UNICUIQUE SUUM NON PRAEVALEBUNT

Redaktion: I-00120 Vatikanstadt Schwabenverlag AG Einzelpreis Wochenausgabe in deutscher Sprache 51. Jahrgang – Nummer 16 – 23. April 2021 D-73745 Ostfildern Vatikan d 2,20

Ansprache von Papst Franziskus beim Regina Caeli am dritten Sonntag der Osterzeit, 18. April Drei Worte für unser Leben: schauen, anfassen, essen

Lieber Brüder und Schwestern, um die Eucharistie vor der Profanierung zu schüt- guten Tag! zen. Möge ihr Beispiel uns zu einem größeren Einsatz in der Treue zu Gott anspornen, der auch An diesem dritten Sonntag der Osterzeit keh- in der Lage ist, die Gesellschaft zu verändern und ren wir nach Jerusalem zurück, in den Abend- sie gerechter und brüderlicher zu machen. Ein mahlssaal, wie die beiden Emmausjünger, die auf Applaus für die neuen Seligen! dem Weg den Worten Jesu mit großer Ergriffen- Und das ist traurig: Ich verfolge mit großer heit zugehört und ihn dann, »als er das Brot Sorge die Ereignisse in einigen Gebieten der brach« (Lk 24,35), erkannt hatten. Jetzt, im Ostukraine, wo sich die Verstöße gegen die Waf- Abendmahlssaal, erscheint der auferstandene fenruhe in den letzten Monaten vervielfacht ha- Christus inmitten der Gruppe der Jünger und ben, und ich nehme mit großer Sorge die Zu- grüßt sie: »Friede sei mit euch!« (V. 36). Aber sie nahme der militärischen Aktivitäten zur erschrecken und meinen, »einen Geist zu sehen«, Kenntnis. Bitte, ich hoffe sehr, dass die Zunahme wie es im Evangelium heißt (V. 37). Dann zeigt Je- der Spannungen vermieden wird und dass im sus ihnen die Wunden an seinem Leib und sagt: Gegenteil Zeichen gesetzt werden, die das ge- »Seht meine Hände und meine Füße an«, die genseitige Vertrauen fördern und die Versöhnung Wunden: »Ich bin es selbst. Fasst mich doch an« und den Frieden begünstigen, die so dringend (V. 39). Und um sie zu überzeugen, bittet er um notwendig sind und so sehr ersehnt werden. etwas zu essen und isst es vor ihren erstaunten Nehmen wir uns auch die gravierende huma- Augen (vgl. V. 41-42). nitäre Lage dieser Bevölkerung zu Herzen, der Es gibt da ein Detail in dieser Beschreibung. gegenüber ich meine Verbundenheit zum Aus- Das Evangelium sagt, dass die Apostel »vor Freude druck bringe und für die ich euch zum Gebet ein- immer noch nicht glauben konnten«. Die Freude lade. Gegrüßt seist du Maria… war so groß, dass sie nicht glauben konnten, dass Erstmals seit einem Monat betete Franziskus am Sonntag Mittag wieder am Fenster des Arbeitszim- Heute wird in Italien der Tag der Katholi- diese Sache wahr war. Und ein zweites Detail: Sie mers über dem Petersplatz. Pandemiebedingt blieb der Zugang begrenzt, so dass dort nur gut 200 Per- schen Universität vom Heiligsten Herzen began- waren erstaunt, verwundert; erstaunt, weil die sonen versammelt waren. Der Papst erklärte, er sei froh, wieder direkt zu den Gläubigen sprechen zu gen, die seit einhundert Jahren einen wertvollen Begegnung mit Gott immer zum Staunen führt: können, da ihm die Menschen auf dem Petersplatz fehlten. Dienst für die Ausbildung der neuen Generatio- sie geht über die Begeisterung, über die Freude nen leistet. Möge sie auch weiterhin ihren Bil- hinaus, sie ist eine andere Erfahrung. Und sie wa- einer echten Begegnung mit dem lebendigen Je- Gemeinsam den Leib Christi essen: das ist der dungsauftrag erfüllen, jungen Menschen zu hel- ren freudig, aber eine Freude, die sie denken ließ: sus schenken können. Mittelpunkt des christlichen Lebens. fen, Protagonisten einer hoffnungsvollen Nein, das kann nicht wahr sein! … Es ist das Stau- Ansehen. »Seht meine Hände und meine Brüder und Schwestern, dieser Abschnitt aus Zukunft zu sein. Ich segne herzlich die Mitar- nen über Gottes Gegenwart. Vergesst nicht die- Füße an«, sagt Jesus. Ansehen, schauen ist nicht dem Evangelium sagt uns, dass Jesus kein »Geist« beiter, Professoren und Studenten der Katholi- sen Gemütszustand, der so schön ist. nur sehen. Es ist mehr, es schließt auch die Ab- ist, sondern eine lebendige Person; dass Jesus, schen Universität. Dieser Abschnitt des Evangeliums ist geprägt sicht, den Willen ein. Deshalb ist es auch eines wenn er zu uns kommt, uns mit solcher Freude Und nun ein herzlicher Gruß an euch alle, von drei sehr konkreten Verben, die in gewisser der Verben der Liebe. Die Mutter und der Vater erfüllt, dass man es kaum glauben kann, und dass an die Römer und an die Pilger… Brasilianer, Weise unser persönliches und gemeinschaftli- schauen ihr Kind an, die Verliebten schauen ein- er uns staunen lässt, jenes Staunen, das nur die Polen, Spanier… Und ich sehe da noch eine ches Leben widerspiegeln: ansehen, anfassen ander an, der gute Arzt schaut seinen Patienten Gegenwart Gottes schenkt, denn Jesus ist eine le- Fahne… Gottlob können wir uns wieder auf und essen. Drei Handlungen, die uns die Freude aufmerksam an… Das Schauen ist ein ers- bendige Person. Christsein ist nicht in erster Linie diesem Platz zum sonntäglichen und festlichen ter Schritt gegen die eine Lehre oder ein moralisches Ideal, es ist die le- Termin einfinden. Ich sage euch etwas: Ich ver- Gleichgültigkeit, gegen bendige Beziehung zu ihm, zum Auferstande- misse den Platz, wenn ich den Angelus in der Ich lade euch ein, für die Menschen in die Versuchung, den nen: Wir sehen ihn an, wir berühren ihn, wir Bibliothek sprechen muss. Ich freue mich, Gott der Ostukraine zu beten. Ich hoffe sehr, Blick von den Schwie- nähren uns von ihm und, verwandelt durch seine sei Dank! Und ich danke euch für euer Kom- dass eine Zunahme der Spannungen rigkeiten und Leiden Liebe, schauen wir die anderen an, berühren und men… Den Jugendlichen von der »Immacolata«, vermieden wird und dass dann Gesten der anderen abzuwen- nähren sie als Brüder und Schwestern. Möge die die tüchtig sind… Und ich wünsche allen einen erfolgen, die das gegenseitige Vertrauen den. Ansehen. Sehe ich Jungfrau Maria uns helfen, diese Erfahrung der schönen Sonntag. Bitte vergesst nicht, für mich fördern und Frieden begünstigen. Jesus oder schaue ich Gnade zu leben. zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wieder- ihn an? sehen! Tweet von Papst Franziskus Das zweite Verb ist Nach dem Regina Caeli sagte der Papst: anfassen. Indem er die Liebe Brüder und Schwestern! Thema des Welttags Jünger einlädt, ihn anzufassen, um festzustellen, Gestern wurden in der Abtei von Casamari Si- dass er kein Geist ist – fasst mich an! –, weist meon Cardon und fünf weitere Märtyrer, Zister- In dieser Ausgabe der Großeltern und Jesus sie und uns darauf hin, dass die Beziehung ziensermönche dieser Abtei, seliggesprochen. Generalaudienz als Videostream aus der älteren Menschen zu ihm und zu unseren Brüdern und Schwestern Als 1799 französische Soldaten auf dem Rückzug Bibliothek des Apostolischen Palastes nicht »auf Distanz« bleiben kann. Es gibt kein von Neapel Kirchen und Klöster plünderten, leis- am 14. April ...... 2 Vatikanstadt. Am Sonntag, den 25. Juli, Christentum auf Distanz, es gibt kein Christen- teten diese sanftmütigen Jünger Christi mit hel- Neues Buch über den Tiroler Maler wird der Erste Welttag der Großeltern und älte- tum nur auf der Ebene des Blicks. Die Liebe for- denhaftem Mut Widerstand, sogar bis zum Tod, Joseph Anton Koch erschienen...... 5 ren Menschen begangen. Das Thema, das der dert das Schauen und sie fordert auch Nähe, sie Heilige Vater für den Tag gewählt hat, lautet »Ich erfordert Kontakt, das Teilen des Lebens. Der Kamerun – Eine Pflanze zur Bekämpfung von Unterernährung ...... 6 bin mit dir alle Tage« (vgl. Mt 28,20) und soll die barmherzige Samariter beschränkte sich nicht Nähe des Herrn und der Kirche im Leben eines darauf, den Mann, den er halb tot am Wegesrand Brief von Papst Franziskus an die jeden älteren Menschen zum Ausdruck bringen, fand, anzuschauen: Er hielt an, er beugte sich Weltbankgruppe und den Internationalen besonders in dieser schwierigen Zeit der Pande- über ihn, er verband seine Wunden, er berührte Währungsfonds...... 7 mie. ihn, er lud ihn auf sein Pferd und brachte ihn zur Audienz für Verantwortliche und

»Ich bin mit dir alle Tage« ist auch eine Zusage Herberge. Und so ist es auch mit Jesus selbst: Ihn Volontäre der Fidesco ...... 7 von Nähe und Hoffnung, die sich Jung und Alt ge- zu lieben bedeutet, in eine Lebensgemeinschaft Botschaft des Papstes aus Anlass des genseitig geben können. In der Tat sind nicht nur einzutreten, in eine Gemeinschaft mit ihm. 150. Jahrestags der Proklamation des Enkelkinder und junge Menschen dazu aufgeru- Und so kommen wir zum dritten Verb, essen, heiligen Alfons Maria von Liguori zum fen, im Leben älterer Menschen präsent zu sein, das unser Menschsein in seiner natürlichsten Be- Kirchenlehrer...... 8 sondern ältere Menschen und Großeltern haben dürftigkeit gut zum Ausdruck bringt, nämlich auch einen Auftrag zur Evangelisierung, zur Ver- dem Bedürfnis, uns zu ernähren, um zu leben. Videobotschaft an den internationalen kündigung, zum Gebet und zur Hinführung jun- Doch essen, wenn wir es gemeinsam tun, in der Kongress »Eine außergewöhnliche Frau. ger Menschen zum Glauben. Familie oder unter Freunden, wird auch ein Aus- Zum 50-jährigen Jubiläum der Um die Feier des Tages in den Ortskirchen druck der Liebe, ein Ausdruck der Gemeinschaft, Proklamation der heiligen Teresa und den Vereinigungen zu erleichtern, wird das des Festes… Wie oft zeigen uns die Evangelien, von Avila zur Kirchenlehrerin«...... 9 Dikasterium für die Laien, die Familie und das dass Jesus diese gesellige Dimension lebt! Auch Das christologische Dogma, eine Quelle Leben ab Mitte Juni einige pastorale Hilfsmittel als Auferstandener mit seinen Jüngern. So ist das des Lichts und der Inspiration (Teil 3) – anbieten, die auf der Website www.amorislae- eucharistische Mahl zum emblematischen Zei- Von Kardinal 10-11 titia.va zu finden sein werden. chen der christlichen Gemeinschaft geworden. Ikone der Märtyrer von Casamari 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 2 Aus dem Vatikan

Generalaudienz am 14. April Rosenkränze für Weltjugendtag 2023 Die Kirche als Schule des Gebets aus Recycling-Material Vatikanstadt. Bei der Generalaudienz, die wieder als Livestream aus der Privatbibliothek des Apostolischen Palastes übertragen wurde, erin- nerte Papst Franziskus daran, wie Menschen meist das Beten lernen: beginnend vom Schoß der Eltern und Großeltern über Lehrer, Seelsorger und andere in der Jugendzeit sowie bei Gottes- diensten der Kirche. Dabei müsse der Gläubige auch Krisen durchleben, da man ohne Krisen nicht wachsen könne. Im Folgenden die Anspra- Vatikanstadt. Holz und zu 100 Pro- che des Heiligen Vaters im vollen Wortlaut: zent recycelter Kunststoff aus Plastik - flaschenverschlüssen: Aus diesen Materia- Liebe Brüder und Schwestern, lien sind die Perlen der offiziellen guten Tag! Rosenkränze für den nächsten Weltjugend- Die Kirche ist eine große Schule des Gebets. tag 2023 (WJT) in Lissabon gefertigt, die Viele von uns haben gelernt, die ersten kleinen mit Blick auf den nahenden Marienmonat Gebete zu sprechen, während sie auf dem Schoß Mai seit dem 15. April über die verschiede- der Eltern oder der Großeltern saßen. Vielleicht nen diözesanen Organisationskomitees bewahren wir die Erinnerung an die Mutter und des WJT im Verkauf erhältlich sind. den Vater, die uns gelehrt haben, vor dem Schla- Umweltschutz und ökologische Krite- fengehen Gebete zu sprechen. Diese Augen- rien werden bei der geplanten Großveran- blicke der Sammlung sind oft jene, in denen die staltung mit dem Papst großgeschrieben. Kinder den Eltern etwas anvertrauen und diese Die Rosenkränze sind in drei Versionen er- ihnen ihren vom Evangelium inspirierten Rat bet widmen. Einige Christen verspüren sogar den habe – die Kirche bekämpfen will, dann versucht hältlich: eine aus Holz und die andere aus geben können. Später, wenn man aufwächst, Ruf, das Gebet zur wichtigsten Tätigkeit ihres Ta- er in erster Linie, ihre Quellen auszutrocknen, in- recyceltem Kunststoff, beide mit dem Welt- macht man weitere Begegnungen, mit anderen gesablaufs zu machen. In der Kirche gibt es Klös- dem er sie am Beten hindert und [sie in Versu- jugendtags-Kreuz und dem für die Veran- Zeugen und Meistern des Gebets (vgl. Katechis- ter, gibt es Konvente, Einsiedeleien, wo gott- chung führt], jenen anderen Vorschlägen nachzu- staltung gewählten Motto »Maria stand mus der Katholischen Kirche, 2686-2687). Es tut geweihte Menschen leben und die oft zu Zentren gehen. Wenn das Gebet aufhört, dann scheint es auf und machte sich eilig auf den Weg« (Lk gut, sich an sie zu erinnern. geistlicher Ausstrahlung werden. Es sind Gebets- für eine Weile, dass alles vorangehen kann wie 1,39). Auf den fünf Perlen des »Vaterunser« Das Leben einer Pfarrei und jeder christlichen gemeinschaften, die Spiritualität ausstrahlen. Es immer – aus Trägheit –, aber nach kurzer Zeit ist der Hinweis »WJT Lissabon 2023« in Gemeinde ist von den liturgischen Zeiten und sind kleine Oasen, in denen man ein intensives merkt die Kirche, dass sie gleichsam eine leere den offiziellen Sprachen Portugiesisch, vom gemeinschaftlichen Gebet geprägt. Wir mer- Gebet miteinander teilt und Tag für Tag die ge- Hülle geworden ist, dass sie das Rückgrat verlo- Spanisch, Englisch, Französisch und Italie- schwisterliche Gemein- ren hat, dass sie die Quelle der Wärme und der nisch aufgedruckt. Das dritte Rosenkranz- Nach gewissen Übergängen im Leben merken wir, schaft aufbaut. Es sind le- Liebe nicht mehr besitzt. Modell ist das Standard-Holzmodell mit dass wir es ohne den Glauben nicht hätten schaffen benspendende Zellen, nicht Die heiligen Frauen und Männer haben kein dem WJT-Kreuz. können und dass das Gebet unsere Kraft gewesen ist. nur für das kirchliche Ge- leichteres Leben als die anderen. Im Gegenteil: Nicht nur das persönliche Gebet, sondern auch das der füge, sondern auch für die Auch sie haben ihre Probleme, denen sie begeg- Brüder und der Schwestern und der Gemeinschaft, die uns Gesellschaft. Denken wir nen müssen, und darüber hinaus erfahren sie oft begleitet und gestützt hat: der Menschen, die uns kennen, zum Beispiel an die Rolle, Widerstand. Ihre Kraft ist jedoch das Gebet, das der Menschen, die wir bitten, für uns zu beten. die das Mönchtum für die sie aus dem unversiegbaren »Brunnen« der Mut- Entstehung und das Wachs- ter Kirche schöpfen. Mit dem Gebet nähren sie ken, dass jenes Geschenk, das wir in der Kindheit tum der europäischen Zivilisation und auch in an- die Flamme ihres Glaubens, wie mit dem Öl der mit Einfachheit empfangen haben, ein großer deren Kulturen hatte. In Gemeinschaft zu beten Lampen. Und so gehen sie voran, unterwegs im Schatz ist, ein sehr reicher Schatz, und dass die und zu arbeiten bringt die Welt voran. Es ist eine Glauben und in der Hoffnung. Die Heiligen, die in Erfahrung des Gebets es verdient, immer mehr Triebkraft. den Augen der Welt oft wenig zählen, sind in 175.000 Flaschenverschlüsse seien für vertieft zu werden (vgl. ebd., 2688). Das Gewand Alles in der Kirche entsteht im Gebet, und al- Wirklichkeit jene, die sie stützen, aber nicht mit die erste Lieferung des Kunststoff-Rosen- des Glaubens ist nicht gestärkt, es entwickelt sich les wächst durch das Gebet. Wenn der Feind, der den Waffen des Geldes und der Macht, der Kom- kranzes recycelt worden, geht aus dem Be- mit uns; es ist nicht starr, es wächst, auch durch Böse, die Kirche bekämpfen will, dann versucht munikationsmittel und so weiter, sondern mit richt hervor. Die Rosenkränze wurden in Augenblicke der Krisen und der Wiederauferste- er in erster Linie, ihre Quellen auszutrocknen, in- den Waffen des Gebets. einer Fabrik in Fatima von Hand zusam- hungen. Ohne Augenblicke der Krisen kann man dem er sie daran hindert zu beten. Wir sehen es Im Evangelium nach Lukas stellt Jesus eine mengesetzt und seien in recyceltem Kar- nicht einmal wachsen, denn die Krise lässt dich zum Beispiel in gewissen Gruppen, die überein- dramatische Frage, die uns stets zum Nachden- ton mit Braille-Schrift für Blinde und Sym- wachsen: Um zu wachsen ist es notwendig, in kommen, kirchliche Reformen, Veränderungen ken bringt: »Wird jedoch der Menschensohn, bole für Personen mit Leseschwierigkeiten eine Krise zu geraten. Und der Atem des Glau- im Leben der Kirche voranzubringen… Es gibt all wenn er kommt, den Glauben auf der Erde fin- verpackt, um das Treffen zu einem integra- bens ist das Gebet: Wir wachsen im Glauben, je die Organisationen, es gibt die Medien, die alle in- den?« (Lk 18,8), oder wird er nur Organisationen tiven Ereignis zu machen, wie es hieß. Ein mehr wir lernen zu beten. Nach gewissen Über- formieren… Aber das Gebet ist nicht zu sehen, finden, gleichsam eine Gruppe von »Glaubens - Buch über die »Geheimnisse des Rosen- gängen im Leben merken wir, dass wir es ohne es wird nicht gebetet. »Wir müssen dieses än- unternehmern«, alle gut organisiert, die Wohl- kranzes« ist beigelegt, das ab Mai zudem den Glauben nicht hätten schaffen können und dern, wir müssen jene Entscheidung treffen, die tätigkeit üben, viele Dinge…, oder wird er den als Audio-Version sowie in Gebärdenspra- dass das Gebet unsere Kraft gewesen ist. Nicht etwas stark ist…« Der Vorschlag ist interessant, Glauben finden? »Wird jedoch der Menschen- che im Internet verfügbar sein wird. Ver- nur das persönliche Gebet, sondern auch das der er ist interessant, nur mit der Diskussion, nur mit sohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde wendet werden die Rosenkränze erstmals Brüder und der Schwestern und der Gemein- den Medien, aber wo ist das Gebet? Das Gebet finden?« Diese Frage steht am Ende eines Gleich- am 1. Mai, wenn die Kirche in Portugal mit schaft, die uns begleitet und gestützt hat: der öffnet die Tür für den Heiligen Geist, der Inspira- nisses, das die Notwendigkeit aufzeigt, mit Be- Blick auf das Weltjugendtags-Großereignis Menschen, die uns kennen, der Menschen, die tion schenkt, um voranzugehen. Die Veränderun- harrlichkeit zu beten, ohne müde zu werden in zwei Jahren zum Online-Gebet mit jun- wir bitten, für uns zu beten. gen in der Kirche ohne Gebet sind keine Verände- (vgl. V. 1-8). Wir können daher schließen, dass gen Menschen einlädt. Auch dafür gedeihen in der Kirche beständig rungen der Kirche, sondern Veränderungen einer die Lampe des Glaubens auf der Erde stets bren- Der normalerweise alle drei Jahre statt- Gemeinschaften und Gruppen, die sich dem Ge- Gruppe. Und wenn der Feind – wie ich gesagt nen wird, solange das Öl des Gebets vorhanden findende Weltjugendtag war ursprünglich sein wird. Die Lampe des wahren Glaubens der für 2022 in Lissabon geplant, wurde we- Kirche wird auf der Erde stets brennen, solange gen der Corona-Pandemie aber um ein Jahr das Öl des Glaubens vorhanden sein wird. verschoben. Es trägt den Glauben voran, und es trägt un- ser armseliges, schwaches, sündiges Leben voran, aber das Gebet trägt es mit Sicherheit voran. Das ist eine Frage, die wir Christen uns lich so ordnet wie sie sind, die aber nur mit dem stellen müssen: Bete ich? Beten wir? Wie bete Öl des Glaubens vorangehen kann. Sonst erlischt ich? Wie die Papageien, oder bete ich mit dem sie. Ohne das Licht dieser Lampe können wir den Herzen? Wie bete ich? Bete ich in der Gewiss- Weg zum Evangelisieren nicht sehen – ja, wir heit, dass ich in der Kirche bin, und bete ich mit könnten nicht einmal den Weg sehen, um gut zu der Kirche, oder bete ich nach meinen Vorstellun- glauben; wir könnten die Gesichter der Ge - gen und lasse meine Vorstellungen zum Gebet schwister nicht sehen, denen wir uns nähern und werden? Das ist ein heidnisches, kein christli- denen wir dienen sollen; wir könnten den Raum, ches Gebet. Ich wiederhole: Wir können wo wir einander in Gemeinschaft begegnen kön- schließen, dass die Lampe des Glaubens auf der nen, nicht erleuchten… Ohne den Glauben Erde stets brennen wird, solange das Öl des Ge- bricht alles zusammen; und ohne das Gebet er- bets vorhanden sein wird. lischt der Glaube. Glaube und Gebet, zusammen. Das ist eine wesentliche Aufgabe der Kirche: Es gibt keinen anderen Weg. Darum ist die Kir- zu beten und zum Gebet zu erziehen. Die Lampe che, die Haus und Schule der Gemeinschaft ist, des Glaubens mit dem Öl des Gebets von Gene- Haus und Schule des Glaubens und des Gebets. ration zu Generation weiterzugeben. Die Lampe des Glaubens, die erleuchtet, die die Dinge wirk- (Orig. ital. in O.R. 14.4.2021) 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan und der Weltkirche 3

Christen und Muslime Videobotschaft des Papstes bei einer Online-Tagung in London Treu und als gemeinsame Zeugen beharrlich im Gebet der Hoffnung Eine Politik des Geschwisterlichkeit Vatikanstadt. In der Generalaudienz am Vatikanstadt. Der Vatikan hat den Musli- Vatikanstadt. Gegen einen erstarkenden Mittwoch, 21. April, die wieder per Livestream men in aller Welt zu dem am 13. April begonne- Populismus hat Papst Franziskus sozialpolitische aus der Bibliothek des Apostolischen Palastes nen Fastenmonat Ramadan gratuliert. Christen Maßnahmen verlangt. Die Corona-Pandemie übertragen wurde, setzte Papst Franziskus seine und Muslime seien gemeinsam »Zeugen der Hoff- führe zu Armut und Ausschluss vom Arbeits- Katechesereihe über das Gebet fort. Ein Mitarbei- nung«, heißt es in einer Botschaft des Päpstlichen markt. Dies mache den Kampf für Land, Woh- ter der deutschsprachigen Abteilung des Staatsse- Rats für den Interreligiösen Dialog. In den Mona- nung und Arbeit zugunsten Benachteiligter noch kretariats trug die folgende Zusammenfassung ten der Pandemie sehnten sich Menschen nach dringlicher, sagte der Papst in einer Videobot- vor: göttlichem Beistand und geschwisterlicher Soli- schaft an eine Tagung in London am 15. April. Je- Liebe Brüder und Schwestern, das Gebet ist darität. Fasten, Gebet, Almosengeben und andere der müsse ein Leben führen können, »das wert Dialog mit Gott. Jedes Geschöpf »spricht« in ge- Frömmigkeitspraktiken führten näher zu Gott ist, menschlich genannt zu werden«. Die Ant- wissem Sinn mit Gott. Beim Menschen wird das und zu allen, mit denen man lebe und arbeite. wort auf populistische Strömungen liege in einer Gebet zum Wort, zur Bitte, zum Lobgesang. Die Gott sorge in seiner Vorsehung für die Men- »Politik der Geschwisterlichkeit«, so der Papst. Heilige Schrift lehrt uns, alles ins Wort zu bringen schen, auch wenn er es auf seine geheimnisvolle Franziskus sprach sich für politische Teilhabe und mitunter auch mit kühnen Worten zu beten und nicht immer verständliche Weise tue, hieß aus. In populistischen Systemen seien die Men- – nichts soll ausgespart werden, schon gar nicht es in dem in mehreren Sprachen verbreiteten schen nicht Protagonisten ihres Schicksals, son- Der Papst bei einer Begegnung mit Arbeitern in Leid und Schmerz. Die erste Form des menschli- Gruß. Die Hoffnung der Gläubigen entstehe aus dern »Schuldner einer Ideologie«. Für die Kirche Genua im Jahr 2017. chen Betens besteht im Sprechen. »Das mündli- der Überzeugung, dass alle Probleme und Prü- gehöre soziale Gerechtigkeit untrennbar zusam- che Gebet gehört unverzichtbar zum christlichen fungen einen Sinn hätten. Die Solidarität in Not- men mit der Anerkennung der Werte und der Armen drohe sie eine »intellektuelle oder morali- Leben« (KKK, 2701). Das Beten mit den Lippen ist lagen erinnere daran, dass der Geist der Ge- Kultur eines Volkes, einschließlich spiritueller sche Elite« zu werden. stets möglich, während die Gefühle nicht immer schwisterlichkeit universal sei und alle Grenzen Werte. Der Papst äußerte sich auf einer Online-Ta- In gleicher Weise könne eine Politik, die die gewiss sind, die Gnaden des Gebets nicht immer überschreite. gung des Londoner »Centre for Theology and Armen verachte, auch nicht das Gemeinwohl för- geschenkt werden. So dürfen wir das mündliche Christen und Muslime seien aufgerufen, Bo- Community« zum Thema »Eine Politik, die im dern, sagte Franziskus. »Eine Politik, die sich Gebet nicht geringschätzen, sei es ein Flüstern ten und Bauleute dieser Hoffnung zu sein, vor al- Volk verwurzelt ist«. nicht um die Randbereiche kümmert, wird nie oder das gemeinschaftliche Beten. Die Worte, die lem für Notleidende und Verzweifelte, hieß es in Die katholischen Diözesen weltweit rief der die Mitte verstehen«, sagte er. Die Zukunft müsse wir sprechen, nehmen uns bei der Hand. Sie kön- der Botschaft, die vom Präsidenten des Päpstli- Papst auf, mit sozialen Basisbewegungen zusam- »von unten« aufgebaut werden, mit dem Volk nen die schläfrigen Herzen aufrütteln und die Ge- chen Rates für den Interreligiösen Dialog, Kardi- menzuarbeiten. Die Kirche gewinne neue Über- und in ihm verwurzelt. Es sei unabdingbar, die fühle wecken, deren Erinnerung in uns verblasst nal Miguel Ángel Ayuso Guixot, und vom Se- zeugungskraft, wenn sie hinausgehe, um in den Kultur und die Werte der einfachen Menschen zu ist. Es gibt Worte, von denen wir sicher sein kön- kretär des Dikasteriums, Indunil Kodithuwakku Ärmsten dem »verwundeten und auferstande- achten. »Verachtung der Volkskultur ist der Be- nen, dass sie die Bitten an Gott richten, die er Janakaratne Kankanamalage, unterzeichnet ist. nen Christus« zu begegnen. Abgekoppelt von den ginn von Machtmissbrauch«, sagte der Papst. hören möchte. Darüber lässt uns Jesus nicht im Im Schatten der Corona-Pandemie begeht Ungewissen. Er sagt: »Wenn ihr betet, so sprecht« die muslimische Gemeinschaft weltweit seit (Lk 11,2), und lehrt das Vaterunser. 13. April den Fastenmonat Ramadan. Im Islam ist Nähe des Papstes zu Neue Erkenntnisse Der Heilige Vater grüßte die deutschsprachi- der Ramadan die wichtigste Fastenzeit. Das Früh- Coronaopfern in Brasilien zu Krebsforschung gen Zuschauer und Zuhörer auf Italienisch. stück steht in dieser Zeit schon vor Sonnenauf- Anschließend wurde folgende deutsche Überset- gang auf dem Tisch und der Sonnenuntergang Vatikanstadt. Angesichts der weiter grassie- Rom. Das vatikanische Kinderkrankenhaus zung der Grüße vorgelesen: wird mit dem Fastenbrechen zelebriert. Rama- renden Corona-Pandemie in Brasilien hat sich Bambino Gesù in Rom hat zusammen mit eu- Herzlich grüße ich die Brüder und Schwestern dan ist der neunte Monat im muslimischen Ka- Papst Franziskus an die Bischöfe des Landes ge- ropäischen und US-amerikanischen Forschungs- deutscher Sprache. Das mündliche Gebet hilft lender und dauert 29 oder 30 Tage. wandt und sie zu Einigkeit aufgerufen. Brasilien zentren eine Entdeckung im Kampf gegen Krebs uns, im Beten treu und beharrlich zu sein, vor al- stehe in einer der schwersten Prüfungen seiner gemacht. Das Ergebnis hat die Fachzeitschrift lem dann, wenn wir Momente der Leere erfah- Geschichte, sagte der Papst in einer Videobot- »Nature« jetzt veröffentlicht. Den Wissenschaft- ren. Der Heilige Geist leite uns im Gebet und im Kardinal Khoarai schaft an die online abgehaltene Frühjahrsvoll- lern gelang es laut der Klinik erstmals, das Wech- Leben nach dem Wort Gottes. gestorben versammlung der brasilianischen Bischofskonfe- selspiel zweier Proteine im Zellzyklus zu erfor- renz. Die Bischöfe müssten eins sein, »weil das schen, die für die Zellteilung besonders wichtig Maseru. Kardinal Sebastian Koto Khoarai leidende Volk eins ist«. Nur unter Verzicht auf in- sind. Mechanismen des Zellzyklus regeln Wachs- OMI, emeritierter Bischof von Mohale’s Hoek terne Spaltungen und Meinungsverschiedenhei- tum und Vermehrung von Zellen, auch bei Tumo- Kurz notiert und erster Kardinal aus Lesotho, ist am Samstag, ten könne die Kirche ein »Werkzeug der Versöh- ren. Wenn das Verhältnis der Proteine Ambra 1 17. April, im Alter von nung sein« und auf staatliche Institutionen und Cyclin D unausgeglichen sei, könne ein Tu- Vatikanstadt. Papst Franziskus wird 91 Jahren in einem einwirken. morprozess beginnen. »Diese Entdeckung ebnet am kommenden Sonntag, 25. April, neun Altenheim seines Or- Der Papst rief die Bischöfe auf, mit vereinten den Weg zu Therapien, die das Verteidigungssys - Männer zu Priestern weihen. Wie die Diö- dens in Mazenod ver- Kräften auch auf die Überwindung sozialer Unge- tem einer erkrankten Zelle stoppen können«, zese Rom weiter bekanntgab, findet die storben. Er wurde am rechtigkeit hinzuarbeiten. Die Hoffnung der Kir- heißt es in einer Mitteilung des Kinderkranken- Weihe der bisherigen Diakone im Peters- 11. September 1929 che und ihre Stärke lägen im Glauben an den auf- hauses. dom statt. Sechs der Priesterkandidaten in Koaling (Diözese erstandenen Christus, sagte der Papst. Franziskus Die Forschenden des Bambino Gesù hatten sind Italiener; je einer stammt aus Rumä- Leribe) in der briti- bekundete Verbundenheit mit den Hunderttau- zusammen mit der römischen Universität Tor nien, Kolumbien und Brasilien. Im vergan- schen Kronkolonie senden, die den Verlust eines geliebten Men- Vergata, dem Danish Cancer Society Research genen Jahr war die Priesterweihe pande- Basutoland, dem späteren Lesotho, geboren und schen betrauerten. Die Pandemie habe nieman- Center und weiteren Forschungseinrichtungen miebedingt verschoben worden; statt des im Alter von 11 Jahren getauft. Am 5. Januar den vom Leiden ausgespart. Viele hätten sich aus Europa und den USA nach eigener Aussage Papstes hatte Kardinalvikar Angelo De Do- 1950 trat er in die Ordensgemeinschaft der Obla- nicht einmal von ihren Angehörigen verabschie- herausgefunden, dass Ambra 1 die Lebensdauer natis die Weihe vorgenommen. ten der Unbefleckten Jungfrau Maria ein und den können. Brasilien verzeichnet mit mehr als von Cyclin D regelt. Wenn es bei diesem Zusam- ****** legte am 5. Januar 1951 die Ewige Profess ab. Am 360.000 Corona-Toten die weltweit zweithöchs- menspiel Probleme gibt, könnten sich schnell ver- Vatikanstadt. Der Heilige Vater hat 21. Dezember 1956 empfing er in Rom die Pries - te Zahl an Pandemieopfern nach den USA. schiedene Tumorarten bilden. vier komplette Beatmungsmaschinen so- terweihe. Paul VI. ernannte ihn am 10. Novem- wie zahlreiche Schutzmasken und -brillen ber 1977 zum Bischof der neugegründeten Diö- nach Kolumbien gespendet. Das berichte- zese Morale’s Hoek, die Bischofsweihe empfing Internationale Tagung Dank für Aufnahme ten spanische Medien unter Berufung auf er am 2. April 1978. Von 1982 bis 1987 war er zum Thema Impfstoffe und Gastfreundschaft die Apostolische Nuntiatur in Bogotá. Die Vorsitzender der Bischofskonferenz von Lesotho. Ausrüstung sei von der Luftwaffe des Lan- Papst Franziskus nahm am 11. Februar 2014 sein Vatikanstadt. Vor dem Hintergrund der Vatikanstadt/Bagdad. In einem Brief an des an zwei Krankenhäuser in Quibdo im altersbedingtes Rücktrittsgesuch an – er war da- Corona-Pandemie wird der Vatikan eine interna- den Präsidenten der Autonomen Region Kurdis - Nordwesten des Landes geliefert worden. mals bereits 84 Jahre alt – und nahm ihn im fei- tionale Tagung zu menschlichen und kulturellen tan, Nechirvan Barzani, hat Papst Franziskus die Schon mehrfach hat der Vatikan medizini- erlichen Konsistorium vom 19. November 2016 Folgen der aktuellen medizinischen Entwicklung Förderung der »religiösen, kulturellen und ethni- sche Ausrüstung an Länder geliefert, in unter Zuweisung der Titelkirche S. Leonardo da veranstalten. Referenten bei dem virtuellen schen Vielfalt« in der nordirakischen Region ge- denen die Gesundheitsversorgung in der Porto Maurizio ad Acilia ins Kardinalskollegium Austausch vom 6. bis 8. Mai sind unter anderem lobt. Der Irak solle dem Nahen Osten und der Pandemie besonders prekär ist. auf. Aus gesundheitlichen Gründen konnte er der US-amerikanische Infektionswissenschaftler ganzen Welt zeigen, dass ein harmonisches Zu- dem Konsistorium selbst nicht beiwohnen; die Anthony Fauci und die Chefs der Impfstoff- sammenleben trotz bestehender Unterschiede ****** Kardinalsinsignien (rotes Birett, Ring und Titel) Konzerne Pfizer und Moderna, Albert Bourla und und ein Wiederaufbau der Zivilgesellschaft in Vatikanstadt. Das Dikasterium für wurden ihm am 21. Januar 2017 in Lesotho durch Stephane Bancel. Frieden möglich sei, wünschte der Papst in dem Kommunikation, zu dem Radio Vatikan den Apostolischen Nuntius überreicht. Die Konferenz soll Wissenschaftler unter- Schreiben, das der Apostolische Nuntius im Irak, und Vatican News gehören, hat zusam- Lesotho, eine Enklave in der Republik Süd- schiedlicher Fachrichtungen, Ethiker, Religions- Mitja Leskovar, Barzani im Rahmen eines Bag- men mit den Vatikanischen Museen eine afrika, zählt rund zwei Millionen Einwohner. führer und Vertreter für Patientenrechte sowie dad-Besuchs überreichte. Im Brief dankte Fran- neue Video-Produktion gestartet. Unter Knapp 60 Prozent davon leben nach Weltbank- Politiker und Philanthropen ins Gespräch brin- ziskus dem Präsidenten sowie »dem ganzen iraki- dem Titel »Celata Pulchritudo: Die Ge- Angaben in Armut. Viele von ihnen suchen als gen. Organisiert wird die Veranstaltung »Explo- schen Volk und besonders dem geliebten heimnisse der Vatikanischen Museen« Farmarbeiter, Reinigungskräfte oder Bergleute ring the Mind, Body and Soul« vom Päpstlichen kurdischen Volk« für die »herzliche Aufnahme werden regelmäßig auf dem Youtube-Ka- besser bezahlte Jobs in Südafrika. Rat für die Kultur unter Leitung von Kurienkardi- und großzügige Gastfreundschaft« bei seiner nal, der Homepage und den Kommunika- Nach Khoarais Tod hat das Kardinalskolle- nal sowie von der »Cura Foun- Reise in den Irak. Weiter schrieb Franziskus: tionskanälen der Museen kurze Videos zu gium noch 224 Mitglieder. Davon sind 126 qua dation«, einer Stiftung für gesundheitspolitische »Während der Tage, die ich unter euch verbracht den schönsten und berühmtesten Ausstel- Alter von unter 80 Jahren zur Papstwahl berech- Fragen mit Sitz in New York. Sie richtet sich an habe, habe ich erkannt, dass die religiöse, kultu- lungsobjekten vorgestellt. Im ersten Teil tigt. 26 von ihnen und damit mehr als jeder neun- Kleriker, Mitarbeiter im Gesundheitswesen und relle und ethnische Vielfalt, die die irakische Ge- geht es um den Renaissance-Künstler te ist 90 Jahre oder älter. Ältester ist der französi- Studierende katholischer Universitäten weltweit. sellschaft charakterisiert, eine wertvolle Unter- Michelangelo. sche Theologe und Jesuit (97). (Website: https://vaticanconference2021.org/) stützung für euch und für die Welt ist.« 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 4 Aus dem Vatikan

VATIKANISCHES BULLETIN Aus dem Vatikan in Kürze

Der Vatikan unterstützt europäische tierten Erzbischof von Cagliari (Italien), Arrigo 17. April: Zirkusunternehmen bei ihrem Hilfsappell Privataudienzen Miglio; an die EU-Kommission angesichts der – von Erzbischof Juan José Asenjo Pelegrina Corona-Pandemie. Durch die anhaltende – Erzbischof Mor Anthimos Jack Yakoub, von der Leitung der Metropolitan-Erzdiözese Krise und Versammlungsverbote seien die Der Papst empfing: Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche von Sevilla (Spanien). oft familiengeführten Betriebe verschuldet Antiochien; und stünden am Rand der Existenz, heißt 15. April: 17. April: Todesfälle es in einem am 16. April veröffentlichten – den Präfekten der Kongregation für die Glau- – den Präfekten der Kongregation für die Schreiben des Diasteriums für den Dienst benslehre, Kardinal Luis Francisco Ladaria Bischöfe, Kardinal ; Am 10. April ist der emeritierte Erzbischof zugunsten der ganzheitlichen Entwick- Ferrer; lung des Menschen. Betroffen seien Zehn- – den Bischof von Daejeon (Korea), Lazzaro You von Barquisimeto in Venezuela, Tulio Manuel – den Apostolischen Nuntius in Bosnien und Her- tausende Artisten und Tausende Tiere. Zur Heung-sik; Chirivella Varela, im Alter von 88 Jahren in zegowina, Luigi Pezzuto, Titularerzbischof von Miami in den Vereinigten Staaten von Amerika Bewahrung der Zirkuskunst in Europa, die Torre di Proconsolare; 19. April: gestorben. seit mehr als 250 Jahren Großen und Klei- – den Apostolischen Nuntius in Polen, Salvatore – den Bischof von Le Mans (Frankreich), Yves nen Freude schenke, sei Unterstützung Pennacchio, Titularerzbischof von Montema- Le Saux; Am 12. April ist der emeritierte Bischof von seitens der EU wie auch der einzelnen Re- Alagoinhas in Brasilien, Jaime Mota de Farias, gierungen wichtig. Diese müssten »die rano; – den Präsidenten der Gemeinschaft Sant’Egidio, im Alter von 95 Jahren gestorben. Schwächsten, aber auch besonderes vul- Prof. Marco Impagliazzo. 16. April: nerable Wirtschaftssektoren schützen«, – den Präfekten der Kongregation für die Evange- Am 13. April ist der emeritierte Bischof von betonte der Präfekt des Dikasteriums, Kar- lisierung der Völker, Kardinal Luis Antonio G. Bischofskollegium Mati auf den Philippinen, Patricio Hacbang dinal , in seinem Brief an die Tagle; Alo, im Alter von 81 Jahren gestorben. Weltzirkusföderation. – den Hohen Flüchtlingskommissar der Verein- Am 14. April ist der emeritierte Bischof von ******* ten Nationen, Dr. Filippo Grandi, mit Beglei- Ernennungen Neuquén in Argentinien, Marcelo Melani, aus Papst Franziskus hat den am 11. April tung; Der Papst ernannte: dem Salesianerorden, im Alter von 82 Jahren in verstorbenen australischen Kardinal Ed- – den Sekretär der Kongregation für die Institute Pucallpa in Peru an den Folgen einer Coronavi- ward Cassidy (96) gewürdigt. In einem am 13. April: geweihten Lebens und die Gesellschaften apos- rus-Infektion gestorben. 14. April veröffentlichten Beileidsschrei- tolischen Lebens, José Rodríguez Carballo, – zum Apostolischen Administrator »sede va- Am 18. April ist der emeritierte Erzbischof ben an den Nuntius in Australien, Erzbi- Titularerzbischof von Belcastro, mit dem emeri- cante« der Diözese Crookston (Vereinigte Staaten von Kalkutta in Indien, Lucas Sirkar, aus dem schof Adolfo Tito Yllana, erinnerte der von Amerika): Richard Edmund Pates, emeri- Salesianerorden, im Alter von 84 Jahren nach Papst an Cassidys »jahrelangen geschätz- tierter Bischof der Diözese Des Moines; langer Krankheit in Krishnagar gestorben. ten Dienst« für den Heiligen Stuhl. Beson- Aus den 17. April: ders erwähnte er dessen »Eifer für die Ver- Orientalischen Kirchen breitung des Evangeliums« und »seinen – zum Metropolitan-Erzbischof von Sevilla (Spa- Einsatz für die Förderung der Einheit der 14. April: nien): Josep Àngel Saiz Meneses, bisher Bi- Der Apostolische Stuhl Christen«. Der 1924 geborene Cassidy war schof von Terrassa; Seine Seligkeit Kardinal Lucian Mure- von 1989 bis 2001 Präsident des Päpstli- – zum Bischof der Diözese Callao (Peru): Luis Al- san, Großerzbischof von Alba Iulia und Fa- Römische Kurie chen Rats zur Förderung der Einheit der garas der Rumänen, hat mit Zustimmung berto Barrera Pacheco, bisher Bischof von Christen. der Bischöfe der Großerzbischöflichen Tarma. ******* Der Papst ernannte: rumänischen griechisch-katholischen Kir- In einem Tweet vom 16. April wies der Rücktritte che und nachdem er den Apostolischen 17. April: Papst auf die beklagenswerte Situation Stuhl informiert hatte, den Großerz- Der Papst nahm die Rücktrittsgesuche an: vieler Kinder hin: »Leider gibt es in dieser bischöflichen Kurienbischof Claudiu-Lu- – zu Konsultoren der Kongregation für die Selig- Welt, die ausgefeilteste Technologien ent- cian Pop, Titularbischof von Mariamme, 13. April: und Heiligsprechungsprozesse: Prof. Vito Mig- wickelt hat, immer noch viele Kinder, die als Bischof in die Eparchia Cluj-Gherla – von Bischof Michael J. Hoeppner von der Lei- nozzi, Priester und Dekan der Theologischen Fa- unter unmenschlichen Bedingungen le- (Rumänien) versetzt. tung der Diözese Crookston (Vereinigte Staaten kultät Apuliens; Sac. John Mockler, Promotion ben, die ausgebeutet, misshandelt und von Amerika); in Spiritueller Theologie. versklavt werden oder auf der Flucht sind. Für all dies schämen wir uns vor Gott. #EndChildSlavery« Haiti: Christen im Streik gegen Entführungsdiktatur

Port-au-Prince. Alle Einrichtungen, Univer- durchleben«, so die Ordenskonferenz. Vier Prie- Banditen entführen die Bürger. Nicht einmal sitäten und Aktivitäten der katholischen Kirche ster, darunter der Franzose P. Michel Briand, sind Kinder im Alter von fünf Jahren werden ver- in Haiti haben am 15. April gestreikt, um die Frei- Mitglieder der »Société des Prêtres de Saint Jac- schont. Angehörige der Opfer werden gezwun- lassung von sieben Ordensleuten sowie weiteren ques«. P. Briand, 67, ist seit 1986 als Missionar in gen, hohe Lösegelder für die Freilassung ihrer Personen zu fordern. Diese waren am Sonntag, Haiti tätig. Er war es, der Pater Jean Anel Joseph Verwandten zu zahlen, die manchmal auch 11. April, in Haiti entführt worden, wie P. Loudger in seiner Ausbildung begleitet hatte, den haitia- getötet werden.«

Mazile, der Sprecher der Bischofskonferenz des nischen Pfarrer, der die Gemeinde Galette Cham- L’OSSERVATORE ROMANO karibischen Inselstaates, gegenüber der Nach- bon übernehmen sollte. Das 1966 gegründete In- Ständige Angst vor Gewalt Wochenausgabe in deutscher Sprache 51. Jahrgang richtenagentur AFP bestätigte. Am 15. April läu- stitut hat 15 Ordensleute auf der Insel, weltweit Herausgeber: Apostolischer Stuhl teten zur Mittagszeit Glocken, die Gläubigen ka- sind es 80. Ebenfalls Französin ist Schwester Die Menschen lebten in ständiger Angst vor Verantwortlicher Direktor: Andrea Monda men zusammen, um gemeinsam zu beten oder Agnès Bordeau von den »Sœurs de la Providence Gewalt, doch sei die politische Führung »zuneh- an der heiligen Messe teilzunehmen. Die Initia- de la Pommeraye«, einer 1825 von Marie mend ohnmächtig« und nur um den eigenen Redaktion tive wurde von der haitianischen Bischofskonfe- Moreau gegründeten Kongregation mit Sitz in Pa- Machterhalt besorgt. Entführungen gegen Löse- I-00120 Vatikanstadt; Tel.: 00 39/06 69 84 58 60; renz aus Protest gegen die »Diktatur der Ent- ris, die sich der Bildung und christlichen Erzie- geld seien mittlerweile an der Tagesordnung. Internet: http://www.vatican.va; führung« initiiert. Die Zahl der Entführungen ist hung widmet. Haiti ist das ärmste Land des amerikanischen E-Mail: [email protected] Bilder: Foto-Service und Archiv O.R. in Haiti drastisch gestiegen. Meist handelt es sich Die zweite Ordensfrau, Schwester Anne Ma- Doppelkontinents und befindet sich seit mehre- Tel.: 00 39/06 69 84 51 47; E-Mail: [email protected] um kriminelle Banden, die Lösegeld verlangen, rie Dorcélus, eine Haitianerin, gehört zur Kongre- ren Monaten in einer tiefen politischen Krise. Im Verlag: Schwabenverlag AG; Vorstand: Ulrich Peters um Waffen zu kaufen. gation der »Kleinen Schwestern von der heiligen März hatte die Regierung in bestimmten Bezir- Vertrieb: Annika Wedde; Anzeigen: Angela Rössel Therese vom Kinde Jesu«, die 1948 in Haiti von ken der Hauptstadt und einer Region im Lan- Postfach 42 80; D-73745 Ostfildern; Tel.: (07 11) 44 06-0; Fax: (07 11) 44 06 138; Eine Million Dollar Lösegeld Pater Louis Farnèse Louis-Charles gegründet desinneren einen einmonatigen Ausnahmezu- Internet: http://www.schwabenverlag.de; wurde. Evangelisierung und soziale Förderung in stand verhängt, um die Kontrolle über die von E-Mail: [email protected] Druck: Pressehaus Stuttgart Druck GmbH Die aus zwei Ordensleuten aus Frankreich so- ländlichen Gebieten sind das Charisma des Insti- Kartellen kontrollierten Gebiete wiederzuerlan- Plieninger Straße 150, D-70567 Stuttgart; wie vier Priestern und einer Ordensfrau aus Haiti tuts, das auf der Insel mit 35 Gemeinschaften ver- gen. Anlass waren die zahlreichen Entführun- Jahresabonnement: Deutschland e 98,50; Schweiz sFr. 135,–; restl. Europa e 102,50; Übersee e 129,50. bestehende Gruppe befand sich auf dem Weg zur treten ist, die Schulen unterhalten, die auf den gen, Raubüberfälle und Plünderungen, die zu- ISSN 0179-7387 Einführung eines neuen Gemeindepfarrers in der Unterricht in der Landwirtschaft spezialisiert nehmend zu Protesten auf den Straßen der Folgende Bankverbindungen gelten für die Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz: nahe der Hauptstadt Port-au-Prince gelegenen sind, sowie Ausbildungszentren, Dispensarien, Hauptstadt geführt hatten, darunter ein gegen die Deutschland: Liga Bank Regensburg; BIC: GENODEF1M05; Ortschaft Galette Chambon. Die Entführer hätten ein Krankenhaus, ein Waisenhaus, ein Hospiz Bandengewalt gerichteter Protestmarsch mehre- IBAN: DE53750903000006486142; Österreich: BAWAG P.S.K.; BIC: OPSKATWW; IBAN: AT476 eine Million Dollar Lösegeld gefordert, teilte Ma- und zwei Bauernhöfe. Sie sind nun alle aus Pro- rer hundert Frauen am Karsamstag. 000000007576654 zile mit. Die Polizei vermutet eine bewaffnete test geschlossen. Die haitianische Bischofskonferenz hatte erst Schweiz: PostFinance AG; BIC: POFICHBEXXX; IBAN: CH2809000000800470123 Bande als Täter. Die haitianische Bischofskonferenz trat im Februar davor gewarnt, dass die politischen Abonnementgebühren sind erst nach Rechnungserhalt zahl- Wie die Konferenz der Ordensleute von Haiti ebenfalls zusammen, um in Pétion-Ville eine Spannungen, gepaart mit extremer Not, Armut, bar. Abbestellungen können nur schriftlich mit einer Frist von 6 Wochen zum Bezugsjahresende entgegengenommen angab, wurden gleichzeitig drei weitere Perso- heilige Messe zu feiern. »Wir dürfen nicht länger Gewalt, Unsicherheit und Straflosigkeit, zu einer werden. Bei Anschriftenänderung unserer Leser ist die Post nen, Verwandte des Neupriesters Jean Anel Jo- zulassen, dass Banditen entführen, vergewalti- »sozialen Explosion« führen könnten. Die Haitia- berechtigt, diese an den Verlag weiterzuleiten. Zur Zeit ist die Anzeigenpreisliste Nr. 31 vom 1. Januar 2021 gültig. Für un- seph, entführt. Man bedaure die Situation zu- gen und töten. Nie wieder«, lautet der Aufruf ner müssten sich solidarisch mit allen Notleiden- verlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Ge- tiefst und sei erzürnt über die »unmenschliche der Bischöfe. »Seit einigen Jahren ist das Leben den zeigen. Zugleich riefen die Bischöfe zu einem währ übernommen. Situation, die wir seit mehr als einem Jahrzehnt der Haitianer ein Alptraum: Schwer bewaffnete sozialen und institutionellen Dialog auf. 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Kultur 5

Zum einem neuen Buch über den Tiroler Maler Joseph Anton Koch (1768–1839) Eine Familie mit beachtlichem Stammbaum

Von Christa Langen-Peduto Die Titelseite des Buches (links);

in Blick zurück in andere Zeiten, ohne Pandemie und Zukunftssorgen, das tut Ederzeit gut. Zwar waren auch jene nicht immer schön, mal von Kriegswirren, mal Freskenausschnitt von von Schicksalsschlägen gezeichnet. Doch es gab Joseph Anton Koch im immer warmen Familienzusammenhalt, über Casino Massimo zu Generationen und drei Kontinente hinweg, über Dantes Göttlicher Komödie: Reisen vom Rhein an den Tiber, oder auch vom »Der schlafende Dichter träumt« Tiber zurück an den Rhein und ins Ruhrgebiet. (rechts). »Joseph Anton Koch und seine große Familie« heißt das vor Kurzem im römischen Verlag »L’Erma« di Bretschneider erschienene Buch mit Elmar Bordfeld als Herausgeber (von 1971 bis Fabbricotti über die Online-Genealogie-Plattform 1987 Chefredakteur der deutschsprachigen Aus- My Heritage als Diagramm realisiert. Es lässt sich gabe des Osservatore Romano). Bordfeld, obwohl als PDF mittels eines im Buch angegebenen in Deutschland aufgewachsen, gehört selbst zu Links vergrößern. Und diese zeigt, dass mittler- dieser Familie mit dem berühmten Maler, Kupfer- weile über 900 Personen zur großen Koch-Fami- druckende Lebenswerk seines Vaters Renato im stecher und Zeichner Joseph Anton Koch (1768 lie gehören. italienischen Luftfahrt- und Übertragungssektor bis 1839) aus Tirol als Stammvater. Ab 1795 Nicht nur die Stammbäume einen jedoch die im 20. Jahrhundert. wirkte dieser, führend unter den deutschsprachi- Nachkommen. Auf dem Deutschen Friedhof Einzigartig sind Episoden, die in Beziehung gen Nazarenern, in Rom. Er heiratete Cassandra halb ist dieses interessant zusammengestellte Campo Santo Teutonico in der Vatikanstadt liegt zum Vatikan stehen. So brachten Archivrecher- Ranaldi aus Olevano Romano, dem viel gemalten Werk, zweisprachig auf Deutsch und Italienisch nicht nur der Stammvater begraben. Etliche chen zutage, dass Papst Pius IX. die Hälfte der idyllischen Ort 30 Kilometer südöstlich der Ewi- erschienen, nicht nur ein »Familienbuch« für Zweige seiner Familie haben dort ihre Grüfte. Mitgift zusteuerte für die Wittmer-Tochter Ma- gen Stadt, und gründete mit ihr diese so weit ver- Koch-Nachfahren. Es ist zugleich ein Stück Ge- Und sie waren oder sind führende Mitglieder tilde (Koch-Enkelin), damit diese 1865 den Leut- zweigte Familie, die sich nie ganz aus den Augen schichte der sogenannten deutschen Kolonie in der Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Mutter nant Max Hefner von dem päpstlichen Elitetrupp verlor. Ihre über 225 Jahre lange Geschichte ist Rom, mal aus einem anderem Blickwinkel gese- Gottes der Deutschen und Flamen, die den Fried- der Zuaven heiraten konnte. Eine Mitgift von verknüpft mit Rom, den Päpsten und dem Kir- hen und erzählt. hof betreut. Der katholische Glaube habe diese 3000 Scudi für die Braut eines Offiziers war chenstaat, auch mit dem Bauboom als neuer Viele Familienmitglieder haben längst italieni- Familie »in allen Wechselfällen geistig getragen Pflicht, die Familie Wittmer konnte aber nur die Hauptstadt des Königreichs Italien ab 1871 und sche Namen, oder italienische Vornamen und und sozial verortet«, stellt Msgr. Prof. Dr. Stefan Hälfte aufbringen. Interessant auch, was der schließlich seiner weiteren Entwicklung. Des- deutsche Nachnamen. Töchter heirateten und Heid als Vorstandmitglied der Erzbruderschaft in Hausmann-Zweig als Uhrenlieferant für das Kö- hießen dann nicht mehr Koch. Söhne und dem Buch heraus. nigshaus Savoyen und die Päpste erzählt. 600 Schwiegersöhne waren Maler wie der Stamm- Die Vielzahl an Autorinnen und Autoren ist Lire Monatslohn für das Aufziehen und Warten vater. Architekt Gaetano Koch, ein Enkel, ist es, die das Buch auf 184 Seiten, illustriert mit zahl- der Uhren im Vatikan, so war 1920 von einem berühmt für seine Bauten im neuen Renaissance- reichen Fotos, zur abwechslungsreichen Lektüre Bediensteten von Papst Benedikt XV. festgelegt stil, etwa an der heutigen Piazza della Repubblica machen. Ausführlich wird natürlich Leben und worden. Der spätere Papst Paul VI. war als junger in Rom oder auch für das 1892 fertiggestellte Ge- Wirken des Stammvaters gewürdigt, unter ande- Prälat mit der Hausmann-Familie befreundet. bäude der Banca d’Italia, immer noch »Palazzo rem aus der Feder der Kunsthistorikerin Claudia Und wie hätte es anders sein können – auch Koch« genannt. Luciano Koch, Nachkomme des Nordhoff. Die meisten Verfasser gehören aber der Gründer des Verlags »L’Erma« di Bretschnei- Malersohns Augusto, wirkte als Botschafter. Ein- zur großen Nachkommenschaft, zeichnen ein- der (1896), in dem dieses Buch erschienen ist, geheiratete Angehörige waren Uhrmacher und drucksvoll und teils originell die Geschichte ihres gehört zur großen Koch-Familie. Dessen Enkel Juweliere, die mit dem Namen Hausmann&Co. Familienzweiges nach. Marco Lodoli, bekannter Roberto Marcucci, der zusammen mit seiner Frau bis heute zur ersten Adresse in Rom gehören und Schriftsteller und Familienmitglied des Zweigs den Verlag heute führt, erzählt im Buch, wie sein auch viele Tisch- und Pendeluhren in der Vatikan- Augusto Koch, stellt tiefsinnige Betrachtungen Großvater, aus Sachsen kommend, schließlich in stadt aufgestellt haben. über den Stammbaum an. Aber auch über die Rom Fuß fasste. Wegen seiner Verdienste um die Wieder andere waren Buchbinder und Buch- Koch-Fresken zur Göttlichen Komödie von Dante Vermittlung wissenschaftlicher Literatur in deut- händler, Soldaten und Offiziere. Viele Familien- im Casino Massimo am Lateran: »Ich schaue und scher und italienischer Sprache wurde er zum mitglieder haben, egal ob in Rom, in Bonn oder denke stolz: Tüchtiger Großvater, weil nämlich »Hofbuchhändler des Königlichen Hauses« von in New York zuhause, einen wunderschönen dieser deutsch-römische Koch die Wurzel meiner Savoyen ernannt. 1904 heiratete Max Bret- Stammbaum im Wohnzimmer hängen. Mittler- ganzen Familie war…« Herausgeber Elmar Bord- schneider Maria Hefner, eine Enkelin des Malers weile gibt es drei, davon zwei wirklich als Baum feld und seine Frau Vera beschäftigen sich ferner Joseph Anton Koch. Das Paar hatte sechs Kinder. gestaltet mit vielen Ästen, auf denen jeweils die mit dem aus Oberbayern stammenden, ebenfalls Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. am Namen von Koch-Nachkommen genannt sind. berühmten Maler Johann Michael Wittmer (1802 Joseph Anton Koch e la sua grande famiglia – 10. Dezember 1986 zum Abschied für die Familie Den ersten entwarf 1923 der Buchbinder bis 1880), der sich als Schwiegersohn von Joseph Joseph Anton Koch und seine große Familie, von Vera und Elmar Bordfeld, der 16 Jahre lang Costantino Glingler, Ehemann der Koch-Nach- Anton Koch auch um dessen künstlerischen Hrsg. Elmar Bordfeld, 2021, »L’Erma« di Bret- den deutschsprachigen Osservatore Romano ge- fahrin Erna Hausmann. Der letzte Stammbaum Nachlass kümmerte. Professor Giorgio Koch, schneider, 186 S, ISBN 9788891319951, 125,00 leitet hatte, von Rom. von 2019 wurde von der Nachfahrin Giulia Ururenkel des Malers, schildert das beein- Euro.

Schätze in der Vatikanischen Bibliothek

Johannes Herolds Übersetzung weisen auf die Gesamtsituation sei- handelt von einem universalen durch Johannes Herold (1511-1567) seine Übersetzung vor der Druckle- von Dantes De Monarchia ner Zeit und einigen spezifischen Reich, das die einzige Regierungs- entstanden nicht nur aus histori- gung des lateinischen Textes nach der (Stamp. Pal. V 816) Anspielungen ist hinsichtlich der po- form darstellt, die Einheit und Frie- schem Interesse, sondern hatten nur handschriftlich verbreiteten litischen Ereignisse so allgemein ge- den garantiert. Das zweite kennt Übersetzung des Marsilio Ficino ante (1265-1321), der mit sei- halten, dass eine genaue Datierung die Legitimität der Rechte des Rei- (1467) angefertigt. Dieses schwierige Dner »Göttlichen Komödie« kaum möglich ist. In jüngster Zeit ches durch die Römer an. Das Vorhaben hat er mit Geschick und Er- ein Meisterwerk der Weltliteratur wurden die Jahre 1308/9, 1312/13 dritte beschreibt die auf göttli- folg ausgeführt. schuf, hat am politischen Meinungs- und 1316/21 in Betracht gezogen. chem Willen fußende Autorität Herold widmete das 1559 erschie- kampf seiner Zeit mit lateinischen Anstoß dazu war auch die Diskussion des Monarchen, auch wenn der nene Buch den drei protestantischen Sendschreiben und gelehrten Erörte- um die Vorherrschaft der weltlichen Herrscher dem Papst als dem Vica- ihren Ursprung auch im Konflikt zwi- Kurfürsten – dem Pfalzgrafen Frie- rungen teilgenommen, zum Beispiel oder geistlichen Macht, die in der rius Christi auf Erden Respekt entge- schen Kaiser und Papst anlässlich der drich III., dem Herzog von Sachsen in Briefen an Könige und Fürsten. Auseinandersetzung zwischen Phi- genbringen muss. Dante tritt für das Abdankung Karls V. (1556), der Papst und dem Markgrafen von Branden- Der drei Bücher umfassende Traktat lipp dem Schönen von Frankreich Eigenrecht der weltlich politischen Paul IV. nicht zustimmen wollte. burg –, erwähnte aber auch die drei über die Weltmonarchie (De Monar- (1268-1314) und Papst Bonifaz VIII. Ordnung neben und unabhängig von Herold stammte aus Höchstädt an der rheinischen Erzbischöfe und den Kö- chia) mit knappen, evidenten Hin- (1294-1303) und mit der Verkündi- der päpstlich-kirchlichen Autorität Donau und studierte in Basel Ge- nig von Böhmen. Das Werk, das in gung der Bulle Unam Sanctam einen ein. schichte und evangelische Theologie protestantischen Kreisen wegen sei- Höhepunkt erreichte. Die Schrift ent- Das Werk fand bereits im 14. Jahr- und war nebenbei als Korrektor bei ner Kritik an der Institution der Kir- stand im Zuge des Italienzuges von hundert in Italien wie im Reich große Druckern tätig. che Interesse fand, wurde in Basel Kaiser Heinrich VII. von Luxemburg Aufmerksamkeit. Der erste Druck Die deutsche Erstausgabe der (1566), in Straßburg (1609, 1618) und (1278/9-1313), der als Friedensbrin- der Abhandlung (Basel 1559) wie Monarchia erschien bei Johannes in Offenburg 1610 nachgedruckt. ger angesehen wurde. Das erste Buch auch die deutsche Übersetzung Oporinus (1507-1568). Herold hat Dr. Christine Grafinger 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 6 Kirche in der Welt

Laudato si’ im Norden von Kamerun Eine Pflanze zur Bekämpfung von Unterernährung

on »den Erfahrungen vor Ort« ausge- hen, mit »konkreten Gesten«, »von un- »Laudato si’, mi’ Signore – Vten«, um neue Wege im Kampf gegen Gelobt seist du, mein Herr«, die »Tragödie der Unterernährung in Afrika« ein- sang der heilige Franziskus von Assisi. zuschlagen. Zu diesem Engagement sieht sich In diesem schönen Lobgesang Bruder Fabio Mussi, Caritas-Koordinator der Diö- erinnerte er uns daran, zese Yagoua im äußersten Norden Kameruns, di- dass unser gemeinsames Haus rekt durch die Enzyklika Laudato si’ von Papst wie eine Schwester ist, Franziskus »herausgefordert«, wie er sagt. Und mit der wir das Leben teilen, durch den Aufruf des Papstes zu Aktionen, die und wie eine schöne Mutter, deutlich machen, dass der Mensch nach wie vor die uns in ihre Arme schließt: in der Lage ist, zum Schutz des gemeinsamen »Gelobt seist du, mein Herr, Hauses »positiv einzugreifen«, und zwar durch durch unsere Schwester, »Gesten der Großzügigkeit, der Solidarität und Mutter Erde, die uns erhält Fürsorge«. Der dem Päpstlichen Institut für die und lenkt und vielfältige Früchte auswärtigen Missionen (PIME) angehörige Lai- hervorbringt und bunte Blumen enmissionar aus Norditalien ist seit 11 Jahren in und Kräuter.« einem Land tätig, in dem 39 Prozent der Bevöl- (Laudato si’, 1) kerung unterhalb der Armutsgrenze leben. Hungersnöte, Klimawandel, die territoriale In- Bruder Fabio Mussi (hinten links) und die Teilnehmer am Moringa-Pilotprojekt. stabilität in den englischsprachigen Gebieten, Ge- Die Moringa, so erläutert der Missionar, »ist walt gegen Kinder, Familien und ganze Gemein- »Moringa oleifera« (unten) ist eine trockenheitsresistente Pflanze mit großartigen Protein- und ein ursprünglich aus Indien stammender Strauch schaften, die Grenzüberschreitungen der Nährwerteigenschaften, die im tropischen Afrika vorkommt, aber bisher wenig genutzt wird. oder Baum, den es inzwischen seit Jahrzehnten nigerianischen islamischen Extremisten von auch hier gibt. Die Pflanze hält tropischen Tem- Boko Haram bedrohen nach wie vor sowohl die peraturen ebenso wie Dürre stand. Außerdem Bevölkerung als auch die vor allem landwirt- wächst sie sehr schnell und produziert Blätter schaftlich orientierte Wirtschaft Kameruns. »Im und Samen, die reich sind an pflanzlichen Protei- äußersten Norden Kameruns«, erläutert der itali- nen, Spurenelementen und Vitaminen. Durch enische Missionar, »haben wir einen akuten und die Förderung von Anbau und Produktion vor Ort sehr bedenklichen Prozentsatz an Unterernäh - könnte man ein hervorragendes Resultat erzie- rung, der den nationalen Durchschnitt über- len. Außerdem ist es unnötig, diese Blätter und steigt.« Sechs von zehn Regionen des Landes ver- Körner zu behandeln. Es reicht, sie trocknen zu zeichnen einen Anteil von über 30 Prozent bei lassen und sie in der Ernährung einzusetzen, ent- Wachstumsverzögerungen und chronischer Un- weder als Beigabe zu den Speisen, als Tee oder terernährung: In der Region, in der Bruder Mussi Aufguss. Den uns zur Verfügung stehenden Da- im Einsatz ist, sind es sogar 40 Prozent. »Man ten zufolge, die in anderen afrikanischen Ländern schätzt, dass es mehr oder weniger 40.000 unter - erhoben und von mehreren Universitäten über- ernährte Kinder gibt, die behandelt werden soll- prüft wurden, wäre es ausreichend, unterer - ten. Es muss gesagt werden, dass dies die verifi- nährte Kinder mit einem Kaffeelöffel Moringa- zierten Fälle sind, nicht unbedingt die reale pulver drei Monate lang täglich zu versorgen, Situation, denn in vielen Fällen kann angesichts damit sie wieder zu Kräften kommen und an Ge- der Unsicherheiten und allgemeinen Probleme wicht zulegen.« Die Welternährungsorganisation der Durchschnitt viel höher sein. Zu diesem Zu- und des Prozentsatzes an Unterernährung in un- wird es dann immer noch möglich sein, den FAO weist darauf hin, dass Moringablätter reich stand kommt hinzu, dass wir im Jahr 2020 zu- serer Gegend haben wir festgestellt, dass das ak- Kampf gegen die Unterernährung mit denselben an Proteinen, Vitamin A, B und C und Mineral- dem schwere Überschwemmungen hatten, mit tuell einzig wirksame System die Verteilung von importierten Produkten fortzusetzen?« Bei der stoffen sind und empfiehlt deren Verzehr für Gebieten, wo die Ernte verlorenging, auch wegen importierten Nahrungsergänzungsmitteln ist. Auswertung eigener Erfahrungen und der der schwangere Frauen, stillende Mütter und Klein- durchziehender Elefanten und Flusspferde.« In Aber wir fragen uns, bis wann das so weiterge- umliegenden Länder habe man entdeckt, »dass es kinder. einem Gebiet, dessen periphere Lage die Auswir- hen kann, denn die Ergänzungsmittel haben örtliche, endogene Lösungen gibt. Am einfachs - Papst Franziskus, betont Bruder Mussi, »legt kungen der Covid-19-Pandemie zumindest abge- ihren Preis und es ist kompliziert, sie hierher- ten schien es, eine einheimische, ziemlich ver- die Grundlagen unseres Einsatzes für das und im schwächt zu haben scheint, sind Krankheiten bringen zu lassen. Da sind die internationalen breitete, aber unterschätzte Pflanze einzusetzen: gemeinsamen Haus. Die Worte des Papstes laden wie Malaria oder Cholera häufig, so der Missio- Einrichtungen der Vereinten Nationen, die ein- die Moringa (Meerrettich- oder Behennuss - uns ein, ›die besten Ergebnisse des heutigen nar, und auch Fälle von Meningitis sind alles an- greifen, um die Unsicherheit der Lebensmittel- baum). Es handelt sich dabei um einen Strauch Stands der wissenschaftlichen Forschung zu dere als selten. versorgung und die Unterernährung zu bekämp- bzw. Baum, der über alle Eigenschaften verfügt, übernehmen, uns davon zutiefst anrühren zu las- Der Koordinator der Caritas der Diözese Ya- fen.« Aber Bruder Fabio fragt sich: »Wenn um den Kindern eine Nährwertergänzung zu ge- sen und dem dann folgenden ethischen und geist- goua fügt hinzu: »Bei einer Überprüfung der Lage derartige Organisationen eines Tages weggehen, ben, ohne große Kosten zu verursachen.« lichen Weg eine Basis der Konkretheit zu verlei- hen‹ (Laudato si’, 15), das heißt sie den ver- schiedenen Lebenssituationen zum Wohl aller Online-Konferenz zur Enzyklika Fratelli tutti anzupassen«. »Für jede Veränderung [sind] Be- weggründe und ein erzieherischer Weg nötig«, betone Franziskus. »Für uns bedeutet das, dass es Brüderlichkeit, Multilateralismus und Frieden manchmal notwendig ist, sich nicht mit vorgefer- tigten Lösungen zufrieden zu geben, sondern Genf/Rom. Der Vatikan hat er- schen, die im informellen Sektor ar- rungen für weltweite Solidarität. Es innerte an die zahlreichen Appelle neue zu suchen, die mehr mit den von der Enzy- neut mehr internationale Zusam- beiten oder Flüchtlinge. Zugleich er- könne nicht angehen, dass 80 Pro- während der Finanzkrise 2008, eine klika vorgeschlagenen Werten übereinstimmen.« menarbeit und Solidarität im Kampf mahnte er die internationale Ge- zent aller Impfstoffe derzeit an rei- neue Form von Wirtschaft zu schaf- In dieser Perspektive, so fährt er fort, führt die gegen die Pandemie und ihre Folgen meinschaft, »dafür zu sorgen, dass che und einige Länder mittleren fen. »Stattdessen machte man mit Caritas Yagoua das Moringa-Pilotprojekt durch. gefordert. Die wiederholten Appelle jeder Impfstoff und jede Behand- Wohlstands gingen, aber nur 0,2 den veralteten Maßstäben einfach »Wir haben Samen verteilt, aus denen circa an Staats- und Regierungschefs und lung gegen Covid-19 sicher, verfüg- Prozent an arme Länder. weiter«, kritisierte Ryder. Die Covid- 500 Moringapflanzen herangewachsen sind. internationale Organisationen zu ei- bar, erschwinglich und für alle zu- Peter Maurer, Präsident des In- Pandemie biete noch einmal eine Wir haben die Blätter gesammelt und zu Pulver ner »Globalisierung der Solidarität« gänglich sind, die sie benötigen«. ternationalen Komitees vom Roten Chance, eine Wende zu schaffen, gestampft und dann 50-Gramm-Säckchen damit seien eine Konstante von Papst Nach Aussage von UN-Flücht- Kreuz, berichtete aus einem Flücht- um Solidarität aufzuwerten und abgefüllt, die circa 500 CFA-Francs kosten, also Franziskus, sagte Kardinalstaatsse- lingskommissar Filippo Grandi be- lingslager in Syrien, in dem derzeit auch umzusetzen. Allerdings müss - 80 Euro-Cent. Im September 2020 haben wir an- kretär bei einer Kon- weise Covid-19 eindeutig, »wie 70.000 Frauen und Kinder der ten viele dafür neu lernen, wie so- gefangen, sie unentgeltlich an einige der Frauen ferenz mit Vertretern mehrerer UN- falsch Sätze wie: ›Mein Land zu- früheren IS-Miliz festsitzen. Diese zialer Dialog geht: Regierungen, Ar- zu verteilen, die in den von uns geführten Zen- Organisationen und Religionen. erst!‹ sind«. Der entstandene Impf- würden »quasi als Feinde der beitgeber, Arbeitnehmer und auch tren betreut werden, katholisch inspirierte Ge- Die von der Vertretung des Heili- nationalismus vertiefe die Gräben. Menschheit betrachtet«. Eine ent- die Religionen. sundheitszentren. Mütter, die unterernährte Kin- gen Stuhls bei den Vereinten Natio- Dort, wo Menschen nicht immuni- scheidende Frage menschlichen Der jordanische Prinz El Hassan der haben, können sowohl die Pflänzchen nen in Genf organisierte Online- siert werden können, entstünden Umgangs, die auch in der Enzyklika bin Talal, seit Jahrzehnten im inter- erhalten als auch die anzupflanzenden Samen, Tagung befasste sich am 15. April Mutanten, die sich erneut verbreite- Fratelli tutti angesprochen werde, religiösen Dialog engagiert, warb um die Sträucher heranzuziehen und selbst di- unter dem Titel »Brüderlichkeit, ten und neue Epidemien auslösten. sei laut Maurer: Wie behandelst du dafür, die Ausnahmesituation der rekt ernten zu können, wodurch sie unabhängig Multilateralismus und Frieden« mit Mit dem Virus sei es wie mit dem deine Gegner? Franz von Assisi Pandemie noch mehr für natur- werden.« Denn es ist wichtig, dass »den Frauen – der Enzyklika Fratelli tutti. Diese Klima und Flüchtlingen: Für sie oder Henry Dunant, der Gründer wie sozialwissenschaftliche Stu- die zwar häufig Analphabetinnen sind, aber sehr enthalte eine Reihe von Richtlinien, gebe es keine Grenzen. des Roten Kreuzes, hätten erkannt, dien zu nutzen. Mit deren Hilfe wohl wissen, dass eine gute Behandlung ihrer um Themen wie Gesundheitsfür- Auch für den Leiter der Weltge- wie wichtig es sei, Gewalt und Ver- ließe sich ein oft nur abstrakt be- Kinder eine bessere Lebensperspektive für alle sorge, Flucht und Migration, Arbeit, sundheitsorganisation WHO, Te- geltung einzuschränken, um Kon- schworener »guter Wille« zu einer gewährleistet – das Wissen vermittelt wird, wie humanitäres Völkerrecht und Ab - dros Adhanom Ghebreyesus, ist der flikte nicht unnötig zu verlängern. nachhaltigeren Umweltpolitik und sie bestimmte Notlagen, zum Beispiel die Unter - rüstung anzugehen. Eigens nannte Kampf um Impfstoffe derzeit eine Guy Ryder, Direktor der Interna- mehr sozialer Gerechtigkeit besser ernährung, bewältigen können«. Parolin nukleare Abrüstung, Men- der größten Tests und Herausforde- tionalen Arbeitsorganisation ILO, er- umsetzen. Giada Aquilino 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 7

Brief von Papst Franziskus an die Teilnehmer an den Frühjahrstreffen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds 2021 Neue und kreative Formen der Partizipation

helfen kann, Fortschritte zu machen sowie Zu- gang zu Impfstoffen, zum Gesundheitswesen, zur Ausbildung und zu einem Arbeitsplatz zu haben. Wir dürfen auch eine andere Art von »Schul- den« nicht übersehen: die »ökologische Schuld«, die vor allem zwischen dem Norden und dem Sü- An die Weltbankgruppe und den der Welt besteht. Denn wir haben in der Tat den Internationalen Währungsfonds Schulden gegenüber der Natur wie auch gegen - über den Menschen und Ländern, die betroffen Ich danke für die freundliche Einladung, mich sind von den vom Menschen verursachten Um- an die Teilnehmer der Frühjahrstreffen der Welt- weltschäden und Biodiversitätsverlusten. In die- bank und des Internationalen Währungsfonds ser Hinsicht denke ich, dass die Finanzdienstleis - 2021 zu wenden und tue es durch diesen Brief, tung, die sich durch ihre große Kreativität den ich Kardinal Peter Turkson anvertraut habe, auszeichnet, sich als fähig erweisen wird, flexible dem Präfekten des Dikasteriums des Heiligen Mechanismen zu entwickeln, um diese ökologi- Stuhls für den Dienst zugunsten der ganzheitli- schen Schulden zu berechnen, so dass die Indus- chen Entwicklung des Menschen. triestaaten sie bezahlen können, indem sie nicht Im vergangenen Jahr war unsere Welt als nur den Konsum von nicht erneuerbarer Energie Folge der Covid-19-Pandemie gezwungen, sich spürbar senken oder den ärmeren Ländern hel- mit einer Reihe gravierender und in Wechsel- fen, nachhaltige Entwicklungspolitik und -pro- beziehung stehender sozialwirtschaftlicher, vor Augen geführt, dass sich niemand alleine ret- Brücken schlagen und etwas planen, das alle mit- gramme umzusetzen, sondern auch indem sie ökologischer und politischer Krisen auseinander- tet. Wenn wir aus dieser Situation als bessere, einbezieht (vgl. ebd., 216). die zu diesem Zweck notwendigen Kosten über- zusetzen. Es ist meine Hoffnung, dass Ihre Bera- menschlichere und solidarischere Welt hervorge- Während viele Länder jetzt individuelle Pro- nehmen (vgl. Laudato si’, 51-52). tungen zu einem Modell der »Wiederbelebung« hen wollen, dann müssen wir neue und kreative jekte für den Aufschwung konsolidieren, besteht Zentral für eine gerechte und integrierte Ent- beitragen, das in der Lage ist, neue inklusivere Formen der gesellschaftlichen, politischen und weiterhin die dringende Notwendigkeit eines glo- wicklung ist ein tiefes Verständnis für das wesent- und nachhaltigere Lösungen zu finden, um die wirtschaftlichen Partizipation finden, die auf- balen Projekts, das neue Institutionen schaffen liche Ziel und den Zweck allen wirtschaftlichen Realwirtschaft zu unterstützen sowie Einzelper- merksam sind für die Stimme der Armen und die oder die bestehenden wiederbeleben kann, be- Lebens, nämlich das universale Gemeinwohl. sonen und Gemeinschaften zu helfen, ihre tief- sich dafür einsetzen, sie in den Aufbau unserer sonders auf der Ebene des globalen politischen Daraus folgt, dass öffentliches Geld niemals vom sten Wünsche und auch das universale Gemein- gemeinsamen Zukunft einzubeziehen (vgl. Fra- Handelns, und das helfen kann, ein neues Netz in- Gemeinwohl abgekoppelt werden darf und dass wohl zu verwirklichen. Das Konzept einer telli tutti, 169). ternationaler Beziehungen zu knüpfen, um die die Finanzmärkte durch Gesetze und Vorschriften »Wiederbelebung« darf sich nicht damit zufrie- ganzheitliche menschliche Entwicklung aller Völ- gestützt werden sollten, die sicherstellen, dass sie dengeben, zu einem ungerechten und nicht- Globale Solidarität ker zu fördern. Das bedeutet notwendigerweise, wirklich für das Gemeinwohl arbeiten. Eine Ver- nachhaltigen Modell wirtschaftlichen und sozia- den ärmeren und weniger entwickelten Nationen pflichtung zu wirtschaftlicher, finanzieller und so- len Lebens zurückzukehren, wo eine sehr kleine Als Finanz- und Wirtschaftsexperten wissen konkrete Partizipationsmöglichkeiten an der Ent- zialer Solidarität impliziert also viel mehr als spo- Minderheit der Weltbevölkerung die Hälfte des Sie sehr gut, dass das Vertrauen, das der Vernet- scheidungsfindung zu geben und ihnen den Zu- radische Akte der Großzügigkeit. »Es bedeutet, Reichtums besitzt. zung der Personen entspringt, der Eckstein jeder gang zum internationalen Markt zu erleichtern. dass man im Sinne der Gemeinschaft denkt und Trotz unserer tiefen Überzeugung, nach der Beziehung ist, einschließlich derer im Bereich der Im Geist globaler Solidarität ist auch mindestens handelt, dass man dem Leben aller Vorrang ein- alle Männer und Frauen vor Gott gleich sind, sind Finanzen. Diese Beziehungen können nur durch eine bedeutsame Reduzierung der von der Pande- räumt – und nicht der Aneignung der Güter durch viele unserer Brüder und Schwestern in der die Entwicklung einer »Kultur der Begegnung« mie verschärften Schuldenlast der ärmeren Natio- einige wenige. Es bedeutet auch, dass man gegen Menschheitsfamilie, vor allem an den Rändern aufgebaut werden, in der jede Stimme gehört nen erforderlich. Die Schuldenlast so vieler Län- die strukturellen Ursachen der Armut kämpft: Un- der Gesellschaft, de facto aus der Finanzwelt aus- werden kann und alle Wohlergehen genießen der und Gemeinschaften zu reduzieren ist heute gleichheit, das Fehlen von Arbeit, Boden und geschlossen. Doch die Pandemie hat uns erneut können, indem sie Berührungspunkte suchen, eine zutiefst humane Geste, die den Menschen Wohnung, die Verweigerung der sozialen Rechte und der Arbeitsrechte. […] Die Solidarität, ver- standen in ihrem tiefsten Sinne, ist eine Art und Audienz für Verantwortliche und Volontäre der Weise, Geschichte zu machen« (Fratelli tutti, 116). katholischen Organisation für internationale Entwicklung FIDESCO Gesundheit für alle

Es ist an der Zeit, anzuerkennen, dass sich die Im Dienst der Kirche und der Entwicklung Märkte – vor allem die Finanzmärkte – nicht selbst regulieren. Die Märkte müssen durch Ge- Ansprache von Papst Franziskus am 20. März setze und Vorschriften gestützt werden, die si- cherstellen, dass sie im Sinne des Gemeinwohls Liebe Brüder und Schwestern! Die Kirche beginnt in diesen Tagen die große ziallehre der Kirche verankert zu bleiben. Heute arbeiten und gewährleisten, dass das Finanzwe- Meditation der Passion des Herrn. Der leidende ist es wichtiger denn je, dass die an Christus Glau- sen – anstatt nur spekulativ zu sein oder sich nur Mit Freude empfange ich euch, die Verant- Christus ist in jedem armen, ausgeschlossenen, benden Zeugen der Zärtlichkeit und des Mitleids selbst zu finanzieren – für die sozialen Ziele ar- wortlichen und die Volontäre der Organisation kranken, hungrigen Menschen gegenwärtig, der sind. Den Schrei der Armen im eigenen Inneren beitet, die im Zusammenhang mit dem aktuellen FIDESCO, auf eurer Pilgerfahrt nach Rom aus An- mit Ihm das Geheimnis des Kreuzes trägt. Es wird zu hören, sich vom Leid anderer herausfordern globalen Gesundheitsnotstand so dringend sind. lass des 40. Jahrestags der Gründung im Dienst euch sehr gut tun, wenn ihr diese Passionszeit in zu lassen und die Entscheidung zu treffen, weit Hierbei brauchen wir vor allem eine gerecht der Kirche und der Entwicklung. Ich danke dem Fülle lebt, um aus der Quelle eurer Mission zu weg zu gehen, um ihre Wunden zu berühren – finanzierte Impfstoffsolidarität, denn wir dürfen Direktor für seine einführenden Grußworte. schöpfen. »Bekennen, dass Jesus sein Blut für uns die die Wunden Christi sind –, das lässt uns nicht nicht zulassen, dass das Gesetz des Marktes Vor- Euer Besuch an den Gräbern der Apostel er- vergossen hat, hindert uns, auch nur den kleins- nur am Aufbau einer schöneren, geschwisterli- rang vor dem Gesetz der Liebe und der Gesund- laubt euch, euer tägliches Handeln noch besser in ten Zweifel an der grenzenlosen Liebe zu bewah- cheren, mehr dem Evangelium entsprechenden heit für alle hat. Ich wiederhole hier meinen Auf- eurem Glauben an den gestorbenen und aufer- ren, die jeden Menschen adelt« (ebd.). Jeder Welt teilnehmen, sondern es stärkt die Kirche in ruf an Regierungsvertreter, Unternehmen und standenen Herrn sowie im Herzen der Sendung Mensch hat Würde. Jeder Mensch ist für mich ihrer Sendung, die Errichtung des Gottesreiches internationale Organisationen, zusammenzuar- der Kirche zu verwurzeln. Ich hoffe, dass diese Bruder oder Schwester. Ich lade euch ein, wenn zu beschleunigen (vgl. ebd., 180). beiten, um Impfstoffe für alle bereitzustellen, ins- geistliche Erneuerung, die ihr erlebt und die in ihr mitten in eurer Mission seid, durch eure per- Abschließend möchte ich das persönliche besondere für die Schwächsten und Bedürftigsten dieser Fastenzeit einen gewissen Bußcharakter sönliche Beziehung zum Herrn und euer Glau- Wachstum unterstreichen, das der auch auf eine (vgl. Botschaft »Urbi et orbi«, Weihnachten 2020). hat, euch mit noch größerer Begeisterung und bensleben das Staunen, die Faszination und die bestimmte Zeit begrenzte Einsatz in eurer Verei- Ich hoffe, dass Ihre formalen Beratungen und Freude zu euren Brüdern und Schwestern Begeisterung zu bewahren, das Evangelium der nigung bewirken kann, sowohl auf menschlicher persönlichen Treffen in diesen Tagen reiche zurückkehren lässt. Brüderlichkeit zu leben (vgl. ebd., 179). Das brau- Ebene als auch im Bereich des Glaubens. Wer Frucht tragen werden, um weise Lösungen für »Sich von Gott lieben zu lassen und ihn mit chen wir in den schwierigen Augenblicken der sich in euren Missionen einsetzt, findet nicht nur eine integrativere und nachhaltigere Zukunft zu der Liebe zu lieben, die er selbst uns mitteilt, Einsamkeit, der Mutlosigkeit, der Enttäu- die Möglichkeit einer Offenheit für die Welt und finden. Eine Zukunft, in der das Finanzwesen verursacht im Leben des Menschen und in sei- schung… die Kulturen, sondern auch das Mittel, um auf die dem Gemeinwohl dient, in der die Schutzlosen nem Tun eine erste und grundlegende Reaktion: Ich danke FIDESCO, den Verantwortlichen, Barmherzigkeit zu antworten, die Gott ihm er- und Ausgegrenzten in den Mittelpunkt gestellt dass er das Wohl der anderen wünscht und an- den Volontären, und ich danke dem Herrn für die wiesen hat: »Seid barmherzig, wie auch euer Va- werden und in der die Erde, unser gemeinsames strebt als etwas, das ihm am Herzen liegt« (Apos - in diesen 40 Jahren des missionarischen Dienstes ter barmherzig ist!« (Lk 6,36). Er findet auch ei- Haus, gut bewahrt wird. tolisches Schreiben Evangelii gaudium, 178). geleistete Arbeit wie auch für das Zeugnis für nen geistlichen Weg als Antwort auf das Indem ich meine besten Wünsche, verbun- Dieses »Wohl der anderen« ist das, was ihr, ge- Christus, der gekommen ist, um den ganzen unentgeltliche Geschenk Gottes. Noch einmal den mit dem Gebet, für den Erfolg der Treffen aus- drängt vom Wirken des Heiligen Geistes, sucht, Menschen und die ganze Menschheit zu erlösen. verdient die Gelegenheit, die ihr vor allem den spreche, rufe ich auf alle Teilnehmer Gottes Segen wenn ihr euch entscheidet, für einige Jahre mit Denn euer solidarisches Handeln ist auf die ganz- Jüngeren anbietet, im Glauben und in der der Weisheit und des Verstehens, des guten Ra- der Organisation FIDESCO ins Ausland zu ge- heitliche Entwicklung des Menschen ausgerich- Menschlichkeit zu wachsen, Dank und Anerken- tes, der Kraft und des Friedens herab. hen, um den weit entfernten Brüdern und tet, nicht nur auf die Sorge für die materiellen nung. Ich wünsche euch eine gute Pilgerfahrt Schwestern zu dienen, denen es nicht so gut Bedürfnisse, sondern auch auf ihre soziale Inte- und vertraue euch wie alle Mitglieder von Aus dem Vatikan, am 4. April 2021 geht, die benachteiligt sind und nicht so viele gration, ihr intellektuelles, kulturelles und geistli- FIDESCO dem Schutz der Jungfrau Maria an. Ich Möglichkeiten haben wie ihr und die doch von ches Wachstum und so die persönliche Würde ei- segne euch von Herzen und bitte euch, für mich Gott genauso geliebt werden und mit Würde nes jeden zu vermehren. Ich ermutige euch, auf zu beten. Danke! ausgestattet sind. diesem Weg weiterzugehen und dabei in der So- (Orig. ital. in O.R. 20.3.2021) (Orig. engl.; ital. in O.R. 8.4.2021) 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 8 Aus dem Vatikan

Botschaft des Papstes aus Anlass des 150. Jahrestags der Proklamation des heiligen Alfons Maria von Liguori zum Kirchenlehrer Die Nähe zum Menschen und seinen Verletzlichkeiten

und wird genährt von der theologischen Refle- zen zu Gott führt und sie nicht von ihm entfernt, Ich fordere Euch auf, Euch nach dem Vorbild xion, die sich die Fragen der Menschen zu eigen wie dies Alfons mit seiner Lehre auf geistlicher des heiligen Kirchenlehrers auf der Ebene der zu machen weiß, um gangbare Wege aufzuzei- und moralischer Ebene getan hat. Denn: »Die rie- Moraltheologie ernsthaft »dem Ruf Gottes« zu gen. Nach dem Vorbild von Alfons lade ich die sige Mehrheit der Armen ist besonders offen für stellen, »der uns alle fragt: ›Wo ist dein Bruder?‹ Moraltheologen, Missionare und Beichtväter ein, den Glauben; sie brauchen Gott, und wir dürfen (Gen 4,9). Wo ist dein Bruder, der Sklave? Wo ist in eine lebendige Beziehung zu den Gliedern des es nicht unterlassen, ihnen seine Freundschaft, der, den du jeden Tag umbringst in der kleinen il- Gottesvolkes zu treten und aus ihrem Blickwin- seinen Segen, sein Wort, die Feier der Sakramente legalen Fabrik, im Netz der Prostitution, in den An den Generaloberen der Redemptoristen und kel auf das Leben zu schauen, um die realen anzubieten und ihnen einen Weg des Wachstums Kindern, die du zum Betteln gebrauchst, in dem, Generalmoderator der Alfonsiana-Akademie, Schwierigkeiten zu verstehen, denen sie begeg- und der Reifung im Glauben aufzuzeigen. Die der heimlich arbeiten muss, weil er nicht legali- P. Michael Brehl CSsR nen, und ihnen zu helfen, die Wunden zu heilen, bevorzugte Option für die Armen muss sich siert ist?« (Evangelii gaudium, 211). denn nur echte Geschwisterlichkeit ist in der hauptsächlich in einer außerordentlichen und Angesichts eines epochalen Wandels wie des Vor 150 Jahren, am 23. März 1871, erklärte Lage, »die heilige Größe des Nächsten zu sehen vorrangigen religiösen Zuwendung zeigen« (Ebd., jetzigen wird die Gefahr deutlich sichtbar, das Pius IX. den heiligen Alfons Maria von Liguori […]; die in jedem Menschen Gott zu entdecken 200). Recht der Starken zu verabsolutieren und dabei zum Kirchenlehrer. Die Verkündigungsbulle hebt weiß; die die Lästigkeiten des Zusammenlebens Wir sind aufgerufen, wie der heilige Alfons die Bedürftigsten zu vergessen. die Besonderheit seines moralischen und geistli- zu ertragen weiß, indem sie sich an die Liebe auf das Volk zuzugehen, und zwar als Gemein- Die Bildung der Gewissen in Bezug auf das chen Ansatzes hervor, durch den er es verstand, Gottes klammert; die das Herz für die göttliche schaft des Apostolats, die dem Erlöser unter den Gute ist unerlässliches Ziel für jeden Christen. »im Gewirr der gegensätzlichen Meinungen des Liebe zu öffnen versteht, um das Glück der ande- Verlassensten nachfolgt. Auf diejenigen zuzuge- Dem Gewissen – dem Ort, wo die Stimme Gottes Rigorismus und des Laxismus den sicheren Weg ren zu suchen, wie es ihr guter himmlischer Vater hen, die ohne geistliche Hilfe sind, trägt dazu bei, erklingt – Raum zu geben, damit es die persönli- aufzuzeigen«1. sucht« (Evangelii gaudium, 92). die individualistische Ethik zu überwinden und che Unterscheidung im konkreten Leben voran- Die Botschaft des heiligen Alfons Maria von In Treue zum Evangelium soll die christliche eine moralische Reife zu fördern, die in der Lage bringen kann (vgl. Amoris laetitia, 37), ist eine Liguori, Patron der Beichtväter und Moraltheolo- Morallehre, die verkündet, vertieft und gelehrt ist, das wahre Wohl zu wählen. Mit der Formung Aufgabe der Formung, der man treu bleiben gen sowie Vorbild für die ganze Kirche in missio- werden muss, stets eine Antwort sein auf Gott, von verantwortungsbewussten und barmherzi- muss. Die Haltung des Samariters (Lk 10,33-35) narischem Aufbruch, verweist uns auch bei die- »der uns liebt und uns rettet – ihm zu antworten, gen Gewissen werden wir eine mündige Kirche drängt uns in diese Richtung, wie ich es in Fratelli sem freudigen Anlass des 150. Jahrestags mit tutti aufgezeigt habe. Nachdruck auf den Königsweg, um die Gewissen Die Moraltheologie darf sich nicht scheuen, dem einladenden Antlitz des Vaters anzunähern, den Schrei der Geringsten der Erde aufzugreifen denn »das Heil, das Gott uns anbietet, ist ein Werk und ihn sich zu eigen zu machen. Die Würde der seiner Barmherzigkeit« (Evangelii gaudium, 112). Schwachen ist eine moralische Pflicht, die man weder umgehen noch delegieren darf. Es ist not- Auf die wendig, davon Zeugnis zu geben, dass Recht im- Wirklichkeit hören mer Solidarität bedeutet. Ich lade Euch ein, auf die schwachen Brüder Der theologische Ansatz des heiligen Alfons und Schwestern unserer Gesellschaft zuzuge- entspringt dem Hören auf die Schwachheit der in hen, wie dies der heilige Alfons getan hat. Das geistlicher Hinsicht am meisten im Stich gelasse- schließt die Entwicklung einer moraltheologi- nen Männer und Frauen und dem Annehmen schen Reflexion und eines pastoralen Wirkens dieser Schwachheit. Der heilige Kirchenlehrer, ein, die in der Lage sind, sich für das Gemeinwohl ausgebildet in einer rigoristischen Mentalität in einzusetzen, das seine Wurzel in der Verkündi- Bezug auf die Moral, bekehrt sich durch das gung des Kerygmas hat, eine Pastoral, die ein ent- Hören auf die Realität zur »Güte«. schiedenes Wort für den Schutz des Lebens hat Die missionarische Erfahrung in den existen- sowohl in Bezug auf die Schöpfung als auch auf tiellen Randgebieten seiner Zeit, das Bemühen die Geschwisterlichkeit. um die Fernstehenden, das Hören der Beichte, die Bei diesem besonderen Anlass ermutige ich Gründung und Leitung der entstehenden Kongre- die Kongregation vom Heiligsten Erlöser und gation des Heiligsten Erlösers sowie die Verant- die Päpstliche Akademie Alfonsiana als ihr Aus- wortung als Bischof einer Ortskirche bringen ihn druck und Zentrum höherer theologischer und dazu, Vater und Meister der Barmherzigkeit zu apostolischer Bildung, einen konstruktiven Dia- werden, in der Gewissheit, dass Gottes Paradies log mit allen Fragen aus jeder Kultur zu suchen7, das Herz des Menschen ist.2 um apostolische, moralische und geistliche Ant- Die schrittweise Bekehrung zu einer entschie- worten zu finden zugunsten der menschlichen den missionarischen Pastoral, die dem Volk nahe Schwäche, wissend, dass Dialog »marturya« ist. zu sein vermag, dessen Schritte zu begleiten und Der heilige Alfons Maria von Liguori und die auch inmitten von großen Einschränkungen und Muttergottes von der Immerwährenden Hilfe Herausforderungen sein Leben konkret zu teilen mögen stets Eure Weggefährten sein. weiß, drängte Alfons, nicht ohne Mühe, die in den Ausbildungsjahren empfangene theologi- Rom, St. Johannes im Lateran, sche und juristische Ausrichtung zu revidieren: 23. März 2021 anfänglich von einem gewissen Rigorismus ge- Der heilige Alfons Maria von Liguori auf einem Kirchenfenster. prägt, verwandelte sie sich später in einen barm- herzigen Ansatz, in eine evangelisierende Dyna- indem man ihn in den anderen erkennt und aus haben, die in der Lage ist, im Hinblick auf das mik, die durch Anziehung zu wirken versteht. sich selbst herausgeht, um das Wohl aller zu su- Himmelreich konstruktive Antworten auf die so- Fußnoten In den theologischen Auseinandersetzungen chen« (Ebd., 39). Moraltheologie darf nicht nur zialen Verwundbarkeiten zu finden. bleibt er, der die Vernunft der Autorität vorzog, über die Aufstellung von Prinzipien und Normen Auf die Verletzlichsten zuzugehen erlaubt es, nicht bei der Formulierung theoretischer Prinzi- nachdenken, sondern sie muss sich diese auf die Logik zu überwinden, die dem Konkurrenz- 1 Pius IX., Acta Sanctae Sedis, Bd. VI, Typis pien stehen, sondern lässt sich vom Leben selbst kreative Weise aneignen, denn die Wirklichkeit denken und dem »Gesetz des Stärkeren« folgt, die Polyglottae Officinae S. C. De Propaganda Fidei, hinterfragen. Als Anwalt der Letzten, der Schwa- steht über der Idee (vgl. ebd., 231). Das ist eine Pri- den Menschen als »Konsumgut betrachtet, das Romae 1871, 318. chen und Ausgestoßenen der Gesellschaft seiner orität (vgl. ebd., 34-39), denn die bloße Kenntnis man gebrauchen und dann wegwerfen kann«, 2 Vgl. Alfons Maria von Liguori, Vertrauliche Zeit, verteidigt er das »Recht« aller, besonders der der theoretischen Prinzipien reicht nicht aus, um womit man die »Wegwerfkultur« einführt (vgl. Zwiesprache mit Gott. Alleingelassenen und Armen. Dieser Weg hat ihn die Gewissen bei der Unterscheidung des Guten, ebd., 53). 3 Vgl. ebd. zur ausschlaggebenden Entscheidung geführt, das es zu tun gilt, zu begleiten und zu unterstüt- In der heutigen Zeit hat die Gesellschaft zahl- 4 Vgl. Johannes Paul II., Spiritus Domini, in: sich in den Dienst der Gewissen zu stellen, die zen, wie der heilige Alfons sagt. Es ist notwendig, lose Herausforderungen zu bewältigen: die Pan- Der Apostolische Stuhl 1987, S. 1573-1582 [vgl. auch unter großen Schwierigkeiten das Gute, das dass die Kenntnis praktisch und konkret wird, in- demie und die Frage der Arbeit in einer Welt nach AAS 79 (1987) S. 1367-1368]. es zu tun gilt, suchen, weil sie dem Ruf Gottes zur dem man die Letzten, Schwachen und von der Covid, medizinische Behandlung, die für alle ge- 5 Vgl. Laudato si’, 49. Heiligkeit treu bleiben. Gesellschaft als Ausgestoßene betrachteten Men- währleistet sein muss, der Lebensschutz, der von 6 Vgl. ebd. Der heilige Alfons ist also »weder Laxist noch schen anhört und sie annimmt. der Künstlichen Intelligenz ausgehende »Input«, 7 Querida Amazonia, 36. Rigorist. Er ist ein Realist im wahren christlichen die Bewahrung der Schöpfung, die antidemokra- Sinn«, denn »im Mittelpunkt des Evangeliums Reife Gewissen für tische Bedrohung und die Notwendigkeit der Ge- selbst stehen das Gemeinschaftsleben und die eine erwachsene Kirche schwisterlichkeit. Wehe uns, wenn wir bei die- Verpflichtung gegenüber den anderen« (Evangelii sem Evangelisierungsbemühen die »Klage der Geistliches Wort 5 6 gaudium, 177). Nach dem Vorbild des heiligen Alfons Maria Armen« von der »Klage der Erde« trennen. »Seien Sie überzeugt, dass auf die 4 Die Verkündigung des Evangeliums in einer von Liguori, dem Erneuerer der Moraltheologie , Der Meister und Patron der Beichtväter und Nacht der Tag folgt. Aber der Tag, sich schnell verändernden Welt erfordert den ist es wünschenswert und damit notwendig, die- Moraltheologen, Alfons von Liguori, hat kon- nach dem wir in diesem Leben allein Mut, auf die Wirklichkeit zu hören, um die Ge- jenigen, die eine geistliche Hilfe am meisten ent- struktive Antworten auf die Herausforderungen verlangen sollen, ist der, an dem wir wissen zu erziehen, auf andere Weise zu denken, behren, auf dem Weg zur Erlösung zu begleiten der Gesellschaft seiner Zeit gegeben, und zwar Gott von Angesicht zu Angesicht 3 in Diskontinuität zur Vergangenheit . und zu unterstützen. Die Radikalität des Evange- durch die Volksmissionen, wobei er einen Stil der schauen und lieben werden.« Jedes pastorale Handeln hat seine Wurzel in liums darf dabei nicht der menschlichen Moraltheologie aufzeigte, der in der Lage war, der erlösenden Begegnung mit dem Gott des Le- Schwäche entgegengesetzt werden. Es ist not- den Anspruch des Evangeliums und die mensch- Alfons Maria von Liguori bens, es entsteht aus dem Hören auf das Leben wendig, immer den Weg zu finden, der die Her- liche Schwäche zusammenzuhalten. 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 9

Videobotschaft von Papst Franziskus an die Teilnehmer des Kongresses »Eine außergewöhnliche Frau. Zum 50-jährigen Jubiläum der Proklamation der heiligen Teresa von Avila zur Kirchenlehrerin« Berufen zur vollkommenen Liebe

Aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums der resa erleben wir gerade »schwierige Zeiten«, Erklärung der heiligen Teresa von Avila zur ganz und gar nicht leichte Zeiten, wo es treuer Kirchenlehrerin veranstalteten das Bistum Freunde Gottes, »starker Freunde Gottes«13 be- Avila, die Unbeschuhten Karmeliten und die darf. Katholische Universität Avila in Zusammenar- Die große Versuchung besteht darin, der Ent- beit mit der Katholischen Universität Eichstätt- täuschung nachzugeben, der Entmutigung, der Ingolstadt vom 12. bis 15. April einen interna- verhängnisvollen und unbegründeten Ahnung, tionalen Kongress. Dieser fand vor Ort und dass alles schlecht ausgehen wird. Dieser un- online statt. Neben dem aus Avila gebürtigen fruchtbare Pessimismus, dieser Pessimismus von Kardinal Ricardo Blázquez Pérez, Kardinal Menschen, die unfähig sind, Leben zu schenken. , sowie dem Bischof von Manche, von diesen Gedanken verängstigt, nei- Avila sprach unter anderem die in Wien leh- gen dazu, sich abzukapseln, sich in Kleinigkeiten rende Theologin und Ratzingerpreisträgerin zu flüchten. Marianne Schlosser über »Die ekklesiale Be- Ich erinnere mich an das Beispiel eines Klos - deutung der Ernennung einer Lehrmeisterin ters, wo alle Schwestern sich in Kleinigkeiten ge- des Gebets zur Kirchenlehrerin. Das weibliche flüchtet hatten. Das Kloster trug den Namen der Antlitz der Kirche«. Von der Universität Eich- heiligen … Ich werde nicht sagen von wem. Es stätt-Ingolstadt nahmen Prof. Burkard M. Zapff befand sich in einer Stadt, aber man nannte es und Prof. Lothar Wehr teil. Papst Franziskus das »Kloster Cosita, Cosita, Cosita« (Kleines Ding), wandte sich mit der folgenden Videobotschaft weil alle in Kleinigkeiten verschlossen waren, als an die Teilnehmer. Zuflucht, in egoistischen Plänen, die die Gemein- schaft nicht aufbauen, sondern sie vielmehr zer- Ich grüße die Teilnehmer am Hochschulkon- stören. gress, mit dem des 50. Jahrestags der Erklärung Das Gebet dagegen macht uns offen, es er- der heiligen Teresa von Jesus zur Kirchenlehrerin laubt uns zu erfahren, dass Gott groß ist, dass er gedacht wird. über den Horizont hinausgeht, dass Gott gut ist, Der Ausdruck »außergewöhnliche Frau« im Heiligkeit ist nicht nur etwas für einige »Ex- gen Geistes in ihrem Leben öffnen, und dass das dass er uns liebt und dass die Geschichte ihm Titel eurer Begegnung wurde vom heiligen perten des Göttlichen«, sondern die Berufung al- Zeichen für unseren Fortschritt auf diesem Weg nicht aus den Händen geglitten ist. Es mag sein, Paul VI. gebraucht.1 Wir haben eine Persönlich- ler Gläubigen. Die Einheit mit Christus, die Mys - darin besteht, immer demütiger zu sein, auf- dass wir in einem »finsteren Tal« (Ps 23,4) unter- keit vor uns, die sich in vielerlei Hinsicht ausge- tiker und Mystikerinnen wie die heilige Teresa merksamer für die Bedürfnisse unserer Brüder wegs sind, aber habt keine Angst, wenn der Herr zeichnet hat. Dennoch darf man nicht vergessen, aus reiner Gnade in besonderer Weise erleben, und Schwestern, bessere Kinder des heiligen bei euch ist. Denn er hört nicht auf, an unserer dass ihre allgemein anerkannte Bedeutung in all empfangen wir in der Taufe. Die Heiligen sind Gottesvolkes. Dieser Weg eröffnet sich denjeni- Seite zu gehen und uns zum wahren Ziel zu diesen Aspekten nichts anderes ist als die Folge uns Anregung und Motivation, aber sie sind nicht gen nicht, die sich für rein und vollkommen hal- führen, nach dem wir uns alle sehnen: das ewige dessen, was für sie wichtig war: ihre Begegnung dazu da, dass wir versuchen, sie wortwörtlich zu ten, den Katharern aller Jahrhunderte, sondern Leben. Wir dürfen den Mut haben, Großes zu mit dem Herrn, ihre »entschlossene Entschlos- kopieren. Heiligkeit kopiert man nicht, denn »das nur denjenigen, die sich ihrer Sünden bewusst tun, weil wir wissen, dass wir begnadet sind.14 senheit«, so nennt sie es, durch das Gebet in der könnte uns sogar von dem einzigartigen und be- sind und die Barmherzigkeit Gottes entdecken, Und gemeinsam mit ihm sind wir in der Lage, Vereinigung mit Ihm auszuharren2, ihren festen sonderen Weg abbringen, den der Herr für uns der alle annimmt, alle erlöst und alle zur Freund- jede Herausforderung zu bewältigen, weil in Vorsatz, die ihr vom Herrn anvertraute Sendung vorgesehen hat. Worauf es ankommt, ist, dass je- schaft mit ihm einlädt. Wirklichkeit allein seine Gesellschaft das ist, was zu erfüllen, von jenem Herrn, dem sie sich in der Gläubige seinen eigenen Weg erkennt«7. Je- unser Herz begehrt und was uns die Fülle und die großer Einfachheit schenkt, mit jener einfachen der von uns hat seinen eigenen Weg der Heilig- Sündenbewusstsein Freude schenkt, aus der wir geschaffen wurden. Sprache, die man gar als Sprache eines Mädchens keit, der Begegnung mit dem Herrn. Das hat die Heilige in einem bekannten Gebet zu- vom Land bezeichnen könnte: »Dein bin ich, ge- Die heilige Teresa selbst ermahnt ihre Mit- Es ist interessant, dass das Bewusstsein, selbst sammengefasst, und ich lade euch ein, es oft zu bor’n für dich. Was verfügst du über mich?«3 schwestern, dass das Gebet nicht dazu da ist, um ein Sünder zu sein, genau das ist, was die Tür beten: »Nichts soll dich ängstigen, nichts dich er- Teresa von Jesus ist vor allem außergewöhn- außergewöhnliche Dinge zu erleben, sondern zum Weg der Heiligkeit öffnet. Die heilige Teresa, schrecken. Alles vergeht, Gott ändert sich nicht. lich, weil sie heilig ist. Ihre Fügsamkeit gegenüber um uns mit Christus zu vereinen. Und das Zei- die sich für sehr »schlecht und schlimm« hielt, so Geduld erreicht alles. Wer Gott hat, dem fehlt dem Heiligen Geist vereint sie mit Christus und chen dafür, dass diese Vereinigung real ist, sind nennt sie sich, erkennt, dass die Güte Gottes nichts. Gott allein genügt.« Jesus segne euch, die lässt sie »gar brennend vor starker Gottesliebe«4 die Werke der Nächstenliebe. In der Inneren Burg »größer ist als alle Übeltaten, die wir anstellen Jungfrau Maria und der heilige Josef mögen euch sein. Mit schönen Worten verleiht sie ihrer Er- sagt sie: »Hierfür ist das Gebet da, meine Töchter, können. Er denkt nicht mehr an unsere Undank- begleiten. Und bitte vergesst nicht, für mich zu fahrung Ausdruck: »Schon ganz mich hinge- das ist die Bestimmung dieser geistlichen Ehe, barkeit […] Sie sollen an seine Worte denken und beten. Danke. schenkt, gegeben, ich solchen Tausch vollzogen, nämlich dass ihr immerfort Werke entsprießen, achtgeben, was er mit mir getan hat«, sagt sie, dass mein Geliebter für mich da ist, und ich für Werke.« 8 Und zuvor hatte sie bereits in demsel- »denn eher wurde ich müde, ihn zu beleidigen, Fußnoten den Geliebten da bin.«5 Jesus lehrte: »Wovon das ben Werk gemahnt: »Wenn ich Seelen erblicke, als dass seine Majestät aufgehört hätte, mir zu Herz überfließt, davon spricht der Mund« (vgl. die sich emsig bemühen, das Gebet zu erfassen, verzeihen.« Wir werden früher müde, Gott zu be- 1 Predigt in der Eucharistiefeier aus Anlass der Lk 6,45). Kühnheit, Kreativität und Vortrefflich- und mit niedergeschlagenen Augen und fest ver- leidigen, auf seltsamen Wegen zu gehen, als dass Erklärung der heiligen Teresa von Avila zur Kir- keit der heiligen Teresa als Reformerin sind die schlossenem Gesicht darin verharren (so dass es Gott müde wird, uns zu verzeihen. Er wird nie chenlehrerin (27. September 1970). Frucht der inneren Gegenwart des Herrn. scheint, als wagten sie nicht, sich zu rühren oder müde zu verzeihen. Wir werden müde, um Ver- 2 Vgl. Teresa von Avila, Weg der Vollkom- ihre Gedanken in Bewegung geraten zu lassen, gebung zu bitten, und dort liegt die Gefahr. »Er menheit 21,2. Epochenwandel damit ihnen ja kein bisschen Wonne und An- wird nie müde zu geben, und seine Erbarmungen 3 Teresa von Avila, Gedicht Dein bin ich, in: dacht entgehe), so zeigt mir das, wie wenig sie sind unerschöpflich; lasst uns also nicht müde Gedanken zum Hohenlied, Gedichte und klei- Wir sagen, dass »die Epoche, in der wir leben, von dem Weg wissen, auf dem man zur Vereini- werden zu empfangen!«11 , indem wir demütig nere Schriften [Band 3], Herder, 2. Auflage 2011, nicht nur eine Epoche der Veränderungen ist, gung gelangt. Sie glauben, hierin bestehe die das Herz öffnen. Eine ihrer Lieblingsstellen der S. 340. sondern die eines Epochenwandels«6. Und in die- ganze Arbeit, die von ihnen erwartet wird. Nein, Heiligen Schrift war der Beginn von Psalm 89, 4 Teresa von Avila, Das Buch meines Lebens, ser Hinsicht hat unsere heutige Zeit große Ähn- Schwestern nein! Werke will der Herr! Und den sie in gewisser Weise zu ihrem Lebensmotto 29,13. lichkeit mit der des 16. Jahrhunderts, in dem die wenn du eine Kranke siehst, der du eine Linde- machte: »Von der Huld des Herrn will ich ewig 5 Teresa von Avila, Gedicht Schon ganz mich Heilige lebte. Wie damals sind auch wir Christen rung verschaffen kannst, sollst du dir nichts dar- singen.« Dieses »misericordiare« Gottes [»sich hingeschenkt, in: Gedanken zum Hohenlied, Ge- heute aufgerufen, zu bewirken, dass durch uns aus machen, dass es dich deine Andacht kostet, vom Erbarmen Gottes ergreifen lassen«]. dichte und kleinere Schriften [Band 3], Herder, die Kraft des Heiligen Geistes weiterhin das An- sondern dich ihrer erbarmen. […] Dies ist die Das Gebet machte aus der heiligen Teresa 2. Auflage 2011, S. 330. gesicht der Erde erneuert (vgl. Ps 104,30), in der wahre Vereinigung mit seinem Willen.«9 Auch eine außergewöhnliche Frau, eine kreative und 6 Vgl. Ansprache beim Weihnachtsempfang Gewissheit, dass es letztlich die Heiligen sind, die dies sagt sie in der Inneren Burg. Letztlich gilt, innovative Frau. Ausgehend vom Gebet ent- für die Römische Kurie (21. Dezember 2019). ermöglichen, dass die Welt vorangeht und sich deckte sie das Ideal der Geschwisterlichkeit, 7 Gaudete et exsultate, 11. dabei ihrem endgültigen Ziel nähert. das sie in den von ihr gegründeten Klöstern 8 Teresa von Avila, Die innere Burg 7,4 Es ist gut, an die allgemeine Berufung zur Hei- verwirklichen wollte: »Die Schwestern sollen 9 Ebd. 5,3 ligkeit zu erinnern, von der das Zweite Vatikani- sich alle lieben, einander wohlwollen und 10 Gaudete et exsultate 37. sche Konzil gesprochen hat (vgl. Lumen gentium, sich gegenseitig helfen.«12 Und wenn ich die 11 Teresa von Avila, Das Buch meines Lebens, 39-42). »Jedem ist also klar, dass alle Christgläu- »Streitigkeiten« in manchen Klöstern, inner- 19,15. bigen jeglichen Standes oder Ranges zur Fülle halb eines Klosters, sehe oder den »Streit« 12 Vgl. Teresa von Avila, Weg der Vollkom- des christlichen Lebens und zur vollkommenen zwischen Klöstern, »ich bin von hier«, »ich menheit 4,7. Liebe berufen sind. Durch diese Heiligkeit wird »dass die Vollkommenheit der Menschen an ihrer bin von dort«, »ich sehe das so«, »das nehme ich 13 Vgl. Teresa von Avila, Das Buch meines auch in der irdischen Gesellschaft eine menschli- Nächstenliebe gemessen wird, nicht an der Fülle von der Kirche an«, »jenes akzeptiere ich Lebens, 15,5. chere Weise zu leben gefördert. Zur Erreichung erworbener Daten und Kenntnisse«10 und ähnli- nicht«… Die armen Schwestern haben ihre 14 Ebd., 10,6: »Es ist von unserer menschli- dieser Vollkommenheit sollen die Gläubigen die chen Dingen. Gründerin vergessen und das, was sie sie gelehrt chen Natur her – nach meinem Dafürhalten – un- Kräfte, die sie nach Maß der Gnadengabe Christi Die heilige Teresa lehrt uns, dass der Weg, der hat. Im Gebet spürte sie, dass der auferstandene möglich, dass jemand sich für große Dinge begeis - empfangen haben, anwenden, um […] sich mit sie zu einer außergewöhnlichen Frau und einer Christus sie als Braut und Freundin behandelte. tert, wenn er nicht versteht, dass er von Gott ganzem Herzen der Ehre Gottes und dem Dienst Bezugsperson durch die Jahrhunderte hindurch Durch das Gebet öffnete sie sich der Hoffnung. begnadet ist.« des Nächsten hinzugeben«, so heißt es unter der gemacht hat, der Weg des Gebets, allen offen- Und mit diesem Gedanken möchte ich diesen Nummer 40 in Lumen gentium. steht, die sich demütig für das Wirken des Heili- Gruß abschließen. Wie die Kirchenlehrerin Te- (Orig. span.; ital. in O.R. 16.4.2021) 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 10 Aus dem Vatikan

Das christologische Dogma, eine Quelle des Lichts und der Inspiration (Teil 3) Jesus von Nazaret – eine Person

Von Kardinal Raniero Cantalamessa ren wir alle übereinstimmend, unseren Herrn ten ist« (das heißt der Glaube der Väter, der wei- über Jesus kannte, Lehren, Häresien über Jesus, Jesus Christus als ein und denselben Sohn zu be- terlebt) und dass »der Traditionalismus der tote Begriffe über ihn, aber ich kannte ihn nicht als le- kennen […]«, wobei »die Eigentümlichkeit jeder Glaube der Lebenden ist« (The Christian Tradi- bendige, gegenwärtige Person. Zumindest kannte n der Apostelgeschichte wird die folgende der beiden Naturen gewahrt bleibt und sich in ei- tion: A History of the Development of Doctrine, 5 ich ihn nicht so, wenn ich mich ihm durch das Begebenheit berichtet: Als König Agrippa ner Person und einer Hypostase vereinigt« (Den- Bde (1973–1990), University of Chicago Press). Studium der Geschichte und der Theologie Inach Cäsarea kommt, trägt Festus ihm den zinger – Hünermann, Enchiridion Symbolorum, Auch das Dogma der einen Person Christi ist näherte. Bis dahin hatte ich eine unpersönliche Fall des Paulus vor, der als Gefangener auf seinen 301-302). eine »offene Struktur«, das heißt, es hat uns heute Kenntnis von der Person Christi. Ein Wider- Prozess wartet. Festus fasst den Fall des Paulus Wie für die volle Rezeption der Definition von etwas zu sagen, es hat eine Antwort auf die spruch und ein Paradox, aber ach, wie häufig ist folgendermaßen zusammen: »Bei der Gegen - Nizäa ein Jahrhundert notwendig war, so waren neuen Bedürfnisse des Glaubens, die nicht die- das leider! überstellung führten die Kläger nur einige Streit- für die volle Rezeption dieser Definition alle nach- selben sind wie im 5. Jahrhundert. Heute leugnet fragen gegen ihn ins Feld, die ihre Religion und ei- folgenden Jahrhunderte bis in unsere Tage not- niemand, dass Christus »eine Person« ist. Manche Person bedeutet nen gewissen Jesus betreffen, der gestorben ist, wendig. Denn nur dank des jüngeren Klimas des – das haben wir bereits gesehen – leugnen, dass »in Beziehung sein« von dem Paulus aber behauptet, er lebe« (Apg ökumenischen Dialogs konnte die Einheit zwi- er eine »göttliche« Person ist und ziehen es vor 25,18-19). In diesem auf den ersten Blick ne- schen der orthodoxen Kirche und den sogenann- von einer »menschlichen« Person zu sprechen, in Die Reflexion über den Personenbegriff in Be- bensächlichen Detail ist die gesamte Geschichte ten nestorianischen oder monophysitischen Kir- der Gott auf einzigartige Weise wohnt oder wirkt. zug auf die Trinität führte den heiligen Augusti- der zwanzig auf diesen Augenblick folgenden chen des christlichen Ostens wiederhergestellt Aber die Einheit der Person Christi, ich wieder- nus (De Trinitate, V,5,6.) und nach ihm den heili- Jahrhunderte zusammengefasst. Alles dreht sich werden. Man hat anerkannt, dass es sich in der hole es, wird von niemandem bestritten. gen Thomas von Aquin zu dem Schluss, dass immer noch um »einen gewissen Jesus«, den die Mehrzahl der Fälle um Unterschiede in der Ter- Das Wichtigste in Bezug auf das christologi- »Person« in Gott »Beziehung« bedeutet. Der Vater Welt für tot hält und von dem die Kirche verkün- minologie und nicht in der Lehre handelte. Alles sche Dogma der »einen Person« ist nicht so sehr ist Vater in Bezug auf seine Beziehung zum Sohn: det, dass er lebt. hing ab von der unterschiedlichen Bedeutung, das Adjektiv »eine« als vielmehr das Substantiv sein ganzes Sein besteht aus dieser Beziehung, Das ist das Thema, das wir in dieser letzten die man den beiden Begriffen »Natur« und »Per- »Person«. Nicht so sehr die Tatsache, dass er »ein wie der Sohn Sohn ist aufgrund seiner Beziehung Meditation vertiefen möchten: Jesus von Nazaret son« (bzw. »Hypostase«) zuwies. und derselbe« (»unus et idem«) ist, sondern dass zum Vater. Das moderne Denken hat diese Intui- lebt! Er ist keine vergangene Erinnerung. Er ist er »Person« ist. Das bedeutet, zu entdecken und tion bestätigt. Der Philosoph Friedrich Hegel hat nicht nur eine historische Gestalt, sondern eine Vom Adjektiv »eine« zu verkünden, dass Jesus Christus keine Idee ist, geschrieben: »Denn die wahre Persönlichkeit ist Person. Er ist »dem Geist nach« lebendig, sicher, zum Substantiv »Person« kein historisches Problem und auch nicht nur eben dies, sie durch das Versenken, Versenktsein aber das ist eine noch stärkere Lebensweise als eine Persönlichkeit, sondern dass er eine Person in das Andere zu gewinnen« (Vorlesungen über die »dem Fleisch nach«, weil sie ihm ermöglicht, Nachdem wir die ontologische und objektive ist, und zwar eine lebendige Person! Denn genau die Philosophie der Religion). Die Person ist Per- in uns zu leben, nicht außerhalb von uns oder ne- Bedeutung des Dogmas sichergestellt haben, das ist es, was fehlt und was wir dringend brau- son im Akt, mit dem sie sich einem »Du« öffnet ben uns. müssen wir auch hier dessen subjektive und chen, um nicht zuzulassen, dass das Christentum und in dieser Auseinandersetzung wird sie sich Bei unserer Betrachtung des Dogmas haben existentielle Dimension hervorheben, damit es auf bloße Ideologie reduziert wird oder ganz ein- ihrer selbst bewusst. Personsein bedeutet »in Be- wir den Punkt erreicht, der beide Teile verbindet: neues Leben entfalten kann. Der heilige Gregor fach auf Theologie. ziehung sein«. Jesus »wahrer Mensch« und Jesus »wahrer Gott«, der Große sagte, dass die Schrift mit denen Wir haben uns vorgenommen, dem Dogma Das gilt in herausragender Weise für die gött- so habe ich zu Beginn gesagt, sind wie die beiden wächst, die sie lesen (»cum legentibus crescit«, neues Leben einzuhauchen, indem wir von sei- lichen Personen der Dreifaltigkeit, die »reine Be- Seiten eines Dreiecks, dessen Spitze Jesus »eine Moralia in Job, XX,1). Dasselbe können wir vom ner biblischen Grundlage ausgehen. Daher wol- ziehung« sind, oder wie man in der Theologie Person« ist. Erinnern wir uns kurz daran, wie sich Dogma sagen. Es ist »eine offene Struktur«: Es len wir uns jetzt der Heiligen Schrift zuwenden sagt: »subsistierende Relationen«. Aber das gilt das Dogma von der Einheit der Person Christi ent- wächst und wird bereichert in dem Maße, in dem und von der Stelle im Neuen Testament ausge- auch für jede Person im Bereich des Geschaffe- wickelt hat. Die auf Christus angewandte Formel die Kirche, vom Heiligen Geist geführt, sich mit hen, die von der berühmtesten »persönlichen nen. Die Person kennt man in ihrer Wirklichkeit »eine Person« geht auf Tertullian (Adversus Pra- neuen Problematiken auseinanderzusetzen hat Begegnung« mit dem Auferstandenen spricht, die erst, wenn man zu ihr in »Beziehung« tritt. Daher xean 27,11) zurück, aber weitere zwei Jahrhun- und in neuen Kulturen lebt. es je auf der Erde gegeben hat: Es geht um den kann man Jesus als Person nur dann kennen- derte des Nachdenkens waren notwendig, um zu Das hatte der heilige Irenäus bereits Ende des Apostel Paulus. »Saul, Saul, warum verfolgst du lernen, wenn man mit ihm in eine persönliche verstehen, was sie tatsächlich bedeutete und wie zweiten Jahrhunderts mit einzigartiger Weitsicht mich?« – »Wer bist du, Herr?« – »Ich bin Jesus, den Beziehung eintritt, die Beziehung eines Ich zu man sie mit der Feststellung in Einklang bringen erkannt. Er schrieb, dass die geoffenbarte Wahr- du verfolgst« (vgl. Apg 9,4-5). Was für eine Er- einem Du. »Der Glaubensakt wird aber abge- konnte, dass Gott wahrer Mensch und wahrer heit »gleichsam in ein ganz kostbares Gefäß leuchtung! Auch zwei Jahrtausende später er- schlossen durch die Sache, die geglaubt wird; Gott ist, das heißt »zwei Naturen« besitzt. jugendfrisch hineingetan« werde und dass sie leuchtet dieses Licht immer noch die Kirche und nicht durch einen Satz. Denn wir bilden nur Ein grundlegender Schritt war das Konzil von durch den Heiligen Geist »das Gefäß, in dem sie die Welt. Sätze zu dem Zwecke, um vermittelst derselben Ephesus 431, auf dem der Marientitel Theotokos, sich befindet«, jugendfrisch erhalte (Adversus Ha- Aber hören wir, wie Paulus selbst diese Be- Kenntnis zu haben von den betreffenden Sa- Gottesgebärerin, definiert wurde. Wenn Maria ereses, III, 24,1). Die Kirche ist in der Lage, die gegnung beschreibt: »Doch was mir ein Gewinn chen« (Thomas von Aquin, S.Th., II-IIae, q.1, a.2, »Mutter Gottes« genannt werden kann, auch Heilige Schrift und das Dogma immer wieder neu war, das habe ich um Christi willen für Verlust ad 2). Wir dürfen uns nicht damit zufriedenge- wenn sie nur die menschliche Natur Gottes zur zu lesen, weil sie selbst vom Heiligen Geist be- gehalten. Ja noch mehr: Ich halte dafür, dass alles ben, an die Formel »eine Person« zu glauben. Wir Welt gebracht hat, dann heißt das, dass in Jesus ständig erneuert wird. Verlust ist, weil die Erkenntnis Christi Jesu, mei- müssen die Person selbst erreichen und sie durch Menschheit und Gottheit eine einzige Person bil- Das ist das große und ganz einfache Geheim- nes Herrn, alles überragt. Seinetwegen habe ich den Glauben und das Gebet »berühren«. den. Zum endgültigen Abschluss kam die Defini- nis, das die ewige Jugend der Tradition erklärt alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Wir müssen uns ernsthaft fragen: Ist Jesus tion erst im Konzil von Chalkedon 451 mit der und damit auch der Dogmen, die deren höchster Christus zu gewinnen und in ihm erfunden zu für mich eine Person oder nur eine große Gestalt? Formel, von der wir hier nochmals den sich auf Ausdruck sind. Der große Historiker der christli- werden. Nicht meine Gerechtigkeit will ich ha- Das ist ein entscheidender Unterschied. Eine die Einheit Christi beziehenden Teil wiederge- chen Tradition, Jaroslav Pelikan, hat geschrieben, ben, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern historische Gestalt – wie Julius Caesar, Leonardo ben: »In der Nachfolge der heiligen Väter also leh- dass »die Tradition der lebendige Glaube der To- jene, die durch den Glauben an Christus kommt, da Vinci, Napoleon – ist jemand, über den man so die Gerechtigkeit, die Gott schenkt aufgrund des viel reden und schreiben kann, wie man will; Glaubens. Christus will ich erkennen und die aber es ist unmöglich, zu ihm oder mit ihm zu Macht seiner Auferstehung…« (Phil 3,7-10). sprechen. Leider ist für die große Mehrheit der Ich werde fast ein wenig rot, wenn ich nun Christen Jesus eine historische Gestalt und keine meine klitzekleine Erfahrung neben das helle Person. Er ist Gegenstand einer Reihe von Dog- Licht von Paulus stelle. Aber gerade Paulus ist es, men, Lehren oder Häresien. Er ist jemand, dessen der mit seinem Bericht ermutigt, dies zu tun: Gedächtnis wir in der Liturgie begehen, jemand, Zeugnis zu geben von der Gnade Gottes. Ich habe von dem wir glauben, dass er in der Eucharistie Christologie studiert und gelehrt und dabei ver- wahrhaft gegenwärtig ist… schiedene Recherchen über den Ursprung des Aber wenn wir nur auf der Ebene des ob- Personenbegriffs in der Theologie durchgeführt, jektiven Glaubens bleiben, ohne eine existen- über dessen Definitionen und Deutungen. Ich tielle Beziehung zu Jesus zu entwickeln, dann kannte die endlosen Diskussionen hinsichtlich bleibt seine Gestalt etwas Äußerliches; er der einen Person oder Hypostase Christi in by- berührt unseren Verstand, aber er wärmt nicht zantinischer Zeit, die modernen Entwicklungen unser Herz. Er verbleibt trotz allem in der Ver- in Bezug auf die psychologische Dimension der gangenheit. Ihn und uns trennen, wenn auch Person mit dem daraus folgenden Problem des unbewusst, zwei Jahrtausende. Vor diesem Hin- »Selbstbewusstseins« Christi, das in meiner Stu- tergrund versteht man, wie enorm wichtig die dienzeit heiße Diskussionen hervorrief. In gewis- Einladung ist, die Papst Franziskus an den Be- ser Weise wusste ich alles über die Person Jesus, ginn des Apostolischen Schreibens Evangelii aber ich kannte Jesus nicht persönlich! gaudium gestellt hat: »Ich lade jeden Christen Es war genau dieses Wort des heiligen Paulus, ein, gleich an welchem Ort und in welcher Lage das mir half, den Unterschied zu verstehen. Vor er sich befindet, noch heute seine persönliche allem die Worte: »Christus, ihn will ich erken- Begegnung mit Jesus Christus zu erneuern oder nen.« Mir schien, dass das einfache Pronomen zumindest den Entschluss zu fassen, sich von »ihn« (»auton«) mehr Wahrheit über Jesus enthielt ihm finden zu lassen, ihn jeden Tag ohne Un- Die Mutter Gottes mit dem Jesuskind: Auf dem Konzil von Ephesus 431 wurde Maria der Titel »Theo- als ganze Traktate über Christologie. »Ihn«, das terlass zu suchen. Es gibt keinen Grund, wes- tokos«, Gottesgebärerin, zugesprochen. »Wenn Maria ›Mutter Gottes‹ genannt werden kann, auch bedeutet Jesus Christus »in Fleisch und Blut«. Es halb jemand meinen könnte, diese Einladung wenn sie nur die menschliche Natur Gottes zur Welt gebracht hat, dann heißt das, dass in ihm war so, wie einer Person direkt zu begegnen, gelte nicht ihm« (Nr. 3). Menschheit und Gottheit eine einzige Person bilden«, so Kardinal Cantalamessa in der dritten und nachdem man jahrelang eine Fotografie von ihr letzten Meditation am 26. März in der Vatikanischen Audienzhalle. gekannt hat. Mir wurde bewusst, dass ich Bücher Fortsetzung auf Seite 11 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 11

Das christologische Dogma, eine Quelle des Lichts und der Inspiration (Teil 3)

Fortsetzung von Seite 10

Die »berühmteste persönliche Begegnung mit Im Leben der meisten Menschen gibt es ein dem Auferstandenen«, die es je auf der Erde Ereignis, das das Leben in ein Vorher und Nach- gegeben hat«, nannte Kardinal Cantalamessa her teilt. Für die Verheirateten ist es die Ehe- das sprichwörtlich gewordene »Damaskus- schließung, sie teilen das Leben so ein: »vor der erlebnis« des heiligen Paulus Hochzeit« und »nach der Hochzeit«. Für Bischöfe Der obere Teil der Buchmalerei zeigt Paulus und Priester ist es die Bischofs- oder Priester- auf dem Weg nach Damaskus, während ihm weihe, für die Gottgeweihten die Profess. Aus der Auferstandene in einem hellen Licht geistlicher Sicht gibt es nur ein einziges Ereignis, erscheint, das ihn zunächst erblinden lässt. das wirklich ein Vorher und Nachher bewirkt. Diese Begegnung sei ein Vorbild für alle Das Leben jedes Menschen teilt sich genauso auf, Christen: »Wir dürfen uns nicht damit wie man die Universalgeschichte einteilt: »vor zufriedengeben, an die Formel ›eine Person‹ zu Christus« und »nach Christus«, vor der persönli- glauben. Wir müssen die Person selbst erreichen chen Begegnung mit Christus und nach ihr. und sie durch den Glauben und das Gebet Diese Begegnung können wir erahnen, vom ›berühren‹.« Hörensagen kennen, sie ersehnen. Um aber eine persönliche Erfahrung zu machen, gibt es nur ein Byzantinische Handschrift, 12. Jh. einziges Mittel. Das ist nichts, was man erreichen kann, indem man Bücher liest oder Predigten hört. Das geschieht nur durch das Wirken des Heiligen Geistes! Also wissen wir, wen wir detailliert im Zweiten Korintherbrief, wo er zu darum bitten müssen, und wir wissen, dass er auf den hier aufgezählten Prüfungen noch das hin- nichts anderes wartet, als dass wir ihn darum bit- zufügt, was ihm das größte Leid bereitet hat, ten… »Per te sciamus da Patrem, noscamus atque nämlich die hartnäckige Opposition falscher Brü- Filium« – »Gib, dass durch dich den Vater wir und der (vgl. 2 Kor 11,23ff). Mit anderen Worten: Der auch den Sohn erkennen hier«. Dass wir ihn ken- Apostel lässt im Geiste alle erlittenen Prüfungen nen in dieser inneren und persönlichen Kenntnis, Revue passieren, stellt fest, dass keine so groß ist, die das Leben verändert. dass sie mit dem Gedanken an die Liebe Christi mithalten könne, und schließt daher mit den tri- Christus – umphierenden Worten: »Doch in alldem tragen »göttliche« Person wir einen glänzenden Sieg davon durch den, der uns geliebt hat« (Röm 8,37). Aber wir müssen noch einen Schritt weiter Implizit lädt der Apostel uns damit ein, das- gehen. Denn würden wir hier stehenbleiben, selbe zu tun. Er schlägt uns eine Methode der in- entginge uns die tröstliche Offenbarung, die im neren Heilung vor, die auf die Liebe gegründet ist. Dogma von Christus als »Person«, und zwar als Er fordert uns auf, die Ängste, die sich in unser »göttliche Person« enthalten ist. Wir können der Herz eingenistet haben, ebenso an die Ober- frühen Kirche nicht dankbar genug sein dafür, fläche zu bringen wie Traurigkeit, Komplexe, je- dass sie zuweilen bis aufs Blut im wörtlichen nung nach nicht, dass Gott einer und dreifaltig ist, Christi finden, wo die göttliche Liebe sich selbst nen körperlichen oder moralischen Defekt, der Sinne dafür gekämpft hat, die Wahrheit zu be- sondern dass Gott Liebe ist. De Lubac schreibt, vollständig offenbart in unserer historischen zur Folge hat, dass wir uns selbst nicht in Gelas- wahren, dass Christus »eine Person« ist und dass dass die Welt dies wissen müsse: Die Offenba- Existenz.« senheit akzeptieren können, jene leidvolle, diese Person niemand anderes ist als der ewige rung Gottes als Liebe erschüttert alles, was sie bis Christus als göttliche Person der Dreifaltigkeit demütigende Erinnerung, jenes erlittene Un- Sohn Gottes, eine der drei Personen der Dreifal- dahin über das Göttliche ersonnen hatte (vgl. hat eine Beziehung der Liebe zu uns, in der un- recht, die latente Opposition von Seiten eines tigkeit. Versuchen wir zu verstehen, warum. Geist aus der Geschichte). Das könnte nicht wah- sere Freiheit gründet (vgl. Gal 5,1). Er hat »mich Menschen… All dies in das Licht des Gedankens Der fruchtbarste und dauerhafteste Beitrag rer sein, allerdings sind wir leider noch weit da- geliebt und sich für mich hingegeben« (Gal 2,20): zu stellen, dass Gott mich liebt, und jeden negati- des heiligen Augustinus im Bereich der Theologie von entfernt, aus dieser Revolution alle Konse- Man könnte Stunden damit verbringen, dieses ven Gedanken zu unterbinden, indem wir uns ist, dass er das Trinitätsdogma auf das Wort des Jo- quenzen gezogen zu haben. Das beweist die Wort zu wiederholen, und würde nicht aufhören selbst sagen, wie der Apostel es tut: »Ist Gott für hannes gegründet hat: »Gott ist Liebe« (1 Joh 4,8). Tatsache, dass das vorherrschende Bild Gottes im zu staunen. Er, Gott, hat mich geliebt, mich, ein uns, wer ist dann gegen uns?« Jede Liebe setzt einen Liebenden, einen Gelieb- menschlichen Unterbewusstsein das Bild des ab- nichtiges, undankbares Geschöpf. Er hat sich Von seinem persönlichen Leben ausgehend, ten und eine Liebe voraus, die sie verbindet, und soluten Seins ist, nicht das der absoluten Liebe. selbst hingegeben, sein Leben, sein Blut – für blickt der Apostel sofort anschließend auf die ihn so definiert er die drei göttlichen Personen: Der Ein Gott, der von seinem Wesen her allwissend, mich! Für mich persönlich. Das ist eine unendli- umgebende Welt und die menschliche Existenz Vater ist derjenige, der liebt. Der Sohn ist derje- allmächtig und vor allem gerecht ist. Liebe und che Tiefe, in der man sich verlieren kann. ganz allgemein: »Weder Tod noch Leben, weder nige, der geliebt wird. Und der Heilige Geist ist Barmherzigkeit werden als Korrektiv gesehen, Unsere »persönliche Beziehung« zu Christus Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch die Liebe, die sie vereint (vgl. De trinitate, VI,5,7; das die Gerechtigkeit mildert. ist also wesentlich eine Beziehung der Liebe. Sie Zukünftiges noch Gewalten, weder Höhe oder IX,22). Als Menschen der Moderne verkünden wir, besteht darin, von Christus geliebt zu werden Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können Es gibt keine Liebe, die nicht Liebe zu jeman- dass die Person der höchste Wert ist, der in allen und Christus zu lieben. Das gilt für alle, aber für uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Chris - dem oder zu etwas wäre, wie es kein Wissen gibt, Bereichen respektiert werden muss, das letzte die Hirten der Kirche hat es besondere Bedeu- tus Jesus ist, unserem Herrn« (Röm 8,38-39). das nicht Wissen von etwas wäre. Es gibt keine Fundament der Menschenwürde. Woher dieser tung. Man wiederholt oft (angefangen vom heili- Auch hier handelt es sich nicht um eine ab- Liebe »ins Leere«, ohne Objekt. Wir fragen uns moderne Personenbegriff stammt, versteht man gen Augustinus), dass der Fels, auf den Jesus strakte Aufzählung. Er blickt auf »seine« Welt, mit also: Wen liebt Gott, um als Liebe definiert zu allerdings nur ausgehend von der Dreifaltigkeit. seine Kirche gründen will, der Glaube des Petrus den Mächten, die Bedrohungen darstellen: der werden? Den Menschen? Aber dann ist er Liebe Das hat der orthodoxe Theologe Ioannis Zizioulas ist, die Tatsache, dass er ihn als »Christus und Tod mit seinem Geheimnis, das gegenwärtige Le- erst seit einigen Hundert Millionen Jahren. Das sehr gut herausgestellt, indem er die fruchtbare Sohn des lebendigen Gottes« (Mt 16,16) bekannt ben mit seiner Unsicherheit, die Mächte der Universum? Aber dann ist er erst seit einigen Dut- gegenseitige Bereicherung aufzeigt, die dem Dia- hat. Mir scheint, man vernachlässigt dabei, was Sterne oder der Unterwelt, die dem antiken Men- zend Milliarden Jahren Liebe. Wen liebte Gott da- log zwischen der lateinischen und der griechi- Jesus in dem Augenblick sagt, als er ihm den Pri- schen so große Furcht einflößten. Nochmals sind vor, um Liebe zu sein? Und das ist die Antwort schen Trinitätstheologie entspringt. In verschie- mat überträgt: »Simon, Sohn des Johannes, liebst wir eingeladen, dasselbe zu tun: mit dem Blick der biblischen Offenbarung, die von der Kirche denen seiner Schriften zeigt er, dass der moderne du mich? […] Weide meine Schafe!« (Joh 21,15- des Glaubens auf die uns umgebende Welt zu entfaltet wurde: Gott ist seit Ewigkeit, »ab ae- Personenbegriff direkt aus der Dreifaltigkeits- 16). Das Hirtenamt empfängt seine verborgene blicken, die uns jetzt noch mehr Angst macht, wo terno«, Liebe, weil er – noch bevor etwas außer- lehre hergeleitet ist und erklärt, wie er dies ver- Kraft aus der Liebe zu Christus. Die Liebe lässt der Mensch die Macht besitzt, sie mit seinen Waf- halb von ihm existierte, das er lieben konnte – steht: »Liebe ist eine ontologische Kategorie, die ihn nicht weniger als der Glaube mit dem Felsen fen und seinen Manipulationen zu erschüttern. das göttliche Wort in sich trug, den Sohn, den er darin besteht, der anderen Person Raum zu ge- eins werden, der Christus ist. Was Paulus »Höhe« und »Tiefe« nennt, das ist für mit unendlicher Liebe liebte, das heißt »im Heili- ben, als andere zu existieren, und die eigene uns – mit unserer präziseren Kenntnis der Di- gen Geist«. Existenz zu gewinnen im und durch den ande- »Was kann uns scheiden mensionen des Kosmos – das unendlich Große Das erklärt nicht, »wie« die Einheit zugleich ren. Das ist eine kenotische Haltung, Selbsthin- von der Liebe Christi?« über uns und das unendlich Kleine unterhalb von Dreifaltigkeit sein kann (das ist für uns ein uner- gabe… […] Und dies geschieht in der Dreifaltig- uns. In diesem Augenblick ist dieses unendlich gründliches Geheimnis, weil es nur in Gott keit, wo der Vater liebt, indem er sich ganz dem Abschließend möchte ich hervorheben, wel- Kleine der Corona-Virus, der seit einem Jahr die geschieht), aber es reicht zumindest, um zu erah- Sohn schenkt und ihn als Sohn existieren lässt. che Konsequenzen das alles für unser Leben hat, gesamte Menschheit in die Knie zwingt. nen, »warum« in Gott die Pluralität kein Wider- […] Das genau heißt, im Licht der Trinitätstheo- in einer Zeit großer Bedrängnis für die gesamte In dieser Osterzeit ist die Auferstehung Jesu spruch zur Einheit ist. Und warum Gott die Liebe logie eine menschliche Person sein. Es ist eine Menschheit wie der unsrigen. Auch dies kann unser Horizont. Jesus ist nicht in das vorherige ist! Ein Gott, der reines Wissen oder reines Gesetz Weise des Seins, in der wir unsere Identität nicht uns der Apostel Paulus erklären, der im Römer- Leben zurückgekehrt wie Lazarus, sondern er ist oder reine Macht wäre, müsste nicht notwendi- durch die Distanzierung von den anderen gewin- brief schreibt: »Was kann uns scheiden von der in ein besseres Leben eingegangen, frei von aller gerweise dreifaltig sein (das würde die Dinge nen, sondern in Gemeinschaft mit ihnen und Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfol- Mühsal. Hoffen wir, dass es auch für uns so sein eher komplizierter machen). Aber ein Gott, der durch eine Liebe, die ›nicht ihren Vorteil sucht‹ gung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert?« wird. Dass die Welt aus dem Grab, in das die vor allem Liebe ist, schon, denn mindestens zwei (1 Kor 13,5), sondern die bereit ist, ihr wahres Dabei handelt es sich keineswegs um eine ab- Pandemie sie ein Jahr lang eingeschlossen hat, sind notwendig, damit es Liebe geben kann. Sein aufzuopfern, um dem anderen zu ermögli- strakte, allgemeine Aufzählung. Die Bedräng- besser hervorgeht und nicht genauso wie vorher Das größte und unergründlichste Geheimnis chen, zu sein und als anderer zu sein. Das ist ex- nisse und Nöte, die er aufzählt, hat er tatsächlich bleibt, worauf Papst Franziskus immer wieder für den menschlichen Verstand ist meiner Mei- akt die Art und Weise des Seins, die wir im Kreuz in seinem Leben selbst erlebt. Er beschreibt sie hinweist. 23. April 2021 / Nummer 16 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 12 Diese Woche im Vatikan

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