Christoph Grunenberg Von Interview Mit Dem Direktor Der Kunsthalle Bremen Herwig Gillerke Und Wolfgang Zach Liverpool Nach Bremen Dr
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B B K dezember 2011 zeitung des bremer verbandes UP bildender künstlerinnen und künstler ART ausgabe 38 christoph grunenberg von interview mit dem direktor der kunsthalle bremen Herwig Gillerke und Wolfgang Zach liverpool nach bremen dr. christoph grunenberg ist neuer direktor der kunsthalle bremen 1962 in Frankfurt am Main geboren, studierte Grunenberg in Mainz, Berlin und London Kunst- geschichte, Klassische Archäologie und Eng- lische Literatur und schloss das Studium am Courtauld Institute of Art, University of London mit einer Promotion über die Frühzeit des mo- dernen Museum und das Ausstellungswesen im New York der 30er Jahre ab. Nach Stationen als wissenschaftlicher Mitarbei- ter an der National Gallery of Art in Washing- ton, D.C. (1990-91), als Assistenzkurator an der Kunsthalle in Basel (1993-95) sowie als Kurator und späterer Geschäfts- führender Direktor am Foto: Harald Rehling Institute of Contempora- ry Art in Boston (1995- BBK: Herr Grunenberg, beim Studium Ihrer Bio- Tradition des Museums, aber immer mit einem Denken Sie inhaltlich in die Richtung, in der sich 99) und Kurator für zeit- graphie gefällt Ihre Internationalität: Wir hoffen scharfen Blick auf die internationale Kunstwelt die Documenta 13 zu bewegen scheint, die Künst- genössische Kunst an der auf neue Impulse in der Bremer Kunstszene und und sich bewegend zwischen Vergangenheit und lerinnen und Künstler als Forschungsobjekt ande- Tate Gallery in London freuen uns auf die Anregungen, die Sie mitbrin- Zukunft. rer Bereiche sieht? (1999-2001) wurde er gen werden. Willkommen in Bremen. schließlich 2001 Direktor BBK: Mit dem Direktorenwechsel an der Kunst- CG: Mich hat immer die Vermischung diver- der Tate Liverpool, von Sie treten als Leiter der Kunsthalle an für einen halle Bremen ist der Generationswechsel an den genter Medien, Genres und Stilrichtungen ge- wo aus Grunenberg nun Kunstverein, der sich Anfang des letzten Jahrhun- Bremer Museen abgeschlossen. In allen Häusern reizt und ich hoffe, dass ich diesen interdiszi- an die Kunsthalle Bremen derts die Förderung der regionalen Kunstszene wird ein Wechsel im Führungsstil deutlich. Es plinären und offenen Ansatz auch in Bremen wechselte. auf die Fahnen geschrieben hatte, welches Ver- weht sozusagen ein frischer Wind. Glauben Sie, weiterführen kann. Der Wirkungsbereich von hältnis haben Sie zu Künstlern? dass sich das übertragen lässt auf die Kunstsze- Künstlern geht heute weit über die Schaffung 2007 war Grunenberg ne? Wird es zu mehr Kooperationen kommen und von »Kunst« im traditionellen Sinne hinaus. Sie Vorsitzender der Jury des Christoph Grunenberg: Künstler machen wird die bildende Kunst eine größere Bedeutung forschen, kuratieren, diskutieren, kollaborieren Turner Preises. Er ku- Kunst und wir sind hier, um gute Kunst zu zeigen. in Bremen erlangen können? und managen Großprojekte. Sie eröffnen durch ratierte zahlreiche Aus- Meine größte Inspiration, Wegweiser und auch Ihre Kreativität und Visionen neue Sichtweisen stellungen zur zeitgenös- Gewissen waren immer und bleiben Künstler. CG: Ich würde mich freuen, mit meinen Kollegen auf unsere Welt heute wie auf die Geschichte. sischen Kunst, aber auch nicht nur in den Museen, sondern auch in ande- Auf der anderen Seite darf man aber die Kunst zu Gustav Klimt oder zu- BBK: Das Marcks-Haus spezialisiert sich auf fi- ren kulturellen Institutionen, der Universität und auch nicht als die Lösung zu allen unseren Pro- letzt über René Magritte. gürliche Bildhauerei, das Modersohn-Becker Mu- anderen regionalen Einrichtungen kreativ zu kol- blemen instrumentalisieren und muss ihr einen Von Grunenberg sind seum auf die Rolle der Künstlerinnen in Bezug zur laborieren. Mit der Szene der in Bremen lebenden gewissen Freiraum und intentionelle Nutzlosig- zahlreiche Publikationen zur modernen und heutigen Zeit, die Weserburg hat als Sammlermu- Künstler bin ich leider bis jetzt nur wenig ver- keit zugestehen. zeitgenössischen Kunst erschienen. Z.B.: Sum- seum den Schwerpunkt in der zeitgenössischen traut, hoffe diese aber bald besser kennenzuler- mer of love. Psychedelische Kunst der 60er Jahre, Kunst, wo sehen Sie die Schwerpunkte der Kunst- nen. Die Kunsthalle soll und muss für die Künst- BBK: Bei Wulf Herzogenrath war Yoko Ono zu 2005, oder Shopping. 100 Jahre Kunst und Kon- halle Bremen? ler da sein und als Ort der Inspiration, Zuflucht, Gast, dürfen wir bei Ihnen mit Lady Gaga rech- sum, 2002. aber auch Reibung dienen. Ich denke, das Beste, nen? CG: Die Kunsthalle Bremen ist ein klassisches was ich für die Kunstszene in Bremen machen Der Vorstand des Kunstvereins in Bremen Kunstmuseum, das einen beeindruckenden und kann, ist gute und aufregende Kunst in die Stadt CG: Yoko Ono ist eine wichtige Künstlerin, Lady war bei dem Auswahlverfahren von Dr. Mari- umfassenden Überblick über die Kunst von der zu bringen. Gaga eine Popsängerin, die sich von der Kunst in- on Ackermann (Künstlerische Direktorin der Renaissance bis heute bietet. Das heißt aber spirieren lässt. Also eher nicht, wenn mich auch Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düssel- nicht, dass sich das Museum nicht ständig hinter- BBK: Ihren Interviews kann man entnehmen, der rege Dialog zwischen Kunst und Populärkul- dorf), Prof. Dr. Helmut Friedel (Direktor der fragen und neu erfinden muss. Ich hoffe, dass die dass Sie sich als für alle Medien und Kunstrich- tur interessiert und inspiriert. Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München) Kunsthalle Bremen einen einmaligen Platz in der tungen offen bezeichnen. Es fällt auf, dass Sie und Dr. Hans-Werner Schmidt (Direktor des reichen Bremer Kunstlandschaft einnimmt und die Kunst auch im Zusammenhang mit anderen BBK: Herr Grunenberg, wir danken für dieses Museums der bildenden Künste Leipzig) bera- das bietet, was niemand anderes bieten kann – Bereichen sehen. Sie haben bisher auch mit Ar- Gespräch. ten worden. ausgehend von der reichen Sammlung und langen chitekten und Designern zusammengearbeitet. Im Sommer 2011 führte der Bundesverband Lebensbedingungen, in denen sie künstle- Künstler/innen über allgemeine Ankaufs- gestellt werden, ein reiches Aktionsfeld.« Bildender Künstlerinnen und Künstler die rische Freiheit haben und Zeit für künstle- und Auftragsprogramme der öffentlichen (Zitat aus der Studie). Die ausführliche Pu- fünfte Umfrage zur wirtschaftlichen und rische Arbeit. Das beginnt bei der Ateliersi- Hand bis hin zur Pflege von Netzwerken blikation mit allen Statistiken und Auswer- sozialen Lage der Künstlerinnen und Künst- tuation (erschwingliche Ateliermieten für mit Hang zur Überregionalität / Inter- tungen kann in der Bremer Geschäftsstelle ler in Deutschland durch – diesmal mit dem ausreichend große Ateliers) und den Aus- nationalität. Damit eröffnet sich für den eingesehen werden oder beim BBK Bundes- Zusatzaspekt »Migration und Integration«. stellungsbedingungen (Ausstellungsvergü- Bundesverband Bildender Künstlerinnen verband per Email für 6,- € pro Stück unter Im Ergebnis forderten die Teilnehmer »... tung) und reicht von einer Förderung junger und Künstler, an den große Erwartungen info@bbk-bundesverband bezogen werden. 1 UPART38 die unsichtbaren worte gedanken zu einem kunstprojekt von kyungwoo chun Ingo Clauß »Die Unsichtbaren Worte« – Fotos: Kyungwoo Chun »In der Kunst sollte der Geist aktiv sein, Eingeladen waren 2700 Mitarbeiter der swb, dem der Sprache eine terra incognita, die unter ihren Worte, ihre Gedanken und Vorstellungen, die das nicht das Auge.« Richard Hamilton örtlichen Energieversorger von Bremen und Bre- Füßen liegt. Auf diese Weise fügen sie parallel Kunstwerk zu dem machen, was es ist. merhaven. Ausgangspunkt war eine Frage des zum faktischen Energiefluss einen eigenen Fluss Die Standorte der Unsichtbaren Worte sowie die Muss Kunst eine materielle Form annehmen, Künstlers: »Welche Worte geben ihnen und ande- der Gedanken und Ideen hinzu, der von einer zu- Namen aller Teilnehmer werden auf der Website um im öffentlichen Bewusstsein wirksam zu ren Menschen Kraft und Wärme?«. Energie wird künftigen Generation entdeckt werden will. So des Projektes dokumentiert: www.dieunsicht- werden? Spätestens seit den 1960er Jahren, mit hier nicht als eine wirtschaftliche Größe, sondern betrachtet sind die Unsichtbaren Worte zugleich barenworte.de. Hier ist auch die Entstehung und dem Aufkommen der Conceptual Art, sind wir als eine geistige und auch menschliche Ressource auch Zeitkapseln, die einen Dialog mit der Zu- Weiterentwicklung zu verfolgen. mit künstlerischen Strategien konfrontiert, die begriffen und zum Thema gemacht. Seit Septem- kunft eröffnen. sich einer direkten Anschauung entziehen. Man ber werden die Antworten der Mitarbeiter gesam- Zum Künstler: Kyungwoo Chun (*1969 in Seoul) könnte mit Peter Weibel von einer »Ästhetik der melt und auf die Versorgungsleitungen für Strom, Die künstlerische Zusammenarbeit mit den Mit- initiiert seit vielen Jahren Performances, an de- Absenz« sprechen. Und tatsächlich bewegen sich Wasser, Gas und Wärme geklebt. Anschließend arbeitern der swb ist ein spannendes Unterfan- nen das Publikum aktiv beteiligt ist. Es handelt zahlreiche Werke der zeitgenössischen Kunst im werden die Worte abhängig von der Baustellen- gen, das von seiner Eigendynamik lebt. Vor einem sich in der Regel um zeitlich begrenzte Prozesse, Spannungsfeld von An-und Abwesenheit. Ein äs- planung in den Erdboden der Stadt installiert. Es Jahr, im Winter 2010, gab es bereits die ersten die individuell oder als Gruppe durchgeführt thetisches Gegenüber muss nicht notwendiger- kann davon ausgegangen werden, dass die Worte Gespräche.