41

Das ehemalige Zentgericht zu Benshausen

v 0 n K a r I We i s e (t) un d V 0 I k e r W a h I

Das Gericht zu Ben 5 h a use n nahm in clef Ausiibung cler Remtspflege im Raum van Siidthiiringen eine gewisse Sonderstellung ein, die nur aus seiner geschichtlichen Entwicklung zu verstehen ist. Es war ein altes Reichslehen und "einer der aitesten Gerirntsstiihle Hennebergs, wenn nicht schon in der Gau­ zeit, so dach vor clef Entwicklung def Territorialherrschaft entstanden" " Sein Genchtssprengel reichte - soweit feststellbar - im 12. Jahrhundert vom Nord­ abhang des Dolmars his an den Siidwestrand des Thiiringer Waldes mit Ein­ schlulS eines Landstreifens beiderseitig des alten Verkehrsweges, der am Rupp­ berg vorbei und uber den Gebrannten Stein zum GebirgspaB bei Oberhof fiihrte, ferner vom Suhler Friedberg irn Osten bis Unterschonau und dem Stille-Grund oberhalb von im Westen. In den Wirren des Investiturstreites irn 11. Jahrhundert entstand die Klein­ herrschaft der Grafen v 0 n Nor d e c k, die ihr SchloB auf dem Ruppberg bei Zella-Mehlis gehabt haben sollen und wahrscheinlich vom Kaiser mit dern Gericht belehnt worden waren 2. Nam ihrern Aussterben im Jahre 1115 kam es verrnutlim an ihre Verwandten, die Grafen von Henneberg. Sie drangen von Schleusingen her uber den Suhler Friedberg vor und trennten das Gebiet urn diesen Ort vom Zentbezirk 3. Etwa in der gleichen Zeit sollen die Thuringer Landgrafen von Smrnalkalden aus auf , Altersbach, Rotterode und zur Moosburg vorgedrungen sein und diese Teile der Zent Benshausen in Besitz genommen hahen -. Im Laufe des 12. Jahrhunderts entstand auch die Kleinherr­ schaft der Herren von Hallenberg als eigenartige Absplitterung der Zent, woraus dann nach 1230 hinsichtlim der Landeshoheit das hennebergische Amt Hallen­ berg hervorging. Im Jahre 1274 teilten die Henneberger Grafen ihre Herrschaft; das Gericht Benshausen kam in gemeinsamen Besitz der Hartenberger und Schleusinger

1 E. 2 i c k g r a f: landwehren am Thtiringer Wald. In: Jahrbuch des Henneber­ gisch-frankischen Geschichtsvereins (1937) 10. - Die Archive zu (Ge­ meinsch aftliches Hennebergisches Archiv) und Magdeburg sowie das Gemeinde­ archiv zu Benshausen enthalten eine groBere 2ahl von Akten uber das hiesige ehe­ malige Zentgericht, vornehmli

Herges OBermbach

OChristes

Schwarza OAlbrechts Mabendorf SuN

SChleusi ngon

Die ehemalige Zent Benshausen Das ehemalige Zentgerimt %u Benshausen 43

H Unie und war nun "zweiherrig . Hinsichtlich der Landeshoheit blieben in Ge­ meinbesitz die Orte Ben 5 h a use n, E b e r t 5 h a use n, V ern a u und Be r m b a c h sowie Teile von Al b r e c h t 5 und Her g e 5 - Hall e n­ be r 8. Dieses gemeinschaftliche Amt wurde ebenfalls als Zen t Ben s­ h a use n bezeimnet. Die Ubrigen Gerichtsorte S sind: S c h war z a, der andere TeU von A I b r e c h t s , M a ben d 0 rf , Die t z h a use n, S t e i n b a c h - Hall e n b erg, Un t e r 5 c hen a u, der andere Teil von Her8es-Hallenberg, Springstille, Mehlis, Wichts­ h a use n, S u hI, H e i n r i c h s und die spateren WUstungen H elf e r 5 (ostlich von Breitenbach) und T r ti ben d 0 r f (am Dolmar). 1360 kaufte die Grafin Elisabeth von Henneberg-Schleusingen gemeinsam mit dem Landgrafen von Hessen die Herrsmaft Schmalkalden von den Burg­ grafen von NUrnberg zuriidc., die diese durch Einheirat 1353 erworben hatten. Seitdem waren Zentgericht und Amt Zent Benshausen "dreiherrig". Henne­ berg-Hartenberg besaB die Halfte, Henneberg-Schleusingen und Hessen je ein Vierte!' Nachdem das Geschlecht der Grafen von Henneberg (Hartenberg)­ Romhild '549 ausgestorben war, ergriff Graf Wilhelm IV. von Henneberg­ Schleusingen von deren Zenthalfte Besitz, und das Gerimt war wieder "zwei­ herrig". Als der letzte Henneberger 1583 verstorben war, traten die sachsismen FUr­ sten auf Grund des "Kasimirianismen Vertrags" von 1521 an ihre Stelle. Sie besaBen drei Viertel der Zent, Hessen ein Viertel. 1619 wurde das Amt Hallen­ berg mit Ausnahme der Geredttsame in Albrechts und Mehlis von den henne­ bergischen Erben samt den Derfern Herges-Hallenberg, Bermbadt und einem betrachtlichen Waldgebiet ge8en das hessische Viertel an der Zehnt abgetreten '. Das Gericht war endlich wieder einherrig, und damals entstand die Grenze zwischen den Kreisen Schmalkalden und Suh!. Im gleichen Jahre loste Sachsen das Amt SuhI mit den Orten Suh!, Heinrichs und halb Albrechts von der Zent, die jetzt nur nom die Dorfschaften Benshausen, Viernau, Ebertshausen, Schwarza, Dietzhausen, Wichtshausen, Mabendorf, halb Mehlis und halb AI­ brechts umfallte. 1661 fiel die vormals hennebergische Halfte von Mehlis an die Emestiner; Gerichtsherren waren von diesem Jahr an die Herzege von Naumburg-Zeitz aus der albertinismen Seitenlinie. 1718 kam das Gericht an Kursadtsen und fiel 1815 an PreuBen. 1680 wurde der Sitz des Gerimts nam K U h n d 0 r f verlegt, dessen Amtmann als Zentrichter fungierte. FUr die zum Sonderamt Benshausen gehorigen Orte Benshausen, Viernau, Ebertshausen und haJb AI­ brechts fanden jedodt in Benshausen nach.weislich bis 1723 Hegungen des Ge­ richts bei BlutgeridttsEallen mit UrteilsverkUndigung und Hinrichtung statt ' .

5 Z i c k g r a f : Die gefiirstete Grafschaft usw.,1S7. 6 Z i c k g r a f : Die gefUrstete Crafschaft, 197 f. 7 Siehe weiter unten den Abschnitt Uber cUe Hinrichtung einer Kindermorderin im Jahre 1713. 44 Karl Weise (t) und Volker Wahl

Vermutlich hat sich die Zent Benshausen aus einer "karolingischen Centene" entwickelt und aus dem Zentenar wurde clef Blutrichter des spateren Mittel­ alters '. Narn germanischem und frlihmittelalterlichem Volksrecht konnte sich clef Geschadigte fUr eine ihm zugefiigte Uotat an dem Missetater [amen, und die Gerichtsgemeinde hatte das Notwehrrecht gegen gemeingeHihrliche Ver­ brecher, aber nUf, wenn die Festnahme 50fort oder unmittelbar nach def Tat gelang 9, Aus dern dabei angewandten Verfahren bei handhafter Tat entstand die Blutgerichtsbarkeit def Zent. Ihr Leiter war clef Zentgraf, nicht irgend eine staatliche Instanz 10, Unter dem EinfluB def Landfriedensbewegung wurde seit dem 12. Jahrhundert die Todesstrafe zurn vornehrnsten Mittel, rnit dern die offentliche Gewalt gegen Friedensbrecher v~rging, und das Verfahren bei hand­ hafter Tat karn nun auch bei nichthandhaften Fallen zur Anwendung 11. Das Zentgericht urteilte durch seine 5choppen nicht nur uber die vier hohen Rugen: DiebstahI. Mord, Brandstiftung und Notzucht, sondern auch uber flieBende Wunden, Raub und schwere Ehrverletzungen 12. Die Blutgerichtsbarkeit ubte das Zentgericht bis gegen Ende des 16. Jahr­ hunderts uber alle Zentorte aus. AuBerdern urteilte es uber Erbe und Eigen und hatte ferner dorfgerichtliche Befugnisse uber die Dorfer des gerneinschaftlichen Arntes Zent Benshausen 13. Die Dreiherrigkeit des Gerichts seit 1360 gab AnlaB zu vielen "Irrungen" zwischen den Gerichtsherren. Hessen hatte zunachst nur einen "schweigenden" Zentgrafen, der bei Gerichtsverhandlungen als "Horcher" tatig war und An­ recht auf ein Viertel der GeldbuBen hatte, aber gleiche Rechte rnit den Henne­ berger Grafen verlangte. Nam 24 jahrigern Streite einigten sich die Gerichts­ herren in der Weise, daB der "Obsitz" im Gericht durm ihre Arntrnanner in der Reihenfolge Henneberg-Rornhild, Henneberg-5chIeusingen, Henneberg-Rorn­ hild und Hessen wechselte 14 i irn gleichen Wechsel hegten die Zentgrafen das Gericht. Die Landesherren such ten in steigendern MaBe ihre einherrigen Dorfer vorn Gerichtszwang des dreiherrigen Gerichts zu befreien oder wenigstens seine Be­ fugnisse einzuschranken. So heiBt es 1496 in einer Beschwerde uber den Grafen Herrnann von 5chwarza: Werm seine Leute, die in der Zent sitzen, etwas tun, darum sie in der Zent und alIen Herren buf3fiilIig sind, so macht er ein eigenes Gericht in seinen Dorfern und buf3t es alIein. Mit dem Gefiingnis zu HalIenberg

8 Hirsch, 198. 9 Hirsch, 228. 10 J. G rim m : Weistiimer III (1842) 593. 11 H i r s ch, 233. 12 K. K roe s c hell: Die Zentgerimte in Hessen usw., 358. 13 Kroeschell, 340f. 14 Z i c k g r a f : Die gefiirstete Grafsrnaft, 158. Dns ehemalige Zentgericht zu Benshausen 45

wird es auch nicht so gehalten, wie es recht ist, denn sie filhren Leute fleraUS, toten auch Leute nach ihrem Ge!aIlen und ohne Remt 15." AuBer 5chwarza brachten auch Suhl und Heinrichs nur noch die vier hohen Rugen an die Zent, ebenso das Amt Hallenberg. Nam dern Aussterben des Henneberger Grafengeschlechts setzte sich der Verfall der Zent rasm fort. Urn 1590 entstanden die Hochgerichte zu Hall e n b erg und K li h n d 0 r f . Namdem nom 1594 und 1601 zwei Diebe aus Suhl dern Zentgerimt iiberant­ wortet und gehangt worden waren 16, fanden seitdern auch Hinrichtungen in 5 u h I statt 11. Die Arntleute der Landesherren griffen schon nach 1500 ofters in die Rechtsprechung des Gerichts ein, indem sie bei Sitzungen desselben von sich aus Verbote und Gebote erlieBen 18. Von 1619 an war es ganz in landes­ herrlicher Gewalt. Die aus dem Mittelalter liberkornmene Gerichtsverfassung zeigte nam und nam schwere 5chadeni allgernein wurde uber die zu hohen Gerichtskosten ge­ klagt. So schrieb der Rentmeister 5 tu m p f gen. La h r in 5chleusingen am 3. 1. 1621 ", daj3 die Zentorte aUe peinlidun Gerichtskosten, 50 bei den Exe­ kutionen aufgewendet wurden, haben abtragen und bezahlen milssen, da denn je bisweilen au! eine mij3tatige Person, ehe man zur Exekution habe gelangen konnen, in die 300 fl. gangen sind, indem beider Herrscha!t Zentrichter, Zent­ schoppen und andere Gerichtspersonen, wie auch der Scharfrichter, weil soIche Unkosten nicht au! die Herrschaften, sondern au! die Untertanen ausgelau!en, sid! dessen roar mij3bmucht und sich gieichsam von soIchen Fallen eine Nahrung machen wollen lOo Auch hatte das Remt der 5choffen, bei einer Gerichtssitzung beiseitezutreten und unter sim verhandeln zu konnen, die Moglichkeit einer parteilimen Urteilsfindung gegeben. Die Henneberger Landesordnung wollte die 5chaden beheben, gait aber bis 1619 nicht fUr das mehrherrige Gericht zu Benshausen. In den eingesehenen Akten tragt das Gericht verschiedene Bezeichnungen. Im Weistum von 1405 l1 nennt es sich Kunig Karis Gericht, wohl in der An­ nahme, daB es auf Grund cler von Karl dem GroBen eingeflihrten gaugraflichen

15 La n des arc h i v Me i n i n g en: Gemeinsmaftlimes Hennebergismes Ar- chiv (= LA Meiningen [GHA]) 5 I A 502. 16 F. We r the r : Sieben BUcher der Chronik der Stadt Suhl (1846) 192. 17 Z i c k g r a f : Die gefUrstete Grafsmaft, 203. 18 Gemeindearchiv Benshausen (= GAB) "Anno Salutis" 1565, Weis­ tUrner aus der Zeit von 1541-1597. '9 GAB. 20 W. Ho h n: Hexenprozesse in den hennebergismen Amtern Smleusingen, Suh) und I1menau --+ Schriften des Hennebergismen Gesmimtsvereins Nr. 4 (191.1.). An­ merkung S. 41: Die Prozesse gegen ftinf Zauberinnen 1595196 hatten 340 Gulden 1.2 Grosmen Unkosten verursacht. 21. J. A. v 0 n Se h u It e 5 : Dip)omatisme Gesmimte des graflimen Hauses Henne­ berg 2. Teil. Hildburghausen 1791, Urkunde Nr. CLXIlI, abgedruckt in G rim m, Weisttimer 111595 H. 46 Karl Weise (t) und Volker Wahl

Verfassung entstanden war. In vielen spateren Weisti.imern nennt es sich freies, kaiserliches Gericht, weil es auch nach Bildung def Territorialherrsmaften in der Ausiibung seiner Gerichtsbarkeit weder einem Landesherrn nom einem Grund­ herrn unterstand und selbstandig uber alle Remtssamen, es beruhre Leib, Leben, Ehre und Gut, niemand ausgenommen, den Reichen als den Armen urteilte 22, Als Hals- und Peinlich Zentgericht urteilte es uher die vier Hauptriigen. Es leitete das Gerichtsverfahren ein bei handhafter Tat, auch. wenn def Verbrecher gleich nam derselben ergriffen worden war, z. B. wenn ein wissentlicher Dieb an einem Strick der Zent iiberantwortet wurde, auJSerdern gegen landschadliche Gemeinverbrecher. Von 1579 an fiihrte es auch Hexenprozesse durch. itRug­ gericht" nannte es sich, wenn es iiber nicht todeswiirdige Verbrechen Recht sprach. In vielen seiner Weistiimer und in Strafverzeichnissen fiihrt es femer den Namen Petersgericht. Es tagte urspriinglich jahrlich zu Petri Cathedra [22. Fe­ bruar], dem beliebten Gerichts- und Abrechnungstage im Frankenlande. Der Name blieb auch, als man es an anderen T agen hegte, gewohnlich ein- oder zweimal im Jahre 23. Aus den Weistiimern ist weiter zu entnehmen, daB es als "Landgericht" liber Grund und Boden (Erbe und sonstiges Eigen), Erbzins und Zehnten, zu verrichtende Dienste, Schuldsachen und gemeinsame Hut- und Nutzungsrechte urteilte. Es trug diesen Namen im Gegensatz zu einem Stadtgericht, aber nicht als ein Gericht hoherer Instanz. Am 9. 4· 1621 wurde die Justizp£lege in den restlimen Zentdorfern dem Amt­ mann in K ii h n d 0 r f mit iibertragen, der die Rechtsgesmafte von dort aus fiihrte. Der "Rechtstag" aber, an welchem die Verurteilung und Hinrichtung bei todeswiirdigen Verbrechen geschah, fand weiterhin in Benshausen statt 24. Fiir die Rechtssachen, die der Amtmann nicht von Kiihndorf aus erledigen konnte, hielt er monatlich in Ben s h a use n einen Gerichtstag ab. Dem Peters- Land- Ul1d Ruggericht blieb nur der Name. Es sank zum Dorfgericht herab, das Ubertretungen der Gemeindeordnung bestrafte und vom Schult­ heiBen und der Gemeindevertretung (dem "Zwolferstuhl/l) abgehalten wurde 25. Der SchultheHl ftihrte nach 1660 und noch his 1877 den Titel Amtsrichter; er sollte iiber die Einhaltung der Gemeindeordnung wamen und in gemeinen ge­ ringen Klagesachen dem Amt Kiihndorf an Hand gehen und die erforderten Berichte erstatten 26. In der Gemeinderechnung von 1777 findet sich letztmalig ein Vermerk dariiber, daB das Peters- Land- und Riigengericht stattfand. Die Zentgrafen wurden von der Herrschaft eingesetzt und hegten das Ge­ richt. Bei einer Gerkhtsverhandlung beschrankte sich ihre Tatigkeit auf Um-

22 GAB, HAnno Salutis" 1565, Schoppeneid. 23 L A Me i n i n g e n (GAH) 5 III A 43 Fol. 163 Tom. 11 1659. 24 Siehe den spateren Bericht tiber die Hinrkhtung einer Kindesmorderin 1723. 25 GAB und 5 t a a t s arc h i v M a g d e bur g Rep. A 33 LXXVII Nr. 11112. 26 5 t A M a g d e bur g Rep. A 33 Cl Nr. '3, 7<>--79. Das ehemalige Zentgericht zu Benshausen 47 frage und Urteilsverkiindung. Flir ihren Dienst erhielten sie bestimmte Natu­ ralien und von den Rechtsuchenden genau festgesetzte Gebiihren, auBerdem Anteil an den vom Gericht als Strafe ausgesprochenen GeldbuBen. Die Urteilsfindung geschah durch Weistum der Schoppen, wobei die Mehr­ heit entschied. Sie wurden auf Lebenszeit berufen. Nachdem sie von dem betreffenden Zen tort gewahlt und dem Gericht vorgestellt worden waren, erfolgte we Bestatigung und Vereidigung durch die verordneten Amtleute 27. Vor 1492 waren es neun 1', spater vierzehn Schoppen 19 der Orte Suhl, Bens­ hausen, Mehlis, Heinrims, Dietzhausen, Wichtshausen, Ebertshausen, Spring­ stille, Viemau, Hereges-Hallenberg, Albrechts, Schwarza (2!) und der Besitzer der WUstung Helfers. Die Zahl der Schoppen sank nach 1660 auf sechs, und zwar je zwei aus Benshausen und Viernau sowie je einen aus Ebertshausen und Albrechts ". Eine wichtige Person des Gerichts war aum der F rei bot e oder G e - r i c h t s k nee h t. Er muBte zurn Gerimt laden, vor 8eginn der Hegung den Mannern lauten und die Schoppen zum Sitzen auffordern, Remtsudtende am SdUuB der Gerimtsverhandlung zurn Vortreten auffordern, einen eingelieferten Gefangenen ins hiesige Gefangnis einschlieBen und rnit bewadten, den Ver­ bremer am Gerichtstag mit zurn Zentpiatz begleiten, ihn, wenn der Zentgraf liber seinem Haupte den weiBen Stab gebrodten hatte, losschlieBen und dem Smarfrimter iibergeben, wohl auch Ehrenstrafen ausfiihren, da Benshausen keinen eigenen Scharfrichter hatte. Am Peinlich Ha/sgericht und auch am Peters Land- und RUggericht sollte ein jeglicher Fled< oder Gemeinschaft mit Schultheillen, Schoppen und Mannem teil­ nehmen ". FUr Suhl und Heinrichs blieb aber die Gerichtsfolge auf die pein­ lichen Falle beschrankt. Nach einem Aktenstiick vom 14. 11. 1614 wurden zum Peinlich Halsgericht nur nom die gesamten Zentschoppen, wie auch die Schult­ heif3en beieinander beneben dem Altesten und lungsten aus jedem Dort erfordert n. Die centbaren Manner waren schuldig, Verbrecher auf gleime Losung hin zu verfolgen und zu ubenoinden und die rater, so auf frischer Tat ergriffen, an die Cent zu liefern, auch zu peinlicher Rechtfertigung ihr Angebuhr zu tragen ll. Sie muBten auBerdem einen Gefangenen im hiesigen Gerichtsstodc. bewachen, bis ihn der Herren Knecht gen Hallenberg in den Turm fiihrte, wo er vom Amt­ rnann seine Atzung zu erhalten hatte. Nam 1583 verweigerte Hessen dies; daher

27 GAB ... Anno SalutisH 1.565. 28 L A M e i n i n g e n (GHA) 5 I Qu 502. 29 L A Me i n i n g e n (GHA) 5 VI BA 5a und 5 t A M a g d e bur g Rep. A 33 G X Nr. 23 S. 29. 30 Siehe Anmerkung 24. ;1. GAB ... Anno Salutis" 1.,565. 32 GAB. 3; Siehe Anm. 3'1. 48 Kar1 Weise (t) und Volker Wahl

wurde seitdem das GeHingnis in SchloB Kiihndorf dazu benutzt. Bei Auffindung eines toten menschlichen Korpers mulSte wegen Mordverdachts his zur Klarung cler Todesursame ebenfalls Wame gestellt werden. Den Gerichtsfrieden hatte eine Anzahl bewehrter Manner aus den Zentorten zu smtitzen, und am Rernts­ tage begleiteten sie den Verbrecher zur Richtstatt. Bei peinlich.en HiIlen trugen die Zentgemeinden die Gerirntskosten gemein­ sam. Nur die Hegereien saUten sich selbst justifizieren. Weitere Kosten ent­ standen durch die Ausbesserung cler Gerichtssdlranken und -banke, des Gal­ gens, Instandhaltung des Freibotshauses usw., was aber nur im Notfalle ge­ smah. So berimtet Zentgraf Kurt All P hey am 7. 9. 1599 an die samsisme Regierung in Me i n i n g e n l4: Nad1dem es die Not erfordert, dafl man wieder ein neu Gericht aufrichten mu/3, denn am gehaitenen niichsten, da sich die Schoppen niedersetzen wollten, so fiel alles uber einen Haufen, und wie ich vor diesen schon berichtet, d.Jl d.s Gericht [der Galgen] .uch niedergef.lien ist. Die Gerimtskosten wurden jahrlic:h in der Zentschichtung zusammenge­ remnet und auf die Zentarte umgelegt. Einzelne Gemeinden erkannten sie nur zum Teil an. 50 verweigerte 5uhl seit 1571 die Zahlung derselben aulSer denen fur Diebstahl, Mord, Natzucht und Brandstiftung lS. Auch waren manche Orte saumig in der Bezahlung, z. B. Albrechts. Die Benshauser pfandeten ihnen deswegen in der Zeit van 16,1-,4 Vieh van der Weide. 1619 wurde ein neuer Galgen errichtet, waruber wir in einer ausfuhrlichen 5childerung erfahren l': Nachdem nach der im Oktober an no .16.19 geschlossenen Auswechslung und Vergleichung mit der halben Cent Benshausen und dem Amt Hallenberg eben zur selben Zeit das alte hohe Haisgeridlt, so vormals gar vorn und fast am Orte gestanden, sehr baufiillig und bald uber einen Haufen gefallen gewesen, also ist auf Befehl unserer gniidigsten und gniidigen Herr­ schaft stracks nach erwiihnter Auswechslung, niimlich Sonnabend, den 11. De­ zember gemeldeten 1619. lahres, allhier ein neues Halsgericht oder Galgen im Krohlis mit drei Schwellen, drei Stiicken und auch soviel Balken aufgerichtet und solches etwas weiter in den Grund hinauf, denn das vorige alte Gericht gestanden hat, geruckt worden. Die siimtlichen Mahlmuller in den zu diesem Gericht gehorigen Dorfschaften, niimlich Benshausen, Viernau, Ebertshausen, Mehlis, Schwarza, Dietzhausen, Wichtshausen und Mebendorf, deren Muller in der Zahl zusammen 17 gewesen sind, ha ben das Eidtenholz auf ihre eigenen Unkosten aus dem Paflberge auf die Wahlstatt schaffen, die siimtlichen Schmiede aber IS gro/3e eiserne Klam­ mern schmieden, die Zimmerleute insgesamt das Holz fiillen wie auc:h das Gericht fertigen und aufrichten helfen, item die Schneider und Leineweber alle zusammen das Gericht aufheben, ingleichen Leifern, Dielen und Stangen, soviel man damals bedurftig gewesen, hinaus- und wiederum hereintragen

34 l A Me i n i n g e n (GHA) 5 VI BA 5h. 35 Z i c k g r a f: Die gefllrstete Grafsdlaft, 203. ;6 GAB. Das ehemalige Zentgericnt zu Benshausen 49 mussen. Die Werkleute sind alle zugleich mit Trammeln und Pfeifen aus und ein geleitet und ihnen auch hernach an Essen und Trinken die Notdurft gereicht und in der Schenke allhier elf Tische vollgespeist worden. Am 1.5. August 1.405 endete ein StrafprozelS am hiesigen Gericht mit Ver­ urteilung von StraBenraubern. In dem Bericht dariiber 37 wird uns erstmalig mit­ geteilt, wie zu dieser Zeit ein Gerimtsverfahren an demselben stattfand. Vom Grafen Heinrim von Henneberg und seinem Sohn Wilhelm wurden Hans und Heinz v 0 n Wen g h e i m am Zentgericht verklagt, daIS sie und die Ihren ihnen Land und Leute auf des Reimes StralSen besmadigt hatten urn rnehr als flinfzig Pfund pflindiger Pfennige. Sie leugneten es und kamen trotz viermaliger Ladung nicht, urn sich zu verantworten. Die gewapneten kempfen der Grafen warteten auf sie und wollten sie nach des Gerichts Recht und Gewohnheit mit ihrem Leben an ihrern Leibe liberflihren [gerichtlimer Zweikampf], und sieben derselben hatten Eide zu den Heiligen gesmworen, daIS die Klage zu Remt bestehe. Die Gebrlider von Wengheim wurden durch Urteil der Schoppen geachtet und ihrer Landsrechte und Lehen flir verlustig erklart. Auch wurden sie verurteilt, kein anderes Gericht dagegen anrufen zu konnen. Das Zentgerimt war zu einem soIchen Urteil zustandig, wenn einer vom niederen Adel ein ge­ rneines Verbrechen als unehrliche Sache beging, was bei den Gebrlidern von Wengheirn der Fall war ll. Die Grafen von Henneberg rligten nicht in eigener Sache, sondern als Landes­ herren von Arnts wegen 19, weshaIb sie auch beim Obersiebnen durch sieben Eideshelfer nicht als solche mit beteiligt waren. Es war zulassig, bei unehrlimen Missetaten, wenn der Verbrecher dazu noch leugnete, und richtete sich auch gegen StraBenrauber und Raubritter, die das Land unsimer machten '0. Das Obersiebnen kornmt in keinem spateren Weisturn des Zentgerichts Benshausen rnehr vor. Als 1.579 Hexenprozesse am Zentgericht begannen, bestritten die Untertanen des Amtes Suhl die Zustandigkeit des Gerichts ". Sev~r die Ver­ urteilung in soIchen Fallen erfolgte, wurde erst ein Gutachten des Schoppen­ stuhls zu J e n a eingeholt bzw. von M a r bur g oder He I m 5 t e d t. Ober das Verfahren am Gerichtstag gibt uns folgende ausfiihrliche Schilderung einer Verurteilung und Hinrichtung Auskunft, die als letzte in Senshausen statt­ fand '2: Aktum Benshausen, den 21. Ma; 172). 1st Barbara Schmidtin, van Marisfeld gebiirtig, welche ihr lebendig zur Welt gebarnes Kind zu Dillstiidt mit dem Kopf wider die Bornrute gestoflen, in ihre

37 5iehe Anmerkung 21. 38 H i r 5 ch, 8:1. 39 Vg!. dazu Hi r 5 ch, :101.. 40 H j r 5 ch, 82,93 H. 41. La n cl e 5 arc h i v We i m a r (vormals Geheirnes Haupt- und 5taatsarmiv, Abt. Hennerbergica, jetzt Bestande in Meiningen) NI'. 481. und 48:1a. 4' GAB. 50 Karl Weise (t) uMd Volker Wahl

KiHze gelegt und soIche nach Viernau getragen und in ein S. V. Sekret ge­ worten, worau! solche zu Kuhndorf lange gesessen und van deT Cent mussen bewachet werden, 1.4 Tage abeT var ihrem Tode ist soiche hierher gefuhret wor­ den, obigen Tag mit dem SdJwert vom Lehen zum T ode hingerichtet worden, und zwar folgendergestalt: Friih nadJ sedJs Uhr ist ihr das hi. Abendmahl dUTch hiesigen He"" Pfarrer Magister Clauern gereicht warden. Urn neun UhT wurde sie aus des hiesigen Gemeindeknechts Wohnstube, worinnen sie 1.4 Tage gesessen, geschlossen herausgefuhret, und ginge" erstlich sechs Ausscnusser [Landmiliz] mit Ober- und Untergewehr voran, hernadJ kamen etlidJe 20 SdJii­ ler mit Kantor und Schulmeistern, wobei auch der Schulmeister VDn Eberts­ hausen gewesen, und sangen das Lied: 0 lesu Christ meins Lehens Licht. Nach den SchUlern ging die arme Sunderin geschlossen, neben sich habend zwei Priester, als den Benshiiuser und Viernauer, hinter ihr der Landknecht und ein Scharfrichter Knecht, wie auch wieder 1.2 Ausschusser mit Ober- und Unter­ gewehr. AIs sie nun an hiesiges Wirtshaus kamen, traten die sems Schoppen neben dem Centrichter und Gerichtschreiber mit ein, niimlich Hans Georg HiD b und Caspar A n s c hut z von Ben s h a use n, Georg Hey I, Schultheifl, und Sebastian L u c k von Vie r n a u , Han/l He /ll er, SdJulthei/l von E b e r t s­ ha use n, Valentin Se ha n, SdJulthei/l von A I b re c h t s, Herr ]ohann S t e u e r I e in, Centrichter, und Herr Johann Heinreich He i n r i c i, Aktu­ arius in K u h n d 0 r f . Und gingen so fort mit Singen bis auf die Cent unter die Linde, da war eine Tafel nebst adJt Stuhlen aus hiesiger GeridJtsstube gesetzet und das hodJ­ peinlidJe HalsgeridJt geheget, das Urteil und ihr Tod nodJmals durdJ den Aktuarius vorgelesen und der Stab gebrochen, da denn die arme Sunderin von dem LandknedJt 10sgesdJlossen und dem SdJarfridJterknedJt iibergeben worden. Hierauf wurde sie nadJ dem GeridJt [Galgen] zu gefuhret, eben auf die obige Art, und wurde das Lied: Wenn mein SWndlein vorhanden ist, gesungen. Als sie nun auf dem Richtplatz ankamen, wurde sie von Herrn Magister C I a u ern eingesegnet und darauf auf einen Stuhl gesetzet, welch en der hiesige Schreiner Wolf Ba h n, wie auch den Sarg vor .19 Batzen gemachet, weldJes beides die HerrsdJaft auf ihre Kosten bezahlet, und der Kopf herunter­ geschlagen, welches 40 Schritt von der Hammerbrucken, nach dem Galgen zu, mitten aufem Sand geschehen. Hierauf wurde sie von des Scharfrichters Knech­ ten in den Sarg und der Kopf zwischen ihre Beine geleget, da denn gedachte arme Sunderin von gedachten Knechten mit zwei Stangen heraufgetragen, ein Loch an die Gottesackermauer neben dem Wirtshausgarten gemachet und soIche hineingescharrt, welches viele Leute mit angesehn. Joh. Nikolaus Wag n e r I Amtsrichter. Da die Zent keinen eignen Smarfrimter hatte, wurde zur Exekution ein Scharfrichter von auswarts herbeigehoIt. Wie Zentgraf A 11 p hey am 3. 1.2. 1594 berimtet u, war an diesem Tage hier das peinliche Halsgericht vom Scharf-

43 l A Me i n i n g e n (GHA) 5 V VII Nr. '7. Das ehemalige Zentgeridtt zu Benshausen 51

rimter von D rei gig a eke r und von seinem Eidaml dem Smarfrichter von

5 c h m a 1 k aId e n I vollzogen worden. Danach hatten beide im Gemeinde­ wirtshaus zusammengesessen und gezecht, gerieten dabei in Streit und t6teten sich gegenseitig. Sie wurden in ein gemeinsames Grab an der Friedhofsmauer versmarrt. Unter die peinlime Gerimtsbarkeit fielen aum die Prozesse wegen Hexerei­ Siinde. Im Jahre 1579 fand ein Verfahren gegen die mehr als 70 Jahre alte Witwe Barbara Kellner statt. Da sie die Qualen der Torror aushielt, wurde sie nam gesmworner Urfehde freigelassen 44. AIs vor 1.597 Gerichtete werden in den Gemeindeakten genannt: Anna Bad e r in, Marth B 0 n sin, Mar­ gretha, des G run k e II e r s Weib, Barbara Has e n e y, Hanns G rim der Altere und Anna K u e n e r in. Bei einer derselben erkannte das Gericht auf Staupbesen und Landesverweisung. 1.597 wurde der Dey K let t nach vor­ genommenem giitlichen und peinlichen Verhor durm den bosen Feind der Hals um- und entzwei gedrehet, worauf die Verbrennung erfolgte 41. Ein weiterer ProzeS lief 1.599 gegen Anna und Martha Bad e r in, Tochter der verbrann­ ten Anna Bader, die in ihrem endlimen Bekenntnis standhaftig blieben, aber dabei verstarben 4'. 1.603 wurde Osaun P r e y 5 i n verbrannt n. In der Auf­ rechnung der vor 1620 aufgelaufenen alten Zentunkosten ist die Verbrennung der Cunigundt F r i 5 chi n angefiihrt, und am 3. Juli 1621 wurde Katharina, Michael E i c hen b r 6 n n e r 5 Eheweib aus Benshausen, justifiziert .... Nach dem DreilSigjiihrigen Kriege lebte der schreckliche Hexenwahn wieder auf und forderte neue Opfer. Das aIteste Kirmenbum van Benshausen enthalt folgende Eintragung: HAm 25. September 1.663 sind drei Weibspersonen wegen begangner Hexerei-Sunde mit dem Smwerte hingerimtet und hernam ver­ brannt worden: Katharina, Andreas Ba u m ann 5 Witwe, 72 lahre alt,

Margareta l Andreas G rim men R. [elicta] Obstehi,53 lahre alt, Margareta, u Wen del Lot zen 5 unverehelichte Tochter, 50 lahre alt. Muller v. Raueneck in Schleusingen erwahnt in seinen Aufzeichnungen fUr Benshausen ferner ein Verfahren gegen Margareth Lap pin, Johann 5 c h n e i d e r und Magda­ lene Bar f u h i [BarfuBJ vom Jahre 1673. Die von 1708-1711 infolge der eigenartigen Erkrankung der Dorothea Hen k e 1 zu Vie r n a u gefiihrten Prozesse gegen drei Frauen daselbst waren die ietzten Hexenprozesse im Kreis Sdtleusingen. Sie endigten damit, daB sich die eine im GeHingnis zu Kiihn­ dorf an ihrem Bettuch erhangte, die andere durch die Flucht rettete und die dritte vom Schoppenstuhl freigesprochen wurde "'.

44 L A Me i n i n g e n (GHA) 5 VI BB und Schriften des Hbg. Geschichtsvereins Nr.4 (1.911.) 40 Anmerkung. 45 GAB und Schriften Nr. 4, 41. Anmkg. 46 GAB und Sduiften Nr. 4, 42 Anmkg. 47 Anm·46. 48 Sduiften Nr. 4, 50 Anmkg. 49 Schriften Nr. 4, aaO. 1.281zS Anmkg. 52 Karl Weise (t) und Volker Wahl

Die Verbrechen gegen Hemt und Haar, d. h. die BlutgerichtsfalIe mit Aus­ nahme der vier hohen RUgen und def Hexenprozesse ahndete das Zentgericht als Rilggeridlt. An ihm saUte jeder rugen, was er Unrech.tes bei seinem Nachbar gesehen oder vernommen hatte. Da es keine besonderen Rugmeister gab, haben anscheinend die SchultheiEen die RUgen gesammelt und dem Gericht gegeben. Ober eine strafbare Handlung sollte der Geschadigte moglichst selbst Kund­ schaft und Zeugnis beibringen: Wo man einen betreten zu eines anderen Schade, das rechnet man vor eine Diebereii so es hei Nacht und Nebel geschehe, mochte er ihm beweisen mit Leuten, ware gut, hat er aber niemanden dabei, soil er ihm ein Pfand nehmen, und so er es getun kannte, modzte er ihm ein Stuck van einem Ohr abschneiden 50. Wie eine Geridttsverhandlung am Riiggeridtt nam altern Herkornmen verlief, gibt uns die Peters Land- und Rugegerichtshandlung Kunde, die allerdings erst 1682 aufgeschrieben wurde 51. Wenn der Gerimtsknemt den Mannern gelautet und Amtleute, Zentgrafen, Smoppen und Gerichtsschreiber ihre Platze eingenomrnen hatten, fand die Hegung statt. Oer GerichtsschultheiB [Zentgraf] forderte durch Umfrage einzelne Schoppen mit Berufung auf ihren Eid zu einem Urteil au£. was der Reihe nam vorzunehrnen sei und ob er remt gehegt habe. Er eroffnet die Ver­ hand lung nam Feststellung der remten Tageszeit (wobei aber die Frage nam der Besetzung des Gerichts und die Verbannungsforrnel, durch welche Frieden und Geleit zugesimert wurden, fehlte) das Gericht im Namen der Landesherren, der Amtleute, des Richters, der Schoppen und aller, die Recht geben und nehmen wollten. Dann verbot er den Smoppen, oh ne seine Erlaubnis aufzustehn und iiberlange Worte zu machen. Hierauf wurden die einzelnen Rligen vorgeiesen und behandelt. Am SchluB hatte der Gerichtsschreiber die gesammeiten Weis­ turner vorzulesen und der Gerimtsbote alle Personen zum Vortreten aufzu­ fordern, die noch Redtt oder eines Urteils begehrten. Ober die vom Peinlich Zentgericht verhangten Leibesstrafen folgen nun einige Angaben aus der Zeit narn 1.500. 1.51.8 wurde der StraBenrauber Martin S t e i t z u n g am Eingang zum Mertal geradert 52, am 7. 1.1.. 1.540 ebenfalls der StraBenrauber Wolf L irk 53. Wer Mord, Notzucht oder Brandstiftung beging, wurde rnit dem Schwerte enthauptet. Nach dem DreiBigjahrigen Kriege verurteilte das Gericht einen Gastwirt aus Viernau wegen Ehebrums ebenfalls zur Hinrichtung mit dem Schwert 54. Wegen schweren Diebstahls Verurteilte hing man an den Galgen. Die Verbrennung erfolgte als Strafe bei Blutschande und nach Verurteilung als Hexen. Ein Hirt aus Mehlis, der dem Vieh die Weide angeziindet hatte, wurde auch verbrannt.

50 5 t A M a g d e bur g Rep. A 33 LXXVII Nr. 1.1.. 5l. Anm.50. 52 5 t A M a g d e bur g Rep 33 G XI Nr. 6. 53 GAB. 54 Eintragung im Kirchenbuch zu Benshausen im Jahre 1657. Das ehemalige Zentgericht zu Benshausen S3

Kulturhistorisch bedeutsam ist die Talion in Form der spiegelnden Strafe. So heiBt es in einem der gesammelten Weisttimer ab 1505 ss: Wer Marksteine mit Frevel ausrei{lt, denselbigen soli man in die Erde graben bis an den Hals und sollen dann vier Pferde, die des Ackerns nid1t gewohnt sind, an einen Pflug, der neu sei, spannen und sollen die Pferde nicht mehr gezogen und der Acker nid!t mehr gearnet [geerntet] nod! den PIlug halten, [die] den PIlug mit ge­ halten haben und ihm alsdann nach dem Halse ehren [ackem} bis solange er den Hals abgeehret hat. An die gleiche Art der Strafe erinnern folgende zwei FalIe: Anno 1642, den 24.1uni, ward Lorenz Fun c k, burtig von B i 5 C h 0 fro d a, ein gewesener SoIdat und gottioser Mensch, welcher die beiden Glocklein aus der Kirche zu Ebendorf, auch sonst anders mehr gestohlen, das Metall aber zu Sdlmalkalden an die luden verkauft hatte, allhier gehenkt und uber seinem Kopfe zum memo­ rial des begangenen Diebstahls eine hoizeme Glocke 56. Ferner: Vor ungefahr 70 lalzren (urn 1500) ist ein Suhler, der seine Stieftochter geschwiingert, ver­ brannt worden, die Stieftochter hat ihr Kind vergraben, ist nuch lebendig be­ graben worden, beide an einem Tag 57. Verstummelungsstrafen kamen nicht vor. Die Gefangnisstrafe wird nur im 16. Jahrhundert einmal erwahnt, und zwar in einem Fall von schwerer Korper­ verletzung durch Stiche.

Ober die vom Ruggericht verhangten GeldbuBen berichten die Weistiimer 51: Einen Wurf oder Schlag, so nicht blutrunstig, 5011 man mit drei Hellern bu{len. Wo aber einer blutrunstig ist oder bIau geschlagen, der mu{l es den [Gerichts-] Herren mit 50 Groschen bu{len, den Zentgrafen die Halfte, also je 25 Groschen, jeden Schoppen 5 Groschen, je zwei aIte Pfennige fur einen Groschen ge­ rechnet. Nach einem Strafverzeichnis vom 14. Mai 1591 59 bestrafte es mit Geld­ buBen in Hohe von einem bis funf Gulden, und zwar bei blutenden Korper­ verletzungen oder ohne B1utrunst durch Stiche, Wurfe oder Schlage, Kratzen und Bartausraufen, weiter bei fahrlassiger Brandstiftung und ehrenruhrigen Beleidigungen. Als Ausnahmefall wird erwahnt, daJ5 der reiche Weinhandler Wolf G rim m von Benshausen mit 20 Gulden SuBe belegt wurde, weil er den Amtmann von Schmalkalden tatlich angegriffen hatte. Bei Ehrenstrafen wurde der Verurteilte an den Pranger 60 gestellt oder kam ins Trillerhauschen 61; Obst­ und Felddiebe strafte man mit dem Gak 61.

55 GAB und 5 t A M a g d e bur g Rep. A 33 LXXVII Ne. 11. 56 Chr. J u n eke r : Ehre der gefiirsteten Grafschaft Henneberg, IV, '12. 57 5 t A M a g d e b u c g Rep A 33 G XI Ne. 6 ('568). 58 GAB. 59 5 t A M a g d e bur g Rep A 33 C III Nr.1.. 60 Gemeinderechnung von 1626. 61. Ein runder Korb, der schnell gedreht wurde. 62 Ein Korb mit einem Bodenbrett, das gleichsam eine Fallttir war. Oer Oieb soUte ins Wasser fallen, da cler Gak tiber einem Gewasser aufgehangt wurde. 54 Karl Weise (t) und Volker Wahl

Ober die Rechtspredl.Ung bei Streitigkeiten zivilremtlidter Art am Peter5~ Land- und Riiggericht berkhten zahlreiche Weistiimer, von denen einige mit­ geteilt seien 63; WeT nun erhblich Gut rechten will, derselbe mull erstlich einen neuen Beutel zu einem weiflen Steeker! hangen haben, darinnen sallen drei Schillinge sein, sieben neue HeIler fur einen Schilling gerechnet. - Wenn einer des andern Burge wiirde, es ware ubeT Geld odeT erblich Guter, und deT Schuld­ ner konnte odeT wollte den Burgen mit deT Bezahlung "icht losen, soil er erbIich Gut nehmen, so hat er lahr und Tag Frist dazu, his ers zu Geld macht, dafl er also mit Geld und keinem Pfand bezahlen kann. - Ein essend Pfand [Tier] 5011 man im Dorfe auf- und abfuhren und es aufbieten, im FaIle ers nic:ht verkaufen kann, 5011 man es in das Scfzenkhaus fuhren und es stehen lassen, also lang es ohne Essen und Trinken gescfzehen kann. - 1st es aber ein liegend Pland und bleibt drei rage und Nilente stehen, ists den Herren verfallen. - Wo kein Pfand mehr vorhanden, 5011 er mit Obrigkeit Hille einen Span aus dem Hause nehmen, denselben lahr und rag behalten, und 50 er nient bezahlt wird, 5011 er sien in die Behausung setzen, ihm einriiumen lassen und vor das Seine inne haben. - Wenn zwei ihren Garten beieinander hiitten und das Obst hinge auf den andern uber den Zaun heruber, wer es abzubrecfzen? In dem Garten, da der Stamm steht oder gewachsen ist, der mag aul den Ast steigen, sicfz mit der linken Hand halten und mit der Rechten abbrechen; was er also mit der rechten Hand kann reichen, das sei billig sein. Das andre aber dessen, ilber den der Ast hiingt. Der Gerimtsplatz, die "Cent" am unteren Ende des alten Dorfteils war frliher viel grager. Nam 1750 wurden dort rinsherum mit Erlaubnis der samsismen Regierung Hauser und Nebengebaude erbaut und der iibrige PIatz seitdem zum Teil als Lagerstatte flir BrennhoIz benutzt. Aum trieb von dort aus der Ziegen­ hirt die Ziegen auf die Weide, und er fiihrte deshalb den Namen IIZiegenplan". Gerimtslinde, -srnranken und -banke sind langst versmwunden. Auger dem "Galgenrain" am Wege nam Dietzhausen erinnern nur nom drei kaum sichtbare Malsteine auf dem wohl mehr als 800 Jahre alten Platz an das ehemalige Zent­ gerirnt zu Benshausen.

63 GAB IIAnno Salutis" 1.565, Sammlung von Weistlimern 1.505-1.590.