Ehrungen und Nachrufe Dr. Werner Eichstädt zum 70. Ge- burtstag am 23. April 2011 Wir gratulieren im Jahr 2011 nachfolgenden Jubilaren recht herzlich zum 80. Geburtstag Unterschiedliche Studienorte und Bezirksgren- Christoph Adler (Springe), Reinhard Gnielka zen innerhalb der DDR verhinderten, dass sich (), Dietrich Wilhelm Grobe (Göttingen), Werner Eichstädt und der Autor frühzeitig als Wolfgang Harms (Buchholz), Ulrich Radomski Berufskollegen begegneten. Erst die Mitarbeit (), Dr. Walther Thiede (Köln), zum 75. in der Arbeitsgruppe Avifauna und die lang- Geburtstag Klaus Borrmann (Feldberger Seen- jährige beiderseitige Leitung der Bezirksfach- landschaft), Jürgen Dien (Hamburg), Kurt-Jo- ausschüsse für Ornithologie und Vogelschutz achim Fehlberg (Kenz-Küstrow), Dirk Flügge im Kulturbund, also gleichartige Freizeitinte- (Hanstedt), Hans Fust (Wismar), Dieter Jäkel (Rostock), Hans-Joachim Kalisch (Allenbüttel), Walter Kintzel (Slate), Joachim Kleinke (Bergen auf Rügen), Manfred Kolbe (Groß Behnitz), Jür- gen Kraatz (Spantekow), Dr. Hans Wolfgang Nehls (Rostock), Dieter Schmeckebier (Berlin), Günther Schieweck (Schwerin), Rudolf Vollack (Röbel/Müritz), Roland Weiß (Bergen auf Rügen), Horst Wenck (Rostock), zum 70. Ge- burtstag Volker Beiche (Matzlow-Garwitz), Dr. Werner Eichstädt (Meiersberg), Horst Häckel (Neubrandenburg), Prof. Dr. Ragnar Kinzel- bach (Rostock), Dieter Kasper (Beckendorf), Dr. Peter Krägenow (Röbel/Müritz), Uwe Robitzky (Odderade) und zum 65. Geburtstag Rolf Berndt (Kiel), Uwe Fehrs (Glinde), Christian Scharnweber (Putzar), Ulrich Schüler (Ostsee- bad Rerik). ressen begründeten die Bekanntschaft und Wir trauern um unsere 2010 verstorbenen Freundschaft mit vielen Parallelen des persön- Vereinsmitglieder Reimar Glafey (früher lichen Werdeganges und bei der Beschäftigung Schwerin), Rudolf Hainmüller (früher Burg mit der Avifauna und dem Naturschutz. Stargard), Ellen Meyer (früher Hamburg), Dr.- Werner Eichstädt wurde am 23. April 1941 in Ing. Lothar Plath (früher Tessin), Heinz Klinga in Sachsen geboren. In der Gärtnerei Schmahl (früher Tessin bei Boizenburg), Hans- seiner Eltern wurde schon sehr früh sein Inte- Reimer Stotz (früher Kummerfeld bei Ham- resse an der Natur geweckt. Allerdings starb der burg) und Dr. Jürgen Stübs (früher Vater bereits, als Werner 12 Jahre alt war. Nun Neuenkirchen bei Greifswald) und ehren ihr galt die alleinige Fürsorge der Mutter der För- Ansehen. derung seiner Ambitionen. Der Besuch der Grundschule in Klinga und der Oberschule in Grimma fielen in eine Zeit, in der engagierte Lehrer noch ihre Schüler für Spezialgebiete zu begeistern vermochten. So waren es einerseits die Spezialistenlager der Station Junger Natur- schützer und Techniker und Exkursionen mit dem Biologielehrer Werner Köckritz nach Kö- nigswartha, an denen Werner mehrfach teil- nahm und die ihn prägten. Andererseits war das Zusammentreffen mit dem Leipziger Orni- thologen Karl Kritzler ausschlaggebend dafür, dass er schon bald Anschluss an den so ge- nannten Leipziger Verein fand, einer ornitho- sich Werner stets den Freiraum für seine ehren- logischen Fachgruppe um die bekannten Mit- amtlichen Aktivitäten, sei es für eine intensive glieder Kurt Größler und Klaus Tuchscherer. Beringerarbeit in der Umgebung von Linken Besonders zog ihn das Wermsdorfer Teichge- oder für umfangreiche feldbiologische Unter- biet an und, wie damals üblich, wurden alle suchungen. Bemerkenswert ist, dass diese Unternehmungen, wie beispielsweise die in- nicht einseitig avifaunistisch ausgerichtet ternationalen Wasservogelzählungen mit dem waren, sondern auch die Lurche, Kriechtiere Fahrrad durchgeführt. und Säugetiere umfassten und in Veröffentli- Bereits als Oberschüler zog unser Bundesland chungen über deren Vorkommen im Kreis Pa- Werner Eichstädt besonders an. Ferienaufent- sewalk mündeten. Auch verstanden es die halte in Prerow auf dem Darß mit dem Besuch Eichstädts, ihre beiden Kinder Holger und Ul- der Bernsteininsel dienten vordergründig dem rike frühzeitig in biologische Untersuchungen intensiven Studium der Limikolen. Auch der einzubeziehen, wie beispielsweise bei Urlaubs- zweijährige Armeedienst in Eggesin gab die aufenthalten auf dem Großen Schwerin an der spätere Nordmigration vor. Davor standen je- Müritz, und so in spätere biologische Berufe zu doch das Studium der Veterinärmedizin an der lenken. Universität von 1961 bis 1966 und die Umfangreich sind die Funktionen, die der Ju- Promotion zum Dr. med. vet. 1968. Bis zu bilar während seiner Pasewalker Zeit ausübte. deren Abschluss blieb Werner dem Leipziger So war er u. a. 1973-1990 Leiter der Fachgruppe Verein eng verbunden und war als Betreuer des Ornithologie und Naturschutz im Kreis Pase- Wermsdorfer Teichgebietes tätig. walk, 1975-1982 Mitglied im Bezirksfachaus- schuss Ornithologie und Vogelschutz im Bezirk Neubrandenburg, 1982-1990 dessen Vorsitzender (und damit auch Mitglied des Zentralen Fachausschusses Ornithologie im Kulturbund der DDR) und 1977-1990 Kreisna- turschutzbeauftragter. Mit der politischen Wende 1990 war auch für Werner Eichstädt eine berufliche Neuorientie- rung verbunden; er machte seine Hobbies zum Beruf. 1990-1991 war er Leiter der Forschungs- station Specker Horst an der Müritz, danach bis zum Eintritt in den Ruhestand am 1. Septem- ber 2005 Dezernent für Arten- und Biotop- schutz im Staatlichen Amt für Umwelt und Natur Greifswald sowie für Immissionschutz (in Tieranlagen und Anlagen der Verarbeitung tierischer Produkte) im Staatlichen Amt für Umwelt und Natur in Ueckermünde. Nach mehreren berufsbedingten Wohnortwechseln fand die Familie schließlich in Meiersberg nahe der Kreisstadt Ueckermünde ihr zu Hause. Nach der Eheschließung im Jahr 1966 mit der Die neuen politischen Verhältnisse veränder- Veterinäringenieurin Heidemarie, die fortan ten auch die Situation in der Ornithologie. Die uneingeschränkt seine Interessen teilte und neu gegründete Ornithologische Arbeitsge- einer ersten Praxiszeit in Grimma, siedelte das meinschaft Mecklenburg-Vorpommern war in Paar 1969 nach Mecklenburg-Vorpommern den Naturschutzbund Deutschland (NABU) in- über. In Linken im ehemaligen Kreis Pasewalk tegriert. Werner Eichstädt erkannte als einer übernahmen die beiden eine Staatliche Tier- der Ersten, dass damit die Eigenständigkeit der arztpraxis und führten diese bis 1990. Trotz der Ornithologen in gewisser Weise verloren ginge anstrengenden beruflichen Tätigkeit erhielt und forderte und förderte vehement die Bil- dung eines eigenen Vereins. Folgerichtig wähl- Dr. Jürgen Stübs (1933-2010) - Ein ten ihn die Ornithologen zum Vorsitzenden. Ornithologe der ersten Stunde aus Bis 2003 nahm er dieses Amt engagiert wahr. In seine Amtszeit fiel u. a. die sehr organisati- Mecklenburg-Vorpommern onsaufwendige Bearbeitung und Herausgabe des „Atlas der Brutvögel in Mecklenburg-Vor- Wohl alle Vogelfreunde können sich gut vor- pommern“, den er maßgeblich mitgestaltete. stellen, eines Tages auf die Art und Weise aus 2006 wurde er durch die Mitgliederversamm- dem Leben zu scheiden, wie es Dr. Jürgen Stübs lung in den Vorstand des „Verein Jordsand vergönnt war: Im fortgeschrittenen Alter und zum Schutze der Seevögel und der Natur“ ge- in sehr guter geistiger sowie in leidlich guter wählt, nachdem dort eine Stelle vakant gewor- körperlicher Verfassung mit dem Sohn und den war. Damit war Mecklenburg-Vorpom- einem guten Freund auf Exkursion am Greifs- mern mit zwei Personen im Vorstand des Ver- walder Bodden zu gehen, die Vogelwelt in der eins vertreten. Ab 1993 wurde diesem Verein geliebten heimischen Landschaft zu beobach- die Betreuung des NSG Greifswalder Oie über- ten, ein paar Tage später, am 25. August 2010, tragen, später auch die der Insel Görmitz, und abends nach einer Feier zufrieden ins Bett zu Werner konnte sein Fachwissen mit einbrin- gehen und morgens nicht mehr aufzuwachen. gen. Die Tätigkeit im Vorstand gab er schließ- Der Name Jürgen Stübs ist nicht nur in der ost- lich 2010 ab, doch wirkt er weiterhin im Beirat deutschen Fachwelt der Ornithologie ein Be- des Vereins mit. griff. Zwei bedeutende Leistungen auf dem Alle hier genannten Tätigkeiten können nur Gebiet der Avifaunistik ragen aus seinem viel- ein fragmentarisches Bild ergeben, denn Zuar- fältigen Wirken heraus. Es ist dies zum einen beit und Mitarbeit an vielen anderen Projekten das bereits als Student im Alter von 23 Jahren werden oft genug als Selbstverständlichkeit ab- verfasste umfangreiche Buchkapitel “Über die getan und können in diesem Rahmen nicht Vogelwelt Mecklenburgs“ (Vorpommern ein- einzeln aufgeführt werden. geschlossen), das 1957 in dem Standardwerk Zahlreiche gesellschaftliche Ehrungen zeugen von Theodor Hurtig „Physische Geographie von dem jahrzehntelangen erfolgreichen Wir- von Mecklenburg“ erschien. Zum anderen ist ken Werner Eichstädts ebenso wie seine mehr es gemeinsam mit Dr. Gerhard Klafs die He- als 50 Veröffentlichungen mit faunistischen rausgabe der „Vogelwelt Mecklenburgs“ des und Naturschutzinhalten. ersten Bandes der Avifauna der Deutschen De- Wir wünschen Werner Eichstädt und seiner mokratischen Republik, die zwischen 1977 Frau Heidemarie, mit der er ein unverwechsel- und 1987 drei stark nachgefragte Auflagen er- bares und erfolgreiches Team bildet, noch viele lebte. Jahre ungebrochene Freude und Begeisterung Jürgen wurde am 26. August 1933 in Stettin ge- bei allen Tätigkeiten in und mit der Natur. boren. Die naturverbundenen Eltern weckten schon vor der Einschulung auf Wanderungen Dr. Horst Zimmermann und Bootstouren im Odergebiet seine Sinne für Willi-Bredel-Straße 41 Landschaft, Tiere und Pflanzen und besonders 19059 Schwerin für die Vögel. Im Jahr seiner Einschulung be- gann der Krieg, der ihm noch 1945 den Vater nahm und die Mutter mit ihren drei Söhnen zur Flucht nach Greifswald zwang, wo sie die bittere Not der Nachkriegsjahre durchleben mussten. Trotzdem konnte Jürgen das Greifs- walder Gymnasium besuchen. Dort fand er einen Freund fürs Leben: Karl Milenz, ebenfalls aus Stettin und wie er ohne Vater. Die natur- interessierten Jungen taten sich zusammen, er- kundeten die Greifswalder Umgebung und lernten mit den einfachen Hilfen jener Zeit die heimische Vogelwelt kennen. Ein immer wie- der angesteuertes Ziel war natürlich die vogel- vierwöchige studentische Exkursion nach reiche Boddenküste, wo sie sich u.a. mit der Frankreich. 1959 diplomierte er zum Thema Bestimmung der Limikolen abmühten. Ein „Untersuchungen über die Zeckenfauna ein- protokollarischer Schatz sind Jürgens vogel- heimischer Wildsäuger – Ein Beitrag zur Kennt- kundliche Tagebücher aus jener Zeit, die nicht nis der Zeckenfauna Mecklenburgs.“ nur bloße Feststellungen enthalten, sondern Es folgten zwei Jahre als wissenschaftlicher As- einzelne Exkursionen detailliert beschreiben. sistent an der Vogelwarte Hiddensee – ein In dieser Zeit hat Jürgen auch versucht, eine „Traumjob“, wie man heute sagen würde. In Jugendfachgruppe zu gründen. seinem weiteren Leben hat er immer wieder, oft mit Familie, das „söte Länneken“ an- gesteuert. Seine frü- hen ornithologischen Leistungen führten 1961 zu dem gera- dezu exklusiven An- gebot, unter der Lei- tung des berühmten Professors Erwin Stre- semann am Berliner Naturkundemuseum im Bereich der Aka- demie der Wissen- schaften zu forschen, u. a. am Projekt „At- las der Verbreitung palaearktischer Vögel“. Seine Erzählungen über diese Zeit ent- hielten so manche Absonderlichkeit. So blieb sein Chef, also Stresemann, nach Er- richtung der Berliner Mauer bis zu seiner Emeritierung einer Rast auf einem Beobachtungsturm im Biebrza-Nationalpark, Ostpolen 2007. Foto: der wenigen tägli- M. Luhn. chen Grenzgänger mit Wohnsitz in West- 1953 legte Jürgen Stübs das Abitur ab und be- berlin und Arbeitsstelle in Ostberlin, was noch gann an der Greifswalder Universität mit dem heute größte Verwunderung hervorruft. Studium - natürlich der Biologie. Schon im ers- Den Kontakt zu den mecklenburgisch-vor- ten Studienjahr publizierte er zusammen mit pommerschen Vogelkundlern hatte Jür- gen Karl Milenz seinen ersten ornithologischen Ar- Stübs in Berlin nicht verloren, ganz im Gegen- tikel über den Nachweis der Weißwangengans teil: Er gehörte zu den zehn Autoren der Num- in Vorpommern, übrigens in der Nummer 1 mer 1 der Neuen Folge des „Ornithologischen der Zeitschrift „Der Falke“. Rundbriefs Mecklenburgs“ 1963. In diesem In den 1950er Jahren noch möglich, ging Jür- Heftchen rief Jürgen Stübs unter der Über- gen unter der Leitung des Greifswalder Wis- schrift „Was wir wollen“ die nordostdeutschen senschaftlers und Hochschullehrers Professor Vogelkundler auf, gemein- sam eine moderne Werner Rothmaler, dessen Name allen Botani- Landesavifauna zu erarbeiten und stellte sich kern heute noch wohlbekannt ist, auf eine für dieses Projekt als Arbeitsgruppenleiter zur Greifswalder Fachgruppe Ornithologie über- nahm, regelmäßig Vogelstimmenführungen für die Öffentlichkeit organisierte usw. usf. Sein Interesse beschränkte sich nicht auf die Biologie und Ornithologie, sondern galt auch kulturhistorischen Themen. Wie für fast alle DDR-Bürger, so brachte die po- litische Wende 1989/90 auch für Dr. Jürgen Stübs eine einschneidende Zäsur. Er konnte zwar endlich seine westdeutschen Verwandten besuchen und persönliche Kontakte mit Orni- thologen der Bundesrepublik herstellen, verlor allerdings mit Auflösung der Militärmedizini- schen Sektion seine Arbeit. Die anschließende Zeit überbrückte er, indem er an der Heim- volkshochschule das schlagartig aktuell ge- wordene Thema Umweltschutz unterrichtete. 1991 endete sein Berufsleben mit dem Vorru- hestand im Alter von 58 Jahren. Übergangslos widmete sich Jürgen Stübs nun mit vollem Engagement ehrenamtlichen Tä- tigkeiten. Dazu gehörten die Funktion des Schatzmeisters im Vorstand des Dachverban- des Deutscher Avifaunisten von 1992 bis 1996, die Mitarbeit in der Redaktion des Ornitholo- gischen Rundbriefes für Mecklenburg-Vor- Jürgen Stübs 1963. Foto: J. Dedek. pommern von 1992 bis 2001, die Leitung des neu gegründeten Greifswalder Ortsvereins des Naturschutzbundes Deutschland von 1991 bis Verfügung. Seit 1963 leitete Jürgen Stübs mit 1997. Abseits der Ornithologie beschäftigte Umsicht und Kontinuität die Arbeitsgruppe sich Jürgen Stübs als Mitglied der Gesellschaft (AG) Avifauna Mecklenburgs, der anfangs wei- für Pommersche Geschichte, Altertumskunde tere zehn Ornithologen aus den drei Nordbe- und Kunst sowie des Fördervereins Alter Fried- zirken angehörten. Wenn auch noch 14 Jahre hof Greifswald weiterhin mit lokal- und regio- mühevoller Arbeit bis zum Erscheinen der „Vo- nalhistorischen Themen. 1998 gehörte er zu gelwelt Mecklenburgs“ vergehen sollten – das den vier Personen, die die Greifswalder Fach- Ergebnis dieser Gemeinschafsarbeit galt in gruppe Ornithologie wiederbelebten. Seitdem ganz Deut-schland als beispielgebend für fau- nahm er regelmäßig an deren Treffen und Ver- nistische Publikationen. anstaltungen teil und ging trotz mancher kör- Zwischenzeitlich hatte Jürgen eine Familie ge- perlichen Widrigkeit unverdrossen mit auf gründet und 1971 in Berlin seine Dissertation Exkursion und mutete sich auch die Feldarbeit mit dem Titel „Vergleichende morphologische bei der Rasterkartierung der Greifswalder Vo- Untersuchungen über die ventralen Flügelde- gelwelt zu. Seine langjährigen Kenntnisse und ckenfedern der Vögel“ verteidigt. Im gleichen Erfahrungen steuerte er wiederum bereitwillig Jahr endete seine Laufbahn als „Profi-Ornitho- als Artbearbeiter für den 2006 erschienenen loge“, denn er zog aus familiären Gründen Atlas der Brutvögel in Mecklenburg-Vorpom- nach Greifswald zurück, wo er an der Militär- mern bei. Bei der Herausgabe des Heftes über medizinischen Sektion der Universität Greifs- den pommerschen Ornithologen Paul Robien wald als wissenschaftlicher Oberassistent tätig brachte er seine historischen Kenntnisse ein wurde. Natürlich blieb er der Vogelkunde treu, und hatte ein kollegiales Verhältnis zu den be- indem er als Mitglied der Seltenheitenkom- teiligten polnischen Ornithologen, besonders mission fungierte, mehrmals die Leitung der zu Dr. Giergielewicz (Stettin). Der Umzug in das eigene Einfamilienhaus in Obwohl Jürgen, der sich trotz Alter und Auto- Neuenkirchen vor den Toren Greifswalds im rität auch von den jüngeren Greifswalder Vo- Jahre 1998 brachte ihn der Boddenlandschaft gelfreunden gern duzen ließ, in seinen letzten ganz nahe, die für ihn über 65 Jahre die engere Lebensjahren wegen der „vielen Ersatzteile“ im Heimat war. Hier brachte er sich in das Ortsle- Körper gesundheitliche Einschränkungen hin- ben ein, hielt Vorträge und war Reiseleiter von nehmen musste, blieb er in seiner Haltung Seniorenfahrten. 1999 gehörte er zu den Teil- ruhig und ausgeglichen. Zu seinen menschli- nehmern einer von der Deutsch-litauischen Li- chen Qualitäten zählten auch absolute Zuver- terarischen Gesellschaft organisierten Studien- lässigkeit, Hilfsbereitschaft, Kollektivgeist, Mit- reise für Biologen/Ornithologen nach Litauen. gefühl und Humor. Er war gern unter Men- Auch die Fachgruppenreise 2007 in den polni- schen, auch in fröhlicher Runde. Geradezu phänomenal war sein beinahe archivartiges Gedächtnis, das ihm bis zuletzt zur Verfügung stand und oft zu kopfschüttelndem Bewun- dern Anlass gab, wenn er „aus dem Stand“ Namen, Daten, Zahlen, Orte und Zusammen- hänge präsentierte. Mit Dr. Jürgen Stübs verliert die Greifswalder Fachgruppe Ornithologie ihr letztes Grün- dungsmitglied des Jahres 1951, die OAMV einen herausragenden Aktivisten der Nach- kriegsgeneration. Er wird noch für Jahrzehnte in persönlicher Erinnerung bleiben, danach werden seine Publikationen von seinen Ver- diensten um die Erforschung der Vogelwelt un- seres Bundeslandes zeugen.

Rainer Bendt Feldstraße 94 17489 Greifswald E-Mail: [email protected]

Dr. Werner Eichstädt Dorfstraße 110 17375 Meiersberg E-Mail: [email protected] Auf Exkursion am wiedererstandenen Richtenberger See 2008. Foto: R. Stübs. Publikationen von Dr. Jürgen Stübs schen Biebrza-Nationalpark fand nicht ohne ihn statt. Stübs, J. (1956-1958): Über die Stimmäußerun- Dem Vorstand der Ornithologischen Arbeits- gen des Tannenhähers (Nucifraga caryoca- gemeinschaft Mecklenburg-Vorpommern, der tactes). Beitr. Vogelkd. 5: 312-314. er seit ihrer Gründung angehörte, war er stets Stübs, J. (1956): Aufruf zur Kartierung der Brut- ein gesuchter Ratgeber. Die erste Rote Liste der vorkommen seltener Vogelarten Mecklen- Brutvögel Mecklenburg-Vorpommern von burgs. Ornithol. Rundbr. Mecklenbg. Nr. 1992, deren Ergebnisse in die erste gesamt- 22/23: 12-13. deutsche Rote Liste einflossen, wurde von ihm Stübs, J. (1957): Über die Vogelwelt Mecklen- als Zweitautor mit erarbeitet. Besonders gefreut burgs. In: Hurtig, Th. (Hrsg.): Physische hat ihn die Ehrenmitgliedschaft der Ornitho- Geographie von Mecklenburg. Berlin. S. logischen Arbeitsgemeinschaft Mecklenburg- 223-252. Vorpommern, die er 2008 als erster zusammen Stübs, J. (1957): Zum Vorkommen des Sumpf- mit Dr. Gerhard Klafs verliehen bekam. läufers (Limicola falcinellus) in Mecklen- burg. Ornithol. Mitt. 9: 78-80, 95. Stübs, J. (1968): Artbearbeitungsschema für die Stübs, J. (1960) Ein neuer Nachweis der Scheck - Arbeit an der Avifauna Mecklenburgs. Or- ente, Polystica stelleri, in Deutschland. J. nithol. Rundbr. Mecklenbg. N.F. 7: 3-4. Ornithol. 101: 499. Stübs, J. (1969): Farbanomalien bei Kiebitz und Stübs, J. (1960, 1962): Ornithologische Beob- Eiderente. Falke 16: 206-207. achtungen in Frankreich. Beitr. Vogelkd. Stübs, J. (1969): Zur Verbreitung der Kanada- 7: 233-239. gans in Europa. Falke 9: 322-323. Stübs, J. (1960): Seevogelschutz und Seevogel- Stübs, J. (1970): Seltene Greifvogelarten in forschung an der mecklenburgischen Ost- Mecklenburg. Ornithol. Rundbr. Meck- seeküste. Naturschutzarb. naturkdl. lenbg. N.F. 10: 50-55. Heimatforsch. Bez. Rostock, Schwerin, Stübs, J. (1972): Vergleichende morphologi- Neubrandenburg, H. 6: 3-15. sche Untersuchungen über die ventralen Stübs, J. (1960): Zum Erscheinen ornithologi- Flügeldeckfedern der Vögel. Mitt. Zool. scher Sammelberichte aus Mecklenburg. Mus. Berlin [Zugl.: Berlin, Humboldt- Naturschutzarb. Mecklenbg. 4, Heft 1: 18. Univ., Biowiss. Fak., Diss., 1971] 48: 325- Stübs, J. (1961): Vögel Europas auf Briefmar- 392. ken. Falke 8: 95-97, 108. Stübs, J. (1977): Ohrentaucher, Kanadagans, Stübs, J. (1962): Vögel Europas auf Briefmar- Moorente, Gänsegeier, Mönchsgeier, ken. Falke 9: 395-396. Steinadler, Steppenadler, Schelladler, Stübs, J. (1962): Über den Vogelzug im Norden Zwergadler, Steppenweihe, Schlangenad- der DDR. Atlas der Bezirke Rostock, ler, Gerfalke, Rotfußfalke, Rötelfalke, Schwerin und Neubrandenburg. Schwe- Blässhuhn (mit P. Strunk), Seeregenpfeifer, rin. S. 127-128. Steinwälzer, Doppelschnepfe, Regen- Stübs, J. (1962): Zur Verbreitung der Kanada- brachvogel, Pfuhlschnepfe, Teichwasser- gans in Europa. Falke 9: 322-324. läufer, Meerstrandläufer, Sichelstrand- Stübs, J. (1963): Aufruf zur Mitarbeit an einer läufer, Sumpfläufer, Thorshühnchen, „Vogelwelt Mecklenburgs“. Naturschutz- Odinshühnchen, Ringeltaube, Turtel- arb. Mecklenbg. 6, Heft 1: 31-33. taube, Türkentaube, Sumpfohreule, Zie- Stübs, J. (1963): Das Arbeitsvorhaben „Avi- genmelker, Wasseramsel, Wintergold- fauna Mecklenburgs“. Ornithol. Rundbr. hähnchen, Sommergoldhähnchen. In: Mecklenbg. N.F., H. 1: 6-10. Klafs, G., Stübs, J. (Hrsg): Die Vogelwelt Stübs, J. (1965): Eine neue Artbearbeiterliste für Mecklenburgs. Gustav Fischer Verlag, die zukünftige Avifauna Mecklenburgs. . Ornithol. Rundbr. Mecklenbg. N.F. 4: 62- Stübs, J. (1980): Neue Aspekte unserer avifau- 65. nistischen Arbeit. Ornithol. Rundbr. Stübs, J. (1966): In Alma-Ata: IV. Allunions-Or- Mecklenbg. N.F. 22 (Sonderheft): 55-58. nithologen-Konferenz 1965. Falke 13: 24- Stübs, J. (1982): Greifswalder Ornithologenta- 25. gung 1981 - 30 Jahre Fachgruppe für Or- Stübs, J. (1967): Zur Avifauna Mecklenburgs. nithologie und Vogelschutz Greifswald. Falke 14: 210. Natur u. Umwelt. Beitr. Bez. Rostock, H. 3: Stübs, J. (1967): Der Grüne Laubsänger erst- 87-90. malig in Sachsen nachgewiesen. Falke 14: Stübs, J. (1983): Zur Geschichte der Ornitholo- 64-65. gie in Greifswald nach 1945. Ornithol. Stübs, J. (1967): Unsere nächsten Aufgaben bei Rundbr. Mecklenbg. N.F. 26: 29-33. der Arbeit an der Avifauna Mecklenburgs. Stübs, J. (1987): Ohrentaucher, Kanadagans, Ornithol. Rundbr. Mecklenbg. N.F. 5: 3-6. Gänsegeier, Mönchsgeier, Steinadler, Step- Stübs, J. (1967): Über die Vogelwelt der Insel penadler, Schelladler (mit J. Matthes), Greifwalder Oie im Sommer. Ornithol. Zwergadler, Adlerbussard, Steppenweihe, Rundbr. Mecklenbg. N.F. 5: 23-27. Schlangenadler, Gerfalke, Rotfußfalke, Rö- Stübs, J. (1967): Naturschutzarbeit in Mecklen- telfalke, Seeregenpfeifer, Steinwälzer, Dop- burg. Literaturhinweise für Ornithologen. pelschnepfe, Regenbrachvogel, Pfuhl- Falke 14: 316-317. schnepfe, Teichwasserläufer, Meerstrand- läufer, Sichelstrandläufer, Sumpfläufer, Handschwingenzahl bei Fulica atra. Beitr. Thorshühnchen, Odinshühnchen, Hohl- Vogelkd. 21: 18-20. taube, Ringeltaube, Turteltaube, Türken- Klafs, G., Stübs, J. (Hrsg., 1977): Die Vogelwelt taube, Sumpfohreule (mit R. Labes), Mecklenburgs. 1. Aufl. Gustav Fischer Ver- Wasseramsel. In: Klafs, G., Stübs, J. (Hrsg): lag, Jena. Die Vogelwelt Mecklenburgs. 3. Aufl. Gus- Klafs, G., Stübs, J. (Hrsg., 1979): Die Vogelwelt tav Fischer Verlag, Jena. Mecklenburgs. 2. korr. Aufl. Gustav Fi- Stübs, J. (1989): Zur Chronik der Arbeit an der scher Verlag, Jena. „Vogelwelt Mecklenburgs“. Ornithol. Klafs, G., Stübs, J. (Hrsg., 1987): Die Vogelwelt Rundbr. Mecklenbg. N.F. 32: 57-62. Mecklenburgs. 3. neubearb. Aufl. Gustav Stübs, J. (1991): Günther Grempe (1933-1991). Fischer Verlag, Jena. Ornithol. Rundbr. Mecklenbg.-Vorpomm. Sellin, D., Stübs, J. (1992): Rote Liste der ge- 34: 99-100. fährdeten Brutvogelarten Mecklenburg- Stübs, J. (1994): Ornithologische Veröffentli- Vorpommerns. Umweltministerin des chungen von Paul Robien. Ornithol. Landes Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.). Rundbr. Mecklenbg.-Vorpomm. 36: 58-60. Schwerin. Stübs, J. (1997): Überblick über Aktivitäten der Stübs, J., Klafs, G. (1998): Paul Robien – das Ornithologen in Mecklenburg-Vorpom- Werden und Wirken eines pommerschen mern nach 1945. Naturschutzarb. Meck- Ornithologen und Naturschützers. In: lenbg.-Vorpomm. 40, Heft 2: 9. OAMV (Hrsg): Paul Robien (1882-1945). Stübs, J. (1998): Neuer Schriftleiter für den Or- Ein pommerscher Naturschützer und Or- nithologischen Rundbrief Mecklenburg- nithologe. Steffen Verlag, Friedland. S. 39- Vorpommern. Ornithol. Rundbr. Meck- 46. lenbg.-Vorpomm. 40: 94. Stübs, J., Eichstädt, W. (2008): Ergänzte Publi- Stübs, J. (1998): Ornithologische Veröffentli- kationsliste von und über Paul Robien. In: chungen von Paul Robien. In: OAMV Pommern – Die Geschichte des Natur- (Hrsg): Paul Robien (1882-1945). Ein schutzes in Pommern von den Anfängen pommerscher Naturschützer und Orni- bis in unsere Zeit. Friedland. S. 211-216. thologe. Friedland. S. 51-56. Stübs, J. (2006): Straßentaube, Hohltaube, Rin- geltaube, Türkentaube, Turteltaube. In: Unveröffentlichte Beiträge im Nachrichten- Eichstädt, W., Scheller, W., Sellin, D., blatt der Fachgruppe Ornithologie Greifs- Starke, W., Stegemann, K.-D. (Hrsg): Atlas wald der Brutvögel in Mecklenburg-Vorpom- mern. Steffen Verlag, Friedland. Stübs, J. (2000): Litauen ornithologisch. Jah- resbericht 1999 der Fachgruppe Ornitho- Milenz, K., Stübs, J. (1954): Ein Nachweis der logie Greifswald. Weißwangengans in Vorpommern. Falke Stübs, J. (2002): Die Sammlung pommerscher 1: 32. Vögel und Wilhelm Schilling. Jahresbe- Stephan, B, Stübs, J. (1965): Die avifaunistische richt 2001 der Fachgruppe Ornithologie Forschung in der DDR und in anderen eu- Greifswald. ropäischen Ländern. Falke 12: 422-426. Stübs, J. (2002): Zur Geschichte der Fach- Kaiser, W., Stübs, J., Zimdahl, W. (1969): Bitte gruppe Ornithologie und Vogelschutz in um Mitarbeit [Türkentaube]. Falke 8: 105. Greifswald. Jahresbericht 2001 der Fach- Stübs, J., Lambert, K., Siefke, A., Rogge, G. gruppe Ornithologie Greifswald. (l969): Aufrufe und Hinweise [Bitte um Stübs, J. (2006): In memoriam Siegfried Kraatz Mitteilung von Beobachtungen]. Ornit- (1940-2005). Jahresbericht 2005 der Fach- hol. Rundbr. Mecklenbg. N.F. 9: 71-85. gruppe Ornithologie Greifswald. Stephan, B., Stübs, J. (1971): Vögel der Deut- schen Demokratischen Republik - Arten- liste-. Mitt. IG Avifauna DDR Nr. 4: 67-93. Stephan, B., Stübs, J. (1975): Abweichende Wolf-Dieter Busching (1954 – 2010) Thema aber barg eine besondere Brisanz in sich: Die schädlichen Auswirkungen des Dün- gemittelwerkes in Dummerstorf auf die Schmetterlingspopulation. Geradlinig und kompromisslos stellte er den für die DDR be- deutenden Wirtschaftsfaktor „Düngemittel- produktion“ dar, was ihm natürlich politisch keine Freundschaften einbrachte! Und Wolf- Dieter Busching war nicht bereit, sich ir- gendwo einordnen zu lassen, besonders nicht in politischer Hinsicht. Als er, der nicht in der Nationalen Volksarmee der DDR gedient hatte, nach seiner beruflichen Ausbildung gar Reser- veoffizier werden sollte, verweigerte er dies, womit er sich politisch total ins Abseits stellte. Seine einmal gefasste Meinung vertrat er be- harrlich, auch gegen Widerstände. Dies hatte zusätzlich zu persönlichen Differenzen mit verantwortlichen Mitarbeitern des Meeres- kundlichen Instituts der Universität Rostock geführt. Damit war das Fass wohl zum Über- laufen gebracht worden: Wolf-Dieter Busching wurde trotz erfolgreicher Promotion nicht wei- Seit mehr als 30 Jahren kannten wir uns, nun terbeschäftigt, er wurde einer der wenigen Ar- ist er nicht mehr. Am 15. Februar 2010 starb beitslosen der DDR. Sein Einkommen er- Dr. Wolf-Dieter Busching völlig unerwartet in wirtschaftete er sich durch Honorarverträge seiner Köthener Wohnung. Er war einer der mit dem Zoo in Rostock, dem Müritzmuseum ersten, die ich im Herbst 1977 in Neubranden- in Waren und dem Kinderfreizeitzentrum Nix burg aufsuchte, als ich nach meinem Wohn- bei Rostock. ortwechsel Kontakt zu den Ornithologen Als der damalige Direktor des Naumann-Mu- meines neuen Aufenthaltsortes aufnehmen seums in Köthen, Ludwig Baege, invalidisiert wollte. und damit die Stelle vakant wurde, brachten Wolf-Dieter Busching wurde am 31. März 1954 Freunde Wolf-Dieter Busching ins Gespräch. in Neustrelitz geboren, doch verzog die Fami- Und dieser wurde dann am 1. Dezember 1988 lie noch vor seiner Einschulung nach Neu- als neuer Direktor des Naumann-Museums ein- brandenburg. Hier besuchte er die Fritz-Reu- gestellt. Er übernahm damit ein schweres Erbe, ter-Schule bis zur 10. Klasse, wonach er in Jür- denn sein Vorgänger war ein „Vollblut-Orni- genstorf seine Weiterbildung (Abitur mit Be- thologie-Historiker“, dem der Einstieg in Kö- rufsausbildung zum Rinderzüchter) betrieb. then recht schwer gemacht worden war (ich Einem anschließenden Studium der Pflanzen- erlebte dies damals hautnah mit, da ich im da- züchtung in Neugatersleben folgte eine kurze maligen Halle-Neustadt wohnte und mit Lud- Episode in Gülzow (Kartoffelzucht). Hiernach wig Baege freundschaftlich verbunden war). ging er an die landwirtschaftliche Berufsschule Hier musste er sich erst in die Problematik ein- nach Weitendorf (Krs. Güstrow). Besonders die arbeiten und sich zu profilieren versuchen, Ausbildung ausländischer Lehrlinge, z. B. aus wobei ihm seine damaligen Mitarbeiter zur Botswana, bereitete ihm viel Spaß. Hier konnte Seite standen. Seine Leistungen für das Nau- er seine vielen Ideen, wie der Lehrstoff interes- mann-Museum können einem von ihm erar- sant und verständlich umgesetzt werden beiteten „Führer durch das Naumann-Museum könnte, zur Anwendung bringen. Dennoch in Köthen (Anhalt)“ entnommen werden. Ein füllte ihn diese Tätigkeit nicht aus: Er bewarb Museum aber lebt nicht dadurch, dass es exis- sich an der Universität Rostock um eine Pro- tiert, Mitarbeiter und einen Direktor hat, son- motion, die ihm zugestanden wurde. Das dern dadurch, dass es in der Öffentlichkeit wahrgenommen und akzeptiert wird. Ludwig der AULA-Verlag herausgeben wollte. Leider Baege hatte den Acker vorbereitet und mit der aber wurde das Projekt sehr zum Leidwesen der Bestellung begonnen. Diese fortzusetzen war vielen Federinteressierten nach dem ersten eine der dringendsten Arbeiten Wolf-Dieter Band (1997) wegen zu geringen Verbraucher- Buschings. Zunächst baute er – anfangs mit be- interesses aufgegeben. 2005 kam dieser Band trächtlichen Schwierigkeiten, späterhin aber als 2. Auflage (Sonderausgabe) unter dem Titel weit professioneller – die von Baege ins Leben „Einführung in die Gefieder- und Rupfungs- gerufene Publikationsreihe der „Blätter aus kunde“ nochmals heraus. Die weiteren Ausar- dem Naumann-Museum“ zu einer interessan- beitungen aber gab der Autor je nach Er- ten Zeitschrift aus, übrigens der einzigen orni- arbeitungsstand an verschiedene Zeitschriften thologiehistorischen der Welt, wobei er auf zum Druck (wodurch sie heute sehr weiträu- einen von seinem Vorgänger in Anfängen vor- mig verstreut sind), vor allem kamen sie dann handenen Mitarbeiterstab zurückgreifen in der von ihm gegründeten Reihe heraus (es konnte. Das letzte, von ihm selbst fertigge- gab bis 2007 insgesamt 13 Hefte). Die Rup- stellte Heft war die Nummer 26; sie erschien fungssammlung wird im Naumann-Museum 2007. Die Manuskripte für das vorgesehene eine würdige Heimstatt finden. Heft Nr. 27 liegen fast alle druckfertig vor. Seither sind leider keine weiteren Hefte der bei- Eine weitere Publikationsreihe, die „Beiträge den Zeitschriftenreihen aus dem Naumann- zur Gefiederkunde & Morphologie der Vögel“ Museum erschienen. Die dem Museum rief er selbst ins Leben. Er verknüpfte in dieser vorgesetzte Dienststelle hat die für den Druck Zeitschrift Naumannsches Wissen, nämlich erforderlichen Mittel (eine vergleichsweise lä- dessen detaillierte Gefiederbeschreibungen in cherliche Summe, von der auch noch ein Teil der „Naturgeschichte der Vögel Deutschlands“, durch Verkauf wieder hereinkommt) nicht mit seinem eigenen stark ausgeprägten Inte- mehr zur Verfügung gestellt. Inzwischen ist der resse an Rupfungen. Schon als Schüler hatte er dadurch eingetretene Schaden bereits be- damit begonnen, Rupfungen zu sammeln. trächtlich, denn durch das Ausbleiben der Zwischenzeitlich hatte er sich auf diesem Ge- Schriften ist ein Teil des Schriftentausches biet autodidaktisch zu einem Experten entwi- „weggebrochen“. Offenbar ist es noch nicht ckelt, dem wohl kaum jemand etwas bis dahin durchgedrungen, dass es sich hier vormachen konnte. Seine Sammlung umfasste auch um ein deutsches Kulturgut handelt. bei seinem Tode weit mehr als 25.000 Blätter! Nicht nur Werke der bildenden Kunst (vor Nicht so leicht auf Blättern sichtbar zu machen denen häufig genug Betrachter voller Unver- war sein Wissen auf diesem Gebiet. Meistens ständnis stehen) sind „Kultur“ und werden gelang es ihm schon anhand nur einer Feder, teilweise mit Riesensummen gefördert. Förde- seinen ehemaligen Träger namhaft zu machen. rungswürdig sind eben auch und gerade die So hatten wir, mein Sohn Arnulf und ich, z. B. kleinen Stätten der Bewahrung unseres Kultur- gegen Ende der 1970er Jahre mal auf einem erbes. Um dies erkennen zu können, müssen Feld in Sommersdorf am Kummerower See Mitarbeiter in Dienststellen (bis in die höchs- eine Rupfung gefunden, die ich für Wolf-Dieter ten Ebenen) eben fachlich kompetent sein! sammelte. Kaum dass er die erste Feder gese- Dass sich Wolf-Dieter Busching auch mit hen hatte, sagte er: „Oh, schön, Goldregen- Kleinschmetterlingen bestens auskannte, wis- pfeifer.“ Und nur ganz kurze Zeit, nachdem ich sen eigentlich nur diejenigen, die mit ihm in unser Sammelergebnis aus der Aufbewah- der freien Natur unterwegs waren. Seine Pro- rungstüte auf dem Tisch ausgebreitet hatte, motionsarbeit deutet dies bereits an, doch ist hatte er die Schwungfedern zwischen Daumen der Umfang seines Wissens auf diesem Gebiet und Zeigefinger sortiert und zeigte mir zu mei- kaum bekannt. Auch hier war er wissenschaft- nem Erstaunen den kompletten Flügel. Das lich sehr rege und hatte eine nicht unbe- war für mich einfach faszinierend! Hier am trächtliche Sammlung dieser Wirbellosen Naumann-Museum bot sich ihm Gelegenheit, zusammengetragen. Die Kollektion ist durch seine riesige Sammlung öffentlichkeitswirksam die Familie als Dauerleihgabe an das im Auf- auszuwerten. Es sollte ein zehnbändiges bau befindliche Naturwissenschaftliche Mu- „Handbuch der Gefiederkunde“ entstehen, das seum Halle gegeben worden. Damit nicht genug hatte Wolf-Dieter während Naumann-Museum“, das Wolf-Dieter bereits einer Anzahl von Reisen seine besondere Liebe redaktionell bearbeitet hatte, ohne weitere Zu- für Ostasien (China, Mongolei, Japan) ent- schüsse in Anspruch nehmen zu müssen, zum deckt. Und immer wieder zog es ihn in die Druck gebracht werden kann. Sollte es gelin- Mongolei. Er hatte hier viele Freunde gewon- gen, die Schriftenreihen des Naumann-Muse- nen. An der Universität Ulan-Bator, einer Part- ums fortsetzen zu können, so wäre dies ganz nereinrichtung der Universität Halle, habili- im Sinne von Dr. rer. nat. Dr. habil. Wolf-Die- tierte er sich Anfang der 1990er Jahre. Und hier ter Busching und seinem Andenken würdig. in Ostasien hatte er eine neue Leidenschaft entdeckt, die ihn faszinierte: Er sammelte Klei- Joachim Neumann dungsstücke, besonders Kimonos. Über beson- Robinienstraße 117 dere Stücke mit Vogeldarstellungen berichtete 17033 Neubrandenburg er mehrfach in den genannten hauseigenen E-Mail: [email protected] Zeitschriften. Er hatte sich auch auf diesem Ge- biet ein immenses Fachwissen angeeignet, womit er weltweit als Spezialist gelten durfte. Lothar Plath (1938-2010) Seine diesbezügliche Sammlung von kaum schätzbaren Wert ist wohl eine der größten auf dem Erdball. Auch sie soll als geschlossene Sammlung erhalten bleiben, wobei wohl noch nach einer Unterbringungsmöglichkeit ge- sucht wird. Wolf-Dieter Busching war ein Vollblutwissen- schaftler. Seine kleine Wohnung in Köthen war vollgestopft mit Sammlungsgut und Fachlite- ratur. Er unterhielt Verbindungen in die ganze Welt (sein privates Adressbuch enthielt wohl gut 400 Anschriften, wie mir seine Schwester sagte). Und er hatte viele Freunde gefunden – trotz aller charakterlicher Schwächen, die er hatte, und die auch hier nicht verschwiegen werden sollen. Er steckte voller Ideen, auch voller (mitunter verstecktem und bissigem) Humor und war als interessanter Gesprächs- partner (und sicher auch als Mitarbeiter) durchaus nicht immer „leicht zu händeln“. Und nicht jeder fand es originell, wenn er in farbenprächtiger original mongolischer Tracht am Wochenende durch Köthens Hauptstraße flanierte oder auf Tagungen auftrat. Dennoch hinterlässt er nicht nur bei seiner Familie und Schon seit einiger Zeit war es still geworden seinen persönlichen Freunden eine schmerzli- um Lothar Plath, seinen Namen suchte man in che Lücke. der neuesten ornithologischen Literatur leider Wolf-Dieter Buschings Familie hatte im Vorfeld vergeblich. Nur wenigen war bekannt, dass er von Trauerfeier und Beisetzung darum gebe- lange Zeit an einer mit viel Geduld ertragenen ten, von Kranz- und Blumenspenden Abstand Krankheit litt, gegen die er stets mit der Hoff- zu nehmen, statt dessen aber dem Förderver- nung auf Genesung ankämpfte. Diesen Kampf ein des Naumann-Museums eine Spende zu- verlor er schließlich am 2. April 2010. kommen zu lassen. Und es soll der Familie Lothar Plath war am 3. November 1938 in Ha- auch an dieser Stelle gedankt werden, denn es velberg geboren. Wenig später verzog die Fa- ist eine solche Summe zusammen gekommen, milie, zu der auch Bruder Ulrich gehörte, nach dass ein weiteres Heft der „Blätter aus dem Stettin. Die Kriegsereignisse veränderten das Leben der Familie allerdings sehr bald. Stettin heblichen Opfern zu einem gemütlichen musste wieder verlassen werden, und Havel- Wochenendheim hergerichtet wurde. Haupt- berg wurde erneut zum Wohnsitz. Nach Rück- wohnsitz blieb jedoch weiterhin ein Platten- kehr des Familienvaters aus russischer Kriegs- bau. Erst 1992 konnte ein Baugrundstück gefangenschaft änderte sich nicht viel, denn erworben werden, auf dem – auch unter den der ehemalige Berufssoldat musste sich mehr neuen Bedingungen mit viel Mühe und unter recht als schlecht mit Tätigkeiten in verschie- erheblichen Opfern, auch wenn diese nun- denen Berufen durchschlagen. Zu allem Un- mehr etwas anders gelagert waren – schließlich glück starb auch die Mutter früh; beide ein schmuckes Wohnhaus mit einem ökologi- Geschwister wuchsen zunächst in der Obhut schen Garten drum herum entstand. Manches einer Tante und eines Onkels auf. war leichter geworden, anderes jetzt entschie- Lothar Plath besuchte die Oberschule in Ha- den komplizierter, und der Pfusch am Bau be- velberg; er verließ sie nach der 10. Klasse mit reitete so manche schlaflos verbrachte Nacht! dem Zeugnis der Mittleren Reife. Die Havel- Auch hier ließ er die Mitwelt teilhaben an sei- berger Erlebnisse arbeitete er viele Jahre später nen Erlebnissen: „Kampf ums Eigenheim. in einer kleinen Schrift auf, die seine Verbun- Ärger, Nöte und Freuden eines Eigenheimbau- denheit mit der Stadt seiner Kindheit zeigte: ers“ (plaspo-Verlag Rostock, 2008, 89 S.). „Die Kinder der Havelstraße. Erinnerungen an Durch die politischen Ereignisse der Jahre Kindertage in Havelberg in den Nachkriegs- 1989/90 eröffneten sich Lothar Plath mit jahren“ (Plaspo GmbH Rostock, 3. Aufl. 2009, einem Male völlig neue berufliche Perspekti- 111 S.). Nach der Schulzeit begann Lothar eine ven. Die traute Atmosphäre im eigenen Heim Lehre als Wasserbauer. Einer nur kurzen Tätig- war jetzt die Grundlage für die weitere Ent- keit in seinem erlernten Beruf folgte ein Stu- wicklung, die viel Engagement, Umsicht und dium an der Fachschule für Bauwesen in Feingefühl erforderte. Nach den umwälzenden Magdeburg. 1960 beendete er dies erfolgreich, politischen Ereignissen war aus dem Beton- wonach er eine Tätigkeit als Bauingenieur im prüflabor des ehemaligen VEB Bau- und Mon- See- und Hafenbau Rostock übernahm. Ob- tagekombinat Rostock die Prüftechnik Bau und wohl ihn diese Arbeit ausfüllte, war er stets be- Umwelt GmbH geworden, der Lothar Plath als müht, sich weiter zu qualifizieren. So begann Geschäftsführer vorstand. Er baute sie erheb- er 1961 ein Fernstudium an der Technischen lich aus, wurde von seinen Mitarbeitern als Hochschule in Dresden, das er 1971 als Dipl.- Chef akzeptiert und verhalf so manchem von Ing. beenden konnte. Zu dieser Zeit lernte er ihnen zu einem Karrierestart. Nebenher war auch seine Frau Christa kennen; die beiden der viel beschäftigte Mann auch noch als Bau- heirateten 1963. Noch im gleichen Jahre sachverständiger tätig. Im Jahre 1999 schied er wurde Tochter Susanne geboren (sie trat später aus der durch ihn geprägten GmbH aus und in die Fußstapfen des Vaters, wählte den glei- widmete sich nur noch der Tätigkeit als Bau- chen Beruf und konnte im Beruf wie im Priva- sachverständiger (siehe hierzu: Plath, L.: „Bau- ten auf die Hilfe der Eltern bauen). Später war sachverständiger mit lachenden & weinenden für ihn die Geburt des Enkelsohnes Robert ein Augen. Exkurse zwischen Sach- und Schwach- besonderer Höhepunkt. Er widmete ihm eine verstand.“ plaspo-Verlag Rostock, 2008, 137 S.). gesonderte Schrift: „Die Weisheiten meines En- Etwa zu jener Zeit, als er das Fernstudium be- kels“ (Studentenverlag Rostock, 2005, 37 S.). gann und seine Familie gründete, begannen Auch nach seinem Fernstudium war Lothar sich die naturkundlichen Neigungen Lothar Plath stets auf die Erweiterung seiner Fach- Plaths der Ornithologie zuzuwenden, auch kenntnisse bedacht. Folgerichtig führte dies fühlte er sich wieder mehr seiner Heimatstadt letztlich 1989 zu seiner Promotion. Schon zu Havelberg verbunden. Der Natur war er bereits Beginn der 1980er Jahre hatte seine Naturver- in der Schulzeit zugetan gewesen. Er ver- bundenheit den Wunsch nach einem ländli- schlang damals alle naturkundlichen Bücher, chen Domizil geweckt. Die Familie erfüllte sich deren er habhaft werden konnte, betreute das diesen Wunsch schließlich durch den Erwerb Schulterrarium und beobachtete bereits Vögel, einer baufälligen Kate in der weiteren Umge- ohne letzteres intensiver zu betreiben. Dies än- bung Rostocks, die mit viel Mühe und unter er- derte sich jetzt rasch. Er legte sich eine um- fangreiche Bibliothek naturkundlicher und zeichnis der eigenen Veröffentlichungen hat er ornithologischer Literatur zu und beobachtete leider nicht hinterlassen. bei jeder sich bietenden Gelegenheit seine ge- Auch jenseits der 70 hatte Lothar Plath noch fiederten Lieblinge. In seinen Tagebüchern viele berufliche Pläne, auch wollte er ornitho- hielt er alle Beobachtungen akribisch fest. Sie logisch noch eine ganze Reihe von Projekten enthalten umfangreiches Material über die Vo- verwirklichen. Dazu kam es aber leider nicht gelwelt in und um Havelberg (s. gemeinsam mehr. Er starb am 2. April 2010 in Rostock. mit K. Freidank: „Zur Vogelwelt des Elbe- Frau Christa Plath sei auch an dieser Stelle Havel-Winkels“, Genthin 1982) sowie in und dafür gedankt, dass die Tagebücher und die na- um Rostock (siehe z. B. „Die Vögel der Stadt turkundliche Literatur gesichert sind. Die Un- Rostock. Nonpasseres“. 1976 [?]. 112 S. – Leider terlagen befinden sich heute im Umweltarchiv kam kein weiterer Teil zustande!). Vogelkunde an der Hochschule Neubrandenburg. Außer- betrieb Lothar Plath auch im Urlaub. Mehrfach dem stellte sie Fakten aus dem Leben ihres ver- war dies Veranlassung für die Sicherheitsor- storbenen Gatten für diesen Nachruf zur gane der DDR zu Beobachtungen (nicht der Verfügung, wofür ebenfalls Dank abzustatten Vögel, sondern des Beobachters) und nach- ist. Das gleiche gilt für das beigegebene Foto. träglichen Befragungen (wovon viele in der ehemaligen DDR tätigen Vogelbeobachter ein Joachim Neumann Liedchen singen können!). Selbst bei Aus- Robinienstraße 117 landsaufenthalten kam er seines Hobbys 17033 Neubrandenburg wegen in Schwierigkeiten. So wurde er bei- E-Mail: [email protected] spielsweise im „sozialistischen Bruderland Sowjetunion“ wegen dieser Aktivitäten 1985 in Teberda im Kaukasus und 1986 in Jerewan und Baku mehrmals „festgesetzt“ und verhört. Sol- Ekkehard Liese (1941-2009) che Maßnahmen hielten ihn jedoch nicht von weiteren Exkursionen ab. Lothar Plath hielt die Ergebnisse seiner Unter- suchungen nicht in den Beobachtungstagebü- chern unter Verschluss, sondern veröf- fentlichte diese. Rüdiger Holz konnte in der Ornithologischen Bibliografie (Abhandlungen und Berichte des Museums Heineanum 2, Son- derheft) insgesamt bis 1990 nicht weniger als 153 Titel aus seiner Feder nachweisen. Sie er- schienen vorzugsweise in Apus, Beiträge zur Vogelkunde, Falke, Ornithologischer Rund- brief für Mecklenburg und Naturschutzarbeit in Mecklenburg bzw. deren Nachfolgereihen. Ekkehard Liese wurde am 14. Mai 1941 in An- Auch beteiligte er sich wiederholt an Gemein- germünde geboren. Dort verlebte er auch seine schaftsvorhaben wie des durch Gerhard Klafs Kindheit und besuchte von 1947 bis 1955 die und Jürgen Stübs herausgegebenen Buches dortige „Puschkin-Schule“ bis zur achten „Die Vögel Mecklenburgs“ (Gustav Fischer Ver- Klasse und dann von 1955 bis 1957 in lag, Jena; drei Auflagen 1977, 1979 und 1987). Gartz/Oder die Polytechnische Oberschule bis Die Schriftenreihe „Natur und Umwelt, Bei- zur zehnten Klasse mit dem Abschluss der träge aus dem Bezirk Rostock“ hatte er 1980 mittleren Reife. Dem schloss sich eine Ausbil- mit aus der Taufe gehoben und betreute sie dung zum Geflügelzüchter im VEG Criewen- mehrere Jahre als Schriftleiter. In ihr finden Flemsdorf mit Abschluss als Facharbeiter für sich auch einige gehaltvolle Arbeiten aus sei- Geflügelzucht in den Jahren 1957 bis 1959 an. ner Feder. Unter den neuen Bedingungen nach Danach war er im Institut für Tierzuchtfor- 1990 wurden seine Verlautbarungen in der or- schung in Dummerstorf als Facharbeiter für nithologischen Literatur seltener. Ein Ver- Tierzucht beschäftigt. Ab 15. September 1960 nahm Ekkehard Liese eine Beschäftigung im am 15. Februar 2009 in Rostock. Vogelrevier des Zoologischen Gartens Rostock Die Rostocker Ornithologen, alle Falkner des auf und hat dort 46 Jahre als Tierpfleger, Re- Landes und viele Mitglieder der Ornithologi- viertierpfleger und Spezialtierpfleger gearbei- schen Arbeitsgemeinschaft Mecklenburg-Vor- tet. Er machte dort seine Abschlüsse als pommern, die ihn persönlich kannten, werden Facharbeiter für Zootierpflege und 1971 als Ekkehard Liese ein ehrendes Angedenken be- Meister der Zootierpflege. Am 14. Mai 2006 wahren. ging er in den Ruhestand. Seine besonderen beruflichen Erfolge waren die Aufzuchten von Siegmar Müller Saruskranichen, Doppelhornvögeln, Pingui- Schleswiger Straße 11 nen und verschiedenen Greifvogelarten. Sein 18109 Rostock hohes Fachwissen gab er auch an Mitarbeiter E-Mail: [email protected] und Auszubildende weiter. Sehr oft war er auf- grund seiner Erfahrungen Ansprechpartner für die Zooschule, die den Kindern und Jugendli- Horst Ruthenberg (1936-2011) chen im Zoo in anschaulicher Weise Biologie- unterricht erteilt. Weiterhin hatte er einen entscheidenden Anteil an der Haltung von Greifvogelarten nach Falknerart. Besonders be- liebt bei den Zoobesuchern waren seine Greif- vogelvorführungen. Leider hat Ekkehard Liese als sehr belesener und wissbegieriger Mensch nichts publiziert. Schon früh wurde sein Interesse für die heimi- sche Natur und besonders für die Vogelwelt ge- weckt. Ekkehard Liese beschäftigte sich auch in seiner Freizeit hauptsächlich mit der Orni- thologie. Seine Spezialgebiete waren Greifvö- gel und Falknerei sowie Ziergeflügel und Exotenzucht. So besuchte er regelmäßig andere Zoologische Gärten und Vogelausstellungen. Weiterhin interessierte er sich für Schildkröten und Aquaristik. Anfang der 1960er Jahre wurde er Mitglied der Fachgruppe Ornithologie Rostock im Kultur- bund und nahm regelmäßig an den Veranstal- Horst Ruthenberg ist nicht mehr. Er starb nach tungen teil. Dort lernten wir uns auch langer schwerer Krankheit am 11. April 2011. persönlich kennen. Später wurde er Mitglied Mit ihm verlieren wir einen Vollblutnatur- des Landesverbandes der Falkner Mecklenburg- schützer und engagierten Ornithologen. Wer Vorpommerns und der Ornithologischen Ar- ihn gekannt oder mit ihm zusammen gearbei- beitsgemeinschaft Mecklenburg-Vorpommern. tet hat, wird ihn so leicht sicher nicht verges- In den letzten Jahren war Ekkehard Liese aus sen. gesundheitlichen Gründen ornithologisch Am 9. Juli 1936 wurde Horst Ruthenberg in nicht mehr ganz so aktiv. Neubrandenburg geboren. Er blieb seiner Hei- Ekkehard Liese war als bekennender Christ ein matstadt ein Leben lang treu und war damit bescheidener und stiller Mensch, der Achtung ein Urmecklenburger. Diesen wird bekanntlich vor jedem Geschöpf hatte. Er war trotzdem eine sprichwörtliche Sturheit nachgesagt. sehr kontaktfreudig und hatte einen großen Wenn diese Sturheit auch als Beharrlichkeit Freundes- und Bekanntenkreis. So besuchte er und Zielstrebigkeit zu verstehen ist, dann war regelmäßig die Stammtischrunden der Biolo- Horst Ruthenberg ein sturer Mecklenburger. gen der Universität Rostock. Seine Freunde aber wussten diese Eigenschaft Nach langer Krankheit verstarb Ekkehard Liese sehr zu schätzen. Der Beruf eines Försters, den Horst Ruthenberg Bereich Naturschutz beim Landesamt für Um- gern ergriffen hätte, blieb ihm anfangs aus ge- welt und Natur, Außenstelle Neubrandenburg, sundheitlichen Gründen versagt. Er wurde 1991 bis 1992 Angestellter im Staatlichen Amt Elektromonteur und war dann bis 1963 bei der für Umwelt und Natur (StAUN) Neubranden- Technischen Ämterpflege für Fernmeldeanla- burg, um schließlich 1992 bis 1994 als Stamm- gen tätig.In diesem Jahr wechselte er als Sekre- kraft für Landschaftspflege bei der IPSE tär in die Naturschutzverwaltung beim Rat des Neustrelitz GmbH tätig sein zu dürfen. Dann Bezirkes Neubrandenburg, wurde dort schließ- aber wurde einer der profiliertesten Natur- lich Referent, später Oberreferent. Hier entwi- schützer der ehemaligen DDR arbeitslos; zwei ckelte er eine überaus erfolgreiche Tätigkeit, Jahre später „konnte er“ in den Ruhestand die ihm sehr viel Anerkennung, jedoch auch gehen. eine Menge Unannehmlichkeiten eintrug. Er Schon als Jugendlicher hatte Horst Ruthenberg konnte sich aber seinen großen Wunsch erfül- in seiner Heimatstadt ständig Vögel beobach- len, beruflich in der Forstwirtschaft den Ein- tet. Die Stadt selbst mit der damals noch als stieg zu finden: 1964 qualifizierte er sich zum Biotop funktionierenden Wallanlage und die Forstfacharbeiter, wurde 1966 zum Forstmeis- wasser- und gehölzreiche Umgebung forderten ter ernannt, 1969 gar zum Oberforstmeister. zwangsläufig dazu heraus. Bereits vor der Auf- 1980 wurde Horst Ruthenberg nach erfolgreich nahme der Tätigkeit im Verwaltungsdienst ver- abgeschlossenem Fernstudium an der Forst- suchte Horst Ruthenberg, eine Gruppe fachschule Rabensteinfeld Forst-Ingenieur. Gleichgesinnter in seiner Heimatstadt organi- Sein beharrliches Engagement für einen effek- satorisch zusammenzubringen, um einen Ge- tiven und nachhaltigen Naturschutz führte dankenaustausch über die Vogelwelt und den letztlich zu Problemen für ihn durch Behörden Vogelschutz in seinem Wirkungskreis zu er- und Staatsorgane, die bis in die Privatsphäre möglichen und um die Kräfte zu bündeln. So hineinreichten. So wurde er schließlich 1984 gründete er 1961 die Fachgruppe Ornithologie, disziplinarisch gemaßregelt und aus dem Rat die jedoch nach wenigen Jahren wieder ausei- des Bezirkes „entfernt“. Er war dann bis 1990 nanderfiel. Immerhin aber hatte er damit Leiter Naturschutz des Staatlichen Forstwirt- einen Keim gelegt, der langsam heranreifte. Als schaftsbetriebes Neustrelitz. Die Ereignisse in- dann einer der Autoren (G. A.) 1970 seine Zelte folge der politischen Umwälzungen bedeu- dauerhaft in der Bezirksstadt Neubrandenburg teten auch für den Naturschutz eine Zäsur. aufschlug und sofort Kontakt zu Horst Ru- Wenn wir einst neidvoll nach dem „Westen“ thenberg aufnahm, konnte die Fachgruppe schielten, weil dort die Naturschützer offenbar unter seiner Leitung wieder aktiviert werden, bessere Arbeitsmöglichkeiten hatten, so wur- nachdem sie zwischenzeitlich von H. Förster den wir bald durch die Realität eines Besseren geleitet worden war. Seither besteht sie durch- belehrt, denn die effektivere, wenn auch weit- gängig, auch wenn die polititsche Entwicklung aus weniger laute Naturschutzarbeit hatten wir – wie überall im Osten der Bundesrepublik – „im Osten“ auf die Beine gestellt – auch Dank Spuren hinterlassen hat. Immerhin aber ist die von Männern wie Horst Ruthenberg! Nicht Fachgruppe Ornithologie Neubrandenburg in- umsonst hatten die Naturschutzaktivisten der zwischen ein zuverlässiges Gremium innerhalb Bewegung, von denen Ruthenberg wohl einer der Ornitho- logischen Arbeitsgemeinschaft der bedeutendsten war, nach 1990 um ihre Mecklenburg-Vorpommern. Existenz zu kämpfen. Alles das, was sie einst Die vielen Ideen, die Horst Ruthenberg entwi- mühevoll und unter persönlichen Opfern ckelte und mit denen er die Naturschutzarbeit gegen die Willkür von Funktionären aufgebaut in dem ehemaligen Agrarbezirk Neubranden- hatten, ging nun „den Bach hinunter“. Und burg anzukurbeln gedachte, die konnte er erst unbequeme Mitarbeiter wie Horst Ruthenberg nach Aufnahme der Arbeit bei der Natur- wurden langsam mehr und mehr isoliert. War schutzverwaltung langsam und behutsam um- Horst Ruthenberg anfangs noch Bereichsleiter setzen. Dabei verstand er es, die staatlichen Naturschutz im Zentrum für Landschaftspflege Stellen von seinem Konzept zu überzeugen. und Naturschutz des Bezirkes Neubranden- Dass er hierfür im politischen Bereich einige burg, wurde er 1991 kurzzeitig Angestellter im Zugeständnisse machen musste, lag in der Natur der Sache. Immer aber blieb Horst Ru- auch in anderen Fällen nicht als Amt für, son- thenberg seinen Prinzipien treu und verlor sein dern als ein solches gegen Umwelt und Natur ehrgeiziges Ziel nie aus den Augen. Durch diese gerichtetes fungierte), mit Füßen getreten und Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit gelang es Arbeit für die Natur verhindert! Die Bibliothek ihm, bereits 1966 eine Naturschutzstation der Station wurde an die Umweltbibliothek (Nonnenhof) zu eröffnen. Bis 1985 konnten Neubrandenburg abgegeben, die inzwischen vier weitere derartige Stationen, die schließlich angesammelten Präparate wurden verstreut, ei- mit 18 hauptamtlichen Mitarbeitern besetzt nige befinden sich noch heute im StAUN Neu- waren, ihre Arbeit aufnehmen. Sie betreuten brandenburg. Die ehemaligen Mitglieder der und erforschten die in ihrem Bereich befindli- Fördergemeinschaft konnten nichts tun gegen chen Schutzgebiete, führten praktische Natur- die Entwicklung. Sie konnten all dies nur mit schutzarbeiten durch und koordinierten zen- Bitterkeit registrieren. Wie sehr mag diese Si- trale Arbeitsvorhaben. Die Stationen dienten tuation an Horst Ruthenberg gezehrt haben, als Schulungsstätten für Naturschutzmitarbei- der sein Lebenswerk vernichtet sah! Mögli- ter. Eine derartige Vorgehensweise war bis cherweise hat all dieses zu seiner langen dahin in der ehemaligen DDR vollkommen schweren Erkrankung nicht unwesentlich bei- neu und fand bald Nachahmer in anderen Be- getragen! zirken. Seit 1964 finden sich Publikationen Horst Ru- Frühzeitig hatte Horst Ruthenberg Kontakt zu thenbergs im vogel- und naturkundlichen Hubert Weber an der damaligen Vogelschutz- Schrifttum (eine Auflistung der insgesamt 85 station Serrahn aufgenommen; hier absolvierte Arbeiten geben Behrens und Ziese, 2007). er 1959 einen Kurs für Vogelberinger. Bis 1985 Seine Verlautbarungen waren häufig nicht konnte durch die Beringergemeinschaft, die ohne Brisanz. Er vertrat dort recht eindeutig gemeinsam mit den hauptamtlichen Mitarbei- seine als richtig erkannten Maßnahmen auch tern der Naturschutzstationen gegründet wor- entgegen der von staatlicher Seite vertretenen den war, ein Datenfonds von etwa 250.000 Meinung. In Fachkreisen war er damit rasch Beringungen erbracht werden, die etwa 40.000 bekannt geworden. Das führte u. a. dazu, dass Wiederfunde erbrachten. Selbst war Horst Ru- er 1973 in den Zentralen Fachausschuss für Or- thenberg als Beringer bis zum Jahre 2000 re- nithologie und Vogelschutz des Kulturbundes gelmäßig aktiv, danach nur noch sporadisch. berufen wurde, was seine Position im Agrarbe- Wie bereits oben angedeutet, hatte die allge- zirk Neubrandenburg wiederum etwas festigte. mein erhoffte und gewünschte politische Als aktiver Jäger vertrat er auch die Ziele für Wende 1990 auch für den Naturschutz keines- eine umwelt- und naturschutzgerechte Jagd. wegs nur angenehme Folgen. Mühsam Errun- So blieb es nicht aus, dass Horst Ruthenberg genes wurde nun mit einem Federstrich vom in viele Funktionen berufen wurde und auf- Tisch gewischt, oftmals von aus den alten Bun- grund seiner zielgerichteten, kompetenten Ak- desländern importierten Leitungskräften, die tivitäten auch vielfach Auszeichnungen erhielt häufig genug sachlich und fachlich nicht aus- (s. Behrens und Ziese 2007). Ganz besonders reichend kompetent waren. So wurden die war sein Rat gefragt als Redaktionsmitglied der einst durch Horst Ruthenberg installierten Na- „Naturschutzarbeit in Mecklenburg“ bzw. der turschutzstationen des ehemaligen Bezirkes Nachfolgereihe (1964-2002) und des „Orni- Neubrandenburg ziemlich rasch geschlossen thologischen Rundbriefes Mecklenburg-Vor- (sie konnten ja nicht zum Nulltarif betrieben pommern“ (ebenfalls bis 2002), außerdem werden). Als letzte dieser Einrichtungen hatte sorgte er sich jahrelang um die finanzielle Si- die Station in Nonnenmühle bis 1992 überlebt. cherstellung der letztgenannten Reihe. Hier hatte Ruthenberg inzwischen eine kleine, Horst Ruthenberg ist nicht mehr. Der geradli- aber sehr aktive „Fördergemeinschaft“ gegrün- nige Natur- und Vogelschützer, der sich in kei- det, die die Station nutzen konnte, bis ihr im ner Weise verbiegen ließ, wird allen, die ihn Jahre 2006 die Heimstatt genommen und die kannten, unvergesslich bleiben. Und wir sind Gebäude abgerissen wurden. Hier wurde völlig stolz darauf, dass wir ein Stück des Weges mit ohne Not ehrenamtliche Tätigkeit durch eine ihm gehen durften. staatliche Einrichtung, das StAUN (das hier wie Literatur und ruhige Leben eines Rentners war. Bis zu- Behrens, H., Ziese, B. (Bearb., 2007): Lexikon letzt war er mit vollem Einsatz im National- der Naturschutzbeauftragten. Band 1. parkservice in Federow tätig. Mecklenburg-Vorpommern. Steffen Ver- Hans-Jürgen Jessel wurde am 27. August 1945 lag, Friedland. in Waren geboren. Bereits als Schüler zeigte sich sein Interesse für die Natur. Menschen wie Gerhard Ackermann Karl Bartels, Karl-Heinz Moll und Horst Schrö- Semmelweisstraße 17 der wussten seine Naturbegeisterung auf die 17036 Neubrandenburg Vogelwelt zu lenken. Als 1956 die „Natur- kundliche Fachgruppe“ gegründet wurde, war Joachim Neumann er natürlich bald dabei. Aus dieser Jugend- Robinienstraße 117 gruppe ging unter Horst Schröders Leitung die 17033 Neubrandenburg Ornithologische Fachgruppe Waren hervor. Die Beobachtungstätigkeit fokussierte sich vor allem auf das „NSG Ostufer der Müritz“. Hans-Jürgen Jessel (1945-2011) Gänse, Kraniche und Greifvögel waren bevor- zugte Arten, aber auch praktischer Vogel- schutz, wie etwa das Anbringen von Nistkästen, die Beräumung der Möweninsel und manches andere Projekt wurden durchge- führt. Nach dem Abitur begann Hans-Jürgen Jessel zunächst eine Forstlehre, hatte er doch den Wunsch, ein Forstingenieurstudium im sächsischen Tharandt anzutreten, was sich aber nicht realisieren ließ. Er entschied sich für das Studium der Meliorationstechnik. In die- ser Sparte arbeitete er viele Jahre als Ingenieur an verschiedenen Entwässerungsvorhaben. Schon 1976, nach dem Fortgang von Horst Schröder, übernahm Hans-Jürgen Jessel die Lei- tung unserer Fachgruppe. Die damit verbun- denen Aufgaben waren vielfältig. So waren periodische Zählungen, etwa die Wasservogel- zählung, zu koordinieren. Ein umfangsreiches Arbeitsfeld wurde die Er- stellung der Avifauna des Kreises Waren (Kremp et al. 1996). Die politische Wende im Lande brachte für Hans-Jürgen Jessel eine be- rufliche Neuorientierung. Er wurde zu einem der Mitstreiter für einen Nationalpark im ehe- maligen Staatsjagdgebiet. Nach dessen Grün- dung fand er dort zunächst eine Anstellung in der Nationalparkverwaltung. Zwischenzeitlich folgte wieder eine Tätigkeit in seinem Beruf als Bauleiter in einem Tiefbaubetrieb. Im Jahre Foto: Igor Heinzel. 2001 fand er als Mitarbeiter im Nationalpark- service in Federow eine besonders befriedi- Mit Bestürzung nahmen wir den plötzlichen gende Aufgabe. Mit großem Einsatz füllte er Tod unseres langjährigen Fachgruppenmitglie- diese Tätigkeit aus. Ob als kundiger Führer am des Hans-Jürgen Jessel zur Kenntnis. Der Tod Ostufer der Müritz, als Begleiter zum Kranich- riss ihn am 24. September 2011 aus dem schlafplatz oder vor dem Bildschirm des Fisch- Leben, das noch keineswegs das beschauliche adlermonitors, den Teilnehmern solcher Lehrstunden wird seine Sachkunde, seine hu- Hans-Reimer Stotz (1932 – 2010) morvolle, gelegentlich wohl auch sarkastische Darstellung in Erinnerung bleiben. Besser lässt sich Begeisterung für die Natur nicht übermit- teln. Der herbstliche Kranichzug und die Rast dieser imposanten Vögel hatten für Hans-Jür- gen Jessel einen ganz besonderen Reiz. Über Jahrzehnte hinweg wurde eine lückenlose Auf- stellung der Rastzahlen im Müritzkreis erarbei- tet. Die Auswertung erfolgte in einer umfangreichen Dokumentation (Boldt et al. 2010). Mit dem viel zu frühen Tod von Hans-Jürgen Jessel verliert unsere Fachgruppe einen kennt- nisreichen Ornithologen und einen streitbaren Naturschützer. Wir werden uns noch lange sei- ner erinnern.

Literatur Boldt, A., Jessel, H.-J., Schwarz, R. (2010): Ak- tuelle Ergebnisse zur Rast des Kranichs Grus grus im Müritzgebiet. Vogelwelt 131: 129-134. Silke und Hans-Reimer Stotz in den Dünen bei Ve- Kremp, K., Graf, H.-D., Jessel, H.-J., Ladendorf, jers (Dänemark). B. (1996): Die Vogelwelt der Müritz-Na- tionalpark-Region (Müritzkreis). Hrsg.: Geboren wurde Hans-Reimer Stotz 1932 direkt Förderverein Müritz-Nationalpark e.V. hinein in eine unruhige Zeit. Unter den Um- ständen der damaligen Zeit hat er viel leiden Dr. Klaus Kremp müssen, denn sein Vater, Schriftleiter bei den Fontanestraße 52 Husumer Nachrichten, erhielt schon 1933 Be- 17192 Waren rufsverbot in Schleswig-Holstein, weil er nicht in die NSDAP eintreten wollte. In Wolfenbüt- tel (Niedersachsen) versuchte er einen neuen Start, doch schon bald erging es ihm dort auch nicht anders. Danach kam seine Familie nach Wismar, wo der Vater das Kaufhaus Stotz und Co. erwarb. Nun wurde es ruhiger für die Fa- milie bis der Krieg begann. Da Wismar gefähr- det war, wurden die Kinder 1943 in Kinderheime nach Schlesien geschickt, H.-R. Stotz aber kam zu den Großeltern nach Hade- marschen am Kanal. Dort wurde vom Großva- ter, einem Mittelschulrektor, sein Interesse für die Natur geweckt. Das galt lange Zeit haupt- sächlich der Botanik. Auch im Studium be- schäftigte er sich hauptsächlich mit den Pflanzen. So galt auch seine Examensarbeit, von einem Waldstück am Kanal eine Pflanzen- aufnahme zu machen. Doch die Vögel interes- sierten ihn auch damals schon. Nach dem Studium in Hamburg und Kiel (Biologie und Mathe) landete er in Glückstadt an der dorti- gen Mittelschule, wo er seine Silke kennen- Briefmarken (ich verhalf der Deutschen Post lernte. Beide heirateten 1964 und landeten der DDR zu „Rekordumsätzen“) und ornitho- 1966 schließlich in Kummerfeld bei Pinneberg. logischer Fachliteratur durchaus auch private Dort gab es einen großen Hausgarten, der ganz und politische Gedanken ausgetauscht wur- dem Naturschutz gewidmet wurde. Alle Pflan- den. Nach der deutschen Wiedervereinigung zen dienten nur dem Zweck, den Vögeln zu gab es etliche sehr anregende persönliche Be- nutzen. Am Gartenhaus wurde eine ganze gegnungen sowohl im Pinneberger Marsch- Wand ausschließlich dem Insektenschutz vor- land bei der Punkt-Stopp-Zählung (mit Dillys behalten. Allerdings durfte der Garten von den Gunner und anschließender zünftiger Stär- Kindern nur selten betreten werden, um die kung beim Griechen) als auch bei Wasservo- Vögel nicht zu verjagen. Jahrelang wurden Lis- gelzählungen an der Wismarbucht. So hat ten geführt über die Arten, die auf dem Grund- denn diese Begegnung mit dazu beigetragen, stück zu sehen waren (die beim Nachbarn Menschen im geteilten Deutschland wieder zählte er nicht mit!). Er hatte sich auch das Ziel näher zu bringen über das gemeinsame Inte- gesetzt, alle Vögel Europas gesehen zu haben. resse an der Natur. Da halfen natürlich die vielen Reisen, die sich immer nach den Vögeln richteten. Meistens Ich danke Frau Silke Stotz (Kummerfeld) für war man in Gesellschaft anderer Ornis unter- die einfühlsame Schilderung des Lebensweges wegs. Sie waren auch für die Ehefrau interes- eines angenehmen Zeitgenossen…. sant, obwohl sie nicht über die Artenkenntnis verfügte. Als dann der Osten geöffnet wurde, Rolf-Rüdiger Strache erwachte die Sehnsucht dorthin: Wolga- und An der Köppernitz 16 b Donaudelta, Kirgistan, Usbekistan, auf der 23968 Groß Woltersdorf Lena bis zum Eismeer, aber auch Spitzbergen, Island, Grönland standen auf dem Plan. Nach jeder Tour wurde ein wunderbares Album an- gefertigt, das als Reisebuch hätte verkauft wer- den können. Hans-Reimer Stotz hat immer Vogelzählungen gemacht. Und Ehefrau Silke war oft dabei: Punkt-Stopp-Zählung, Wasser- vogelzählung, Wintervogelzählung. Auch unter großen Schmerzen (Neuropathie) hat er sie immer durchgeführt. Die Ergebnisse wurde gewissenhaft weitergemeldet. In den letzten Jahren interessierten ihn besonders die Schwäne, vor allem die Zwergschwäne hatte es ihm angetan. Auch die Zählergebnisse hat er weitergegeben, an die Zentrale in Holland, selbst leider nur sehr wenig publiziert. Einige Jahre lang, eigentlich bis zuletzt, studierte er die Wespen, die ihm so den Weg kreuzten. Die, die er nicht selbst bestimmen konnte, schickte er zu Jane Smissen nach Lübeck. H.-R.Stotz hat immer gern mit anderen Naturliebhabern kor- respondiert. Mein Kontakt begann 1984, nach- dem mich Norbert Bahr in den Ornithologischen Mitteilungen für Schleswig- Holstein auf eine Anzeige für einen West-Ost- Briefwechsel von Hans-Reimer Stotz aufmerksam gemacht hatte. Es enspann sich ein äußerst reger Briefwechsel zwischen Wis- mar und Kummerfeld, in dem neben DDR-