoll der Wannseekonferenz und die Abschiedsbriefe, die Höß an seine Frau und Kinder schrieb. Die Entscheidung des Herausgebers, den Lesern/Leserinnen eine große Anzahl verschiedener Illustrationen zur Verfügung zu stellen, lässt sich wiederum auf den Wissenstand des Zielpublikums zurückführen. Den US-amerikanischen Jugendlichen sollen einen umfassenden Einblick in die damaligen Geschehnisse gewinnen können.

Die von Andrés Ma. Mateo angefertigte spanische Erstübersetzung (Ü3) enthält die selben Fotografien wie Ü1, wobei hier anzumerken gilt, dass die Herkunft der Illustrationen in einer Anmerkung zu Beginn des Buches genau erklärt wird, sodass der Leser/die Leserin einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Fotografien erhält. Diese zusätzliche Erklärung wirkt sich in Kombination mit den Illustrationen sehr positiv auf das Verständnis und das Bild, das der Leser/die Leserin gewinnt, aus. Die zur Analyse

76 verwendete Ausgabe der Ü4 aus dem Jahr 2009 enthält wie auch Ü1 und Ü3 dreizehn verschiedene Fotografien aus dem Konzentrationslager Auschwitz.

6.3. Ergebnisse der Paratextanalyse Die Paratextanalyse hat gezeigt, dass die Paratexte Information über die Verbrechen des NS-Regimes vermitteln und somit in weiterer Folge einen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Verbrechen in den jeweiligen Sprachräumen leisten. Jedoch ist hier in der Vorgangsweise sogar innerhalb der Sprachräume ein Unterschied erkennbar. So wirken die Cover der in US-amerikanischen Verlagen veröffentlichten Ausgaben der Übersetzungen provokant, nahezu reißerisch und durch die Kombination der Farben schwarz und rot eher aggressiv. Die britischen Verlage hingegen versuchen die Aufmerksamkeit potenzieller Leser/Leserinnen durch die Kombination von Wort und Bild, also der Kreation von Bildern und Assoziationen in den Köpfen der Leser/Leserinnen, auf sich zu ziehen. Während der mexikanische Verlag Editorial Diana versucht, durch die Farbkombination rot und schwarz und die Abbildung von Stacheldraht einen Konnex zu den Konzentrationslagern herzustellen, verzichtet der spanische Verlag Muchnik Editores, in dem die spanische Neuübersetzung erstmals publiziert wurde, auf jegliche Covergestaltung. Dies stellt möglicherweise neben der schwierigen politischen Situation zur Zeit der Publikation (1979) und der damit einhergehenden fehlenden Aufarbeitung der NS-Verbrechen eine Ursache für die mangelnde Rezeption und Bekanntheit der autobiographischen Aufzeichnungen Höß’ in Spanien dar.

Neben der Gestaltung der Buchumschläge sind auch die posthum verfassten allographen Vorworte von großer Bedeutung. Alle vier analysierten Übersetzungen enthalten verschiedene Vorworte und Einleitungen, wobei hier, auch wenn sie teils von unterschiedlichen Personen stammen, eine Gemeinsamkeit erkennbar ist. Sowohl der Übersetzer der englischen Erstübersetzung, Constantine FitzGibbon, der Hitler persönlich kannte und dessen Recherchen in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen herangezogen wurde, als auch Primo Levi, der das Konzentrationslager Auschwitz überlebte, Steven Paskuly, der Geschichtelehrer, Andrew Pollinger, der während des Zweiten Weltkrieges in Deutschland lebte, Lord Russell von Liverpool, der als Rechtsberater der britischen Rheinarmee tätig war, und der Übersetzer und Historiker Andrés Ma. Mateo treten in den von ihnen verfassten Vorworten und Einleitungen als Experten auf. Sie sind aufgrund ihrer persönlicher Erlebnisse und ihrer Bildung Experten bezüglich der Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges. Die offene Kommunikation dieser

77 Expertenrolle hat das Ziel, die Aufarbeitung der NS-Verbrechen und die Kanonisierung der Autobiographie Höß’ voranzutreiben.

Die zusätzlichen Anmerkungen zu Höß’ Aufzeichnungen unterstützen die Aufarbeitung der NS-Verbrechen insofern, als dass sie den Lesern/Leserinnen zusätzliche Informationen über die damaligen Ereignisse bereitstellen. Hier ist jedoch anzumerken, dass in Ü2 diese Funktion stärker hervortritt, da der Herausgeber und der Übersetzer aufgrund des Wissenstandes des Zielpublikums mehr Informationen liefern.

Wie auch bei den Anmerkungen findet der Leser/die Leserin in Ü2 eine größere Anzahl von Illustrationen als in den anderen Übersetzungen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Herausgebers und der Übersetzers offensichtlich davon ausgehen, den US- amerikanischen Jugendlichen mehr Hintergrundinformationen geben zu müssen.. Dennoch erfüllen die Illustrationen in allen vier Übersetzungen die selbe Funktion; so soll der Leser/die Leserin sich durch die Kombination von Text und Bild selbst eine Vorstellung über die Ereignisse machen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Paratexte in den Übersetzungen von Höß’ Aufzeichnungen eine zentrale Rolle einnehmen, da sie einerseits auf das Buch aufmerksam machen und durch Experten wichtiges Hintergrundwissen vermitteln und andererseits durch diese zusätzlichen Informationen die Aufarbeitung der NS-Verbrechen unterstützen. Die von Andrew Pollinger angefertigte Übersetzung ist hierbei jene Übersetzung, die die Rezeption des Textes am meisten steuert und beeinflusst. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Paratexte hier den Grad der Aufarbeitung kompensieren sollen. Die spanischen Übersetzungen hingegen tragen aufgrund dessen, dass die Vorworte und Einleitungen von den Ausgangstexten übernommen wurden, im Vergleich zu den englischen Übersetzungen nur wenig zur Unterstützung der Aufarbeitung der NS-Verbrechen im spanischsprachigen Raum bei.

78 7. Textanalyse In diesem Kapitel wird die Textanalyse der englischen und spanischen Übersetzungen der Autobiographie Höß’ durchgeführt, um zu untersuchen, ob bei der Übersetzung der Aufzeichnungen ins Englische und Spanische Veränderungen vorgenommen wurden, durch die ein verzerrtes Bild der NS-Verbrechen vermittelt wird. Hierbei werden die englischen Übersetzungen Commandant of Auschwitz (Ü1), Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz (Ü2) und die spanische Übersetzung El Comandante de Auschwitz (Ü3) analysiert. Die spanische Übersetzung El Comandante de Auschwitz (Ü3) wird in die Textanalyse mit einbezogen, da diese in Mexiko, dem einzigen Land, das Protest gegen den „Anschluß“ Österreichs an das „Dritte Reich“ erhob, veröffentlicht wurde. Die Analyse von El Comandante de Auschwitz soll aufzeigen, ob die spanische Übersetzung (Ü3) einen Beitrag zur Aufarbeitung des Holocausts im spanischsprachigen Raum leistet. Die spanische Übersetzung Yo, Comandante de Auschwitz (Ü4) wird nicht in die Textanalyse mit einbezogen. Es wird von der Hypothese ausgegangen, dass Constantine FitzGibbon die englische Erstübersetzung Commandant of Auschwitz (1959, Ü1) eher ausgangstextorientiert anfertigte. Dennoch wurden zahlreiche Veränderungen vorgenommen, um offensichtlich einen Lesefluss zu erzeugen, der eher dem autobiographischen Genre zugeschrieben werden kann. Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass die englische Neuübersetzung Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz (1992, Ü2) für das jugendliche US-amerikanische Zielpublikum stark adaptiert wurde, um den Lesern/Leserinnen den Holocaust auf ihrer Sprachebene näher zu bringen. Die spanische Erstübersetzung El Comandante de Auschwitz (1960, Ü3), welche von Andrés Ma. Mateo angefertigt wurde, setzt bei den Lesern/Leserinnen offensichtlich einen gewissen Wissensstand über die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges und den Holocaust voraus. Dies führt jedoch aufgrund des Experten-LaiInnen- Verhältnisses zwischen Übersetzer und Zielpublikum und der mangelnden Aufarbeitung des Holocausts im spanischsprachigen Raum zur schweren Verständlichkeit der Übersetzung.

Die theoretische Grundlage für die Analyse bildet die Kritische Diskursanalyse von Siegfried Jäger, welche in Kapitel 7.1 erläutert wird. Nachdem mit der Auseinandersetzung mit der theoretischen Grundlage die Voraussetzungen für die Textanalyse geschaffen werden, wird in Kapitel 7.2 die Analyse durchgeführt.

79 7.1. Kritische Diskursanalyse nach Siegfried Jäger Die Kritische Diskursanalyse von Siegfried Jäger wurde gewählt, da diese die Möglichkeit bietet, die Autobiographie Höß’ in ihrem gesamten Kontext zu betrachten und diese auf Diskursebene zu untersuchen.

Der Begriff Diskurs hat im deutschen Sprachgebrauch unterschiedliche Bedeutungen, so kann Diskurs einerseits die „methodisch aufgebaute Abhandlung über ein bestimmtes (wissenschaftliches) Thema“ (Duden 1993:735) oder eine „(lebhafte) Erörterung, Unterhaltung“ (ibid.) und andererseits „die von einem Sprachteilnehmer auf der Basis seiner sprachlichen Kompetenz tatsächlich realisierten sprachlichen Äußerungen“ (ibid.) bezeichnen. Jäger sieht den Diskurs als „Fluß von ‚Wissen‘ durch die Zeit“ (Jäger 2001a:129 Hervorhebung im Original), wobei dieser strukturiert und sozial verfestigt ist. Unter Wissen, welches die Menschen aus den jeweiligen Zusammenhängen gewinnen, werden hier alle Arten von Inhalten und Bedeutungen verstanden, mit denen die Wirklichkeit gedeutet und gestaltet wird (vgl. Jäger 2001b:297). Dieses Wissen gilt als „richtiges“ Wissen, denn die Wahrheit wird hier nicht vorgegeben, sondern historisch erzeugt. Verstöße oder Abweichungen vom Diskurs werden in der Regel sanktioniert oder zurückgewiesen (vgl. Jäger 2001a:129).

In der Sanktionierung und Zurückweisung von Diskursabweichungen wird der Zusammenhang zwischen Diskurs und Macht sichtbar, denn als „Träger von (jeweils gültigem) Wissen“ (ibid.:149) stellen Diskurse aufgrund dessen, dass sie das Verhalten der in der Gesellschaft lebenden Menschen induzieren, Machtfaktoren dar und tragen wesentlich zur Strukturierung der Machtverhältnisse bei (ibid.).

Die Analyse und Interpretation eines Textes ist nur dann möglich, wenn der Text in seinem gesamten Kontext betrachtet wird. Die Kritische Diskursanalyse bietet eine Art „Werkzeugkiste“ für diese Analyse, wobei mit den Instrumentarien eigenständig und kreativ umgegangen werden soll (ibid.:119ff.). So ist es notwendig, für unterschiedliche Fragestellungen die Analyse an die jeweiligen Anforderungen anzupassen (ibid.:173). Mit Hilfe der Diskursanalyse können alle sprachlichen Äußerungen, die in einer Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit getätigt werden sowie auch unterschiedliche Strategien, mit denen das Feld der sprachlichen Äußerungen eingeschränkt oder erweitert wird, erfasst werden. Als Beispiel für die angewendeten Strategien können Verleugnungs-, Relativierungs- und Enttabuisierungsstrategien genannt werden (vgl. Jäger 2001b:299).

80 Da Diskurse ineinander verflochten sind, ist es notwendig, sie als ersten Schritt zu strukturieren, um später die Analyse durchführen zu können. Jäger (2001c) führt zur Strukturierung des Diskurses zunächst die Begriffe Spezialdiskurs und Interdiskurs ein, wobei Spezialdiskurs die wissenschaftlichen und Interdiskurs alle nicht-wissenschaftlichen Diskurse bezeichnet. Das kleinste Strukturelement des Diskurses ist das Diskursfragment , ein Begriff, der einen Text oder Textteil zu einem bestimmten Thema bezeichnet. Verschiedene Diskursfragmente zu einem Thema bilden sogenannte Diskursstränge , welche sich ineinander verschränken können. Dieses Phänomen wird als Diskursstrangverschränkung bezeichnet und liegt vor, wenn in einem Text verschiedene Themen angesprochen werden (vgl. Jäger 2001c:107). Die verschiedenen Diskursstränge können sich hierbei beeinflussen, oder aber auch gegenseitig stützen (vgl. Jäger 2001a:160). Weitere Begriffe, die Jäger einführt, sind jene der diskursiven Ereignisse und des diskursiven Kontexts . Ereignisse, die medial eingehend behandelt werden, werden als diskursive Ereigniss e bezeichnet, wobei diese sowohl die Richtung als auch die Qualität des Diskursstranges beeinflussen. Ob ein Ereignis als diskursives Ereignis dargestellt wird, hängt von den jeweiligen politischen Gegebenheiten innerhalb einer Gesellschaft ab (ibid.:162). Als Diskursebene können die „sozialen Orte“, von denen sprachliche Äußerungen getätigt werden können, wie z.B. Wissenschaft, Politik, Erziehung, Alltag oder Verwaltung, bezeichnet werden. Diskursebenen beeinflussen sich gegenseitig, das heißt sie nutzen einander, wirken aufeinander oder stützen sich gegenseitig, und können zudem stark miteinander verknüpft sein (vgl. Jäger 2001c:109).

Jeder Autor/jede Autorin nimmt bei der Verfassung eines Textes eine bestimmte Diskursposition ein, die als „spezifisch politischer Standort einer Person“ (Jäger 2001a:164) beschrieben werden kann. So ist die Diskursposition das

Resultat der Verstricktheiten in diverse Diskurse, denen das Individuum ausgesetzt war und die es im Verlauf seines Lebens zu einer bestimmten ideologischen bzw. weltanschaulichen Position […] verarbeitet hat. (Jäger 1996:47, zitiert nach Jäger 2001a:164f.)

Der Autor/die Autorin beteiligt und bewertet den Diskurs aus seiner Sicht, wobei hier unterschiedliche Sichten auf den vorherrschenden Diskurs aufeinander treffen können. So kann der Diskurs unterstützt aber auch hinterfragt werden, sodass Gegendiskurse entstehen können (vgl. Jäger 2001c:164f.).

Die Vielzahl von Diskurssträngen innerhalb einer Gesellschaft bildet den gesamtgesellschaftlichen Diskurs , wobei hier in Betrachtung gezogen werden muss, dass eine Gesellschaft nie homogen ist. Ziel der Diskursanalyse ist es, das Netz, das der

81 gesamtgesellschaftliche Diskurs bildet, zu entwirren (vgl. Jäger 2001a:166). Um einen Text zu analysieren und interpretieren, müssen zuerst seine Wirkung und die dahinterstehende Intention erkannt und der Text als Teil eines historisch und gesellschaftlich gefestigten, gesamtgesellschaftlichen Diskurs eingeordnet werden (ibid.:119).

7.2. Analyse Mit Hilfe der Diskursanalyse soll nun die Hypothese überprüft werden, ob die Autobiographie Höß’ aufgrund der von Constantine FitzGibbon vorgenommen Veränderungen eher dem Genre der Autobiographie zugeordnet werden kann. Weiters soll untersucht werden, ob Andrew Pollinger aufgrund seiner Intention, US- amerikanischen Jugendlichen die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges wieder in Erinnerung zu rufen, zur besseren Verständlichkeit bei der Anfertigung der englischen Neuübersetzung (Ü2) erhebliche Adaptierungen vornahm. Außerdem soll untersucht werden, ob sich die Expertenrolle Andrés Ma. Mateos als Historiker auf die Verständlichkeit der spanischen Übersetzung (Ü3) auswirkt.

Bevor in einem weiteren Schritt in der Feinanalyse verschiedene Diskursfragmente untersucht werden, müssen die Aufzeichnungen Höß’ zunächst in ihrem Gesamtkontext betrachtet werden. Jäger begründet die Notwendigkeit für diese Vorgangsweise folgendermaßen:

Einen Text zu analysieren und zu interpretieren, zum Zwecke, ihn zu verstehen, seine Wirkung und die damit verbundenen mehr oder minder eigennützigen Interessen einschätzen zu können, ihn als Bestandteil(e) eines gesellschaftlichen und historisch verankerten Gesamtdiskurses und oder eines oder mehrerer Diskursstränge begreifen zu können, erfordert es, ihn als ganzen in diesem vorerst noch grob skizzierten Zusammenhang zu sehen. (Jäger 2001a:119)

Somit wird eine Textanalyse erst dann zur Diskursanalyse, wenn der jeweilige Text in seinem Gesamtkontext betrachtet wird.

Um die aufgestellte Hypothese bestätigen zu können, wird somit zunächst auf den NS- Diskurs und den institutionellen Rahmen eingegangen. Dies soll dabei helfen, bei der Analyse der Diskursfragmente aufzuzeigen, dass sich die Diskursposition Höß’ in den Übersetzungen verändert und somit ein verzerrtes Bild der NS-Verbrechen vermittelt wird. Der NS-Diskurs stellt in diesem Zusammenhang den Diskurshauptstrang dar, als

82 Unterdiskursstränge spielen hier „Rasse“, „Volksgemeinschaft“ und „Führer“ eine große Rolle.

7.2.1. Der NS-Diskurs Der Faschismus, eine Politik, die die Beteiligung der großen Masse verfolgt, erlebte im 20. Jahrhundert seinen Höhepunkt. Der Nationalsozialismus, der eine Form des Faschismus darstellt, ist bestrebt, die Bevölkerung einerseits durch die Schaffung neuer Infrastruktur und Arbeitsplätze zu unterstützen und sie andererseits gleichzeitig mit Gewalt zu unterdrücken. Sprache ist in der Inszenierung des Nationalsozialismus hierbei von großer Bedeutung (vgl. Ehlich 1989:14ff.).

Ein zentrales Element der nationalsozialistischen Ideologie stellt die „Rassenreinheit“ dar; so gilt die „Reinhaltung der Rasse“ als oberstes Ziel, da das Überleben der „Rasse“ an die Stärke der „Rasse“ gebunden ist. Der Staat nimmt hierbei insofern eine zentrale Rolle ein, als dass er die Bedingungen für die Erhaltung der „Rasse“, zum Beispiel in Form von Ehegesetzen, schaffen soll. Zwischen den verschiedenen „Rassen“ herrscht laut der nationalsozialistischen Ideologie ein ständiger Kampf um Lebensraum, wobei dieser die wichtigste Beziehung der „Rassen“ untereinander darstellt, da alle „Rassen“ nur ein Ziel, das Wachstum der „Rasse“, verfolgen. Juden und Jüdinnen gelten als Hauptfeind der arischen „Rasse“, da sie für den Verfall Deutschlands verantwortlich seien (vgl. Pohlmann 1992:200ff.).

Der Führerkult kann als weiteres Grundelement der nationalsozialistischen Ideologie genannt werden. Der „Führer“ gilt hier als „genialer Schöpfer“ (Poliakov/Wulf 1959:56), welcher das deutsche Volk unter einer autoritären Führung zusammenfasst, aber dennoch selbst ein Teil des Volkes bleibt (ibid.:56ff.). Hitler ist aufgrund dessen, dass er die breite Masse des Volkes für sich gewonnen hat, der auserwählte „Führer“ und weiß, da er eine Funktion des Volkes ausübt, welche Wünsche und Bedürfnisse ebendieses hat (ibid.:65). So bekämpft er in seiner Rolle als „Führer“ die Ursachen für den Verfall Deutschlands und ist bereit, für das Wohl der Gemeinschaft sein Leben zu opfern, wobei dies in der Natur des „Ariers“/der „Arierin“ liegt (vgl. Pohlmann 1992:219).

Die „Volksgemeinschaft“ ist neben der „Rasse“ und dem „Führer“ ein zentraler Bestandteil des nationalsozialistischen Gedankenguts. So ist es die Pflicht jedes „Ariers“/jeder „Arierin“, die eigene Person für das Gemeinwohl zurückzustellen und nach der nationalsozialistischen Ideologie zu leben (vgl. Poliakov/Wulf 1959:27ff.). Alle Befehle des „Führers“ und anderer Autoritätspersonen sind uneingeschränkt auszuführen, da auch der

83 „Führer“ in seiner Rolle dem Volk treu ist und sich für das gemeinsame Ziel, die Erhaltung der „arischen Rasse“ und die Erweiterung des Lebensraumes, einsetzt. Die höchste Ehre für jeden „Arier“ ist es, für die Erhaltung seiner „Rasse“ und die Ewigkeit der Nation zu sterben, Frauen hingegen haben die Aufgabe, Kinder zu gebären, um das Überleben der „arischen Rasse“ zu sichern. Der Staat bzw. der „Führer“ hat das Recht in alle privaten Lebensbereiche einzugreifen, da jeder „Arier“/“Arierin“ verpflichtet ist, sein/ihr Leben in den Dienst des Staates zu stellen (ibid.:58ff.). Disziplin und Autoritätshörigkeit spielen eine große Rolle, und so hat auch die Erziehung der Kinder nach den Prinzipien des Nationalsozialismus oberster Priorität. Sowohl in Schulen als auch Hochschulen werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für den Krieg zur Erhaltung der „arischen Rasse“ ausgebildet (vgl. Pohlmann 1992:204).

„Rasse“, „Führer“ und „Volksgemeinschaft“ stellen die drei Grundprinzipien dar, auf welche die NS-Ideologie aufgebaut ist.

7.2.2. Institutioneller Rahmen Die autobiographischen Aufzeichnungen Höß’, welche kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in den Jahren 1946 und 1947 verfasst wurden, sind vom NS-Diskurs geprägt. Die Einstellung von Höß im Hinblick auf die nationalsozialistische Ideologie und die NS- Verbrechen tritt in den von ihm verfassten Texten deutlich hervor. Höß’ Diskursposition zeigt sich unter anderem im kalten und nüchternen Stil in der Beschreibung der in den Konzentrationslagern verübten Verbrechen und seiner Rechtfertigung, immer nur den Befehlen seiner Vorgesetzten und des „Führers“ gehandelt zu haben. Rudolf Höß ist bestrebt, sich auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges als perfekten, familienfreundlichen „Arier“ und Nationalsozialisten darzustellen und beruft sich in seinen Rechtfertigungen und Schilderungen auf die Grundelemente der nationalsozialistischen Ideologie. Rudolf Höß war in seiner Rolle als Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz aktiv am NS-Diskurs beteiligt und war auch nach der Kapitulation der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen bemüht, den NS-Diskurs aufrecht zu erhalten. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Diskursposition von Rudolf Höß in den englischen und der spanischen Übersetzung abgeschwächt wird.

7.2.3. Analyse der Diskursfragmente In der Feinanalyse werden nun unterschiedliche Diskursfragmente untersucht, um aufzuzeigen, dass sprachlich-rhetorische Mittel und inhaltlich-ideologische Aussagen, welche im Original vorhanden sind, in veränderter Form auftreten und somit ein verzerrtes Bild der NS-Verbrechen und der Diskursposition von Rudolf Höß vermittelt wird. Die

84 aufgezeigten Veränderungen und Unterschiede werden im Anschluss interpretiert, um die eingangs formulierte Hypothese überprüfen zu können. Wie bereits erwähnt, werden zur Analyse die von Martin Broszat editierte deutsche Ausgabe der Autobiographie (1. Spalte, O für Original), die von Constantine FitzGibbon angefertigte englische Übersetzung Commandant of Auschwitz (2. Spalte, Ü1), die von Andrew Pollinger angefertigte englische Übersetzung Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz (3. Spalte, Ü2) und die von Andrés Ma. Mateo angefertigte spanische Übersetzung El Comandante de Auschwit z (4. Spalte, Ü3) herangezogen.

Da neben dem „Führer“-Diskurs auch der politische Diskurs, der Sexualitätsdiskurs, der Kriegsdiskurs und der wirtschaftliche Diskurs als Diskursstränge des gesamtgesellschaftlichen NS-Diskurses eine bedeutende Rolle einnahmen, werden im Folgenden ausgewählte Diskursfragmente daraufhin untersucht, welche Elemente der genannten Diskursstränge in der Autobiographie Höß’ deutlich hervortreten. Es soll zudem auch aufgezeigt werden, inwiefern sich die verschiedenen Diskurse beeinflussen oder gegenseitig stützen.

7.2.3.1. Der „Führer“-Diskurs Wie bereits in Kapitel 7.2.2 erwähnt, spielte die Hingabe und Treue zum „Führer“ und jeglichen weiteren Autoritätspersonen eine wichtige Rolle im Nationalsozialismus. Aus diesem Grund soll in den folgenden Diskursfragmenten untersucht werden, inwiefern das „Führerprinzip“, welches im Originaltext oftmals zur Geltung kommt, in die Übersetzungen übertragen worden ist. Hierbei liegt der Schwerpunkt jedoch nicht auf den Führerkult um , sondern auf die Treue und Disziplin gegenüber anderen Autoritätspersonen.

Beispiel 1 Höß berichtet über die öffentliche Demütigung von vier SS-Angehörigen im Konzentrationslager Dachau, die Handel mit Häftlingen betrieben hatten. Eicke, der Inspekteur der Konzentrationslager, belehrte und ermahnte die anderen SS-Angehörigen, sich nicht an kriminellen Machenschaften zu beteiligen.

O: 84 Ü1: 68 Ü2: 83 Ü3: 65 Ein gleiches A similar fate would A similar fate Igual suerte Schicksal erwarte overtake anyone awaited anyone who esperaba a jeden, der sich mit who was caught got involved with the cualquiera que denen hinter dem having dealings with prisoners behind the fuese sorprendido Draht einlasse. […] the prisoners, […] barbed wire, […]Any en tratos con los Jegliches Mitleid mit Furthermore, it was compassion at all prisioneros,

85 „Staatsfeinden“ sei unworthy of an SS- toward the […]Además, era aber eines SS- man to feel pity for ENEMIES OF THE indignos de un Mannes unwürdig. ‘enemies of the STATE word be hombre de las SS […] Er könne nur State’. […] Only unworthy of an SS sentir compassion harte, entschlossene tough and soldier. […] He said por los “enemigos Männer gebrauchen, determined men he could use only del Estado”. […] die jedem Befehl were of any use to hard and Solamente los rücksichtslos him. It was not for determined men hombres brutales y gehorchten. Nicht nothing that they who would obey decididos valian. umsonst trügen sie wore the death´s every order, no ¡Por algo llevaban den Totenkopf und head badge and matter what the cost en su insignia la die stets scharf always kept their to themselves. They calavera y tenían geladene Waffe! weapon loaded! were not wearing siempre sus armas the skull insignia cargadas! and carrying a weapon for nothing.

Im deutschen Originaltext ist deutlich erkennbar, dass die Häftlinge im Konzentrationslager als „minderwertige“ Menschen eingestuft werden, was durch die Heraushebung des Wortes „denen“ noch zusätzlich betont wird. Die SS-Angehörigen sind den Häftlingen einerseits überlegen, da sie in ihrer Rolle als Aufseher, Blockführer, etc. die „Führung“ der Häftlinge übernehmen und andererseits aufgrund ihrer „Rasse“ höher gestellt sind. In der von FitzGibbon angefertigten Ü1 hingegen wird die Aussage Eickes mit der Übersetzung was caught having dealings with prisoners noch weiter konkretisiert und aufgrund der Neutralisierung durch die Übersetzung des Wortes denen mit prisoners und der Auslassung der Passage hinter dem Draht abgeschwächt. Auch in Ü2 und Ü3 wird Eickes Betonung der Autorität gegenüber den Häftlingen nicht übertragen und somit abgeschwächt.

Da die SS-Angehörigen auch „Führer“ sind, dürfen sie keine Schwäche und demnach auch kein Mitleid für die von Hitler als „Staatsfeinde“ bezeichneten Häftlinge haben. Eicke betont hier zudem noch, dass die SS-Angehörigen in Dachau auch ihrem „Führer“, welcher in diesem Zusammenhang Eicke selbst ist, bedingungslos gehorchen müssen. In Ü1 wird die Betonung auf die Vorbildfunktion der SS-Angehörigen und die bedingungslose Hörigkeit gegenüber dem „Führer“ und anderen Führungspersönlichkeiten, wie es scheint, zugunsten des Leseflusses nicht in die Übersetzung übernommen und tritt in der Übersetzung nicht hervor. In Ü2 hingegen wird diese durch die Heraushebung von ENEMIES OF THE STATE und der Bezeichnung der SS-Angehörigen als Soldaten, was absolute Disziplin der SS-Angehörigen impliziert, noch verstärkt. Hier ist jedoch auffallend, dass insbesondere jene Passage, in welcher die SS-Angehörigen im Original

86 zur Disziplin aufgerufen werden, in der Ü2 umgangssprachlich formuliert ist und somit nicht dem kalten, nüchternen Stil Höß’ entspricht. In der spanischen Übersetzung (Ü3) versucht Andrés Ma. Mateo die Betonung auf die bedingungslose Disziplin durch eine stärkere Heraushebung der Passage harte, entschlossene Männer zu erreichen. Diese Übersetzungslösung impliziert in gewisser Weise die im Original transportierte Botschaft, wobei hier davon ausgegangen werden kann, dass die Leser/Leserinnen diese aufgrund des fehlenden Hintergrundwissens nicht verstehen könnten, weil der im NS-Diskurs verankerte Führerkult hier nicht explizit angesprochen wird.

Beispiel 2 Rudolf Höß schildert seine Gedanken zur Errichtung des Konzentrationslagers Auschwitz und versucht seine Handlungen zu rechtfertigen, indem er mehrere Male betont, dass er nur die Befehle des „Führers“ ausgeführt hätte.

O: 186 Ü1: 145 Ü2: 153 Ü3: 155 Wenn der Führer If the Führer himself Since the Führer Cuando el Führer selbst die given the order for himself had ordered mismo había dado la „Endlösung der the ‚ of ‘The Final Solution orden de que “se Judenfrage“ the Jewish of the Jewish revolviese befohlen hatte, gab question‘, then, for a Question,” there definitivamente el es für einen alten veteran National- was no second problema judío”, un Nationalsozialisten Socialist and even guessing for an old nacional-socialista keine Überlegungen, more so for an SS National Socialist, de la vieja guardia, noch weniger für officer, there could much less an SS mucho más si se einen SS-Führer. be no question of officer. “Führer, you tratabe a mayor „Führer befiehl, wir considering its order. We obey” abundamiento de un folgen“ – war merits. ‘The Führer was not just a oficial de las SS, no keinesfalls eine commands, we phrase or a slogan. podía ponerse a Phrase, kein follow’ was never a It was meant to be discutir sus motivos. Schlagwort für uns. mere phrase or taken seriously. “El Führer manda, Es war bitter ernst slogan. It was meant nosotros gemeint. in bitter earnest. obedecemos” no fue jamás una frase o un lema vacío. Habia que interpretarlo en todo su rigor.

Im deutschen Originaltext tritt aufgrund dessen, dass Höß immer wieder betont, dem “Führer” bedingungslos und ohne Zweifel Folge leisten zu müssen, der “Führer”-Diskurs deutlich hervor. Weder ein Parteiangehöriger/eine Parteiangehörige noch ein SS- Angehöriger/eine SS-Angehörige, die als aktiv tätige Nationalsozialisten/

87 Nationalsozialistinnen im Dienst des Staates und somit im Dienst Hitlers standen, durften die Befehle des „Führers“ in Frage stellt. Sie mussten ihm stets mit Disziplin und Gehorsam gegenübertreten und waren dem „Führer“ zur Treue verpflichtet. In der von Constantine FitzGibbon angefertigten Übersetzung (Ü1) tritt wie auch im Original der „Führer“-Diskurs hervor, jedoch wird dieser aufgrund der eher erzählenden Sprache etwas abgeschwächt. Durch die Passagen there could not be a question of considering its merits und a mere phrase or slogan wird der Stil Höß’ zugunsten der leichteren Lesbarkeit des Textes nicht in die Übersetzung übernommen. In Ü2 werden die in diesem Diskursfragment enthaltenen Elemente des Führerkults, ähnlich wie in Ü1, aufgrund der Formulierung und des verwendeten Sprachregisters im Englischen nicht deutlich sichtbar. So lassen Passagen wie no second guessing for an old National Socialist und not just a phrase or a slogan sowie meant to be taken seriously den Text wie eine an jugendliche Leser/Leserinnen gerichtete Erzählung und nicht wie die nüchterne, eine die nationalsozialistische Ideologie verteidigende Schilderung von Verbrechen wirken. In der von Andrés Ma. Mateo angefertigten spanischen Übersetzung (Ü3) verliert die im deutschen Originaltext vorhandene Betonung des Gehorsams und der Treue gegenüber dem „Führer“ aufgrund der ausschweifenden Übersetzung der Textpassage erheblich an Bedeutung. Die Prägnanz und der kalte Stil, mit denen Höß seine Taten zu rechtfertigen versucht, werden somit stark abgeschwächt. Zudem wirkt die Übersetzung des Textabschnittes Endlösung der Judenfrage mit se revolviese definitivamente el problema judío eher relativierend, da dieser Begriff der NS-Ideologie im spanischsprachigen Raum als La solución final de la cuestión judía bekannt ist. Die von Mateo gewählte Übersetzungsvariante kann somit hier zu Verständnisschwierigkeiten bei den Lesern/Leserinnen führen. Aufgrund der zahlreichen Adaptierungen wird der im Originaltext sichtbare „Führer“-Diskurs nicht in Ü3 übertragen. Hier ist jedoch anzumerken, dass die vom Übersetzer vorgenommenen Ergänzungen nicht, wie offensichtlich gewollt, zum besseren Verständnis des Textes beitragen.

Beispiel 3 Höß begründet die bedingungslose Autoritätshörigkeit und Treue gegenüber dem „Führer“ und dem Reichsführer SS und führt diese auf die Ausbildung innerhalb der SS zurück. Gleichzeitig nennt er als Vorbild die Japaner/Japanerinnen, die ihrem Kaiser als Gott huldigten, und vergleicht die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen mit den Engländer/Engländerinnen, um somit die Stellung des „Führers“ als etwas Alltägliches darzustellen.

O: 187 Ü1: 145 Ü2: 154 Ü3: 156

88 Was der Führer What the Führer, or Whatever the Führer Lo que el Führer, o befahl bzw. für uns in our case his or Himmler ordered en nuestro caso el sein ihm second-in- was always right. Segundo después Nächststehender, command, the Even democratic de él, es decir el der RFSS – war Reichsführer SS, England has its Reichsführer de las immer richtig. Auch ordered was always saying, “My country, SS, dispusiese das demokratische right. right or wrong,” 74 estaba siempre England hat seinen Democratic England and every patriotic bien. Staatsgrundsatz: also has a basic Englishman follows También la „right or wrong – my nation concept: ‘My it. democrática country!“, dem jeder country, right or Inglaterra tiene un nationalbewußte wrong!’ and this is principio básico Engländer Folge adhered to by every nacional: “¡Por leistet. nationally-conscious encima de todo mi Englishman. país, tenga o no tenga razón!”; y así lo acata todo inglés que se considere 74 Höss wrote this in amante de su English. nacion.

In diesem Diskursfragment betont Höß wiederum, dass die Befehle des „Führers“ ohne Einschränkung zu befolgen sind und der „Führer“ in allen Belangen stets die richtige Entscheidung trifft. Zudem wird Himmler, der Reichsführer der SS, aufgrund dessen, dass er von Höß als jener Mann, der Hitler am Nächsten stand, bezeichnet wird, auf die selbe Stufe wie der „Führer“ gestellt. Durch die Betonung der Pflicht, dem „Führer“ und anderen Autoritätspersonen Folge zu leisten und Treue entgegenzubringen, wird hier der in der NS-Ideologie praktizierte Führerkult deutlich sichtbar. Um seine eigene Ergebenheit dem „Führer“ gegenüber zu rechtfertigen, zieht Höß das englische Motto Right or wrong – my country! zum Vergleich heran, um zu betonen, dass all seine Handlungen nur das Ziel hatten, sein Vaterland zu schützen. Weiters impliziert die Heranziehung dieses Mottos, dass die Verteidigung des Vaterlandes nicht nur im Dritten Reich, sondern sogar in einem demokratischen Land wie England für jeden Bürger/jede Bürgerin selbstverständlich war. Somit wird in diesem Diskursfragment die Bedeutung des Vaterlandes in den Vordergrund gestellt, sodass hier der in der nationalsozialistischen Ideologie vorherrschende politische Diskurs zu erkennen ist. So spricht Höß in diesem Diskursfragmente zwei verschiedene Kernelemente der nationalsozialistischen Ideologie an, sodass hier eine Diskursstrangverschränkung vorliegt.

In der englischen Erstübersetzung (Ü1) wird der Reichsführer SS durch die Übersetzung second-in-command zum Stellvertreter des „Führers“. In der nationalsozialistischen

89 Ideologie war die Staatsführung jedoch nur in der Hand einer Person, dem „Führer“, sodass hier der im deutschen Ausgangstext deutlich hervortretende Führerkult abgeschwächt wird. In der Übersetzung tritt jedoch die Opferbereitschaft für das Vaterland aufgrund der Veränderung der Passage Right or wrong - my country! zu My country, right or wrong! in den Vordergrund. Der Volksdiskurs tritt somit im Vergleich zum deutschen Original stärker hervor, während der „Führer“-Diskurs an Bedeutung verliert. In der von Andrew Pollinger angefertigten Übersetzung (Ü2) gehen die im deutschen Originaltext vorhandenen Elemente des NS-Diskurses weitestgehend verloren. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass der kalte, nüchterne Stil Höß’ durch eine jugendliche Sprache ersetzt wurde, was durch Formulierungen wie whatever , even , has its saying oder every patriotic Englishman follows it deutlich wird. Andererseits tritt die Opferbereitschaft für das Vaterland in den Hintergrund, da das im Originaltext hervorgehobene Nationalbewusstsein der Engländer als Patriotismus bezeichnet und somit abgeschwächt wird.

In der spanischen Übersetzung des Diskursfragmentes geht, aufgrund dessen, dass die im deutschen Ausgangstext enthaltenen Elemente des NS-Diskurses bereits in Ü1, auf deren Grundlage die spanische Übersetzung angefertigt wurde, abgeschwächt wurden, der „Führer“-Diskurs und der politische Diskurs nicht deutlich hervor. So verliert das englische Motto, mit dem Höß seine Aufopferung für das Dritte Reich rechtfertigte aufgrund der ausführlichen Übersetzung an Bedeutung. Weiters treten das Nationalbewusstsein und die darin implizierte Opferbereitschaft, welche im politischen Diskurs des NS-Regimes eine bedeutende Rolle spielte, durch die eher poetische Formulierung amante de su nación in den Hintergrund. Die Leser/Leserinnen erhalten somit einen verzerrten Einblick auf die nationalsozialistische Ideologie.

Beispiel 4 Höß beschreibt seine Flucht vor den Alliierten und schildert die Reaktion auf die Todesnachricht des „Führers“.

O: 222 Ü1: 171f. Ü2: 176 Ü3: 187 Unterwegs hörten On the way we While traveling we Según wir in einem heard, in a learned at one of marchabamos, Bauernhof, daß der farmhouse that the the farms that the oímos decir en una Führer tot sei. Als Führer was dead. Führer was dead granja que el Führer wir dies hörten, kam When we heard this, [April 30, había muerto. meiner Frau sowie my wife and I were 1945].When we Cuando mir gleichzeitig der simultaneously heard this, both my escuchamos

90 Gedanke: Jetzt struck by the same wife and I had the aquello, a mi esposa müssen auch wir thought. Now we, same thought: “Now se le ocurrió in gehen! Mit dem too, must go! With we too must go”” mediatamente el Führer war auch the Führer gone, our Our world had mismo pensamiento unsere Welt world had gone. perished with the que a mí: ¡Ahora untergegangen. Was there any point Führer. Was there debíamos Hatte es noch für in going on living? any sense for us to marcharnos también uns einen Sinn continue living? nosotros! Si el weiterzuleben? Führer había desaparecido, también quedaba desvanecido todo nuestro mundo. ¿Había algún motivo ya para seguir viviendo?

In diesem Diskursfragment wird im deutschen Originaltext deutlich, wie tief verankert der im Nationalsozialismus propagierte Führerkult innerhalb der Gesellschaft war. Der „Führer“, der an der Spitze des Staates stand und dennoch ein Teil des Volkes war, nahm in der nationalsozialistischen Ideologie eine fast göttliche Stellung ein. So scheint die Welt nach dem Tod des „Führers“ dem Untergang geweiht und die Situation des Volkes ausweglos zu sein. Um dem „Führer“ weiter die Treue halten zu können und das nationalsozialistische Bild weiter aufrecht zu erhalten, ist es für das treue „arische Volk“ selbstverständlich, den Freitod in Erwägung zu ziehen, um dem „Führer“ auch auf seinem letzten Weg zu folgen. Somit wird die Bedeutung des „Führer“-Diskurses als Teil des NS- Diskurses besonders deutlich hervorgehoben.

In der von Constantine FitzGibbon angefertigten Übersetzung (Ü1) verliert der im Original deutlich sichtbare Führerkult an Bedeutung. Während im deutschen Ausgangstext in jeder einzelnen Textpassage ein starker Bezug zum „Führer“ hergestellt wird, geht dies in der englischen Übersetzung aufgrund dessen, dass die verschiedenen Passagen nicht ineinander greifen, verloren. Weiters verharmlosen die Formulierungen our world had gone und was there any point in going on living? die im deutschen Originaltext sichtbare Verzweiflung Höß’. Die verzweifelte Beschreibung über den Tod des „Führers“ wirkt somit in der englischen Übersetzung eher wie eine belanglose Erzählung.

Die Wichtigkeit des „Führers“ und die ausweglose Situation aufgrund dessen Tod wird in der englischen Neuübersetzung (Ü2) deutlich sichtbar. Andrew Pollinger fertigt im Gegensatz zu den bereits behandelten Beispielen eine ausgangstextorientierte

91 Übersetzung an und fügt in Klammer das Todesdatum Adolf Hitler ein, um den Lesern/Leserinnen so zusätzliche Hintergrundinformationen zu liefern. Der Führerkult wird somit in der US-amerikanischen Übersetzung deutlich sichtbar.

In der spanischen Übersetzung (Ü3) wird wie in der englischen Erstübersetzung (Ü1) die Bedeutung des Führerkultes deutlich abgeschwächt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei der Lektüre der spanischen Übersetzung beim Leser/bei der Leserin das Gefühl entsteht, dass der Tod des „Führers“ und die Verzweiflung Höß’ und seiner Frau im Vergleich zur Flucht vor den Alliierten an Bedeutung verliert. Hier wird vermittelt, dass nicht der „Führer“ und das Fortbestehen des Staates, sondern das eigene Überleben höchste Priorität hat. Der „Führer“-Diskurs wird somit in den Hintergrund gestellt.

7.2.3.2. Der politische Diskurs In der nationalsozialistischen Ideologie nahm neben dem „Führer“ auch der Staat eine besondere Rolle ein. So sollten alle „Arier“/“Arierinnen“ stets bereit sein, sich für die „Ewigkeit der Nation“ und die Erweiterung des Staatsgebietes einsetzen, um somit das Überleben der „arischen Rasse“ zu sichern.

Beispiel 5 Höß berichtet ausführlich über die Anhänger/Anhängerinnen der Zeugen Jehovas, die im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert waren. In diesem Zusammenhang weist er auch darauf hin, dass der Glaube der Anhänger/Anhängerinnen dieser Religionsgemeinschaft ein Vorbild für alle SS-Angehörigen sein sollte.

O: 114 Ü1: 91 Ü2: 104 Ü3: 92 Bei vielen On many occasions On many occasions Muchas veces Gelegenheiten Himmler, as well as Himmler, as well as Himmler y también wiesen Himmler Eicke, used the Eicke, referred Eicke utilizaron sowie Eicke immer fanatical faith of repeatedly to the como ejemplo esta wieder auf diesen Jehova´s Witnesses fanatical faith of the fe fanática de los gläubigen as an example. Jehova´s Testigos de Jehová. Fanatismus der SS-men must have Witnesses as an Los camisas negras Bibelforscher hin als the same fanatical example to the SS. debían de tener la Vorbild. Genauso and unshakeable Just as fanatically misma fe fanatisch, so faith in the National and unshakably as inquebrantable y unerschütterlich wie Socialist ideal and in the Jehovah´s fanática en el ideal der Bibelforscher an Adolf Hitler that the Witnesses believed nacional socialista y Jehova glaubte, Witnesses had in in Jehovah, that´s en Adolf Hitler. Sólo genau so müsse der Jehova. Only when exactly how an SS cuando los hombres SS-Mann an die Idee all SS-men believed man must believe in de las SS llegasen a

92 des as fanatically in their the idea of National un grado análogo de Nationalsozialismus, own philosophy Socialism and Adolf fanatismo en su an Adolf Hitler would Adolf Hitler´s Hitler. Only when all filosofía, estaría glauben. Erst wenn State be SS men would permanentemente alle SS-Männer permanently secure. become such seguro el Estado de solch gläubige A Weltanschauung 1 believing fanatics Adolfo Hitler. Sólo Fanatiker ihrer could only be would the state of los fanáticos Weltanschauung established and Adolf Hitler be absoulutamente geworden wären, permanently secure far into the dispuestos a wäre der Staat Adolf maintained by future. Only by sacrificar sus Hitlers auf die Dauer fanatics utterly fanatics who were personas e ideales gesichert. Nur durch prepared to sacrifice willing to give por la causa podían Fanatiker, die gewillt their egos for their themselves establecer una sind, ihr Ich ganz ideals. completely for the Weltanschauung 27 y aufzugeben für die idea could a arraigarla para Idee, könne eine philosophy be siempre dentro de sí Weltanschauung carried and mismo. getragen und auf die maintained far into Dauer gehalten 1Weltanschauung : future. 27 Weltanschauung : werden. literally, ‘attitude literalmente “actitud towards the world’ hacia el mundo”

Fanatismus bzw. „fanatischer“ Glauben ist in der nationalsozialistischen Ideologie keineswegs negativ, sondern positiv aufzufassen. Aus diesem Grund hebt Höß an dieser Stelle hervor, dass sowohl Himmler, der Reichsführer SS, als auch Eicke, der Inspekteur der Konzentrationslager, den „fanatischen“ Glauben der Zeugen/Zeuginnen Jehovas wiederholt als Vorbild für alle SS-Angehörigen heranzogen. Jeder/jede SS-Angehörige sollte für die nationalsozialistische Weltanschauung und somit auch für den „Führer“ leben. Die Bezeichnung des Dritten Reiches als Staat Adolf Hitlers impliziert, dass Adolf Hitler in der nationalsozialistischen Weltanschauung nicht das Staatsoberhaupt, sondern der Staat selbst ist. Die Personifizierung des Staates stellt eines der wichtigsten Elemente des politischen Diskurses im Nationalsozialismus dar. In diesem Diskursfragment wird jedoch nicht nur der politische Diskurs, sondern durch die Verherrlichung der Person des „Führers“ auch der „Führer“-Diskurs deutlich sichtbar. Weiters wird hier, wie auch an vielen anderen Stellen der Autobiographie, betont, dass jeder/jede SS-Angehörige, verpflichtet ist, sein Leben für die „Ewigkeit der Deutschen Nation“ und somit für das Gemeinwohl des Volkes zu opfern. So liegt hier in diesem Diskursfragment aufgrund dessen, dass sowohl Elemente des „Führer“-Diskurses, des politischen Diskurses als auch des Volksdiskurses vorhanden sind, eine starke Diskursstrangverschränkung vor.

In der von Constantine FitzGibbon angefertigten englischen Übersetzung (Ü1) werden sowohl der politische und der „Führer“-Diskurs als auch der Volksdiskurs deutlich

93 abgeschwächt. Die positive Konnotation des „fanatischen“ Glaubens geht durch die Übersetzungen the same […] fanatical faith, believed as fanatically in their own philosophy und maintained by fanatics verloren; durch die Übersetzung erscheint der Fanatismus negativ behaftet. Weiters wird die Bedeutung der nationalsozialistischen Weltanschauung aufgrund dessen, dass sie in der englischen Übersetzung auch als Philosophie bezeichnet wird, deutlich abgeschwächt. Die Fußnote zur Erklärung des Wortes „Weltanschauung“ sollte den Lesern/Leserinnen einen Einblick in die Bedeutung dieses Wortes in der nationalsozialistischen Ideologie geben. Da der Übersetzer das Wort jedoch nur wortwörtlich ins Englische überträgt, ist es den Lesern/Leserinnen aufgrund des fehlenden Hintergrundwissens nicht möglich, die Bedeutung des dahinterstehenden Konzeptes zu verstehen. Weiters geht die im Original in der Phrase […] Weltanschauung auf Dauer getragen werden implizierte „Ewigkeit der Deutschen Nation“ in Ü1 vollkommen verloren. Es scheint, dass der Übersetzer den hier eingebundenen politischen Diskurs nicht erkannt und somit nicht in die Übersetzung übertragen hat. Der im Originaltext sichtbare politische Diskurs wird somit erheblich abgeschwächt. Die Abschwächung des politischen Diskurses zieht hier aufgrund dessen, dass sich die Diskursstränge des politischen und des „Führer“-Diskurses im deutschen Original stark aufeinander stützen, auch die Abschwächung des „Führer“-Diskurses nach sich. Zusätzlich geht durch die Formulierung to sacrifice their egos for their ideals die Pflicht jedes „Ariers“/jeder „Arierin“, sich für das Gemeinwohl des Volkes und den Erfolg des Staates einzusetzen, gänzlich verloren. Hier wirft die Übersetzung Interpretationsmöglichkeit seitens des Lesers/der Leserin auf, da nicht explizit aus dem Text hervorgeht, dass sich die hier genannten Ideale auf die nationalsozialistische Weltanschauung und nicht auf die individuellen Ideale der Bürger/Bürgerinnen beziehen. Somit tritt in dieser Übersetzung der im Original deutlich erkennbare Volksdiskurs nicht hervor. Es scheint, dass Constantine FitzGibbon, wie auch in Beispiel 1, die im Ausgangstext enthaltenen Informationen nicht in die Übersetzung übernahm, um den Lesefluss zu verbessern.

In der von Andrew Pollinger angefertigten US-amerikanischen Übersetzung (Ü2) wird die positive Konnotation, welche in der nationalsozialistischen Ideologie mit dem Wort „fanatisch“ verbunden wird, nicht in die Übersetzung übertragen. Weiters wird das Wort „Weltanschauung“, ähnlich wie in Ü1, mit philosophy übersetzt, sodass hier die Bedeutung und das dahinterstehende Konzept verloren gehen. Mit der Übersetzung der Passage […] Weltanschauung auf Dauer getragen werden mit […] maintained far into future wird zudem auch die im deutschen Ausgangstext implizierte „Ewigkeit der deutschen Nation“ nicht in die Übersetzung übertragen. Wie bei Ü1, tritt auch hier aufgrund dessen, dass der politische Diskurs abgeschwächt wird, der implizierte „Führer“-

94 Diskurs nicht sehr deutlich hervor. Weiters wird auch hier der Pflicht jedes Bürgers/jeder Bürgerin, sein/ihr Leben für das Wohl des Volkes und Staates zu opfern, durch die Formulierung give themselves completely for the idea weniger Bedeutung zugeschrieben. Aus diesem Grund tritt auch der Volksdiskurs in der US-amerikanischen Übersetzung in den Hintergrund. Neben der Veränderung der Diskursposition Höß’ ist auch auffallend, dass die Übersetzung in einer eher jugendlichen Sprache angefertigt wurde, was durch Formulierungen wie referred repeatedly, that´s exactly how an SS man must believe , would become such fanatics , be secure far into the future erkennbar ist.

Wie auch in den englischen Übersetzungen wird der positiv besetzte „Fanatismus“ nicht in die spanische Übersetzung übertragen. Aufgrund dessen, dass Glaube und Religion im spanischsprachigen Raum von großer Bedeutung sind, wirkt die Übersetzung fe fanática viel negativer als im englischen Ausgangstext (Ü1). Weiters treten in Ü3 die Idee und das Konzept der nationalsozialistischen Weltanschauung aufgrund der Übersetzung ideal nacional socialista und filosofía in den Hintergrund. Zur Erklärung des Wortes „Weltanschauung“ wird die Fußnote aus dem englischen Ausgangstext übernommen, wobei diese für die Lesern/Leserinnen, wie auch in Ü1, aufgrund der wortwörtlichen Übertragung ins Spanische keine Unterstützung beim Verständnis des Textes bietet. Da die Übersetzung auf Grundlage der von FitzGibbon angefertigten englischen Übersetzung angefertigt wurde, in welcher die im Original implizierte Opferbereitschaft jedes „Ariers“/jeder „Arierin“ nicht übertragen wurde, tritt dieses Element der nationalsozialistischen Ideologie auch in Ü3 nicht deutlich hervor. Weiters lässt die spanische Übersetzung, wie auch Ü1, Interpretationsmöglichkeit seitens der Leser/Leserinnen zu. Die im Nationalsozialismus vorgesehene „Ewigkeit der Deutschen Nation“ hingegen tritt durch die Übersetzung arraigarla para siempre dentro de sí mismo im Gegensatz zum englischen Ausgangstext jedoch deutlich hervor. Da die Übersetzung aus dem Englischen angefertigt wurde, und in dieser sowohl der politische Diskurs und „Führer“-Diskurs als auch der Volksdiskurs im Vergleich zum deutschsprachigen Originaltext bereits abgeschwächt wurde, treten diese Diskursstränge und somit auch die Diskursstrangverschränkungen auch in der spanischen Übersetzung in den Hintergrund. Auffallend ist hier jedoch, dass in der spanischen Übersetzung das Verständnis des Textes nicht nur aufgrund dessen, dass das Konzept der nationalsozialistischen Ideologie nicht erläutert wird, sondern auch durch die Passage camisas negras erschwert wird. Die SS-Männer wurden auch „Schwarzhemden“, im Spanischen camisas negras, genannt. Diese Wortwahl ist problematisch, da der Übersetzer offensichtlich davon ausgeht, dass die Leser/Leserinnen den selben Wissensstand über den Nationalsozialismus wie er selbst haben und diese Bezeichnung allen Lesern/Leserinnen bekannt sein müsste. Dies

95 kann jedoch dazu führen, dass die Leser/Leserinnen den Text aufgrund ihres fehlenden Hintergrundwissens nicht verstehen.

Wie aus der Analyse ersichtlich, werden die im Text implizierten Elemente des NS- Diskurses in den Übersetzungen dieses Diskursfragmentes stark abgeschwächt, was zur Folge hat, dass sich in den Übersetzungen auch die Diskursposition Höß’ verändert und der kalte, nüchterne Stil des Autors nicht in die Übersetzungen übertragen wird.

Beispiel 6 Höß schildert, dass er aufgrund der Befehle des Inspekteurs der Konzentrationslager, Theodor Eicke, Überlegungen anstellte, den Dienst bei der SS zu quittieren. Er besinnt sich jedoch auf die Notwendigkeit der Konzentrationslager und rechtfertigt seine Entscheidung, im aktiven Dienst der SS zu bleiben mit der Überlegung, dass das Volk vor dem Verhalten von Menschen, die nicht dem Ideal der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen entsprachen, beschützt werden müsse.

O: 101 Ü1: 81 Ü2: 96 Ü3: 80 Als alter As a National As an old-time Como nacional Nationalsozialist war Socialist of long member of the Nazi socialista ya muy ich von der standing, I was Party, I believed in antiguo, estaba Notwendigkeit eines convinced of the the need for the convencido de la KL fest überzeugt. need for a concentration necesidad de un Wirkliche Gegner concentration camp. camps. The real campo de des Staates mußten True opponents of ENEMIES OF THE concentración. sicher verwahrt, the State had to be STATE had to be Los auténticos Asozialen und securely locked up; put away safely; the enemigos del Berufsverbrechern, and a-socials and asocials and the Estado tenían que die nach den bisher professional professional ser puestos a buen bestehende criminals, who under criminals who could recaudo; y los Gesetzen nicht the law as it then not be locked up elementos asociales festgesetzt werden stood could not be under the prevailing y los profesionales konnten, mußte die imprisoned, must be laws had to lose del crimen, que no Freiheit entzogen deprived of their their freedom in podían ser metidos werden, um das Volk freedom in order to order to protect the en la cárcel en virtud vor ihrem safeguard the rest of people from their de las leyes schädigenden the people from their destructive vigentes debían ser Verhalten zu devil deeds. behaviour. privados de su schützen. libertad para que el resto del pueblo quedase a salvo de sus fechorías.

96 Der Staat und das deutsche Volk spielten in der nationalsozialistischen Ideologie eine entscheidende Rolle. So wurden jegliche Verbrechen damit begründet, den Staat und somit in weiterer Folge auch das Volk vor Menschen, die aus Sicht der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen die Sicherheit des Staats und somit die „Erhaltung der arischen Rasse“ gefährdeten, schützen zu müssen. Bürger/Bürgerinnen, die nicht den nationalsozialistischen Idealen entsprachen oder die Führung der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen nicht akzeptierten, wurden in Gefangenschaft genommen, um somit die Verbreitung „falschen“ Gedankenguts und Verhaltens zu verhindern. Die Obrigkeit des Staates und die Rechtfertigung, das Volk mit den gesetzten Handlungen vor Unrecht und „Volksschädlingen“ zu schützen, stellen grundlegende Elemente der nationalsozialistischen Ideologie dar, die den damals vorherrschenden politischen Diskurs unterstützen. Wie sehr die „Notwendigkeit“ der Konzentrationslager und somit die Vernichtung der „Volksfeinde“ in der Gesellschaft verankert war, wird in diesem Diskursfragment sichtbar.

In der britischen Übersetzung tritt der Nachdruck, mit dem die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen ihre Ziele verfolgten, aufgrund der von Constantine FitzGibbon verwendeten Formulierungen, die die Autobiographie eher wie eine Erzählung wirken lassen, in den Hintergrund. Zwar versucht der Übersetzer in den Passagen had to be securely locked u p und safeguard the rest of the people from their devil deeds den Umgang und die Einstellung der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen gegenüber Verbrechern und „Asozialen“ hervorzuheben, dennoch wird der im Originaltext deutlich sichtbare politische Diskurs abgeschwächt.

Die von Andrew Pollinger angefertigte US-amerikanische Übersetzung (Ü2) versucht die Stellung der „Staatsfeinde“ des NS-Regimes durch Hervorhebung zu betonen. Der im NS- Regime vorherrschende politische Diskurs tritt jedoch aufgrund des verwendeten Sprachregisters nicht so deutlich hervor wie im deutschen Original. Die Passagen to be put away safely und could not be locked up sowie had to lose their freedom spiegeln die Härte und Prägnanz, mit der Höß die Notwendigkeit der Konzentrationslager beschreibt, nicht wider. Die Einstellung der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen gegenüber den von Höß beschriebenen Gesellschaftsgruppen und die Betonung auf den Schutz der „Volksgemeinschaft“ treten aufgrund der in einer eher modernen Sprache angefertigten Übersetzung nicht deutlich hervor.

97 Die spanische Übersetzung (Ü2) schwächt die im Originaltext vorhandenen Elemente der nationalsozialistischen Ideologie ab, obwohl der Übersetzer durch Formulierungen wie los elementos asociales versuchte, Höß’ Einstellung zu bekräftigen. Dennoch tritt der politische Diskurs in diesem Diskursfragment nicht deutlich hervor, was möglicherweise auch darauf zurückzuführen ist, dass es sich bei der spanischen Übersetzung um eine indirekte Übersetzung aus dem Englischen handelt und die im deutschen Originaltext enthaltenen Grundprinzipien der nationalsozialistischen Ideologie schon bei der Anfertigung der englischen Übersetzung verloren gingen. Diese Überlegung trifft jedoch nicht nur bei diesem, sondern auch allen anderen analysierten Diskursfragmenten zu. Für Leser/Leserinnen kann das Verständnis des Textes insofern problematisch sein, da aufgrund der sprachlichen Änderungen der harte Umgang mit Berufsverbrechern und „Asozialen“ in einer eher erzählenden Sprache vermittelt wird.

7.2.3.3. Der Sexualitätsdiskurs Neben Juden und Jüdinnen, der politischen Opposition, Roma und Sinti und vielen weiteren Bevölkerungsgruppen, die nicht dem nationalsozialistischen Ideal entsprachen oder als „Staatsfeinde“ galten, wurden im NS-Regime auch Homosexuelle verfolgt. Da die Familie in der nationalsozialistischen Ideologie eine wichtige Rolle spielte und Homosexuelle nicht zur „Erhaltung der Rasse“ beitrugen und die gleichgeschlechtliche Liebe in der Gesellschaft nicht akzeptiert wurde, wurden Homosexuelle als „asozial“ eingestuft und zur „Umerziehung“ in Arbeitslager und Konzentrationslager deportiert.

Beispiel 7 Höß berichtet über Homosexuelle im Konzentrationslager Sachsenhausen und schildert den Umgang und die „Umerziehungspraktiken“ der Nationalsozialisten/ Nationalsozialistinnen.

O: 117f. Ü1: 92ff. Ü2: 106ff. Ü3: 94ff. Vor der Olympiade During the Olympic Before the [1936] Durante los Juegos wurden in Games the beggars Olympic Games the Olímpicos fueron Deutschland nicht and tramps were streets were retirados de las nur die Straßen von cleared off the cleaned of beggars calles los mendigos Bettlern und streets and put in and bums, who y vagabundos, para Landstreichern work-houses and incidentally were ser internados en gesäubert, die zur concentration sent for re-education casas de labor y Erziehung in camps, and at the to the workhouses campos de Arbeitshäuser oder same time the many or the concentration concentración; in die KL wanderten, prostitutes and camps, and also all también las es wurden auch die homosexuals were the prostitutes and numersosas

98 Städte und die rounded up in the homosexuals were prostitutas y Bäder von den allzu towns and at the removed from the homosexuales que vielen Prostituierten bathing-places. […] cities and pululaban por las und den The effect of hard bathhouses. […] ciudades y en los Homosexuellen work, which was Depending on the balnearios fueron bereinigt. […] supposed to make kind of person the detenidos. Die Wirkung der them ‚normal‘ again, homosexual was, Los efectos de aquel schweren Arbeit, varied greatly the heavy work, trabajo duro, del que durch die sie wieder according to the which was se esperaba que „normal“ werden different types of supposed to make fuse capaz de sollten, war, den homosexuals. It had him “normal” again, hacerlos volver a la verschiedenen Arten its most salutary had a varying effect normalidad, eran der Homosexuellen effect on the on him. The purpose muy distintos según entsprechend, Strichjungen. of this kind of work los diferentes tipos unterschiedlich. Am had visible results de homosexuales. zweckdienlichsten with the Producía los und wirklich sichtbar “Strichjunge”. resultados más wirkte sich die Arbeit beneficiosos y bei den saludables en los „Strichjungen“ aus. Strichjungen .

Höß beschreibt den Umgang der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen mit Homosexuellen im NS-Jargon. So verwendet er im NS-Jargon typische Redewendungen wie zum Beispiel säubern und in Arbeits- und KL wandern . Euphemismen waren in der Sprache der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen vor allem bei der Schilderung der begangenen Verbrechen, die zur „Erweiterung des deutschen Lebensraumes“ und der „Erhaltung der arischen Rasse“ dienten, üblich. In diesem Diskursfragment treten die Einstellung und der Umgang mit Homosexuellen und somit der im NS-Regime vorherrschende Sexualitätsdiskurs deutlich hervor. In der englischen Erstübersetzung (Ü1) wird der von Höß verwendete NS-Jargon neutralisiert, und durch die eher „erzählende“ Sprache wird die Prägnanz, mit der Höß den Umgang mit Homosexuellen schildert, deutlich abgeschwächt. Der Übersetzer FitzGibbon verharmlost die Schilderung und somit auch den kalten, nüchternen Stil Höß’ und bewirkt somit, dass der Text eher als eine harmlose Erzählung belangloser Tätigkeiten als die nüchterne Schilderung des Umgangs mit Homosexuellen empfunden wird. In Ü2 werden dem Leser/der Leserin durch verschiedene Ergänzungen, wie zum Beispiel das Veranstaltungsjahr der Olympischen Spiele und den Zweck der Deportation in Arbeits- und Konzentrationslager, die „Umerziehung“ homosexueller Menschen, zusätzliche Informationen geliefert, welche das Verständnis des Textes erleichtern sollen. Weiters ist die englische Zweitübersetzung in einer Art Jugendslang verfass, sodass der kalte, nüchterne Stil Höß’ verloren geht und die im NS-Regime übliche Umgangsweise mit Homosexuellen verharmlost wird. Der

99 Übersetzer der spanischen Übersetzung (Ü3), Andrés Ma. Mateo, hingegen übernahm den Stil Höß’ in die Übersetzung, sodass auch in der Übersetzung die Art und Weise des brutalen Umgangs mit Homosexuellen im NS-Regime deutlich sichtbar ist. Somit wird der im deutschen Original hervortretende Sexualitätsdiskurs in die Übersetzung übertragen. Der im deutschen Originaltext auftretend Sexualitätsdiskurs wird sowohl in den beiden englischen, als auch der spanischen Übersetzungen abgeschwächt, sodass hier ein verzerrtes Bild der nationalsozialistischen Ideologie vermittelt wird. Weiters wird auch die Diskursposition Höß aufgrund der vorgenommen Adaptierungen grundsätzlich verändert.

7.2.3.4. Der Kriegsdiskurs Der Krieg nahm in der nationalsozialistischen Ideologie eine besondere Rolle ein, da nur durch Krieg zwischen den „Rassen“ der Lebensraum für die „arische Rasse“ erweitert werden soll und somit die Erhaltung der „arischen Rasse“ gesichert werden sollte. Dies reichte sogar soweit, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Schulen und Universitäten eine straff militärische, auf den Krieg ausgerichtete Ausbildung erfuhren.

Beispiel 8 Der Kommandant berichtet über die „Schwierigkeiten“, die er aufgrund des Krieges im Konzentrationslager Auschwitz erleben musste. Im Zuge dessen schildert er die Anforderungen, die der Reichsführer SS Himmler, an die SS-Angehörigen und die Bevölkerung, hatte.

O: 185 Ü1: 144 Ü2: 152 Ü3: 154 Der RFSS verlangte The Reichsführer Himmler demanded El Reichsführer de Pflichterfüllung, SS required every that each SS man la SS exigía que Einsatz der ganzen man to do his duty perform his duty. But cada uno cumpliese Person bis zur and if necessary to more than that, he con su deber y Selbstaufgabe. sacrifice himself demanded that each hasta, si fuese Jeder in entirely in so doing. SS man be willing to necesario, se Deutschland hatte Every German had sacrifice himself sacrificase sich voll und ganz to commit himself completely in totalmente a estos einzusetzen, daß wir heart and soul so performing it, if fines. Todo alemán den Krieg gewinnen that we might win necessary. tenía que konnten. Nach dem the war. Everyone in entregarse en Willen des RFSS Germany had to cuerpo y alma para waren die KL zur give 100 percent so que pudiésemos Rüstungsfertigung that we could win ganar la guerra. eingesetzt. Ihr war the war. Himmler alles andere ordered that the unterzuordnen. Alle concentration camps Rücksichten mußten be made to

100 fallen. manufacture war materials. Everything else came second. All other considerations had to be swept aside.

Im deutschen Originaltext wird deutlich, dass die Erfüllung der Pflichten und die damit einhergehende Disziplin für jede/jeden SS-Angehörigen oberste Priorität hatte und die eigene Person hinter das Wohl des Staates und der Gemeinschaft gestellt werden musste. In diesem Diskursfragment wird wiederum sowohl der „Führer“-Diskurs als auch der Volksdiskurs deutlich. Um das Ziel, die „Erweiterung des Lebensraumes“ für die „arische Rasse“ und die Vernichtung „niedrigerer Rassen“ zu erreichen, forderten Hitler und seine Führungsriege, dass jeder „Arier“/jede „Arierin sein Leben für die Gemeinschaft und für den Krieg opfere. Die Konzentrationslager, die anfangs nur der Internierung von „Staatsfeinden“ und als Arbeitslager dienten, wurden durch den Einsatz der Häftlinge in der Rüstungsindustrie stark in das Kriegsgeschehen eingebunden. Der Erfolg des Krieges war aus Sicht der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen maßgeblich für die Erhaltung der „arischen Rasse“. Hier wird somit der im NS-Regime vorherrschende Kriegsdiskurs sichtbar. Die in diesem Diskursfragment vorhandenen Elemente des „Führer“-Diskurses und des Kriegsdiskurses stützen sich gegenseitig, sodass der NS-Diskurs noch zusätzlich verstärkt wird.

In der englischen Erstübersetzung wird der im Original deutlich hervortretende „Führer“- und Volksdiskurs durch die eher erzählende Sprache abgeschwächt. Die Kernelemente Disziplin, Gehorsam und Opferbereitschaft werden aufgrund der eher poetischen Formulierung commit himself heart and soul in den Hintergrund gerückt. Die Übersetzung der Passage jeder in Deutschland mit every German schwächt zudem die Betonung der Autoritätshörigkeit aller Menschen ab, da jeder in Deutschland auch die Häftlinge in den Konzentrationslagern einschließt, denen als „Staatsfeinde“ oder Feinde der „arischen Rasse“ die Staatsbürgerschaft abgesprochen wurde. Weiters geht die im Originaltext explizit angesprochene Bedeutung des Krieges aufgrund dessen, dass in der Übersetzung die letzten beiden Sätze ausgespart wurden, in der Übersetzung nicht hervor. Somit wird in Ü1 neben dem „Führer“- und Volksdiskurs auch der Kriegsdiskurs stark abgeschwächt. Die von FitzGibbon gewählten poetischen Formulierungen erinnern eher an eine Erzählung als an die nüchterne Schilderung des Lebens eines Mannes, der für die Ermordung von Millionen von Menschen verantwortlich war.

101 In der US-amerikanischen Übersetzung geht die Bedeutung der Disziplin und der Autoritätshörigkeit und somit der „Führer“- und Volksdiskurs hervor, jedoch wurde die Übersetzung in einer eher erklärenden, jugendlichen Sprache verfasst. Aufgrund dieser Adaptierungen zugunsten des Textverständnisses wird auch der kalte, nüchterne Stil Höß’ nicht in die Übersetzung übertragen, sodass die Diskursposition Höß’ stark verändert wird. Weiters ist dieses Diskursfragment aufgrund der zahlreichen Ergänzungen, die die Bedeutung der im Text enthaltenen Kernelemente der nationalsozialistischen Ideologie verdeutlichen sollen, viel länger als der deutsche Originaltext und die anderen beiden Übersetzungen. Den Lesern/Leserinnen wird mittels der durchgeführten Adaptierungen und Ergänzungen die Wichtigkeit der im Text beschriebenen Sachverhalte vor Augen geführt.

Da die spanische Übersetzung auf Grundlage der englischen Erstübersetzung (Ü1) angefertigt wurde, werden auch hier die Kernelemente des „Führer“- und Volksdiskurses abgeschwächt. Aufgrund dessen, dass jene Passage, in der die Wichtigkeit des Krieges betont wird, im englischen Ausgangstext nicht vorhanden ist, konnte diese auch nicht ins Spanische übersetzt werden. Somit wird der in diesem Diskursfragment implizierte Kriegsdiskurs stark abgeschwächt. Weiters scheint es möglich, dass die Formulierung se sacrificase totalmente a estos fines bei den Lesern/Leserinnen Verständnisschwierigkeiten aufwerfen könnte, weil in diesem Teil des Diskursfragmentes keine Hinweise gegeben werden, welches Ziel durch die Erfüllung der Pflicht erreicht werden soll. Hier kann somit davon ausgegangen werden, dass der Übersetzer Andrés Ma. Mateo bei den Lesern/Leserinnen ein gewisses Hintergrundwissen voraussetzt, um die Bedeutung dieser Formulierung verstehen zu können.

Die im deutschen Originaltext enthaltenen Elemente des „Führer“-, Volks- und Kriegsdiskurses, die in der nationalsozialistischen Ideologie von großer Bedeutung waren, werden sowohl in den beiden englischen als auch in der spanischen Übersetzung stark abgeschwächt, sodass in weiterer Folge in den Übersetzungen auch die Diskursposition Höß’ grundlegend verändert wird.

7.2.3.5. Der wirtschaftliche Diskurs In der nationalsozialistischen Ideologie spielte der Begriff Arbeit eine wesentliche Rolle, was auch aus der Parteibezeichnung Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschland hervorgeht. So war jeder Bürger/jede Bürgerin verpflichtet, seinen/ihren Beitrag leisten, um die Wirtschaft des NS-Regimes voranzutreiben. Weiters versuchten die

102 Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen jene Menschen, die laut der nationalsozialistischen Ideologie als „asozial“ galten, mittels Zwangsarbeit zu „erziehen“.

Beispiel 9 Höß berichtet, dass er aufgrund seiner Erfahrungen und Menschenkenntnis der Meinung ist, dass Arbeit im Leben eines Häftlings eine wichtige Rolle einnehmen kann und beschreibt diese als ein Grundbedürfnis jedes Häftlings.

O: 93 Ü1:75 Ü2: 91 Ü3: 74 Jedem gesunden To every healthy Work is a necessity Para todo Gefangenen, in prisoner, in normal and satisfies an prisionero, y en normalen circumstances, work inner need for every circunstancias Verhältnissen, ist die is a necessity, and healthy prisoner in normales, el trabajo Arbeit ein Bedürfnis, satisfies an inner normal es una necesidad y eine innere need. This does not circumstances. But satisface una Notwendigkeit. apply to notorious for blatantly lazy existencia interior. Notorischen idlers and loafers people, loafers, and Esto no ocurre con Faulenzern, and other types of a- other asocial los holgazanes Tagedieben und social spongers; parasites, it isn´t. empedernidos, los sonstigen asozialen they can vegetate They can continue zánganos y otros Schmarotzern quite happily without to vegetate very well tipos de parásitos allerdings nicht, sie work, and without without work without asociales; porque können ganz gut thereby doing any the slightest mental los hombres de esta ohne Arbeit harm to their souls. anguish. ralea puede vegetar weitervegetieren. y sentirse felices sin trabajar, y sin que la vagancia haga daño a su alma.

Da Arbeit in der nationalsozialistischen Ideologie einen besonderen Stellenwert einnimmt, geht Höß davon aus, dass Arbeit ein menschliches Grundbedürfnis ist, sofern der Häftling keine gesundheitlichen Beschwerden hat. Menschen, die nicht arbeitswillig sind, werden von den Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen als „Schmarotzer“ und „Asoziale“ betrachtet. „Schmarotzer“ und „Asoziale“ können jedoch kein erfülltes Leben führen, da ein Leben ohne Arbeit aus Sicht der nationalsozialistischen Ideologie „lebensunwert“ ist. Die nationalsozialistische Einstellung zur Arbeit, welche ein wichtiges Element des wirtschaftlichen Diskurses darstellt, ist in diesem Diskursfragment deutlich erkennbar.

In Ü1 geht wie im deutschen Ausgangstext der Stellenwert der Arbeit in der NS-Ideologie deutlich hervor, wobei hier anzumerken ist, dass dies nur im ersten Teil des vorliegenden Diskursfragmentes zutrifft. Im zweiten Teil wird die Bedeutung der Arbeit nur durch die

103 Ergänzung von type of a-social spongers noch weiter hervorgehoben. Jedoch erweiterte der Übersetzer Constantine FitzGibbon einige Passagen wie zum Beispiel can vegetate quite happily oder without doing any harm to their soul , sodass hier der Lesefluss verbessert wird. Durch die Ergänzungen kann der Text Höß’ eher dem Genre der Autobiographie zugeschrieben werden, wobei hier, wie schon erwähnt, der im NS-Regime vorherrschende wirtschaftliche Diskurs in den Hintergrund tritt.

In der US-amerikanischen Übersetzung (Ü2) wird die Bedeutung der Arbeit in der nationalsozialistischen Ideologie zwar hervorgehoben, jedoch wurde die Übersetzung in einer eher jugendlichen Sprache angefertigt, sodass der Stil von Höß’ Schilderung in Ü2 verloren geht. Es scheint, dass der im deutschen Originaltext deutlich hervortretende wirtschaftliche Diskurs während der NS-Zeit durch die Verstärkung der im Text implizierten Verachtung nicht arbeitswilliger Menschen betont werden soll. Dies zeigt sich vor allem in den Passagen blatantly lazy people, other asocial parasite s und with the slightest anguish , in denen die Lesern/Leserinnen deutlicher als im Originaltext darauf hingewiesen werden, welche Einstellung die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen gegenüber nicht arbeitswilligen Bürgern/Bürgerinnen hatten.

Aus der spanischen Übersetzung (Ü3) geht hervor, dass Menschen, die nicht mit ihrer Arbeitsleistung zum Wohl des Staates beitrugen, kein ausgeglichenes Seelenleben hätten. Die Bezeichnung nicht arbeitswilliger Menschen als Parasiten zeigt deutlich die Einstellung der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen. Bürger/ Bürgerinnen, die keinen Beitrag leisteten, hatten keinerlei Wert und mussten wie Parasiten entfernt oder in Konzentrations- und Arbeitslagern zum Arbeiten „erzogen“ werden. Die Bedeutung der Arbeit im wirtschaftlichen Diskurs geht somit auch in der spanischen Übersetzung deutlich hervor. Hier ist jedoch anzumerken, dass, obwohl der Stellenwert der Arbeit in die Übersetzung übertragen wird, die Diskursposition Höß’ dennoch stark durch die Eingriffe in den Text verändert wird. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Ergänzung sentirse felices sin trabajar , da diese Formulierung in keiner Weise den kalten, nüchternen und emotionslosen Stil Höß’ widerspiegelt. Aufgrund des starken Eingriffs in den Text ist es den Lesern/Leserinnen somit nicht möglich, sich ein umfassendes Bild der NS-Zeit zu machen.

Beispiel 10 Höß berichtet über seine eigenen Erfahrungen im Gefängnis und den Stellenwert der Arbeit während der Gefangenschaft.

104 O: 95 Ü1: 77 Ü2: 93 Ü3: 75f. Die Arbeit in der Work in prison is not For those locked up, El trabajo en la Gefangenschaft ist merely an efficient work is an effective cárcel no es sólo un nicht nur ein corrective, in the positive disciplinary correctivo eficaz – wirksames best sense of the measure, insofar as utilizando la palabra Zuchtmittel, im guten word, in that it it helps maintain en su mejor sentido- Sinne, in dem sie encourages the self-control, thereby porque anima a los den Gefangenen prisoners do enabling a prisoner prisioneros a dazu anhält, sich discipline to better resist the disciplinarse a sí selbst in Zucht zu themselves and demoralizing mismos y los halten, um so besser thus makes them influences of capacita para den better able to imprisonment. It is contrarrestarlos niederziehenden withstand the also a means of efectos Einwirkungen der demoralising effect education […] desmoralizadores de Haft Widerstand of their confinement. That´s how the su confiniamiento, leisten zu können. It is also a means of motto “ARBEIT sino porque supone Sie ist auch training […] Only MACHT FREI” un adiestramiento Erziehungsmittel für thus can the slogan [“Work sets you [...] Sólo así puede Gefangene […] So ‘Work Brings free”] is to be comprenderse el ist auch die Devise: Freedom’ be understood. lema de “el trabajo „Arbeit macht frei“ zu understood. produce la libertad”. verstehen.

Die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen setzten körperliche Arbeit zur „Disziplinierung“ der Häftlinge ein. Ziel hierfür war einerseits, dass die Gefangenen lernen sollten, mit den in den Konzentrations- und Arbeitslagern herrschenden Bedingungen umzugehen und andererseits sollten den Gefangenen die Grundsätze der nationalsozialistischen Ideologie anerzogen werden. So hat der Leitgedanke Arbeit macht frei , der für Höß von so großer Bedeutung war, dass er diese Devise auch in Form eines Schildes am Haupttor des Konzentrationslagers Auschwitz anbringen ließ, nach Höß zwei verschiedene Bedeutungen: Zum einen besagt dieser Leitgedanke, dass die Häftlinge die psychischen Strapazen ihrer Haft durch Arbeit lindern konnten und zum anderen impliziert die Devise auch, dass für jeden Gefangenen/jede Gefangene die Möglichkeit besteht, dass er/sie das Konzentrations- oder Arbeitslager wieder verlassen kann, sofern er durch Arbeit einen Teil zur „Volksgemeinschaft“ beiträgt. Somit spielt in diesem Diskursfragment einerseits der wirtschaftliche und andererseits der politische Diskurs eine zentrale Rolle, wobei sich hier die Diskursstränge nur bedingt aufeinander stützen.

Die im Originaltext enthaltenen Elemente des wirtschaftlichen und politischen Diskurses werden nur teilweise in die britische Übersetzung (Ü1) übertragen. So tragen die Ergänzungen des Übersetzers Constantine FitzGibbon, wie auch in anderen untersuchten Diskursfragmenten, dazu bei, dass der Stellenwert der Arbeit in der

105 nationalsozialistischen Ideologie durch die eher erzählende Sprache in der spanischen Übersetzung im Vergleich zum deutschen Ausgangstext nicht betont wird. Ergänzungen wie is not merely an efficient corrective und in the best sense of word tragen zwar zur besseren Lesbarkeit des Textes bei, der Stil Höß’ und seine damit deutlich hervortretende Diskursposition wird jedoch nicht in die Übersetzung übertragen. Der Stellenwert der Arbeit wird zudem durch die gewählten Formulierungen efficient corrective und training und die damit verbundene Intention der Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen in Ü3 nicht deutlich sichtbar. Weiters geht die im deutschen Original implizierte Möglichkeit der Freilassung des Häftlings in der Übersetzung des für Höß essentiellen Leitgendankens Arbeit macht frei ins Englische verloren. Die von FitzGibbon durchgeführten Eingriffe in den Text bewirken, dass der kalte, nüchterne Stil des Kommandanten nicht in die Übersetzung übertragen und der Text aufgrund seiner eher erzählenden Sprache der zur Zeit der Publikation (1959) üblichen Anforderungen an eine Autobiographie entspricht.

Wie auch in der englischen Erstübersetzung tragen die von Andrew Pollinger durchgeführten Änderungen in der Übersetzunge, dazu bei, dass die im Text postulierten Prinzipien der NS-Ideologie abgeschwächt werden. Durch englische Formulierungen wie for those locked up , an effective positive disciplinary measure , maintain self control , resist the demoralizing influences of imprisonment und that´s how the motto , die eher der Jugendsprache zuzuordnen sind, wird die von Höß betonte Wichtigkeit der Arbeit nicht in die Übersetzung übertragen. Obwohl in Ü2 der Leitgedanke Arbeit macht frei durch die Schreibweise betont wird, gehen die im deutschen Originaltext implizierten Bedeutungen dieser Devise auch in der für das leichtere Textverständnis hinzugefügten Übersetzung nicht hervor. Somit wird hier deutlich, dass die Prinzipien des wirtschaftlichen und politischen Diskurses nur eingeschränkt erkennbar sind und Höß aufgrund der Übersetzung in einem anderen Licht dargestellt wird.

Da die spanische Übersetzung (Ü3) auf Grundlage der englischen Erstübersetzung (Ü1) angefertigt wurde, in welche der wirtschaftliche und politische Diskurs nur teilweise übertragen wurden, treten die den wirtschaftlichen und politischen Diskurs kennzeichnenden Elemente auch in Ü3 nur bedingt auf. Zusätzlich wird der politische Diskurs aufgrund der Übersetzung el trabajo produce la libertad , in welcher die Bedeutung dieses Leitgedankens nicht übertragen wird, abgeschwächt. Aufgrund dessen, dass die spanische Übersetzung auf Grundlage der von Constantine FitzGibbon angefertigten Übersetzung entstand und somit viele wichtige Nuancen des Originaltextes nicht in die Übersetzung übertragen wurden, ist es durchaus möglich, dass der Text für spanischsprachige Leser/Leserinnen, welche aufgrund der mangelnden Aufarbeitung des

106 Holocausts im spanischsprachigen Raum nur über begrenztes Hintergrundwissen verfügen, schwer verständlich sein könnte.

7.3. Resultate der Diskursanalyse In der Analyse der Diskursfragmente wurden die englischen Übersetzungen Commandant of Auschwitz (Ü1) und Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant (Ü2) sowie die spanische Übersetzung El Comandante de Auschwitz (Ü3) mit der von Martin Broszat editierten deutschsprachigen Ausgabe der Autobiographie Höß’ verglichen. Die verwendeten Beispiele wurden dezidiert ausgewählt, um aufzuzeigen, wie sich die im Originaltext vorhandenen Elemente des „Führer“-, politischen, Sexualitäts-, Kriegs- und wirtschaftlichen Diskurs in den Übersetzungen verändern.

Aus dem deutschen Originaltext geht hervor, dass vor allem der „Führer“-Diskurs und der politische Diskurs sowie der Volksdiskurs in der nationalsozialistischen Ideologie einen besonderen Stellenwert einnahmen. Dies ist auch dadurch erkennbar, dass ebendiese Diskurse oft miteinander verknüpft werden und sich gegenseitig stützen.

Während im deutschen Originaltext die Elemente der unterschiedlichen Diskurse deutlich erkennbar sind, werden die Grundprinzipien der nationalsozialistischen Ideologie in der englischen Erstübersetzung (Ü1), auch wenn diese vom Übersetzer Constantine FitzGibbon ausgangstextorientiert angefertigt wurde, aufgrund der zahlreichen Veränderungen nur abgeschwächt übertragen. Während im deutschen Originaltext der NS-Diskurs durch die starken Diskursstrangverschränkungen noch verstärkt wird, kann in Ü1 aufgrund der Abschwächung der einzelnen Diskurse keine starke Diskursstrangverschränkung entstehen. Die Eingriffe in den Text, die den Text flüssiger erscheinen lassen, erleichtern die Lektüre der Autobiographie zwar erheblich, bewirken aber, dass die im Original nüchterne, kalte und vor allem prägnante Schilderung der Grundprinzipien der nationalsozialistischen Ideologie im Englischen wie eine belanglose Erzählung wirkt. Somit kann die Hypothese, dass die von Constantine FitzGibbon angefertigte englische Übersetzung aufgrund der vorgenommen Veränderungen zugunsten des Leseflusses eher dem Genre der Autobiographie zugeschrieben werden kann, bestätigt werden.

Auch in der englischen Neuübersetzung (Ü2) treten die im Originaltext sichtbaren Elemente unterschiedlicher Diskurse schwächer hervor, obwohl hier betont werden muss, dass der Übersetzer Andrew Pollinger versucht, die Wichtigkeit der verschiedenen

107 Grundprinzipien der nationalsozialistischen durch ausführlichere Einschübe und Erklärungen sowie Großschreibung verschiedener im Nationalsozialismus wichtiger Begriffe hervorzuheben. Aufgrund der in einer jugendlichen Sprache angefertigten Übersetzung werden die verschiedenen Diskursstränge und somit auch die Diskursverschränkungen in der englischen Zweitübersetzung jedoch nicht sichtbar. Somit kann auch die Hypothese, dass Andrew Pollinger Adaptierungen vornahm, um dem US- amerikanischen jugendlichen Zielpublikum die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges in ihrem Sprachregister näher zu bringen, bestätigt werden.

Da die spanische Übersetzung (Ü3) auf Grundlage der englischen Erstübersetzung (Ü1) angefertigt wurde, treten die verschiedenen Elemente des NS-Diskurses nur stark abgeschwächt oder gar nicht auf, da diese auch schon in Ü1 im Vergleich zum deutschen Originaltext nur teilweise erkennbar sind. Die im deutschen Original vorhandenen starken Diskursstrangverschränkungen sind somit in der spanischen Übersetzung kaum ersichtlich. Weiters ist erkennbar, dass Andrés Ma. Mateo, um den Lesefluss zu verbessern, Passagen großzügig ergänzte, was in weiterer Folge die Bedeutung der nur abgeschwächt vorhandenen Diskursstrangelemente wiederum verringert. Der Übersetzer Andrés Ma. Mateo, der auch als Historiker tätig war, verfügte über ein breiteres Hintergrundwissen über den Holocaust, was sich öfters in seinen Formulierungen und der Verwendung von speziellen im NS-Diskurs üblichen Bezeichnungen zeigt. Dies kann natürlich aufgrund des fehlenden Hintergrundwissens der Leser/Leserinnen zu Verständnisschwierigkeiten führen. Die Hypothese, dass aufgrund des Experten-LaiInnen- Verhältnisses zwischen Übersetzer und Zielpublikum das Textverständnis erschwert wird, kann somit bestätigt werden. Hier gilt jedoch hinzuzufügen, dass die Leser/Leserinnen aufgrund dessen, dass die spanische Übersetzung aus dem Englischen angefertigt und somit grundlegende Elemente des NS-Diskurses nicht übertragen wurden und die Übersetzung in einer eher erzählenden Sprache angefertigt wurde, nur wenig Einblick in die damaligen Ereignisse und den Personen hinter der Tötungsmaschinerie erhalten.

108 8. Zusammenfassung Die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges und somit die Verbrechen des NS-Regimes sind Gegenstand unzähliger wissenschaftlicher Forschungsarbeiten. Wer und vor allem wie die Menschen waren, die die Fäden der Tötungsmaschinerie in Händen hielten, ist wissenschaftlich jedoch kaum erforscht. Aus diesem Grund sind autobiographische Aufzeichnungen, sei es jene von Opfern aber auch jene von Täter/Täterinnen, von großer Bedeutung, da so auch Rückschlüsse auf die Personen hinter der Tötungsmaschinerie gezogen werden können. Die Autobiographie Höß’ spielt in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle, da einerseits nur wenige Aufzeichnungen von Tätern/Täterinnen existieren und andererseits vor allem am Beispiel Höß aufgezeigt werden kann, welche Beweggründe hinter der Massenvernichtung standen.

Ziel dieser Arbeit war es, aufzuzeigen, ob durch die Übersetzungen der Autobiographie Höß’ ein verzerrtes Bild der NS-Verbrechen vermittelt wird. Hierbei wurde von der Hypothese ausgegangen, dass die Paratexte von großer Bedeutung sind, da sie den Lesern/Leserinnen zusätzliche Hintergrundinformationen bieten und den Übersetzern und Verlegern ermöglichen, sich für vorgenommene Veränderungen zu rechtfertigen und die Lektüre des Textes zu steuern. Es scheint zwar offensichtlich, dass es sich bei der von Constantine FitzGibbon angefertigten Übersetzung Commandant of Auschwitz (Ü1) um eine ausgangstextorientierte Übersetzung handelt, dennoch wurden vom Übersetzer Veränderungen vorgenommen, welche bewirken, dass die Aufzeichnungen Höß’ eher dem Genre der Autobiographie zugeschrieben werden können. Weiters wurde davon ausgegangen, dass die Übersetzung Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz (Ü2) zur besseren Verständlichkeit stark adaptiert wurde. Zudem scheint es, dass der Übersetzer und Historiker Andrés Ma. Mateo davon ausging, dass die spanischen Leser/Leserinnen über die selben Hintergrundinformationen wie er selbst verfügen. Dies führt in Kombination mit der mangelnden Aufarbeitung des Holocausts im spanischsprachigen Raum dazu, dass die Übersetzung für das Zielpublikum eher schwer verständlich ist.

Zu Beginn der Arbeit wurde die Tötungsmaschinerie des NS-Regimes eingehend behandelt. Es wurde aufgezeigt, mit welchen Mitteln und Methoden die Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen die Vernichtung von Menschen, die nicht dem nationalsozialistischen Ideal entsprachen, vorantrieben. Weiters wurde die Organisation der Massenvernichtung thematisiert, wobei hier der Schwerpunkt auf das

109 Konzentrationslager Auschwitz gelegt wurde, da Rudolf Höß ebendieses Konzentrationslager drei Jahre lang befehligte.

Kapitel 2 war der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen gewidmet, wobei hier der deutsch-, englisch- und spanischsprachige Raum behandelt wurden. Es wurde der Versuch angestellt, Parallelen und Unterschiede in der Aufarbeitung des NS- Verbrechen in den jeweiligen Sprachräumen aufzuzeigen. Wichtig hierfür war der politische Umgang mit dem Holocaust, da dieser für die gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung richtungsweisend ist.

Das darauf folgende Kapitel beschäftigte sich intensiv mit dem Genre der Autobiographie. Es wurde aufgezeigt, wie sich das autobiographische Schreiben im Laufe der Zeit veränderte und welche Besonderheiten die verschiedenen Etappen kennzeichnen. Weiters wurde eingehend auf die Autobiographie im Kontext des Holocausts eingegangen, um die Charakteristika und die Motive für die Verfassung von Opfer- und TäterInnenautobiographien herauszuarbeiten.

In Kapitel 4 wurde mit der Entstehung der autobiographischen Aufzeichnungen, dem Werdegang Rudolf Höß’ und der Auseinandersetzung mit der von Martin Broszat editierten Ausgabe das Original Kommandant in Auschwitz näher beleuchtet. Weiters wurde auch der Inhalt sowie die Rezeption des deutschen Originals behandelt. Dadurch konnte ein Zusammenhang zwischen Rezeption und Aufarbeitung der NS-Verbrechen hergestellt werden.

Kapitel 5 war der englischen und spanischen Übersetzungen gewidmet, wobei hier ein besonderes Augenmerk auf die Entstehung der Übersetzungen, den Übersetzern selbst sowie die Rezeption der Übersetzungen in den jeweiligen Sprachräumen gelegt wurde. Es wurde versucht, einen Zusammenhang zwischen der Aufarbeitung des Holocausts in den jeweiligen Sprachräumen und der Rezeption der Übersetzungen herzustellen.

Im darauffolgenden Kapitel wurde, nachdem die methodische Grundlage dargestellt wurde, die Paratextanalyse durchgeführt. Hierbei lag der Schwerpunkt auf den verschiedenen Cover, den Vorworten und Einleitungen sowie den Anmerkungen und Illustrationen. Die Paratextanalyse zeigte, dass die Paratexte eine zentrale Rolle einnehmen, da sie den Lesern/Leserinnen Hintergrundinformationen über die Verbrechen des NS-Regimes bieten und somit in weiterer Folge zur Aufarbeitung der NS-Verbrechen in den unterschiedlichen Sprachräumen beitragen können. Hierbei ist jedoch anzumerken,

110 dass in den verschiedenen Sprachräumen Unterschiede in der Paratextgestaltung herrschen und somit der Beitrag, den die Übersetzungen zur Aufarbeitung des Holocausts leisten, durchaus variieren kann.

In Kapitel 7 wurde zunächst mit der Behandlung der Kritischen Diskursanalyse nach Siegfried Jäger die methodische Grundlage für die Textanalyse geschaffen. Danach wurden eine Struktur- und eine Feinanalyse der Autobiographie Höß’ durchgeführt. Um die Autobiographie in ihrem Gesamtkontext betrachten zu können, wurde zunächst auf den NS-Diskurs und die Diskursposition Höß’ eingegangen. Hier wurde aufgezeigt, dass „Rasse“, „Führer“ und „Volksgemeinschaft“ jene Grundprinzipien darstellen, auf welchen die nationalsozialistische Ideologie aufbaut. In der Feinanalyse wurden Diskursfragmente untersucht, die Elemente des „Führer“-, politischen, Sexualitäts-, Kriegs- oder wirtschaftlichen Diskurses der nationalsozialistischen Ideologie enthalten.

Der Führerkult spielte in der nationalsozialistischen Ideologie eine essentielle Rolle. Dem „Führer“ Adolf Hitler, welcher an der Spitze des Staates stand, war bedingungslos zu gehorchen und Treue zu leisten. Jeder Staatsbürger/jede Staatsbürgerin war verpflichtet durch sein/ihr Gehorsam einen Beitrag zur „Erhaltung der arischen Rasse“ und zur „Ewigkeit der Deutschen Nation“ zu leisten. Die „arische Rasse“ konnte hierbei jedoch nur „erhalten“ und „erweitert“ werden, wenn durch Krieg weiterer „Lebensraum“ gewonnen wird. Um diesen Krieg bestreiten zu können, war der wirtschaftliche Aspekt, insbesondere die körperliche Arbeit jedes Staatsbürger/jeder Staatsbürgerin und der Gefangenen in den Konzentrations- und Arbeitslagern von großer Bedeutung. Weiters spielte auch Sexualität in der nationalsozialistischen Ideologie insofern eine Rolle, als dass einerseits alle homosexuellen Menschen in den Konzentrations- und Arbeitslagern „umerzogen“ und andererseits geistig beeinträchtigte Menschen ermordet werden sollten, um die „Erhaltung“ der „höheren Rasse“ zu gewährleisten.

Die Analyse zeigte, dass durch die Übersetzung ins Englische und Spanische die im Originaltext enthaltenen Elemente der nationalsozialistischen Ideologie abgeschwächt dargestellt und somit das Bild der NS-Verbrechen verzerrt wird. Aufgrund der von den Übersetzern vorgenommenen Veränderungen wurde der kalte, nüchterne Stil nicht in die Übersetzungen übernommen, sodass sich in weiterer Folge die Diskursposition Höß’ im Vergleich zum deutschen Originaltext grundlegend verändert. Die in der englischen Erstübersetzung Commandant of Auschwitz (Ü1) vorgenommenen Veränderungen bewirken, dass die autobiographischen Erzählungen Höß’ eher wie eine belanglose Erzählung und nicht wie die kalte, nüchterne Schilderung der von den

111 Nationalsozialisten/Nationalsozialistinnen verübten Verbrechen scheinen. Weiters wird auch in der englischen Neuübersetzung Death Dealer: The Memoirs of the SS Kommandant at Auschwitz (Ü2) die Diskursposition Höß’ und in weiterer Folge das Bild der NS-Verbrechen verändert. Die Adaptierungen, die Andrew Pollinger vornahm, um dem US-amerikanischen, jugendlichen Zielpublikum die Verbrechen des NS-Regimes näher zu bringen, lassen die Autobiographie wie auch Ü1 als belanglose Erzählung wirken. Dies wird aufgrund der Verwendung einer jugendlichen Sprache noch zusätzlich verstärkt. Auch in der spanische, Übersetzung El Comandante de Auschwitz (Ü3), welche als indirekte Übersetzung aus dem Englischen angefertigt wurde, wird ein anderes Bild der NS-Verbrechen dargestellt. Die Übersetzung wirkt aufgrund dessen, dass der englische Ausgangstext bereits in einer eher erzählenden Sprache angefertigt wurde, wie eine Erzählung. Dies wird jedoch durch die Ausschmückungen des Übersetzers Andrés Ma. Mateo in der spanischen Übersetzung noch zusätzlich verstärkt. Weiters kann davon ausgegangen werden, dass das Verständnis des Textes aufgrund der von Andrés Ma. Mateo ohne weitere Erklärung verwendeten NS-spezifischen Bezeichnungen erschwert wird. Unter Anwendung der Diskursanalyse konnte somit die eingangs formulierte Hypothese bestätigt werden.

Autobiographien wie jene von Rudolf Höß bieten nicht nur detailliertes Hintergrundwissen über die Organisation der Massenvernichtung des NS-Regimes, sondern geben auch Aufschluss über die Menschen, die die Ermordung vieler Millionen Menschen befehligten. Sie sind somit als historische Dokumente von unschätzbarem Wert und geben den nachfolgenden Generationen die Möglichkeit, die Hintergründe der damaligen Ereignisse zu erkennen und zu hinterfragen, sodass in Zukunft verhindert werden kann, dass sich diese Verbrechen wiederholen.

Es liegt jetzt an euch, und wir werden euch dabei unterstützen, dass meine Vergangenheit nicht eure Zukunft wird. (Elie Wiesel)

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