Oskars Fauler Zauber
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Politiker Lafontaine THOMAS PFLAUM / VISUM Oskars faulerLINKSPARTEI Zauber Er lässt sich als heimlicher Kanzler feiern, und seine Linken hat Oskar Lafontaine in eisernem Griff. Doch in den Jubel über Wahlerfolge mischt sich vor dem ersten Parteitag in Cottbus Sorge: Bislang fehlt den Genossen jede Substanz. n der vergangenen Woche müssen mal ernst genommen würden. Man sah partei. Gemessen an Mandatsträgern und Oskar Lafontaine die Ohren gejuckt dann noch, wie Huber das Angebot freudig Mitgliedern, ist sie bereits die drittstärkste Ihaben, gejuckt vor Freude. Er war Gast annahm und kurz darauf sein Steuerkon- Kraft in Deutschland. Die Linken sitzen im in der Talkshow „Hart aber fair“, es ging zept „Mehr Netto vom Brutto“ präsentier- Bundestag, wurden in 10 von 16 Landtage gerade darum, wie Lafontaines Linke die te. Mit mehr Geld für Pendler und anderen gewählt und sind im Europaparlament. In anderen Parteien vor sich hertreibe, wie sie Geschenken fürs Volk. Ostdeutschland regiert kaum ein Stadtrat die Programmatik der deutschen Politik Es war nur Satire, es war nur ein Film, ohne Stimmen der SED-Nachfolger. bestimme, und dann kam dem Moderator und doch war er nicht weit von der poli- Knapp ein Jahr nach der Vereinigung vor Millionen Zuschauern das Köstliche tischen Realität der Republik entfernt, in der großen Linkspartei.PDS aus Ost- über die Lippen. Oskar Lafontaine, sagte der Lafontaines Linke die Debatten prägt deutschland mit der kleinen WASG aus Frank Plasberg, sei „der heimliche Bun- wie keine zweite Partei. Westdeutschland scheint auch die West- deskanzler“. „Die Urheberschaft liegt bei uns, bei ausdehnung erfolgreich angelaufen. In Bre- Der Kanzler grunzte zufrieden. Ihnen schreibe ich mit Sicherheit nicht ab“, men, Niedersachsen, Hessen und Hamburg Zuvor hatten sie einen kurzen Film ein- schimpfte der echte Huber nach Filmende schaffte die Linke auf Anhieb den Sprung gespielt, eine Satire. Man sah, wie Lafon- im Studio. „Wir petzen auch nicht“, höhn- in die Landesparlamente. Im Saarland, wo taine einen Brief an CSU-Chef Erwin Hu- te Lafontaine. im kommenden Jahr gewählt wird, hofft ber schrieb und ihn bat, die Steuervor- Kein deutscher Politiker wirkt in diesen sie, mit Spitzenkandidat Lafontaine sogar schläge der Linken, mehr Geld für Pendler Wochen selbstzufriedener als Lafontaine. den ersten Ministerpräsidenten stellen zu und andere Geschenke fürs Volk, als CSU- Keine Partei kann in diesen Tagen auf ähn- können. In kurzer Zeit ist es Lafontaine Konzept zu verkaufen, damit sie endlich lich große Erfolge schauen wie seine Links- mit seiner Partei gelungen, die deutsche 22 der spiegel 21/2008 Deutschland Linke Partei ist faul, auch wenn Lafontaine davor gar ein theoretisches Potential von 30 Pro- beeindruckend zaubert. Obwohl derzeit zent bei Wahlen zugesprochen. In der Republik Schleswig- eine Gewinnerfassade die Partei umgibt, Realität punkten beide aber nur selten Holstein ist keineswegs ausgemacht, dass die Er- zweistellig. Meckl.-Vorpommern folgsgeschichte eine Fortschreibung findet. Als die Jalousien wieder aufgezogen Bremen Hamburg Selbst ein Einbruch innerhalb der kom- wurden, saßen plötzlich keine selbstbe- menden Jahre scheint möglich. wussten, sondern vielmehr verdatterte Ge- Berlin Dem aktuellen Erfolg mangelt es nossen im Saal. Seitdem geht bei den Lin- Nieder- sachsen an Substanz. Der Partei fehlen Pro- ken die Angst um, dass der vermeintliche Brandenburg grammatik, Kreativität und Personen. Linksruck nur ein Rückchen war und die Sachsen- Sie wird getragen von einem lin- Siege von kurzer Dauer sein könnten. La- Nordrhein- Anhalt ken Zeitgeist, vom grassierenden Ge- fontaine staucht seither seine Mitstreiter Westfalen fühl, dass es nicht gerecht zugeht im regelmäßig zusammen: „Macht mehr an Sachsen Land. Sie wird gewählt für die Fra- der Basis.“ Thüringen Hessen gen, die sie stellt – aber nicht für Sie ahnen, dass es bald nicht mehr aus- die Antworten, die sie gibt. Die Partei- reichen wird, nur zu behaupten, der An- Rheinland- spitze kennt die Probleme. Während sie walt der Zukurzgekommenen zu sein. Sie Pfalz vor den Kameras so tut, als wäre alles pa- ahnen, dass die Wähler bald Antworten Saarland letti, zeichnet sie hinter verschlossenen verlangen werden. Doch gerade inhaltlich Türen ein völlig anderes Bild. Ein realis- hat die Partei wenig zu bieten. Es ist kein Bayern tischeres. Zufall, dass sie als einzige deutsche Bun- Baden- Württemberg Als sich die Bundestagsfraktion vor destagspartei nicht mal ein Programm be- kurzem zu ihrer Sitzung im Reichstag ver- sitzt und sich daran so bald auch nichts sammelte, erklärte Lafontaine, dass man ändern soll. Man begnügt sich mit „pro- Ernstes zu besprechen habe. Zur Überra- grammatischen Eckpunkten“, in denen al- schung aller bat er zunächst die Mitarbei- lerhand Unsinn zusammengeheftet wurde. ter der Abgeordneten, den Fraktionssaal So wird unter anderem die „Rente ab 60“ ... würde Umfragen zufolge nach der nächsten Landtagswahl ins Parlament einziehen. zu verlassen, obwohl sie sonst immer da- angestrebt, was selbst Lafontaine „noch beisitzen dürfen. Als Nächstes wurden die für diskussionswürdig“ hält. ... ist im Landesparlament vertreten. Abgeordneten um Verschwiegenheit gebe- Auch sonst passt programmatisch nicht ... hat wenigstens 15% Wähleranteil. ten. Schließlich wurde die Jalousie ge- vieles zusammen bei den Linken. „Weg ... ist noch vor der SPD zweitstärkste Partei. schlossen, und dann wurden Grafiken an mit Hartz IV“, krakeelt Lafontaine in die Wand projiziert. seinen Reden. Das klingt radikal, das klingt ... ist Regierungspartei. Sie zeigten das Ergebnis einer partei- nach Umsturz. „Wir stellen die System- internen Wählerstudie, und das fiel ziem- frage“, sekundiert Lothar Bisky. Im Bun- Politik einmal kräftig durchzuschütteln. lich verheerend aus: Demnach bescheini- destag aber fordert die Linke nur eine Er- Am schlimmsten hat es dabei die SPD er- gen selbst die eigenen Wähler den Linken höhung der Zahlungen. Das klingt schon wischt. Sie verlor Mitglieder, Wähler und wenig Wirtschaftskompetenz. In der Außen- weniger nach Systemwechsel als nach: an Gunst bei den Gewerkschaften. Und politik trauen sie ihrer eigenen Führung mehr Geld. mit alldem dann auch den Glauben an sich ebenfalls nicht über den Weg. Und sogar Parteivizin Katja Kipping fordert zum selbst. Die SPD steht nun auf der Roten das zentrale Thema „soziale Gerechtig- Beispiel ein bedingungsloses Grundein- Liste der bedrohten Volksparteien. keit“ sieht eine Mehrheit bei der SPD bes- kommen, Lafontaine ist dagegen und will Doch für die anderen Parteien hat die ser aufgehoben. eine Debatte darüber möglichst weit in die Existenz der Linken ebenfalls vieles ver- Das bundesweite Wählerpotential der Zukunft verschieben. Kipping war es auch, ändert. Niemand kann es sich noch leisten, Linkspartei liege laut interner Analyse die frühzeitig davor warnte, dass die Partei die soziale Frage zu ignorieren. Selbst die zwar bei 16 Prozent, doch das sei nur auf doch keine große Rentenkampagne be- FDP redet inzwischen recht geschmeidig. den ersten Blick beeindruckend: Grünen schließen könne, „ohne sich selbst vorher Das prominenteste Opfer aber ist die und FDP wird in ähnlichen Analysen so- auf ein schlüssiges Rentenkonzept zu ver- Bundeskanzlerin. Angela Merkel wollte den Höhepunkt ihrer Karriere eigentlich als Reformkraft erleben. Doch dann kamen ihr der Zeitgeist und Oskar Lafontaine dazwischen. Das alles hat den Saarländer in der Tat zu so etwas wie dem heimlichen Kanzler der Republik gemacht. „Wir regieren doch längst von der Opposition aus“, protzt er. Seit Jahrzehnten hat keine Parteigründung das politische Gefüge Deutschlands stärker verändert als die der Linken. Es sieht mithin so aus, als gäbe es Grund zu feiern, wenn die Partei an diesem Wo- chenende in Cottbus zu ihrem ersten re- gulären Parteitag zusammenkommt. Das Treffen soll ein Fest der Selbstbeweihräu- cherung werden, eine Jubelmesse. Dabei waren Erfolge selten auf so morschem Fundament gebaut wie die der / DDP LOHNES THOMAS Linken. Vieles hinter den Kulissen der SPD-Chef Beck: Auf der Roten Liste der bedrohten Volksparteien der spiegel 21/2008 23 Die Quantität ist die eine Herausforde- rung. Eine noch größere ist die Qualität. Es fällt der West-Linken schwer, Kandidaten zu finden, die nicht peinlich sind. Ihre Mit- gliederschaft setzt sich zusammen aus ent- täuschten Sozialdemokraten, Trillerpfei- fen-Gewerkschaftern, Trotzkisten und ehe- maligen Angehörigen diverser K-Gruppen. Einzelne Herrschaften ziehen immer wie- der die Aufmerksamkeit des Verfassungs- schutzes auf sich. Problematisch ist auch die Zahlungs- moral der Westmitglieder. Sie möchten zwar den Systemwechsel, aber kosten soll er sie selbst nichts. Bei der WASG soll die Hälfte der angeblich 12 000 Mitglieder bei der Fusion mit der PDS aus Karteileichen bestanden haben. Die Linke meldet zwar beständiges Wachstum, aber nicht immer scheint dabei sauber gezählt zu werden. Im Saarland sorgte die ehemalige Grünen- Politikerin Barbara Spaniol bei ihrem Übertritt zur Linkspartei für Ärger. Streit- punkt sind „ganz offensichtliche Unregel- mäßigkeiten bei Beitrittserklärungen“, so BODO MARKS / DPA BODO MARKS Kreischef Ralf Berberich. „Gleich zu Fraktionschef Gysi: Risse im Verhältnis zu Lafontaine ihrem Parteibeitritt hat Frau Spaniol uns damals ein Dutzend neue Mitgliedsanträge ständigen“. Lafontaine vertraut am liebs- stube. Die radikaleren Wessis halten die in die Hand gedrückt – als Willkommens- ten auf seine eigene Programmatik. Er will gemäßigten Ostkollegen für Schlapp- geschenk“,