Situation Zum Ende Des Alten Reiches 1794
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Situation zum Ende des Alten Reiches 1794 Die politische, gesellschaftliche, wirtschaft- Stand hinaus zu erheben, war jedenfalls gering. liche und soziale Situation zur Zeit des Alten Befreiend wirkte das kirchliche Amt. Reiches war gekennzeichnet durch eine starke Über allem stand der Adel als Grundbesitzer. territoriale Zersplitterung, ein kompliziertes Der Grundbesitzer - Adel sowie Kirchen und Rechtswesen, eine rechtliche Ungleichheit zwi- Klöster - empfing an den Grundbesitz gebun- schen Stadt und Land, die enge Bindung und dene Abgaben und Arbeitsleistungen und übte Einengung durch Zünfte, Privilegien von Adel die niedere Gerichtsbarkeit aus. Adel und Geist- und Kirche, die weitgehend von Abgaben be- liche waren steuerfrei. freit waren. Der ständische Aufbau der Gesell- In den Städten besaß die Bürgerschaft die schaft mit Freien und Unfreien in der feudalen Selbstverwaltung. Der Bürger war jedoch nicht Ordnung wies jedem Menschen seinen festen vollkommen frei. So war die Zugehörigkeit zu Platz zu. einem Berufszweig durch Zünfte und stadtwirt- Die Lebensverhältnisse in dieser vorwiegend schaftliche Satzungen geregelt. Man lebte auch agrarischen Gesellschaft mit ihren zahlreichen in den Städten meist in beengten Wohnver- Zwängen waren äußerst dürftig. Sie wurden aber hältnissen und hatte Abgaben und Dienstlei- durch den großen Einfluss der Kirche von den stungen zu erbringen. Untertanen als „gottgegeben“ hingenommen. Der Bauer war zunächst an den Grundherren, „Die ständische Gesellschaftsordnung teilte je- aber auch an die Herrschaft, in der er lebte ge- dem seinen Platz zu, man war Adeliger, Bür- bunden. Es war nicht leicht, aus dieser Bindung ger oder Bauer. Die soziale Stufe, in die man entlassen zu werden. Es waren Abgaben und hineingeboren war, konnte man grundsätzlich Dienste zu leisten an den Grundherren, ebenso nicht wechseln. Die Chance, sich über seinen an die Landesherren und die Kirche. Unsere Region im 17. Jahrhundert auf einer Karte (Ausschnitt) des Erzbistums Köln Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2016 u 9 Dabei empfanden die Menschen in den we- Herrschaft Lind nigsten Fällen die feste gesellschaftliche Ein- Herrschaft Vischel: Berg, Häselingen, Ober- und bindung als Zwang, zumal das Eingebun- Unterkrälingen, Vellen, Vischel, Höfe Spring, densein in die Gemeinschaft auch in Not und Tungenbrug, Weißerath Krankheit trug. Die ständische Ordnung galt Herrschaft Wensberg: Ruine Wensberg, Plit- als eine unveränderliche, die über Generati- tersdorf, Herschbach, Halbacher Hof onen von Bestand war und bleiben würde. In Amt Hardt den Rechten und Pflichten, der Arbeitsweise, Dingstuhl Mutscheid: Obliers im alltäglichen und religiösen Leben wie im Brauchtum war die Überlieferung der Vorfah- Amt Mehlem ren entscheidend.“1) Das kann hier nur ange- Kloster Nonnenwerth, Rolandswerth deutet werden. Amt Nürburg Herrschaftsverhältnisse um 1789 Schulheißenamt Adenau: Adenau, Breidscheid, Im Hinblick auf die weitere politische Entwick- Gilgenbach, Herschbroich, Kottenborn, Leim- lung unseres Gebietes soll darum lediglich die bach, Quiddelbach, Wimbach territoriale Gliederung um 1789 des heutigen Schulheißenamt Reifferscheid u. Vogtei Bar- Kreisgebietes vorgestellt werden. Die damalige weiler: Barweiler, Bauler, Hoffeld, Kirmut- Geschichtskarte mit den Herrschaftsverhältnis- scheid, Reifferscheid, Müsch, Pomster, Rodder, sen zeigt schon die für den rheinischen Raum Wiesemscheid, Wirft Dreimüllerhof typische territoriale Zersplitterung. Schultheißenamt der vier Honschaften auf der Im Jahre 1789 waren folgende 16 Territorien Schuld: Dümpelfeld, Harscheid, Insul, Lücken- bzw. Herrschaften im heutigen Kreisgebiet bach, Niederadenau, Schuld, Sierscheid, Win- vertreten:2) nerath Schultheißenamt Welcherath: Meuspath, Kurköln Krebsbacher Hof, Nürburg, Unterherrschaft Amt Andernach Kaltenborn Herrschaft Buchholz mit Beunerhof und Buch- holz Kurpfalz Herzogtum Jülich Herrschaft Waldorf Amt Münstereifel Herrschaft Wehr mit Steinbergerhof Gericht Tondorf: Blindert mit Brölingen und Stadt und Vogtei Ahrweiler Marthel, Hümmel mit Falkenberg, Pitscheid Stadt Ahrweiler mit Bachem, Kloster Calvarien- und Heister berg, Marienthal (teilw.), Walporzheim Herrschaft Vettelhoven Amt Neuenahr Dingstuhl Bengen Amt Altenahr Dingstuhl Holzweiler: Nieder- und Oberesch, Dingstuhl Kirchspiel Altenahr: Altenahr, Al- Nieder- und Oberholzweiler tenburg, Kreuzberg, Reimerzhoven, Höfe Dingstuhl Karweiler Burtscheid, Entelburg, Hengsberg, Imgen- Dingstuhl Leimersdorf: Birresdorf, Leimersdorf, hausen Niederich, Oeverich Dingstuhl Brück: Brück, Denn, Pützfeld Dingstuhl Ramersbach Vogtei Hönningen Dingstuhl Ringen: Beller, Bölingen, Ringen Vogtei Kesseling: Kesseling, Staffel, Weidenbach Dingstuhl Wadenheim: Beul, Hemmessen, Wa- Dingstuhl Liers denheim Herrschaft Burgsahr: Burgsahr, Binzenbach (teilw.), Freisheim, Hürnig Amt Sinzig und Remagen Herrschaft Kirchsahr: Kirchsahr, Winnen, Dingstuhl Gimmigen (Gemeinsam mit Lands- Binzenbach (teilw.) kron) 10 u Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2016 Das Bürgerhaus auf dem Markt in Remagen im ausgehenden 18. Jahrhundert: Es wurde 1808 abgerissen. In ihm tagten zur Zeit des Alten Reiches auch die Schöffen und Räte. Dingstuhl Heimersheim: Ehlingen, Heimers- Herzogtum Arenberg heim, Heppingen Schloß und Tal Aremberg, Antweiler, Dorsel Dingstuhl Kirchdaun (gemeinsam mit Lands- mit Stahlhütte, Eichenbach mit Frohnhofen, kron) Ohlenhard, Wershofen mit Laufenbacher Hof Herrschaft Oberwinter: Bandorf, Birgel, Ober- winter Herrschaft Adendorf Dingstuhl Remagen: Kripp, Kalmuth, Kloster Eckendorf Apollinarisberg Stadt Remagen Herrschaft Ahrental Dingstuhl Sinzig: Koisdorf, Löhndorf, Vehn, Schloß Ahrenthal, Franken, Kalenborn Stadt Sinzig, Godenhaus, Hombüchel, Westum Dingstuhl Unkelbach Herrschaft Burgbrohl Burgbrohl, Glees Kurtrier Herrschaft Eltz/Kurtrier Amt Daun Blasweiler, Beilstein, Burg Kempenich Gericht Kelberg, Zenterei Kelberg: Müllenbach Herrschaft Gelsdorf Gericht Nohn: Dankerath, Senscheid, Trier- scheid Herrschaft Königsfeld Oberamt Mayen Königsfeld mit Leyerhof, Dedenbach Amt Herrschaft Kempenich: Engeln, Hohen- Gericht Heckenbach: Cassel, Fronrath, Lang- leimbach, Kempenich mit Nette- und Heidener- hardt, Nieder- und Oberheckenbach, Watzel Höfe, Lederbach, Spessart, Wabern, Weibern, Gericht Herresbach: Jammelshofen strittigt mit Eltz, Beilstein, Blasweiler Die Pellenz: Abtei Laach Herrschaft Landskron Bodendorf, Gimmingen (anteilig mit Jülich); Kirchdaun (anteilig mit Jülich), Burg Lands- Reichsstift Fürstentum Essen/Kurpfalz kron, Lohrsdorf, Green, Nieder- und Obernie- Herrschaft Breisig: Brohl, Gönnersdorf, Nieder- rendorf, Oedingen, Schalkenbach mit Schir- und Oberbreisig, Nieder- und Oberlützingen merhof, Vinxt Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2016 u 11 Ganherrschaft Lantershofen Burgherrschaft Rheineck Herrschaft Olbrück Schloß und Tal Rheineck Brenk, Büschhöfe, Fußhölle, Galenberg, Hain, Hannebach, Nieder- und Oberdürenbach, Nie- Schon allein diese Auflistung vermittelt einen der- und Oberzissen, Oberweiler, Ruine Ol- Eindruck von der Zersplitterung des Territo- brück, Rodder, Schelborn, Wollscheid riums und dessen komplizierter und höchst unterschiedlicher Verwaltung, die kaum Spiel- Herrschaft Saffenburg raum für Entfaltung des Einzelnen ließ. Dernau, Mayschoß mit Bongard, Laach, Mari- enthal (teilw.), Ruine Saffenburg, Rech Französische Zeit 1794 - 1814 „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ wa- weil sonst der ohnehin hart mitgenommene ren Maximen der Aufklärung und die zentralen Bürgerstand nicht mehr bestehen kann, da die- Forderungen der Französischen Revolution von sem alle Lasten anheimfallen, indem die freien 1789. Sie veränderten ganz Europa. Güter (nämlich die der Kirche und des Adels) Dass das revolutionäre Gedankengut nicht an eine völlige Immunität besitzen und der Arme den Grenzen Halt machte, zeigt die Reaktion nichts geben kann, folglich der Mittelstand die der Remagener Gemeindevertretung auf die Bürde ganz allein tragen muß.“4) Das Ende der Verordnung der jülich-bergischen Landesregie- Adelsherrschaft und der ständestaatlichen Ord- rung vom 16. August 1794, also noch bevor nung klingen hier deutlich an. französische Revolutionstruppen im Oktober Die grundlegenden 1794 das linke Rheinufer besetzten und auch Veränderungen in der Ahrgegend Freiheitsbäume als Symbole waren nicht mehr der neuen Freiheit errichteten.3) aufzuhalten. Der Eine Aufstellung von Volksmilizen gegen die Untergang des Al- französischen Revolutionsheere lehnten die ten Reiches wurde Gemeindevertreter von Remagen in ihrer äu- nach der Beset- ßerst geschickt formulierten Stellungnahme zung der linksrhei- rundweg ab. Ein solches Unternehmen sahen nischen Rheinlande sie nämlich als zwecklos an und zählten die durch französische Nachteile des militärischen Widerstandes für Revolutionstrup- die Bevölkerung auf. pen im Herbst 1794 Sie versicherten ihrem Landesherrn „getreue eingeläutet. Die al- Untertanen zu sein“, die die französische Re- te Ordnung wurde volution ablehnten. Allerdings schließt die zerstört und ein Denkschrift bezeichnenderweise mit der ent- grundlegender schiedenen Forderung nach „Gleichheit“, wo- struktureller Wan- mit ein zentraler Programmpunkt der Franzö- del der Gesellschaft sischen Revolution aufgegriffen wird. In der eingeleitet. Denkschrift, die Klaus Flink im Hauptstaatsar- Ab 1802 war das chiv Düsseldorf aufgefunden, ausgewertet und linke Rheinufer gedeutet hat, heißt es: „Zu wünschen wäre aber, dann auch völker- daß dem lasttragenden Bürger durch Einfüh- rechtlich franzö- Freiheitsbaum, der so nach rung