Im Auftrag Der Internationalen Heinrich-Schütz-Gesellschaft E.V. Herausgegeben Von Walter Werbeck in Verbindung Mit Werner Brei
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Im Auftrag der Internationalen Heinrich-Schütz-Gesellschaft e.V. herausgegeben von Walter Werbeck in Verbindung mit Werner Breig, Friedhelm Krummacher, Eva Linfield 33. Jahrgang 2011 Bärenreiter Kassel . Basel . London . New York . Praha 2012_schuetz-JB_druck_120531.ind1 1 31.05.2012 10:03:13 Gedruckt mit Unterstützung der Internationalen Heinrich-Schütz-Gesellschaft e.V. und der Landgraf-Moritz-Stiftung Kassel © 2012 Bärenreiter-Verlag Karl Vötterle GmbH & Co. KG, Kassel Alle Rechte vorbehalten / Printed in Germany Layout: ConText, Carola Trabert – [email protected] ISBN 978-3-7618-1689-9 ISSN 0174-2345 2012_schuetz-JB_druck_120531.ind2 2 31.05.2012 10:03:13 Inhalt Vorträge des Schütz-Festes Kassel 2010 Heinrich Schütz und Europa 7 Silke Leopold Heinrich Schütz in Kassel 19 Werner Breig Europa in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts 31 Georg Schmidt Music and Lutherian Devotion in the Schütz Era 41 Mary E. Frandsen »Mein Schall aufs Ewig weist«: Das Jenseits und die Kirchenmusik in der lutherischen Orthodoxie 75 Konrad Küster Medien sozialer Distinktion: Funeral- und Gedenkkompositionen des 17. Jahrhunderts im europäischen Vergleich 91 Peter Schmitz Echos in und um »Daphne« 105 Bettina Varwig Heinrich Schütz und Otto Gibel 119 Andreas Waczkat, Elisa Erbe, Timo Evers, Rhea Richter, Arne zur Nieden Heinrich Schütz as European cultural agent at the Danish courts 129 Bjarke Moe Freie Beiträge Eine unbekannte Trauermusik von Heinrich Schütz 143 Eberhard Möller Heinrich Schütz und seine Brüder: Neue Stammbucheinträge 151 Joshua Rifkin Die Verfasser der Beiträge 168 2012_schuetz-JB_druck_120531.ind3 3 31.05.2012 10:03:13 Abkürzungen ADB Allgemeine deutsche Biographie, München u. Leipzig 1876 – 1912 AfMw Archiv für Musikwissenschaft AmZ Allgemeine musikalische Zeitung Bd., Bde. Band, Bände BWV Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke von Johann Se ba s tian Bach. […] Hrsg. von Wolfgang Schmieder, Leipzig 1950 BzMw Beiträge zur Musikwissenschaft DDT Denkmäler deutscher Tonkunst Diss. Dissertation DM Documenta musicologica DTÖ Denkmäler der Tonkunst in Österreich ed., eds. edited / editor, editors EdM Das Erbe deutscher Musik EM Early Music EMH Early Music History Faks. Faksimile Fürstenau Moritz Fürstenau, Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dres den. Nach archivalischen Quellen, 1. Teil: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe der Kurfürsten von Sachsen, Johann Georg II., Johann Georg III. und Johann Georg IV., unter Berücksichtigung der ältesten Thea ter ge schichte Dresdens, Dresden 1861, Nachdruck Leipzig 1971 GA Gesamtausgabe hrsg., Hrsg. herausgegeben, Herausgeber Hs., Hss., hs. Handschrift, Handschriften, handschriftlich HS-WdF Heinrich Schütz in seiner Zeit, hrsg. von Walter Blankenburg, Darmstadt 1985 (= Wege der Forschung 614) JAMS Journal of the American Musicological Society Jb Jahrbuch JMc Journal of Musicology JRMA Journal of the Royal Musical Association Kgr.-Ber. Kongressbericht MD Musica Disciplina MfM Monatshefte für Musikgeschichte MGG2 Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2., neubearbeitete Auflage, Kassel u. Stuttgart 1994– 2008 ML Music and Letters 2012_schuetz-JB_druck_120531.ind4 4 31.05.2012 10:03:13 Moser Hans Joachim Mo ser, Heinrich Schütz. Sein Leben und Werk, Kassel u. Basel 1936, 2 / 1954 MPL Jacques Paul Migne (Hrsg.), Patrologiae cursus completus, series latina, Paris 1844 – 1865 MQ Musical Quarterly Ms. Manuskript mschr. maschinenschriftlich MuK Musik und Kirche NDB Neue deutsche Biographie, Berlin 1953 ff. New GroveD The New Grove Dictionary of Music and Musicians, London 1980 New GroveD2 The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Second Edition, London 2001 NSA Heinrich Schütz, Neue Ausgabe sämtlicher Werke, Kassel u. a. 1955 ff. rev. revidiert RD Das Erbe deutscher Musik, Erste Reihe: Reichsdenkmale RISM Répertoire International des Sources Musicales (Internationales Quellen lexikon der Musik) Schütz Dok Schriftstücke von Heinrich Schütz. Unter Verwendung der von Manfred Fech ner und Konstanze Kremtz nach den Quellen erar beiteten Text übertragungen hrsg. von Michael Heinemann, Köln 2010 (= Schütz-Do kumente 1) Schütz GBr Heinrich Schütz, Gesammelte Briefe und Schriften, hrsg. von Erich H. Mül ler, Re gensburg 1931 (= Deutsche Musikbücherei 45), Reprint Hil des heim 1976 Schütz-Konferenz Heinrich Schütz im Spannungsfeld seines und unseres Jahrhunderts. Bericht über die Dresden 1985, Internationale Wissenschaftliche Konferenz […] Dresden […] 1985, hrsg. von Tl. 1, 2 Wolf ram Steude, Tl. 1, 2, Leipzig 1987 bzw. 1988 (gleichzeitig Jahrbuch Pe ters 1985 bzw. 1986 / 87) Schütz-Konferenz Anne Ørbæk Jensen und Ole Kongsted (Hrsg.), Heinrich Schütz und die Mu sik Kopenhagen 1985 in Dänemark zur Zeit Christians IV. Bericht über die wissenschaftli che Kon fe renz in Ko penhagen […] 1985, Kopenhagen 1989 SIMG Sammelbände der Internationalen Musikgesellschaft SJb Schütz-Jahrbuch Slg. Sammlung SLUB Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dres den SMZ Schweizerische Musikzeitung SSA Stuttgarter Schütz-Ausgabe, Neuhausen-Stuttgart 1967 ff. (Band-Aus ga ben 1971 ff.) STMf Svensk tidskrift för musikforskning StMw Studien zur Musikwissenschaft (Beihefte der DTÖ) SWV Schütz-Werke-Verzeichnis. Kleine Ausgabe, hrsg. von Werner Bittinger, Kassel 1960; Supple ment von Wer ner Breig in SJb 1 (1979), S. 63 ff. VfMw Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft WA D. Martin Luthers Werke, Weimar 1883 – 2009 Weckmann-Konferenz Sverker Jullander (Hrsg.), Proceedings of the Weckmann Symposium Göteborg […] Göteborg 1991 1991, Göteborg 1993 Zs Zeitschrift 2012_schuetz-JB_druck_120531.ind5 5 31.05.2012 10:03:13 2012_schuetz-JB_druck_120531.ind6 6 31.05.2012 10:03:13 Heinrich Schütz und Europa*1 Silke Leopold chütz und Europa – das ist, buchstäblich, ein weites Feld und ein Thema, das sich auf vielen ver- Sschiedenen Ebenen abhandeln ließe. Da wäre zum einen die historische Frage: Wie hat Schütz selbst sich in dem Europa seiner Zeit verortet, geographisch und musikalisch? Und da wäre zum anderen die Frage, wie präsent Schütz heute im europäischen Konzertleben ist. Da wäre des Weiteren die schier endlos diskutierte Frage, ob Schütz nun der »Vater der deutschen Musik« sei und welchen Anteil eine italienische Mutter an dieser Geburt gehabt haben könnte. Heinrich Schütz gehört außerdem zu den Musikern, die im 20. Jahrhundert immer wieder anders, aber immer auch raumgreifend vereinnahmt worden sind – von einer Musikwissenschaft, die ihn für Deutschland reklamiert hat, von der protestan- tischen Kirche, die ihn als einen der Ihren umarmt hat, von den Kirchen- und anderen Laienchören, die seine Geistliche Chormusik leichter besetzen und bewältigen konnten als etwa die Motetten eines Johann Sebastian Bach, schließlich auch von der Historischen Aufführungspraxis, die in der Neubewertung von Schütz’ Klanglichkeit einen deutlichen Kontrapunkt zu den traditionellen Aufführungen mit ihrem Laienmusiker-Appeal setzte. Diese Umarmungen haben – leider, muss man vielleicht sagen – funk tio- niert. Zwar wird niemand bestreiten wollen, dass es Schütz-Enthusiasten überall auf der Welt, in Europa ebenso wie im fernen Osten oder im wilden Westen gibt. Aber niemand kann auch bestreiten, dass es sich dabei um eine nicht besonders große, eingeschworene Gemeinde handelt, dass Schütz auf der Bühne des europäischen Musiklebens heute eine eher randständige Rolle spielt. In Italien etwa, dem Land, dessen Musik Schütz so geliebt hat, ist er im Musikleben nicht präsent und praktisch unbekannt. Dasselbe gilt auch für andere europäische Länder. Während sein bewunderter Zeitgenosse Claudio Monteverdi sich in den vergangenen fünfzig Jahren von einem nur unter Spezialisten gehandelten Geheimtipp weltweit zu einem Repertoirekomponisten gemausert hat, während der nur wenig ältere John Dowland sogar in die internationale Popkultur ver mittelt wurde und für einen kurzen Moment unter Jugendlichen etwa den - selben Bekanntheitsgrad erlangte wie Mozart zu Falcos Zeiten, hat Heinrich Schütz seine Nische für Enthusiasten nie verlassen können. Das hat nur auf den ersten Blick etwas mit den Gattungen zu tun, in denen Schütz komponierte, und hier besonders mit der Tatsache, dass er keine Opern hinterlassen hat. Denn auch Monteverdi wurde im 20. Jahrhundert zunächst durch seine Madrigale und die Marienvesper berühmt; erst danach wuchs in einem zweiten Schritt das Interesse an den Opern. Das hat auch weniger mit der Sprache zu tun, als es auf den ersten Blick scheinen mag: Zwar gehört es in den Diskussionen um die Frage, warum Schütz so eine begrenzte Rezeption erfährt, zu den Standardargumenten, die deutsche Sprache sei nun einmal im internationalen Musikleben nicht so einfach zu vermitteln – aber stimmt das wirklich? Wird denn das * Dieser Text entspricht dem Manuskript eines Vortrags, den ich bei den Kasseler Musiktagen zur Eröff nung des 42. Internationalen Heinrich-Schütz-Festes 2010 in Kassel halten durfte. Der Vortrag richtete sich nicht an ein Fach- kollegium, sondern an eine breitere Öff entlichkeit. Für die Veröff entlichung wurde die mündliche Diktion weitgehend beibehalten. Ergänzt sind notwendige Quellennachweise. 2012_schuetz-JB_druck_120531.ind7 7 31.05.2012 10:03:13 8 Silke Leopold Italienische oder das Französische weltweit (und außerhalb der Oper) häufi ger gesprochen bzw. gesungen? Der weltweiten Bekanntheit Johann Sebastian Bachs hat die Tatsache, dass er Texte in deutscher Sprache vertonte, nicht geschadet. Und gar das Lateinische: Hier gäbe es keinerlei Veranlassung,