"Friede, Freude, Eierkuchen" Vorwort
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AUSGABE 4 / 2018 WINTER Evangelisch-Lutherische Ansichten und Nachrichten ELANMagazin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe "Friede, Freude, Eierkuchen" Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, jetzt beginnt sie wieder – die besinnliche und mit großen Erwartungen und Hoffnungen ge- schwängerte Zeit. Am Ziel des Weges feiern wir das Kommen des Friedefürsten in diese friedlose Welt hinein. Manche unserer Sehnsüchte nach friedvollem Miteinander im Großen wie im Kleinen wird durch die biblischen Verheißungen wieder genährt oder neu wachgeküsst. Zugleich scheinen wir in diesen Wochen emp- fänglicher und aufmerksamer zu sein für schwer verdauliche und erschütternde Berichte und Geschichten aus vergangenen Tagen oder dem aktuellen Weltgeschehen - sie handeln von Gewalt, Krieg und Zerstörung. Der ersehnte Frieden kommt nicht von selbst. Da sind unser Mittun und auch unsere Bereitschaft zur Umkehr gefordert. Die biblischen Texte zur Weihnacht gipfeln in dem Zuspruch der Engel: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.“ Dem folgen in den Evangelien Jesusgeschichten vom Frieden in der Gemeinschaft, Frieden zwischen Frauen und Männern, häuslichem Frieden, wirtschaftlichem Frieden und vielerlei mehr. Diese Geschichten, die Jesus erzählte und die von ihm erzählen, scheinen nahe zu legen, dass wir unser Leben auch anders, besser leben können, dass wir den Weg der Ge- waltlosigkeit und der Versöhnung, der Überwin- dung von Vorurteilen und der Vergebung gehen können. Was für ein Zutrauen! So wünschen wir es uns ja gerade zum Fest. Des- halb steigt die Anspannung in vielen Wohnungen und Häusern. Die Erfahrung lehrt uns jedoch, dass es mit dem Ausrufen der Devise „Friede, Freude, Eierkuchen“ nicht immer getan ist. Wir wünschen Ihnen eine friedvolle Advents- und Weihnachtszeit voller heilsamer Überraschungen. Apropos „... Eierkuchen“! Vielleicht mögen Sie Ihre Gäste an den Festtagen ja auch überraschen und kredenzen ihnen einmal eine weihnachtliche Kreation des Eierkuchens. Der Kreativität sind da keine Grenzen gesetzt. Ihre ELAN-Redaktion Karin Droste Beate Ney-Janßen Ulrich Hinz Foto: ©kd LKSL.de Ulrich Hinz, Karin Droste – Redaktion ELAN Auf der Jagd Am Horizont macht sich langsam Tages- licht breit. Friedlich schimmert der mor- gendliche Tau auf den Wiesen. Allein auf weiter Flur steht ein Baum. Und im Baum, kaum zu sehen, ein Hochsitz. Der Jäger nimmt das Reh ins Visier. Er beobachtet es eine Weile, unbemerkt. Dann greift er zum Gewehr, zielt, drückt ab. Ein Schuss durchbricht das morgendliche Idyll, Blut färbt die Wiese. Wenig später hängt Bambi enthauptet und ohne Innereien in der Wildkammer. „Suche den Frieden und jage ihm nach.“ Dem Frieden nachjagen. Kein besonders friedfertiges Votum, die Jahreslosung 2019. Zum ersten Mal hatte ich sie gehört kurz nach den Vorfällen in Chemnitz. Rechte Demonstranten hatten auslän- disch aussehende Menschen gezielt Deswegen kommt für mich diese Jahres- Inhalt attackiert und verfolgt. Sofort war die losung tatsächlich wie gerufen. So lange Assoziation da: Eine Hetzjagd auf den wie noch nie leben wir in Europa im 2 Vorwort 3 Auf der Jagd Frieden. Frieden. Und doch bröckelt der Wille 4 Gute Lösungen brauchen Bereitschaft Dem Frieden nachjagen. Flinte statt Tau- zur gemeinsamen Sache an allen Ecken 5 Schülerstreitschlichtung be. Passt das? Sicherlich nicht, wenn es und Enden. Nationalismus ist wieder in, 6 Ein „Navi“ am Himmel meint, Frieden mit Gewalt erzwingen zu Brexit, Populismus, Hauptsache, „me 7 Frieden gestalten – aber wie? wollen. Und doch kann dieses Bild unseren first“! Doch in den Trümmern des Zweiten 8 Lieber Freund, liebe Freundin Blick auf den Frieden und die, die ihn su- Weltkrieges war genau das Gegenteil 9 Friede sei mit euch! chen, zurechtrücken. Friedensbewegung, die Grundidee der Europäischen Union: 10 Frieden stiften – auch in Palästina das klingt nach Flower Power und Batik- Frieden. Zusammenhalt. Gemeinschaft. 11 Alle Jahre wieder: O du fröhliche tüchern, nach weltfremden Gutmenschen. 12 Jeder knüpft am eignen Netz Es wird nicht ausreichen, diesen Frieden Doch Friede wird nicht und wurde nie 13 Tannenduft liegt in der Luft zu erhalten, indem man ihn ab und an 14 Studienreise ins Heilige Land gewonnen durch Naivität. Sondern durch mal aus der Ferne grüßt wie einen alten 16 Tag der Gemeindekirchenräte Menschen, die ihm nachjagen. Kumpel, mit dem man schon irgendwie 18 Weniger im Kleiderschrank Wenn du Frieden willst, musst du ihn in Kontakt bleiben wird. Wir müssen ihm 19 Vieles verbindet uns anvisieren und immer im Blick haben. nachjagen. Sonst haben wir die Flinte 20 Am richtigen Ort Wie Martin Luther King und seine Bür- schon ins Korn geworfen. 21 Termine und Veranstaltungen gerrechtsbewegung in den USA. Du musst Als in Köthen ein Deutscher in einer 24 Es begab sich aber zur der Zeit... mitunter warten, bis du ihn zu Gesicht Auseinandersetzung mit afghanischen 26 Freud und Leid bekommst, jahrelang. Wie die Friedens- Flüchtlingen an einer Herzattacke starb, bewegung in der DDR, die schließlich zum befürchteten die Menschen dort eine Fall der Mauer führte. Du musst dranblei- Wiederholung der Hetzjagden aus Chem- ben, gegen alle Enttäuschung. Wie die nitz. Die internationale Universität und Menschen, die Kindern und Jugendlichen die evangelische Landeskirche Anhalts nicht nur lesen und schreiben beibringen, starteten eine Gegenmaßnahme: Die sondern auch ein gutes Miteinander. Zäh angekündigte Route für den Demonst- musst du sein. Wie die vielen Ehrenamt- rationszug wurde bunt bemalt. Das Bild ELAN lichen, die in unseren Kirchengemeinden Magazin der Evangelisch-Lutherischen mit der Kerze und dem Spruch „Frieden Flüchtlinge zum Amt begleiten und sich Landeskirche Schaumburg-Lippe für Köthen“ vor dem Dom der Stadt ging durch Stapel an Formularen wälzen. Und -Landeskirchenamt- Pressestelle quer durch alle Medien. Und zeigt: Wir im richtigen Moment den Frieden bei Bahnhofstraße 6 | 31675 Bückeburg bleiben dran. Wir verlieren nicht den Mut. den Hörnern packen. Wie das Paar, dass Internet: www.LKSL.de Ihr trampelt auf unserem Frieden herum, sich nach einem riesigen Streit wieder E-Mail: [email protected] aber er wird überdauern. Denn wir suchen gemeinsam an einen Tisch setzt. Wenn nicht nur Frieden. Wir jagen ihm nach. du dich für Frieden einsetzt, bist du so Verantwortlich: Ulrich Hinz (uh) einiges, aber nicht harmlos. Und schon Layout/Design, etc.: Karin Droste (kd) Christiane Meyer, gar kein „Gutmensch“, sollte das Wort Einband: Titel uh 2018 © Karin Droste Pastorin in Seggebruch gut überhaupt als Beschimpfung taugen. Mitarbeit: Beate Ney-Janßen (ade) *) Name von der Reaktion geändert! GEISTLICHES WORT 3 Gute Lösungen brauchen Bereitschaft Gemeindliche Konflikte ähneln anderen Was braucht es, um gute Lösungen für Konflikten. Dennoch gibt es einige spe- Konflikte zu finden? zielle „Fallen“: Wichtig ist die Einstellung der Betei- • Es fehlt ein Ort, an dem die Beteilig- ligten. Sie ist Voraussetzung für gute ten den Konflikt austragen können Lösungen. im Sinne eines runden Tisches. Das Es braucht die Bereitschaft: führt zum Reden übereinander oder • den Konflikt zielorientiert als Ent- zur Parteienbildung. wicklungsaufgabe zu sehen, da er ein • Es gibt kein erprobtes Konfliktrege- Problem sichtbar macht, lungsmanagement und keine klaren • den Konflikt als Chance zu sehen, den/ Kompetenzen. die Andern besser kennen zu lernen, • Es geht nicht nur darum, Recht zu • eine wertschätzende Haltung gegen- haben, sondern schnell auch um die über allen Konfliktpartnern einzu- „Wahrheitsfrage“. Ein Streit um Klei- nehmen, nigkeiten wird schnell grundsätzlich. • zu hören und die eigene Position zu • Durch den Anspruch „Wir sind alle hinterfragen, Brüder und Schwestern“ werden • auf direkte oder unterschwellige Konflikte unterdrückt: „Streit darf es Machtausübung zu verzichten. in junger Pastor kommt in eine in der Kirche nicht geben!“ Dorfgemeinde. In der Antrittspre- • „Macht“ ist in der Kirche ein verpön- Darüber hinaus kann es hilfreich sein, digt macht er deutlich, dass er tes Wort. Das führt zur Blindheit ge- sich rechtzeitig (bevor der Konflikt es- Eseine Arbeit auch politisch versteht, gen unbewusst oder unterschwellig kaliert ist) einen Moderator zu suchen, sich für Minderheiten einsetzen will, ausgeübte Macht. Macht ausüben der den Konflikt von außen sieht und sich in der Friedensbewegung engagiert. kann schon der Satz: “In der Kirche von allen Beteiligten als Vermittler an- Das ruft den Ärger einer konservativen wollen wir uns doch nicht streiten!“ erkannt wird. Gemeindegruppe hervor, die ihm Verrat oder die Psychologisierung des an- am Evangelium vorwirft. deren: „Der ist so, weil...“ Nicht „Friede, Freude Eierkuchen“ sollte Demonstrativ meiden sie seine Gottes- das Ziel einer Gemeinde sein, sondern dienste, einige gehen in Nachbargemein- dass sie gut mit ihren Konflikten umge- den. Der Organist beschwert sich beim hen lernt. Kirchenvorstand, dass im Gottesdienst Hartmut Ahrens, Pastor i.R. „immer nur Friedens-Liedchen zur Gi- tarre geträllert werden“. Viele Jüngere stellen sich aber auch hinter den Pastor. Bald ist der Konflikt Gesprächsthema im Ort. Der Kirchenvorstand versucht die Wogen zu glätten. Nach 2 Jahren verlässt der Pastor die Gemeinde. Wo immer Menschen zusammen sind, ist nicht nur "Friede, Freude, Eierkuchen". Auch eine Kirchengemeinde ist, wie das Beispiel zeigt, davon nicht ausgenom- men. Würde man all die gemeindlichen Bezie- hungen aufzeichnen, gäbe es ein dichtes Netz und damit auch eine Fülle von Konfliktfeldern