Calendarium 2
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/ CALENDARIUM 2 Der Studiengang Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus im Sommersemester 2008 herausgegeben von Hanns-Josef Ortheil / VORWORT Liebe Studentinnen und Studenten des Studiengangs „Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus“, liebe Leserinnen und Leser, Ich glaube, und zwar glaube ich es aufrichtig, dass es keinen besseren Weg gibt, ein ernsthafter Schrift steller zu werden, als täglich etwas zu kritzeln… (Italo Svevo am 2. Oktober 1899 in seinem Tagebuch) 1 Das Sommersemester 2008 war PROSANOVA-Semes- ter. Es begann mit einer Werkstatt junger Schriftsteller- in nen und Schriftsteller, die von der künstlerischen Leitung im Februar 2008 nach Hildesheim eingeladen worden waren. „Poetik“ im weitesten Sinne war das Thema dieser Werkstatt: Poetik der Dichtung, Poetik der Lebensverhältnisse, Poetik des literarischen Betriebs. Mitte April 2008 wurde das Festival-Büro in der Einumer Straße 13 eröffnet, es folgten die ersten „Raumaktionen“ in der Hildesheimer Innenstadt: Roman- und andere Text-Auszüge als kleine Kassiber verstreut im Stadtbild, Straßenmusik, Informationsstände für das Hildesheimer Publikum, schließlich meterbreite Buchstaben aus Straßenmalkreide auf zentralen Kreuzungen. Lesungen 4 / CALENDARIUM 2 in Hildesheimer Schulen setzten diese Aktionen fort, bis das Festival am 22. Mai 2008 auf dem Gelände der früheren Phoenix-Werke eröffnet wurde. 2 Das Festival selbst präsentierte dann an vier Tagen ein Programm, das sich in den unterschiedlichsten Formaten darstellte: Als Gespräch über das Poetik-Werkstatt- Treffen im Februar, als Literaturdebatte, fokussiert auf die Themen „Literatur und Medien“ oder „Literatur und Politik“, als morgendliches Frühstücksgespräch über „Literatur und Musik“, als Lesung der Lyrikszene, als Lyrikwettbewerb, als Vorstellung junger Dramatik, als Roman-Lektorat, als Szenario unter freiem Himmel oder im Parkhotel Berghölzchen, als Hörspiel und Live Poetry – und vier Nächte lang als Konzert, Party, Tanz. Wie beim ersten PROSANOVA-Festival drei Jahre zuvor ging es also immer auch um eine Arbeit in einem be- stimmten Raum, um seine Besetzung und Umgestaltung und damit um die Ausdehnung von „Literatur“ auf „Umgebungen“. Die Geschichte des zentralen Festivalraums dokumen- tierte dabei der von Annett Gröschner und Stephan Porombka herausgegebene Band Phoenix in der Asche. Vom Verschwinden eines Produktionskollektivs, während das Poeten-Treffen vom Februar und die Refl exion über die dort angesprochenen Themen in dem von Martin Bruch herausgegebenen Band treffen – Poetiken der Gegenwart porträtiert wurden. PROSANOVA stellte sich daher nicht als bloße In- szenierung von junger literarischer Gegenwart vor, son- dern immer auch als schriftlich fi xiertes Nachdenken VORWORT / 5 über das, was jeweils geschah und vorher geschehen war. In diesem Sinn ist die „Produktion“ eines solchen Festi- vals als doppelter Akt zu verstehen: Als organisatorische und inhaltliche Planung wie als Beobachtung dieser Planung, ihrer Details und ihrer Entwicklungen. Die das Festival begleitenden Bücher sind Teil eines sol- chen „Beobachtungs- und Mitschreibprozesses“, sie fra- gen nach der Vergangenheit und justieren Positionen von Poetik. Auf diesem erarbeiteten Fundament sitzen dann die „Gegenwartsreportagen“ zum Verlauf des Festivals selbst auf, die von jungen Kulturjournalistinnen und Studierenden in der Form eines Festival-Journals und einer Festival-Internetseite geleistet wurden. BELLA triste, die Literaturzeitschrift, ergänzte all diese Schreib-Foren schließlich durch eine Sondernummer, die sich den aktuellen Lyrik-Debatten widmete und damit jene Diskussionen fortführte, die in einem frü- heren Heft mit weit reichendem überregionalen Echo begonnen worden waren. Ende Mai 2008 war PROSANOVA aber noch keineswegs endgültig vorüber. Im Juni schloss sich vielmehr eine Exkursion der hauptamtlich am Studiengang Lehrenden mit allen organisatorisch beteiligten Studierenden nach Sylt an, und Mitte August 2008 erschien die offi zielle Dokumentation des Festivals in dem Band Übers Festland – eine Prosanovela. 3 Rund um PROSANOVA verliefen jedoch im Sommer- semester noch viele weitere Initiativen und öffentliche Präsentationen von Lehrenden und Studierenden, die in diesem Calendarium 2 nun zusammengestellt sind. Dabei 6 / CALENDARIUM 2 handelt es sich vor allem um jene Veranstaltungen, Aktionen und Präsenzen, mit denen der Studiengang das literarische Leben in Deutschland gerade auch au- ßerhalb der Universität Hildesheim bereicherte. Ergänzt wurden diese Mitteilungen durch knap- pe Hinweise auf Rezensionen von Büchern, die im „Gedankenstrom“ des Studiengangs eine Rolle spie- len oder noch spielen könnten. Daher lassen sich die- se Hinweise auch als eine kleine Bibliografie jener Gegenwartsliteratur und ihrer Spektren lesen, als deren Teil sich dieser in Deutschland einzigartige Studiengang versteht. 4 Helga Burgemeister, Kathi Flau und Juliane Krüger (Layout) haben mir bei der Arbeit an diesem Buch ge- holfen. Ihnen danke ich besonders. Den Lehrenden und den Studierenden danke ich für ihre Mitteilungen. Herzlich grüßt Hanns-Josef Ortheil Hildesheim, Domäne Marienburg, im November 2009 VORWORT / 7 DIE LEHRENDEN / DIE STUDIERENDEN Die Lehrenden im Sommersemester 2008 / Die Professoren Prof. Dr. Hanns-Josef Ortheil Prof. Dr. Stephan Porombka Prof. Dr. Sandro Zanetti / Die wissenschaftlichen Mitarbeiter Paul Brodowsky Thomas Klupp / Die Lehrbeauftragten Jean-Michel Berg Hans Borchert Wiebke Eymess Markus Lochthofen Christian Schärf Tordis Schuster 10 / CALENDARIUM 2 Die Studierenden im Sommersemester 2008 Sebastian Albrecht Florian Balle Maximilian Balzer Jan Berning John Birke Meike Blatzheim Anne-Catherine Böhler Jonas Bohlken Celia Borm Martin Bruch Stephanie Drees Clara Ehrenwerth Katja Erting Lena Feuerstein Jan Fischer Kathi Flau Andrea Franke DIE LEHRENDEN / DIE STUDIERENDEN / 11 Lin Franke Rebecca Anna Fritzsche Carola Gruber Phillip Hartwig Julia Susanne Heuser Fabian Hischmann Hieu Hoang Duc Martin Hofstetter Chris Hönigmann Marius Hulpe Sabrina Janesch Joëlle Jobin Aline Kappich Daniel Koch Dorothea Körber Martin Kordić Susanne Kruse Eva-Lena Lörzer Marcel Maas Inga Machel 12 / CALENDARIUM 2 Inga Mathwig Ines Meisner Stefan Mesch Azar Maria Mortazavi Manesh Alexandra Müller Lena Katharina Müller Tessa Müller Sina Noemi Ness Marc Niggemann Silvia Overath Lukas Papierak Sebastian Polmans Leatizia Praiss Anahi Pèrez Leif Randt Sarah Rehm Franziska Richter Elisa Ring Ivana Nathalie Rohr Janna-Marie Schielke DIE LEHRENDEN / DIE STUDIERENDEN / 13 Johannes Schneider Mareike Schneider Christina Andrea Schorpp Julia Schulz Nina Seeger Lisa-Maria Seydlitz Martin Andreas Spieß Kai Splittgerber Kay-Uwe Steinke Tilman Strasser Stefan Stuckmann Robin Thiesmeyer Lena Töpler Franziska Walther Nora Wicke Mascha Wille Lino Wirag Lutz Stephan Wöllert Nadja Wünsche Renate Wurth 14 / CALENDARIUM 2 / DIE LEHRVERANSTALTUNGEN / Die Vorlesung Schärf, Christian: Sinngeschichten des Schreibens Die Vorlesung durchstreift 200 Jahre Literaturgeschichte unter dem Gesichtspunkt literarischer Produktivität. Dabei geht es weniger um Fragen der Poetik als viel- mehr um die jeweils unterschiedlichen Interpretationen des Schreibprozesses, seiner Motivationen, seiner Ziele und seiner Problematiken im Horizont biographischer, zeitgeschichtlicher und allgemein existentieller Fragen. Beginnend bei Goethe und der Romantik werden wir studieren, welche Kräfte und Impulse schriftstelleri- sche Produktivität bedingt haben und welche daraus abgeleiteten „Sinngeschichten“ mit der Tätigkeit des Schreibens bis in die jüngste Zeit verknüpft waren. Thematische Schwerpunkte sollen Autoren bilden wie Friedrich Nietzsche, Robert Walser, Franz Kafka, Jean-Paul Sartre, Roland Barthes, Georges Perec, Peter Handke, Thomas Bernhard, W. G. Sebald und andere. Zudem soll die Frage nach der Möglichkeit einer syste- matischen Darstellung schreibender Sinngeschichten als Entwurf einer ‚produktiven Literaturgeschichte‘ erörtert werden. / Die Proseminare Schärf, Christian: Schreiben bei Franz Kafka Mit einer bis zu ihm hin unbekannten Radikalität hat Franz Kafka die Tätigkeit des Schreibens zum Mittel- punkt seiner Existenz erklärt. Schreiben war ihm In- 16 / CALENDARIUM 2 be griff von Leben, Zwang und Glücksquelle, Qual und Erfüllung. Kennzeichnend dafür ist die vollkommene Konzentration des Autors auf den Akt des Schreibens und, damit verbunden, der Blickwechsel vom Werk als dem Produkt des Schreibens auf die Psyche und den Körper des Schreibenden. Wir wollen die Dynamik der in diesem Rahmen entstandenen Prozesse nach- vollziehen, die Kafka, wiederum schreibend, in Briefen und Tagebüchern festgehalten hat. Darüber hinaus werden wir das selbstreflexive Durcharbeiten des Schreibwunsches als existentielle Frage auch in Kafkas erzählenden Texten analysieren und diskutieren. Als vorbereitende Lektüre empfehle ich Kafkas Tagebücher sowie die Briefe an Felice. Schuster, Tordis: „Sonst ist man kein Mensch, sondern nur ein Häufchen Dreck“ – Astrid Lindgrens Schreiben Astrid Lindgren, die „wunderbarste Kinderbuch auto- rin aller Zeiten“ (DIE ZEIT), hätte im November 2007 ihren 100. Geburtstag gefeiert. Der weltweit höchst- dotierte Preis für Kinder- und Jugendliteratur trägt ihren Namen, sie schrieb über 70 Bücher, 145 Mio. Exemplare beträgt Lindgrens Weltaufl age. Ihre Themen wurden in der Presse immer wieder diskutiert: Darf man über Tod und Leid im Kinderbuch schreiben? Wie anarchistisch darf „Pippi“ sein? Wir wollen ei- nen Blick hinter die Geschichten werfen, uns fragen, was die