10 Jahre SEITENWAHL – www.seitenwahl.de SEITENWAHL vom 15.03.2004

Vorbericht DFB-Pokal, Halbfinale: - Borussia Mönchengladbach

Ersatz: Memmersheim - Salou, Gomez, Bediako, Ersatz: Stiel - van Hout, Maric, Eberl, Kolkka, Mbwando, Paulus, Ewertz Pletsch, Kluge Es fehlen: Brinkmann (verletzt) Es fehlen: Korell, Rubén, Demo (verletzt)

Schiedsrichter: Edgar Steinborn (Sinzig) Assistenten: Carsten Kadach, Heiner Müller 4. Offizieller: Uwe Kemmling

Jede Woche ein neuer Ausfall. Nach Rubén erwischte es jetzt also Igor Demo. Gut, daß ansonsten (bis auf den Langzeitverletzten Korell) wieder alle Spieler mit an Bord sind. Ein richtig großes Fragezeichen gibt es aufstellungstechnisch eigentlich nur, was die Besetzung des Sturms angeht, wo wieder einmal die Wahl "2 aus 4" hat. Joris van Hout hat nach durchschnittlicher Leistung in Bochum die schlechtesten Karten in diesem Stürmer-Quartett. Pokalheld Vaclav Sverkos ist nach seiner Grippe wieder voll belastbar und könnte somit in die Startelf zurückkehren. Aber auch ein Strafraum-Duo mit van Lent und Maric ist nicht völlig auszuschließen, wenngleich es gewagt wäre, in diesem wichtigen Spiel eine Stürmerkombination zu wählen, die noch nicht miteinander gespielt hat.

Auf den anderen Positionen wäre es schon sehr überraschend, wenn sich allzu viel ändern würde. Claus Reitmaier hat auch bei seinem zweiten Einsatz keine wirkliche Bewährungschance erhalten. Bei den wenigen Bochumer Chancen war er ebenso zur Stelle, wie er beim Gegentor machtlos war. Etwas unverständlich von daher die Einschätzung des kicker, der für eine typische 3er-Leistung die Note 4 wählte. Eine Note, die im übrigen an diesem Wochenende auch ein Andreas Reinke erhielt, obwohl er ganz offensichtlich gleich zwei Tore verschuldete, von denen eins dann sogar zählte. Ganz zu schweigen von der nicht minder lächerlichen 3,5 für Schalke-Youngster Ünlü, der bei seinem dritten Gegentor mächtig daneben griff.

In der Abwehr konnte man am Sonntag alles in allem zufrieden sein. Besseres Spielermaterial steht uns hier nicht zur Verfügung, so daß wir aus den gegebenen Mitteln das Beste machen müssen. Der zur Zeit etwas formschwache, aber konkurrenzlose Carnell wird es Gott sei Dank mit der nur kämpferisch starken rechten Seite der Aachener zu tun haben, auf der mit Dennis Brinkmann ein hoffnungsvolles Talent fehlt. Kai Michalke und Willi Landgraf sind in ihren Möglichkeiten noch weit stärker begrenzt als es Carnell jemals sein könnte, wenngleich sie gerade für einen Pokalfight geeignet erscheinen, da sich speziell Zweitliga-Ikone Landgraf seit Jahren durch sein unermüdliches Laufpensum auszeichnet. Schwieriger wird die Aufgabe für Bernd Korzynietz, der u.a. auf den oft vorrückenden Blank wird aufpassen müssen.

Da die Schwächen der Alemannen in der Defensive liegen, sollte es vorrangiges Ziel sein, sie nicht zu sehr ins Spiel kommen zu lassen, sondern selbst Druck zu entfalten. Sollte sogar noch unser Ex- Talent Quido Lanzaat ausfallen, dessen Oberschenkel Probleme bereitet, so steht Jörg Berger vor einem größeren Problem. Schließlich hat der ehemalige Coach und Ziehvater von Holger Fach gerade in der Defensive nur wenig Alternativen zur Verfügung. Bediako oder Mbwando machten zuletzt keine 10 Jahre SEITENWAHL – www.seitenwahl.de SEITENWAHL vom 15.03.2004 gute Figur und wären für unsere Offensive dankbare Gegner. Zumal wir uns sicher auch nicht vor einem Lanzaat in die Hose machen brauchen, der sich am Bökelberg gegen angeblich doch so schwache Abwehr-Konkurrenz nicht durchsetzen konnte.

Überhaupt besteht kein Anlaß, vor diesem Gegner irgendeine Form von Angst zu zeigen. Die Öcher sind mitnichten eine unbezwingbare Übergröße und man sollte dem Herrgott danken, wenn man die Chance erhält, durch einen einzigen Sieg bei einem Zweitligisten nach Berlin fahren und womöglich gar für den UEFA-Cup planen zu dürfen. Die letzten beiden, gutgeführten Partien unseres Teams sollten uns ausreichend Selbstvertrauen gegeben haben, um mit einer ähnlich engagierten Leistung die Weichen auf Sieg und Weiterkommen zu stellen.

Respekt gebührt dennoch einer jeden Mannschaft, die bis ins DFB-Pokal-Halbfinale vorgedrungen ist. Aber spätestens hier sollte der Bonus des unterschätzten Underdogs aufgebraucht sein, da wohl kaum irgendein Borusse mit der Überheblichkeit des Klassenhöheren in diese Partie gehen wird - zumal zum jetzigen Zeitpunkt nicht wirklich feststeht, wer im nächsten Jahr denn wohl die höhere Klasse wird besuchen dürfen. Genau wie Borussia hat es auch Aachen verstanden, in diesem Pokalwettbewerb über sich hinaus zu wachsen. Nach einem stotternden Beginn, der in Erfurt beinahe zur peinlichen Überraschung geführt hätte, kamen die Aachener so richtig in Fahrt und warfen dabei die beiden Münchener Erstligisten aus dem Rennen. Hinzu kam ein nicht minder imposantes 5:0 bei der Braunschweiger Eintracht, was die Unberechenbarkeit dieses Teams verdeutlichte. An schlechten Tagen, wie dereinst beim 1:7 in Fürth geht so gut wie nichts. Läuft es aber rund für die Jungs von Jörg Berger, so sind sie nur ganz schwer zu stoppen - und das insbesondere am aufgeheizten heimischen Tivoli.

Sollte es am Ende zu einem Elfmeterschießen kommen, so scheinen die Aachener gut gerüstet. In den ersten beiden Runden setzte man sich in Erfurt und gegen 1860 München erst in solch einem Nervenkrimi durch, wobei Keeper Straub insgesamt drei Schüsse abwehren konnte. Treffsicherster Elfmeterschütze ist Ivica Grlic, der 5 von 6 Elfmetern in dieser Saison bislang verwandelte. Neben ihm wäre beim Elfmeterschießen am ehesten mit Meijer, Blank, Krontiris, Michalke und/oder Pflipsen zu rechnen, wobei unser aller Kalla in dieser Spielzeit bereits 3 von 4 Strafstössen gnadenlos versemmelte. Überhaupt scheint der schon zu Borussen-Zeiten launische Urlaubsgeld-Einforderer zur Zeit wieder einer seiner schwächeren Phasen zu frönen. In der Rückrunde ist sein Leistungstief ein nicht unwesentlicher Grund für die bislang doch sehr maue Punktausbeute des Möchtegern- Aufsteigers. Auch der zweite erfahrene Oldie Erik Meijer schien bis letzten Freitag in der Krise - hatte er doch 5 Monate lang in Folge nicht getroffen. Beim 3:1-Sieg gegen den dankbaren Aufbaugegner aus Lübeck holte er sich aber mit dem 3:1-Treffer ebenso wie die ganze Mannschaft enorm wichtiges Selbstvertrauen vor dem Pokalspiel. Daß selbst der ansonsten so torgefährlich wie ein Borussen- Mittelfeldspieler auftretende Kai Michalke traf, sollte den Lübeckern schon ein wenig zu denken geben.

Aufpassen muß Borussia wie so oft in den letzten Wochen auf Standardsituationen. Mit Grlic und Blank verfügt man über zwei Spieler, die aus der Distanz gefährlich sind. Blank ist zudem mit seinen 1,90 Metern auch bei Kopfbällen sehr zu beachten, so daß er bei Eckbällen und Standards z.B. von Arie van Lent bewacht werden sollte. Im Angriff hat Jörg Berger eine ordentliche Auswahl. Der gesetzte Erik Meijer, der insbesondere als Führungsspieler eine Schlüsselrolle in diesem Team ausfüllt, wusste gegen Borussia in der Vergangenheit des öfteren zu gefallen. Erinnert sei u.a. an seinen Kopfballtreffer im Vorjahr beim HSV, als er den verdutzten Jörg Stiel aus 10 Metern überlupfte und uns einen schon sicher geglaubten Punkt entriss. Am Freitag durfte endlich wieder Daniel Gomez ran, der im Spiel gegen des Dopings überführt worden war und danach vom moralisch stets überkorrekten DFB für 3 Monate aus dem Verkehr gezogen wurde. Gegen Lübeck spielte der Franzose als hätte er nie gefehlt und legte gleich zwei Tore vor. Spielt er, dann dürfte kein Platz mehr sein für einen der Pokalhelden. Denn die Dortmunder Leihgabe Emmanuel Krontiris (u.a. 3 Tore in Braunschweig und mit 7 Ligatoren bester Schütze bei den Alemannen) war zuletzt verletzt ausgefallen, wird aber gegen Borussia wieder einsatzbereit sein. Ist er zu 100% fit, so wird er wahrscheinlich den Vorzug erhalten. Es sei denn, Berger packt der Mut so sehr, daß er der Taktik den Vorzug gibt, die immerhin am Freitag den Erfolg brachte. Während man in der ursprünglichen 4-4-2- Ausrichtung zu Beginn nämlich noch etwas holperte, ging der Alemannen-Express erst dann los, als mit Salou für Mbwando ein dritter Stürmer zugunsten eines Abwehrspielers kam.

Bachirou Salou ist ein weiterer alter Bekannter im Team der ausgemusterten Ex-Borussen, dem man Respekt zollen muß. Die Penetranz, mit der er sich trotz stetiger Erfolglosigkeit dermaßen konstant im 10 Jahre SEITENWAHL – www.seitenwahl.de SEITENWAHL vom 15.03.2004

Profifußball zu halten versteht, wird wohl nur noch von Ewald Lienen übertroffen. Nachdem der Togolese bei Borussia nicht an den damals gesetzten Dahlin und Herrlich vorbeikam, war es eigentlich bei all seinen Klubs stets das gleiche Bild: Salou traf zu Beginn, um dann nach einiger Zeit in der Versenkung zu verschwinden. Gut also, daß sein Einstand bei den Aachenern jetzt schon eine ganze Weile her ist. Nichtsdestotrotz ist mit ihm als hoch motivierten Jokerspieler zu rechnen, sollte es für uns nach Plan laufen.

Schiedsrichter

Die Auswahl des Schiedsrichters ist auf dem Blick ein gutes Zeichen. Unter Edgar Steinborn konnte Borussia in dieser Saison immerhin 2:1 gegen Dortmund gewinnen, wobei die Schwarzgelben mit dem Weidenfeller-"Foul" vor dem 2:1-Siegtreffer haderten. Seit letztem Samstag wissen wir allerdings, daß selbst für Dortmunder "lächerlichste Entscheidungen" manchmal ihre Berechtigung haben. Auch sonst hat der älteste deutsche Profischiri in dieser Saison schon so einige Aufmerksamkeit erregende Fehler zugelassen. Am letzten Wochenende z.B. erzürnte er die Kölner, denen er beim 2:3 in Bremen einen einwandfreien Treffer aberkannte und damit nicht unwesentlich auch ins Meisterschaftsrennen eingriff. Die Bayern werden mit dem Sinziger keine guten Freunde mehr, da sie sich schon auf Schalke angesichts einer sehr einseitigen Pfeiferei zugunsten der Knappen von diesem Schiri verpfiffen fühlten. Auch beim triumphalen 1:0-Sieg unserer Borussia über die Bayern zur -Rückkehr vor 2½ Jahren war Steinborn anwesend. Die Aachener dagegen pfiff der fast 47jährige erst noch vor wenigen Wochen bei der Heim-Blamage gegen Wacker Burghausen (0:1).

Bilanz

In Aachen sieht die Bilanz sehr ausgeglichen aus, wobei die meisten Spiele noch aus einer längst vergangenen Zeit stammen. Im Pokal haben wir 1984 schon am Tivoli mit 2:0 gewinnen können. Auch bei unserem allerersten Pokalsieg 1960 ging der Weg ins Finale über die Printen. Damals war aber schon ein Losentscheid nötig, nachdem zwei Partien unentschieden geendet waren. Remis lautete es gleichfalls bei den Spielen in diesem Jahrtausend auf dem Tivoli. Mit jeweils 1:1 trennten sich die beiden Lokalrivalen in Liga 2 mehr schiedlich als friedlich. Wir Fans sollten uns also schon einmal auf die Nerventortour einer gut möglichen Verlängerung einstellen.

SEITENWAHL-Meinung

Michael Heinen: Es wird ein hartes Stück Arbeit. Aber mit der Leistung und dem Engagement von Bochum sehe ich optimistisch in die Zukunft. In der Verlängerung gelingt dem eingewechselten Maric der viel umjubelte 2:1-Siegtreffer.

Joachim Schwerin: In einem Spiel, dessen Bedeutung beiden Teams überdeutlich anzumerken ist, setzt sich Borussia knapp, aber nicht unverdient mit 2:0 durch, auch wenn das Ergebnis klarer ist als der Spielverlauf.

Thomas Zocher: Tja, wenn man im Fußball wählen könnte. Könnte man wählen, hätte ich einen möglichen Finaleinzug ohne Probleme gegen einen sicheren Klassenerhalt in der Eliteklasse eingetauscht. Der Verbleib in der ersten Liga ist bei weitem wichtiger und lukrativer als möglicher, aber schnelllebiger Pokalruhm. Allerdings wissen alle Fußballfreunde nicht erst seit vergangenem Sonntag in Bochum, dass der Fußball beim Ergebnis keine Wahl zulässt. Mit ein bisschen mehr Zielgenauigkeit im Abschluß und der gleichen Beherztheit wie in Bochum ist also gegen die Alemannia ein Sieg drin und so wird es schlußendlich 3:1 für die Borussia ausgehen.

Hans-Jürgen Görler: Berlin, Berlin, wir wollen nach Berlin - deshalb muss die Borussia siegen. Und weil sie zusätzlich Rücksicht auf die arbeitende Bevölkerung und die ARD-Zuschauer nimmt, ist nach 90 Minuten am Aachener Tivoli Schluss. Nach dem 1:0 wird das Borussen-Forum in Kartenthreads untergehen.

Alemannia Aachen im Internet: www.alemannia-aachen.de