Auch nach seinem Parteieintritt blieb Goppel praktizierender Katholik. Be- reits 1937 meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht und war dann von 1939 bis zum Kriegsende Soldat. März, Stefan: . Im Juni 1946 kehrte er nach Aschaf- Landesvater zwischen Tradition fenburg zurück, wo ihn die Spruchkam- und Moderne. : mer im Dezember in die Gruppe der Pustet 2016, 143 Seiten, „Mitläufer“ einstufte. Seit 1946 Rechts- € 12,95. rat in (bis 1958), schei- terte 1947 seine Bestätigung zum Land- rat des Landkreises Aschaffenburg am Der schmale, mit einem Geleitwort von Einspruch der amerikanischen Militär- versehene Band stammt regierung. Goppel musste weitere Rück- aus der bei Pustet erscheinenden Reihe schläge auf dem Weg in die Politik hin- „Kleine Bayerische Biografien“, die seit nehmen: 1950 als CSU-Landtagskandi- einigen Jahren Thomas Götz herausgibt. dat in Aschaffenburg und 1952 sowie Der Autor gliedert seinen Stoff zum 1956 als OB-Kandidat in Aschaffenburg Bayerischen Ministerpräsidenten der und Würzburg. 1954 gelang ihm der Jahre 1962 bis 1978 chronologisch und Einzug in den . Dort profilierte schildert Goppels Lebensweg von der er sich zunächst im Kulturausschuss als Geburt am 1. Oktober 1905 in Rhein- Kritiker des von der Viererkoalition ein- hausen, das seit 1924 zu Regensburg ge- gebrachten Lehrerbildungsgesetzes, das hört, bis zu seinem Tod am Heiligen die konfessionsgebundene Lehrerbil- Abend des Jahres 1991 in Johannesberg dung beenden wollte. 13 Jahre später bei Aschaffenburg. Nach dem Besuch sollte dann unter dem Ministerpräsi- des humanistischen Gymnasiums in Re- denten Goppel – gegen dessen innere gensburg ging Goppel zum Jurastudium Überzeugung – die Bekenntnisschule nach München. Seiner Prägung entspre- abgeschafft werden. Nach dem vorzeiti- chend war dies mit dem Eintritt in zwei gen Scheitern der Viererkoalition im katholische Studentenverbindungen Oktober 1957 bildete verknüpft. 1928/1929 schloss er das (CSU) sein erstes Kabinett. Wie auch Studium mit dem 2. Staatsexamen ab, bei der Landratskandidatur Goppels allerdings nur mit mäßigem Ergebnis. 1947 erwies er sich als dessen Förderer Seit 1929 wieder in Regensburg, enga- und berief ihn als Staatssekretär ins Jus- gierte er sich in der Bayerischen Volks- tizministerium. Bereits ein Jahr später partei (BVP). Nachdem er als selbstän- wurde Goppel Innenminister und diger Anwalt nicht reüssieren konnte, schließlich 1962, nachdem sich einfluss- bewarb er sich im November 1933 für reiche Parteifreunde blockierten und den höheren Justizdienst, trat daher im sich der CSU-Vorsitzende Franz Josef selben Jahr der SA bei und 1937 der Strauß für den Verbleib in der Bundes- NSDAP (wirksam zum 1.3.1939). Im politik entschied, als Kompromisskan- Oktober 1937 erfolgte seine Ernennung didat zum Ministerpräsidenten gewählt. zum Beamten auf Lebenszeit, 1938 wur- Daraus wurden 16 Jahre, die heute als de er Amtsgerichtsrat in Aschaffenburg. „Ära Goppel“ bezeichnet werden.

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März folgt der herrschenden For- Was aber hat Goppel weiterhin als schungsmeinung, dass Goppel als Regie- Ministerpräsident bewirkt? Eindeutig rungschef mehr moderierte als führte identifizieren lassen sich die Dinge, die und den zahlreichen starken Persönlich- er nicht verhindern konnte. Sie werden keiten seiner Kabinette wie Rudolf Eber- von März genannt, aber nicht analytisch hard, Alois Schedl, Hans Maier, Bruno zusammenführt: die Einführung der Merk, Ludwig Huber oder dem jungen christlichen Gemeinschaftsschule 1968, die Möglichkeit bot, eigene ein Kompromiss mit der Landtagsoppo- Akzente zu setzen. Ein weiteres Struktur­ sition, die Strauß durchsetzte, um eine element dieser 16 Jahre als Regierungs- Niederlage der CSU bei zwei Volksbe- chef des Freistaates Bayern war das Spit- gehren zu vermeiden, die Schwächung zenduo, das Goppel mit dem Parteivor- der Stellung der Länder im Zuge der sitzenden Strauß bildete. Goppel verkör- Großen Finanzreform 1968/69, das perte dabei den „milden Gegentyp“ zum Meisterstück des Bundesfinanzminis- „begabten, aber gefährlichen Macht- ters Strauß, und die ebenfalls gegen die menschen“ Strauß, so der SZ-Journalist innere Überzeugung Goppels 1973 auf Herbert Riehl-Heyse zutreffend. Dieses Drängen von Strauß erhobene Normen- Tandem war neben der Abgrenzung von kontrollklage Bayerns gegen den Grund- der in regierenden sozial-liberalen lagenvertrag der Bundesrepublik mit der Koalition auch einer der entscheidenden DDR vor dem Bundesverfassungsge- Gründe für bis heute legendäre Wahler- richt. Inwieweit jedoch weitere Regie- folge; Höhepunkt war die Landtagswahl rungsmaßnahmen Goppels Handschrift 1974 mit 62,1 % für die CSU. Der Wahl- trugen, – wie z. B. die Gebietsreform kampfslogan der CSU lautete 1966: „Für (Bruno Merk), das Mittelstandsförde- Stabilität in Bayern: Alfons Goppel – Für rungsgesetz (Anton Jaumann), die Er- Ordnung in Bonn: Franz Josef Strauß“. richtung des Nationalparks Bayerischer Ebenfalls als zentral für den Erfolg Gop- Wald (Hans Eisenmann) oder Maßnah- pels hat die Forschung identifiziert, men im Bereich von Landesplanung und – und dies wird zum Leitmotiv der Minis- Umweltschutz (Max Streibl) – ist zu fra- terpräsidentschaft Goppels bei März – gen. Dies kann und soll ein Lebensbild dass er die rasante Veränderung der Le- nicht leisten. Wichtig ist, sich bewusst bensverhältnisse in den 60er- und 70er- zu sein, dass es hier zu differenzieren Jahren in seiner Regierungszeit bruch- gilt. Hier ist auch Platz für spannende los und ohne Krisen gestaltete. Dabei Untersuchungen, etwa zu Goppels Rolle fing er Ängste und Irritationen der Be- beim Kreuther Trennungsbeschluss völkerung in seiner Person insbesonde- 1976. Ebenfalls ist es nicht zwingend, re durch einen traditionellen Repräsen- dass ein biografisches Lebensbild eine tationsstil auf, dessen sichtbarste Aus- besondere Fragestellung verfolgt. Aller- drucksform zahlreiche „Staatsbesuche“ dings würde man sich an manchen Stel- im Lande waren. Dies geschah keines- len eine vergleichende Einordnung wün- wegs zufällig, sondern war das Ergebnis schen. Dazu nur ein Beispiel: Entwickel- einer in der Staatskanzlei entwickelten ten die in etwa zur gleichen Zeit wie Popularisierungsstrategie. Damit wur- Goppel regierenden de Goppel zum Prototyp des „Landes- (CDU) (1966-1978) oder Heinz Kühn vaters“. (SPD) (1966-1978) in Baden-Württem-

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