REGIONALER SOZIALDIENST - - - KIRCHDORF - OPPLIGEN - - W ICHTRACH

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Jahresbericht 2019

Zur Kenntnis genommen und genehmigt im Zirkularverfahren von der Kommission RSD Wichtrach im Mai 2020

Vorwort zum Jahresbericht 2019

Vor vier Jahren bin ich in den Gemeinderat von Wichtrach gewählt worden. Unerwartet wies man mir das Ressort Soziales zu. Ich wurde buchstäblich ins kalte Wasser geworfen. In meiner ganzen beruflichen Laufbahn oder durch meine Tätigkeiten bei Organisationen oder Vereinen, war ich nur am Rande mit sozialen Themen konfrontiert. So stiess ich von Amtes wegen zum regionalen Sozialdienst Wichtrach und Umgebung. Zugleich war ich Mitglied der Geschäftslei- tung und Vorsteher der Sozialkommission wo alle angeschlossenen Gemeinden vertreten sind.

Dank der Unterstützung von Gabi Müller und dem unerlässlichen Studium von Reglementen und Verordnungen gewann ich allmählich einen kleinen Einblick in die sehr komplexe Materie. Durch das erlangte Wissen wuchs bei mir ein komplett anderes Verständnis für die Sozialar- beiter und die Leistungsbezüger. Aus der Presse erhält man oft nicht objektive Informationen über Sozialhilfebezüger. Über die «wahren» Schicksale und Notsituationen wird wenig berich- tet. Auch über die psychische Belastung der Mitarbeiter, durch die Verarbeitung des Erlebten, spricht man nicht. Mir ist heute bewusst, dass das Arbeiten eines kaufmännischen Mitarbeiters nicht mit der «Arbeitswelt» in einem Sozialdienst verglichen werden kann. Mein Fazit; ich habe viel gelernt und meine Wahrnehmung zum Thema Soziale Wohlfahrt hat sich deutlich geän- dert.

Wir müssen zu unserem Regionalen Sozialdienst Sorge tragen und gleichzeitig wachsam sein. Der Druck auf die kleineren Dienste wird stetig zunehmen. Deshalb begrüsse ich die Absicht, die Veränderungen in den näherliegenden Sozialdiensten aktiv zu verfolgen und gegenüber einer überregionalen Zusammenarbeit offen zu sein. Der Gemeinderat Wichtrach bekennt sich klar zum Erhalt des RSD Wichtrach.

Im Dezember des letzten Jahres erreichte uns plötzlich und unerwartet die Nachricht, dass unser Geschäftsleitungs- und Kommissionsmitglied Brigitte Blaser verstorben ist. Wir alle wa- ren geschockt und fassungslos. Brigitte Blaser vertrat die Gemeinde Oppligen äusserst kom- petent. Ihre offene, fröhliche und engagierte Art, ist mir in sehr guter Erinnerung bleiben.

Ich danke allen Kommissionsmitgliedern für ihre Mithilfe und die Zusammenarbeit in den letz- ten vier Jahren. Gabi Müller danke ich herzlich für ihre offene, kollegiale Gesprächsbereitschaft und ihre grosse Unterstützung.

Bruno Riem, Gemeindepräsident Wichtrach

RSD Wichtrach – Jahresbericht 2019 Seite 2 von 9

1. Kommission RSD und Geschäftsleitung

1.1. Kommissionssitzungen Im Berichtsjahr fanden zwei Kommissionssitzungen statt. Das Präsidium wird von Bruno Riem, Gemeinderat von Wichtrach geführt. Die Ausübung des Controllings durch die regelmässige Dossierkontrolle vor Ort ist eine wichtige Funktion der Kommission. Im Berichtsjahr wurden 13 Dossiers kontrolliert. Bei der Dossierkontrolle fand jeweils ein reger Gedankenaustausch zwischen den kontrollierenden Gemeinderäten, der Stellenleiterin und den Sozialarbeitenden statt. Es gab viele interessante Rückfragen insbesondere im Zusammenhang mit Kürzungen von Sozialhilfeleistungen oder der Teilnahme an den Beschäftigungsprogrammen. Besonders einschneidend und schockierend traf uns der plötzliche Tod von Brigitte Blaser. Sie wurde von allen Kommissionsmitgliedern als kompetente, engagierte und konstruktive Per- son sehr geschätzt. Für die Belange der Klienten des RSD hat sie sich sehr interessiert und eingesetzt.

1.2. Geschäftsleitung Die Geschäftsleitung setzte sich zusammen aus den Vertreterinnen von Rubigen, Franziska Woodtli, und Oppligen, Brigitte Blaser sowie dem Präsidenten Bruno Riem. Drei Geschäftsleitungssitzungen fanden statt. Themen waren neben dem Informationsaus- tausch über das Tagesgeschäft im RSD, die Auswirkungen der Gesetzesregelungen auf den RSD sowie Überlegungen zur strategischen Ausrichtung des RSD.

2. Aus dem RSD

2.1. Sozialhilfe Die GEF (Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons ) ist das oberste Kontrollorgan über die Aufwendungen in der Sozialhilfe. Sie regelt die kantonalen Vorgaben für die Ausrich- tung der Sozialhilfe. Für das Jahr 2018 war die Überarbeitung des kantonalen Sozialhilfege- setzes, das von 2001 stammt, geplant. Aufgrund einer Volksinitiative kam es bisher nicht zur Umsetzung. Im Mai 2019 wurde in einer Volksabstimmung die Gesetzesänderung abgelehnt. Im letzten Jahr haben nahezu alle Ansprechpartner für die Sozialdienste in der GEF, neu GSI (Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion) gewechselt. Dies führte zu Unsicherheiten, da nicht immer die gewünschten Auskünfte in bekannter Qualität eingeholt werden konnten.

Entwicklung der Sozialhilfe: Die Abteilung Existenzsicherung des Kanton Bern veröffentlichte in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Statistik eine Übersicht der Sozialhilfequote im Vergleich:

2016 RSD 2,17% Kt. Bern 4.58% CH 3,3 % 2017 RSD 1,65% Kt. Bern 4,55% CH 3,3 % 2018 RSD 1,68% Kt. Bern 4.37% CH 3,2 %

Schweizweit ist die Sozialhilfequote im 2018 erstmals seit 10 Jahren gesunken.

2.2. Besoldungskosten Die finanziellen Aufwendungen für die Klienten unterliegen dem sogenannten Lastenverteiler. Für die Lohnkosten werden vom Kanton finanzielle Mittel gesprochen. Die Berechnung der finanziellen Beteiligung des Kantons hat vor ein paar Jahren von geführtem Fall = Stellenpro- zent umgestellt auf Fallpauschalen. Seit der Einführung des Kindes- und Erwachsenenschutz- gesetzes im 2013 werden die Fallpauschalen von der GSI und der JGK (Direktion für Inneres und Justiz) je für die Fälle ihrer Fachrichtung getrennt ausgerichtet. Seither hat fast jährlich die Definition der Fallkategorien oder der Abrechnungsmodus geändert. RSD Wichtrach – Jahresbericht 2019 Seite 3 von 9

Zum Beispiel wurde im 2018 im Bereich Mandatsführung von geführten Fällen zur Stichtags- zählung gewechselt. Ende 2018 wurde das Reglement für die Entschädigung der Mandatstra- genden überarbeitet mit Inkrafttreten per 01.01.2019. Seither bleiben die Entschädigungen die der verbeiständeten Person von der KESB in Rechnung gestellt werden beim Kanton und werden nicht mehr an den mandatsführenden Sozialdienst ausgerichtet. Dies mit der Begrün- dung, die Sozialdienste werden mit der Fallpauschale vom Kanton für ihre Arbeit entschädigt. Eine Planung wird immer schwieriger. Die Regelungen im Zeitpunkt der Budgetierung müssen nicht zwangsläufig noch denen entsprechen, nach denen, wenn das Jahr dann abgerechnet wird.

Besonders zu schaffen macht uns weiterhin die Umstellung auf die Stichtagszählung im Be- reich der Mandatsführung. Am meisten Aufwand entsteht bei der Fallaufnahme und beim Fall- abschluss oder bei der Fallübergabe an einen anderen Dienst. Wird der Fall jeweils unter dem Jahr abgeschlossen, wird in dem Jahr keine Fallpauschale ausgerichtet. In diesem Jahr haben wir total 111 Mandate ** im Kindes- und Erwachsenenschutz geführt, wovon 18 unterjährig abgeschlossen wurden, d.h. für 16% der geführten Fälle in diesem Be- reich haben wir keine Fallpauschale erhalten (siehe Tabelle und Diagramm1).

Tabelle 1: Übersicht und Entwicklung der geführten Fälle und Abrechnung

Geführte Abgerech- Geführte Abgerech- KESB Fälle 2018 net 2018 Fälle 2019 net 2019

Beistandschaft Erwachsene 63** 56** 70** 63**

Beistandschaft/Vormundschaft 46** 35** 41** 30** Minderjährige

Abklärungsauftrag 18 18 18 18 Erwachsenenschutz

Abklärungsauftrag generelle 2 2 1 1 Bewilligung Aufnahme Pflegekind

Abklärungsauftrag Kindsschutz 16 16 27 27

Elternbeitragsberechnung. Mass- 3 0 8 0 nahme / klären Vermögen

PriMa: Ernennung, Beratung, Rech- 5 5 6 6 nungsführung

Pflegekinderaufsicht inkusive 14 14 9 9 Passung FP

Pflegekinderaufsicht Tagespflege 11 11 13 13

Beratung unverheirateter Eltern 5 5 2 2 (einmalig)

Rechnungsführung für PriMa 0 0 0 0

Total 183 162 195 169

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Diagramm 1: Übersicht und Entwicklung der geführten Fälle und Abrechnung

Fallverrechnung Mandate

ohne Verrechnung 16%

Geführte Fälle 2019 ohne Verrechnung

2.3. Entwicklung der fallbezogenen Stunden

Die Fallzahlen waren in diesem Jahr stabil. Der Anteil der Fälle mit komplexen Problemstel- lungen nimmt weiter zu. Häufig passiert es, dass sich aus einem einfachen Sozialhilfeantrag plötzlich viele andere Probleme und Aufgaben ergeben. Bei der Beratung können diese Probleme meistens nicht ausser Acht gelassen werden. Die Beratung nimmt dann sehr viel mehr Zeit in Anspruch als anfänglich gedacht. Die Arbeitszeit verteilt sich nicht gleichmässig über die verschiedenen Fallkategorien. Tendenziell nimmt bei der Bearbeitung der Sozialhilfefälle der Zeitaufwand zu, die Fallpauschale ist eher knapp bemessen. Auch der administrative Aufwand in der Fall- führung wird immer höher, der dafür vorgesehene Zeitaufwand immer knapper. Dies ist zum einen bedingt durch die kantonalen Vorgaben zum anderen durch die immer mehr werden- den Vorgaben der internen Revision. Sehr anschaulich verdeutlichen die nachfolgenden Darstellungen der „fallbezogenen Stun- den“ (Tabelle 2), der „Anzahl Sozialhilfefälle pro Gemeinde“ (Diagramm 2) und der „Zeitver- teilung pro Fallkategorie und Fall“ (Tabelle 3) die Entwicklung der letzten Jahre.

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Diagramm 2: Entwicklung der Sozialhilfefälle in den Gemeinden RSD 2016-2019

Entwicklung Sozialhilfefälle pro Gemeinde 80

70

60

50

40

30

20

10

0 Gerzensee Jaberg Kiesen Kirchdorf Mühledorf Noflen Tägertschi Oppligen Rubigen Wichtrach

2016 2017 2018 2019

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Tabelle 3: Zeitverteilung pro Fallkategorie und Fall

Auf- Auf- Aufwand wand wand Bezeichnung Aufwand pro Fall pro Fall Stun- pro Fall Stunden pro Fall in Stunden Fälle in Std. Stunden Fälle in Std. den Fälle in Std. 2019 Fälle 2019 Std. 2019 2018 2018 2018 2017 2017 2017 2016 2016 2016 Präventive Beratungen 167 34 4.91 246 67 3.67 253 59 4.29 160 61 2.62 Sozialhilfe 4917 137 35.89 5255 141 37.27 5347 150 35.65 5399 160 33.74 Abklärungen im Auftrag KESB 874 45 19.42 797 36 22.14 1035 55 18.82 750 56 13.39 Mandate im Auftrag der KESB 3865 111 34.82 3732 91 41.01 3081 95 32.43 2976 84 35.43 Pflegekinderaufsicht 91 22 4.14 85 25 3.40 109 21 5.19 74 38 1.95 Alimentenbevorschussung 36 3.83 26 3.83 327 20 4.81 270 21 12.86 Alimente Inkasso 345 69 3.83 333 61 3.83 48 4.81 134 42 3.19 Betreuung PriMa inkl. Münsin- gen 310 63 4.92 278 61 4.56 230 76 3.03 216 81 2.67 Sozialhilfeinkasso 8 26 0.31 15 26 0.58 25 28 0.89 10 4 2.50 Zusammenzug 10577 543 19.48 10741 534 20.11 10407 552 18.85 9989 547 18.26

Auf der folgenden Seite werden in der „Fallstatistik nach Stunden/nach Fachgebiet“ (Diagramme 3 und 4) die geleisteten Stunden und die Anzahl der Fälle pro Kategorie 2019 plastisch dargestellt. Daraus ersichtlich wird die unterschiedliche Intensität der einzelnen Kategorien.

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Fallstatistik nach Stunden 2019

Betreuung PriMa inkl. Münsingen; 310 Sozialhilfeinkasso; 8 Alimentenbevorschussung… Präventive Beratungen; 167

Pflegekinderaufsicht; …

SozialhilfeDiagramm; 4917 3 Mandate im Auftrag Abklärungen im der KESB; 3865 Auftrag KESB; 874

Fallstatistik nach Fachgebiet 2019 Betreuung PriMa inkl. Sozialhilfeinkasso; 26 Münsingen; 63 Präventive Alimenten Inkasso; 69 Beratungen; 34

Sozialhilfe; 137

Abklärungen im Auftrag KESB; 45

Alimentenbevorschus sung; 36 Mandate im Auftrag Pflegekinderaufsicht; 22 der KESB; 111

Diagramm 4

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3. Schlussgedanken der Stellenleiterin

Im Dezember 2016 durften wir in die neuen Räumlichkeiten an der Kirchstrasse 10 in Wichtrach umziehen. Die Räumlichkeiten sind grosszügig und hell. Das Team geniesst es auch im dritten Jahr jeden Tag von neuem in diesen Räumlichkeiten arbeiten zu dürfen. Die Arbeitsabläufe haben sich eingespielt und es ist sowohl für die Klienten wie für die Mitarbei- tenden eine Erleichterung in dieser Atmosphäre an den häufig schwierigen Situationen arbei- ten zu können.

Unser Arbeitsalltag ist von Veränderungen geprägt. In der Zusammenarbeit mit der KESB oder im Bereich wirtschaftliche Sozialhilfe sind die Arbeitsabläufe immer wieder neuen Anforderun- gen und Gesetzesänderungen anzupassen. Der Detailgrad der Regelungen nimmt in allen Bereichen zu, neue Aufgabenfelder entstehen. Die Vorgaben für die Dokumentation und Ad- ministration werden immer grösser und nehmen mehr Zeit in Anspruch. Personelle Verände- rungen, ein ausgetrockneter Stellenmarkt und ein knappes Personalbudget sind zusätzliche Faktoren die den Druck im Arbeitsalltag erhöhen. Wir sind ein polyvalenter Dienst und möchten unser Angebot möglichst bürgernah gestalten. Für einen kleinen Dienst, wie wir es sind, ist dies eine grosse Herausforderung.

Dank der grossen Unterstützung der Mitarbeitenden gelingt es, die immer wieder neuen An- forderungen und Veränderungen in den Arbeitsalltag zu integrieren. Es ist eine Freude ein so tatkräftiges, mitdenkendes und engagiertes Team führen zu dürfen. Mein Dank gilt den RSD- Mitarbeiterinnen für ihr grosses Engagement und ihre Flexibilität, sich immer wieder mit neuen Gegebenheiten auseinander zu setzen. Ebenso gilt mein Dank dem Präsidenten der Kommis- sion, den Kommissionsmitgliedern und den Mitarbeitenden der Gemeindeverwaltung Wichtrach, die mich in der täglichen Arbeit tatkräftig unterstützten.

Wichtrach 01.05.2020 Gabriele Müller, Stellenleiterin

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