Auenschutzpark : Tätigkeitsbericht 2009

Bruno Schelbert | Abteilung Landschaft und Gewässer | 062 835 34 50

Im Jahr 2009 konnten in den Auengebieten in Rotten­ schwil, Sins, Merenschwand und Rupperswil verschiedene Projekte bearbeitet werden. Dabei wurden ein neuer ­Beobachtungsweiher geschaffen, ein Altarm saniert, Ufer­ renaturierungen durchgeführt und Hochwasserschutz betrieben. Ein wichtiger Meilenstein war der Baustart der Dynamischen Flussaue in Rupperswil, der die Revitali­ einen neuen Fussgängersteg durch sierung der Alten und den Bau eines Seitengewässers die Auensteiner Insel führt. Von die­ beinhaltet. ser Insel aus bieten sich interessante Einblicke in das veränderte Auenge­ biet. Eine weitere Fussgängerbrücke Auf einer Länge von ca. 1,8 Kilome­ spiel Nase und Äsche) geschaffen. über den Kraftwerkskanal ermöglicht tern wird unterhalb der Kantonsstras­ Das überschüssige Dammmaterial die direkte Verbindung nach Auen­ senbrücke zwischen Rupperswil und wird abgeführt. Die neue Mündung stein. Bei diesen Stegen handelt es ­Auenstein der kanalisierte Flussab­ des Steinerkanals in das Seitenge­ sich um Spannbandbrücken, eine schnitt aufgeweitet und in eine dyna­ wässer wird mit einem Raugerinne filig­rane Bauweise, die weder Ab­ mische Flussaue umgestaltet. Um versehen, um den Gefälleunterschied spannseile noch Abstützungen im diese Auenentwicklung zu ermögli­ zu überwinden. Beim bestehenden Wasser benötigen. Dadurch entste­ chen, wird ein Teil des Aaredammes Aareabsturz wird eine Teilrampe er­ hen abwechslungsreiche Rundwege entfernt und ein neues Seitengewäs­ richtet, damit die Fische das Hinder­ durch das Auengebiet. Das Seitenge­ ser geschaffen, das parallel zur Alten nis besser passieren können. wässer durchquert den alten Sport­ Aare verläuft. Das Material des Aare­ platz. Als Ersatz baut die Gemeinde damms wird teilweise wiederverwen­ Mehr Dynamik für die Aare Rupperswil die neue Sportanlage det für Kies- und Steinschüttungen Der bestehende Wanderweg entlang Stockhard, deren Eröffnung im Jahre sowie Buhnen. So werden neben ei­ der Aare in Rupperswil wird durch 2010 vorge­sehen ist. ner dynamischen Flussaue auch neue die vorgesehenen Bauarbeiten unter­ In der ersten Bauphase wird der öst­ Lebensräume für stark bedrohte brochen. Er wird daher durch eine at­ liche Teil des Seitengewässers ge­ Fischarten (Kieslaicher wie zum Bei­ traktive Route ersetzt, welche über schaffen, für dessen Verlauf eine Raum Landschaft Foto: Oekovision GmbH, Widen Foto: Oekovision GmbH, Widen

Eine Schneise von knapp fünf Die neue Dotierturbine für das Kraftwerk Rupperswil-Auenstein wird Hektaren wird für das neue Seiten­ sorgfältig abgeladen. gewässer durch den Rupperswiler Wald geschlagen.

U M W E L T AARGAU Nr. 47 Februar 2010 35 Das geplante Seitengewässer Rupperswil/Auenstein Bünzaue: Geboren am 12. Mai 1999 Gesamtlänge 1500 m Das hundertjährliche Hochwasser vom Mittlere Sohlenbreite 20 m Mai 1999 schuf über Nacht die heu­ Mittlere Profilbreite 30 m tige Auenlandschaft im Bünztal zwi­ schen und Möriken. Höhenunterschied der Sohle zwischen 2,7 m Aufgrund der spontanen Entstehung Ein- und Auslauf ging dieser Flussrenaturierung – im 3 Minimale Wassertiefe 0,5 m (bei Qmin = 15 m /s) Gegensatz zu allen anderen renatu­

3 rierten Auengebieten im Kanton Aar­ Minimale Fliessgeschwindigkeit 0,3 m/s (bei Qmin = 15 m /s) gau – keine Planung voraus. Das was­ 1 Anteil des Gesamtabflusses der Alten Aare, ca. ⁄3 serbauliche Konzept und der Ab­ der in das Seitengewässer eingeleitet wird gleich der Nutzungsinteressen muss­ Q = Wasserabfluss pro Sekunde ten im Nachhinein erarbeitet werden. Die Bünz zerstörte mehrere Hektaren Landwirtschaftsland und beeinträch­ Schneise in den Wald geschlagen Durch diese neue Wasserspeisung tigte die Existenz einiger Landwirte. wird. Anfang Oktober 2009 hat der werden die Strömungsverhältnisse In enger Zusammenarbeit mit Kanton Gemeindeförster mit dem Holzschlag in der Alten Aare derart verändert, und Bund entschieden sich die Ge­ begonnen. Der westliche Teil des Sei­ dass die Fische zum Turbinenauslass meinden Möriken-Wildegg und Oth­ tengewässers kann erst nach der Ver­ schwimmen und dort nicht weiter­ marsingen für die Schaffung der legung des Fussballplatzes ab Herbst kommen. Um dies zu beheben, wird Bünzaue, welche inzwischen nationa­ 2010 realisiert werden. gleichzeitig ein Fischpass erstellt, der le Bedeutung erlangt hat. Die Alte Aare wird durch Restwasser ins Umgehungsgewässer mündet. Die beschädigten Infrastrukturanla­ aus dem Stausee Rupperswil-Auen­ Durch die Dynamische Flussaue wird gen wurden wo möglich ausserhalb stein gespeist. Die Betreiber des Kraft­ zusammen mit dem Umgehungsge­ des Flussraumes wieder erstellt, so­ werks bauen zurzeit auf der rechten wässer ein Naherholungsgebiet mit fern diese noch benötigt wurden. Zur Wehrseite eine neue Dotieranlage, Naturbeobachtungen, Spazier- und Sicherung der regelmässig überflute­ damit das zusätzliche Restwasser Wanderwegen entlang der Aare ge­ ten Auenbereiche tauschte der Kan­ auch zur Stromproduktion genutzt schaffen, welches interessante Ein­ ton in einer grossen Landumlegung werden kann. Am 11. November 2009 blicke in die Auen bietet. Die Besu­ die abgeschwemmten Kulturflächen konnte die über 40 Tonnen schwere chenden werden gebeten, die Wald­ gegen höher liegendes Land des ehe­ Dotierturbine beim Kraftwerk Rup­ wege nicht zu verlassen und nur die maligen Staatsbetriebes Königsfel­ perswil-Auenstein eingebaut werden. markierten Feuerstellen zu benützen. den. Das neu gestaltete Flussgebiet Foto: Oekovision GmbH, Widen

Die Bauarbeiten im Fischergrien in Kleindöttingen konnten 2009 erfolgreich abgeschlossen werden, vgl. Umwelt Aargau Nr. 43, Seite 29.

36 Nr. 47 Februar 2010 U M W E L T AARGAU mit den ausgedehnten Kiesflächen reichen Erholungsuchenden besser nahmen für bestehende Infrastruktur­ (Auenpionierstandorte) wurde von zu lenken und der Natur vermehrt bauten im Flussraum diskutiert. Ge­ der ansässigen Bevölkerung schnell Rückzugsgebiete zu verschaffen. Die meinde und Kanton laden im Mai als Naherholungsgebiet angenom­ Standortgemeinde war jedoch nicht 2010 die Bevölkerung an einen Infor­ men. bereit, auf den Spazierweg über die mations- und Auentag ins Gebiet der ehemalige Roosimatt–Brücke zu ver­ Roosimatte in Möriken ein. Die Bünz wirkt weiter zichten. Die Bünz konnte im Jahrhundert­ Wasserschloss für Libellen hochwasser von 1999 genügend Kraft Neuer Brückenschlag und Laufkäfer entwickeln, um im Abschnitt mit dem Nach langen Verhandlungen einigten Im Auengebiet Wasserschloss wur­ grössten Längsgefälle (zirka 1,2 Pro­ sich die Gemeinde Möriken-Wildegg den in den Jahren 2008 und 2009 Er­ zent) ihren Lauf aus dem alten Bett zu und die Abteilung Landschaft und hebungen von Libellen und im Som­ verlegen. Im dabei freigelegten, lo­ Gewässer des Kantons zum Wieder­ mer 2009 von Laufkäfern durchge­ ckeren Flusskies genügen der Bünz aufbau der Gemeindebrücke am ur­ führt. Bei den Libellen wurden 42 Ar­ seither auch kleinere Hochwasserer­ sprünglichen Standort. Damit die ten gefunden, wovon sieben Arten eignisse, um das Flussbett regelmäs­ ­Auendynamik im Sinne der Auenver­ auf der Roten Liste aufgeführt sind. sig auentypisch umzugestalten. Beim ordnung des Bundes durch die neue Dabei konnte die Gabel-Azurjungfer Hochwasserereignis vom April 2007 Brücke nicht allzu stark eingeschränkt zum ersten Mal im Kanton Aargau erodierte die Bünz am oberen Ende wird, musste diese die doppelte nachgewiesen werden. Das Gebiet der steilen Strecke eine Aussenkurve Spannweite der alten Brücke aufwei­ Wasserschloss gehört zu den arten­ in vorher nicht zu erwartendem Um­ sen. reichen Gebieten und könnte durch fang. Dabei wurden ein Teilstück der Die im November 2009 eingebaute künftige Einflüge noch weiter besie­ Kanalisationsleitung und die Flurbrü­ Roosimatt-Brücke stellt nun die Fuss­ delt werden. Den grössten Libellen­ cke in der Roosimatt zerstört. Die wegverbindung zweier Dorfteile von reichtum weisen mit 32 Arten die ­Abwasserleitung wurde vordringlich Möriken wieder her. Sie verkörpert Tümpel im Auschachen auf. Die be­ wieder instand gestellt. Die Brücke auch eine neue Basis für die gemein­ sonnten und flachen Stillgewässer aber blieb vorerst unpassierbar. Der schaftlichen Aufgaben des Auenschut­ bieten für umherziehende, teilweise Kanton wollte die Brücke ausserhalb zes von Bund, Kanton und Gemeinde. sehr seltene Arten gute Zwischenlan­ des dynamischen Flussabschnittes Gemeinsam werden im kommenden deplätze und fördern auf diese Weise wieder aufbauen. Es sollte die Gele­ Jahr Massnahmen zur Erholungslen­ die Verknüpfung verschiedener Le­ genheit genutzt werden, die zahl­ kung und präventive Schutzmass­ bensräume. Raum Landschaft Foto: Oekovision GmbH, Widen

Der Einbau der neuen Roosimatt-Brücke in der Bünzaue Möriken am 4. November 2009.

U M W E L T AARGAU Nr. 47 Februar 2010 37 Während den Kartierungen von Lauf­ und Renaturierungsprojekte mit Vor­ konnte die positive Wirkung von Au­ käfern im Sommer 2009 konnten ins­ zeigecharakter an Suhre und Wyna enrenaturierungen mit allen Sinnen gesamt 67 Arten gefunden werden. vorgestellt. Weiter wurde über die Er­ erfahren werden: Nachtigall- und Pi­ Zehn Arten sind auf der Roten Liste fahrungen bei der Bewältigung der rolgesang aus dem Auenwald, jagen­ für die Nordwestschweiz aufgeführt ausserordentlichen Hochwasser von de Blindschleiche und Graureiher am und weitere zwei Arten sind sehr sel­ 2005 an Aare und Rhein berichtet Umgehungsgewässer. Ein erholsa­ ten. Viele Laufkäfer sind spezialisiert und der landesweit bisher einzigarti­ mer Auenspaziergang und ein Imbiss auf Auenstandorte. Rund 83 Prozent ge kantonale Auenschutzpark präsen­ mit Bioforellen-Filets aus dem Rohrer aller in der Schweiz vorkommenden tiert. Nach einem Einführungsreferat Giessen rundeten den Anlass ab. Arten können in Auen leben und 26 in gab es eine Führung ins Prozent kommen ausschliesslich in ­Auengebiet an der Aare zwischen Auen vor. Unter den erfassten Kä- Aarau und Wildegg. Am Beispiel des Dieser Artikel entstand in Zusam­ fern befinden sich einige, die in der 2004 neu erstellten zwei Hektaren menarbeit mit Dr. Thomas Egloff, Schweiz bisher vorwiegend im Kan­ grossen Altarms Aarschächli und des Erik Olbrecht und Franziska In­ ton Aargau gefunden wurden. Mit 2007 eingeweihten 660 Meter langen fanger, Abteilung Landschaft und dieser hohen Anzahl seltener Arten Umgehungsgewässers um das Wehr Gewässer, 062 835 34 50. gehört das Gebiet zu den wertvolls­ des Kraftwerks Rupperswil-Auenstein, ten Laufkäferstandorten der Schweiz und ist deshalb besonders schützens­ wert.

Hoher Besuch im Auenschutzpark Die jährliche Wasserbautagung des Bundesamtes für Umwelt BAFU führ­ te 2009 alle kantonalen Wasserbau­ fachstellen und die Versuchsanstalt für Wasserbau der ETH in den Aar­ gau, um aktuelle Beispiele vor Ort zu besichtigen und den Erfahrungsaus­ tausch zu fördern. Den 160 Tagungs­ gästen wurden am 17. und 18. Sep­ tember integrale Hochwasserschutz- Foto: BAFU Das Umgehungsgewässer beim Kraftwerk Rupperswil-Auenstein wurde während der Schweizerischen Wasserbautagung besucht.

Im Jahr 2009 bearbeitete Projekte Projekt Massnahmen Stand Ende 2009 Rupperswil-Auenstein: Revitalisierung eines Abschnitts der Forstarbeiten für Teil 1 abgeschlossen; Dynamische Flussaue Alten Aare, Bau eines Seitengewässers Erdarbeiten haben im Dezember begonnen Rottenschwil: Bodenabtrag, Beobachtungsweiher abgeschlossen Renaturierung Studweid mit Steg Künten: Hochwasserschutz parallel dazu Uferrenaturierung und abgeschlossen Camping Sulz Erweiterung Riedwiese Sins: Auenregeneration Landumlegung, Verlegung Trink- Generelles Projekt der Modernen Reussegg wasserfassung, neuer Seitenarm, Melioration beschlussreif, Schwemmholzrückhaltung Vorprojekt für Auengestaltung Rottenschwil: Altarmsanierung mit Sedimentations­ Verfahrensverzögerung Altarmsanierung Moos becken im Kulturland Künten: abschnittweise Entnahme der Redimensionierung infolge teilweise Erneuerung Alte Reuss Sulz Sedimente über den Grenzwerten liegender Schadstoffgehalte Merenschwand: Entfernen von Uferverbauungen kom- Variantenentscheid getroffen, Uferrenaturierung Dorfrüti biniert mit Schwemmholzrückhaltung Start Projektierung Möriken-Wildegg: Bünzaue Neubau der Roosimatt-Brücke abgeschlossen Kleindöttingen: Fischergrien verlandete Weiher ausgebaggert abgeschlossen Rohr: neue Laichgewässer Verlegung eines Amphibienlaich- demnächst Baustart beim Aarschächli gebietes nationaler Bedeutung

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