Plenarprotokoll 15/174

Deutscher

Stenografischer Bericht

174. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Inhalt:

Tagesordnungspunkt 1: Mündliche Frage 2 Gerlinde Kaupa (CDU/CSU) Befragung der Bundesregierung:Entwurf eines Gesetzes zur Förderung besonders Pflicht des Handels zur Schulung seiner partikelreduzierter Personenkraftwagen . . 16295 A Mitarbeiter hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des Jugendschutzgesetzes Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin Antwort BMF ...... 16295 B , Parl. Staatssekretärin (CDU/CSU) ...... 16296 A BMFSFJ ...... 16298 B Zusatzfrage Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin Gerlinde Kaupa (CDU/CSU) ...... 16298 C BMF ...... 16296 A Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) ...... 16296 B Mündliche Frage 3 Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) BMF ...... 16296 B Gesetzesvorhaben bzw. Gesetzesänderun- gen bis zur nächsten Bundestagswahl zur Verhinderung von Unternehmenskäufen Tagesordnungspunkt 2: mit dem Ziel der Liquidation Fragestunde Antwort (Drucksache 15/5432) ...... 16296 D Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ 16299 B Zusatzfrage Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) ...... 16299 D Mündliche Frage 1 Gerlinde Kaupa (CDU/CSU) Mündliche Frage 7 Weitere Maßnahmen im Nachgang zur Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) Verabschiedung des Alcopopsteuergesetzes zur Einhaltung der Jugendschutzbestim- Geltendmachung von Forderungen für vor mungen im Zusammenhang mit dem Ver- 1990 errichtete Meliorationsanlagen gegen- kauf/Erwerb bzw. dem Ausschank von al- über den heutigen Eigentümern auch bei koholischen Getränken bereits bei Bemessung des Eigenkapitals der LPG abgezogenen Kosten Antwort Antwort Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär BMFSFJ ...... 16297 A BMVEL ...... 16300 C Zusatzfrage Zusatzfrage Gerlinde Kaupa (CDU/CSU) ...... 16297 C Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) ...... 16300 C II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Mündliche Frage 8 Antwort Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMGS ...... 16305 C Eventuell neu zu führende Vermögensaus- einandersetzungen für den Fall, dass For- Zusatzfragen derungen für vor 1990 errichtete Melio- Andreas Storm (CDU/CSU) ...... 16305 D rationsanlagen geltend gemacht werden, Karsten Schönfeld (SPD) ...... 16306 A die bereits bei der Bemessung des LPG- Eigenkapitals abgezogen wurden Mündliche Frage 12 Antwort (CDU/CSU) Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär BMVEL ...... 16301 A Auswirkungen des Vorziehens des Zah- lungstermins für die Sozialbeiträge für die Länder und Kommunen Mündliche Frage 9 Antwort Hildegard Müller (CDU/CSU) Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär Verteilung der Mehreinnahmen infolge des BMGS ...... 16306 B geplanten Vorziehens des Zahlungstermins Zusatzfragen für die Sozialbeiträge auf die verschiede- Max Straubinger (CDU/CSU) ...... 16306 D nen Zweige der Sozialversicherung Verena Butalikakis (CDU/CSU) ...... 16307 B Antwort Andreas Storm (CDU/CSU) ...... 16307 C Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär Erika Lotz (SPD) ...... 16307 C BMGS ...... 16301 B Zusatzfragen Mündliche Fragen 13 und 14 Hildegard Müller (CDU/CSU) ...... 16301 C Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU) (BÜNDNIS 90/ Auswirkungen des geplanten Vorziehens DIE GRÜNEN) ...... 16302 A des Zahlungstermins für die Sozialbei- Erika Lotz (SPD) ...... 16302 B träge für die Betriebe, insbesondere für die Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) ...... 16302 D mittelständischen Unternehmen Dr. Marlies Volkmer (SPD) ...... 16303 B Max Straubinger (CDU/CSU) ...... 16303 C Antwort Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMGS ...... 16308 A Mündliche Frage 10 Andreas Storm (CDU/CSU) Zusatzfragen Gerald Weiß (Groß-Gerau) Auswirkungen der Beitragsmindereinnah- (CDU/CSU) ...... 16308 B men im ersten Quartal 2005 und der Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) ...... 16309 D Korrektur der offiziellen Wachstumspro- Hildegard Müller (CDU/CSU) ...... 16310 C gnose auf die weitere Entwicklung der Karsten Schönfeld (SPD) ...... 16310 D Rentenfinanzen in diesem und im nächsten Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ Jahr DIE GRÜNEN) ...... 16311 A Antwort Erika Lotz (SPD) ...... 16311 D Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär Max Straubinger (CDU/CSU) ...... 16312 B BMGS ...... 16304 A Zusatzfragen Zur Geschäftsordnung Andreas Storm (CDU/CSU) ...... 16304 B (CDU/CSU) ...... 16312 B Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) ...... 16304 D Max Straubinger (CDU/CSU) ...... 16305 A Mündliche Frage 17 (CDU/CSU) Mündliche Frage 11 Andreas Storm (CDU/CSU) Umsetzungsstand und Finanzierung der vorgesehenen Baumaßnahmen für die Finanzielle Belastungen für die Haushalte B 101 innerhalb Sachsens des Bundes, der Länder und Kommunen infolge des geplanten Vorziehens des Zah- Antwort lungstermins für die Sozialversicherungs- Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin beiträge BMVBW ...... 16312 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 III

Mündliche Frage 18 Mündliche Frage 33 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Eckart von Klaeden (CDU/CSU) Umsetzungsstand und Finanzierung der Kosten der Neufassung des Logos der Bun- vorgesehenen Baumaßnahmen für die desagentur für Arbeit B 173 innerhalb Sachsens Antwort Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMVBW ...... 16313 A BMWA ...... 16317 C Zusatzfrage Mündliche Frage 23 Eckart von Klaeden (CDU/CSU) ...... 16317 D (fraktionslos) Anzahl der in Deutschland gelagerten Mündliche Frage 34 Atomwaffen, Entfernung der von den USA Eckart von Klaeden (CDU/CSU) gelagerten Atomwaffen Antwort Verantwortung für die Umstellung des Kerstin Müller, Staatsministerin AA ...... 16313 B Logos der Bundesagentur für Arbeit Zusatzfrage Antwort Petra Pau (fraktionslos) ...... 16313 C Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA ...... 16318 C Mündliche Frage 29 Zusatzfragen Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) Eckart von Klaeden (CDU/CSU) ...... 16318 C Verbindliche Zusagen oder Selbstverpflich- Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) ...... 16319 C tungen von Großunternehmen oder Unter- nehmervereinigungen für mehr Investi- tionen im Inland als Gegenleistung für die Zusatztagesordnungspunkt 1: Absenkung der Körperschaftsteuer; Gegenfinanzierung der Absenkung der Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der Körperschaftsteuer CDU/CSU: Umstellung des Zahlungs- termins für die Sozialversicherungsbei- Antwort träge Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF ...... 16314 A (CDU/CSU) ...... 16319 D Zusatzfragen , Bundesministerin Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) ...... 16314 B BMGS ...... 16321 A Carl-Ludwig Thiele (FDP) ...... 16315 A Dr. (CDU/CSU) ...... 16315 D Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) ...... 16322 C Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ Mündliche Frage 30 DIE GRÜNEN) ...... 16323 D Max Straubinger (CDU/CSU) Andreas Storm (CDU/CSU) ...... 16325 A Auswirkungen des Vorziehens des Zah- lungstermins für die Sozialbeiträge auf das Erika Lotz (SPD) ...... 16326 C Haushaltsdefizit Hildegard Müller (CDU/CSU) ...... 16327 D Antwort Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin Petra Selg (BÜNDNIS 90/ BMF ...... 16316 A DIE GRÜNEN) ...... 16328 D Zusatzfrage Max Straubinger (CDU/CSU) ...... 16329 C Max Straubinger (CDU/CSU) ...... 16316 B Peter Dreßen (SPD) ...... 16331 A Mündliche Frage 32 Peter Götz (CDU/CSU) ...... 16331 D Albrecht Feibel (CDU/CSU) Karsten Schönfeld (SPD) ...... 16333 A Umstellungskosten der Bundesanstalt für Arbeit auf „Bundesagentur“ sowie Kosten Dr. Michael Luther (CDU/CSU) ...... 16334 B für das neue Logo Gudrun Schaich-Walch (SPD) ...... 16335 B Antwort Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA ...... 16316 C Nächste Sitzung ...... 16336 D Zusatzfrage Albrecht Feibel (CDU/CSU) ...... 16317 A Berichtigung ...... 16336 D IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Anlage 1 Anlage 6 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 16337 A Mündliche Frage 20 (CDU/CSU) Bau zusätzlicher Streckenabschnitte der Anlage 2 ICE-Trasse Nürnberg–Coburg–Erfurt 2005 Mündliche Frage 4 bis 2008 aufgrund des von der Bundes- Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) regierung zum Ausbau der Verkehrsinfra- struktur aufgelegten Programms Vorlage einer Liste mit Gesetzen und Rechtsverordnungen aus dem Bereich des Antwort Bundesjustizministeriums, die abgeschafft Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin werden sollen; Abschaffungstermin BMVBW ...... 16338 D Antwort Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär Anlage 7 BMJ ...... 16337 B Mündliche Frage 21 Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) Anlage 3 Wiederaufflammen des Grenzkonflikts Mündliche Fragen 5 und 6 zwischen Eritrea und Äthiopien im Vorfeld (FDP) der Parlamentswahlen in Äthiopien Gelagerte Mengen an Linsen, Reis, Kon- Antwort densmilch und Vollmilchpulver im Rah- Kerstin Müller, Staatsministerin AA ...... 16339 A men der Zivilen Notfallreserve; Kosten der Lagerung Anlage 8 Antwort Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär Mündliche Frage 22 BMVEL ...... 16337 D Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) Aktueller Stand der Verhandlungen zwi- Anlage 4 schen Ägypten, Sudan und Äthiopien zur Nutzung des Nilwassers Mündliche Fragen 15 und 16 Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) Antwort Kerstin Müller, Staatsministerin AA ...... 16339 A Einbeziehung der B 3 zwischen Karlsruhe und Basel sowie anderer Streckenab- schnitte in die Mautpflicht; Kriterien für Anlage 9 die Einstufung eines Bundesstraßenab- schnitts als Ausweichroute Mündliche Frage 24 Albrecht Feibel (CDU/CSU) Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin Einsatz von Bediensteten des Bundesgrenz- BMVBW ...... 16338 B schutzes am Flughafen Saarbrücken-Ens- heim zur Gewährleistung der Sicherheits- kontrolle; Kosten Anlage 5 Antwort Mündliche Frage 19 Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär (CDU/CSU) BMI ...... 16339 B Abkommen zwischen Deutschland und Polen über den Bau des Grenzübergangs Anlage 10 Ostritz (Kloster Mariental)–Ruszdorf (Posoda) Mündliche Fragen 25 und 26 Hartmut Koschyk (CDU/CSU) Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin Einsatz von Leistungsprämien, Leistungs- BMVBW ...... 16338 C stufen und Leistungszulagen in der Bun- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 V desverwaltung; Auswirkungen auf Mit- Anlage 15 arbeiter; Ermittlungsart Mündliche Fragen 37 und 38 Antwort Dr. (CDU/CSU) Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär Unterrichtung des Bundeswirtschafts- BMI ...... 16339 D ministeriums über die Änderung des Logos der Bundesagentur für Arbeit Antwort Anlage 11 Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär Mündliche Frage 27 BMWA ...... 16341 A Ralf Göbel (CDU/CSU) Nachträgliche Speicherung von biometri- Anlage 16 schen Merkmalen auf einem nur mit Pass- Mündliche Fragen 39 und 40 bild versehenen Chip Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) Antwort Öffentliche Ausschreibung des neuen Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär Logos der Bundesagentur für Arbeit; Än- BMI ...... 16340 A derungsgründe Antwort Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär Anlage 12 BMWA ...... 16341 B Mündliche Frage 28 Ralf Göbel (CDU/CSU) Anlage 17 Ermöglichung der Einreise in die USA Mündliche Fragen 41 und 42 ohne Visum (CDU/CSU) Antwort Ausschluss Arbeitsloser von geförderten Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär Weiterbildungsmaßnahmen, deren Förde- BMI ...... 16340 B rung mit Arbeitslosengeld I während oder nach Durchführung der Maßnahme endet Antwort Anlage 13 Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA ...... 16341 C Mündliche Frage 31 (CDU/CSU) Anstieg von Arbeitsplätzen bei Unterneh- Anlage 18 men mit Finanzinvestoren, den so genann- Mündliche Fragen 43 und 44 ten Private-Equity-Gesellschaften, vor dem (CDU/CSU) Hintergrund der so genannten Kapitalis- Maßnahmen zur Sicherstellung der beruf- mus-Debatte lichen Rehabilitation behinderter Jugend- Antwort licher Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin Antwort BMF ...... 16340 C Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA ...... 16342 A

Anlage 14 Anlage 19 Mündliche Fragen 35 und 36 Hartmut Schauerte (CDU/CSU) Mündliche Frage 45 Petra Pau (fraktionslos) Unterstützung der Änderung des Logos Anrechnungen von Leistungen nach dem der Bundesagentur für Arbeit durch die SGB II auf Studierende in einer Bedarfs- Bundesregierung gemeinschaft Antwort Antwort Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA ...... 16340 D BMWA ...... 16342 C VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Anlage 20 Anlage 22 Mündliche Fragen 46 und 47 Mündliche Frage 49 Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) Hans Michelbach (CDU/CSU) Maßnahmen im Rahmen des „Beschäfti- Sich für die Region einsetzende Unter- gungspaktes für 58-jährige Arbeitslose“; nehmen in Oberfranken, wie zum Beispiel Finanzierung die HUK-Coburg-Versicherungsgruppe Antwort Antwort Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA ...... 16343 A BMWA ...... 16343 C

Anlage 21 Anlage 23 Mündliche Frage 48 Hildegard Müller (CDU/CSU) Mündliche Frage 50 Gitta Connemann (CDU/CSU) Beitragssenkung in der Arbeitslosenver- sicherung aufgrund der Mehreinnahmen Abbau eines Drittels von Arbeitsplätzen des geplanten Vorziehens des Zahlungs- bei einer Kapitalanlagefirma der SPD vor termins für die Sozialversicherungsbei- dem Hintergrund der so genannten Kapi- träge talismus-Debatte Antwort Antwort Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA ...... 16343 C BMWA ...... 16343 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16295

(A) (C) Redetext

174. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Beginn: 13.00 Uhr

Vizepräsident Dr. : trägt 250 Euro; das sind bis zu 50 Prozent der Kosten. Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit- Die Halter von Fahrzeugen, die in diesem Jahr erstmals zung ist eröffnet. zugelassen oder nachgerüstet wurden bzw. werden, wer- den diese Förderung bei Erfüllung dieser Voraussetzung Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: ab dem 1. Januar 2006 in vollem Umfang erhalten. Die Befragung der Bundesregierung befristeten Steuerbefreiungen für besonders emissions- reduzierte PKW sollen, wie es auch bei bisherigen Be- Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka- günstigungen der Fall war, fahrzeugbezogen sein. Bei binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zur Halterwechsel verbleibt für den neuen Halter also ein Förderung besonders partikelreduzierter Personen- noch nicht abgelaufener Befreiungszeitraum. Stilllegun- kraftwagen. gen oder Saisonkennzeichen haben keine verlängernde Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht Wirkung auf den Befreiungszeitraum. (B) hat die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundes- (D) minister der Finanzen, Dr. Barbara Hendricks. Bitte Für den vorgesehenen Förderzeitraum 2006/2007 schön, Frau Hendricks. werden unter Einbeziehung bereits in diesem Jahr erst- mals zugelassener oder nachgerüsteter PKW befristete Steuerbefreiungen in Höhe von insgesamt 1,2 Milliarden Parl. Staatssekretärin beim Dr. Barbara Hendricks, Euro erwartet. Aus der stetigen Zunahme des Anteils Bundesminister der Finanzen: von Diesel-PKW fließen den Ländern bei der Kraftfahr- Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle- zeugsteuer vergleichsweise höhere Einnahmen zu. Vo- gen! Mit diesem Gesetzentwurf sollen über die Kraftfahr- raussetzungen für das In-Kraft-Treten dieser Regelung zeugsteuer Anreize für solche Diesel-PKW geschaffen am 1. Januar 2006 sind, dass die notwendigen verkehrs- werden, die deutlich weniger Partikelmasse ausstoßen rechtlichen Regelungen hinsichtlich der Anforderungen und so vor allem in Ballungsgebieten zur Verminderung an die Partikelminderungstechnik zügig geschaffen wer- der Feinstaubbelastung und der damit verbundenen den und dass die EU-Kommission – davon gehe ich gesundheitlichen Gefährdungen beitragen können. Das aus – ihre Zustimmung erteilt. Gesetz soll die weitere Verbreitung moderner Partikel- minderungstechniken für neue und auch für bereits im Schließlich hoffe ich, dass die Länder zum Gelingen Verkehr befindliche Diesel-PKW beschleunigen. dieser Initiative konstruktiv beitragen werden. Im Hin- Es geht dabei nicht um die steuerliche Förderung be- blick auf das angestrebte Ziel einer nachhaltigen Reduk- stimmter Techniken, sondern um die Förderung allertion der Partikelemissionen des Straßenverkehrs hält die PKW, die vorgesehene Grenzwerte einhalten. Die An- Bundesregierung die vorgeschlagene Lösung für die am reize für neue PKW sind auf die frühzeitige Einhaltung schnellsten wirkende. des von der EU-Kommission für die nächste Abgasnorm Euro 5 vorgeschlagenen Partikelgrenzwertes von 5 Milli- Außerdem wird sich die Bundesregierung auf euro- gramm pro Kilometer gerichtet. Es handelt sich einerseits päischer Ebene für die weitere Verschärfung der Abgas- um befristete Steuerbefreiungen in Höhe von 350 Euro, grenzwerte für PKW und LKW einsetzen. In den Ver- andererseits um einen Zuschlag von 20 Prozent bei ge- handlungen zur Eurovignetten-Richtlinie wurde jüngst ringerer Partikelminderung ab dem 1. Januar 2008. das Ziel erreicht, die emissionsbezogene Spreizung der LKW-Maut erhöhen zu dürfen. Dies erscheint als der ef- Für die Nachrüstung bereits im Verkehr befindlicher fektivste Weg, um einen möglichst raschen Umstieg auf PKW ist hinsichtlich der geforderten Partikelminderung LKW mit geringerem Partikelausstoß zu bewirken. ein Stufenmodell vorgesehen, um einen Anreiz auf brei- terer Basis zu geben. Die befristete Steuerbefreiung be- Herzlichen Dank. 16296 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

(A) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: sen, Herr Kollege, ist die Kfz-Steuer für Diesel-PKW(C) Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Ich bitte, zu-höher als für PKW, die mit Benzin betrieben werden. Im nächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über Gegenzug dazu ist Dieselkraftstoff günstiger besteuert den soeben berichtet worden ist. als Benzin. Das heißt also, schon die Entwicklung der vergangenen Jahre – mit einer deutlichen Zunahme zu- Die erste Frage geht an den Kollegen Hubert Deittert. gelassener PKW, die mit Diesel betrieben werden – hat dazu geführt, dass auf der einen Seite die Kfz-Steuer- Hubert Deittert (CDU/CSU): Einnahmen deutlich überproportional gestiegen sind und Frau Staatssekretärin, gibt es belastbare Zahlen, wie dass auf der anderen Seite das Mineralölsteueraufkom- groß der prozentuale Anteil der Feinstaubbelastung ist, men zurückgegangen ist; denn da wird der Diesel ja et- um den man reduzieren kann, wenn alle Diesel-PKWwas günstiger besteuert. Es hat also allein durch die Ver- mit entsprechenden Filtern ausgerüstet werden? Meine änderung der Flotte eine tendenzielle Besserstellung der zweite Frage – wenn ich sie gleich anschließen darf –: Länder und eine tendenzielle Schlechterstellung des Gibt es vonseiten der Bundesregierung Überlegungen, Bundes gegeben, weil die Länder über das Aufkommen wie man die übrige Feinstaubbelastung angehen will? der Kfz-Steuer verfügen und der Bund über das Auf- kommen der Mineralölsteuer, welches, wie ich Ihnen ge- rade geschildert habe, tendenziell gesunken ist. Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen: Deswegen sieht die Bundesregierung keine Notwen- Herr Kollege Deittert, ich bitte um Entschuldigung, digkeit, weiter gehende Finanzierungsvorschläge zu ma- aber diese Fragestellungen fallen eher in den Bereich des chen, sondern geht davon aus, dass es im Rahmen der Bundesumweltministeriums. Ich könnte Ihnen selbstver- Kfz-Steuer selbst zu regeln sein wird. Die Länder haben ständlich die Zahlen, von denen wir ausgehen, nach-ja im Gesetzgebungsverfahren alle Möglichkeiten dazu. liefern – das ist keine Frage –, wie viel es zur Partikel- minderung beitragen würde, wenn alle Diesel-PKW mit Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Rußfiltern nachgerüstet bzw. ausgestattet wären. Welche Anstrengungen ansonsten – außerhalb des Straßenver- Vielen Dank. Gibt es weitere Fragen zu dem Themen- kehrs – unternommen werden können, um Partikelmin- bereich? – Das ist nicht der Fall. Gibt es Fragen zu ande- derungen herbeizuführen, dazu würde ich Sie bitten, sich ren Themen der heutigen Kabinettssitzung? – Das ist an das Bundesministerium für Umwelt zu wenden. nicht der Fall. Gibt es darüber hinaus Fragen an die Bun- desregierung? – Auch das ist nicht der Fall. Dann ist die Befragung der Bundesregierung vorzeitig beendet. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (B) (D) Eine weitere Frage des Kollegen Stefan Müller. Jetzt kämen wir zum Tagesordnungspunkt 2: Frage- stunde. Da die Kollegen, die Fragen stellen, noch nicht anwesend sind, weil sie nicht mit einem so schnellen Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU): Ablauf gerechnet haben, würde ich vorschlagen, dass Frau Staatssekretärin, wenn ich das Finanzierungs- wir die Sitzung unterbrechen. Ich frage die Geschäfts- tableau richtig interpretiere, gehen die Steuerminderein- führer, ob sie damit einverstanden sind. – Das ist der nahmen allein zulasten der Bundesländer. Ist es nichtFall. Somit unterbreche ich die Sitzung bis 13.30 Uhr. eine gemeinsame Aufgabe von Ländern und Bund, die Kommunen bei der Reduzierung der Feinstaubbelastung (Unterbrechung von 13.09 bis 13.31 Uhr) zu unterstützen? Ich möchte als zweite Frage anschlie- ßen: Welche Gegenfinanzierung will der Bund den Län- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: dern dafür vorschlagen? Ich eröffne die unterbrochene Sitzung wieder und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen: Fragestunde Der Bund wird den Ländern keine weitere Gegen- – Drucksache 15/5432 – finanzierung vorschlagen. Zunächst zu der Frage, ob es nicht eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes- sei, den Kommunen bei diesem Problem zu helfen: Nein, ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. dies ist eine Aufgabe der Länder; denn die Kommunen Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staats- sind nach unserer Verfassung Teil der Länder. Es handelt sekretärin Marieluise Beck zur Verfügung. sich um die Umsetzung von Ordnungsrecht, was in der Verantwortung der kommunalen Behörden liegt. Da die Wir kommen zur Frage 1 der Kollegin Gerlinde Kommunen Teil der Länder sind, haben die Länder na- Kaupa: türlich die Aufgabe, die Kommunen dabei zu unterstüt- Was hat die Bundesregierung im Nachgang zur Verab- zen. schiedung des so genannten Alkopopsteuergesetzes zur Um- setzung der von der Kinderkommission des Deutschen Bun- Daneben darf ich darauf hinweisen, dass der Anteil destages gefassten und vom Deutschen Bundestag der Diesel-PKW an der Gesamtflotte aller PKW, die in verabschiedeten Beschlüsse – Bundestagsdrucksache 15/3084 – unternommen, um die Einhaltung von Jugendschutzbestim- der Bundesrepublik Deutschland zugelassen sind, in den mungen im Zusammenhang mit dem Verkauf/Erwerb bzw. letzten Jahren erheblich zugenommen hat. Wie Sie wis- dem Ausschank von alkoholischen Getränken durchzusetzen? Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16297

(A) Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin bei der Bun- Gerlinde Kaupa (CDU/CSU): (C) desministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; Vielen Dank. – Es ist also schon vieles geplant und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht- manches auch schon auf den Weg gebracht worden. linge und Integration: Liebe Frau Kollegin Kaupa, ich beantworte Ihre Gibt es auch schon Zwischenberichte? Sie haben sich Frage wie folgt: ja festgelegt, nach einem Jahr Erfahrungsberichte abzu- geben. Hat sich denn bis jetzt schon gezeigt, was wirkt Das Bundesministerium für Familie, Senioren,oder was noch getan bzw. verändert werden muss? Frauen und Jugend wird im Sommer dieses Jahres die Sie haben gesagt, Sie können den Ländern nichts vor- Aktion „Jugendschutz – Wir halten uns daran“ mit Pla- schreiben; das ist ganz klar. Aber Sie können Impulse katen, Flyern und Aufklebern durchführen. Mit dabeigeben und Sie können die Länder dazu bringen, dass sie sind die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Ju-vermehrt Kontrollen durchführen und Anzeige erstatten. gendschutz, der Hauptverband des Deutschen Einzel-Haben Sie einen Überblick, ob da etwas geschieht, ob es handels, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband vermehrt Anzeigen gibt bzw. in welcher Höhe die Buß- und der Bundesverband Tankstellen und Gewerbliche gelder beschieden werden, ob das ausgenutzt wird oder Autowäsche Deutschland. Die Aktion zur Einhaltungob dafür überhaupt kein Personal – denn die Kommunen des Jugendschutzgesetzes richtet sich in erster Linie an haben im Moment wenig finanzielle Mittel – zur Verfü- das Personal in Gaststätten, Tankstellen und im Einzel- gung steht. handel und bezieht sich auf die Abgabeverbote für Al- kohol und Tabakwaren, die Abgabe von Videos und Computerspielen nur entsprechend den Alterskennzeich- Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin bei der Bun- nungen sowie die Alters- und Zeitbegrenzungen fürdesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; Gaststätten- und Diskothekenbesuche. Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht- linge und Integration: Darüber hinaus hält die Bundesregierung Aufklä- In § 5 des Alkopopsteuergesetzes ist vorgegeben, dass rungskampagnen über die Gefahren des Konsums von zum 1. Juli, also in etwa acht Wochen, ein Bericht vorge- Alkohol und insbesondere von Alcopops gerade für Kin- legt werden soll. Hierfür werden im Augenblick die Da- der und Jugendliche für notwendig, so wie das auch die ten zusammengetragen. Ich kann den Ergebnissen, die Kinderkommission des Deutschen Bundestages emp-dann zum 1. Juli veröffentlicht werden, nicht vorgreifen. fiehlt. Im Auftrag der Bundesregierung weist deshalb die Detaillierte Antworten auf Ihre Fragen zu der positiven Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dieWirkung dieser Steuer kann ich Ihnen nicht geben. Sie Fachbehörde des Bundesministeriums für Gesundheit wissen aber, dass im Rahmen der Diskussion um das Ge- (B) und Soziale Sicherung, im Rahmen ihrer Kampagne zur setzgebungsverfahren Beispiele aus anderen Ländern ge- (D) Alkoholprävention mit zahlreichen Materialien und Ak- zeigt haben, dass die Alcopopsteuer auf den Alkohol- tionen bereits seit längerem auf die Gefahren und Pro- konsum von Jugendlichen sehr wohl mindernd gewirkt bleme im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol hat. und insbesondere von Alcopops hin. Zu nennen ist hier Zu der Frage der Umsetzung – das ist ein bisschen beispielsweise die Kampagne „Bist du stärker als Alko- Leid und Freud des Föderalismus –: Die Durchsetzung hol?“, die auf der Grundlage des Peer-Education-An- des Jugendschutzgesetzes ist in den Ländern und Kom- satzes mit ihrem Mix aus direkter Ansprache von Ju- munen in ganz unterschiedlichen Behörden angesiedelt. gendlichen durch geschulte Vertreterinnen und Vertreter Wir haben es hier mit unterschiedlichen Zuständigkeiten der Zielgruppe, den so genannten Peers, und jugendge- zu tun. Die Tatsache, dass die Bundesjugendminister- rechten Informationsmaterialien basiert. konferenz dieses Thema auf ihre Tagesordnung gesetzt Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Kon- hat, zeigt, dass dieses Problem in allen Jugendministe- trolle der Einhaltung des Jugendschutzgesetzes den Be- rien der Länder sehr wohl gesehen wird und große Be- hörden der Länder obliegt, wie in den von der Kinder- reitschaft und Energie darauf verwandt wird, um diesen kommission des Deutschen Bundestages gefassten und Alkoholkonsum mit allen nur möglichen Stellschrauben, vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Beschlüssen an denen man drehen kann, einzuschränken und zu ver- zutreffend festgestellt wurde. Aufgrund der von der Ver- hindern. Da sind die Maßnahmen in den Ländern sehr fassung vorgegebenen Aufgabenverteilung ist die Bun- vielfältig. desregierung nicht befugt, den Behörden in den Ländern Weisungen zu erteilen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Zweite Zusatzfrage. Die Bundesregierung begrüßt, dass zur Umsetzung des Beschlusses der Jugendministerkonferenz vom Mai 2004 zu Alcopops in den Ländern differenzierte Gerlinde Kaupa (CDU/CSU): Maßnahmen zur Einhaltung der Alkoholabgabevor- Danke schön. – Die Diskussion in der Politik, also bei schriften des Jugendschutzgesetzes durchgeführt wer- uns, und auch in den Medien hat sehr viel dazu beigetra- den. gen, dass wir alle für diese Probleme der Jugendlichen hellhörig geworden sind und helfen wollen. Eine große Hilfe ist auch die Kennzeichnung – Sie haben es ange- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: sprochen – dieser Produkte: einmal für den Handel, für Eine Zusatzfrage, Frau Kaupa. die Verkäuferinnen und Verkäufer, die so wissen, dass 16298 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Gerlinde Kaupa (A) sie diese Getränke nicht an Jugendliche verkaufen dür- bzw. ihrer Berufstätigkeit relevant sind, zu vermitteln.(C) fen, und ebenso wissen, wie sie zu handeln haben, aber Hierunter fällt für die betroffenen Branchen auch das Ju- auch für die Käuferinnen und Käufer, die Eltern, damit gendschutzgesetz. sie wissen: Dieses Produkt darf ich Kindern nicht geben. Was ist hier geplant? Gibt es ein Signal, wenn ein sol- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: ches Produkt über den Scanner läuft, damit die Verkäu- Zusatzfrage? ferinnen und Verkäufer aufmerksam werden? Sind diese Produkte in den Regalen gekennzeichnet? Sind sie viel- Gerlinde Kaupa (CDU/CSU): leicht getrennt einsortiert? Muss das der Einzelhandel al- Sie haben das Pulver angesprochen. Ich habe eine An- leine machen – vieles wird auch schon gemacht – oder frage gestellt, ob auch das darunter fällt. Es fällt nicht gibt es Regelungen, um das zu beschleunigen und die unter die Alcopopbesteuerung. Schauen wir jetzt zu oder Bemühungen zu intensivieren? wird überlegt, wie man den Missbrauch verhindern kann? Denn es wird über das Internet bestellt. Man muss Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin bei der Bun- zwar anklicken, ob man 18 ist – das wird dann auch ge- desministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; tan –, aber dann wird es zugeschickt. Dann hat man bei- Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht- spielsweise 25 solcher Päckchen, die man sich selber mi- linge und Integration: schen kann, und zwar in dem Verhältnis, das man will. Sie nehmen damit ein bisschen die Beantwortung der Dann wird das Getränk möglicherweise noch hochpro- nächsten Frage vorweg, nämlich die Aufklärung des Per- zentiger. Wie will man diesem Problem begegnen? Gibt sonals und wie es mit den Alcopops im Verkauf umgeht. es irgendeinen Weg, um zu verhindern, dass Jugendliche Es ist so, dass jetzt eine Kennzeichnungspflicht auferlegt unter 16 oder 18 an das Pulver herankommen? worden ist. Eine Schwierigkeit in der Praxis ist gewesen, dass diese Alcopopgetränke in dem Sortiment der Läden Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin bei der Bun- oft bei den Fruchtsäften eingeordnet worden sind, damit desministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; noch einmal den Eindruckvermitteln, es handele sich Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht- hier um ein harmloses Getränk. Die Verbraucherschutz- linge und Integration: ministerin und der Einzelhandelsverband haben hierüber Zunächst einmal muss man davon ausgehen, dass sich kommuniziert. Hier gibt es die Bereitschaft, im Rahmen Verkäufer – auch diejenigen, die über das Internet ver- des Möglichen eine vernünftige Lösung zu finden. kaufen – an die Gesetze halten und, wenn sich heraus- Man kann aber nicht wegdiskutieren, dass es hier im- stellt, dass sie gegen Gesetze verstoßen, das geahndet (B) mer ein Spannungsfeld von Interessen gibt: auf der einen wird. In der Praxis ist das in der Tat oft schwierig. Das(D) Seite die Eltern und auch die Politik, die wissen, dass sie wird durch den Internethandel nicht einfacher. Die Ent- Jugendliche vor diesem frühen Konsum von Alkohol wicklung, dass jetzt das Pulver auf den Markt kommt, ist schützen müssen, und auf der anderen Seite der Markt, relativ neu. In der Tat beginnen jetzt auch bei uns und der immer wieder sehr findig ist und neue Wege erprobt, bei den Jugendministern die Überlegungen, ob wir Mög- um den Alkohol an die Jugendlichen heranzutragen. Ich lichkeiten sehen, auch diesen Weg, der sich nun neu auf- habe mir gerade von meiner erwachsenen Tochter erzäh- getan hat, wirkungsvoll zu versperren. Auf jeden Fall len lassen, dass als nächste Etappe ein entsprechendes müssen wir das immer – ich glaube, das ist letztlich das Pulver auf den Markt kommt. Es verschlägt einem schon wichtigste Mittel, das wir in der Hand haben – über Auf- manchmal die Sprache, wie verantwortungslos hier ge- klärung tun, und zwar nicht nur gegenüber den Eltern. handelt wird. Der Staat kann nicht bis ins Letzte bestimmen, was in der Privatsphäre bzw. den Elternhäusern passiert. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Wir müssen also einmal an die Erziehungsverantwor- Dann kommen wir zur Frage 2 der Kollegin Kaupa: tung der Eltern und zum anderen an die Verantwortung Welche Bestimmungen gibt es hinsichtlich einer Pflicht der Jugendlichen und jungen Erwachsenen selber appel- des Handels zur Schulung seiner Mitarbeiter über die Einhal- lieren. Wenn wir es nicht schaffen, ihnen deutlich zu ma- tung der Vorschriften des Jugendschutzgesetzes? chen, dass der Alkoholkonsum – gerade in dieser gefähr- lichen Mischung – peu à peu dazu führt, dass sie in eine Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin bei der Bun- Abhängigkeit geraten können, dann haben wir sowieso desministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; schlechte Karten. Insofern würde ich sagen – ich glaube, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht- das ist auch Konsens –: Ganz an der Spitze von allen linge und Integration: Maßnahmen steht die Aufklärung. Es geht hier um die Schulung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die mit dem Verkauf von Alcopops zu Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: tun haben. In den Ausbildungsordnungen wird mit Blick auf sich ständig ändernde Rechtslagen kein konkreter Zweite Zusatzfrage? Bezug auf aktuelle Gesetze und Vorschriften genommen, sondern eine offene Formulierung gewählt. So ist im Gerlinde Kaupa (CDU/CSU): Rahmen der Ausbildung dem Auszubildenden oder der Die Aufklärung und der Appell an die Verantwortung Auszubildenden die Berücksichtigung und Anwendung sind wirklich wichtig und das müssen wir weiterhin for- rechtlicher Vorschriften, die bei der Ausübung seinercieren. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16299

Gerlinde Kaupa (A) Ich möchte noch einmal zu dem Pulver zurückkom- Konkret geht es um die zügige Umsetzung des Zehn- (C) men. Ich habe das bereits vor einem halben Jahr im In- punkteprogramms für Unternehmensintegrität und Anle- ternet bestellt. Seit dieser Zeit habe ich es. Das ist also gerschutz und die 20 Maßnahmen zur Fortsetzung der kein neues Problem. Sie sagen, der Händler, der es ver- Agenda 2010. Aus dem Zehnpunkteprogramm erwähne schickt, muss die Gesetze einhalten. Wenn er aber fragt, ich beispielhaft das UMAG – das Gesetz zur Unterneh- ob der Kunde 18 ist und der oder die Betreffende mit Ja mensintegrität und Modernisierung des Anfechtungs- antworten und der Händler dann das Pulver verschickt, rechts, zu dem in der nächsten Sitzungswoche eine An- wer trägt dann die Verantwortung? Derjenige, der einhörung stattfindet, wenn Sie das interessiert –, womit die falsches Alter anklickt, oder derjenige, der auf die rich- Rahmenbedingungen börsennotierter Gesellschaften tige Angabe vertraut? Das Problem ist nicht neu. Seit ei- verbessert werden, aber auch die bilanzrechtlichen Än- nem halben Jahr gibt es die Möglichkeit. Wie wird wei- derungen, die wir schon vollzogen haben und die noch terhin gehandelt? Irgendetwas muss man sich dochgeplant sind. überlegen. Für den Bereich mittelständischer Unternehmen er- wähne ich aus den 20 Punkten nur die erbschaftsteuerli- Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin bei der Bun- chen Erleichterungen für den Generationswechsel im desministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; Mittelstand. Dadurch wird es ermöglicht, dass mittel- Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht- ständische Unternehmen in Familienhand bleiben, und linge und Integration: es wird der Abgabedruck verringert und damit auch die Es ist ziemlich klar, dass ein Anbieter, wenn er seiner Möglichkeit verhindert, mittelständische Unternehmen Pflicht nachzufragen nachkommt, nicht dazu verpflichtet billig aufzukaufen. werden kann, nachzuforschen, ob diese Angabe auch der Richtigkeit entspricht. Das Problem stellt sich übrigens Das vermehrte Einsteigen von Private-Equity-Fonds auch, wenn Alkohol im Laden verkauft wird. In demin Deutschland hat, wie wir gehört haben, durch die hö- Moment, in dem ein Erwachsener eine Flasche Alkohol here Nachfrage bereits zu einem Anziehen der Unterneh- für einen Jugendlichen erwirbt, tritt dieses Problem auch menspreise geführt. Das spricht dafür, dass sich mögli- auf. cherweise manches von selber beruhigen und auf einer nicht unbedingt gesetzlichen Ebene regeln wird. Im Ich kann nur noch einmal sagen: Niemals wird derÜbrigen enthält das deutsche Recht eine ganze Reihe Gesetzgeber hundertprozentig den verschiedenen Mög- von Instrumenten, mit denen einem missbräuchlichen lichkeiten durch Gesetze begegnen können. Es geht vor Verhalten, wie Sie es skizzieren, begegnet werden kann. allen Dingen um mündige Bürgerinnen und Bürger. Da- rauf sind wir in allen Bereichen angewiesen, also auch in (B) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (D) diesem. Zusatzfrage, Frau Lötzsch.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär, in Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bun- letzter Zeit ist sehr viel über die Äußerung des SPD- desministeriums der Justiz. Zur Beantwortung der Fra- Fraktions- und Parteivorsitzenden Franz Müntefering gen steht der Parlamentarische Staatssekretär Alfredgesprochen worden. Er sprach unter anderem von „Heu- Hartenbach zur Verfügung. schrecken“-Investoren. Stimmt die Bundesregierung mit der Einschätzung, die zum Beispiel auch in der letzten Wir kommen zur Frage 3 der Kollegin Dr. GesineAusgabe des „Stern“ geäußert wurde, überein, dass die Lötzsch: Bundesregierung durch Öffnung des deutschen Marktes Welche Gesetzesvorhaben bzw. Gesetzesänderungen will für die so genannten Hedgefonds erst einmal die Voraus- die Bundesregierung bis zur nächsten Bundestagswahl umset- setzungen für die Tätigkeit dieser so genannten – wie zen, um Investoren, die Unternehmen nur kaufen, um ihnen Kapital zu entziehen und sie anschließend zu liquidieren, in Herr Müntefering es nennt – Heuschrecken geschaffen ihren Handlungsmöglichkeiten einzuschränken? hat?

Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bun- Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin der Justiz: desministerin der Justiz: Sehr geehrte Frau Kollegin Lötzsch, auf Ihre Frage Frau Lötzsch, ich habe hierauf zwei Antworten. Ers- kann ich wie folgt antworten: Derartige Fälle, die durch- tens. Diese Bundesregierung achtet in großem Maße die aus großen Schaden anrichten, können ein Indiz für eine unterschiedlichen Positionen von Fraktion und Bundes- Unterbewertung der betreffenden Unternehmen sein. Die regierung und wird sich daher nicht dazu verleiten las- Bundesregierung tut alles, um den Finanzplatz Deutsch- sen, eine Antwort auf Ihre Frage zu geben. Das Verfas- land für Investoren an den Aktienmärkten und im nicht sungsorgan Bundestag hat seine eigenen Rechte und das börsennotierten Bereich so attraktiv zu machen, dass sol- Verfassungsorgan Bundesregierung wird sich hüten, in che Unterbewertungen nicht auftreten. Sie tut dies durch diese Rechte einzugreifen; eine konsequente Verbesserung der rechtlichen Rahmen- (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das hat sie bedingungen für unsere Unternehmen und die Verbesse- gar nicht verlangt!) rung ihrer Wachstumschancen. Sie tut dies ferner durch den verbesserten Schutz der Anleger. es sei denn, es ist gesetzlich zulässig. 16300 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach (A) Zweitens. Sie kennen mich nun schon länger und wis- Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der(C) sen, dass ich mich, wenn ich diese Bundesregierung hier Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und vertreten darf, grundsätzlich nicht zu Zeitungsartikeln Landwirtschaft: äußere. Herr Präsident! Herr Kollege Jahr, nach § 13 Abs. 1 des Meliorationsanlagengesetzes kann die LPG als frü- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: here Anlageneigentümerin vom Grundstückseigentümer Weitere Zusatzfrage, Frau Lötzsch. Entschädigung für die auf ihn kraft Gesetzes übergegan- gene Entwässerungsanlage verlangen. Ein Abzug der für die Errichtung der Meliorationsanlage ursprünglich ent- Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos): standenen Kosten vom abfindungsrelevanten Eigenkapi- Ich beginne nicht mit einer Frage, sondern mit einer Bemerkung: Ich habe nicht nach dem Zeitungsartikel ge- tal im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach fragt; ich hätte auch das Beispiel „Stern“ weglassen kön- dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz war hingegen nen. nicht zulässig. Wurde ein solcher Abzug vorgenommen, hindert dies aber nicht die Geltendmachung des Anspru- (Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: ches nach § 13 Abs. 1 des Meliorationsanlagengesetzes. Doch! Sie haben gefragt, wie wir den „Stern“- Stattdessen können Nachabfindungsansprüche auf der Artikel bewerten!) Grundlage der Vorschriften des Landwirtschaftsanpas- – „Zum Beispiel“, sagte ich. Das können wir aber insungsgesetzes entstanden sein. Klammern setzen. Sind Sie – um nicht länger bei der Zeitung zuVizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: bleiben – bereit, aus Erfahrungen wie zum Beispiel mit Erste Zusatzfrage, Herr Jahr. der Privatisierung der Bundesdruckerei zu lernen? (Zuruf der Abg. Ute Kumpf [SPD]) Dr. Peter Jahr (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, im Wesentlichen ist das eine Ant- – Lesen Sie bitte meine Ausgangsfrage, Frau Kollegin! wort auf meine beiden schriftlich eingereichten Fragen. Die Bundesdruckerei ist ja an einen Finanzinvestor Ich habe noch folgendes Problem: Der Regelfall war zu- aus Großbritannien gegangen. Den Zuschlag hat nicht meist, dass seinerzeit, vor der Zwangskollektivierung, ein Traditionshaus bekommen. Sind Sie in Zukunft be- die Bauern meliorierten Boden eingebracht haben. Aus reit, darauf zu achten, dass bei der Privatisierung vonderen Sicht stellt es sich so dar: Sie haben meliorierten Bundesunternehmen nicht nur die Firmen, die dasBoden eingebracht und bekommen meliorierten Boden Höchstgebot abgeben, den Zuschlag erhalten, sondern zurück. Ist Ihnen bekannt, auf welcher Basis man die (B) (D) auch diejenigen, die aufgrund ihres Profils in der Lage Meliorationsanlagen bewerten könnte? Spielt die sind, die privatisierten Unternehmen weiterzuführen und Wertsteigerung bei der Rückgabe der ehemals eigenen Arbeitsplätze zu sichern? Flächen eine Rolle?

Parl. Staatssekretär bei der Bun- Alfred Hartenbach, Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der desministerin der Justiz: Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Der Bundesregierung ist immer daran gelegen, dass Landwirtschaft: bei einem Firmenwechsel Arbeitsplätze nicht nur erhal- Wie Ihnen, wenn ich mich richtig erinnere, schon ein- ten, sondern möglicherweise auch ausgebaut werden. Aber die Bundesregierung wird keinen Staatsmonopol- mal auf eine schriftliche Frage geantwortet wurde, ist für kapitalismus betreiben oder in irgendeiner Form staat- die Wertermittlung bei nun gestellten Forderungen der lich lenkend eingreifen, wo sie es nicht darf. Zeitwert der Anlage zu dem Zeitpunkt maßgeblich, zu dem sie in das Eigentumdes Grundstückseigentümers übergeht. Hier spielen die Fragen nach der Errichtung Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: der Anlage, der Abschreibung und den derzeitigen Nut- Die Frage 4 der Kollegin Voßhoff wird schriftlich be- zungsmöglichkeiten eine Rolle. Das heißt letztendlich, antwortet. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär. dass ein entsprechendes Wertgutachten einzuholen ist. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes- ministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Landwirtschaft. Zur Beantwortung steht der Parlamenta- Zweite Zusatzfrage, bitte. rische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim zur Verfü- gung. Die Fragen 5 und 6 des Kollegen Niebel werden Dr. Peter Jahr (CDU/CSU): schriftlich beantwortet. Meine zweite Zusatzfrage: Nicht immer geht aus den Unterlagen zur Vermögensauseinandersetzung eindeutig Wir kommen zur Frage 7 des Kollegen Dr. Peter Jahr: hervor, ob Meliorationsanlagen beim abfindungsrelevan- Können Forderungen für Meliorationsanlagen, die vorten Eigenkapital berücksichtigt worden sind oder nicht. 1990 errichtet wurden, gegenüber den heutigen Eigentümern Haben demzufolge aus Ihrer Sicht die Eigentümer nun auch dann geltend gemacht werden, wenn die Kosten bereits das Recht, nochmals Einblick in die Unterlagen zu neh- bei der Bemessung des abfindungsrelevanten Eigenkapitals der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, LPG, men? Schließlich könnten sich die Betriebe zumeist auf abgezogen wurden? Verjährungsfristen berufen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16301

(A) Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der versicherungsbeitrag umfasst ein Volumen von maximal (C) Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und 20 Milliarden Euro, das sich wie folgt auf die Zweige Landwirtschaft: der Sozialversicherung verteilt: gesetzliche Rentenversi- Wie meiner Antwort auf Ihre zweite eingereichtecherung 9,6 Milliarden Euro, gesetzliche Krankenversi- Frage zu entnehmen sein wird, wenn ich sie dann vorge- cherung 6,7 Milliarden Euro, soziale Pflegeversicherung tragen habe, wird hier § 215 des BGB wirksam. Das0,6 Milliarden Euro und Arbeitslosenversicherung heißt, trotz des Eintretens entsprechender Verjährungs- 3,1 Milliarden Euro. vorschriften des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes sind unter bestimmten Voraussetzungen Forderungen geltend zu machen. Allerdings hängt das von der Kon- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: stellation des Einzelfalls ab. Ob letztendlich der von Ih- Zusatzfrage, Frau Müller. nen geschilderte Einzelfall darunterfällt, hängt in der Tat von den entsprechenden örtlichen Gegebenheiten ab. Hildegard Müller (CDU/CSU): Für wie beitragssatzrelevant halten Sie die prognosti- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: zierten Mehreinnahmen der jeweiligen Sozialversiche- Wir kommen zur Frage 8 des Kollegen Jahr: rungsbereiche? Muss die Vermögensauseinandersetzung für ausgeschie- dene Mitglieder ehemaliger LPGs neu geführt werden, wenn Forderungen für Meliorationsanlagen, die vor 1990 errichtet Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- wurden, geltend gemacht werden, die bereits bei der Bemess- ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: sung des abfindungsrelevanten Eigenkapitals der LPG abge- zogen wurden? Was den Bereich der Rentenversicherung angeht, wird dies dazu beitragen – dies ist die Absicht der Bundesregierung –, angesichts der schwierigen konjunk- Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der turellen Situation sowohl den Arbeitnehmerinnen und Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Arbeitnehmern als auch den Arbeitgeberinnen und Ar- Landwirtschaft: beitgebern Beitragssatzstabilität zu gewährleisten; der Herr Kollege Jahr, die Antwort auf Ihre Frage lautet: Rentenversicherungsbeitrag soll auch im kommenden Wurden die Kosten für die Errichtung von Entwässe- Jahr bei 19,5 Prozent liegen. rungsanlagen bei der Bemessung des abfindungsrelevan- ten Eigenkapitals der LPG abgezogen, so können Nach- Was die anderen Bereiche angeht: Für die gesetzli- abfindungsansprüche auf der Grundlage der Vorschriften chen Krankenversicherungen und für die gesetzlichen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes zugunsten der Pflegeversicherungen wird diese Einnahme einen so ge- ausgeschiedenen LPG-Mitglieder entstanden sein. Diese nannten Liquiditätsvorteil bedeuten. Was die Arbeitslo- (B) (D) Nachabfindungsansprüche könnten ehemalige LPG-Mit- senversicherung angeht, wird dies bei der Aufstellung glieder gegen einen etwaigen Entschädigungsanspruch des Haushaltes der Bundesagentur für Arbeit zu berück- nach § 13 Satz 1 des Meliorationsanlagengesetzes auf- sichtigen sein. rechnen und ihn damit ganz oder teilweise tilgen. Die Aufrechnung kommt nach § 215 des Bürgerlichen Ge- setzbuches selbst dann in Betracht, wenn die Nachabfin- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: dungsforderungen ihrerseits nach § 3 b des Landwirt- Eine weitere Zusatzfrage, bitte. schaftsanpassungsgesetzes bereits verjährt sind. Hildegard Müller (CDU/CSU): Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Ich habe noch eine Zusatzfrage zur gesetzlichen Herr Jahr, möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? –Krankenversicherung: Glauben Sie, dass man die Ver- Das ist nicht der Fall. schuldung der Krankenversicherungen durch die Mehr- Immerhin haben wir gelernt, dass es ein Meliorations- einnahmen weitgehend zurückführen kann? anlagengesetz gibt. Das wusste ich vorher nicht. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi- ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: nisteriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. Zur Frau Müller, es wird so sein, dass die jeweilige Haus- Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarischehaltslage der gut 288 verschiedenen Krankenkassen in Staatssekretär Franz Thönnes zur Verfügung. Deutschland – Sie wissen, dass es so viele sind – über Wir kommen zur Frage 9 der Kollegin Hildegarddie Höhe des Beitragssatzes entscheidet. Jede Kranken- Müller: kasse wird in eigener Verantwortung – Stichwort „Selbstverwaltung“ – entscheiden müssen, wie sie diese Wie verteilen sich die Mehreinnahmen in Höhe von 20 Milliarden Euro infolge des geplanten Vorziehens des Zah- Einnahmen – sie werden sich auf die Krankenkassen un- lungstermins für die Sozialbeiträge auf die verschiedenenterschiedlich verteilen – zu ihren sonstigen Einnahmen Zweige der Sozialversicherung? und zu ihren Ausgaben ins Verhältnis setzt. Dann muss sie die entsprechenden haushalterischen Schlussfolge- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- rungen in Bezug auf denAbbau einer möglicherweise ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: bestehenden Verschuldung bzw. in Bezug auf eine Bei- Verehrte Kollegin Müller, die Antwort lautet: Dastragssatzsenkung ziehen. Das obliegt jeder einzelnen Vorziehen des Zahlungstermins für den Gesamtsozial- Krankenkasse. 16302 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

(A) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Frage: Hätte es denn Alternativen zu den Maßnahmen(C) Jetzt möchte die Kollegin Bender eine Zusatzfrage gegeben, die Regierung und Koalition getroffen haben stellen. – es ist sicherlich als Erfolg zu bezeichnen, dass der Beitragssatz von 19,5 Prozent schon so lange Zeit gehal- Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ten werden kann –, und, wenn ja, wie hätten sie ausgese- hen? Herr Staatssekretär, können Sie quantifizieren, inwie- weit durch die vorgezogene Beitragszahlung eine Belas- tung der Betriebe entsteht und wie sich diese Belastung Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- darstellen würde, wenn es zu einer Beitragssatzanhe-ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: bung käme? Die Stabilisierung des Beitragssatzes, Frau Kollegin Lotz, ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Chancen auf Wirtschaftswachstum und damit auch auf ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: mehr Beschäftigung gewahrt werden. Sie wissen, dass Werte Frau Kollegin Bender, man muss von Folgen- wir im letzten Jahr ein Wirtschaftswachstum von gut dem ausgehen: Bei der prinzipiellen Ausrichtung der1,6 Prozent hatten. In den drei Jahren davor betrug es Politik der Bundesregierung auf das Ziel, die Beitrags- zwischen 0,8 Prozent und minus 0,1 Prozent; es war also sätze stabil zu halten, und vor dem Hintergrund der Ent- eine ganz schwierige Phase. Wir haben durch die Stabili- scheidungen, die in der Vergangenheit getroffen worden sierung des Beitragssatzes dazu beitragen können, dass sind, die einerseits das Rentenniveau ein Stück weit min- wir nun auf den Wachstumspfad zurückkehren. Auch dern, andererseits den Arbeiternehmerinnen und Arbeit- wenn die Annahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung nehmern durch zusätzliche Förderleistungen die Mög- jetzt auf 1 Prozent reduziert worden sind, ist es doch als lichkeit bieten, eine zusätzliche private kapitalgedeckte Erfolg zu bezeichnen – das würde ich schon sagen –, Altersversorgung aufzubauen – den Arbeitnehmerinnen dass wir überhaupt wieder Wirtschaftswachstum haben. und Arbeitnehmern wird damit etwas abverlangt; das gilt auch bei der Verschiebung des Termins für die Auszah- Alternativen gäbe es mehrere. Beitragssatzerhöhun- lung der ersten Rente nach Ausscheiden aus dem Berufs- gen wären eine Alternative. Das wollten wir nicht. Eine leben vom Monatsanfang auf das Monatsende –, erwar- Alternative wäre – von Teilen der Wirtschaft wird das ten wir von den Arbeitgebern, jetzt an dieser Stelleöffentlich gefordert –, Einschnitte in die Rentenleistun- hinzunehmen, dass wir einen Zinsvorteil, der ihnen da- gen vorzunehmen. Das wollten wir auch nicht. Wir woll- durch eingeräumt worden ist, dass sie für Löhne und Ge- ten versuchen, die Belastungen, die sich aus den Heraus- hälter, die am 25. oder 26. eines Monats gezahlt werden, forderungen der demographischen Entwicklung und der (B) erst am 15. des darauf folgenden Monats die Beiträge an Arbeitslosigkeit ergeben, auf die Beitragszahlerinnen(D) die Sozialversicherung abführen müssen, zurückführen und Beitragszahler, auf die Rentnerinnen und Rentner und damit erreichen, dass auch die Arbeitgeber an der – ich sage an dieser Stelle: in einem verträglichen Um- Stabilisierung des Rentenversicherungsbeitrags beteiligt fang – und auf die Wirtschaft zu verteilen, um den Bei- werden. Hierdurch fällt für die Unternehmen ein Finan- tragssatz zu halten. Das wird sich letzten Endes auch als zierungsvolumen von schätzungsweise gut 400 Millio- richtig erweisen. Nicht zuletzt bestätigt selbst Herr nen Euro an – der Zinsvorteil, der ihnen bislang gegeben Hundt von der Bundesvereinigung der Deutschen Ar- worden ist, wird zurückgeführt und entsprechend muss beitgeberverbände, dass es richtig ist, den Beitragssatz Liquidität finanziert werden –, was ein akzeptables Vo- bei 19,5 Prozent zu stabilisieren. lumen ist, wenn man bedenkt, dass es ansonsten zu Bei- Ich sehe auch an den Fragen, die heute hier von der tragssatzerhöhungen kommen würde. Zudem könnenOpposition gestellt werden, dass es im Kern über das wir darauf verweisen, dass wir mit der Erhebung eines Vorziehen der Abführung des Gesamtsozialversiche- Sonderbeitrags im Bereich der gesetzlichen Krankenver- rungsbeitrages überhaupt keinen Dissens gibt, da wir an sicherung von 0,9 Prozentpunkten der Wirtschaft eindieser Stelle ja über technische Fragen diskutieren, also Entlastungsvolumen von 4,5 Milliarden Euro jährlich nicht mehr über die Frage des Ob, sondern über die geben. Vor diesem Hintergrund ist es allemal gerechtfer- Frage des Wie. tigt, Beitragssatzstabilität zu wahren und den Unterneh- men die Schulterung dieser relativ geringen Kosten auf- zugeben. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die nächste Frage hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eine weitere Frage, und zwar der Kollegin Erika Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Lotz. Herr Staatssekretär, schauen wir uns einmal den Zeit- ablauf an: Es ist doch so, dass diese Maßnahme ab 2006 Erika Lotz (SPD): wirken soll. Der erste Beitrag 2006 wird aber noch der Herr Staatssekretär, vor dem Regierungswechsel 1998 Beitrag von Dezember 2005 sein; darauf werden im betrug der Beitragssatz 20,3 Prozent. Es ist gelungen,Laufe des Jahres zwölf weitere Beiträge für das Jahr den Beitragssatz relativ schnell auf 19,1 Prozent und so- 2006 folgen. Das heißt, in 2006 werden 13 Beiträge ver- gar auf 18,6 Prozent zu senken. Jetzt gilt schon eineeinnahmt. Läuft das denn nicht auf eine verdeckte Bei- Weile ein stabiler Beitragssatz von 19,5 Prozent. Meine tragserhöhung hinaus? Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16303

(A) Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- ten von Januar bis März gegenüber dem vergangenen(C) ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Jahr die Pflichtbeiträge um 1,4 Prozentpunkte zurückge- Herr Kollege Kolb, wir sind uns ja beide aufgrund un- gangen sind. Dieser Zuwachs lag erheblich unter den serer Ausbildung bestimmter mathematischer Grundla- Schätzungen, die vorher abgegeben wurden. Vor diesem gen durchaus bewusst. Ich will Ihnen gerne noch einmal Hintergrund haben wir jetzt die Entscheidung getroffen, erläutern, wie die Abwicklung konkret aussehen wird: den Termin für die Zahlung der Gesamtsozialversiche- Die Unternehmen, die am 15. eines Monats die Löhne rungsbeiträge vorzuziehen, um Beitragssatzstabilität zu und Gehälter begleichen, überweisen auch zu diesemgewährleisten. Zeitpunkt die Sozialversicherungsbeiträge. Diejenigen, die das später machen, überweisen sie im Grunde erst am 15. des darauf folgenden Monats, also diejenigen, die Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: die Löhne und Gehälter am 25. eines Monats bezahlen, Die nächste Frage hat der Kollege Max Straubinger. brauchen die Sozialversicherungsbeiträge erst am 15. des darauf folgenden Monats zu überweisen. Das ist ein Zinsvorteil bzw. Liquiditätsvorteil, den die Betriebe Max Straubinger (CDU/CSU): bisher hatten. Dieser ist angesichts der Rahmenbedin- Herr Staatssekretär, Sie führten vorhin bei der Ant- gungen, die im Moment für die Sozialversicherungssys- wort auf die Frage der Kollegin Bender aus, dass die Be- teme herrschen, nicht mehr vertretbar. triebe mit der Beitragsabsenkung um 0,9 Prozentpunkte zum 1. Juli erheblich entlastet würden und dass es des- Damit in aller Deutlichkeit zu Ihrer Frage: Es handelt halb sozusagen gerechtfertigt sei, jetzt mit der Vorzie- sich nicht um einen 13. Beitrag, sondern um ein Zurück- hung der Beitragszahlungen wieder Belastungen für die führen der Beitragszahlung auf den eigentlichen Leis- Betriebe zu schaffen. Ich frage Sie: Ist es grundsätzlich tungserbringungszeitraum. Ich bin Ihnen auch ganzZiel der Bundesregierung, Entlastungen bei den Betrie- dankbar, dass Sie die Frage so gestellt haben. Herr Kol- ben, die notwendig sind, um Wettbewerbsfähigkeit her- lege Kolb, Sie waren ja in der 13. Legislaturperiode,zustellen und die Arbeitsplätze in Deutschland zu halten, wenn ich mich recht erinnere, Mitglied der Bundesregie- wieder zu schmälern, indem man neue Belastungen für rung. Damals wurde ein Wachstums- und Beschäfti-die Betriebe einführt? gungsförderungsgesetz erlassen, das durch Ihre Mehr- heit im Parlament verabschiedet wurde. In diesem Wachstumsförderungsgesetz wurde damals geregelt, Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- dass trotz der schwierigen Situation der Rentenversiche- ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: rung vor dem Hintergrund zurückgegangener Beitrags- Herr Kollege Straubinger, ich wiederhole es: Es geht (B) einnahmen aufgrund der beitslosigkeit Ar unter allen nicht darum, neue Belastungen für die Betriebe einzu-(D) Umständen Beitragssatzerhöhungen verhindert werden führen. Die Betriebe sind mit den Beitragskosten ge- sollten. In diesem Zusammenhang wurde auch die Ab- nauso wie jeder andere auch belastet, weil dies der sozia- führung der Sozialversicherungsbeiträge vorgezogen.len Sicherung dient. Es gibt nach dem bisherigen Damit hat man sich einen einmaligen Liquiditätsvorteil Verfahren eine Differenz insofern, als die Löhne und Ge- in Höhe von 2 Milliarden Euro zurückgeholt und diehälter zu einem bestimmten Zeitpunkt gezahlt werden, Rentenversicherung entlastet. Sie können in der entspre- aber erst 14 Tage später die Beiträge an die Rentenver- chenden Bundestagsdrucksache gerne nachschauen. sicherung, die Krankenversicherung, die Pflegeversiche- rung und die Arbeitslosenversicherung fließen. Daraus Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: ist den Betrieben bislang ein Vorteil sozusagen in der Die nächste Frage hat die Kollegin Dr. MarliesForm eines gewährten Kredites entstanden. Dies halten Vo l km e r. wir vor dem Hintergrund der Situation der sozialen Sicherungssysteme zurzeit nicht mehr für vertretbar.

Dr. Marlies Volkmer (SPD): Die Alternative zu einem Vorziehen der Zahlungen Herr Staatssekretär, meine Frage ist: Wie schätzen Sie – ich wiederhole das – wäre eine Beitragssatzerhöhung. die aktuelle Finanzsituation der Rentenversicherung ge- Diese wird von niemandem gewollt, auch von der Wirt- genüber der Situation ein, die wir im Jahre 2004 hatten? schaft nicht. Es geht darum, es bei einer minimalen Be- lastung zu belassen. Es entsteht ein zusätzlicher Finan- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- zierungskostenaufwand von circa 400 Millionen Euro. ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Wir sagen an der Stelle: Für den Fall, dass der eine oder Frau Kollegin Volkmer, wir haben die Situation, dass andere Betrieb in Schwierigkeiten gerät, weil er im Ja- im Vergleich zum letzten Jahr nur ein geringer Zuwachs nuar sozusagen zwei Beiträge entrichten muss, nämlich bei den Beiträgen zu verzeichnen ist. Wenn Sie den Ver- für den Dezember des Vorjahres und den Januar des gleich mit dem Jahr 2004 ziehen, stellen Sie fest, dass dann laufenden Jahres, arbeitet man zurzeit an einer die Zahl der Erwerbstätigen nur um 0,3 Prozentpunkte Übergangsregelung, die wir mit einbringen wollen und angestiegen ist, die Zahl der sozialversicherungspflichtig die vorsieht, dass der erste vorgezogene Betrag in Raten Beschäftigten um 1,6 Prozentpunkte zurückgegangen ist gezahlt werden kann. Wir kommen den Betrieben hier und die Bruttolöhne und -gehälter nur um 1,1 Prozent- also durchaus entgegen. Ich glaube wirklich, dass das im punkte gestiegen sind. Das bedeutet für die gesetzliche Vergleich zu einer Erhöhung des Beitragssatzes eine ver- Rentenversicherung, dass in den zurückliegenden Mona- tretbare Maßnahme ist. 16304 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

(A) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: durch das Vorziehen der Abführung des Gesamtsozial-(C) Wir kommen dann zur Frage 10 des Kollegenversicherungsbeitrages einbezogen. Wir haben in einem Andreas Storm: Schreiben an die Wirtschaft als Vergleich und auch als Welche Auswirkungen haben die Einbrüche bei den Bei- Nachweis für die Entscheidung, dass die Abführung des tragseinnahmen im ersten Quartal 2005 und die Korrektur der Gesamtsozialversicherungsbeitrages vorgezogen wird, offiziellen Wachstumsprognose vom Bundesminister fürals Alternative die Belastungen angegeben, die bei ei- Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement, auf die weitere nem Beitragssatz von 19,9 Prozent liegen würden und Entwicklung der Rentenfinanzen in diesem Jahr und im nächsten Jahr? damals so errechnet wurden. Bei der Zugrundelegung der ökonomischen Daten, die jetzt der Schätzerkreis ge- nannt hat, lägen wir um 0,1 Prozentpunkte höher. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Herr Kollege Storm, obwohl die Beitragsentwicklung Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: im ersten Quartal unbefriedigend verlaufen ist, hat sich Weitere Zusatzfrage? – Bitte. bereits im März eine Verbesserung eingestellt. Im April dieses Jahres war die Beitragsentwicklung im Vergleich Andreas Storm (CDU/CSU): zum Vorjahreszeitraum erstmals positiv. Nach wie vor Herr Staatssekretär, können Sie darlegen, wie sich unterliegen aber die monatlichen Beiträge, auch auf-aufgrund dieser jüngsten Projektion die unterjährige Fi- grund von kalendarischen Einflüssen, starken Schwan- nanzsituation der Rentenversicherung entwickeln wird, kungen. Die Einschätzung des unterjährigen Verlaufs der und insbesondere, ob ein Vorziehen der monatlichen Beiträge ist daher ausgesprochen schwierig. So wurde Bundeszuschusszahlungen erforderlich sein wird und ob noch im Oktober des vergangenen Jahres angenommen, Sie eine Liquiditätshilfe des Bundes in diesem Jahr aus- dass die Nachhaltigkeitsrücklage 2004 0,28 Prozent ei- schließen können? ner Monatsausgabe betragen würde. Tatsächlich aber fiel das Ergebnis mit 0,32 Prozent einer Monatsausgabe um 600 Millionen Euro günstiger aus. Vor diesem Hinter- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- grund, denke ich, muss man die weitere Entwicklung der ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Beitragseinnahmen Monat für Monat abwarten. Die ökonomische Entwicklung bleibt abzuwarten. Nach den bisherigen Projektionsdaten wird es mögli- Aufgrund der nach unten revidierten Wirtschaftsan- cherweise das erste Mal imMonat Juli bezüglich des nahmen ergibt sich gegenüber der bisherigen Einschät- Risikostrukturausgleichs ein Vorziehen des Zuschusses zung ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf von rund geben müssen. Im Bereich der Renten wird dies im Sep- 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2005 und rund 3,5 Milliar- (B) tember dieses Jahres der Fall sein. (D) den Euro im Jahr 2006. Die Bundesregierung wird aber durch das Vorziehen der Fälligkeit des Gesamtsozialver- sicherungsbeitrages gewährleisten, dass der Beitrags- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: satz bei 19,5 Prozent stabilisiert wird. Ich glaube auch, Noch eine Zusatzfrage. Bitte schön, Kollege Heinrich dass das notwendig ist, um an der Stelle kein falsches Kolb. Signal durch einen höheren Beitragssatz zu setzen und die Impulse einer positivenEntwicklung in der Wirt- (FDP): schaft nicht zu gefährden. Dr. Heinrich L. Kolb Herr Staatssekretär, Sie haben unsere mathematischen Fähigkeiten hier bereits öffentlich bekundet. Können Sie Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: dann auch meine folgende Überlegung nachvollziehen: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Storm. Wenn Ende 2005 die Nachhaltigkeitsrücklage 1,8 Mil- liarden Euro beträgt und dann durch einen einmaligen Andreas Storm (CDU/CSU): Sondereffekt 9 Milliarden Euro dazukommen, dann Herr Staatssekretär, Sie haben ja vorhin mehrfachmüsste die Rücklage am Ende des Jahres 2006 ja eigent- ausgeführt, dass der Beitragssatz mit der Maßnahme des lich 10,8 Milliarden Euro betragen. Tatsächlich haben Vorziehens der Beitragszahlungen im nächsten Jahr sta- Sie gesagt, dass Sie bei 7,6 liegen wird. Das heißt im bil gehalten werden soll. Wie hoch müsste der Beitrags- Klartext, Sie rechnen auch in 2006 mit einem Defizit der satz in den Jahren 2006 und 2007 nach dieser Projektion Rentenversicherung von 3,2 Milliarden Euro. Ist das denn angehoben werden, wenn diese Maßnahme nicht richtig? durchgeführt werden sollte, und wie hoch ist die Schwankungsreserve voraussichtlich am Ende dieses Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Jahres und des kommenden Jahres? ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Nein, Herr Kollege Kolb, Sie müssen ja davon ausge- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- hen, dass auf dieser Wegstrecke auch die ökonomischen ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Daten des Schätzerkreises zugrunde gelegt worden sind Die Schwankungsreserve, die Nachhaltigkeitsrück- und dass sich die Einnahmen und die Ausgaben der Ren- lage, wird im Jahre 2005 bei 1,8 Milliarden Euro liegen, tenversicherung in einem dementsprechenden Verhältnis im Jahre 2006 bei 7,6 Milliarden Euro. Darin ist bereits bewegen, sodass die Zahl dabei herauskommt, die ich die einmalige Sondereinnahme von gut 9 Milliarden Euro Ihnen gerade genannt habe. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16305

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes (A) (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber das heißt menden Jahr durch die geplante Neuregelung, wonach der (C) im Klartext: Defizit 3,2 Milliarden! Das kann Termin für die Zahlung der Sozialbeiträge vom 15. des Folge- monats auf das Ende des Monats verlegt wird, in dem die Ar- ja nicht anders sein!) beitsleistung erbracht wurde?

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Eine weitere Frage des Kollegen Max Straubinger. ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Herr Kollege Storm, von der Verlegung des Termins Max Straubinger (CDU/CSU): der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge sind dieje- Herr Staatssekretär, Sie haben gerade in Ihrer Antwort nigen öffentlichen Arbeitgeber betroffen, die von der an Kollegen Storm zur Finanzentwicklung auf derMöglichkeit der Verschiebung der Gehaltszahlung ge- Grundlage der Annahmen der Bundesregierung darge- mäß dem Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst Ge- stellt, dass die Wirtschaft um 1 Prozent wachsen wird. brauch gemacht haben. In Bezug auf die Fälligkeit der Welche finanziellen Auswirkungen wird es geben, wenn Sozialbeiträge wird der früher geltende Abführungster- die Wirtschaft sich so entwickelt, wie es das Frühjahrs- min im Prinzip wiederhergestellt bzw. leicht verbessert. gutachten der fünf Wirtschaftsweisen ausdrückt, die von Der Liquiditätsvorteil aufgrund der Verschiebung des einem Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent ausgehen? Termins der Auszahlung von Löhnen und Gehältern bleibt jedoch erhalten. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Durch die Neuregelung entstehen den öffentlichen ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Kassen dauerhafte Finanzierungskosten für die gut zwei Herr Kollege Straubinger, das wird mathematische Wochen früher fälligen Beiträge. Diese Kosten werden Auswirkungen haben, die ich Ihnen hier allerdings nicht auf rund 60 Millionen Euro geschätzt. Eine Übergangs- mit Daten belegen kann. regelung – ich erwähnte das bereits – soll die Möglich- keit geben, die Beiträge aus dem Januar auf das Einfüh- (Lachen bei der CDU/CSU und der FDP) rungsjahr zu verteilen. Man kann es sich ausrechnen. Sie kennen die Daten, die Den Kosten stehen jedoch Entlastungen der öffent- der Schätzerkreis vorgelegt hat. Ich will aber dazusagen, lichen Arbeitgeber an anderer Stelle gegenüber. So dass die ökonomischen Daten, die die Wirtschaftsweisen werden auch die öffentlichen Arbeitgeber durch die Ein- vorgelegt haben, eine Größe sind. Es gibt von anderen führung des Sonderbeitrages in der gesetzlichen Kran- Wirtschaftsinstituten andere Daten, die darüber liegen, kenversicherung von 0,9 Prozent zum 1. Juli 2005 nämlich bei 1,1 Prozent. dauerhaft um jährlich rund 300 Millionen Euro entlastet. (B) Ich glaube, dass wir mit 1 Prozent Wachstum eineDurch die Aktualisierung des Fälligkeitstermins wird ein (D) Prognose getroffen haben, die im realistischen Bereich Anstieg des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversi- liegt, die auch nicht zu viel Pessimismus verbreitet – den cherung vermieden. Ansonsten hätten sich höhere Belas- brauchen wir in der momentanen Situation nicht – und tungen ergeben. die deutlich macht, dass die Wirtschaft wächst. Wir freuen uns über jeden Prozentpunkt, der dazukommt. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Wir können munter darüber diskutieren, was wäre, wenn Bitte, Herr Storm, Ihre Zusatzfrage. es denn schlechter werden würde. Wir sind grundsätzlich davon beseelt, dass alle politischen Entscheidungen, die hier getroffen werden, darauf ausgerichtet sind, mehr Andreas Storm (CDU/CSU): Beschäftigung zu schaffen, mehr ökonomische Entfal- Herr Staatssekretär, ich möchte Folgendes nachfra- tung zu ermöglichen und damit mehr Wirtschaftswachs- gen: Sie haben eben von den dauerhaften Kosten für die tum zu erreichen. Denn das würde allemal dazu beitra- öffentlichen Haushalte gesprochen; meine Frage zielte gen, die sozialen Sicherungssysteme zu stabilisieren. aber konkret auf die Kosten im kommenden Jahr ab. Welche Haushaltsbelastungen sind für Bund, Länder und Vielleicht darf ich noch anschließen – denn ich habe Kommunen konkret im Haushaltsjahr 2006 durch diese den Kollegen Kolb vorhin nicht mit der Drucksachen- Maßnahme zu erwarten? nummer versorgt; das Ganze gilt ja auch für Ihre dama- lige Koalition –: Damals hat Ihre Koalition vor dem Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Hintergrund der aktuellen Finanzlage mit der Druck- Franz Thönnes, ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: sache 13/4610 vom 10. Mai 1996 kurzfristige Einnah- meverbesserungen zur Senkung des Beitragssatzanstie- Herr Kollege Storm, ich würde Ihnen diese Frage ges beschlossen, die mit einem Effekt von 2 Milliarden gerne schriftlich beantworten. Euro dazu beigetragen haben, die Beitragssätze zu stabi- lisieren. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Weitere Frage? – Bitte schön, Herr Storm. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank. – Wir kommen dann zur Frage 11 des Andreas Storm (CDU/CSU): Kollegen Andreas Storm: Herr Staatssekretär, könnten Sie bitte auch die Frage Welche finanziellen Belastungen ergeben sich für diebeantworten, für welche Länder und für welchen Anteil Haushalte des Bundes, der Länder und Kommunen im kom- der Kommunen eine Veränderung nicht erforderlich ist, 16306 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Andreas Storm (A) sprich: Welche Länder und welche Kommunen zahlen der Sozialbeiträge nehmen wir nach der Eröffnung der(C) die Beiträge für Arbeiter und Angestellte bislang noch Möglichkeit der Verschiebung des Zahlungstermins von nicht am Monatsende aus? der Monatsmitte auf das Monatsende für die Brutto- bezüge, insbesondere für die Auszahlung der Netto- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- gehälter an die Arbeitnehmer, wie es der Tarifvertrag ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: zum Ziel hatte, schlichtweg den bestehenden Finanzie- Es entstehen, wie ich vorhin gesagt habe, Finanzie- rungs- und Kreditvorteil zurück. rungskosten in Höhe von 60Millionen Euro. Nicht be- Was die Zahlungen an die Rentenkassen angeht, so troffen sind der Bund, Mecklenburg-Vorpommern und wird, soweit Länder und Kommunen betroffen sind, nur Sachsen. die Regelung in etwa wiederhergestellt, die diese durch tarifvertragliche Verlegung der Fälligkeit der Lohn- und Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Gehaltszahlungen auf einen Tag nach dem 15. eines Mo- Gibt es dazu eine weitere Frage? – Bitte schön. nats, nämlich auf den Monatsletzten, beseitigt hatten. Ohne diese tarifliche Gestaltung galt für die Länder und Kommunen bis zu diesem Zeitpunkt die Beitragszahlung (SPD): Karsten Schönfeld zum 25. des Monats, in dem der Lohn gezahlt worden Herr Staatssekretär, um die Finanzen der Rentenversi- ist. Zukünftig soll die Zahlung zum drittletzten Tag eines cherung zu konsolidieren, hat die Bundesregierung be- Monats erfolgen, was in der Regel eine spätere Beitrags- reits in den letzten Jahren umfangreiche Maßnahmenzahlung zur Folge hat. eingeleitet. Welche Konsequenzen sind damit für das Rentenniveau und die finanzielle Situation im Alter ins- Die Frage nach der Finanzierung dieser Beiträge ist gesamt verbunden? eine allgemeine Frage, die sich allen Arbeitgebern stellt. Eine Übergangsregelung – das habe ich eben schon ge- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- sagt – soll die Verteilung der zusätzlichen Kosten des ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: ersten Monats auf das Einführungsjahr ermöglichen. Sie wissen, dass wir das Ziel haben, dass das Renten- Den Kosten der öffentlichen Arbeitgeber stehen je- niveau vor Steuern nicht unter 46 Prozent sinkt. Vor die- doch Entlastungen an anderer Stelle gegenüber. Wie sem Hintergrund hat sich die Bundesregierung entschie- eben schon ausgeführt, werden die öffentlichen Arbeit- den, den Versicherten die Möglichkeit zu geben, mitgeber auch durch die Einführung des Sonderbeitrages einer kapitalgedeckten Altersvorsorge eine zusätzliche von 0,9 Prozent zur Krankenversicherung dauerhaft um private Altersvorsorge zu betreiben. Dafür steht ab dem 300 Millionen Euro jährlich entlastet. Durch die Aktuali- (B) Jahr 2008 schon jetzt aufwachsend ein Fördervolumen sierung des Fälligkeitstermins wird ein Anstieg des Bei- (D) von gut 13 Milliarden Euro zur Verfügung. Wenn man tragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung vermie- davon Gebrauch macht und den Betrag, der sich durch den. Dies hätte wesentlich höhere Belastungen mit sich den schrittweisen Wechsel von der vorgelagerten auf die gebracht. nachgelagerte Besteuerung der Rentenversicherungsbei- träge als Entlastung ergibt, in eine zusätzliche Alters- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: vorsorge investiert, dann kann man – bei den üblichen Zusatzfrage, Herr Straubinger. Zinsentwicklungen – davon ausgehen, dass das heutige Rentenniveau gewahrt werden kann. Das setzt aber vo- raus, dass man die Spielräume, die geschaffen worden Max Straubinger (CDU/CSU): sind, wirklich zum Aufbau einer privaten kapitalgedeck- Herr Staatssekretär, Ziel der Tarifvereinbarung war ten Altersvorsorge nutzt. es, die öffentlichen Kassen zu entlasten und die Arbeit- nehmer mit einzubeziehen. Die Bundesregierung macht jetzt glatt das Gegenteil: Sie belastet die öffentlichen Ar- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: beitgeber. Sie erklärt zwar immer wieder, dass sie die Danke schön. – Wir kommen jetzt zur Frage 12 des Kommunen entlasten möchte. Hier aber muss man fest- Kollegen Max Straubinger: stellen, dass es wieder eine Belastung der Kommunen Wird nach Einschätzung der Bundesregierung durch das gibt. Ist das mit den Zielen der Bundesregierung über- geplante Vorziehen des Termins für die Zahlung der Sozial- beiträge nicht das Ergebnis der Tarifverhandlungen im öffent- haupt vereinbar? lichen Dienst aus dem Jahr 2003 revidiert, wonach man den Ländern und Kommunen durch die Umstellung des Termins Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- für die Zahlung der Löhne und Gehälter von der Monatsmitte auf das Monatsende zusätzliche finanzielle Spielräume schaf- ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: fen wollte, und wie sollen nach Meinung der Bundesregierung Ich habe vorhin die Ziele der Bundesregierung deut- die Länder und Kommunen diese Konsequenzen angesichts lich beschrieben, Herr Kollege Straubinger. Das grund- ihrer angespannten Finanzlage auffangen? sätzliche Ziel besteht darin, wieder Wachstum zu generieren und damit die Beschäftigungsaussichten zu Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- verbessern, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Ein ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: wesentlicher Faktor dabei sind die Lohnnebenkosten. Herr Kollege Straubinger, das Ergebnis wird nicht re- Deswegen wollen wir die Lohnnebenkosten stabilisie- vidiert. Die Antwort lautet also ganz klar und deutlich: ren. Da, wo wir sie reduzieren können, wie wir es ge- Nein. Durch ein Vorziehen des Termins für die Zahlung meinsam im Bereich der gesetzlichen Krankenversiche- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16307

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes (A) rung in Angriff genommen haben, wollen wir dies unter Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (C) allen Umständen versuchen. Deswegen ist das absolute Eine weitere Frage des Kollegen Andreas Storm. Ziel die Beitragssatzstabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Andreas Storm (CDU/CSU): Bei dem Tarifabschluss haben sich die beiden Tarif- Herr Staatssekretär, schließt die Bundesregierung im vertragspartner darauf verständigt, dass der Termin für Hinblick auf die von Ihnen genannte erhebliche finan- die Zahlung der Gehälter um 14 Tage verschoben wer- zielle Belastung von Ländern und Kommunen im kom- den kann. Dementsprechend sind – vor dem Hintergrund menden Jahr eine Zustimmungsbedürftigkeit dieser Re- der noch geltenden Bedingungen – auch die Beiträge zu gelung im Bundesrat weiterhin aus? zahlen. Es gibt an dieser Stelle keinen Anlass, die öffent- lichen Arbeitgeber anders als die anderen Arbeitgeber zu Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- behandeln. Vielmehr geht es darum, den gewährten Vor- ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: teil von gut 14 Tagen Kreditgewährung vor dem Hinter- Ja, die Bundesregierung schließt das weiterhin aus. grund der angespannten Lage der Rentenversicherung und der sozialen Sicherungssysteme – ich wiederhole Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: das – zurückzuholen und damit auch von allen Arbeitge- Eine weitere Frage der Kollegin Erika Lotz. bern einen Beitrag zur Stabilisierung der Beiträge einzu- fordern. Erika Lotz (SPD): Herr Staatssekretär, die Opposition kreist um die Be- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: lastungen der Kommunen und Länder vor dem Hinter- Zweite Zusatzfrage. grund des geplanten Vorziehens dieses Zahlungstermins. Wie wäre die Belastung von Ländern und Kommunen, wenn alternativ die Beiträge erhöht würden? Wie sähen Max Straubinger (CDU/CSU): die Belastungen für die Arbeitgeber insgesamt aus? Wie Sie führten vorhin aus, Herr Staatssekretär, dass dies wäre die Wirkung von Beitragserhöhungen? eine zusätzliche Last in Höhe von 60 Millionen Euro für die Kommunen und Länder bedeutet. Ist dies nur die Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Last für den Rentenversicherungsteil oder ist es die Ge- ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: samtlast? Ich habe es dem Kollegen Storm bereits gesagt. Das Gesamtvolumen macht 0,5 Beitragssatzpunkte aus. Dementsprechend würde der hälftige Betrag für Arbeit- (B) Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- (D) ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: nehmer und Arbeitgeber anfallen. Genau das wollen wir Es ist die Gesamtlast. vermeiden.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Wir kommen zur Frage 13 des Kollegen Gerald Weiß: Eine weitere Frage der Kollegin Verena Butalikakis. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung – vergleiche „Süddeutsche Zeitung“ vom 2. Mai 2005 –, dass in der gegen- Verena Butalikakis (CDU/CSU): wärtigen konjunkturellen Lage der Entzug von Liquidität bei den Betrieben infolge des geplanten Vorziehens des Zahlungs- Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ich komme noch termins für die Sozialbeiträge deren finanzielle Situation noch einmal auf die Frage nach den Zahlen zurück. Sie hatten weiter verschärfen und damit zahlreiche Arbeitsplätze kosten vorhin von einer Belastung der Länder und Kommunen werde? in Höhe von 2,5 Milliarden Euro gesprochen. Bei der Beantwortung der Frage haben Sie gerade angeführt, das Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- mache nichts, die Länder und Kommunen würden um ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: 300 Millionen Euro durch die gesetzliche Krankenversi- Herr Kollege Weiß, Sie haben zwei Fragen gestellt. cherung entlastet. Nun ist das kein Verhältnis; denn man Sehr geehrter Herr Präsident und Herr Kollege Weiß, ich kommt immer noch auf eine Belastung in Höhe vonmöchte darum bitten, die Fragen 13 und 14 zusammen 2,2 Milliarden Euro. Bestätigen Sie die Zahlen, die ich beantworten zu dürfen. gerade dargestellt habe? Meine zweite Frage ist: Sie haben ausgeführt, zwei Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Länder und der Bund seien nicht beteiligt. Wie verteilen Dann rufe ich die Frage 14 des Kollegen Gerald Weiß sich die Summen auf die einzelnen Bundesländer bzw. in auf: welchem Verhältnis werden sie auf Länder und Kommu- Teilt die Bundesregierung die Einschätzung – vergleiche nen verteilt? Presseinformation Nr. 31/2005 der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände vom 29. April 2005 –, dass die Betriebe, die Löhne und Gehälter auf Stundenbasis be- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- rechnen, die Entgeltabrechnung erst nach Monatsende vor- ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: nehmen können, weil erst dann das zu vergütende Stundenvo- lumen und die zu leistenden Zuschläge für Überstunden Die zweite Frage würde ich Ihnen gerne schriftlich feststehen, und damit die geplante Umstellung des Zahlungs- beantworten; das andere bestätige ich Ihnen. termins für die Sozialbeiträge überhaupt nicht bewerkstelligen 16308 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) könnten bzw. die Entgeltberechnung ständig korrigieren ditätsentzug münden wird. Darüber hinaus wirkt diese(C) müssten, was den Verwaltungs- und Kostenaufwand dervorgezogene Zahlung des Sozialversicherungsbeitrages Lohn- und Gehaltsabrechnung gerade für mittelständische Be- triebe weiter erhöhen würde? – wie vorhin schon in einigen nachfassenden Fragen nachgewiesen – wie eine einmalige Sonderzahlung. Die Unternehmen werden im Jahre 2006 nicht zwölfmal, Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- sondern 13-mal Sozialversicherungsbeiträge abführen. ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Auch daraus erwächst ein Liquiditätsentzug. Die Bundesregierung teilt die angesprochene Ein- schätzung nicht, die Sie in Ihrer Frage getroffen haben. Die finanzielle Situation der Betriebe ist schlecht, die Sie sprechen davon, dass ein Liquiditätsentzug dadurch Liquiditätslage vielfach dramatisch. In den produktivi- bei den Betrieben erfolgen würde und dass sich deren fi- tätsschwächeren, arbeitsintensiveren Branchen und Be- nanzielle Situation noch weiter verschärfen würde. trieben ist sie tendenziell noch ein wenig dramatischer als in den übrigen. Aber genau die treffen Sie mit Ihrer Die Bundesregierung ist vielmehr der Auffassung,Maßnahme. Haben Sie einmal fachlichen Rat eingeholt dass die Alternative, eine Anhebung des Beitragssatzes oder geprüft, wie viele Arbeitsplätze diese belastende zur gesetzlichen Rentenversicherung, eine weit größere Maßnahme kosten könnte? Belastung der Wirtschaft zur Folge hätte. Eine Über- gangsregelung, wie ich sie soeben dargestellt habe, soll Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- dazu beitragen, dass auch die zusätzlichen Aufwendun- ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: gen auf das gesamte Einführungsjahr verteilt werden Wir gehen davon aus, dassdie Situation für die Be- können, um die Belastung abzufedern. triebe aufgrund der Übergangsregelung, die ich Ihnen Bei der Maßnahme wird nicht mehr auf die Zahlung gerade genannt habe, vertretbar ist. Angesichts der Ge- der Entgelte, sondern auf die voraussichtliche Beitrags- samtlage der sozialen Sicherungssysteme, in dem Fall schuld aus der erbrachten Arbeitsleistung des Beschäf- der Rentenversicherung, ist Beitragssatzstabilität viel wichtiger, weil hiermit Arbeitsplätze gesichert und tigten abgestellt. Der Zahlungszeitpunkt für den Gesamt- Wachstumschancen verbessert werden sowie ein Ar- sozialversicherungsbeitrag wird damit dem Grunde nach beitsplatzaufwuchs organisiert werden kann. Wir sagen zeitlich mit der Erbringung der ihm zugrunde liegenden deutlich: Die Auswirkungen auf die Liquidität, die Ihrer Arbeitsleistung und der Entstehung des Anspruchs syn- Meinung nach hervorgerufen werden, können durch eine chronisiert und somit nicht mehr von der vielfach nach- Verteilung abgefedert werden und sind allemal vertretba- träglich erfolgenden tatsächlichen Zahlung der Entgelte rer als eine Beitragssatzerhöhung. abhängig gemacht. Allerdings bezieht sich die so ausge- staltete Beitragspflicht nur auf die voraussichtliche Bei- (B) tragsschuld für den laufenden Monat. Für variable Ge- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (D) haltsbestandteile wie Erfolgsprämien, Einmalzahlungen, Herr Weiß, bitte. Weihnachts- oder Urlaubsgeld kann sich die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages nicht an der Entste- Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU): hung des Anspruchs orientieren, sondern kann erst nach Herr Staatssekretär, geben Sie mir Recht, dass es für der genauen Feststellung im Folgemonat erfolgen. die Betriebe relativ schnurz ist, ob diese Belastung in Gestalt einer einmaligen Sonderzahlung mit einem Ge- Die beiden im geltenden Recht bestehenden Zeit-samtgewicht von 20 Milliarden Euro auf die Betriebe punkte für die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungs- zukommt oder ob sie einen möglicherweise temporär hö- beitrages werden mit einer konsequenten Anknüpfung heren Beitrag zahlen müssen? Es ist in jedem Fall eine an die Entstehung des Anspruches auf nur noch einen erhöhte Beitragslast für die Betriebe. Sind Sie nicht zu Zeitpunkt zum Monatsende konzentriert. Die Anzahl der einer Politik in der Lage, bei der es weder zu dem einen Abrechnungstermine für den Gesamtsozialversiche-noch zu dem anderen kommt? rungsbeitrag bei Unternehmen und bei den Einzugsstel- len reduziert sich damit von 24 auf zwölf im Jahr. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Beiträge, die mit der voraussichtlichen Beitragsschuld ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: am Monatsende nicht abgerechnet werden können, wer- Herr Kollege Weiß, ich habe vorhin auch bei den an- den automatisch mit der Abrechnung im Folgemonatderen Fragen schon ausgeführt, dass die Rentenversiche- verbunden. Dies führt dann auch zu einer Vereinfachung rung angesichts der zurückgegangenen Beitragseinnah- für die Betriebe. In einigen Betrieben ist das teilweise men, die zum Teil auch damit zusammenhängen, dass auch heute schon Praxis. Einkommen reduziert worden sind, dass Arbeitszeiten ohne Einkommenserhöhungen ausgeweitet worden sind, nicht die prognostizierten Beitragseinnahmen hat. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Zusatzfrage, Herr Weiß. Die Alternative, nun den Beitragssatz zu erhöhen, würde die gesamte Wirtschaft sowie die Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmer belasten und würde auch ganz Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU): konkrete Kaufkraftverluste nach sich ziehen. Dies wol- Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin schon berichtet, len wir vermeiden. dass der Zinsverlust für die Unternehmen aufgrund die- ser Gesetzesänderung 400 Millionen Euro betragen In technischer Hinsicht machen wir – indem wir kei- wird. Das ist eine Belastung der Wirtschaft, die in Liqui- nen zusätzlichen Beitrag erheben – den gleichen Schritt, Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16309

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes (A) den auch die damalige Koalition im Jahr 1996 gemacht Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU): (C) hat. Deswegen will ich mich absolut gegen diese Wort- Herr Staatssekretär, leider haben sich bisher keine wahl verwehren und deutlich sagen: Es geht darum, dass positiven Wirkungen eingestellt. Ich will Sie noch etwas die Beitragsleistung an den Zeitpunkt der Entgeltleistung zu einem anderen Aspekt fragen: Wie ist das mit den Be- herangeführt wird. Dies ist vor dem Hintergrund dertrieben, die ihre Gehalts- und Lohnberechnungen auf Belastungen der Versicherten, der Rentnerinnen undStundenbasis durchführen? Haben Sie einmal abschät- Rentner und auch der Wirtschaft in dieser Situation ver- zen lassen, zu welchem bürokratischen Aufwand und zu tretbar, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Al- welcher zusätzlichen Belastung Ihre Neuregelungen für ternative eine viel größereBelastung mit sich bringen diese Betriebe, die ihre Entgeltberechnungen auf Grund- würde. Wir sind entschieden dafür, diesen Punkt umzu- lage ihrer Istergebnisse ständig korrigieren müssen, füh- setzen, weil wir durch die Beitragssatzstabilität dazu bei- ren werden? tragen können, die Chancen auf mehr Beschäftigung und steigendes Wachstum erheblich zu verbessern. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Na ja!) ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Herr Kollege Weiß, lassen Sie mich eines sagen: Nachdem wir fast drei Jahre Nullwachstum zu verzeich- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: nen hatten, betrug das Wachstum in Deutschland im letz- Herr Weiß, in Anbetracht dessen, dass Ihre beidenten Jahr 1,6 Prozent. Für dieses Jahr ist ein Wachstum Fragen zusammengefasst worden sind, haben Sie dasvon 1 Prozent prognostiziert. Recht, noch zwei weitere Fragen zu stellen. (Zuruf von der CDU/CSU: Das können wir Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU): dann ja verprassen!) Herr Staatssekretär, wäre es nicht sehr viel besser,Das ist allemal besser als die Wachstumsraten, die wir eine wirklich wachstumsorientierte Politik zu betreiben, vor vier, fünf Jahren zu verzeichnen hatten. Das hat et- dabei Beitragserhöhungen zu vermeiden und, ganz im was bewirkt. Im Februar dieses Jahres betrug das Minus Gegenteil, Beitragsentlastungen zu unterstützen, stattbei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungs- Ihre Maßnahmen durchzuführen, die im Ergebnis nega- verhältnissen im Vergleich zum vergangenen Jahr nur tive Folgen haben werden, weil immer nur am Problem noch 150 000. Auch diese Zahl ist gegenüber dem Vor- herumgewerkelt wird, die Ursachen aber nicht angegan- jahr erheblich gesunken. Im Kern sind wir also auf ei- gen werden? nem guten Weg. Weil Sie diesen Weg in Teilbereichen unterstützen und wir bestimmte Schritte gemeinsam ma- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- chen, wundere ich mich über Ihre Fragestellung; denn (B) ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: ich glaube schon, dass sich hier Erfolge abzeichnen. (D) Mit der Agenda 2010 und dem 20-Punkte-Programm, Als Antwort auf Ihre Frage muss ich Ihnen sagen: Sie das im Nachgang zu der Regierungserklärung, die der wissen, dass es über die Betriebe, die ihre Lohnabrech- Bundeskanzler im März dieses Jahres hier im Parlament nungen auf Stundenbasis machen, keine statistischen abgegeben hat, aufgelegt wurde, ist die Bundesregierung Daten gibt. Ich will Ihnenaber sagen: Wir haben mit die Herausforderungen, die sich aus der Globalisierung dem Verwaltungsvereinfachungsgesetz Regelungen ge- und der wirtschaftlichen Schwächephase ergeben, ange- schaffen, die genau dazu führen, dass die Differenzen, gangen. In Teilbereichen – bei der Zusammenlegung von die zwischen den jeweiligen Abrechnungen entstehen, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe und bei den Reformen im Monat darauf verrechnet werden, sodass es dieses im Gesundheitswesen – haben wir gemeinsame Ent-„Hin-und-her-Rechnen“ überhaupt nicht mehr gibt. Dies scheidungen getroffen. Auch im Nachgang zu der ange- trägt dazu bei, dass eine erhebliche Verwaltungsverein- sprochenen Regierungserklärung haben wir gemeinsame fachung, auch auf der Basis der Nutzung der datenver- Entscheidungen getroffen, die wir hier im Bundestag in arbeitungstechnischen Möglichkeiten, entsteht. Ihre Wirkung setzen. Sorge kann ich da absolut nicht teilen. Ganz im Gegen- All unsere Bemühungen sind darauf ausgerichtet, die teil, wir haben hier im Deutschen Bundestag die Voraus- Beitragssätze zu stabilisieren und Wachstum zu fördern. setzungen geschaffen, dass entbürokratisiert wird und Nicht zuletzt erinnere ich daran, dass der Eingangssteu- dass Verwaltungsverfahren vereinfacht werden. ersatz von 25,9 Prozent auf 15 Prozent reduziert wurde, dass der Spitzensteuersatz gesenkt wurde und dass den Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Privathaushalten und Mittelständlern in den letzten Jah- Ich habe jetzt noch eine Reihe von Wortmeldungen zu ren Steuergelder in Höhe von fast 60 Milliarden Euro zu- diesem Komplex. Ich verlese einmal die Namen: rückgegeben worden sind, was unter anderem dazuHeinrich Kolb, Hildegard Müller, Karsten Schönfeld, führt, dass eine Durchschnittsfamilie mit einem Haus- Birgitt Bender, Erika Lotz. – Der Nächste ist haltseinkommen von circa 35 000 Euro und zwei Kin- Dr. Heinrich Kolb. dern keine Steuern mehr zahlen muss. Vor diesem Hintergrund muss man sagen, dass wir die Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Voraussetzungen für die Stärkung der Nachfrage und Schönen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär, mehr Wachstum geschaffen haben, die jetzt durch diewir haben heute Morgen im zuständigen Ausschuss für Beitragssatzstabilität innerhalb der sozialen Sicherungs- Gesundheit und Soziale Sicherung über die Berechnung systeme untermauert werden müssen. Darum geht es bei des Aufwandes gesprochen – es ist ja ein Aufwand, kein der Entscheidung, die hier zu treffen ist. Zinsverlust. Denn „Zinsverlust“, Herr Kollege Weiß, 16310 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Dr. Heinrich L. Kolb (A) würde ja bedeuten, dass irgendwo ein Guthaben gewe- Hildegard Müller (CDU/CSU): (C) sen wäre, das man nicht mehr hat, weil ein Liquiditätsab- Herr Staatssekretär, wenn ich Sie gerade richtig ver- fluss stattgefunden hat. Tatsache ist, dass die Unterneh- standen habe, dann haben Sie gesagt, dass überall dort, men diesen Liquiditätsverlust in der Regel durch eine wo variable Bestandteile seien – außer Urlaubsgeld, höhere Kreditaufnahme ausgleichen müssen. Sie haben Weihnachtsgeld und Sonstigem –, die Abrechnung im mir auf meine Frage geantwortet, dass Sie von einemFolgemonat gemacht werden könne. Es ist richtig, dass Zinssatz von 5 Prozent ausgegangen sind. Würden Sie damit die Lohn- und Gehaltsabrechnung und die Abfüh- mir Recht geben, dass das eigentlich zu niedrig angesetzt rung der Sozialabgaben auseinander fallen würden. Aber ist, wenn die Unternehmen einen Kontokorrent in An- Sie haben eben gesagt, Sie würden 9,6 Milliarden Euro spruch nehmen? Sofern ein Überziehungskredit in An- für die Rentenversicherung erwarten. Dann müssen Sie spruch genommen werden muss, wäre doch eher vondoch kalkuliert haben, wie viel Prozent etwa auf diese zweistelligen Zinssätzen auszugehen. Also: Wie kom- variablen Gehaltsbestandteile entfallen. Konkret die men Sie zu der Annahme, dass 5 Prozent der angemes- Nachfrage: Muss ein Unternehmen, das die Zahlen mit sene Zinssatz zur Berechnung des Zinsaufwandes wäre? der Abrechnung des Folgemonats einreichen kann, die Valutierung trotzdem rückwirkend vornehmen? Wenn Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- nicht, entgeht Ihnen doch der Liquiditätseffekt, auf den ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: Sie hier setzen. Können Sie mich darüber aufklären? Wir glauben, dass 5 Prozent der angemessene Zins- satz sind, weil es Unternehmen gibt, die aufgrund der ei- genen Liquidität gar nicht in die Situation kommen, Kre- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- dite in Anspruch nehmen zu müssen. Es wird auchministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: darauf ankommen, wie die Unternehmen die Verteilung Ich kann Ihnen die Zusammensetzung der Betriebe, des Beitrages auf die weiteren Monate des Jahres kon- die mit diesen Variablen arbeiten bzw. die Stundenlohn- zentrieren. Die Festsetzung des Zinssatzes hat auch im- abrechnungen machen, nicht nennen; ich habe Ihnen das mer etwas damit zu tun, wie der Wert des Unternehmens vorhin gesagt. Wenn uns die Daten vorliegen – ich eingeschätzt wird, wie die Liquidität des Unternehmens werde mich gerne danach erkundigen –, werde ich sie überhaupt ist, wie die Vermögenssituation des Unterneh- Ihnen schriftlich mitteilen, Frau Kollegin Müller. mens ist, welche Kreditspielräume das Unternehmen bei seinen jeweiligen Banken hat. Deshalb glauben wir, dass Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: dieser Zinssatz im Durchschnitt angesetzt werden kann. Der Kollege Karsten Schönfeld ist der nächste Frage- steller. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (B) Nachdem die zwei Fragen zusammengefasst worden Karsten Schönfeld (SPD): (D) sind, können Sie auch zwei Zusatzfragen stellen. Bitte Herr Staatssekretär, früher war es ja durchaus üblich, schön, Herr Kolb. dass die Löhne bereits am 15. eines Monats gezahlt wur- den und dass die Sozialversicherungsbeiträge in der Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Konsequenz am Monatsende fällig waren. In den letzten Vielen Dank, Herr Präsident. – Sie haben sich offen- Jahren hat es eine Verlagerung der Lohnzahlungen auf sichtlich Gedanken gemacht. Daher würde ich gerndas Monatsende gegeben, wodurch es auch zu einem nachfragen, wie hoch Ihrer Ansicht nach der Prozentsatz Herausschieben der Zahlung der Sozialversicherungs- derjenigen deutschen Unternehmen – insgesamt sind es beiträge auf den 15. des Folgemonats kam. Gibt es Ein- 3,3 Millionen – ist, die solche Vermögensverhältnisse schätzungen über die Zahl, um wie viel sich die Unter- haben, wie Sie es dargestellt haben, die also, bildlich ge- nehmen durch dieses Verfahren auf Kosten der sprochen, noch aus dem Vollen schöpfen können? Ist der Sozialkassen entlastet haben? Bundesregierung denn nicht bekannt, dass der Mittel- stand derzeit – Stichwort „Basel II“ – landauf, landab er- hebliche Kreditprobleme hat, dass sich insbesondere das Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Rating der Unternehmen verschlechtert, wodurch ohne- ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: hin Druck auf die Zinskonditionen der Unternehmen Herr Schönfeld, wir müssen feststellen: Wenn man besteht? Können Sie vor dem Hintergrund noch einmal eine Einnahme von circa 20 Milliarden Euro – um einen beleuchten, wie Sie die Zusammensetzung des Mittel- solchen Betrag geht es, wenn man davon ausgeht, dass standes sehen? die Zahlungen auf den Termin gelegt werden, zu dem die Lohn- und Gehaltszahlungen erfolgen – für 14 Tage an- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- legen würde und dafür einen durchschnittlichen Zinssatz ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: ansetzt, dann kommt man auf den in Rede stehenden Ich kann Ihnen da jetzt keine Zusammensetzung nen- Vorteil, der der Wirtschaft durch diese relativ großzügige nen: Die Ertragssituation der Unternehmen ist sehr un- Beitragszahlung gewährt worden ist. terschiedlich. Wir halten es angesichts der Kreditange- Das ging über einen gewissen Zeitraum. Das kann bote und Nutzungsmöglichkeiten für vertretbar, vonman dann machen, wenn die sozialen Sicherungssys- einem Zinssatz von 5 Prozent auszugehen. teme ohne Sorge sind; das kann man aber nicht mehr vertreten, wenn aufgrund mangelnder Beitragseinnah- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: men eine sehr angespannte Situation entstanden ist. Die nächste Frage stellt Hildegard Müller. Wenn man die Absicht hat, Beitragssatzstabilität zu be- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16311

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes (A) wahren und keine Leistungskürzungen im Bereich der rungswechsel 1998 bei 20,3 Prozent gelegen hat. Wenn (C) Rentenversicherung vorzunehmen, dann ist es vertretbar, damals im Vorfeld keine Mehrwertsteuererhöhung be- die Entscheidung zu treffen, dass der Zeitpunkt der Bei- schlossen worden wäre, dann wäre er noch höher gewe- tragszahlung mit dem Zeitpunkt der Lohn- bzw. Gehalts- sen. auszahlung zusammenfallen muss. Frau Kollegin Bender, ich will darüber hinaus daran erinnern, dass man auch vor dem Hintergrund der ren- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: tenpolitischen Beschlüsse, die die CDU auf ihrem Par- Die nächste Frage hat die Kollegin Birgitt Bender. teitag gefasst hat – ich nenne die Perspektive eines Bei- tragssatzes von 20 Prozent bis zum Jahre 2022 und Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): zusätzliche Ausweitungen im Leistungsbereich –, eher Herr Staatssekretär, nachdem Sie uns dargelegt haben, Gefahr liefe, auf einen Beitragssatz zu kommen, der weit dass die durch das Vorziehen des Zahlungstermins zwei- über 22 Prozent liegt. All das halten wir für nicht vertret- fellos gegebene Belastung der Wirtschaft deutlich gerin- bar. Unser absolutes Ziel istes, in dieser Situation den ger ist als bei der möglichen Alternative einer Beitrags- Beitragssatz von 19,5 Prozent zu stabilisieren und damit satzanhebung: Könnten Sie uns bitte darlegen, dass für wirklich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass den Fall, dass man beide Alternativen ablehnt, man eine Wachstum entsteht und Arbeitsplätze geschaffen werden andere Maßnahme zur kurzfristigen Verbesserung der können. Finanzsituation der Rentenversicherung treffen müsste, Im Übrigen ist es ein ganz wesentliches und wichtiges was im Zweifelsfall eine Mehrbelastung der Rentner und Signal auch an die Wirtschaft, hier Kalkulierbarkeit zu Rentnerinnen bedeuten würde, und mitteilen, warum gewährleisten, auch wenn es jetzt in einem kleinen Be- sich die Regierung nicht für eine solche Maßnahme ent- reich zu Aufwendungen kommt, die man aber über das schieden hat? ganze Jahr verteilen kann. Dies bleibt, wie Sie eingangs gefragt haben, in einem vertretbaren Rahmen. Alle ande- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- ren Entscheidungen würden Leistungseinschränkungen ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: und Beitragssatzerhöhungen bedeuten. Das ist zum jetzi- Wir haben uns bei den zurückliegenden Rentenrefor- gen Zeitpunkt nicht angesagt. Wir wollen, dass die Kon- men entschieden, die Rentenversicherung in verschiede- junktur in Gang kommt und Arbeitsplätze geschaffen nen Bereichen zu stabilisieren. Ich nannte vorhin diewerden. Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes der ersten Rente nach einem abgeschlossenen Berufsleben auf das Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Monatsende. Es ist vertretbar, weil man das letzte Gehalt Mir liegen zu diesem Komplex noch zwei Fragen vor. (B) bzw. den letzten Lohn in der Regel auch am Monatsende (D) Die nächste Frage hat die Kollegin Erika Lotz. bekommen hat. Das war eine Entscheidung.

Eine zweite Entscheidung war, den vollen Pflegever- Erika Lotz (SPD): sicherungsbeitrag auch bei den Rentnerinnen und Rent- Herr Staatssekretär, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie nern zu erheben. die Mehrwertsteuererhöhung, die, glaube ich, 1996 be- Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der großeschlossen wurde, erwähnt haben; denn ohne diese Mehr- Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wertsteuererhöhung in wäre der Beitragssatz von damals Deutschland durch die Einbringung des Buß- und Bet- 20,3 Prozent überhaupt nicht zu halten gewesen, sondern tages eine Zahlung zugunsten der Pflegeversicherung in er wäre sicherlich auf 22 Prozent gestiegen. fast demselben Umfang finanziert. Da jetzt, gewissermaßen tränenreich, die Belastung Wir haben zudem die Frühverrentung gestoppt und der Wirtschaft geschildert wird, möchte ich Sie bitten, die Entscheidung getroffen, dass sich die rentenwirk-uns vielleicht Ihre Einschätzung mitzuteilen – wir beide same Anrechnungszeit durch die Schulausbildung bzw. waren schon damals im Parlament –, welche Belastung das Studium nicht mehr um drei Jahre erhöht, sodass sie die Mehrwertsteuererhöhung für die Wirtschaft insge- später nicht mehr zu einer Höherbewertung der Rente samt bedeutet hat. Eigentlich war es umgekehrt: Eine führt. Belastung durch einen Beitragssatz von 22 Prozent wäre ebenfalls sehr schwierig gewesen. Aber damals ist die Auf diesen Seiten sind Entscheidungen getroffen wor- Opposition den Weg der Mehrwertsteuererhöhung mit- den, die bis hin zur langfristigen Absenkung des Renten- gegangen, um eben die Beiträge nicht auf 22 Prozent niveaus führen. Das sind sozusagen Beiträge der Ver-steigen zu lassen. Können Sie uns einmal Ihre Einschät- sicherten und der Rentnerinnen und Rentner zung zur schildern, welche Belastungen dies für die Wirt- Stabilisierung der gesamten Rentenversicherung vorschaft bedeutet hat? dem Hintergrund nicht zuletzt der demographischen Ent- wicklung. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Wenn wir die heute zu diskutierende Entscheidung ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: umsetzen können, werden wir den Beitragssatz weiter- Werte Kollegin Lotz, die Differenz in den Prozentsät- hin bei 19,5 Prozent halten können, sodass wir dann seit zen haben Sie gerade beschrieben. Allerdings wird eine vier Jahren einen stabilenBeitragssatz haben. Ich will Mehrwertsteuererhöhung – das muss man deutlich daran erinnern, dass der Beitragssatz bei dem Regie-sagen – von den Verbraucherinnen und Verbrauchern 16312 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes (A) gezahlt. Sie leisten über diese steuerliche Größe einen rung auseinander zu setzen, wollen wir ihr und uns sel- (C) wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der sozialen Siche- ber die Gelegenheit geben, uns in einer Aktuellen Stunde rungssysteme. Damals sind wir diesen Weg mitgegan- mit dem Thema „Einnahmeausfälle und Finanztricks zur gen, weil man genau wie heute die Absicht hatte, Wachs- Erhaltung der Liquidität in der Sozialversicherung“ mit tum zu fördern und Beschäftigung zu schaffen. den aktuellen Entwicklungen zu beschäftigen. Ich stelle also den Antrag auf eine Aktuelle Stunde nach Anlage 5 Die heutige Opposition bzw. die damalige Regie-Ziffer I unserer Geschäftsordnung. rungskoalition hat seinerzeit genau das Gleiche gemacht, als sie diese Maßnahmen im Gesetz zur Förderung des (Zuruf von der SPD: Wenn wir uns mit der Wachstums und der Beschäftigung beschlossen hat. Wir Vorgängerregierung beschäftigen, ist das eine haben uns jetzt entschieden, die Abgabe des Gesamt- historische Stunde!) sozialversicherungsbeitrages vorzuziehen. Wir versu- chen auf diesem Weg, eine Situation herbeizuführen, in Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: der die Beiträge verlässlich und stabil bleiben und damit Es ist nicht ganz unbekannt geblieben, dass dieser eben auch für die mittelständischen Unternehmen erträg- Antrag gestellt werden würde. Ich glaube, alle Frak- lich sind, die nicht unbedingt in die Kategorie der Unter- tionen sind darauf vorbereitet. Wir rufen die Aktuelle nehmen fallen, die mit dazu beitragen, dass Deutschland Stunde um 15.35 Uhr wie geplant auf. Exportweltmeister ist. Es zeigt sich ja in vielen Berei- chen, dass das durchaus geht, dass sie eine kalkulierbare Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bun- Größe haben, die ihnen Zuverlässigkeit bietet. Vor die- desministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. sem Hintergrund – ich kann es nur wiederholen – halten Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staats- wir unser Vorgehen in dieser Situation für vertretbar. sekretärin Iris Gleicke zur Verfügung. Die Fragen 15 und 16 des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen) sollen schriftlich beantwortet werden. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die letzte Frage zu diesem Fragenkomplex hat der Deswegen beginnen wir mit der Frage 17 der Kolle- Kollege Max Straubinger. gin Veronika Bellmann: Welchen jeweiligen Umsetzungsstand weisen die im Bun- desverkehrswegeplan, BVWP, als „Neue Vorhaben/Vordring- Max Straubinger (CDU/CSU): licher Bedarf“ für die Bundesstraße B 101 vorgesehenen Bau- Herr Staatssekretär, es wurde vorhin schon die Büro- maßnahmen innerhalb Sachsens auf und inwieweit ist die kratie thematisiert, die damit verbunden ist, insbeson- Finanzierung dieser Vorhaben gesichert? dere bei Betrieben, die auf Stundenbasis abrechnen. Sind Betriebe, die ihre Stunden erst am Monatsende aufaddie- Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin beim Bundes- (B) ren und die entsprechenden Entgelte ausrechnen können, minister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: (D) um am 15. des Folgemonats die Sozialversicherungsbei- Frau Kollegin Bellmann, die Ortsumgehung Lauter ist träge abzuführen, jetzt genötigt, ihre Lohnabrechnung in der Vorplanung, die Ortsumgehung Markersbach im vorzuziehen und umzustellen, damit sie Ihrem Ansinnen Planfeststellungsverfahren, bei der Verlegung in Aue nachkommen können? – das ist die Zusammenhangsmaßnahme B 101 und B 169 – ist der Vorentwurf in Bearbeitung. Bei der Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Ortsumgehung Freiberg-West ist der Sichtvermerk des ministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung: BMVBW zum Vorentwurf am 21. April dieses Jahres er- Die Betriebe, Herr Kollege Straubinger, müssen die teilt worden. Das heißt, es wird in diesem Jahr mit dem Lohnabrechnung nicht vorziehen, sondern sie machen Planfeststellungsverfahren begonnen werden. Bei dem ihre normalen Lohnabrechnungen und werden auf dieser Zwischenstück Freiberg–Brand-Erbisdorf ist die Vorpla- Basis ihre Beiträge bezahlen. nung im Gange. Die variablen Größen werden im Folgemonat anhand (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne der Daten, die von den Betrieben eingehen, abgerechnet. Kastner: Damit gibt es für die Betriebe ein vereinfachtes Verfah- Da für alle vorgenannten Maßnahmen bisher noch ren. Ich habe gerade gesagt, dass es dann nicht mehrkein Baurecht vorliegt, konnten sie noch nicht in das ak- 24 Vorgänge im Jahr sind, sondern zwölf. Wir habentuelle Finanzierungsprogramm aufgenommen werden. dies im Verwaltungsvereinfachungsgesetz auch so be- Wie Sie der Presse entnehmen konnten, soll die Ortsum- schlossen. Ich glaube, mich sogar daran zu erinnern,gehung Markersbach nach Erlangung des Baurechts aus dass wir es gemeinsam beschlossen haben. dem 2-Milliarden-Euro-Programm zusätzlich finanziert werden. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwor- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: tung dieser Fragen. Ihre Zusatzfragen, bitte. – Keine Zusatzfragen. Wollten Sie, Herr von Klaeden, einen Antrag zur Ge- Dann rufe ich die Frage 18 der Kollegin Veronika schäftsordnung stellen? – Bitte schön. Bellmann auf: Welchen jeweiligen Umsetzungsstand weisen die im Eckart von Klaeden (CDU/CSU): BVWP als „Neue Vorhaben/Vordringlicher Bedarf“ für die Bundesstraße B 173 vorgesehenen Baumaßnahmen innerhalb Herr Präsident! Da das Bedürfnis der Koalition und Sachsens auf und inwieweit ist die Finanzierung dieser Vorha- der Regierung so groß ist, sich mit der Vorgängerregie- ben gesichert? Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16313

(A) Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin beim Bundes- Bundesaußenminister Fischer hat in seiner Rede am(C) minister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: 2. Mai dieses Jahres vor der siebten Überprüfungskonfe- Frau Kollegin Bellmann, ich will die Maßnahmen im renz zum Nichtverbreitungsvertrag gesagt: Auch bei den Einzelnen nennen. Es handelt sich um die Ortsumge-substrategischen Nuklearwaffen bleibt es unser Ziel, hung Mülsen. Hier ist die Vorplanung abgeschlossen.diese Waffen zu reduzieren, bis hin zu ihrer vollständi- Das gleiche gilt für die Ortsumgehung Bernsdorf. gen Abschaffung. Bei der Verlegung in Flöha ist der Vorentwurf derzeit Die Bundesregierung setzt sich seit mehreren Jahren im Rahmen der Vorbereitung der Überprüfungskonfe- zur Prüfung im Bundesministerium für Verkehr, Bau- renz zum Nichtverbreitungsvertrag für die Reduzierung und Wohnungswesen. Wir rechnen in diesem Jahr noch und langfristig vollständige bündniskonforme Eliminie- mit dem Beginn des Planfeststellungsverfahrens. Bei der rung dieser Waffen ein. Diesen von der Bundesregierung Teilortsumgehung Reichenbach gibt es bisher nur Linien- eingebrachten schrittweisen Ansatz hat die Europäische untersuchungen. Beim Zubringer von Plauen zur A 72 Union in ihrem gemeinsamen Standpunkt zur NVV- ist der Vorentwurf in Bearbeitung. Bei der Ortsumge-Überprüfungskonferenz aufgegriffen. hung Freiberg-Ost ist der Sichtvermerk des Bundesmi- nisteriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen am 21. April dieses Jahres erteilt worden, weil das mit der in Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: der vorherigen Frage genannten Ortsumgehung Frei- Ihre Zusatzfragen, bitte. berg-West zusammenhängt. Bei der Ortsumgehung Oberlungwitz/Mittelbach ist der Vorentwurf in Bearbei- Petra Pau (fraktionslos): tung. Danke, Frau Staatsministerin. Da wir offensichtlich im Ziel der vollständigen Abrüstung übereinstimmen, Da für alle vorgenannten Maßnahmen bisher nochfrage ich Sie, ob die Bundesregierung beabsichtigt, aus kein Baurecht vorliegt, konnten sie noch nicht in das ak- dem System der nuklearen Teilhabe auszusteigen, und, tuelle Finanzierungsprogramm aufgenommen werden. wenn ja, in welchem Zeitrahmen das als erster einseiti- Die Finanzierung der Verlegung in Flöha soll nach Er- ger Schritt geschehen soll. langung des Baurechts mit Mitteln aus dem Aufbauhilfe- fonds „Hochwasser“ erfolgen. Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das strategische Konzept der NATO von 1999 ist Ihre Zusatzfragen, bitte. – Keine Zusatzfragen. weiterhin gültig. Eine Änderung bedarf der Erörterung und Entscheidung der NATO-Gremien. Unserem lang- (B) Die Frage 19 des Kollegen Michael Kretschmer soll fristigen Ziel einer Welt ohne Nuklearwaffen wollen wir, (D) schriftlich beantwortet werden. wie gesagt, schrittweise, aber auch gemeinsam mit unse- ren Partnern näher kommen. Insofern kann ich nichts Die Frage 20 des Kollegen Michelbach wird ebenfalls zum Zeitrahmen sagen. schriftlich beantwortet.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Beantwor- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: tung der Fragen. Sie haben noch eine Zusatzfrage. Ich rufe den Geschäftsbereich des Auswärtigen Am- tes auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Staats- Petra Pau (fraktionslos): ministerin Kerstin Müller zur Verfügung. Da wir als Bundesrepublik aus dem System der nu- klearen Teilhabe nicht ausgestiegen sind und derzeit of- Die Fragen 21 und 22 des Kollegen Dr. Egon Jüttner fensichtlich auch nicht aussteigen, möchte ich gerne wis- werden schriftlich beantwortet. sen, in welchem Fall und mit welchen Einsatzoptionen sich die Bundesregierung bzw. dann in ihrem Auftrag Ich rufe die Frage 23 der Kollegin Petra Pau auf: die Bundeswehr an Atomwaffeneinsätzen der USA, so- Wie viele Atomwaffen werden derzeit in der Bundesrepu- lange diese Waffen eben nicht abgezogen und vernichtet blik Deutschland gelagert und welche konkreten Schritte hat sind, beteiligen würde. Es war ja zu lesen, dass dafür in- die Bundesregierung unternommen, um auf die US-Regierung nerhalb dieses Systems deutsches Gerät und deutsche einzuwirken, damit diese ihre Atomwaffen aus Deutschland zurückzieht und vernichtet? Soldaten vorgehalten werden.

Staatsministerin im Auswärtigen Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen Kerstin Müller, Amt: Amt: Darüber kann und werde ich jetzt nicht spekulieren. Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Die USA haben Meines Erachtens und meiner Kenntnis nach steht dies bereits 95 Prozent ihrer substrategischen Nuklearwaffen auch nicht an. – nur um diese geht es noch – in Europa abgebaut. Die Anzahl der in Deutschland stationierten substrategischen Nuklearwaffen unterliegt der Geheimhaltung. Wir brau- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: chen ein neues Momentum in der nuklearen Abrüstung. Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des Das ist eine zentrale deutsche Forderung bei der laufen- Auswärtigen Amtes. Vielen Dank für die Beantwortung den NVV-Überprüfungskonferenz in New York. der Fragen, Frau Staatsministerin. 16314 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-Selbstverpflichtungserklärungen von Unternehmen ange- (C) riums des Innern auf. Die Frage 24 des Kollegenmahnt, abgefragt oder erwartet. Denn es ist schon so, wie Albrecht Feibel, die Fragen 25 und 26 des Kollegenich Ihnen gerade sagte: Eine solche Maßnahme richtet Hartmut Koschyk und die Fragen 27 und 28 des Kolle- sich nicht nur an die inländischen Unternehmen, sondern gen Ralf Göbel werden schriftlich beantwortet. auch an ausländische Investoren. Infolgedessen wäre es nicht besonders sinnvoll, eine Selbstverpflichtungserklä- Deshalb rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesmi- rung von deutschen Unternehmen zu erwarten. nisteriums der Finanzen auf. Die Fragen beantwortet Frau Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Barbara Andererseits gibt es bei sinkenden Steuern natürlich Hendricks. ein Interesse der Unternehmen daran – dies habe ich be- reits bei der Beantwortung Ihrer schriftlich eingereichten Ich rufe die Frage 29 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch Frage ausgeführt –, in dem Land sozusagen die Besteue- auf: rung anfallen zu lassen, in dem es sich – vereinfacht aus- Welche verbindlichen Zusagen oder Selbstverpflichtungen gedrückt – mehr lohnt als woanders. Deswegen gehen von Großunternehmen oder Unternehmervereinigungen für wir davon aus, dass sinkende Steuern dazu führen, dass mehr Investitionen im Inland gibt es als Gegenleistung für die mehr Steuersubstrat in Deutschland anfällt; denn in der Absenkung der Körperschaftsteuer von 25 auf 19 Prozent und Tat haben international tätige Konzerne – das ist keine durch die Schließung welcher Steuerschlupflöcher wird die Absenkung der Körperschaftsteuer von 25 auf 19 Prozent ge- Besonderheit des deutschen Steuerrechtes – vielfältige genfinanziert? Gestaltungsmöglichkeiten, die es zwar nicht vollständig, aber weitgehend ihrer Einflusssphäre überlassen, wo die Steuerzahlungen anfallen. Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen: Frau Kollegin Lötzsch, Ziel der Absenkung des Kör- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: perschaftsteuersatzes von 25 Prozent auf 19 Prozent ist Sie haben noch eine Zusatzfrage. es, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Stand- orts Deutschland zu verbessern. Die Maßnahme dient Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos): nicht allein dazu, inländischen Unternehmen zusätzliche Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretä- Anreize für Tätigkeit und Investitionen in Deutschland rin, die Tagesordnung für die Plenartagung am kommen- zu geben, sondern richtet sich gleichermaßen an auslän- den Freitag hatte ursprünglich eine Debatte über den von dische Unternehmen. Eine Selbstverpflichtung inländi- der Bundesregierung bzw. den Koalitionsfraktionen ein- scher Unternehmen würde daher im Hinblick auf dasgebrachten Entwurf eines Gesetzes betreffend die Kör- Gesamtkonzept keinen Sinn machen. perschaftsteuer vorgesehen. Haben Sie zufällig authenti- (B) sche Informationen darüber, warum die Beratung über(D) Zur Finanzierung wird unter anderem die Abzugsfä- diesen Gesetzentwurf nun wieder von der Tagesordnung higkeit von Verlusten aus so genannten Steuerstundungs- abgesetzt wurde? Ich frage das, damit wir hier nicht spe- modellen eingeschränkt. Hiervon betroffen sind ins-kulieren müssen. besondere die gängigen Steuersparmodelle wie Medienfonds, die zukünftig nicht mehr zur Reduzierung Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim der persönlichen Steuerbelastung genutzt werden kön- Bundesminister der Finanzen: nen. Frau Kollegin Lötzsch, gerne will ich Ihnen die Infor- Im Übrigen führt die verbesserte Wettbewerbssitua- mationen dazu geben. Es war selbstverständlich nicht tion durch die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes möglich, die Behandlung des Gesetzentwurfs der Bun- naturgemäß dazu, dass die Tendenz zu Steuergestaltun- desregierung auf die Tagesordnung des Bundestages zu gen und Gewinnverlagerungen abnehmen wird und in setzen, weil er sich zurzeit – um es untechnisch zu for- Deutschland wieder mehr Steuern gezahlt werden. mulieren – im ersten Durchgang, also zur Stellungnahme beim Bundesrat, befindet. Die Bundesregierung hat nämlich den Gesetzentwurf erst am vergangenen Mitt- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: woch, also am 4. Mai 2005, verabschiedet und dann dem Ihre Zusatzfragen, bitte. Bundesrat zugeleitet, wie es im Gesetzgebungsverfahren sein muss. Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos): Sehr häufig bringen die Koalitionsfraktionen Parallel- Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretä- entwürfe in den Deutschen Bundestag ein, sodass das rin, Sie haben Zusagen und Selbstverpflichtungen nicht Gesetzgebungsverfahren insgesamt zwar nicht schlanker gänzlich ausgeschlossen. Könnten Sie darstellen, welche wird, wohl aber – das betrifft die Verkürzung von Erfahrungen die Bundesregierung mit der EinhaltungFristen – etwas rascher vonstatten gehen kann. Dies ist von Selbstverpflichtungen von Großunternehmen und in diesem Fall nicht notwendig, weil der Bundesrat in- Unternehmensvereinigungen im Hinblick auf angekün- zwischen auf sämtliche Fristen verzichtet hat. So steht digte Steuersenkungen hat? die Beratung über den Regierungsentwurf schon in der nächsten Sitzungswoche des Bundestages auf der Tages- Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim ordnung. Insofern tritt keine Zeitverzögerung ein. Bundesminister der Finanzen: Frau Kollegin Lötzsch, wir haben im Zusammenhang Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: mit der Senkung von Steuern niemals irgendwelche Eine Zusatzfrage des Kollegen Thiele. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16315

(A) Carl-Ludwig Thiele (FDP): Befürchtung ist an dieser Stelle wirklich unbegründet;(C) Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, alle Fraktionenman muss sich wegen dieser Angelegenheit keinerlei haben zu Beginn der Woche die vorläufige Tagesord-Sorgen machen. nung für die Plenardebatte gesehen. Dort stand ganz Wenn es in der Zwischenzeit zu Verzögerungen ge- klar, dass am kommenden Freitag der Entwurf eines Ge- kommen ist, so liegt das insbesondere daran – das ist setzes betreffend die Unternehmensteuerreform gelesen nicht Ihrer Fraktion zuzurechnen, Herr Kollege Thiele, werden sollte, und zwar auf Basis des von Ihnen ange- sondern der neben Ihnen sitzenden –, dass sich die sprochenen Kabinettsentwurfs sowie eines Fraktionsent- Union nicht darauf verständigen konnte, was sie eigent- wurfs, der noch kommen sollte. Da dem nun nicht so ist, lich will. wird die Debatte darüber erst in drei Wochen stattfinden können, also nach der nordrhein-westfälischen Land- (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Deswegen tagswahl. Erst danach kann der Finanzausschuss beraten bringen Sie keinen Entwurf ein?) und können die Anhörungen erfolgen. Halten Sie es ei- gentlich nicht für einen völlig atypischen und wirt- Am 17. März hat ein Treffen des Bundeskanzlers mit schaftsschädigenden Vorgang, dass man dieses Gesetz- den Vorsitzenden der beiden Unionsparteien, also mit gebungsverfahren, welches vom Bundeskanzler amFrau Dr. Merkel und mit Herrn Dr. Stoiber, stattgefun- 10. März dieses Jahres in diesem Hause intoniert wurde, den. In dieser Sitzung am Nachmittag des 17. März im verschiebt, um ja nicht zu einem Ergebnis zu kommen, Bundeskanzleramt haben die drei verabredet, sich vorab um ja nicht den Wählern vor der Landtagswahl in Nord- fachlich zu einigen, um längerfristige Gesetzgebungs- rhein-Westfalen sagen zu müssen: „Die großen Kapital- verfahren und mögliche Vermittlungsausschussverfahren gesellschaften werden wir steuerlich entlasten, indemzu verhindern. wir die Körperschaftsteuer von 25 auf 19 Prozent sen- (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Jetzt nicht ken, obwohl wir diesen Unternehmen eigentlich gar lachen, Frau Hendricks!) nicht helfen wollen, weil sie“ – wie es der Vorsitzende Ihrer Partei ausgedrückt hat; andere Worte erspare ich Beauftragte waren die Herren , Finanz- mir in diesem Zusammenhang – „störende Fremdinves- minister des Bundes, Jochen Dieckmann, Finanzminister toren in unserem Lande sind“? des Landes Nordrhein-Westfalen, und Professor Kurt Faltlhauser, Finanzminister des Freistaates Bayern. Herr Professor Kurt Faltlhauser hat zwar an einem Treffen Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim teilgenommen, war aber leider nicht autorisiert, für die Bundesminister der Finanzen: Union Vorabschlüsse zu tätigen und den Gesetzentwurf Herr Kollege Thiele, in Ihrer Frage waren mehrere so vorzubereiten, dass über ihn Einvernehmen besteht (B) nicht zutreffende kleine Unrichtigkeiten enthalten. Ers- und er rasch verabschiedet werden kann. (D) tens. Die Regierungserklärung war am 17. März und nicht am 10. März dieses Jahres. Zweitens. Ich muss Die eigentliche Zusage der Vorsitzenden der Unions- auch Ihnen sagen: Es hätte in dieser Woche noch kein parteien, die dem Kanzler gegeben worden war, ist also Regierungsentwurf gelesen werden können, weil er sich nicht eingehalten worden, weil Herr Faltlhauser nicht noch im ersten Durchgang beim Bundesrat befindet. Der abschlussberechtigt war. Von seinen persönlichen Fähig- Regierungsentwurf kann immer erst dann in das Parla- keiten her wäre er dazu sicherlich in der Lage gewesen; ment eingebracht werden, wenn der Bundesrat Stellung aber – ich wiederhole – er war nicht abschlussberechtigt. genommen hat und die Bundesregierung darauf einge- Das war der eigentliche Grund für die Verzögerung. gangen ist. Wie ich Ihnen eben sagte, hat der Bundesrat zwischenzeitlich auf sämtliche Fristeinreden verzichtet Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: und deswegen wird diese Lesung in der nächsten Sit- Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Bergner. zungswoche stattfinden. Ich kann Sie aber beruhigen: Es hat keinerlei inhalt- Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU): liche Gründe. In Nordrhein-Westfalen gibt es sogar Frau Staatssekretärin, Ihre Erläuterungen provozie- Flugblätter – ich habe jetzt keines dabei; aber ich könnte ren jetzt natürlich eine Fülle von Nachfragen. Man Ihnen noch heute eines in Ihr Büro schicken –, die auf müsste sich zum einen die Frage stellen, weshalb eine die beabsichtigte Senkung der Körperschaftsteuersätze Oppositionsfraktion die Regierung daran hindern soll, hinweisen. einen Entwurf, der schon auf der vorläufigen Tagesord- nung stand, auf die endgültige Tagesordnung zu setzen. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Von der Bundes- Ich verweise darauf, dass fehlende Einigkeit in Sachen regierung?) Erbschaftsteuer jedenfalls die Unionsfraktion nicht da- – Sozialdemokratische Flugblätter von Herrn Minister- ran gehindert hat, dem Parlament einen eigenen Entwurf präsident Steinbrück. – Es gibt also keinerlei Anhalts- vorzulegen. punkte dafür, dass man in Nordrhein-Westfalen die Absicht hat, dieses Vorhaben zu verschweigen. Das Ge- Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim genteil ist der Fall: Ministerpräsident Steinbrück wirbt Bundesminister der Finanzen: damit im nordrhein-westfälischen Wahlkampf auf Flug- Ich begrüße durchaus, dass die Unionsfraktion diesen blättern, die das Emblem der Sozialdemokratischen Par- Entwurf jetzt vorlegt. Auch Bayern hat eine entspre- tei Deutschlands in Nordrhein-Westfalen tragen. Ihrechende Initiative im Bundesrat angekündigt. Ich bin 16316 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks (A) sicher, die entsprechende Vorlage ist in der Zwischenzeit Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: (C) eingegangen. Das wird morgen auf der Tagesordnung Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege. – Es der Sitzung des Bundesratsfinanzausschusses stehen.wird verzichtet. Dass sich die Union diesen Gesetzentwurf zu Eigen ge- macht hat, begrüße ich durchaus. Die Frage 31 der Abgeordneten Gitta Connemann soll schriftlich beantwortet werden. Die Bundesregierung hat am 4. Mai, also in der ver- gangenen Woche, den gleichen Entwurf verabschiedet Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des und dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet. ErBundesministeriums der Finanzen. Vielen Dank, Frau wird hier also in der nächsten Sitzungswoche vorliegen. Staatssekretärin, für die Beantwortung der Fragen. (Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Es geht Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes- um die Debatte hier und um die nordrhein- ministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Die Fragen be- westfälische Wahl!) antwortet der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Ich rufe die Frage 32 desKollegen Albrecht Feibel Ich rufe die Frage 30 des Kollegen Max Straubinger auf: auf: Wie hoch waren die damaligen Umstellungskosten der Bundesanstalt für Arbeit, BA, auf „Bundesagentur für Arbeit“ Haben die einmaligen Mehreinnahmen von 20 Milliarden und welche Kosten entstehen nun zusätzlich zu den Euro im kommenden Jahr infolge des geplanten Vorziehens 100 000 Euro Entwicklungskosten für das neue Logo der des Zahlungstermins für die Sozialbeiträge Auswirkungen auf Bundesagentur, zum Beispielfür Briefumschläge, Briefpa- die Ermittlung der 3-Prozent-Defizitgrenze nach dem pier, Beschilderung der Liegenschaften usw.? Maastricht-Vertrag und, wenn ja, in welchem Umfang wird das Haushaltsdefizit durch diese Maßnahme reduziert? Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim desminister für Wirtschaft und Arbeit: Bundesminister der Finanzen: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Herr Kollege Straubinger, in der volkswirtschaftli-nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit wurden im Zusammenhang mit der Umbenennung der ehemaligen chen Gesamtrechnung werden die Zahlungsströme zu Bundesanstalt für Arbeit in „Bundesagentur für Arbeit“ dem Zeitpunkt gebucht, dem sie vom Grund her zuzu- für neue Stempel und Siegel sowie für offizielle Amts- ordnen sind – dem liegt das so genannte Entstehungs- schilder bisher rund 358 000 Euro ausgegeben. Darüber prinzip zugrunde –, und nicht zu dem Zeitpunkt, zu dem hinaus ist es möglich, dass in den Agenturen für Arbeit (B) sie kassenmäßig oder aufgrund administrativer Verzöge- in geringem Umfang weitere Kosten im Zusammenhang (D) rungen tatsächlich erfolgen. mit der Umbenennung entstanden sind. Diese Ausgaben Eine Verschiebung des Termins der Beitragszahlung sind der Zentrale der BA nicht bekannt. Die entspre- in der Sozialversicherung hat deshalb keinen Einfluss chenden Daten konnten nicht kurzfristig erhoben wer- auf den Finanzierungssaldo in der VGR-Abgrenzungden. – VGR bedeutet volkswirtschaftliche Gesamtrechnung – Die Behauptung, allein die Entwicklungskosten für und damit auch nicht auf das maastrichtrelevante Defizit das neue Logo betrügen 100 000 Euro, ist nicht zutref- der Sozialversicherung. fend. Die Kosten für die Erstellung und Verbreitung des neuen Logos können nach Auskunft der Bundesagentur Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: für Arbeit nicht gesondert ausgewiesen werden, da das Ihre Zusatzfragen, bitte. Logo nur ein Teil eines ganzheitlichen Erscheinungsbil- des ist. Max Straubinger (CDU/CSU): (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Was ist das Wenn die Maßnahme keine Einflüsse auf die Einhal- denn für ein Quatsch?) tung der Maastricht-Kriterien hat, Frau Staatssekretärin, Darunter fallen beispielsweise die Überarbeitung der dann verstehe ich nicht die Eile, mit der dies jetzt so um- Gestaltungsrichtlinien für die Informationsmedien der gestellt werden soll. BA, die Entwicklung eines Farbkennungssystems für Publikationen sowie die visuelle Neugestaltung von On- Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim linemedien. Bundesminister der Finanzen: (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Nicht la- Herr Kollege Straubinger, Sie hatten Gelegenheit, chen! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nicht la- meinen Kollegen Franz Thönnes dazu ungefähr eine chen!) Dreiviertelstunde lang – wenn nicht länger – zu befra- gen. Die Beantwortung ist ausführlich erfolgt. Im Übri- Die Kosten für die Erstellung und für die Planung zur gen hat Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer, Herr von Einführung des gesamten neuen Erscheinungsbildes der Klaeden, eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema bean- Bundesagentur für Arbeit belaufen sich auf insgesamt tragt. Ich bitte Sie, sich darauf zu konzentrieren. rund 100 000 Euro. In diesen Kosten sind bereits Pro- duktionskosten für die Vervielfältigung der Gestaltungs- (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Er kann richtlinien sowie Maßnahmen zur Information der Mit- doch trotzdem eine Frage stellen!) arbeiterinnen und Mitarbeiter der BA enthalten. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16317

Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt (A) Die neue Gestaltung wird immer dann umgesetzt,gerne verifizieren, indem ich Sie fragte, wie hoch die(C) wenn neue Auflagen oder neue Publikationen gedruckt Kosten für den Entwurf dieses Logos sind; aber offen- werden müssen. Für Briefpapier und Visitenkarten wer- sichtlich können Sie darüber keine Auskunft geben. den die Vorlagen elektronisch zur Verfügung gestellt, so- dass auch dafür keine zusätzlichen Kosten entstehen. Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- Die Neubeschilderung der Liegenschaften wird der- desminister für Wirtschaft und Arbeit: zeit vorbereitet. Ein Kostenrahmen für die Neubeschil- Wir sind ja auf die Auskünfte des Vorstandes der derung wird dabei festgelegt, sodass Angaben zur Höhe Bundesagentur angewiesen. Wie ich eben ausgeführt der Kosten noch nicht möglich sind. habe, ist uns eine ausdifferenzierte Darstellung einzelner Kostenpositionen nicht zugeleitet worden, sodass ich sie Ihnen hier auch nicht vortragen kann. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Ihre Zusatzfragen, bitte. Ich möchte an dieser Stelle aber noch einmal ganz ausdrücklich sagen: Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass wir von politischer Seite, insbesondere was den Output Albrecht Feibel (CDU/CSU): der Bundesagentur für Arbeit betrifft, ein Augenmerk Herr Kollege, kann ich davon ausgehen, dass diese auf diese Körperschaft richten müssen. Das heißt aber Leistungen, insbesondere der Entwurf eines Logos, nicht nicht, dass wir uns mit jeder Teilverwaltungsmaßnahme ausgeschrieben worden sind und dass man auch keine auseinander setzen müssen. Die hier zur Sprache ge- Vergleichsmöglichkeiten hatte – das entnehme ich Ihren brachten Maßnahmen haben eine Größenordnung, die, Ausführungen –, was die Höhe der Kosten der einzelnen wie ich finde, im Vergleich zu dem Volumen des Haus- Leistungen angeht? haltes der Bundesagentur für Arbeit von untergeordneter Bedeutung ist. Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister für Wirtschaft und Arbeit: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Davon, dass nicht ausgeschrieben worden ist, können Ich rufe die Frage 33 des Kollegen Eckart von Sie nicht ausgehen. Es hat eine beschränkte Ausschrei- Klaeden auf: bung gegeben. Im Zusammenhang mit anderen Fragen Was hat die Neufassung des Logos der BA insgesamt ge- werde ich darauf noch eingehen. Ich füge allerdings kostet und von wem ist die Neufassung durchgeführt worden? ganz ausdrücklich hinzu: Bei der Bundesagentur für Ar- beit handelt es sich, wie Sie wissen, um eine Körper- schaft des öffentlichen Rechts. Wir haben es mit einem Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- (B) Selbstverwaltungsorgan zu tun. Die Bundesregierung, desminister für Wirtschaft und Arbeit: (D) hier das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Abge- ist nicht gehalten, jede organisationstechnische oder ver- ordneter! Die Bundesagentur für Arbeit hat mitgeteilt, waltungstechnische Maßnahme der Bundesagentur für dass sich die Gesamtkosten für die Erstellung und Pla- Arbeit zu überprüfen, zu überwachen oder zu begleiten. nung zur Einführung ihres neuen Erscheinungsbildes auf Wie Sie wissen, haben wir gut bezahlte Vorstände. Wir rund 100 000 Euro belaufen. Darin enthalten sind die haben einen Verwaltungsrat, der die entsprechende Kon- Kosten für die Überarbeitung der Gestaltungsrichtlinien, trolle ausübt. Dies gilt insbesondere auch für die infrage für die Informationsmedien der BA, für die Entwicklung stehenden Maßnahmen, die durchzuführen im Übrigen eines Farbkennungssystems für Publikationen sowie für jedem Unternehmen zugebilligt werden würde, das sich die visuelle Neugestaltung von Onlinemedien, die Pro- neu strukturiert. Dies muss wohl auch der Bundesagen- duktionskosten für die Vervielfältigung der Gestaltungs- tur für Arbeit zugestanden werden. richtlinien, die Kosten für Maßnahmen zur Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BA sowie die Entwicklungskosten des neuen Logos der BA. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege. Die Neugestaltung des Erscheinungsbildes der BA wurde von der Münchner Werbeagentur Saleaway auf der Grundlage einer beschränkten Ausschreibung ausge- Albrecht Feibel (CDU/CSU): führt. Da sich der Name der Agentur ohne Bindestrich Die Bundesagentur ist uns ja lieb und teuer, vor allen schreibt, möchte ich mir noch folgende Zusatzanmer- Dingen milliardenschwer. Wir haben das gerade ebenkung erlauben: Das Auseinanderhalten der Bereiche wieder im Haushaltsausschuss besprochen. Wenn eine „sale“ und „a way“ muss durch Betonung erfolgen, denn solche Einrichtung hohe Zuwendungen des Bundes er- sonst wird daraus ein Name, den niemand verstehen hält, ist es nicht mehr als recht und billig, dass wir uns würde. über Punkte auf der Ausgabenseite intensiv unterhalten. Deshalb habe ich auch die Frage gestellt. Selbst wenn es ein Selbstverwaltungsorgan ist, kann es uns nicht egal Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: sein, ob die optische Änderung eines „A“, also des Lo- Ihre Zusatzfragen bitte, Herr Kollege. gos, was ja jetzt angeblich schlechter als vorher ausse- hen soll, möglicherweise erhebliche Entwurfskosten ver- Eckart von Klaeden (CDU/CSU): ursacht. Von 100 000 Euro war in den Medien die Rede. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, Woher die Zahl stammt, weiß ich nicht. Ich wollte sie jetzt einmal ganz persönlich gefragt: Glauben Sie 16318 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Eckart von Klaeden (A) wirklich, dass die Bundesagentur eine Ausschreibung wir nicht beabsichtigen, jede Verwaltungsentscheidung, (C) gemacht hat, in der nicht gefordert wurde, die Kosten für die sich auf die Darstellung der Behörde selbst bezieht, die Gestaltung des Logos im Angebot separat auszuwei- in dem von Ihnen offensichtlich so verstandenen engen sen? Wenn man ein Angebot für eine Gestaltungsmaß- Sinne unmittelbar zu kontrollieren oder zu begleiten nahme einholt, gehört das doch eigentlich selbstver-oder gar in solche Entscheidungen einzugreifen. ständlich dazu, dass die Positionen, die Sie jetzt zur Erheiterung des Plenums hier vorgelesen haben, einzeln Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: aufgeführt werden. Das ist doch das Normalste, was man Ich rufe die Frage 34 des Kollegen Eckart von tut, wenn man Geld ausgibt, das einem nicht selber ge- Klaeden auf: hört. Wer hat die Umstellung des Logos der BA angeordnet und trägt für diese Entscheidung die Verantwortung? Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister für Wirtschaft und Arbeit: Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- Herr Abgeordneter, ich kann hier nur darauf verwei- desminister für Wirtschaft und Arbeit: sen: Es sind insgesamt sechs verschiedene Positionen Das neue Erscheinungsbild ist Teil des Umbaus der aufgeführt, die offenbar im Rahmen dieses VolumensBA und wurde vom Vorstand der BA beschlossen. von 100 000 Euro durch die hier genannte Firma bear- beitet und auf den Weg gebracht worden sind. Vor die- (Karsten Schönfeld [SPD]: Punkt!) sem Hintergrund gehe ich davon aus, dass das eigentli- – Punkt. che Logo nur einen Teilbetrag dieser genannten 100 000 Euro ausmachen kann. Das jedenfalls ist meine Schlussfolgerung aus der Auflistung, die wir von der Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Bundesagentur erhalten haben. Herr Kollege, Ihre Zusatzfrage, bitte.

Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Das ist ja offensichtlich auch der öffentliche Ein- Herr Staatssekretär, da Sie jetzt offensichtlich nicht in druck, der entstehen soll, indem die Frage nicht vernünf- der Lage sind, die Frage nach den Kosten für das Logo tig beantwortet wird. Aber haben Sie denn, wenn Siezu beantworten, frage ich Sie: Sind Sie denn bereit, sich hier dem Parlament Auskunft geben sollen, nicht nach- bei der Bundesagentur noch einmal nach den Kosten für gefragt, wie viel das Logo gekostet hat, wenn Sie eine die Gestaltung dieses Logos zu erkundigen? Denn ich solche – im Grunde auchSie beleidigende – Antwort habe ein bisschen den Eindruck, dass, wenn Sie es nicht (B) von der Bundesagentur bekommen haben, in der dietun, die Bundesagentur oder der Vorstand oder jedenfalls (D) Kosten für die einzelnen sitionen Po nicht aufgeführt diejenigen, die für die Beantwortung der Fragen verant- werden? Haben Sie sich die Mühe gemacht, einmal bei wortlich sind, versuchen, uns hier hinter die Fichte zu der Bundesagentur nachzufragen: Es ist nach den Ent- führen. Ich halte es nämlich im Gegensatz zu Ihnen für wurfskosten für das Logo gefragt worden; habt ihr euch außerordentlich unplausibel, dass man einen sechsstelli- nicht, da es nicht euer eigenes Geld ist, sondern das Geld gen Betrag ausgibt und nicht wenigstens klar macht, wie fremder Leute – entweder Beitragsmittel oder Steuermit- die einzelnen Positionen berechnet worden sind. So han- tel –, danach erkundigt, wie viel dieser Entwurf gekostet delt man nicht, wenn man mit dem Geld fremder Leute hat? Dann würden wir jetzt nicht mit Antworten zuumgeht. Wenn jemand sich selber neue Visitenkarten für Onlinemedien oder Informationen von Mitarbeitern ab- einen fünfstelligen Betrag anfertigen lässt, kann er sa- gespeist, wonach gar nicht gefragt worden ist. gen, dass es ihm nicht darauf ankommt, wie viel er für den Druck und wie viel er für die Gestaltung ausgegeben hat. Das soll mir egal sein. Aber hier geht es um das Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- Geld anderer Leute und ich finde, damit könnte man et- desminister für Wirtschaft und Arbeit: was sorgfältiger umgehen. Deswegen darf ich Sie noch Herr Abgeordneter, ich darf noch einmal darauf auf- einmal bitten, sich danach zu erkundigen. merksam machen, dass ich es für plausibel halte, dass hier ein Gesamtkonzept mit einer Reihe von Teilleistun- gen ausgeschrieben worden ist, in dem nicht zwingend Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- die finanzielle Werthaltigkeit im Einzelnen aufgeführt desminister für Wirtschaft und Arbeit: worden sein muss. Herr Abgeordneter, ich möchte noch einmal sehr ernsthaft darauf verweisen, dass es in der Wirtschaft Zum Zweiten darf ich Ihnen sagen, dass wir außeror- – Sie sind ja als Rechtsanwalt sicherlich auch als Freibe- dentlich verlässliche und verantwortungsbewusste Be- rufler tätig und haben also auch Dienstleistungen von amte in unserem Ministerium haben, die selbstverständ- Unternehmen in Anspruch zu nehmen – sehr attraktive lich alle Informationen, die für die sachgerechtePauschalangebote gibt, bei denen die einzelnen Kosten- Beantwortung einer solchen Anfrage aus dem Deutschen stellen nicht ausgewiesen sind, sondern das Gesamtkon- Bundestag erforderlich sind, bei der Bundesagentur er- zept entscheidet. Ich halte das durchaus für möglich. fragen. Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen: Ich wehre Zum Dritten weise ich erneut darauf hin, dass diemich dagegen, dass hier der Eindruck erweckt wird, als Bundesagentur eine öffentliche Körperschaft ist, bei der würde die Frage, welchen Preis dieses Logo hat, bewusst Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16319

Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt (A) nicht beantwortet werden. Ich stelle mir andererseits als der Bundesagentur für Arbeit angefallen sind. Mehr ist (C) Politiker – auch wenn ich natürlich das Fragerecht eines zu diesem Thema von unserer Seite nicht zu sagen. Was Mitglieds des Deutschen Bundestages nicht in Abrede die sonstige Kostenseite betrifft, haben wir in ausrei- stellen will – die Frage: Was macht diese Frage eigent- chender Weise Auskunft gegeben. lich so unglaublich spannend, dass unbedingt diese Kos- tenstelle „Logo“ ausgewiesen werden muss? Ich muss Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Ihnen sagen: Mich interessiert nur, dass die Bundesagen- Eine letzte Zusatzfrage, bitte, Herr Kollege Laumann. tur für Arbeit funktioniert, dass sie Arbeitsstellen ver- mittelt und dass wir dadurch am Arbeitsmarkt voran- kommen. Karl-Josef Laumann (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, wir beide haben in den letzten (Beifall bei der SPD) Jahren viel Erfahrung mit der Ausschreibungspraxis der Die von Ihnen kritisierte Maßnahme ist randständiger Bundesagentur für Arbeit gesammelt. Ich habe folgende Natur. Ihre Kritik zielt nur darauf ab, die Bundesagentur Frage: Wie viele Agenturen sind an der beschränkten für Arbeit in der Öffentlichkeit als ein nicht ganz funk- Ausschreibung beteiligt worden? tionstüchtiges Unternehmen darzustellen. Wir wider- sprechen diesem Vorwurf ganz entschieden, weil er nicht Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- zutrifft. desminister für Wirtschaft und Arbeit: Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: (Lachen bei der CDU/CSU) Ich lasse noch zwei Zusatzfragen zu, nämlich eine von Herrn von Klaeden und eine von Herrn Laumann. – Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt. Ich bin doch Dann sind wir am Ende unserer Fragestunde. nicht der Oberbuchhalter der Bundesagentur für Arbeit. Ich werde nachfragen, wie viele Agenturen daran betei- ligt sind. Ich werde Ihnendiese Antwort sehr gerne (CDU/CSU): Eckart von Klaeden schriftlich zukommen lassen. Ich kann ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, Herr Staatssekretär, warum man für dieses neue Logo (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Bitte nen- 100 000 Euro ausgibt. nen Sie auch die Namen der Firmen!) (Zuruf von der CDU/CSU: Ich hätte es für 50 ge- – Und Sie fragen die Preise ab? macht! – Lachen bei der CDU/CSU) (B) (D) Für uns ist der sonstige Erfolg der Bundesagentur signi- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: fikant. Herr Staatssekretär, ich bedanke mich bei Ihnen für die Beantwortung der Fragen. Da Sie die Bundesagentur für Arbeit ständig mit ei- nem Unternehmen vergleichen oder sogar als ein Unter- Wir sind am Ende der Fragestunde. Die Fragen, die nehmen bezeichnen, möchte ich gerne einmal wissen, heute aus Zeitgründen nicht mehr aufgerufen worden wie hoch der Gewinn der Bundesagentur im letzten Jahr sind, werden nach der Geschäftsordnung schriftlich be- gewesen ist. Man kann für die Umgestaltung eines Lo- antwortet. gos nicht 100 000 Euro ausgeben, ohne eine vernünftige Die Fraktion der CDU/CSU hat zu den Antworten der Kalkulationsbasis zu haben. Bundesregierung eine Aktuelle Stunde verlangt. Diesem Verlangen ist nach Anlage 5 I 1 b unserer Geschäftsord- Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- nung stattzugeben. Diese Aktuelle Stunde muss unmit- desminister für Wirtschaft und Arbeit: telbar im Anschluss an die Fragestunde durchgeführt Sehr geehrter Herr von Klaeden, wir haben wesentli- werden. che Teile der Umstrukturierung der Bundesagentur ge- Ich rufe daher Zusatzpunkt 1 auf: meinsam beschlossen. Aktuelle Stunde (Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Aber nicht das Logo!) Umstellung des Zahlungstermins für die So- zialversicherungsbeiträge Dazu gehört eben auch, dass wir ihr den Status einer schlichten Verwaltungsinstitution nehmen wollten und Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege ihr – mit einem neuen Image versehen – die Flexibilität Volker Kauder, CDU/CSU-Fraktion. geben wollten, die sie in die Lage versetzt, Antworten auf die Probleme am Arbeitsmarkt zu geben. (Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bitte Sie, an dieser Stelle Ihre Polemik ein wenig Volker Kauder (CDU/CSU): zurückzunehmen. Die Umgestaltung des Logos ist nur Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle- ein Teil der Maßnahmen. Es ist völlig unerheblich, was gen! Selten wurden die Auswirkungen rot-grüner Politik dieser Teilschritt gekostet hat. Entscheidend sind die Ge- deutlicher als in diesen Tagen. samtkosten, die für die Imagekampagne hinsichtlich ei- nes – wenn ich das so sagen darf – neuen Marktauftritts (Peter Dreßen [SPD]: Ach!) 16320 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Volker Kauder (A) Noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik gab es so (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (C) viele Arbeitslose in Deutschland wie heute im siebten neten der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jahr der Regierung Schröder. Obwohl sich diese Ent- Konkursverschleppung ist das, Herr Kauder, wicklung schon seit Monaten abzeichnete, hat man die nicht Prospektbetrug!) entsprechenden Zahlen nicht korrigiert. Erst vor weni- gen Tagen war die Regierung bereit, die Zahl der Ar-All dies beruht darauf, dass Sie ständig Prognosen abge- beitslosen im Jahresmittel um 200 000 auf 4,7 Millionen ben, die nicht der Realität entsprechen. Sie machen da- zu erhöhen. mit den Menschen ständig etwas vor, was nicht zutrifft. Jetzt haben wir schon um die 5 Millionen. Man sieht: Dies lässt sich an verschiedenen Beispielen festma- Die Bundesregierung ist nicht bereit, die Realitäten zur chen. Ich habe mir einmal die entsprechenden Zahlen für Kenntnis zu nehmen. die Arbeitsmarktpolitik aufgeschrieben. Vergleichbares ließe sich mit den Prognosen von Herrn Eichel machen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich weiß nur nicht, ob es sich überhaupt noch lohnt, über ihn zu reden, da er offenbar schon auf der Flucht ist bzw. In der Rentenkasse werden bis Ende dieses Jahres in die Flucht getrieben werden soll. mehr als 2 Milliarden Euro fehlen, obwohl die Bundes- regierung bzw. die zuständige Ministerin noch vor weni- (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Zehn Tage gen Tagen erklärt hat, dass Mehreinnahmen in Millio- noch!) nenhöhe angenommen werden könnten. Auch hier ist die Bundesregierung von den Realitäten weit entfernt. Ich will Ihnen einmal sagen, wie sich die Zahlen auf dem Arbeitsmarkt darstellen: 2001 4,1 Millionen Arbeitslose. In den staatlichen Kassen klaffen nach Berechnungen „Mein Ziel: Arbeitslosigkeit unter 3 Millionen brin- des „Arbeitskreises Steuerschätzung“ Finanzlöcher in gen“ – so Schröder am 4. März 2001. Am 31. Dezember Höhe von mehr als 50 Milliarden Euro. 2001: „Wir werden den Aufschwung schaffen“ – (Peter Dreßen [SPD]: In fünf Jahren!) 4,3 Millionen Arbeitslose! Am 6. März 2003 Wolfgang Clement: „Scheitelpunkt erreicht“ – 4,7 Millionen! Das ist das größte Haushaltsloch in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. (Heiterkeit des Abg. Manfred Grund [CDU/ CSU]) (Peter Dreßen [SPD]: Sagen Sie doch, dass das auf fünf Jahre verteilt ist!) Am 28. Januar 2004 Wolfgang Clement: „Tal der Tränen durchschritten.“ Wolfgang Clement am 28. April 2005: Allein im Bundeshaushalt gibt es aufgrund geschönter „Arbeitsmarkt ist auf dem Weg der Besserung“ – Annahmen Risiken in Höhe von mindestens 16 Milliar- 5,2 Millionen Arbeitslose! Das sind die Prognosen und (B) den Euro. Ergebnisse dieser rot-grünen Bundesregierung. (D) (Peter Dreßen [SPD]: Das sind Bund und Län- Angesichts dessen, dass Sie in diesen Tagen herum- der, Herr Kauder!) rennen und sagen, Sie wollten die soziale Marktwirt- schaft, muss ich Ihnen sagen: Sie machen das glatte Ge- – Wenn Sie sich einmal Gedanken machen würden, be- genteil von dem, was soziale Marktwirtschaft bedeutet. vor Sie einen Satz aussprechen, würde das dem Land auch gut tun; das kann ich Ihnen nur sagen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Soziale Marktwirtschaft heißt nämlich Wachstum und Karsten Schönfeld [SPD]: Weniger Arroganz Wohlstand für alle. wäre auch gut! – Erika Lotz [SPD]: Pure Ner- vosität!) (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Auf Knopfdruck!) Die rot-grüne Bundesregierung handelt immer nach dem gleichen Muster – das sieht man auch an den Kolle- In Ihrer Regierungszeit sind die Menschen ärmer gewor- gen –, wenn es um Finanzen geht: Es wird geredet und den. Es gibt immer mehr Menschen mit immer weniger es werden Prognosen abgegeben. Es wird nicht gehan- Chancen. Sie haben dafür gesorgt, dass dieses Land dra- delt und am Ende stimmt nichts mehr, weder die Progno- matisch in Menschen mit Chancen und – zunehmend – sen noch alles andere in diesem Land. in chancenlose Menschen gespalten wird. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Das ist das Ergebnis von Rot-Grün. Das hat mit sozia- der FDP) ler Marktwirtschaft nichts zu tun. Deswegen sage ich Ih- nen: Soziale Marktwirtschaft statt Rot-Grün, das ist das Eine große Tageszeitung, die Sie, liebe Kolleginnen und Thema in diesen Tagen. Kollegen, auch lesen, hat es heute auf den Punkt ge- bracht: „Tricksen, tarnen, täuschen“. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Karsten Schönfeld [SPD]: Meine Güte!) (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)

Sie – auch der Bundeskanzler – reden sehr gerne von Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: der Deutschland AG. Dazu sage ich Ihnen: Sie können Das Wort hat die Bundesministerin Ulla Schmidt. froh sein, dass Sie dieser Deutschland AG nicht angehö- ren. Denn das, was Sie machen, ist nach dem Aktien- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ recht Prospektbetrug. Darauf stehen hohe Strafen. DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16321

(A) Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Ihre (C) Soziale Sicherung: Politik!) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kauder, so Ihr Rentenexperte Andreas Es ist so, wie Nietzsche einmal gesagt hat: Wer zu tief Storm am 12. November 1997 im Bundestag. und zu lange in den Abgrund schaut, in den schaut auch der Abgrund bald hinein. Ich ergänze, um einmal die Fakten klarzustellen, um zu sagen, was es angeblich nie gegeben hat und was (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des „zum ersten Mal in dieser Republik“ auftaucht – auch BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beifall wenn gerade Wahlkampf ist, ein bisschen Ehrlichkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – und Seriosität gehört auch dann zur Oppositionspoli- Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja, da haben Sie tik –: ein Problem!) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Was Sie heute in der Fragestunde veranstaltet haben – DIE GRÜNEN) ich verstehe ja, dass der Herr Kollege Kauder, da er von der Rentenpolitik wenig versteht, Hintergrund war, dass es den Rentenversicherungen da- mals schlecht ging. Das war zu Zeiten der CDU/CSU (Karsten Schönfeld [SPD]: Nicht nur von der und der FDP; Herr Kollege Kolb, der nach mir reden Rentenpolitik!) wird, war damals Mitglied der Bundesregierung. Am über Arbeitsmarktpolitik reden musste –, zeigt schon, 30. Oktober 1997 teilte Norbert Blüm Folgendes mit dass Sie all das, was Sie immer gemacht haben, was für – ich zitiere –: Sie zum alltäglichen Politikgeschäft gehört, hier der (Manfred Grund [CDU/CSU]: Ich denke, Koalition unterstellen wollen. Das bezieht sich auch auf Andreas Storm!) die Frage der Rentenpolitik. – Das war vorher; Herrn Storm habe ich schon zitiert. Ich hätte auch von Herrn Kauder gerne etwas Inhaltli- Jetzt zitiere ich Norbert Blüm, einen meiner Vorgänger: ches gehört. Es wäre für die Menschen in Deutschland interessant gewesen, zu wissen, was die Union will, Dass die Beiträge im nächsten Jahr in der Renten- wenn sie einmal regieren würde. versicherung nicht auf 20,6 Prozent, sondern auf 21 Prozent steigen, ist keine gute Nachricht, für die (Peter Dreßen [SPD]: Ja!) Beitragszahler nicht und auch nicht für die Arbeits- Jeder in Deutschland muss wissen: Nach dem, was CSU plätze. und CDU beschlossen haben, werden die Renten ge- Er hatte Recht. Das ist keine gute Nachricht. (B) kürzt, und zwar um 10 Prozent. So einfach ist das. (D) (Karsten Schönfeld [SPD]: Blamabel! – (Zurufe von der SPD: Hört! Hört! – Manfred Manfred Grund [CDU/CSU]: Und was hat Grund [CDU/CSU]: Unsinn! Du sollst nicht Herr Storm gesagt?) falsch Zeugnis geben!) Herr Kollege Kauder, Sie waren damals noch nicht Darüber können wir gerne reden. Im Übrigen: Sagen Sie Mitglied des Bundestages, doch einmal, was Sie gemacht hätten! (Zurufe von der CDU/CSU: Doch!) (Peter Dreßen [SPD]: Kürzen! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Eine bessere Wirtschafts- aber ich. Sie vergessen, dass im Jahr zuvor, um das abzu- politik!) wenden, was 1997 anstand, nämlich ein Beitragssatz der Rentenversicherung von 21 Prozent, und wofür er da- Wir haben in einer schwierigen Situation zu entschei- mals die SPD brauchte, nämlich zur Beschließung der den, was zu tun ist. Bei der Rentenversicherung gibt es Mehrwertsteuererhöhung, Herr Kollege Blüm schon ein- ja nicht viele Stellschrauben. Die Beitragssätze anzuhe- mal die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge vorge- ben ist nicht gut für die Beschäftigung. Rentenkürzun- zogen hat, um auf Finanzprobleme der Rentenkasse zu gen gibt es für uns nicht. Deshalb wählen wir den Weg, reagieren, die Sozialversicherungsbeiträge dann fällig werden zu lassen, wenn die Arbeitgeber sie von den Beschäftigten (Peter Dreßen [SPD]: So ist es!) einbehalten, da diese sie in diesem Monat auch erwirt- nämlich für diejenigen, die die Löhne und Gehälter am schaftet haben. Das ist der Weg, den wir gehen. 15. des Monats auszahlen. Lassen Sie uns darüber reden, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ was wir machen können, aber lassen Sie uns dies seriös DIE GRÜNEN) tun! Es ist noch nicht so lange her, dass Sie alles verges- sen haben könnten, was zu Ihrer Zeit war. Noch vor drei Jahren hat der Rentenversicherungs- bericht … für das nächste Jahr eine Prognose abge- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie irren!) geben, die fast zwei Beitragssatzpunkte niedriger Da wir bei den Arbeitslosenzahlen sind: Jeder in die- war. Wenn der Beitragssatz also nun um zwei sem Land weiß, dass die Überschreitung der 5-Millio- Punkte höher liegt, als man es damals erwartet nen-Grenze der registrierten Arbeitslosen zur Zeit der hatte, so ist das keineswegs eine Fehleinschät- Kohl-Regierung Fakt war zung …, sondern das hat ganz handfeste Gründe in der Entwicklung der Arbeitsmarktlage. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Alles falsch!) 16322 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Bundesministerin Ulla Schmidt (A) und dass in diesen Zahlen nicht 90 Prozent derjenigen dem die Beschäftigten ihre Sozialbeiträge erwirtschaften (C) Menschen enthalten waren, die heute erstmals in dieser und sie vom Lohn abgezogen bekommen, auch diese Statistik auftauchen. Wir wollen diese Menschen der Be- Beiträge weiterleiten. Das ist gerechte Politik. Daran schäftigung zuführen und sie nicht in der Arbeitslosen- könnten Sie sich ein Beispiel nehmen. statistik gefangen halten. Bleiben Sie bei der Wahrheit, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Herr Kollege Kauder! Dann kommen wir weiter. DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Sie sagen doch die Unwahrheit!) Nächster Redner ist der Kollege Dr. Heinrich Kolb, Jetzt möchte ich zu dem kommen, was wir aktuellFDP-Fraktion. machen. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): (Volker Kauder [CDU/CSU]: Ich war 1990 im Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bundestag!) Frau Ministerin Schmidt, Sie haben am 20. April im zu- Wir befinden uns in einer Situation, in der die Einnah- ständigen Ausschuss des Deutschen Bundestages auf men in der Rentenversicherung aufgrund der Konjunk- meine Frage, wie Sie die absehbaren Löcher in der Ren- turentwicklung nicht so hoch sind, wie wir sie gerne hät- tenkasse stopfen wollen, eantwortet: g Wir prüfen alle ten. Sie kennen diese Situation genau, weil Sie sie über Maßnahmen. Am 29. April, gerade einmal neun Tage viele Jahre hinweg selber so erlebt haben. Im April – ich später, haben Sie der Presse mitgeteilt, dass man durch bitte den Kollegen Storm, das nicht zu vergessen – gab einen vorgezogenen Beitragsabführungstermin die Li- es erstmals wieder einen Anstieg von 1 Prozent. Wir ha- quidität der Sozialkassen verbessern und eine Erhöhung ben auch in den letzten Jahren diese Debatte im Frühjahr des Rentenbeitragssatzes vermeiden wolle. geführt und im Laufe des Jahres hat sich die Einnahme- (Karsten Schönfeld [SPD]: Bisher war alles situation erholt. In einer solchen Situation muss eine ver- richtig, was Sie gesagt haben!) antwortliche Ministerin, muss eine Regierung überlegen, welche Schritte getan werden müssen, um die Renten- Ich finde das unerhört, Frau Ministerin Schmidt. Es beiträge zu konsolidieren. Ich sage Ihnen eins: Wir wer- gibt nämlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder haben den auch im kommenden Jahr am Beitragssatz vonSie am 20. April den in dieser Sache federführenden 19,5 Prozent festhalten. Ausschuss des Deutschen Bundestages bewusst darüber im Unklaren gelassen, was Sie vorhaben – das wäre eine (Volker Kauder [CDU/CSU]: Tricksen!) grobe Missachtung des Parlaments –, (B) (D) Im Gegensatz zu dem, was Sie auf Ihren Parteitagen (Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: beschlossen haben, wird es mit uns eine Rentenkürzung „Prüfen“!) nicht geben. oder – das halte ich für wahrscheinlicher – Sie haben am (Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ 20. April wirklich noch nicht gewusst, was Sie am CSU]: Die ist schon Fakt! – Manfred Grund 29. April tun wollen. Das wäre allerdings ein weiterer [CDU/CSU]: Die Rentenkürzung ist schon Beleg für die Kurzfristigkeit, mit der Rot-Grün in der da!) Rentenpolitik handelt. Wir werden nicht zulassen – auch das sage ich Ihnen (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) deutlich –, dass in unserem Land großes Geschrei an- Dabei ist das Loch in der Rentenkasse alles andere als fängt und man von Zumutungen spricht, wenn man von überraschend. Wenn wir uns die Entwicklung der letzten den Unternehmern erwartet, dass sie fristgerecht, näm- Jahre ansehen, stellen wir fest: Das Defizit betrug im lich dann, wenn sie die Sozialbeiträge vom Lohn abzie- Jahr 2002 4,1 Milliarden Euro, im Jahr 2003 2 Milliar- hen, diese auch abführen. Arbeitgeber, Unternehmerver- den Euro und im Jahr 2004 3,5 Milliarden Euro. Das bände, Interessengruppen, Professoren, Börsengurus und sind insgesamt fast 10 Milliarden Euro und ist genau die Teile der CDU/CSU und der FDP betrachten die Belas- Größenordnung, um die auch die Schwankungsreserve tungen, die man den Beschäftigten und den Rentnerin- in diesem Zeitraum abgeschmolzen worden ist. Am nen und Rentnern zumutet, schließlich auch als gerecht- Ende des Jahres 2004 betrug sie noch 0,3 Monatsausga- fertigt, weil sie zum Wohle dieses Landes sind. ben, und das trotz Anhebung der Beitragsbemessungs- grenze, trotz Beitragsanhebung und trotz Ökosteuer. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Das will ich festhalten: In diesem Jahr betrug das Aufkommen der Ökosteuer 18 Milliarden Euro, das sind Ich glaube, Sie sollten ein bisschen darüber nachden- 1,8 Prozent Beitragspunkte. Eigentlich, Frau Ministerin ken, ob das zum Wohle dieses Landes beiträgt. IchSchmidt, sollte der Beitragssatz in diesem Jahr doch auf denke, es ist angebracht, auch von denjenigen Verant- 18 Prozent abgesenkt werden. Davon ist überhaupt keine wortung einzufordern, die stets von der Verantwortung Rede mehr, wenn Sie sich hier ans Pult stellen und sich der gesamten Bevölkerung reden. Wir werden diesenzur Rente äußern. Weg gehen. Wir vereinfachen das Einzugsverfahren. Wir haben eine moderne Sozialversicherung und wir wollen (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten nicht mehr, als dass die Unternehmen in dem Monat, in der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16323

Dr. Heinrich L. Kolb (A) Zu der Situation, die ich beschrieben habe, ist es auch Das heißt für mich, dass Folge Ihres Vorschlags, Frau (C) deswegen gekommen, weil Sie sich in jedem Jahr aufs Schmidt, eine Ausweitung der ohnehin bereits viel zu Neue etwas vorgemacht haben. Am Jahresanfang stan- hohen Zahl von Insolvenzen im Mittelstand – 40 000 im den immer die optimistischen Wachstumsprognosen. Im letzten und wahrscheinlich auch in diesem Jahr – sein Jahresverlauf äußerten Sie immer noch die Hoffnung, wird. dass das Wachstum spätestens in der zweiten Jahres- hälfte anziehe. Zum Jahresende kamen immer die kurz- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten fristigen Aktionen, die ich auch schon beschrieben habe. der CDU/CSU – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ich erinnere daran, dass die Rentenkasse ohne den Ver- Leider wahr!) kauf des GAGFAH-Vermögens schon im letzten Jahr in Daneben stellt auch das Vorziehen des Fälligkeitster- eine äußerst prekäre Situation gekommen wäre. mins ein bürokratisches Problem für die Unternehmen (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dar, die auf der Basis von Stundenlöhnen abrechnen. NEN]: Die GAGFAH wollten Sie auch schon Wie kann ich denn am Ende eines Monats schon das ab- verkaufen! – Peter Dreßen [SPD]: Sie sind sie führen, was eigentlich abgeführt werden müsste, wenn nicht losgeworden!) die Zahl der Stunden noch ermittelt werden muss? Was muten Sie den Unternehmen zu? In der Praxis müsste es – Und nun, Frau Kollegin Bender, ist also das Vorziehen ständig zu Korrekturen von Beitragsanmeldungen kom- des Fälligkeitstermins das wohlfeile Mittel zur Lösung men. Das ist kein Weniger,sondern ein Mehr an Büro- der aktuellen Probleme. kratie und belastet die Unternehmen zusätzlich. Ich will das vor dem Hintergrund kommentieren, dass (Beifall bei der FDP – Karsten Schönfeld Sie, Frau Schmidt, das Vorziehen des Fälligkeitstermins [SPD]: Wenn Sie in der Fragestunde zugehört mit der Aussage verbunden haben, das zu tun sei für den hätten, wüssten Sie, dass alles schon beant- Wachstumsprozess unerlässlich. Dies muss man einmal wortet worden ist! So etwas nennt man bera- vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf das zu er- tungsresistent!) wartende Wachstum beleuchten. Auch die Finanzierungskosten in Höhe von (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Da bin ich ge- 400 Millionen Euro werden deutlich unterschätzt. Wir spannt!) haben gerade Ihren Staatssekretär in der Fragestunde zu Sie sind unter allen Aspekten – Liquidität, Ertrag der diesem Thema gehört. Er meint, Zinsen in Höhe von Unternehmen und auch Bürokratie – negativ. Wir wer- 5 Prozent – diese Zahl wurde unterstellt – seien realis- den nicht mehr, sondern weniger Wachstum haben. Es tisch. Frau Schmidt, gehen Sie einmal mit einem mittel- wird zu einer Abwärtsspirale kommen. ständischen Unternehmer zu einer Bank und versuchen (B) Sie, einen Kredit für 5 Prozent zu bekommen. Tatsache (D) Zur Liquidität: Die 20 Milliarden Euro, die Sie jetzt ist, dass die meisten das durch die Ausdehnung ihres zusätzlich in die Sozialkassen pumpen wollen, kommen Kontokorrentkredits finanzieren müssen. Dann sind wir doch nicht aus dem luftleeren Raum, sondern nach dem eher bei Zinsen in Höhe von 8 bis 10 Prozent. Prinzip der kommunizierenden Röhren steht dem Liqui- ditätszuwachs bei den Versicherungsträgern eine ent- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: sprechend geringere Liquidität bei den vor allen Dingen Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. Sie mittelständischen Unternehmen gegenüber. Das heißt, können das nicht mehr in epischer Breite ausführen. diese 20 Milliarden Euro stehen in einer Zeit einer aus- geprägten Wachstums- und Investitionsschwäche entwe- der nicht für Investitionen zur Verfügung Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Das mache ich dann nicht. – Wenn dann der Überzie- (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!) hungskredit fällig wäre, sind es sogar noch mehr. – so auch der Präsident des DIHK, Ludwig Georg Braun, Frau Schmidt, Ihr Vorschlag ist nicht geeignet, die am 3. Mai – oder sie belasten einfach zusätzlich die jetzt Probleme zu lösen. Sie werden die Probleme verschärfen schon ausgereizten Kreditlinien des Mittelstandes. und am Ende des Jahres vor einem Scherbenhaufen ste- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten hen. der CDU/CSU) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Da muss man sehen, Frau Schmidt, dass das Gros der (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) von den Gläubigern induzierten Insolvenzen in Deutsch- land durch Anträge von Sozialversicherungsträgern zustande kommt. Das heißt, eine Vorverlegung des Fäl- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: ligkeitszeitpunktes für Sozialabgaben wird diese Ent- Das Wort hat die Kollegin Birgitt Bender, Bünd- wicklung noch verschärfen. Zwischen 4 000 nis und 90/Die Grünen. 5 000 Euro – Sie können das selbst ausrechnen, aber ich mache das gern für Sie – an Liquiditätsmitteln werden Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): den mittelständischen Unternehmen im Durchschnitt Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man dauerhaft entzogen. Das ist für viele kleine und mittlere reibt sich angesichts dieser Debatte, die eine aktuelle Unternehmen der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen sein soll, die Augen. Es geht angeblich um die Rentenfi- bringt. nanzen. Es tritt kein Geringerer als der Generalsekretär 16324 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Birgitt Bender (A) der CDU auf. Was hören wir von ihm? Er fängt Sätze an Sie haben überhaupt keinen Vorschlag zur kurzfristigen (C) mit „Noch nie“. Sie enden mit „war es so schlecht inSanierung der Rentenfinanzen gemacht. Deutschland wie unter dieser Regierung“. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ja, ja! Aber (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!) jetzt sagen Sie doch mal, was Sie machen wol- Sie werfen der Regierung Betrug vor len!) (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Konkurs- Der Beitrag der Opposition besteht lediglich darin, zu verschleppung ist das!) sagen: In Deutschland ist alles schlecht. und sehen Minister auf der Flucht. Am Ende dieses (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein, nur die apokalyptischen Szenarios haben Sie nichts anderes zu Regierung! Sonst ist alles in Ordnung!) bieten als eine Variation des alten Mottos „Freiheit statt Sozialismus“. Da auch Sie offensichtlich Zeitung lesen und mit Leu- ten reden, sollten Sie sich einmal vor Augen halten: Un- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – sere schwierige wirtschaftliche Situation ist, wie immer Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zu- wieder beschrieben wird, zum Teil auch darin begründet, rufe von der FDP: Bravo! – Zugabe!) dass sich die Menschen schlechter fühlen, als es ihnen eigentlich geht. Wo sind wir denn, meine Damen und Herren? Was soll man denn daraus schließen, Herr Kollege Kauder? (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Also eine ge- (Peter Dreßen [SPD]: Wo ist Herr Kauder? – fühlte Krise? – Manfred Grund [CDU/CSU]: Karsten Schönfeld [SPD]: Herr Kauder ist auf Aha! So ist das also!) der Flucht!) Das Ganze hat also auch etwas mit Psychologie zu tun. Da kann man doch nur annehmen, dass Sie mental im Warum reden Sie die wirtschaftliche Situation in Jahre 1986 stehen geblieben sind. Damals haben Sie da- Deutschland dauernd schlecht, anstatt dazu beizutragen, mit zugegebenermaßen eine Wahl gewonnen. dass die Leute wieder Mut fassen? Das wäre eine politi- sche Aufgabe. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Aber Sie glauben doch nicht, dass das fast 20 Jahre und bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb später immer noch geht. [FDP]: Das sind also nur gefühlte Insolven- (B) Darf ich Sie daran erinnern, dass sich in diesem zen? – Manfred Grund [CDU/CSU]: Sind das (D) Lande inzwischen einiges getan hat? nur gefühlte 5 Millionen Arbeitslose?) (Manfred Grund [CDU/CSU]: Das sieht man Die rot-grüne Regierung hat zahlreiche Maßnahmen an euren Umfragewerten! – Dr. Heinrich L. getroffen, um die wirtschaftliche Lage und die Situation Kolb [FDP]: Gestern standen wir vor dem Ab- auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. grund, heute sind Sie einen Schritt weiter!) (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Oh nein!) Es kam zur deutschen Einheit, die unter anderem auch Geld gekostet hat. Im Jahre 1998 haben wir eine finan- Zur letzten Rentenreform hatten Sie nichts beizutragen, zielle Situation vorgefunden, außer zu fordern: Die Beiträge müssen gesenkt, die Leis- tungen allerdings ausgeweitet werden. Das ist die Qua- (Manfred Grund [CDU/CSU]: Ja, wie war die dratur des Kreises. Meine Damen und Herren, das sollte denn?) sich nicht einmal eine Opposition erlauben. bei der man im Privatleben eine Erbschaft ausschlagen Worüber reden wir heute? würde. Stattdessen haben wir die Verschuldung – sowohl des Haushalts als auch der sozialen Sicherungssyste- (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dass Sie dem me –, die Sie zu verantworten haben, Mittelstand das Wasser ablassen, darüber re- (Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP) den wir! – Ulla Schmidt, Bundesministerin, zu Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] gewandt: übernehmen und politisch weiterführen müssen. Das war Nein! Das habt ihr früher gemacht!) die Situation. Wir reden über das Vorziehen des Fälligkeitstermins der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Beitragszahlungen zu den sozialen Sicherungssystemen. und bei der SPD – Manfred Grund [CDU/ Dies bedeutet für die Wirtschaft zweifellos eine Belas- CSU]: Hat jemand ein Handtuch dabei?) tung, und das sollte man auch zugeben. Aber was ist die Wo sind denn heute die Alternativen der Opposition? Alternative? Will die Wirtschaft vielleicht eine Beitrags- Ich habe keine einzige gehört. Wenn sich der Pulver-satzanhebung? In der Fragestunde haben Sie die Zahlen dampf verzieht, dann steht die Opposition ganz nackt da. gehört. Wir reden, was die Gesamtbelastung der Wirt- schaft angeht, über den Unterschied zwischen (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ 400 Millionen Euro und – im Falle einer Beitragssatzan- DIE GRÜNEN) hebung – 950 Millionen Euro, und das in jedem Jahr. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16325

Birgitt Bender (A) (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das stimmt doch aus! – Zuruf von der SPD: Sie wollen doch die (C) nicht! 5 Prozent sind nicht realistisch, Frau Renten kürzen!) Bender!) Als Sie Ihr Amt angetreten haben, haben Sie eine Ich frage Sie: Wollen Sie das? Sie schreien immer nur Rentenversicherungsrücklage von 13,8 Milliarden Euro Nein und sagen, dass Sie weder das eine noch das andere übernommen. wollen. Die Alternativen bestehen darin, entweder die Steuern zu erhöhen, um die Rente zu sanieren, oder die (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Futsch! Alles Rente zu kürzen. Wenn sich der Pulverdampf verzieht, futsch!) wird sich zeigen, dass das die Alternativen der Opposi- Nach Ihren eigenen Angaben vor dem Sozialausschuss tion wären, wenn sie dazu einmal Stellung beziehendes Bundestages wird Ende des Jahres nur noch eine würde. Seien Sie doch Manns genug, das wenigstens laut Rücklage von 1,8 Milliarden Euro vorhanden sein. zu sagen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Dr. [FDP]: Unglaublich! – und bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist das, was [FDP]: Die Regierung ist Opfer ihrer eigenen noch übrig ist!) Politik! Das spielen Sie hier gerade vor!) Das heißt: in vier Jahren 12 Milliarden Euro verwirt- schaftet. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Nächster Redner ist der Kollege Andreas Storm, (Peter Dreßen [SPD]: Was heißt „verwirtschaf- CDU/CSU-Fraktion. tet“? Das ist unglaublich, was Sie da sagen! Das haben die Rentner bekommen!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Der Kollege Kolb hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Rentenversicherung ohne die Veräußerung der Woh- Andreas Storm (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! nungsbestände schon im vergangenen Jahr nicht mehr in Im Rahmen der heutigen Aktuellen Stunde hätte dieder Lage gewesen wäre, aus eigener Kraft die Renten zu Ministerin Gelegenheit gehabt, endlich einmal Tacheles zahlen. zu reden. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!) (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Chance vertan!) Meine Damen und Herren, warum ist die Lage so dra- Stattdessen sagt sie kein einziges Wort zur Lage dermatisch? Das hat auch etwas mit einem massiven Reali- (B) Rentenfinanzen. Es ist wirklich beschämend, dass die tätsverlust der Ministerin zu tun. (D) zuständige Ministerin dieses Thema an einem solchen Tag schlicht und ergreifend ignoriert. (Peter Dreßen [SPD]: Herr Storm, da übertref- fen Sie die Ministerin noch!) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Und Sie haben uns Im Rentenversicherungsbericht, den Sie im November immer angelogen!) des vergangenen Jahres dem Deutschen Bundestag zuge- leitet haben, sind neun Varianten durchgerechnet: von Aber das kommt ja nicht von ungefähr. Das, was Sie einer optimistischen Wirtschaftsentwicklung bis zur Si- vorhaben, reiht sich in eine Kette rot-grüner Rentennot- tuation, dass alles grottenschlecht kommt. Für den Fall, operationen ein. Frau Schmidt, im Oktober 2002 haben dass es ganz schlecht läuft, haben Sie gesagt: Dann droht Sie ihr Amt als Sozialministerin angetreten. im Im nächsten Jahr ein Beitragssatz von 19,9 Prozent. In Jahr 2003 haben Sie die Beitragsbemessungsgrenze an- der Fragestunde – vor einer Stunde, liebe Kolleginnen gehoben und dadurch 1 Milliarde Euro mehr pro Jahr in und Kollegen! – musste nun der zuständige Staatssekre- die Rentenkasse gespült. Im Jahr 2004 wurde die Ren- tär einräumen, dass der Beitrag ohne die Notoperation tenanpassung ausgesetzt, gleichzeitig aber von den Rent- im nächsten Jahr auf mindestens 20 Prozent ansteigen nern ein voller Beitrag zur Pflegeversicherung erhoben. wird. Das heißt: Noch nicht einmal ein halbes Jahr nach Im Klartext: Die Renten wurden im Jahr 2004 gekürzt. der Vorlage Ihres Rentenversicherungsberichts wird (Zurufe von der CDU/CSU: Genau! – So ist deutlich, dass Sie – wie in den Vorjahren auch – alle Be- es!) rechnungen auf Sand gebaut haben, dass Sie Wolken- kuckucksheime bauen und in Wirklichkeit eine Riesen- Im Jahr 2005 gab es die ächste n Nullrunde, und für lücke in allen Zweigen der Sozialversicherung klafft. das Jahr 2006 – das haben Ihnen die Wirtschaftsfor- schungsinstitute in ihrem Gutachten, das sie vor 14 Ta- (Marion Caspers-Merk [SPD]: Sie müssen es gen vorgelegt haben, ins Stammbuch geschrieben – ist besser wissen, Herr Storm!) bereits die nächste Nullrunde programmiert. Das bedeu- tet: Sie werden letztendlich in maximal vier Amtsjahren Was bedeutet es denn, wenn Sie im nächsten Jahr ein- drei Nullrunden für die Rentnerinnen und Rentner zumalig 9,6 Milliarden Euro zusätzlich für die Rentenkas- verantworten haben. Das hat es in der deutschen Sozial- sen bei den Unternehmen und den öffentlichen Haushal- geschichte noch nie gegeben. ten kassieren? (Beifall bei der CDU/CSU und der (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie gewonnen, FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So sieht es so zerronnen!) 16326 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Andreas Storm (A) Das bedeutet, Sie kommen im nächsten Jahr – da haben Erika Lotz (SPD): (C) wir zufällig Bundestagswahl – über die Runden. Aber Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich denke, die schon im Jahr 2007 ist die nächste Finanzkrise vorpro- Menschen draußen werden sich gefragt haben, welches grammiert, Ziel diese Aktuelle Stunde hat. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja!) der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das Ich sage Ihnen: Sie hat nur ein Ziel: Die Opposition will muss Frau Schmidt ja nicht mehr durchrech- Krawall machen, sie will die Menschen verunsichern nen! – Peter Dreßen [SPD]: Was würden Sie und sonst nichts. machen? Sagen Sie es doch! – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ich bin gespannt, was Sie (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des dann als Opposition sagen!) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: „Haltet den weil Sie die strukturelle Unterfinanzierung der Renten- Dieb!“, ist das Motto!) versicherung aber auch mit keinem einzigen Cent lösen. Was hier bisher an Fragen vorgetragen worden ist, das (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und wurde heute Morgen im Ausschuss gefragt, das wurde der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Was machen vorhin in der Fragestunde gefragt – und ausreichend be- Sie denn dagegen? Schlagen Sie doch einmal antwortet. etwas vor!) (Zuruf von der SPD: Genau! – Dr. Heinrich L. Meine Damen und Herren, wer hingeht und sagt: „Na Kolb [FDP]: Nein, nein, nein!) ja, das ist den Unternehmen zuzumuten“, verkennt eines: Nun stellen Sie sich hier noch einmal hin und tun so, als Es geht nicht nur um die Zinsdifferenz von 400 oderob alles neu vom Himmel gefallen wäre. 500 Millionen Euro, sondern es geht darum, dass die Wirtschaft 20 Milliarden Euro im Jahr 2006 bereitstellen (Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb muss, die sie ansonsten erst im Jahr 2007 bereitstellen [FDP]: Sie werfen Nebelkerzen am laufenden müsste. Für viele kleine Handwerksmeister kann dieser Band!) zusätzliche Liquiditätsentzug der Tropfen sein, der das Herr Kauder – wo ist er eigentlich? – Fass zum Überlaufen bringt. Damit sind weitere Arbeits- plätze in unserem Land gefährdet. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Futsch! – Zurufe von der SPD: Auf der (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!) Flucht!) (B) (D) Aber auch die Haushalte von Ländern und Kommunen gebärdet sich hier als Chefankläger, redet von werden im kommenden Jahr geschröpft. Denn von den 5 Millionen Arbeitslosen. Ich kann mich noch erinnern: 20 Milliarden Euro – auch das wurde vorhin vom Minis- Die Zahl 5 Millionen, die die Ministerin schon genannt terium bestätigt – müssen alleine 2,5 Milliarden Eurohat, hatten wir schon zu Ihrer Regierungszeit. von Ländern und Kommunen aufgebracht werden. Das (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des bedeutet, dass die Landesfinanzminister und die Käm- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – merer der Kommunen im nächsten Jahr bis zuDr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir hatten nie 2,5 Milliarden Euro mehr Schulden machen müssen. 5 Millionen!) Meine Damen und Herren, das, was wir hier erleben, Allerdings waren die Sozialhilfebezieher nicht dabei. ist das Gegenteil einer nachhaltigen Rentenpolitik: Es ist (Zuruf von der SPD: Sehr richtig!) der Versuch, sich noch einige Monate notdürftig über Wasser zu halten. Aber sämtliche rentenpolitischen Ziele Was nutzt es denn, wenn wir uns hier gegenseitig vor- werden nachdrücklich verfehlt. halten, was alles schlecht ist? Wir müssen doch über Al- ternativen reden. Zu Alternativen habe ich von Ihnen aber kein Sterbenswörtchen gehört. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Herr Kollege Storm, Sie müssen zum Ende kommen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Andreas Storm (CDU/CSU): Von Ihnen kamen Beschimpfungen, aber keine Alternati- Das Ergebnis ist, dass die Rentenfinanzen so unsolide ven. Sie haben Kritik an der Regierung geübt, aber keine sind wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundes- Alternativen genannt. Ich sage: Das ist einfach zu billig, republik Deutschland. ich denke, dafür werden Sie zu hoch bezahlt. Sie müssen (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zu- schon mal Alternativen nennen. Sie haben ja welche. Al- ruf von der FDP: Leider wahr! – Peter Dreßen lerdings würde das Rentenkürzungen oder eine Erhö- [SPD]: Nur miesmachen, aber keine Lösung!) hung der Beiträge bedeuten. Das sagen Sie aber nicht. Sie machen nur eines: Sie verunsichern die Menschen. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir machen eine Nächste Rednerin ist die Kollegin Erika Lotz, SPD- wachstumsorientierte Politik! Dadurch lösen Fraktion. wir die Probleme!) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16327

Erika Lotz (A) Wozu führt diese Verunsicherung? Die Verunsicherung Zu Ihrer Zeit gab es doch versicherungsfremde Leis- (C) führt natürlich dazu, dass sich die Menschen beim Kon- tungen, die aus der Rentenkasse gezahlt worden sind. sum zurückhalten. Was bedeutet das? Das hat wiederum Wir haben dafür gesorgt, dass dies jetzt gesamtgesell- Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und auf die Beitrag- schaftlich finanziert wird. Ich denke, das ist ein richtiger seinnahmen; denn schließlich hängt dies zusammen. Schritt. 1997 gab es lediglich 45 Milliarden Euro für die versicherungsfremden Leistungen an die Rentenversi- Der Herrn Storm hat aufgezählt, was diese Regierung cherung. Wir haben erreicht, dass mittlerweile fast alles getan hat. Diese Regierung hat diese Dinge getan 80 Milliarden Euro als Bundeszuschuss in die Renten- und zum Teil haben Sie sie ja auch mitgetragen. versicherung fließen. Ich denke, Sie sollten hier einfach (Andreas Storm [CDU/CSU]: Die Gedanken einmal würdigen, welche Schritte gegangen worden haben wir kein Mal mitgetragen!) sind. Ziel war es allerdings immer, die Beiträge stabil zu hal- (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich würde Sie ten, also nicht steigen zu lassen; denn das hätte schädli- wirklich gern mal würdigen!) che Wirkungen auf die Wirtschaft und bei den Arbeit- Ihre Rentenreform, das, was die Herzog-Kommission nehmerinnen und Arbeitnehmern. darstellt, ist nicht zu bezahlen. Es ist ein hilfloses und (Andreas Storm [CDU/CSU]: Welche dieser unbezahlbares Leistungsversprechen und letztendlich Maßnahmen sollen wir mitgetragen haben? eine aufgepumpte Variante unseres Rentenkonzepts. Keine!) (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn die SPD- Herr Storm, Sie haben hier gesagt, das Geld sei ver- Kollegen verzichten, würde ich gerne würdi- wirtschaftet worden. Ich muss sagen: Mir fehlen die gen!) Worte; das ist ungeheuerlich. Diese Gelder sind bei den Das Vorziehen des Zahlungstermins ist richtig. Es wird Rentnern und Rentnerinnen angekommen und für Reha- dazu dienen, dass der eingeschlagene Weg, die Beiträge Maßnahmen ausgegeben worden. stabil zu halten, weitergegangen wird. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Wir denken, dass wir damit den richtigen Schritt tun. DIE GRÜNEN) Hören Sie doch bitte mit der Verunsicherung der Rentne- Herr Storm, die Belastungen zu Ihrer Regierungszeit wa- rinnen und Rentner auf! ren: Mehrwertsteuer hoch, Altersgrenze hoch, Kürzun- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ gen bzw. Abschläge bei denjenigen, die vorzeitig in den DIE GRÜNEN) (B) Ruhestand bzw. in die Rente gingen. Das alles haben Sie (D) getan, um den Beitrag letztendlich nicht weiter steigen zu lassen. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das Wort hat die Kollegin Hildegard Müller, CDU/ Die Probleme sind da. Es ist ja nicht so, dass wir sa- CSU-Fraktion. gen, es seien keine Probleme vorhanden. Unser Ziel ist es, die Beiträge zu stabilisieren, sie also in der Höhe von 19,5 Prozent zu halten. Deshalb fordere ich Sie auf: Ma- Hildegard Müller (CDU/CSU): chen Sie hier doch keinen solchen Zinnober! Das führt Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und zu nichts. Ich sage das noch einmal ganz klar: Rentner Herren! „Gedankenflug aus der Champions League“, und Rentnerinnen brauchen sich keine Sorgen zu ma-das hat die BMGS-Sprecherin Frau Klug über den Vor- chen, dass sie ihre Rente in Zukunft am Monatsendeschlag gesagt. Wenn man irgendwo herausfliegt, Frau nicht pünktlich erhalten werden. Hier wird versucht, das Schmidt, dann ist das meistens wegen schlechter, nicht Gegenteil darzustellen und die Menschen dadurch zuwegen guter Leistungen. Ich kann nur sagen: Die finanz- verunsichern, dass gesagt wird, dass die Rente nichtpolitische Geisterfahrt von Rot-Grün geht im Bereich mehr gezahlt wird. Das stimmt nicht. Es ist in keinerder Rentenversicherung weiter. Weise angebracht, hier so etwas darzustellen. Sie haben hier eben eine Behauptung aufgestellt, für Die Rentenversicherung steht auch in Zukunft auf ge- die Sie keinen Beleg haben. sunden Füßen. Dafür sorgen wir. (Ulla Schmidt, Bundesministerin: Doch!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Manfred Ich bitte Sie wirklich, den Beleg dafür nachzureichen. Grund [CDU/CSU]: Auf Plattfüßen!) (Ulla Schmidt, Bundesministerin: Gerne!) Wenn der Schritt hier gegangen wird, dass die Arbeitge- ber den Sozialversicherungsbeitrag am Monatsende zah- Sie haben Beschlusslagen von CDU und CSU themati- len müssen, dann ist das ein wichtiger und richtigersiert, die angeblich eine Rentenkürzung von 10 Prozent Schritt, weil dies letztendlich dazu dient, den Beitrag sta- vorsehen. Darüber bin ich erstaunt. Ich bin Mitglied der bil zu halten. CDU und weiß davon nichts. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch NEN): Sie haben bei Ihrem Konzept nicht ein- längstens in zwei Jahren verpufft!) mal nachgerechnet!) 16328 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Hildegard Müller (A) Zweifelsohne versuchen Sie einen Rechentrick, um Tarifautonomie eingreift, leider gar nichts mehr. All das (C) über die nächsten Monate zu kommen. Aber Sie ändern lassen Sie links liegen. nichts an der chronischen Unterfinanzierung der Renten- versicherung. Frau Lotz, zu Ihrer Bemerkung mit den Sie sagen, Sie können sich einen zinslosen Kredit an gesunden Füßen möchte ich gerne den Staatssekretärdie Unternehmen nicht länger leisten. Aber auch die öf- Thönnes auf eine Anfrage der CDU/CSU zitieren: Die fentliche Hand ist Arbeitgeber. Wir haben von den steigende Lebenserwartung und das gleichzeitig ungüns- 2,5 Milliarden Euro gehört, die von der rechten in die tiger werdende Verhältnis zwischen Beitragszahlern und linke Tasche wandern; etwas anderes kann ich dazu nicht Rentnern hat zu einem deutlich zunehmenden Finanzbe- sagen. darf geführt. Parallel dazu führen längere Rentenlaufzei- Ein anderes Thema ist die Finanzausstattung. Reden ten, die von einem kleiner werdenden Anteil der Aktiven wir einmal über die Lageder Unternehmen in diesem finanziert werden müssen, ebenfalls zu einem finanz-Land. Die Finanzausstattung in diesem Land ist so politischen Handlungsbedarf. – Sind das die sicheren schlecht – der Kollege Kolb hat darauf hingewiesen –, Füße, Frau Lotz, von denen Sie gesprochen haben? Auf dass wir weitere Unternehmensinsolvenzen befürchten genau dieses Problem weisen wir seit Jahren hin. Außer müssen. 40 000 waren es im letzten Jahr. Ein Drittel der Ihnen haben alle die Probleme längst erkannt. kleinen und mittelständischen Unternehmen, Frau (Erika Lotz [SPD]: Sagen Sie doch mal, was Schmidt, hat im letzten Jahr keinen einzigen Euro Ge- Sie machen würden!) winn gemacht. Wenn Sie ihnen weitere Liquidität entzie- hen, führt das zu mehr Arbeitslosigkeit, Zahlungsunfä- Sie aber verschleppen sie wieder. Wieder machen Siehigkeit, weiteren Jobverlusten, neuen fehlenden keine Strukturreform, sondern machen reine Luft-Beitragseinnahmen in der Rentenversicherung und Lö- buchungen von der einen auf die andere Seite. Von den chern in der Rentenkasse. Es sind eben keine Struktur- 2,5 Milliarden Euro, die die Kommunen im nächstenmaßnahmen. Sie müssen eine andere Möglichkeit fin- Jahr dafür zahlen müssen, haben wir schon gehört. Sie den. Machen Sie einen Kassensturz! Die Opposition hat haben keine Lösung anzubieten. dazu Vorschläge vorgelegt, auch wenn Sie diese nicht gerne hören. Wir wissen um die bestehenden Herausfor- (Erika Lotz [SPD]: Zu billig, was Sie hier derungen. Aber wir – Sie schon gar nicht – dürfen den machen!) Menschen nicht weiter vorgaukeln, es gehe einfach so Wir müssen einmal sagen, was der Geistesblitz, von weiter. dem Sie hier sprechen, für die Wirtschaft bedeutet. Alle Betriebe, die auf Stundenbasis abrechnen, können dies Ich möchte mit einem Zitat aus einem Brief des Zen- tralverbandes des Bäckerhandwerks an Frau Ministerin (B) erst am Monatsende tun. Das sind nicht nur überholte (D) Regelungen aus der Zeit der Lohntüte, Frau Ministerin, Schmidt enden, das ich für sehr wichtig halte. Sie haben von denen Sie sprachen. dem Generalsekretär der CDU vorgeworfen, er habe über den Arbeitsmarkt und nicht über die Rente gespro- (Ulla Schmidt, Bundesministerin: Doch!) chen. Dazu möchte ich Ihnen Folgendes vorlesen: In un- seren Betrieben macht sich mittlerweile tiefe Resigna- Folgende Branchen sind davon betroffen: Bau, Druck, tion darüber breit, dass von verantwortlicher politischer Ernährung, Holz, Stahl, Textil, Bekleidung und das ge- Seite immer neue Belastungen erdacht werden, als deren samte Handwerk. Ich möchte einmal das Bäckerhand- Folge der von der Bundesregierung ständig in Aussicht werk zitieren, das sich hierzu zu Wort gemeldet hat.gestellte wirtschaftliche Aufschwung 17 178 eingetragene Handwerksbäckereien müssen ihre Buchungen umstellen. Das sind insbesondere kleine und (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: In immer weitere mittelständische Unternehmen, die die Buchführung Ferne rückt!) ausgelagert haben. Sie müssen einen Steuerberater dop- pelt beschäftigen usw. Der Herr Staatssekretär konnte jeden realen Hintergrund verliert. – Genau das machen uns in der Fragestunde keine Antwort geben, wie dasSie in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt: Sie ver- buchhalterisch abgewickelt werden soll, ob das nachge- nichten weiter Jobs. zahlt werden soll und, wenn ja, mit welcher Valuta nach- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) gezahlt werden soll. Sie haben gesagt, Herr Thönnes, Sie können diese Frage nicht beantworten. Mir scheint, dass es sich bei diesem Vorschlag, den Sie uns vorlegen, nicht Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: um einen Geistesblitz, sondern um einen Blindflug han- Das Wort hat die Kollegin Petra Selg, Bündnis 90/Die delt. Grünen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Über die Bürokratie ist gesprochen worden. In vielen Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tarifverträgen ist im Übrigen festgelegt, dass die Gehäl- Wenn man zu dieser Debatte im Rahmen der Aktuellen ter zum 10. oder 15. des Folgemonats fällig werden. Sie Stunde Schulnoten vergeben müsste, dann müsste ich zu greifen hier in die von Ihnen sonst so hochgehaltene Ta- dem, was von Ihnen von der Opposition gekommen ist, rifautonomie ein. Bisher müssen nämlich die Zahlungen sagen: Thema verfehlt, setzen, sechs! zusammenfallen. Da höre ich von den Gewerkschaften, die sich sonst so gerne zu Wort melden, wenn man in die (Widerspruch bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16329

Petra Selg (A) Oberstes Gebot müsste doch für alle sein, die sozialen Feiertag abgeschafft wurde. Daran haben sich die Wirt- (C) Sicherungssysteme zu stabilisieren. schaftsunternehmen und Betriebe überhaupt nicht betei- ligt. Wir haben den Rentnerinnen und Rentnern mit der (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So eine Arroganz vollen Verbeitragung der Pflegeversicherungsbeiträge bei 5 Millionen Arbeitslosen!) viel abverlangt. Ich frage mich schon: Warum machen Beim Gesundheitsmodernisierungsgesetz haben wir es Sie so ein Geschrei, wenn sich jetzt Wirtschaftsbetriebe doch auch gemeinsam geschafft. Wir sind sicher in einer in einem gewissen Rahmen an der Stabilisierung der wirklich schwierigen Lage. Das ist vollkommen korrekt. Lohnnebenkosten beteiligen sollen? Aber eines muss ich Ihnen sagen, Frau Müller: Sie spre- Wenn wir das erreichen, ist auch für die Wirtschaft chen von Arbeit und Beschäftigung, von Haushaltskon- viel getan; denn stabile Beiträge sichern uns ein Wirt- solidierung usw. usf. Warum blockieren Sie eigentlich schaftswachstum, das Sie und wir wollen. Sagen Sie alle unsere Vorschläge im Bundesrat, mit denen wirklich nicht ständig hier in diesem Haus, was Sie nicht wollen, mehr Arbeit und Beschäftigung geschaffen und die so- sondern sagen Sie, wie Siedie Sozialversicherungsbei- zialen Sicherungssysteme zukunftsfest gemacht werden träge stabil halten wollen, wie Sie Wirtschaft und könnten? Beschäftigung in diesem Land wirklich voranbringen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen. Nennen Sie uns Ihre Lösungsvorschläge und und bei der SPD) blockieren, täuschen und tricksen Sie nicht ständig, nur weil irgendwo Wahlkampftermine anstehen. Noch etwas, Herr Kauder, zu Tricksen, Täuschen und Tarnen: Wie wurde denn die Wiedervereinigung 1990 fi- Vielen Dank. nanziert? Doch nicht über Steuern und durch den Staat, sondern über die Beiträge der Beitragszahlerinnen und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Beitragszahler, also über die sozialen Sicherungssys- und bei der SPD) teme. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Nächster Redner ist der Kollege Max Straubinger, Was wollen Sie denn eigentlich? CDU/CSU-Fraktion. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie wollten die Wiedervereinigung nicht!) Max Straubinger (CDU/CSU): Verehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und – Natürlich wollte ich die Wiedervereinigung. Aber die Kollegen! Wir erleben heute den Renten-GAU der Bun- Finanzierung war nicht gerecht und nicht sozial ausge- (B) desregierung, (D) wogen. (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Kein Wort habe ich in dieser Debatte darüber vernom- DIE GRÜNEN: Oh!) men, was Sie eigentlich wollen. Wollen Sie weitere Bei- tragssatzsteigerungen? Wollen Sie Rentenkürzungen? weil im Sommer das Geld ausgeht. Das kommt nicht von der CDU/CSU, sondern das können Sie im „Spiegel“ (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir wollen eine nachlesen. Da können Sie auch feststellen, wie sich die Politik, die zu wirklichem Wachstum und zu Entwicklung der Rentenversicherung in der Vergangen- Beschäftigung führt!) heit dargestellt hat. Wollen Sie eine stärkere Steuerfinanzierung angesichts (Erika Lotz [SPD]: In der „Bild“-Zeitung!) dieser Haushaltslage? Dann schreien Sie wiederum, wir seien zu blöde, um den Maastrichter Vertrag einzuhalten, – Dem „Bayernkurier“ hätten Sie, Frau Kollegin, wahr- wenn wir weitere Haushaltslöcher schaffen. Keinen ein- scheinlich nichts geglaubt, oder? zigen Beitrag dazu, was Sie eigentlich wollen, habe ich (Heiterkeit bei der CDU/CSU – Zuruf von der in dieser Debatte gehört. SPD: Zu Recht! – Erika Lotz [SPD]: Gibt es (Zuruf von der CDU/CSU: Wir wollen eine da einen Unterschied?) andere Regierung!) Ich glaube, dass das daran liegt, dass die Regierung in Wir haben heute Morgen im Ausschuss darüber debat- der Vergangenheit eine verkehrte Rentenpolitik und da- tiert. Wir hatten eine Fragestunde und haben jetzt dierüber hinaus eine falsche Wirtschaftspolitik in unserem Aktuelle Stunde. Es wurde alles angesprochen, auchLand betrieben hat. Dies hat dazu geführt, dass wir mitt- viele Dinge, die noch ungeklärt sind, zum Beispiel wie lerweile über 5 Millionen Arbeitslose und einen Verlust die Übergangsfristen bei kleineren Unternehmen zuvon über 1,2 Millionen sozialversicherungspflichtigen handhaben sind. Manchmal frage ich mich: Was wollen Beschäftigungsverhältnissen zu verzeichnen haben. Dies Sie eigentlich mit diesem Theater? ist eine der Ursachen der Finanzprobleme in der Renten- versicherung. (Erika Lotz [SPD]: Ist schon klar!) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Zu den sozialen Sicherungssystemen möchte ich sa- gen: Die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler haben Verehrte Frau Ministerin, die Bundesregierung hat schon viele Beiträge geleistet. Gerade die Pflegeversi- – insbesondere in den vergangenen Jahren – hier immer cherung wurde alleine von ihnen getragen, indem einwieder falsche Angaben gemacht. In dem „Spiegel“- 16330 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Max Straubinger (A) Artikel wird auch dargestellt, dass vor allen Dingen die (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (C) Beitragseinnahmen zu hoch geschätzt waren, die Ausga- NEN]: Ja! Der ist besser!) ben zu gering veranschlagt worden sind und dass dies So lange Lernprozesse können wir uns in der Republik – der Kollege Kolb hat bereits darauf hingewiesen – nicht leisten. Finanzprobleme in einem Umfang von 10 Milliarden bis 15 Milliarden Euro in den vergangenen Jahren nach sich (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und gezogen hat. Sie haben aber keine Gegenmaßnahmen der FDP) getroffen. Deshalb ist es notwendig, dass wir eine andere Regie- (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist der rung in Deutschland bekommen. eigentliche Punkt! Sehenden Auges seid ihr in die Katastrophe gelaufen!) Die Misere in unserem Land ist aber auch in massiver Weise ideologiebedingt. Wenn sich die rot-grüne Bun- Eine Ursache liegt auch darin – Frau Kollegin Bender desregierung in zwei oder drei Tagen wieder auf die hat heute von Freiheit und Sozialismus gesprochen –, Schulter klopft und verkündet, dass sie endlich wieder ein Atomkraftwerk stillgelegt hat, (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ihr habt davon gesprochen!) (Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit dem Thema hier zu dass seinerzeit, als es zur Regierungsübernahme von tun? – Ulrich Heinrich [FDP]: Das Sicherste Rot-Grün kam, ein falscher Ansatz in der Rentenpolitik habt ihr stillgelegt!) verfolgt wurde. dann bedeutet das in Deutschland Arbeitsplatzverluste in (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: ungekanntem Ausmaß. Damit fehlen die Beitragseinnah- Ach!) men in der Rentenversicherung. Wir haben als CDU/CSU-Bundestagsfraktion gemein- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) sam mit der FDP den demographischen Faktor einge- führt, der notwendig und weitsichtig war. Auch wenn wir glauben, dass wir mit dem EEG ein paar Arbeitsplätze schaffen, vernichtet dieses Gesetz (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) langfristig Arbeitsplätze in unserem Land, Sie aber haben dies seinerzeit aus billigem parteipoliti- (Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]) schen Populismus im Bundestagswahlkampf als „So- zialabbau“ apostrophiert wie eine Untersuchung des Bremer Energieinstituts er- geben hat. Deshalb wird es auch weiterhin Finanzpro- (B) (Widerspruch bei der SPD) bleme in der Rentenversicherung geben. (D) und heute ernten Sie das Ergebnis, nämlich die ständigen Sie können die Ökosteuer gar nicht so stark anheben, Finanzprobleme in der Rentenversicherung. wie es notwendig ist, um die Ausfälle auszugleichen. (Beifall bei der CDU/CSU und der (Peter Dreßen [SPD]: Sie haben sie doch abge- FDP – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE lehnt!) GRÜNEN]: So ein alter Hut! Noch nie was von Nachhaltigkeitsfaktor gehört? Wo waren Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass bei einer überdi- Sie denn die letzten zwei Jahre?) mensionierten Steuererhöhung wie bei der Tabaksteuer letztlich weniger Steuereinnahmen zu verzeichnen sind. Sie haben mit ständigen Korrekturen wie der Redu- zierung der Rentenanpassung der Jahre 2000 und 2001, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – der Absenkung des Rentenniveaus Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das haben wir gemeinsam beschlos- (Zuruf von der CDU/CSU: Unanständig war sen! Das haben Sie wohl vergessen!) das!) Dasselbe gilt in vielen anderen Bereichen wie in der und dem so genannten Beitragssatzsicherungsgesetz, das Landwirtschaft und beim Ausstieg aus der Grünen Gen- auch die Absenkung der Schwankungsreserve bedeutet technik. Die Forschungs- und Technikfeindlichkeit von und zu einer Anhebung des Beitragssatzes Rot-Grün auf ist letztendlich für die Arbeitsplatzmisere in 19,5 Prozent geführt hat, versucht, die Renten zukünftig unserem Land und damit auch für die fehlenden Bei- zu stabilisieren. Aber Sie haben es trotz der Ökosteuer, tragseinnahmen in der Rentenversicherung verantwort- die die Wirtschaft dramatisch belastet und deshalblich. Deshalb fordere ich Sie auf: Kehren Sie um und ebenso wie diese nicht in Gang kommt, nicht geschafft. machen Sie eine andere Politik, damit die Renten in un- (Beifall bei der CDU/CSU und serem der Land wieder sicher werden! FDP – Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – NEN]: So ein alter Zopf! man kann es nicht Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mehr hören!) NEN]: Mir kommen die Tränen!) Es ist schon toll, wenn die rot-grüne Bundesregierung nach sieben Jahren zu der Einsicht kommt, statt eines de- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: mographischen Faktors einen Nachhaltigkeitsfaktor ein- Das Wort hat der Kollege Peter Dreßen, SPD-Frak- zuführen. tion. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16331

(A) Peter Dreßen (SPD): 77 Milliarden Euro gesteigert. Heute leisten auch der(C) Meine Damen und Herren von CDU und CSU, seit Beamte, der Abgeordnete und der selbstständige Unter- Sie in der Opposition sind, kritisieren Sie einerseits, dass nehmer mit seinen entrichteten Steuern einen Beitrag zur die Lohnnebenkosten zu hoch sind, und andererseits,Finanzierung von Rentenbeiträgen bei Kindererzie- dass die Renten nicht steigen. Alles, was die rot-grüne hungs- und Wehrpflichtzeiten sowie der vereinigungsbe- Koalition getan hat, um den Beitrag zu stabilisierendingten Lasten in der Rentenversicherung. Was Sie hier – wie die Einführung der Ökosteuer oder die Zuschüsse gemacht haben, war völlig falsch. des Bundes –, wurde von Ihnen kategorisch abgelehnt. (Beifall bei der SPD) (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie halten die Versprechen nicht ein!) Wir haben also Wort gehalten. Das, was Sie im Rah- men der Wiedervereinigung falsch gemacht haben, Ich höre von Ihnen kein Wort zu Lösungsansätzen, mussten wir mühsam korrigieren. Wir haben mit der mit denen wir in dieser Problematik weiterkommen kön- Riester-Rente Wege aufgezeigt, wie man die Schwierig- nen. Nur das Stichwort „Wachstum“ in die Debatte zu keiten, die durch den demographischen Wandel entste- werfen, ist meines Erachtens zu billig. Das nimmt Ihnen hen, bewältigen kann. Aber Sie von der Opposition ha- inzwischen kein Mensch mehr ab. Ihre Rentenpolitik ist ben sich in den vergangenen Jahren in keiner Weise schlichtweg chaotisch. Sie müssen sich schon überlegen, konstruktiv an den Lösungen in der Rentenpolitik betei- ob Sie die Renten kürzen – was übrigens nach der blüm- ligt. Im Gegenteil: Sie haben die Rentnerinnen und Rent- schen Rentenreform schon der Fall wäre – oder ob Sie ner mit Ihren Attacken in Panik versetzt. Herr Storm, auf Kontinuität in der Rentenpolitik setzen wollen. wenn ich nur daran denke – Stichworte „Rente auf Pump“ und „vorzeitig“ –, was Sie uns schon alles gepre- Herr Straubinger, der Unterschied zwischen dem dy- digt haben! Nichts von dem, was Sie uns vorgeworfen namischen Faktor, den Sie damals eingeführt haben, und haben, ist eingetreten. unserem Nachhaltigkeitsfaktor bei der riesterschen Ren- tenreform ist, dass in Ihrer Regierungszeit die Renten Ich will Ihnen nur einmal die Schlagzeilen in Erinne- permanent gesunken sind, während mit rung rufen. Ich erinnere mich noch gut an das Tandem seiner Reform einen Ausgleich geschaffen hat, der zu- Rudolf Dreßler/Norbert Blüm, die auch in Wahlkampf- sätzlich steuerfinanziert ist. Wir wollen, dass die Renten zeiten bei diesem für die ältere Generation wichtigen auf einer Ebene bleiben. Das wäre nach der Rentenfor- Thema gemeinsam nach Lösungen gesucht und sie mel von Norbert Blüm schlichtweg nicht der Fall gewe- auch gefunden haben. Wenn nun Ulla Schmidt durch sen. Vielmehr wären die Renten permanent gesunken. das 14-tägige Vorziehen der Beitragszahlungen mehr Geld in die Rentenkasse bekommt, ohne dass eine Bei- (B) Erinnern wir uns einmal: 1982, als Sie an die Regie- tragssatzsteigerung notwendig ist, dann ist das ein guter (D) rung kamen, lag der Beitragssatz in der Rentenversiche- und richtiger Weg. rung bei 18 Prozent. 1998, als wir die Regierungsverant- wortung übernommen haben, lag er bei 20,3 Prozent. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein!) Als Sie an die Regierung kamen, lag der Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung bei 3,6 Prozent. Als wir Ihr Nörgeln und Ihre Miesmacherei habe ich satt. Keh- die Regierungsverantwortung übernommen haben, lag er ren Sie endlich zu einer verantwortungsbewussten Poli- bei 6,5 Prozent. Als Sie an die Regierung kamen, lag der tik zurück! Die ältere Generation hat es nicht verdient, Beitragssatz in der Krankenversicherung bei 12 Prozent so von Ihnen behandelt und verunsichert zu werden. und am Ende Ihrer Regierungszeit bei 13,5 Prozent. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Überall nur Beitragssatzerhöhungen und gleichzeitig DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: verschiedene zusätzliche Belastungen der Arbeitnehmer! Ihr verunsichert doch! Ihr seid die erste allge- Das war Ihre Politik. meine Verunsicherung!) (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Als wir 1998 die Regierung übernahmen, haben wir mit Walter Riester eine Rentenpolitik betrieben, die Nächster Redner ist der Kollege Peter Götz, CDU/ keine Kürzungen für die Bestandsrentner vorsah, wohl CSU-Fraktion. aber, dass die Renten in Zukunft nicht mehr so stark stei- gen werden, wie man das in der Hochkonjunkturphase Peter Götz (CDU/CSU): erwarten konnte. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist für eine Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Nullrunde schön ausgedrückt!) Aktuellen Stunde debattieren wir über ein typisches Bei- spiel, das deutlich macht, wie ohnmächtig und hilflos Ich darf Sie daran erinnern, dass wir 1998 den Wählern Rot-Grün auf voraussehbare Entwicklungen reagiert. versprochen haben, zukünftig alle versicherungsfremden Der „Minusminister“, wie die „Süddeutsche Zeitung“ Leistungen in der Rentenversicherung über Steuern zu gestern den Finanzminister betitelte, sucht Finanzquel- finanzieren. Hier haben wir Wort gehalten. Durch dielen am liebsten bei anderen, frei nach der Devise: Das Einnahmen aus der Ökosteuer, die Sie vehement abge- Geld ist da, nur in den falschen Taschen. Also greift er in lehnt haben, haben wir den damaligen Bundeszuschuss die Taschen der Unternehmen, der Länder, der Kommu- in Höhe von 43 Milliarden Euro auf nun nen über und der Bürger. 16332 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Peter Götz (A) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – den letzten Jahren entwickelt hat und welche Spielräume (C) Peter Dreßen [SPD]: Wie viele Steuerermäßi- noch vorhanden sind. gungen haben wir denn schon hinter uns?) Frau Kollegin Bender, Sie haben das Jahr 1998 ange- Herr Kollege Dreßen, die Bundesregierung entzieht mit sprochen. Ein Blick auf die kommunalen Haushalte der geplanten Aktion Liquidität – das wissen Sie sehrzeigt, dass die Kassenkredite – also der Kontokorrent- gut – kredit – der Kommunen 1998 bei 5,8 Milliarden Euro la- gen. Inzwischen liegen sie bei 20 Milliarden Euro. Das (Peter Dreßen [SPD]: Wie viele Steuererleich- ist fast das Vierfache – ein trauriger Rekord. Wie wir alle terungen haben wir schon gemacht?) sehr wohl wissen, ist eine Besserung nicht in Sicht. und verschärft die Situation nicht nur für die Unterneh- Sie haben mit Ihrer erstaunlichen Kreativität in den men, sondern auch für die öffentlichen Arbeitgeber, so- letzten Jahren ein System entwikkelt, mit dem Sie versu- weit sie Löhne und Gehälter am Monatsende zahlen. chen, anderen entweder ständig neue Aufgaben aufs Nach den Tarifverhandlungen des öffentlichen Diens- Auge zu drücken, ohne dafür zu zahlen, oder etwas tes vor zwei Jahren ist das – das wissen auch Sie – bei durch die Hintertür wegzunehmen. den Ländern und bei den Kommunen der Fall. Seinerzeit (Erika Lotz [SPD]: Sie blockieren doch bei der wurde vereinbart, dass die Löhne und Gehälter nicht Eigenheimzulage!) mehr zur Monatsmitte, sondern erst am Monatsende ge- zahlt werden. Damit haben die Tarifpartner gegenüber Bei den Kommunen, also bei den Städten und Ge- den Ländern und den Kommunen finanzielle Spiel-meinden, wird dies besonders deutlich, sei es beim TAG räume, übrigens zulasten ihrer Beschäftigten, geschaf- mit 1,8 Milliarden Euro, sei es – wie zuletzt – bei der fen. Gewerbesteuerumlage, wo auf unseren Druck hin die falsche Entscheidung über die Erhöhung der Gewerbe- Durch das Vorziehen des Termins zur Zahlung der So- steuerumlage vor gut einem Jahr zurückgenommen wor- zialbeiträge wird diese Entscheidung konterkariert. Die den ist, Länder und die Kommunen müssen dafür im kommen- den Jahr 2,5 Milliarden Euro mehr aufbringen. Neue (Erika Lotz (SPD): Sie verfehlen das Thema!) Schulden sind die logische Folge. Der Bund ist davon als wodurch für die Kommunen etwas Luft zum Atmen ge- Arbeitgeber nicht betroffen. Frau Ministerin, der schöne schaffen wurde. Titel „Aktion stabiler Rentenbeitrag“ ist ein reiner Ver- schiebebahnhof zulasten der Unternehmen, der Länder Nur: Vor wenigen Wochen wurde vom Finanzminister und der Kommunen. allen Ernstes eine erneute Diskussion über eine Erhö- hung der Gewerbesteuerumlage zulasten der Kommunen (B) (D) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – in einer Größenordnung von 1 Milliarde Euro angezet- Erika Lotz [SPD]: Wer muss Beitragserhöhun- telt. gen bezahlen?) (Peter Dreßen [SPD]: Erzählen Sie doch mal Nun kann man vielleicht einwenden, dass einige Mil- was über die Steuererleichterungen, die wir liarden Euro bei den vielen öffentlichen Schulden, für gemacht haben!) die Sie verantwortlich sind, keine Rolle mehr spielen. Inzwischen haben Sie diese Forderung wieder eingesam- (Erika Lotz [SPD]: Eigenheimzulage! Das melt. Wie lange es dabei bleibt, weiß keiner. Ich warte blockieren Sie!) die nächsten Tage ab. Wir werden einmal sehen, was Nur, was hilft es den Menschen, wenn die Kommunen, wieder auf uns zukommt. Ihr Problem ist doch, dass die die durch die verfehlte kommunalfeindliche Politik die- Halbwertszeit politischer Entscheidungen immer kürzer ser Bundesregierung sowieso schon nicht mehr investie- wird. ren können, noch mehr als bisher beschnitten werden? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wie Sie sehr gut wissen, müssen Büchereien,Das ist keine glaubwürdige Politik. Wie soll der Käm- Schwimmbäder und andere öffentliche Einrichtungen merer einer Stadt seinen Haushalt planen? Die Men- geschlossen werden, schen in unserem Land erwarten zu Recht verlässliche (Erika Lotz [SPD]: Abbau von Steuer- politische Rahmenbedingungen und nicht jeden Tag eine subventionen!) neue Idee, die von Ihnen am nächsten Tag wieder ein- kassiert wird. weil den Städten und Gemeinden das Geld fehlt. Oder schauen Sie sich einfach einmal die kaputten Straßen in Unser Ziel muss sein, die Finanzkraft der Kommunen Ihren eigenen Kommunen an! Die Zahl der Kommunen nachhaltig zu stärken, damit sie wieder in Schulen, in allein in Nordrhein-Westfalen, die unter dem Zwang ei- Kindergärten, aber auch in Straßen investieren können. ner vorläufigen Haushaltsführung stehen, wird in diesem Das hilft dem Mittelstand und dem örtlichen Handwerk. Jahr den traurigen Rekord von 103 Städten und Gemein- Dadurch entstehen Wachstum, Beschäftigung und auch den erreichen. Arbeitsplätze vor Ort. Gefragt ist nicht dieser ständige rot-grüne Zickzackkurs in Verbindung mit Schönreden (Erika Lotz [SPD]: Eigenheimzulage!) und Gesundbeten, sondern eine verlässliche, solide und glaubwürdige Politik. Frau Kollegin, erkundigen Sie sich doch einmal in Ihrem Heimatlandkreis danach, wie sich die Kreisumlage in (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16333

(A) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ein steigender(C) Herr Kollege, das wäre ein guter Schlusssatz gewe- Rentenbeitragssatz nicht der richtige Weg ist, die Kon- sen. junktur anzukurbeln. Wir haben von Ihnen im Jahr 1998 – wir haben es heute schon gehört – einen Rekordbei- Peter Götz (CDU/CSU): tragssatz von 20,3 Prozent übernommen. Wir waren es, Die Menschen, die Unternehmen, aber auch diedie den Beitragssatz auf 19,1 Prozent haben absenken Städte und die Gemeinden wollen es anpacken. Geben können. Heute, in einer schwierigen konjunkturellen Si- Sie ihnen den notwendigen Freiraum und dann wird es tuation, liegt der Beitragssatz bei 19,5 Prozent. Davon auch in unserem Land wieder aufwärts gehen. haben Sie doch nur geträumt. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ihr wolltet in 2005 doch bei (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) 18,0 Prozent sein, mit der Ökosteuer! – Ge- genruf des Abg. Peter Dreßen [SPD]: Von die- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: sen Zahlen haben die nur geträumt!) Das Wort hat der Kollege Karsten Schönfeld, SPD- Wenn die Sozialbeiträge der Unternehmen zeitgleich Fraktion. mit der Auszahlung der Löhne und Gehälter am Ende je- des Monats, also zwei Wochen früher als bisher, über- Karsten Schönfeld (SPD): wiesen werden – das ist der vorgeschlagene Weg –, dann Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! trägt das dazu bei, dass auch in der jetzigen Situation der Herr Kollege Götz, nicht alles, was wir von Ihnen aus Beitragssatz zur Rentenversicherung stabil gehalten wer- dem Bereich der Kommunalfinanzen gehört haben, war den kann und die Liquidität der Rentenkassen erhöht falsch, aber Sie haben vergessen, den wesentlichenwerden kann. Punkt zu erwähnen, wie Sie das immer tun. Sie von der CDU/CSU sind es doch gewesen, die im Vermittlungs- Das hat überhaupt nichts mit Trickserei oder Schön- ausschuss alles blockiert haben, rechnen zu tun. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Was? Was Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Oh doch!) haben wir blockiert?) Das ist eine Reaktion auf moderne technische Möglich- was im Zuge der Gemeindefinanzreform die Kommunen keiten des elektronischen Zahlungsverkehrs. heute in eine ganz andere Situation versetzt hätte. (Beifall bei der SPD) (B) (Beifall bei der SPD – Manfred Grund [CDU/ Dass die Unternehmen die Sozialversicherungsbeiträge (D) CSU]: Was zum Beispiel? Beispiel!) bisher am 15. des Folgemonats überwiesen haben, Die Kollegin Selg hat Ihnen hier vorhin zu Recht diekommt doch aus einer Zeit, in der Löhne und Gehälter Schulnote „Sechs“ gegeben. sozusagen noch von Hand berechnet wurden. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Beispiel! Was (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ein Quatsch!) haben wir blockiert? – Er hat kein Beispiel! Er weiß es nicht!) Da hat es natürlich auch gedauert, bis die genaue Höhe der Sozialbeiträge feststand. Nach dem, was wir heute von Ihnen gehört haben, muss man noch hinzufügen: beratungsresistent, nicht bil- (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ein Quatsch!) dungsfähig; Sie haben nichts dazugelernt. Wir haben hier im Bundestag mit dem Verwaltungsver- (Beifall bei der SPD) einfachungsgesetz beschlossen, dass das Beitragsein- zugsverfahren ab dem 1. Januar 2006 auf elektronischem Alles, was mit den Rentenversicherungsbeiträgen zu- Weg zu erfolgen hat. Da ist es konsequent, wenn der sammenhängt, haben wir heute Morgen im Ausschuss Beitragseinzug zeitgleich mit der Zahlung der Löhne ausführlich behandelt. Wir haben es in der Fragestunde und Gehälter erfolgt. ausführlich besprochen. Ich frage mich, was an dieser Stunde aktuell ist. Aber Sie geben uns die Möglichkeit Unternehmen, aber auch viele Bereiche im öffentli- – dafür bin ich dankbar –, hier noch einmal darzustellen, chen Dienst haben sich insoweit über Jahre ohnehin dass die Bundesregierung und die SPD alles tun, um den recht günstig eingerichtet Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung sta- (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Vorsicht, bil zu halten. Herr Schönfeld!) (Beifall bei der SPD) und hier zum Teil auf Kosten der Sozialkassen gelebt. Es ist doch überhaupt keine Frage, dass die konjunk- Löhne und Gehälter werden heute meist nicht mehr, so turelle Entwicklung unbefriedigend ist. Wir stehen ins- wie es früher durchaus üblich war, am 15. des Monats, besondere vor der schwierigen Aufgabe, auf der einen sondern am Ende des Monats gezahlt. Es müssen aber Seite die Finanzierungsgrundlage der Rentenkassen zu die Sozialbeiträge nicht am Ende des Monats, sondern erhalten und auf der anderen Seite zu vermeiden, dass erst zwei Wochen später gezahlt werden. So entstand ein die wirtschaftliche Belebung durch steigende Beitrags- nicht unerheblicher Gewinn aufseiten der Unterneh- sätze gestört wird. Wir sollten uns doch darin einig sein, men – auf Kosten der Sozialkassen. 16334 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Karsten Schönfeld (A) (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oh nein! Er war gestellt und habe folgende Antwort erhalten: Für die(C) wohl in der Wirtschaftsklippschule!) Zahlung der Renten muss nach den neuen Annahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung die Auszahlung von Bun- Der Einwand, dass die Unternehmen bei variablendesmitteln erstmals Ende September vorgezogen wer- Arbeitsentgelten die Beiträge nicht unmittelbar berech- den. – Wenn ich die in der heutigen Fragestunde gegebe- nen können, greift auch nicht; denn Beiträge, die mit der nen Antworten richtig verstanden habe, dann sieht die voraussichtlichen Beitragsschuld zum Monatsende nicht Situation so aus, dass wir uns darauf einstellen müssen, abgerechnet werden können, werden automatisch bei der dass es schon ab Juli zu einer vorgezogenen Auszahlung Abrechnung im Folgemonat berücksichtigt. Das ist be- des Bundeszuschusses kommt. Ich denke, das stellt eine reits heute zum Teil so. Es ist auch überhaupt kein Pro- aktuelle und dramatische Veränderung der Situation dar. blem, es so zu machen. Darüber müssen wir hier im Bundestag reden. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wissen Sie über- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) haupt, wovon Sie reden, Herr Kollege Schönfeld? Wann waren Sie das letzte Mal in Für mich ist es nicht überraschend, dass das so ge- einem richtigen Unternehmen?) kommen ist, aber mir scheint, für Sie, meine Damen und Herren Kollegen von der Koalition, und für Sie, Frau Es ist legitim, glaube ich, zu sagen, dass die Unter- Ministerin, kommt das überraschend. nehmen jetzt gefordert sind, ihren Teil zu übernehmen. Sie helfen dann mit, eine noch schwerwiegendere Belas- (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die machen sich tung durch Beitragserhöhungen für Arbeitnehmer, für etwas vor!) Rentner, aber auch für sich selbst zu vermeiden. Wir alle Es ist aber deshalb nicht überraschend, weil man sich haben heute die Zahlen gehört. Ich denke, dass es alle- nur einmal die Haushaltszahlen genau anschauen muss. mal besser ist, den Beitragssatz stabil zu halten, als eine Die Einnahmen-Ausgaben-Relation bei den Renten hat Erhöhung vorzunehmen. sich wie folgt entwickelt:2002 gab es ein Defizit von Vielen Dank. 4,1 Milliarden Euro, 2003 von 2 Milliarden Euro, 2004 von 2,9 Milliarden Euro. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: (Pete Dreßen [SPD]: Sie haben doch die Sozial- Sie sollten den Redenschreiber rausschmeißen, versicherung ausgehöhlt duch die Minijobs!) Herr Schönfeld!) Sie haben diese Defizite jeweils durch Einmalopera- tionen auffangen können. Eine davon sah so aus, dass Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Sie die Schwankungsreserve, die Sie heute sinniger- (B) Nächster Redner ist der Kollege Dr. Michael Luther, weise Nachhaltigkeitsrücklage nennen – ich möchte ein- (D) CDU/CSU-Fraktion. mal wissen, in welchem Punkt diese Politik nachhaltig sein soll –, aufgebraucht haben. 2002 haben Sie sie auf (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- 0,8 Monatsausgaben, dann auf 0,5 und 2004 auf 0,2 ab- neten der FDP) gesenkt. Wenn die Prognosen stimmen, wird die Schwankungsreserve Ende 2005 bei 0,1 Monatsausga- Dr. Michael Luther (CDU/CSU): ben liegen. All das waren Einmalmaßnahme, aber sie Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen undhätten noch nicht einmal ausgereicht, wenn man nicht Herren! Herr Schönfeld, Sie haben eben gerade ange- noch eine weitere Einmalmaßnahmen durchgeführt zweifelt, dass diese Aktuelle Stunde aktuell sei. hätte. Allein dadurch nämlich, dass man im letzten Jahr Ich halte es erst einmal für sehr wichtig, dass mandie GAGFAH, also die Wohnungsbestände der Renten- nicht nur im Ausschuss über diese Dinge redet, sondern versicherer, für 2,1 Milliarden Euro verkauft hat, konnte sie auch öffentlich darstellt. Die Leute sollen nämlich die Finanzierung der Rentenversicherung im letzten Jahr wissen, wie es um die öffentlichen Kassen und insbeson- einigermaßen über Wasser gehalten werden. Jetzt planen dere um die Rentenkassen steht. Sie wieder eine Einmalmaßnahme, um irgendwie bis in das Jahr 2006 zu kommen, nämlich das Vorziehen des (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Einzuges der Sozialversicherungsbeiträge um circa ei- neten der FDP – Erika Lotz [SPD]: Dann sollte nen halben Monat. Das bedeutet im Endeffekt, dass im man beim Thema bleiben!) Jahr 2006 Mehreinnahmen in Höhe von 9 Milliarden Euro zustande kommen. Diese werden aber danach nicht Zweitens glaube ich, dass dieses Thema sehr aktuell wieder erzielt werden können. ist. Diese Auffassung kann ich auch begründen: Hätten wir in der letzten Sitzungswoche diese Aktuelle Stunde Beim Regierungsantritt 1998 wollten Sie alles besser gehabt, dann hätte die Frau Bundesministerin Folgendes machen. Wahr ist, Sie haben die sozialen Sicherungssys- gesagt: teme in Deutschland an die Wand gefahren. Für die Zahlung der Rentenausgaben müssen keine (Peter Dreßen [SPD]: Herr Luther, bleiben Sie Bundesmittel vorgezogen werden. Eine Liquiditäts- auf dem Teppich! – Petra Selg [BÜNDNIS 90/ hilfe ist nicht erforderlich. DIE GRÜNEN]: Wir haben sie von Ihnen übernommen!) Das steht in einer Antwort auf eine Anfrage, die ich am 16. März im Haushaltsausschuss gestellt habe. Ich habe Sie haben jegliche Reserve, die den sozialen Sicherungs- die gleiche Frage am 20. April, also einen Monat später, systemen zur Verfügung stand, aufgebraucht. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16335

Dr. Michael Luther (A) (Peter Dreßen [SPD]: Unsinn! Wo wart ihr den. Aber mindestens genauso wichtig ist die Art und(C) denn, als wir die Rentenreform gemacht ha- Weise, in der man hier darüber redet. Da haben Ihre ben? Wo wart ihr in den letzten vier Jahren?) Fraktion und die FDP-Fraktion heute hier jede Seriosität vermissen lassen. Sie haben sich auf einen Irrweg begeben, indem Sie ge- glaubt haben, man brauche bloß die Mineralöl- und die (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Energiesteuer zu erhöhen, dann würde sich die Sache für DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: alle Zeiten erledigen und man könne alles so lassen wie Also bitte! Nehmen Sie das zurück!) bisher. Sie haben sich von Ihrem ersten Redner, der zum (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Thema überhaupt nicht gesprochen hat, bis zum letzten NEN]: Wo wart ihr denn? – Peter Dreßen Redner darauf beschränkt, dass Sie den alten Menschen [SPD]: Die haben die Veränderugen nicht mit- in diesem Land Angst machen. Da hat sich Herr Storm gekriegt! Er war im sächsischen Wald!) besonders hervorgetan, Die Wahrheit, die Sie zur Kenntnis nehmen müssen, (Peter Dreßen [SPD]: Das macht er immer so!) ist, dass das System der Sozialversicherungen für ein indem er gesagt hat, die Renten würden gekürzt. paar Jahre über Wasser gehalten wurde, aber gleichzeitig die Wirtschaft in Deutschland enorm belastet wurde und (Andreas Storm [CDU/CSU]: Im letzten Jahr die private Nachfrage zurückging. Das hatte zum Ergeb- haben Sie sie faktisch gekürzt!) nis, dass der Konjunkturmotor stockte, wir eine hohe Es gibt keine Rentenerhöhung. Aber in diesem Land er- Zahl an Arbeitsplätzen verloren und die hohe Arbeitslo- lebt zurzeit praktisch kein Mensch eine Erhöhung seines sigkeit von heute produziert haben. Das schließlich ist Einkommens. Dieser Situation ist die der Rentner ange- ein ganz wesentlicher Grund dafür, warum wir eine sol- passt. Wenn Sie jetzt sagen, dass es sich um eine Renten- che Misere bei den sozialen Sicherungssystemen haben. kürzung handelt, wenn Rentner ihre Pflegeversicherung Am meisten haben Sie sich dadurch versündigt, dass selber tragen müssen, was die Arbeitnehmerinnen und Sie 1998, als in einer breiten Debatte, auch im Vorfeld Arbeitnehmer schon lange tun, dann ist das einfach per- der Wahl, deutlich geworden ist, dass man an den sozia- fide. len Sicherungssystemen etwas ändern muss, nicht die (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Chance ergriffen haben, das zu tun. DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: (Peter Dreßen [SPD]: Natürlich! Wo waren Sie Die Menschen empfinden das so!) denn?) Dem steht eine Leistung gegenüber. Niemand von uns, (B) Wenn Sie das getan hätten, hätten Sie inzwischen seitder in einem Arbeitsverhältnis ist und eine Erhöhung(D) sieben Jahren einen Umbau der sozialen Sicherungssys- zum Beispiel seiner Krankenversicherungsbeiträge hin- teme vornehmen können, mit dem Ergebnis, dass dernehmen muss, würde sich hinstellen und sagen, man Faktor Arbeit von den Sozialversicherungsbeiträgen ent- habe sein Einkommen oder sein Gehalt gekürzt. Die lastet und Wirtschaftswachstum generiert worden wäre. Wortwahl, die Sie draufhaben, soll bei den Menschen nur Angst und Verunsicherung schüren. (Erika Lotz [SPD]: Wo waren Sie denn in der letzten Wahlperiode?) Sie, Herr Kolb, beklagen sehr, dass wir zur Beitrags- satzstabilisierung den Verkauf der GAGFAH vorgenom- Mein letzter Satz. Frau Ministerin, Sie haben mit ei- men hätten. Sie wollten das doch jahrelang; aber Sie ha- nem Zitat von Nietzsche begonnen: „Wer zu tief und zu ben es nicht hinbekommen. lange in den Abgrund schaut“. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (Ulla Schmidt, Bundesministerin: Sie!) DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie kommen mir vor wie eine klassische Kinderbuchfi- Aber wir wollten damit die Schwankungs- gur, der Hans Guckindieluft. Der Graben liegt vor Ihnen reserve stabil halten, Frau Schaich-Walch! Das und Sie laufen mit Ihrer Rente zügig hinein. ist ja unglaublich!) Danke schön. Sie waren nicht in der Lage, einen Preis zu erzielen, der akzeptabel gewesen wäre. Deshalb musste man Ihnen (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) den Verkauf dieser Wohnungen letztendlich verwehren. Jetzt zu dem Punkt „verkehrte Rentenpolitik“. Wir Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: haben seit Bestehen der Bundesrepublik einmal eine Das Wort hat die Kollegin Gudrun Schaich-Walch, Beitragssatzerhöhung in der Rentenversicherung um SPD-Fraktion. 1,1 Prozent – von 19,2 auf 20,3 Prozent – gehabt. Dieser (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Anstieg erfolgte zum 1. Januar 1997. Unter Ihrer Verant- DIE GRÜNEN) wortung gab es also den höchsten Anstieg in der Ge- schichte der Bundesrepublik. Und Sie stellen sich hier hin und beklagen Maßnahmen, die diese Regierung er- Gudrun Schaich-Walch (SPD): greift, um die Beitragssätze stabil zu halten! Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Herr Luther, ich stimme Ihnen in einem Punkt zu: Es ist wich- Ich stimme Ihnen zu: Wir haben die Schwankungs- tig, über die Frage der Rente und die Finanzierung zu re- reserve heruntergefahren. Aber wofür hat man sie denn, 16336 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

Gudrun Schaich-Walch (A) wenn nicht dafür, in schlechten Zeiten die Beiträge stabil Aber Sie sind den nächsten Schritt nicht gegangen,(C) zu halten? weil es Ihnen an der notwendigen Redlichkeit in der De- batte fehlt. Sie müssen sich nämlich einmal fragen, wie (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ hoch die Belastung der Arbeitgeber tatsächlich ist. Zwar DIE GRÜNEN – Ulrich Heinrich [FDP]: Da- fallen Zinsen für die Zwischenfinanzierung an, aber mit die Zeiten noch schlechter werden!) letztendlich würde eine Beitragssatzsteigerung, die Ein- Jedes Mal, wenn es uns gelungen ist, die Beiträge stabil nahmen im Umfang von 9 Milliarden Euro erbringen zu halten, gab es eine entsprechende Auswirkung auf der würde, eine Mehrbelastung in Höhe von 4,5 Milliar- Seite der Beitragszahler. Das war bei jedem Gesetz, das den Euro für die Arbeitgeber bedeuten. wir gemacht haben, bei einem mittleren Einkommen von 30 000 Euro eine Vermeidung der Mehrbelastung in (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es ist eine ver- Höhe von 60 Euro pro Jahr und pro Haushalt. Diese deckte Beitragssatzsteigerung!) Seite vergessen Sie immer. Das haben wir vermieden; es werden etwa nur Sie haben die arbeitsmarktpolitische Seite im Blick. 400 Millionen Euro fällig werden. Das ist richtig. Deshalb treten wir jedes Mal dafür ein, Sie weisen außerdem auf die Kommunen hin. Darauf die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die natürlich entgegne ich: Die Kommunen müssten aber ebenfalls in Zeiten mit wenig Beschäftigung und sinkenden Ein- den gestiegenen Beitragssatz bezahlen. Mit der Maß- nahmen schwierig durchzusetzen sind. Nur, Herr Götz, nahme, die wir treffen werden, ist die Finanzierung der was haben Sie denn gemeint, als Sie gesagt haben, wir Rentenversicherung sichergestellt. Wir vermeiden au- sollten den Unternehmen noch ein paar Freiheiten mehr ßerdem Beitragssatzsteigerungen, die für die Unterneh- geben? men viel belastender gewesen wären, als auf einen zins- (Peter Götz [CDU/CSU]: Den Kommunen sol- losen Kredit zu verzichten. Ich glaube, dass man dies len Sie Freiheiten geben!) verlangen kann. Denn auch Arbeitnehmer können nicht vorher ihr Geld, das in die sozialen Sicherungssysteme Hatten Sie da noch weitere Absenkungen und die Aus- fließt, anlegen und dafür Zinsen bekommen. höhlung des Kündigungsschutzes im Auge? Hatten Sie dabei im Auge, das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld Ich glaube, dies ist ein wichtiger Schritt im Sinne ei- noch weiter zurückzufahren, damit es den Unternehmen ner vernünftigen Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftspo- besser geht? Dies alles bedeutet Verluste auf der Einnah- litik. Wir gehen davon aus, dass sich diese Maßnahme menseite. Wenn wir keine Rentenkürzungen wollenauszahlen wird und dass sich die Einnahmesituation der – diese wird es mit uns nicht geben –, dann müssen wir Rentenversicherung ab 2006 verbessern wird. die Einnahmeverluste durch andere Maßnahmen kom- Vielen Dank. (B) pensieren. (D) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das hören wir jetzt seit vier Jahren!) Ich komme nun zu dem Vorwurf des Griffs in die fal- sche Tasche. Was tun wir? Wir sind in einer für die Fi- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: nanzierung der sozialen Sicherungssysteme schwierigen Zeit nicht länger bereit, zinslose Kredite zu geben. Dem- Die Aktuelle Stunde ist beendet. entsprechend handeln wir jetzt. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages- (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch un- ordnung. erhört!) Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun- Schauen wir uns einmal die Auswirkungen an! Sie haben destages auf morgen, Donnerstag, den 12. Mai 2005, Recht, dass es für das eine oder andere Unternehmen9 Uhr, ein. Probleme geben wird. Diese Tatsache wird aber in dem Die Sitzung ist geschlossen. Gesetzentwurf durch verschiedene Zeitintervalle, in de- nen gezahlt werden kann, berücksichtigt. (Schluss: 16.57 Uhr)

Berichtigung 172. Sitzung, Seite 16062, (D) letzter Absatz, der dritte Satz ist wie folgt zu lesen: „Es geht um 720 Millio- nen Euro zur Fortsetzung des Gebäudesanierungspro- gramms.“ Seite 16064, (A) der letzte Absatz ist wie folgt zu le- sen: „Dass diese 720 Millionen Euro Investitionen in Höhe von 5 Milliarden Euro auslösen und dass die Ar- beitsplätze in kleinen und mittleren Betrieben des Bau- handwerks, um die es auch Ihnen geht, gesichert werden, ist sehr wichtig.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16337

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 1 tiz allgemein zugänglich gemacht wird, ist zu ersehen, welche Vorschriften im Rahmen des gegenwärtigen Ge- Liste der entschuldigten Abgeordneten setzgebungsverfahrens aufgehoben werden sollen. Die Bundesregierung hält es daher nicht für erforderlich, zu- sätzlich eine Liste der zur Aufhebung anstehenden Ge- entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich setze und Verordnungen vorzulegen. Wann die Aufhebung erfolgt, hängt in erster Linie Dr. Bietmann, Rolf CDU/CSU 11.05.2005 vom Verlauf der parlamentarischen Beratungen ab. Das In-Kraft-Treten des Gesetzes ist – mit wenigen Ausnah- Dr. Däubler-Gmelin, SPD 11.05.2005 men – für den Tag nach der Verkündung vorgesehen. Herta

Fahrenschon, Georg CDU/CSU 11.05.2005 Anlage 3 Hilsberg, Stephan SPD 11.05.2005 Antwort Jäger, Renate SPD 11.05.2005 des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerald Thalheim auf die Fragen des Abgeordneten Dirk Niebel (FDP) (Druck- Dr. Lucyga, Christine SPD 11.05.2005* sache 15/5432, Fragen 5 und 6): Wie groß sind die Mengen an Linsen, Reis, Kondensmilch Merz, Friedrich CDU/CSU 11.05.2005 und Vollmilchpulver, die im Rahmen der zivilen Notfallre- serve gelagert werden, und welche Kosten verursacht die La- Nitzsche, Henry CDU/CSU 11.05.2005 gerung? Müssen Maßnahmen in Bezug auf Belüftung, Kühlung Scharping, Rudolf SPD 11.05.2005 oder Schutzatmosphäre getroffen werden, und ist eine ökolo- gisch verträgliche Lagerung gewährleistet? Schösser, Fritz SPD 11.05.2005 Zu Frage 5: Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 11.05.2005 (B) DIE GRÜNEN Die im Rahmen der zivilen Notfallreserve derzeit ge- (D) lagerten Mengen sowie die Kosten der Lagerung (Lager- Vogel, Volkmar Uwe CDU/CSU 11.05.2005 geld) sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. Die jährlich in Abhängigkeit des Warenzu- und -verkaufs Dr. Westerwelle, Guido FDP 11.05.2005 stärker schwankenden Aus- und Einlagerungskosten sind darin nicht enthalten.

* für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Kosten p. a. Produkt Menge in t in Millio- nen Euro Anlage 2 Linsen 23 946 0,49 Antwort Langkornreis 40 439 0,88 des Parl. Staatssekretärs Alfred Hartenbach auf die Frage der Abgeordneten Andrea Voßhoff (CDU/CSU) (Druck- Rundkornreis 30 504 0,62 sache 15/5432, Frage 4): Kondensmilch 6 035 0,78 Wann ist mit einer vollständigen Liste der Gesetze und Rechtsverordnungen aus demBereich des Bundesministe- Vollmilchpulver 500 0,01 riums der Justiz (BMJ) zu rechnen, die laut Pressemitteilung des BMJ vom 4. Mai 2005 (Quelle: http://www.bmj.bund.de) Erbsen (nachrichtl.) 25 523 0,50 abgeschafft werden sollen, und bis wann soll die Abschaffung erfolgen? Zivile Notfallreserve 126 947 3,28

Die Bundesregierung versteht die Bereinigung desZu Frage 6: Bundesrechts, die ein Kernprojekt der Initiative Bürokra- tieabbau darstellt, als Daueraufgabe. So markiert auch Für die Bevorratung im Rahmen der zivilen Notfallre- der am 4. Mai 2005 vom Bundeskabinett beschlossene serve gelten die üblichen, fü r die Lagerung von Lebensmit- Entwurf eines Ersten Gesetzes über die Bereinigung von teln an Lagerhallen gestellten Anforderungen. Aufgrund Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesminis- der bei den Lagerobjekten geforderten isolierenden teriums der Justiz keinen Endpunkt für die Rechtsberei- Kälte- und Wärmedämmung sind bei der Lagerung der nigung in diesem Bereich. Aus dem Entwurf, der auch Sackware (Hülsenfrüchte und Reis) energieintensive Kli- über das Internetportal des Bundesministeriums der Jus- maanlagen nicht erforderlich. Selbst beim wegen seiner 16338 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

(A) Sensibilität gegenüber Temperaturschwankungen in Hal- Anlage 5 (C) len mit Klimaanlagen gelagerten Vollmilchpulver kom- Antwort men diese Aggregate nur bei langen Frost- bzw. Hitzepe- rioden zum Einsatz. Kondensmilch wird im Rahmender Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des einer Werkslagerung direkt beim Hersteller bevorratet. Abgeordneten Michael Kretschmer (CDU/CSU) Durch die hohe Qualität der eingelagerten Ware und der (Drucksache 15/5432, Frage 19): damit verbundenen langen Lagerfähigkeit von durch- Welche Fortschritte zu einem Abkommen zwischen der schnittlich zehn Jahren wird zudem eine häufige, mit Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Transporten verbundene Wälzung der Bestände vermie- den Bau des Grenzübergangs Ostritz (Kloster Marien- tal)–Ruszdorf (Posoda) wurden bisher erzielt, und wann rech- den. Eine ökologisch verträgliche Lagerung ist somit ge- net die Bundesregierung mit dem Baubeginn? währleistet. Es besteht grundsätzlich Einvernehmen mit der polni- schen Seite, zwischen Ostritz (Kloster Mariental) und Ruszdorf (Posoda) eine Grenzübertrittsstelle für Fußgän- Anlage 4 ger und Radfahrer zu errichten. Im Interesse des baldigen Zustandekommens einer erforderlichen völkerrechtlichen Antwort Vereinbarung hat die Bundesrepublik Deutschland der Deutschen Botschaft in Warschau im Februar 2005 eine der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Fragen des Einleitungsnote mit der Bitte um Zustellung an das Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Repu- (Drucksache 15/5432, Fragen 15 und 16): blik Polen zugeleitet. Die Antwortnote liegt bislang Wird die Bundesregierung im Zuge der vom Bundesminis- nicht vor. Konkrete Angaben zum Baubeginn können ter für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Dr. Manfreddaher noch nicht gemacht werden. Stolpe, angekündigten Ausdehnung der Mautpflicht für Last- kraftwagen auf die als typische Ausweichstrecken genutzten Bundesstraßen ab 2006 (vergleiche „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 28. April 2005) auch die Bundesstraße B 3 zwi- Anlage 6 schen Karlsruhe und Basel indie Mautpflicht einbeziehen, und wenn ja, für welche Streckenabschnitte soll dann die Antwort LKW-Maut gelten? der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Welche Kriterien legt das Bundesministerium für Verkehr, Abgeordneten Hans Michelbach (CDU/CSU) (Druck- Bau- und Wohnungswesen der Einstufung eines Bundesstra- sache 15/5432, Frage 20): ßenabschnitts als Ausweichroute zugrunde? (B) Welche Streckenabschnitte des Verkehrsprojektes Deut-(D) sche Einheit Nr. 8.1 des BVWP, der ICE-Trasse Nürn- Zu Frage 15: berg–Coburg–Erfurt werden in den Jahren 2005 bis 2008 ge- baut werden, und welche kommen zusätzlich zu den bereits Mit Abschluss der Untersuchungen zu den Auswir- fest für die Jahre 2005 bis 2008 geplanten Abschnitten auf- kungen der Einführung der LKW-Maut im Herbst 2005 grund des von der Bundesregierung zum Ausbau der Ver- kehrsinfrastruktur aufgelegten Programms über 2 Milliarden werden aussagekräftige Ergebnisse zu potenziellen Ver- Euro hinzu? lagerungsstrecken vorliegen. Erst dann wird auch eine Aussage über mögliche Maßnahmen an der Bundes- Bis auf den Abschnitt Staffelstein werden alle Ab- straße B 3 zwischen Karlsruhe und Basel erfolgen kön- schnitte der Neubaustrecke (NBS) Ebensfeld–Erfurt so- nen. wie die Ausbaustrecke Nürnberg–Ebensfeld im Ab- schnitt Nürnberg–Fürth im Zuge des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit (VDE) Nr. 8.1 im Zeitraum 2005 bis Zu Frage 16: 2008 in Bau sein. Mit den Mitteln des 2-Milliarden- Die zur Ermittlung der Auswirkung der Einführung Euro-Investitionsprogramms sollen die Bauarbeiten in der LKW-Maut notwendigen Studien werden durch eine den einzelnen Abschnitten der Neubaustrecke gegenüber Arbeitsgruppe, bestehend aus dem Bundesministerium den ursprünglichen Planungen verstärkt werden. Da- für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, der Bundesan- rüber hinaus ist der Baubeginn des Abschnittes Thürin- ger Wald vorgesehen. Die konkreten Planungen hierzu stalt für Straßenwesen und den vier Bundesländern dauern noch an. Nordrhein-Westfalen (Federführung für die Länder), Baden-Württemberg, Brandenburg und Rheinland-Pfalz betreut. In dieser Arbeitsgruppe werden auf Grundlage Anlage 7 der Erkenntnisse der Untersuchungen im Laufe des Jah- res Hinweise für die Frage der Ausdehnung der Maut- Antwort pflicht auf Bundesstraßen entwickelt. Wegen der Unter- der Staatsministerin Kerstin Müller auf die Frage des schiede einzelner Streckenabschnitte, zum Beispiel Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) (Druck- hinsichtlich Streckencharakteristik, Verkehrsstärke usw., sache 15/5432, Frage 21): wird aber zusätzlich eine Einzelfallbetrachtung erforder- lich sein, bevor eine Entscheidung über mögliche Maß- Hat die Bundesregierung Informationen über das partielle Wiederaufflammen des Grenzkonflikts zwischen Eritrea und nahmen gegen eine mautbedingte Verkehrsverlagerung Äthiopien im Vorfeld der Parlamentswahlen in Äthiopien am getroffen werden kann. 15. Mai 2005, und wie schätzt die Bundesregierung die Aus- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16339

(A) sicht auf langfristige Beilegungdieses Konflikts nach den Flughafen Saarbrücken nachfolgendes Personal einge-(C) Wahlen in Äthiopien ein? setzt: Polizeivollzugsbeamte: 24 (integrative Wahrneh- Im April 2005 wurden mehrere bewaffnete Zwischen- mung der Luftsicherheits- und Grenzpolizeilichen fälle mit Toten und Verletzten in der temporären Sicher- Aufgaben, §§ 2 und 4 Bundesgrenzschutzgesetz); Ange- heitszone zwischen Äthiopien und Eritrea bekannt.stellte des Bundes (Luftsicherheitsassistenten/-innen): 12, Beide Seiten warfen sich gegenseitig eine Verletzung des davon 5 im Beschäftigungsverhältnis 50 Prozent, ent- Waffenstillstandsabkommens vor. Die Untersuchungen spricht 9,5 Vollzeitbeschäftigten; Luftsicherheitsassis- der VN-Mission (UNMEE) sind noch nicht abgeschlos- tenten/-innen der Firma Flug- und Industriesicherheit sen. Die VN bezeichnen die militärische Lage trotz der Service- und Beratungs GmbH: 29, Anforderung erfolgt Vorfälle als stabil. Die Bundesregierung geht davon aus, in Anlehnung an das Fluggastaufkommen stundenweise. dass nach den für den 15. Mai anstehenden äthiopischen Der Personaleinsatz ist zur Gewährleistung der Sicher- Parlamentswahlen verstärkte Bemühungen der neuenheitsstandards sachangemessen. äthiopischen Regierung, der eritreischen Führung, der Vereinten Nationen, der EU und sonstiger Akteure ein- setzen werden, um eine dauerhafte und stabile Friedens- lösung des Konflikts auf der Grundlage der einschlägi- Anlage 10 gen Resolutionen der VN herbeizuführen. Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Fra- gen des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU) Anlage 8 (Drucksache 15/5432, Fragen 25 und 26): Antwort In welchem Umfang wurde seit 1998 von den Instrumen- ten Leistungsprämien, Leistungsstufen und Leistungszulagen der Staatsministerin Kerstin Müller auf die Frage des im Einzelnen in der Bundesverwaltung (oberste Bundesbehör- den und nachgeordneter Bereich insgesamt) Gebrauch ge- Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) (Druck- macht, und welche Wirkungen hatte der Einsatz dieser Leis- sache 15/5432, Frage 22): tungsanreizsysteme auf Motivation und Leistungsbereitschaft Liegen der Bundesregierung Informationen über den aktu- der Mitarbeiter? ellen Stand der Verhandlungen zwischen Ägypten, Sudan und In welcher Form wurden diese Wirkungen ermittelt, und Äthiopien zur Nutzung des Nilwassers vor, und wenn ja, welche Ergebnisse hatten – sofern erfolgt – entsprechende Be- zeichnen sich nach Auffassung der Bundesregierung in dieser fragungen von Vorgesetzten, Mitarbeitern und Personalvertre- Frage zwischenstaatliche Konflikte ab? tungen? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über (B) Seit 2001 werden die Vergabe der leistungsbezogenen (D) neue trilaterale Verhandlungen zwischen Ägypten, Su- Bezahlungsinstrumente und Erfahrungen aller Bundes- dan und Äthiopien zur Nutzung des Nilwassers vor. Im behörden abgefragt und ausgewertet. Danach haben Rahmen der Nilbeckeninitiative (Nile Basin Initiative, Leistungsstufen, Leistungsprämien oder Leistungszula- NBI) der zehn Nilanrainerstaaten (Ägypten, Äthiopien, gen in 2001 42 000 Beschäftigte in Höhe von 36 Millio- Burundi, Eritrea, Kenia, Demokratische Republiknen Euro, in 2002 35 000 Beschäftigte in Höhe von Kongo, Ruanda, Sudan, Tansania, Uganda) finden je-42 Millionen Euro und in 2003 41 000 Beschäftigte in doch fortlaufend Gespräche – zuletzt Anfang Mai 2005 Höhe von 50 Millionen Euro erhalten. Damit sind Beam- in Uganda – zu diesem Thema statt, ohne dass sich eine tinnen und Beamte, Soldatinnen und Soldaten sowie Ar- grundsätzliche Einigung zur Frage der Nilwassernutzung beitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfasst. Repräsenta- abzeichnen würde. Obwohl es zur Frage der Nutzung des tive Daten vor 2001 liegen nicht vor. Nilwassers unterschiedliche Interessen und Auffassun- gen der Anrainerstaaten gibt, liegen der Bundesregierung Die leistungsbezogenen Bezahlungsinstrumente, mit keine Erkenntnisse vor, die auf eine signifikante Zu-denen bei Beamtinnen und Beamten herausragende nahme der Gefahr zwischenstaatlicher Konflikte hindeu- Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ten. Besoldungsordnung A honoriert werden, werden in ih- rer Wirkung auf Motivation und Leistungsbereitschaft überwiegend positiv bewertet. Im Erfahrungsbericht der Bundesregierung zur Dienstrechtsreform 1997 vom Anlage 9 20. Juni 2001 werden insbesondere Aussagen zur Ein- führung leistungsbezogener Bezahlungsinstrumente in Antwort der Bundesverwaltung getroffen. Die Erfahrungen wur- des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf dieden im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung Frage des Abgeordneten Albrecht Feibel (CDU/CSU) durch Fragebögen und Interviews mit Bediensteten und (Drucksache 15/5432, Frage 24): Vergabeberechtigten sowie durch statistische Erhebun- Wie viele Bedienstete desBundesgrenzschutzes (BGS) gen in vier ausgewählten Bundesbehörden gewonnen. müssen am Flughafen Saarbrücken-Ensheim eingesetzt wer- Danach wird die Leistungsbezahlung von den Mitarbei- den, um eine ausreichendeSicherheitskontrolle zu gewähr- terinnen und Mitarbeitern durchaus positiv angenom- leisten, und um wie viele Bedienstete des BGS lässt sich die men. Auch die vergabeberechtigten Vorgesetzten begrü- derzeitige Anzahl reduzieren, um Kosten einzusparen? ßen mehrheitlich Leistungsbezahlung als zusätzliches Mit Stand Mai 2005 ist für die Durchführung derInstrument der Personalführung. Die in diesem Bericht Maßnahmen gemäß § 5 Luftsicherheitsgesetz auf dem vorgeschlagenen Verbesserungen – Vereinfachung des 16340 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

(A) Vergabeverfahrens, Ausweitung des Kreises der Emp- Anlage 13 (C) fängerinnen und Empfänger, Flexibilisierung der Instru- mente untereinander und bessere Honorierung von Antwort Teamarbeit – wurden mit dem Besoldungsstrukturge-der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die setz vom 21. Juni 2002 umgesetzt. Frage der AbgeordnetenGitta Connemann (CDU/ CSU) (Drucksache 15/5432, Frage 31): Ist der Bundesregierung eine Studie der Fachzeitschrift Anlage 11 „Finance“ bekannt, wonach sich bei Unternehmen mit Finanz- investoren, den so genannten Privat-Equity-Gesellschaften, Antwort die Zahl der Mitarbeiter um 4,5 Prozent pro Jahr erhöht hat (vergleiche „Wirtschaftswoche“ vom 28. April 2005), und wie des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die beurteilt sie diese Erkenntnisse vor dem Hintergrund der so genannten Kapitalismus-Debatte? Frage des AbgeordnetenRalf Göbel (CDU/CSU) (Drucksache 15/5432, Frage 27): Der Bundesregierung ist die oben genannte Studie be- Können in Ausweisdokumente, bei denen zunächst nur kannt. Die Bundesregierung ist sich der Tatsache bewusst, das Passbild auf einem Chip gespeichert wird, nachträglich dass Finanzinvestoren durch ihr Engagement positive biometrische Merkmale gespeichert werden, ohne ein neues Einflüsse auf das Wachstum und die Beschäftigungszah- Dokument ausstellen zu müssen, und welchen Zeitplan hat die len von Unternehmen sowie die Entwicklung des Stand- Bundesregierung bei der Einführung biometrischer Merkmale in Ausweisdokumenten für denFall, dass technische Pro- orts Deutschland haben können. Die Bundesregierung bleme bei der Gesichtsfelderkennung die Speicherung dieses hat daher das ZEW in Mannheim beauftragt, ein Gutach- Merkmals verzögern? ten zu erstellen, in dem die rechtlichen und ökonomi- schen Rahmenbedingungen für die Branche in Deutsch- Aus Gründen der Dokumentensicherheit wird derland untersucht werden. Ziel dieses Gutachtens ist es, die Chip nach der Herstellung des Reisepasses gegen Lö- Rahmenbedingungen für Private-Equity-Fonds so zu ge- schen oder Ändern der Daten versiegelt. Die in einem stalten, dass sie einen Beitrag zu Wachstum und Be- ersten Schritt ausgegebenen Dokumente nur mit dem ge- schäftigung leisten. Die ersten Ergebnisse der Gutachter speicherten Gesichtsbild werden die übliche Gültigkeits- werden derzeit ausgewertet. Genauso ist es jedoch auch dauer von zehn Jahren besitzen, sodass den Bürgerinnen möglich – und kommt auch vor –, dass es Private- und Bürgern insofern kein Nachteil entsteht. Im Rahmen Equity-Fonds nicht gelingt, angeschlagene Unternehmen der Kontrollen des neuen Reisepasses soll ein biometri- zu retten, oder dass Private-Equity-Fonds nicht im Inte- scher Abgleich des im Chip gespeicherten Gesichtsbil- (B) resse der Unternehmen und Mitarbeiter handeln. Nur(D) des mit der Person, die den Pass vorlegt, erfolgen. Diese Unternehmen, für die Letzteres gilt, sind in der jüngsten so genannte 1 : 1-Verifikation mit GesichtserkennungVergangenheit Gegenstand der öffentlichen Diskussion wurde von BKA und BSI ausreichend getestet. Die Tests geworden. Die Kritik bezog sich ebenfalls nur auf solche haben gezeigt, dass diese Abgleichmethode zu zuverläs- Private-Equity-Fonds, die deutlich gegen das Interesse sigen Ergebnissen führt. Technische Probleme sind nicht der übernommenen Unternehmen und deren Mitarbeiter zu erwarten. handeln. Die Bundesregierung wird sich auch zukünftig dafür einsetzen und diejenigen Unternehmen fördern, die zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Anlage 12 Wachstumsdynamik sowie zur Sicherung von Arbeits- plätzen in Deutschland beitragen. Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage des AbgeordnetenRalf Göbel (CDU/CSU) Anlage 14 (Drucksache 15/5432, Frage 28): Antwort Welche Voraussetzungen müssen deutsche Pässe erfüllen, damit Deutsche ab Oktober 2005 ohne Visum in die USA ein- des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Fra- reisen können, und welche Maßnahmen will die Bundesregie- rung bis dahin umsetzen, damit die Einreise ohne Visum mög- gen des Abgeordneten Hartmut Schauerte (CDU/CSU) lich bleibt? (Drucksache 15/5432, Fragen 35 und 36): Unterstützt die Bundesregierung die Änderung des Logos Die USA haben festgelegt, dass nach dem 26. Okto- der BA? ber 2005 nur solche Länder weiter an dem Visa-Waiver- Programm teilnehmen werden, die bis zu diesem Zeit- Hält die Bundesregierung die mit der Neufassung des Lo- gos der BA verbundenen Kosten für sinnvoll eingesetzte Bei- punkt ein Programm zur Einführung biometrischer Pässe tragsmittel? aufgelegt haben. Deutschland beabsichtigt, noch im Herbst die ersten biometriegestützten Reisepässe auszu- Die Bundesagentur für Arbeit ist eine selbstverwal- geben. Mithin werden alle Deutschen – auch solche mit tete Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Organisa- nicht biometrischen Pässen – weiterhin visumfrei in die tionshoheit. Sie entscheidet in eigener Verantwortung USA einreisen können. über ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16341

(A) Anlage 15 für, dass sich die BA zu einem modernen, kundenorien- (C) tierten Dienstleister wandelt. Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Fra- gen des AbgeordnetenDr. Ralf Brauksiepe(CDU/ Anlage 17 CSU) (Drucksache 15/5432, Fragen 37 und 38): Antwort Wann ist ein Vertreter des BMWA über die Pläne der BA zur Änderung des Logos informiert worden? des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Fra- Hat der Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft gen des Abgeordneten Manfred Grund(CDU/CSU) und Arbeit diese Pläne unterstützt? (Drucksache 15/5432, Fragen 41 und 42): Ist der Bundesregierung die Praxis von Arbeitsagenturen Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bekannt, keine Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitslose zu war in die Entwicklung des neuen Erscheinungsbildes fördern, deren Förderung mit Arbeitslosengeld I während der Bundesagentur für Arbeit nicht eingebunden und oder nach Durchführung der Maßnahme endet, weil angeblich wurde auch nicht gesondert informiert. Dies ist auch die Zuständigkeit für die Zahlung von Arbeitslosengeld II un- geklärt sei, obwohl eine Einstellungszusage eines Arbeitge- nicht erforderlich, da die Bundesagentur für Arbeit als bers bei erfolgreichem Maßnahmeabschluss vorliegt, und wie Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwal- bewertet sie diese? tung im Rahmen der Organisationshoheit über solche Wird die Bundesregierung gegebenenfalls durch entspre- Fragen in eigener Verantwortung entscheidet. Die Ent- chende rechtliche Regelungen sicherstellen, dass künftig auch scheidung über das neue Erscheinungsbild hat der Vor- der in der Frage zuvor beschriebene Personenkreis nicht wei- stand der Bundesagentur für Arbeit getroffen. ter von geförderten Weiterbildungsmaßnahmen ausgeschlos- sen bleibt?

Zu Frage 41: Anlage 16 Der Bundesregierung und der Bundesagentur für Ar- Antwort beit ist eine derartige Praxis von Arbeitsagenturen nicht des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Fra- bekannt. gen des AbgeordnetenKarl-Josef Laumann (CDU/ CSU) (Drucksache 15/5432, Fragen 39 und 40): Zu Frage 42: Ist der Auftrag zur Neufassung des Logos der BA öffent- Die Bundesregierung und die Bundesagentur für Ar- lich ausgeschrieben worden? beit sind selbstverständlich bereit, gegebenenfalls kon- (B) Aus welchen Gründen ist das Logo der BA geändert wor- kreten Einzelfällen nachzugehen, in denen Agenturen(D) den? für Arbeit die Weiterbildungsförderung nach dem Drit- ten Buch Sozialgesetzbuch von einer Zuständigkeitsklä- Zu Frage 39: rung für die Zahlung vonArbeitslosengeld II abhängig Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit wurde gemacht haben sollen. Ein gesetzlicher Regelungsbedarf der Auftrag für die Entwicklung des neuen Erschei-besteht nicht. nungsbildes beschränkt ausgeschrieben. Es wurden meh- rere Bieter am Verfahren beteiligt. Der Auftrag ging an den preisgünstigsten Anbieter. Anlage 18 Antwort Zu Frage 40: des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Fra- Die Bundesagentur für Arbeit befindet sich in einem gen des Abgeordneten Helmut Heiderich (CDU/CSU) Umbauprozess zu einem modernen Dienstleister am Ar- (Drucksache 15/5432, Fragen 43 und 44): beitsmarkt. Kernelement der Reform ist die zurzeit statt- In welcher Weise wird dieBundesregierung auf die sich findende Umstellung der Agenturen für Arbeit auf ein immer mehr verdichtenden Hinweise reagieren, dass die be- neues Geschäftsmodell, das so genannte Kundenzen- ruflichen Rehabilitationen behinderter Jugendlicher wegen trum. In den Kundenzentren sollen die Anliegen von Ar- Geldmangels bei der BA, wegen Rechtsunklarheiten nach der Hartz-IV-Einführung oder aus sonstigen Gründen auch bei ge- beitslosen und Arbeitgebern schnell, kundenfreundlich setzlichen Pflichtleistungen nicht mehr im notwendigen Um- und wirkungsorientiert bearbeitet werden. Derzeit sind fang erbracht werden (vergleiche „Hersfelder Zeitung“ vom 70 und bis zum Jahresende 2005 werden alle 180 Agen- 3. Mai 2005), und ist sie insofern bereit, ihre Position in den turen für Arbeit auf das neue Geschäftsmodell umge- Antworten des Staatssekretärs im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA), Rudolf Anzinger, vom stellt sein. Mit dem neuen Erscheinungsbild will die BA 22. März 2005 auf meine schriftlichen Fragen 35 und 36 auf die Kernelemente dieser Reform ergänzen und den Kun- Bundestagsdrucksache 15/5181 – wonach die Handlungs- und den den Zugang zu den vielfältigen Angeboten der Budgetkompetenz nach Mitteilung der BA ausreichend sei – Agenturen für Arbeit erleichtern. Dies geschieht unter zu verändern? anderem durch ein Farbsystem für Broschüren und Info- Welche Aktivitäten hat die Bundesregierung bisher entwi- schriften. Durch die Farbkennung auf den Informations- ckelt, um gemeinsam mit den Vertretern der Behinderten, den medien der BA wird für jeden Kunden sofort ersichtlich, Berufsbildungs- und -förderungswerken, Rehabilitationszen- tren sowie betroffenen Kommunen eine langfristige Zukunfts- welche Informationen für ihn wichtig sind. Das moder- sicherung dieser Aufgabe zu erreichen, und inwieweit ist da- nisierte Logo ist nach Auffassung der BA ein Signal da- raus ein umfassendes Konzept zur Erfüllung der gesetzlichen 16342 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005

(A) Pflichtleistungen entstanden, das vor allem den behinderten und schwerbehinderter Menschen ist es, unter Berück-(C) Jugendlichen die zustehenden Leistungen garantiert? sichtigung aller Umstände des Einzelfalles wirksame und wirtschaftliche Maßnahmen für eine Integration in Zu Frage 43: den Arbeitsmarkt zu ergreifen. Hierbei muss stärker als Nach Auffassung der Bundesagentur für Arbeit kön- bisher das gesamte breite Spektrum der arbeitsmarkt- nen die gesetzlichen Leistungen zur Teilhabe behinderter politischen Leistungen genutzt werden. Diese, an den In- Menschen am Arbeitsleben auch weiterhin im notwendi- teressen behinderter und schwerbehinderter Menschen gen Umfang erbracht werden. Für die Rechtsanspruchs- zu orientierenden Entscheidungen stehen im Vorder- leistungen stehen im Haushalt der Bundesagentur für Ar- grund. Es kann daher nicht Aufgabe der Rehabilitations- beit in 2005 trotz der schwierigen finanziellenträger sein, die Förderung an einer Kapazitätsauslastung Rahmenbedingungen 2,53 Milliarden Euro zur Ver-dieser Einrichtungen auszurichten. fügung. Bis Ende April 2005 waren insgesamt rund 2,2 Milliarden Euro durch Ausgaben und Zahlungsver- pflichtungen gebunden. Das sind 77 Milliarden EuroAnlage 19 oder 3,4 Prozent weniger als von der Bundesagentur für Antwort Arbeit bis Ende April 2005 projektiert. Die finanziellen Handlungsspielräume der Bundesagentur für Arbeit sind des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Frage daher noch nicht erschöpft. Allerdings stellt sich dieder Abgeordneten Petra Pau (fraktionslos) (Druck- Budgetauslastung in deneinzelnen Regionen unter- sache 15/5432, Frage 45): schiedlich dar. Bewirtschaftungsspitzen in einzelnen Ist der Bundesregierung bekannt, dass Studierende, wel- Agenturen für Arbeit wurden und werden im Rahmen che mit Leistungsempfangenden nach dem Zweiten Buch So- der dezentralen Handlungs- und Budgetkompetenz der zialgesetzbuch (SGB II) zusammenleben, in die Bedarfsge- meinschaft eingerechnet werden, und widerspricht die Bundesagentur aufgefangen. So hat beispielsweise die Anrechung freiwilliger Unterhaltsleistungen der Eltern dem Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit Ansinnen der Bundesregierung, Studierende nicht unter das in ihrem Bezirk Haushaltsmittel zwischen einzelnen SGB II fallen zu lassen? Agenturen umverteilt. Zentrale Bewirtschaftungsmaß- Es ist richtig, dass Studierende, die mit einem Ar- nahmen werden vor diesem Hintergrund von der Bun- beitslosengeld-II-Empfänger verheiratet sind oder in desagentur für Arbeit derzeit nicht für vordringlich ge- eheähnlicher Gemeinschaft leben, zur Bedarfsgemein- halten. Sollten jedoch künftig Budgetlösungen auf der schaft des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gehören. Be- Ebene der Regionaldirektion nicht zur Finanzierung der steht eine solche Bedarfsgemeinschaft, ist nach den Re- notwendigen Rehabilitationsleistungen ausreichen, geht gelungen des § 9 SGB II auch das Einkommen des in die Bundesregierung davon aus, dass die Bundesagentur (B) Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners bei dem Hilfe- (D) einen überregionalen Mittelausgleich vornimmt. bedürftigen anzurechnen. Die Bildung der Bedarfsge- meinschaft ist nicht abhängig von einem möglichen Zu Frage 44: Leistungsbezug. Auch Rentner sind vom Bezug von Für die Bundesregierung hat die Förderung der beruf- Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich ausgeschlos- lichen Teilhabe behinderter Menschen weiterhin einesen, unabhängig davon können sie aber zu der Bedarfs- große Bedeutung. Das trotz schwieriger finanzieller und gemeinschaft ihres Partners gehören. Auch in diesen arbeitsmarktlicher Rahmenbedingungen erhebliche fi- Fällen erfolgt eine Anrechnung der Rente und des sonsti- nanzielle Engagement der Bundesagentur für Arbeit ist gen Einkommens auf den Leistungsanspruch des hilfe- Ausdruck dieses Stellenwertes. In diesem Zusammen- bedürftigen Partners. Eine Anrechnung von freiwilligen hang weist die Bundesregierung darauf hin, dass allein Unterhaltsleistungen der Eltern eines Studierenden wi- die Ausgaben für Pflichtleistungen zur Förderung derderspricht nicht dem Grundsatz, dass Studierende keine beruflichen Teilhabe behinderter Menschen durch die Leistungen nach dem SGB II erhalten können. Eine An- Bundesagentur für Arbeit seit 1998 von 1,647 Milliarden rechnung der Unterhaltsleistungen auf den Arbeitslosen- Euro auf über 2,5 Milliarden Euro in 2005 angehoben geld-II-Anspruch des Partners kann nur dann erfolgen, wurden. Dies entspricht einer Steigerung der Ausgaben wenn die Unterhaltsleistungen den eigenen Bedarf des um über 50 Prozent. Mit einem Mittelvolumen in Höhe Studierenden übersteigen. Des Weiteren stellt sich ge- von über 2,9 Milliarden Euro für Pflicht- und Ermessens- rade bei einem unverheirateten Paar die Frage, ob bereits leistungen nach dem SGB III ist auch in diesem Jahr für eine eheähnliche Partnerschaft vorliegt und die Partner die Förderung Behinderter und Schwerbehinderter Sorge tatsächlich eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des getragen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass im SGB II bilden. Bereich der Grundsicherung die Arbeitsgemeinschaften und zugelassenen kommunalen Träger die zur Verfü- gung stehenden Mittel verstärkt auch für den Bereich der Anlage 20 Förderung der beruflichen Teilhabe behinderter, hilfe- Antwort bedürftiger Menschen nutzen. Sie ist hierzu auch im Dialog mit den Ländern und den kommunalen Spitzen- des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Fra- verbänden. Der besondere Stellenwert der Berufsför-gen des Abgeordneten Dr. Christoph Bergner (CDU/ derungs- und Berufsbildungswerke für die beruflicheCSU) (Drucksache 15/5432, Fragen 46 und 47): Teilhabe Behinderter ist für die Bundesregierung unum- Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung im Rah- stritten. Ziel der beruflichen Eingliederung behinderter men des von Bundesminister Wolfgang Clement angekündig- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 174. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 11. Mai 2005 16343

(A) ten „Beschäftigungspaktes für 58-jährige Arbeitslose“ (Pres- Sollen die durch die geplante Maßnahme entstehenden (C) semitteilung des BMWA vom 19. April 2005), und wie soll Mehreinnahmen in der Arbeitslosenversicherung den Bei- das Maßnahmevolumen auf die Bundesländer aufgeteilt wer- tragszahlern in Form einer Beitragssatzsenkung zugute kom- den? men, und wenn ja, wie will dieBundesregierung dies sicher- Wie soll die Finanzierung der Maßnahmen erfolgen, und stellen? wie weit ist bei der Umsetzung dieses zentralen Programms für ältere Arbeitslose mit einer Beanspruchung von Mitteln zu Bei den Mehreinnahmen infolge des Vorziehens des rechnen, die nach bisheriger Planung den Arbeitsgemein-Zahlungstermins handelt es sich um einen einmaligen schaften bzw. Optionskommunen (SGB II) zustehen? Effekt, der im Rahmen der Aufstellung und Genehmi- gung des Haushalts der Bundesagentur für Arbeit für das Zu Frage 46: Jahr 2006 berücksichtigt werden wird. Die Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmer ist nach wie vor schwierig. Der Bundeskanzler hat daher in seiner Regierungserklärung Anlage 22 vom 17. März 2005 verstärkt Beschäftigungsmaßnah- men speziell bei den über 55- und 58-jährigen arbeits- Antwort losen älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an- des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Frage gekündigt. Zur Umsetzung dieses Ziels will des die Abgeordneten Hans Michelbach (CDU/CSU) Bundesregierung Beschäftigungspakte mit der Wirt-(Drucksache 15/5432, Frage 49): schaft, mit den Ländern und in den Regionen schließen, um das gesamtgesellschaftliche Potenzial zur (Wieder-) Welche weiteren Unternehmen in Oberfranken zählen nach Eingliederung älterer Arbeitsloser in das Erwerbsleben Auffassung der Bundesregierung zu sätzlich zu der vom Staats- minister im Bundeskanzleramt, , explizit ge- zu nutzen. Wie bereits aus der Presseerklärung vom nannten HUK-Coburg-Versicherungsgruppe (vergleiche „Co- 19. April 2005 hervorgeht, plant das Bundesministerium burger Tageblatt“ vom 27. April 2005) zu denjenigen positiven für Wirtschaft und Arbeit mit den Ländern eine gemein- Beispielen von Unternehmen, die sich erwähnungswürdig für same Initiative „50 000 Zusatzjobs“ für ältere Langzeit- die Region und ihre Menschen einsetzen? arbeitslose. Die Eckpunkte werden in der Presseerklä- Gemäß „Coburger Tageblatt“ vom 27. April 2005 rung genannt. Auf der Basis des Zweiten Buches äußerte sich der Staatsminister im Bundeskanzleramt, Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende Schwanitz, im Rahmen seines Besuchs bei der HUK Co- (SGB II) wird die Förderung von 50 000 Arbeitsgele- burg am Beispiel dieses Unternehmens dahin gehend, genheiten mit Mehraufwandsentschädigung (Zusatzjobs) dass es „natürlich Unternehmen gibt, die sich für die Re- gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II angestrebt. Über die gion und ihre Menschen einsetzen“. Staatsminister Aufteilung des Maßnahmevolumens auf die Länder kann (B) Schwanitz verdeutlichte damit die Auffassung der Bun- (D) die Bundesregierung derzeit keine Aussagen treffen, da desregierung, wonach das Verhalten von Unternehmen sich die Länder über eineBeteiligung an der Initiative abseits ihrer reinen wirtschaftlichen Interessen stets dif- noch nicht erklärt haben. In der Besprechung der Länder ferenziert gesehen werden muss. Dies gilt für Unterneh- mit Bundesminister Wolfgang Clement am 19. April 2005 men bundesweit. Da jede weitere Aufzählung von wurde vereinbart, dass sich die Länder bis Ende Mai vergleichbar zur HUK Coburg sich verhaltenden Unter- 2005 entscheiden, ob und in welcher Größenordnung sie nehmen deshalb naturgemäß unvollständig bleiben sich an der Initiative beteiligen. muss, wird hierauf jedoch verzichtet. Zu Frage 47: Die Eckpunkte der geplanten Finanzierung durch den Anlage 23 Bund und die Länder werden in der Presseerklärung vom 19. April 2005 genannt. Antwort Die Finanzierung der Initiative mit den Ländern soll des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Frage bundesseitig in den Haushaltsjahren 2006 bis 2008 aus der Abgeordneten Gitta Connemann(CDU/CSU) einem separaten Haushaltsansatz finanziert und über(Drucksache 15/5432, Frage 50): Sondermittelzuweisungen umgesetzt werden, die die Träger des SGB II, die sich an der Initiative „50 000 Zu- Trifft es zu, dass eine Kapitalanlage-Firma der SPD, die sich DDVG abkürzt, bei der Übernahme der „Frankfurter satzjobs“ beteiligen, neben der normalen Mittelzuwei- Rundschau“ innerhalb eines Jahres ein Drittel der Arbeits- sung für Eingliederungsmaßnahmen erhalten. plätze abgebaut hat (vergleiche „Berliner Zeitung“ vom 2. Mai 2005), und wie begründet die Bundesregierung ihre Haltung vor dem Hintergrund der so genannten Kapitalismus- Debatte, an der sich auch einzelne Vertreter der Bundesregie- Anlage 21 rung beteiligt haben? Antwort Informationen zu Einzelverhältnissen von Unterneh- des Parl. Staatssekretärs Dr. Ditmar Staffelt auf die Frage men bzw. ihren Beteiligungen werden durch die Bundes- der Abgeordneten Hildegard Müller(CDU/CSU) regierung nicht systematisch vorgehalten. Damit sind (Drucksache 15/5432, Frage 48): derartige Auskünfte nicht möglich. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Telefax (02 21) 97 66 83 44 ISSN 0722-7980