Braunkohlenveredlung in Mitteldeutschland Teil II (Süd)
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Mitteldeutsches Braunkohlenrevier Wandlungen und Perspektiven Braunkohlenveredlung in Mitteldeutschland Teil II (Süd) 2 Standorte der Braunkohlenveredlung im Wandel A l le B185 r A B185 l B185 le A2 r B185 A2 B1 B71 El B1 B6 be B184 B6n B180 B107 B100 B245a B183 A9 B245a B2 B6 Mulde B182 B183 B180 B100 B86 A14 B183A B183A Saale B107 B182 B100 B80 B87 B80 A143 B2 B180 ROMONTA B184 B91 B180 B180 B87 B6n B6 B6n A38 Wei ße E lster B6 B181 B185 B6 B185 B186 Mitteldeutscher Industriepark B91 Großkayna B107 Mitteldeutscher B180 B87 Industriepark Großkayna B250 A14 B176 A38 B186 Mitteldeutscher Industriepark B95 Espenhain B176 B186 Mitteldeutscher Industriepark Saale B2 Espenhain Kraftwerk B87 B176 P B250 le iß LMBV-Gewerbestandort B87 A9 e B176 B176 Solarpark B87 r te B91 ls E Windpark e iß B88 e MIBRAG W Industriedenkmal B180 A72 B175 ROMONTA MIBRAG Braunkohlenveredlung in Mitteldeutschland Landschaften und Industriestandorte im Wandel – Teil II (Süd) Im Gegensatz zu den meisten anderen Regionen des Braunkohlenvorkommen zwischen Borna und Leipzig zuneh- Mitteldeutschen Reviers, wo schon ab den 1860er Jahren mend an Bedeutung. Mit der Stilllegung eines Großteils der eine vielfältige Tradition der karbochemischen Veredlung Brikettfabriken, Kraftwerke und anderer Veredlungsanlagen der Braunkohle begründet wurde, dominierten vor allem im nach 1990 begann die Tätigkeit der Lausitzer und Mittel- westsächsischen Raum zunächst die Nasspresssteinher- deutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV). stellung und später die Brikettproduktion. Das benachbarte Ihre Aufgabe bestand in der Sanierung und Wiedernutzbar- Teilrevier Zeitz-Weißenfels kann dagegen angesichts der machung der stillgelegten Tagebaue und Veredlungsanla- Vielzahl von früh errichteten Schwelereien, aber auch Paraf- gen und der Vorbereitung der Reintegration dieser Areale fin- und Mineralöl- sowie Montanwachsfabriken zu Recht als in den Wirtschaftskreislauf. Wiege der deutschen Karbochemie bezeichnet werden. Die vorliegende Broschüre vollzieht die historische Ent- Die überregionale Bedeutung des nordwestsächsischen wicklung der Braunkohlenveredlung und die umwälzenden Braunkohlenabbaus war bis um die Wende zum 20. Jahr- Veränderungen durch die Sanierung in den Räumen Zeitz- hundert nur gering. Man versorgte größtenteils die nähere Weißenfels, Meuselwitz-Altenburg und Borna-Leipzig Umgebung der Werke. Andere an das nordwestsächsische nach – im Folgenden als südliches Mitteldeutsches Revier Revier angrenzende Provinzen hatten eine schnellere bezeichnet. Damit wird das gesamte durch den Braunkoh- Entwicklung genommen und förderten selbst qualitativ lenbergbau beanspruchte Gebiet südlich von Leipzig erfasst. hochwertige Kohle. Durch die Verbesserung von Gewinnung Die Geschichte der Braunkohlenveredlung im nördlichen Teil und Verarbeitungstechnik gewann der Abbau der großen des Mitteldeutschen Reviers mit den Räumen Oschersleben- Egeln-Nachterstedt, Bitterfeld-Köthen, Halle-Röblingen und Geiseltal ist im Heft 10 dokumentiert. Und nun wünsche ich Ihnen ein spannendes und informatives Lesevergnügen. Ein herzliches Glückauf! Dr.-Ing. Mahmut Kuyumcu Vorsitzender der Geschäftsführung der LMBV Braunkohlenveredlung in Mitteldeutschland 1 2 Braunkohlenveredlung in Mitteldeutschland GESTERN Die Anfänge Kraftzentrale des Braunkohlenwerkes Deutzen, um 1910 Die Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Deutschland einsetzende Industrialisie- rung führte in Verbindung mit dem technischen Fortschritt, vor allem der Ein- führung der Dampfmaschine, zu einem schnell wachsenden Energiebedarf. Die Vorräte des bis dahin fast ausschließlich als Brennstoff genutzten Holzes gingen zusehends zur Neige. Mitte des 19. Jahrhunderts war Holz knapp und teurer geworden. Die Nachfrage nach Kohle stieg. Der Bau von Eisenbahn- strecken, wie der zwischen Leipzig und Altenburg bereits 1842 eröffneten Linie, erleichterte den Transport erheblich. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte man in verschiedenen Orten kleine Braunkohlengruben erschlossen, um aus der dort geförderten Klarkohle Handstreichsteine herzustellen, die aus einem Kohle-Wasser-Gemisch geformt wurden. Doch war der Heizwert dieser Formsteine – Vorläufer der Briketts – wie auch der später hergestellten Nasspresssteine gering, der Wassergehalt hoch und ihre Festigkeit und damit Transportfähigkeit mangel- haft. Für die wachsende Industrie war der Brennstoff noch uninteressant. Braunkohlenwerk Deutzen mit Kraftwerk und Brikettfabrik und Schwelerei, um 1937 Braunkohlenveredlung in Mitteldeutschland 3 Braunkohle als Rohstoff der chemischen Industrie Da Deutschland verhältnismäßig arm an natürlichen mineralischen Ölen war und den größten Teil seines Rohöls aus dem Ausland beziehen musste, war es besonders während des Ersten und Zweiten Weltkrieges gezwungen, andere einheimische Rohstoffe zur Gewinnung von Treibstoffen zu nutzen – so auch die Braunkohle. Die Mitteldeutsche Karbochemie kann auf eine über chemische Industrie auf Braunkohlenbasis entwickelte. die Braunkohlenwerke Espenhain und Böhlen mit ihren 150-jährige Entwicklung zurückblicken. Die rasante Ge- Während des Ersten Weltkriegs versuchte man auf Brikettfabriken, Großschwelereien, Kraftwerken und Ko- schichte der ehemals bestimmenden karbochemischen Veranlassung der Regierung des Deutschen Reiches, kereien, die Teerverkokungsanlagen in Rositz und Webau Verfahren, wie Verschwelung, Hydrierung und Vergasung aus bitumenreicher Braunkohle Mineralöl und Paraffin zu und das Hydrierwerk Zeitz, wo man neben den Kraft- von Braunkohle belegt die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewinnen. 1916 unternahm die Deutsche Erdöl-Aktien- stoffen auch Schmieröle und Paraffine herstellte. rasant ansteigende Nachfrage. Das feste weiße Paraffin, Gesellschaft (DEA) erste Vorstöße im Meuselwitz-Alten- Die Monostruktur der Energiewirtschaft der DDR, die das bei der Destillation von Braunkohle entstand, war burger Revier. Sie schloss mit den Rositzer Braunkohlen- auch bei der Erzeugung von Treibstoffen und Chemieroh- als Rohstoff für die Kerzenproduktion schon ab 1830 ein werken einen zwölfjährigen Vertrag zur Belieferung des stoffen weitgehend auf der Braunkohle basierte und gefragtes Produkt. Die ersten Mineralöl- und Paraffinfabri- Werkes mit Braunkohle ab. 1917 gründete die DEA das grundlegende volks- und betriebswirtschaftliche Zusam- ken auf der Basis von Schwelkohle baute man ab 1856 in Mineralölwerk Rositz. Eine weitere Anlage entstand in Re- menhänge ignorierte, führte auch zu immer größeren Gerstewitz und Köpsen nahe Weißenfels. gis. Die zusätzlich in Rositz errichtete Großraffinerie ver- ökologischen Problemen. Die mit der Wiedervereinigung arbeitete Teer zu Paraffin und stellte verschiedene Sorten verbundene Öffnung des Energieträgermarktes besiegel- Bereits in den 1850er Jahren entwickelten Pioniere wie von Ölen her. 1918, gegen Ende des Ersten Weltkrieges, te das Ende der karbochemischen Industrie. Der weit- Riebeck, Grotowski-Korpsen, Schwarz, Wernecke, Krey wurde das erste Rositzer Öl an die Marine geliefert. aus überwiegende Teil der Veredlungsanlagen wurde und andere eine ganze Reihe chemischer Verfahren für stillgelegt. die Schwelindustrie. Grotowski-Korpsen gelang es bei- In den folgenden Jahrzehnten entstand im Mitteldeut- spielsweise, Leuchtöl aus Schwelteer auf der Basis von schen Braunkohlenrevier eine Vielzahl von Veredlungs- Schwelwerk Regis, um 1925 Braunkohle zu gewinnen – ein wichtiges Ersatzprodukt für betrieben, die sich vor allem im Raum Zeitz-Weißenfels Mineralöl-, Paraffin- und Kerzen- das aus Amerika stammende Petroleum. Insbesondere konzentrierten. Zwischen 1822 und 1940 gingen hier fabrik Webau, um 1900 die Erfindung und Einführung des stehenden Rolle‘schen 43 Schwelereien in Betrieb. Doch ein Großteil dieser Schwelzylinders um 1858 machte die Schwelindustrie le- Anlagen wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts schon bensfähig. Mit der Einführung der Schwelgase zur Heizung wieder stillgelegt. Außerdem verlagerte sich der Schwer- der Schwelöfen erreichten Wernecke und Ziegler einen punkt des Abbaus zunehmend in den Süden von Leipzig. bedeutenden Fortschritt. Große Mengen an Feuerkohle Die Kohle gewann man nun überwiegend im Großtage- konnten so eingespart werden. Die Liste der Erfindungen bau. Riesige Förderbrücken trugen den Abraum ab, karbochemischer Verfahren und Techologien ist lang. so dass sich die gewaltigen Kohlenmengen gewinnen Diese Pionierleistungen ermöglichten es schließlich, dass ließen, die zur Versorgung der entstehenden großin- sich in Mitteldeutschland eine wirtschaftlich tragfähige dustriellen Anlagen benötigt wurden. Es entstanden 4 Braunkohlenveredlung in Mitteldeutschland Braunkohlenveredlungswerk Espenhain, um 1950 Braunkohlenveredlung in Mitteldeutschland 5 Der lange Weg vom Nasspressstein zum Brikett Schon aus der Ferne ließ die Anzahl der Wrasenschlote – architektonisches Hauptmerkmal einer Brikettfabrik – höhere Temperaturen erreichen und die sich leichter in die Öfen schaufeln ließen. Es gelang dem Braunkohlenbrikett Rückschlüsse auf die Zahl der Trockner und Pressen zu. 130 Jahre lang prägten die Backsteinbauten die Indus- allmählich, die Steinkohle und sogar die begehrte nord- triearchitektur Mitteldeutschlands, bis sie Anfang dieses Jahrtausends zum größten Teil für immer verschwan- böhmische Braunkohle zu verdrängen. den. Der lange Entwicklungsweg vom Nasspressstein zum Brikett war mühsam und voller Rückschläge. So wurden auch im südlichen Teil des Mitteldeutschen Reviers ab 1870/80 zahlreiche Brikettfabriken erbaut. Die Die Bergwerksbetreiber und Ingenieure waren