Tigerjunges Als Attraktion Fragmentierte Körper
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Nr. 37 • 14. August 2020 bis 13. November 2020 Von der Aufregung bis Fragmentierte Körper zum Skandal „100 beste Plakate“ sind noch bis Ende September zu sehen Skandal ist ein großes Wort, doch nicht immer ist die Aufregung darüber an- gebracht. Es gibt Skandale und „Skan- dälchen“, manche sind hausgemacht, andere passen dem Verursacher gut ins Konzept – weil sie gut fürs Geschäft sind. Andere wiederum haben biswei- len verheerende Folgen für die Betei- ligten. Die Bremer Museen reflektieren über den Begriff – und erinnern zum Teil an echte Skandale aus der Vergan- genheit. Seiten 6+7 Berührend Unter dem Titel „Berührend – Anlehnung an ein menschliches Bedürfnis“ präsen- tieren die Museen Böttcherstraße ab dem 12. September 65 Werke, die sich mit dem Motiv der Berührung auseinander- setzen. Plakatserie für das Theater Miller's in Zürich ©Jonas Voegeli, Kerstin Landis, Anne Zimmermann, Oriane Lopes/100 Beste Plakate e.V. Museen Böttcherstraße Seite 4 och bis zum 27. September ist die eigentlich vorgesehenen Termin gezeigt oder „Schrift als Bildmedium“ sind in einem Ausstellung „100 beste Plakate 18. werden konnte. Jetzt geht es also bis in den Raum auch etwa 25 Plakate zu sehen, die sich Medienwelten Deutschland Österreich Schweiz“ Herbst hinein mit der internationalen Wan- mit der Abbildung von Körpern aus verschie- Das Focke-Museum nimmt das 75-jähri- im Wilhelm Wagenfeld Haus zu se- derausstellung zum Plakatdesign, die in ver- denen Blickwinkeln beschäftigen. An der neu- ge Jubiläum von Radio Bremen zum An- hen, die wie so vieles in diesem schiedene Themenbereiche aufgegliedert ist. en Auflage des Wettbewerbs haben sich 2.353 lass, den Sender, aber auch die Medien- NJahr wegen der Corona-Pandemie nicht zum Neben Bereichen wie „Das politische Plakat“ Bewerber beteiligt. (schü) weiter auf Seite 2 welten insgesamt genauer zu beleuch- ten – unter Einbeziehung der Besucher. Focke-Museum Seite 5 Digital aufgerüstet Nicht nur in Corona-Zeiten ist augen- Tigerjunges als Attraktion scheinlich, dass das Digitale immer wich- tiger wird – ob es besser ist, sei dahinge- Sonderausstellung „Junge Wilde“ ab dem 24. Oktober im Übersee-Museum stellt. Das Gerhard-Marcks-Haus hat dies- bezüglich deutlich nachgelegt – und bie- ie ist ein echter Hingucker, den man tet für diesen Bereich sehr viel an. am liebsten gleich streicheln möch- Gerhard-Marcks-Haus Seite 8 te (was man natürlich nicht darf): die junge Tigerin „Shalimar“, die ab dem 24. Oktober in der neuen großen Der Künstler und sein Galerist SSonderausstellung „Junge Wilde – Tierisch Michael Hertz ist der Name des Bremer erwachsen werden“ im Bremer Übersee-Mu- Galeristen, der gemeinsam mit Pablo Pi- seum zu sehen ist. Ungefähr 100 Tierkinder casso im Mittelpunkt der Ausstellung sind dann insgesamt zu bewundern. „Wir ha- steht, die am 21. November in der Kunst- ben den Begriff bewusst sehr weit gefasst“, halle Bremen eröffnet wird. sagt die Tierpräparatorin Ruth Nüß, „wir zei- Kunsthalle Seite 9 gen nicht nur die niedlichen Tiere, sondern auch das, was man nicht so gut kennt – wie Schildkrötenbabys, Lachseier oder den Weiter mit Jürgenssen Hirschkäfernachwuchs.“ Eine der Attraktio- Mit klarem Blick und subversivem Humor nen der großen Schau ist dabei zweifellos nimmt Birgit Jürgenssens Werk die Rolle die Tigerin – zumal es sich bei ihr um die ein- der Frau in ihren unterschiedlichen Aus- zige Dermoplastik handelt, die extra für die- formungen in unserer Gesellschaft in den se Ausstellung angefertigt wurde. Rund vier Blick. Monate (mit Pausen) war Ruth Nüß dabei, Weserburg Seite 10 den Tiger – der 1981 bei einem Gastspiel des Zirkus Althoff in Bremen verstarb – wieder Eine Sonderveröffentlichung des herzurichten. Über 30 Jahre lang lagerten die unverderblichen Überreste zuvor in dem Magazin des Museums. (schü) Aug‘ in Aug‘ mit der jungen Tigerin: Ruth Nüß erledigt die letzten Arbeiten am Präparat. weiter auf Seite 3 © Übersee-Museum Bremen, Foto: Volker Beinhorn 2 Wilhelm Wagenfeld Haus Ein besonders junger Themenraum Der „Körper“ erscheint auf vielen Plakaten in ungewohnter Form Nicht weniger als 2353 Bewerber hat- zumindest in dem Bereich kulturelles Pla- ten sich an dem Wettbewerb beteiligt, der kat nicht mehr als unverletzliche Einheit auch deshalb besonders ist, weil er keine daherkommt.“ Es sei eben nicht mehr der formalen oder inhaltlichen Einschränkun- schöne Körper, den man feiert, der durch- gen vorsieht – und neben professionellen trainierte Körper, wie das – gerade auf den Gestaltern auch Studierende zugelassen Werbeplakaten – zum Beispiel noch in der hat. Auch das ist ein Reiz dieser Ausstel- 80er/90er-Jahren der Fall war, so die Di- lung, denn die Werke aus beiden Gruppie- rektorin weiter. Statt dessen erscheine der rungen hängen in allen Räumen nebenei- Körper in einzelnen Teilen, in Auflösung nander. Profi oder Studi? Das ist hier oft die begriffen oder durch Medien vermittelt – Frage und mit bloßem Blick kaum zu be- als Abdruck vom Körper. antworten. Dies dokumentiere ein eher gebroche- Gerade junge Graphikerinnen und Gra- nes Verhältnis zum Körper, so die Direk- phiker haben dabei die Grenzen und Mög- torin weiter. Warum? „Zum einen, weil wir lichkeiten des analogen Plakats getestet, heute sehr viel im digitalen Raum unter- was in manchen Themenräumen mehr, in wegs sind und der Körper uns ein bisschen anderen weniger auffällig ist. Im Themen- unbekannt geworden ist, zum anderen raum „Körper“ ist die Experimentierfreu- aber auch durch seine Veränderbarkeit.“ digkeit besonders groß gewesen, weiß So werde der Körper heute nicht mehr ein- Julia Bulk, die Leiterin Direktorin des Wil- fach so hingenommen, sondern: „Für viele helm Wagenfeld Hauses. Die studenti- Leute ist der Körper etwas, dass man op- schen Handschriften sind besonders gut timieren kann – zumindest einzelne Teile erkennbar: „In jungen Jahren probiert man davon, ob im ästhetischen oder medizini- schneller mal was aus, eine neue Technik schen Sinne“, so Bulk. (Frank Schümann) oder eine neue Bildsprache.“ Die Entwürfe zeigen teils eng ineinan- der verschlungene Figuren, arbeiten mal mit Schrift, mal mit Ausschnitten, mal mit „100 beste Plakate 18. Blick in die Ausstellung „100 beste Plakate Verfremdungen. Was sie eint, ist, „dass Deutschland Österreich Schweiz“ 18. Deutschland Österreich Schweiz“ sie überwiegend fragmentiert sind“, sagt Noch bis zum 27. September © Wilhelm Wagenfeld Stiftung, Foto: Jens Weyers Bulk: „Uns ist aufgefallen, dass der Körper Bedeutende Schenkung Interview mit Direktorin Julia Bulk über das Schließen von Lücken Die Wilhelm Wagenfeld Stiftung hat in diesem zylinderförmige Leuchte aus den 1960er Jahren. Jahr ein bedeutendes Konvolut von einem pri- Auf den ersten Blick vielleicht etwas unschein- vaten Sammler erhalten, der sich auf das Werk bar, aber diese Größenvariante hatten wir noch Wagenfelds spezialisiert hat. Unter den mehr als nie gesehen – eine absolute Rarität! 150 Objekten sind vor allem Leuchten aus den 1950er und 1960er Jahren. Julia Bulk, die Direk- Ist das eine typische Museumskrankheit - im- torin des Wilhelm Wagenfeld Hauses, zeigt sich mer auf der Suche nach dem seltenen Stück? im Interview natürlich höchst erfreut. Nicht nur, manchmal ist es auch die Geschichte, TERMINE die ein Objekt interessant macht. Eine der neu- Wilhelm Wagenfeld, Deckenleuchte Wie kam es zu der Schenkung? en Leuchten stammt beispielsweise aus einer „Juno“, 1954 © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 Dienstag, 18. August, 18 Uhr Wir stehen seit Jahren im Austausch mit einem evangelischen Kirche. Bei einer anderen Leuch- Kuratorinnenführung mit Dr. Julia Bulk, Wagenfeld-Kenner, der dann den Kontakt zu te – ein einfaches Modell für den Keller – war das her die Stücke kommen. Im letzten Jahr hat Direktorin der dem Privatsammler vermittelt hat – ein großer durchsichtige Schutzglas mit roter Farbe über- uns eine Dame ein von Wagenfeld entwor- Wilhelm Wagenfeld Stiftung Glücksfall. zogen. Wir waren erstaunt, denn diese Farb- fenes Trinkglas-Service geschenkt. Das hat- variante wurde gar nicht hergestellt. Das Glas te ihre Mutter in den 1940er Jahren gekauft. Dienstag, 1. September, 18 Uhr Was bedeutet die Schenkung für die Samm- war nachträglich rot angemalt worden, denn Sie hatte eine Kunstgewerbeschule besucht lung der Wilhelm Wagenfeld Stiftung? die Leuchte hing in einer Feuerwehrwache und und daher ein Gespür für gute Gestaltung. Dialogische Führung mit dem Bremer Unser Ziel ist es ja, das gesamte Werk Wagen- sollte bei einem Einsatz rot blinken. Solche In- Die Gläser sind hervorragend erhalten, sie Gestalter Heiko Aping und Dr. Julia Bulk felds zusammenzutragen, aber auch Raub- formationen sind wichtig für uns, denn sie zei- wurden wohl nur zu besonderen Anlässen kopien und andere Vergleichsstücke. Ein paar gen, wie vielfältig Wagenfelds Leuchten einge- hervorgeholt. Ganz anders sah eine gläser- Dienstag, 22. September, 18 Uhr Lücken gibt es in unserer Sammlung noch. Es setzt wurden. ne Backschale aus den 1930er Jahren aus, die Dialogische Führung ist wunderbar, dass wir mit dieser Schenkung uns eine Studentin geschenkt hat: Ihre Oma mit Prof. Andreas Teufel, Hochschule einen Teil davon schließen können. Die Grundidee der Massenproduktion ist ja, hatte darin immer den Geburtstagskuchen Bremen und Dr. Julia Bulk dass alle Objekte genau gleich hergestellt gebacken. Diesem Stück sieht man an, dass Über welches Stück haben Sie sich am meis- werden und auch gleich aussehen. Trotzdem es über Jahrzehnte tagtäglich genutzt und ten gefreut, ist eine Besonderheit dabei? hat jedes Ding seine eigene Geschichte? geliebt