Manuskript Jens Evensen Vortrag 5. April 2012
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
1 Macht, Mythos und Mensch: der Politiker, Diplomat und Jurist Jens Ingebret Evensen Berit Ruud Retzer [email protected] – www.berit1.com Vortrag im Peer Gynt-Club, Hamburg, Donnerstag, 5. April 2012 Meine Damen und Herren, liebe Freunde! Zunächst möchte ich Ihnen danken, dass ich im Peer-Gynt-Club über meine Biographie von Jens Evensen sprechen darf. Lassen Sie mich damit beginnen, was ein Tabu für Journalisten und Schriftsteller ist, nämlich zu erzählen, wie ich zu dieser Geschichte gekommen bin. Es war so, dass Jens Evensen Norwegen verlassen hatte, nachdem sein Staatssekretär, Arne Treholt, wegen Spionage verurteilt wurde. Er war Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag, und ich war Journalist in Den Haag. Nach der Treholt-Affäre mied Jens Evensen die Presse. Er gab keine Interviews und wollte keine Journalisten sehen. Eines Tages klingelte das Telefon bei mir. Es war der norwegische Generalkonsul in Rotterdam. Ob ich doch bitte Jens Evensen von dem Empfang in der Residenz nach Hause fahren könnte. Obwohl Evensen einen Dienstwagen mit Chauffeur hatte, sagte ich «Ja». Das war der Anfang von unserer Biographie. Wir wurden Freunde. Evensen bekam Vertrauen zu mir, er erzählte, lachte und weinte, während ich schrieb und lernte. Wir hatten eine gute Zeit zusammen - bis ich das Kapitel über Arne Treholt geschrieben hatte. Dann begannen seltsame Dinge zu passieren. Das Buch wurde gestoppt und William Nygaard, Direktor von Aschehoug, bot mir Geld, um das Manuskript zu kaufen, damit es nie veröffentlicht werden würde. Ich sagte nein. Den Grund für Nygaards Verhalten habe ich nie erfahren, aber alles deutet darauf hin, dass es das Kapitel über Arne Treholt war. Ich gab aber nicht auf und schrieb ein neues Manuskript, jetzt ohne Zusammenarbeit mit Jens Evensen. Das Buch - JENS EVENSEN: MAKTEN, MYTEN OG MENNESKET, EN UAUTORISERT BIOGRAFI - erschien 1999 im BBG Forlag, Oslo. Eine russische Übersetzung erschien 2004 im Impeto Verlag, Moskau. Die Internet-Seite zum Buch findet man unter www.berit1.com. Berit Ruud Retzer Peer Gynt-Club, 5. April 2012 2 BARNDOM Wer war Jens Evensen? Menschen aus Oslo werden sich an den Namen auf großen weißen Einkaufstüten mit roter Schrift erinnern: Jens Evensen. Der Metzger Jens Evensen war der Vater vom Juristen Jens Evensen. Der Metzger und seine Frau Victoria hatten eine Wurstfabrik in Grönland, das in der zweiten Generation zur größten Lebensmittelkette Norwegens wuchs. Hier in Grönland, Oslos ärmste Gegend, unter den Ärmsten der Armen, wurde Jens Evensen geboren. Die Wurstfabrik wuchs, und die Familie kaufte ein Sommerhaus in Asker. Der junge Jens lernte die Kontraste zwischen der Armut in Grönland und den feineren sozialen Schichten in Asker kennen. Diese Eindrücke prägten seine Persönlichkeit ein Leben lang. Er konnte sich gut verteidigen, sowohl mit Faust und Mund, ein harter Kämpfer. So beginnt die Geschichte des Mannes, dem Norwegen sein Reichtum durch Öl, Gas und Fischerei verdankt. KAST I KARRIEREN Nach dem Studium wurde Evensen bald mit großen Aufgaben konfrontiert. Nach dem Krieg half er, die Konzentrationslager zu öffnen, und im Landesverratsprozess (landssvikoppgjøret) Vidkun Quislings finanzielle Unregelmäßigkeiten zu untersuchen. Im Jahr 1961 wurde Jens Evensen Leiter der Rechtsabteilung im Außenministerium. Es dauerte nicht lange, bis er die besten Leute um sich herum versammelt hatte. Unkonventionell, reich, gut gelaunt, gutaussehend, aber vor allem furchtlos, ehrgeizig und mit Visionen. Der Neid blühte um ihn herum. OLJE NORGES FAR Als das Interesse an Gas und Öl in Norwegen geweckt wurden, war Evensen bereits ein Schwergewicht im internationalen Seerecht. Mit Freude konnte Staatsminister Einar Gerhardsen Evensen als Vorsitzenden des Kontinentalsokkelutvalgets ernennen. Die großen internationalen Ölkonzerne hatten ein Auge auf die „schlafende Schönheit", wie sie Norwegen nannten, geworfen. Nun war Norwegen an der Reihe. Berit Ruud Retzer Peer Gynt-Club, 5. April 2012 3 Norwegen hatte die vier-Meilen-Zone, die Besitzverhältnisse an dem Festlandsockel waren jedoch unsicher. "Die Seegebiete außerhalb der Hoheitsgewässer Norwegens sind freies Meer, und wir werden hier bohren", so die Unternehmen. Nun musste Norwegen reagieren. Die norwegische Industrie glänzte durch Abwesenheit. Die Regierung hatte keine politische Vertretung. Die Ölfirmen standen Schlange. "Wir möchten seismische Untersuchungen in den norwegischen Gebieten führen", sagten sie. Evensen und seinen Mitarbeitern, die kaum wussten was seismische Untersuchungen waren, antworteten „Ja“. Durch ihre Anfragen hatten die Ölgesellschaften in gewisser Weise Norwegen als Herr der Gebiete akzeptiert. Die Rechtsabteilung arbeitete Tag und Nacht. Im Jahr 1963 erhob Norwegen Anspruch auf Teile der Nordsee nach dem sogenannten Mittellinienprinzip. Es ging um ein Gebiet so groß wie das norwegische Festland. Verhandeln, Verhandeln, Verhandeln. Norwegen wollte zunächst mit Dänemark verhandeln. Falls Norwegen ein Abkommen mit Dänemark erreichen würde, würde es den norwegischen Anspruch gegenüber England stärken, aber Dänemark sagte nein. Die Angelegenheit war dringend. Dann waren es die Engländer, die Norwegen zu Hilfe kamen. Norwegen erhielt einen Brief aus Großbritannien. Der Brief war ein Segen. England wollte Verhandlungen mit Norwegen, basiert auf dem Mittellinienprinzip, genauso wie es Norwegen wollte. Im Jahr 1965 wurde das Abkommen mit Großbritannien unterzeichnet, mit sehr günstigem Ergebnis für Norwegen. Auch die Dänen waren schließlich bereit, eine Vereinbarung nach dem Mittellinienprinzip zu signieren. Aber mit einer Bedingung. Sie wollten eine zusätzliche Vereinbarung aufgrund der laufenden Verhandlungen mit Deutschland, das sogenannte hysj- hysj avtalen, das Evensen akzeptierte, später aber zurückziehen musste. Evensen und seine Leute mussten lernen. Evensen wollte die Ölkonzerne, die großen, schweren wohlgemerkt, als Lehrmeister haben. "Je schneller Sie helfen, uns in Erdöl-Gesetzen auszubilden, desto schneller können wir die norwegische Gesetze schreiben", erklärte der Chef. Berit Ruud Retzer Peer Gynt-Club, 5. April 2012 4 Shell, Esso, BP und Caltex wollten exklusive Rechte, aber Evensen verweigerte diese. Öl und Gas, falls sie überhaupt im nennenswerten Ausmaß geben sollte, wären ein Reichtum, das der ganzen Nation gehörte, ein norwegisches Gemeinschaftsgut. Auch ohne exklusive Rechte standen die Ölkonzerne Schlange, als die Bohrkonzessionen für die Nordsee vergeben wurden. Damit hatten Evensen und seine Kollegen die Grundlage für Norwegens Öl- und Gasreichtum gelegt. Man könnte Jens Evensen als Vater des norwegischen Reichtums bezeichnen. MOT JUNTAEN I HELLAS Was hätte Evensen gewollt, dass ich Ihnen erzähle, wenn ich ihn hätte fragen können? Über den Kampf gegen die Junta in Griechenland. Skandinavien hatte rechtliche Schritte gegen die Junta am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eingeleitet. Evensen war Norwegens Vertreter. Ich lese aus meinem Buch, Seite 117 und 118: Det var i Sveits. Evensen hadde nettopp kommet tilbake til hotellet. Han sto på badet og stelte seg da han i speilet fikk øye på en stor brun konvolutt som ble skjøvet langsomt under dørsprekken. I konvolutten lå en beskjed og en adresse. Dersom han var interessert i å få avgjørende bevis for torturen av fanger i Hellas, skulle han reise til den oppførte adressen i Paris, sto det på en lapp. Ekspedisjonssjef Jens Evensen fra Det Kgl. Norske Utenriksdepartement, på reise rundt i Europa for å undersøke påstanden om mishandling av greske fanger, var nettopp kommet fra et møte med to medlemmer av Amnesty International – det amerikanske ekteparet Maria og Jimmy Beckett. Beckett hadde vist Evensen erklæringer som overbeviste ham. 30 til 40 erklæringer som fortalte om den torturen folk var blitt utsatt for. Men ekteparet Beckett var annenhånds vitner. Det var ikke godt nok. Adressen i den brune konvolutten kunne være en felle. Evensen tok allikevel sjansen og reiste til Paris. Der kom han til et gammelt, falleferdig hus. En butler åpnet døren, og ned trappen kom en elegant kvinne som presenterte seg som Amalia Fleming, enken etter nobelprisvinneren Alexander Fleming, mannen som oppdaget penicillin-muggsoppens bakteriedrepende virkning. Berit Ruud Retzer Peer Gynt-Club, 5. April 2012 5 Det var fru Fleming som ga Evensen hans første vitne. Hun var lege i Hellas og hadde behandlet torturofre. I detalj kunne hun beskrive de grusomste torturme-toder. Fru Fleming sa seg villig til a vitne. Av henne fikk han navnet på den greske skuespillerinnen Kitty Arseni, som var lykkes i å komme seg til London. I London fant han en pengelens og nedbrutt Kitty Arseni. Mishandlingen hadde knust henne, og torturistene var ikke ferdige med sine trusler med det. De ville finne henne, hadde de sagt. Sto hun frem som vitne og fortalte om det hun hadde opplevd, ville de alltids finne henne. Å vitne skulle koste henne livet. Men Evensen visste at Kitty Arseni var vitnet som kunne vinne saken for dem i Strasbourg mot juntaen og de greske oberstene. Journalisten Arne Strand fikk Evensen til å forteIle om sitt første møte med Kitty Arseni: «Da jeg traff denne kvinnen i London, var det første gang jeg ble overbevist om at jeg hadde et torturoffer foran meg. Hun var 31 år, men så ut som en 70-åring, Bena ville ikke lenger bære henne. Hun ble støttet av en annen gresk kvinne. Så begynte hun å fortelle. 'De hentet meg klokka to om natten'. Mer fikk hun ikke sagt. Svetten sprang frem i ansiktet. Det var som om jeg hadde kastet et glass vann på henne. Tanken