Das Ehemalige Zentgericht Zu Benshausen

Das Ehemalige Zentgericht Zu Benshausen

41 Das ehemalige Zentgericht zu Benshausen v 0 n K a r I We i s e (t) un d V 0 I k e r W a h I Das Gericht zu Ben 5 h a use n nahm in clef Ausiibung cler Remtspflege im Raum van Siidthiiringen eine gewisse Sonderstellung ein, die nur aus seiner geschichtlichen Entwicklung zu verstehen ist. Es war ein altes Reichslehen und "einer der aitesten Gerirntsstiihle Hennebergs, wenn nicht schon in der Gau­ zeit, so dach vor clef Entwicklung def Territorialherrschaft entstanden" " Sein Genchtssprengel reichte - soweit feststellbar - im 12. Jahrhundert vom Nord­ abhang des Dolmars his an den Siidwestrand des Thiiringer Waldes mit Ein­ schlulS eines Landstreifens beiderseitig des alten Verkehrsweges, der am Rupp­ berg vorbei und uber den Gebrannten Stein zum GebirgspaB bei Oberhof fiihrte, ferner vom Suhler Friedberg irn Osten bis Unterschonau und dem Stille-Grund oberhalb von Schmalkalden im Westen. In den Wirren des Investiturstreites irn 11. Jahrhundert entstand die Klein­ herrschaft der Grafen v 0 n Nor d e c k, die ihr SchloB auf dem Ruppberg bei Zella-Mehlis gehabt haben sollen und wahrscheinlich vom Kaiser mit dern Gericht belehnt worden waren 2. Nam ihrern Aussterben im Jahre 1115 kam es verrnutlim an ihre Verwandten, die Grafen von Henneberg. Sie drangen von Schleusingen her uber den Suhler Friedberg vor und trennten das Gebiet urn diesen Ort vom Zentbezirk 3. Etwa in der gleichen Zeit sollen die Thuringer Landgrafen von Smrnalkalden aus auf Christes, Altersbach, Rotterode und zur Moosburg vorgedrungen sein und diese Teile der Zent Benshausen in Besitz genommen hahen -. Im Laufe des 12. Jahrhunderts entstand auch die Kleinherr­ schaft der Herren von Hallenberg als eigenartige Absplitterung der Zent, woraus dann nach 1230 hinsichtlim der Landeshoheit das hennebergische Amt Hallen­ berg hervorging. Im Jahre 1274 teilten die Henneberger Grafen ihre Herrschaft; das Gericht Benshausen kam in gemeinsamen Besitz der Hartenberger und Schleusinger 1 E. 2 i c k g r a f: landwehren am Thtiringer Wald. In: Jahrbuch des Henneber­ gisch-frankischen Geschichtsvereins (1937) 10. - Die Archive zu Meiningen (Ge­ meinsch aftliches Hennebergisches Archiv) und Magdeburg sowie das Gemeinde­ archiv zu Benshausen enthalten eine groBere 2ahl von Akten uber das hiesige ehe­ malige Zentgericht, vornehmli<h. aus dem 15.-18. Jahrhundert, deren Auswertung in diesem Aufsatz uber das Ortskundli<h.e hinaus von allgemein remtlimem und kulturhistorismem Interesse sein durfte. Als Erganzung wurden herangezogen: E. 2 i c k g r a f: Die gefurstete Grafschaft Henneberg-Schleusingen (1944), H. H i r 5 ch: Die hohe Gerichtsbarkeit im deutsmen Mittelalter (1922), K. K roe - se hell: Die Zentgerichte in Hessen und die frankische Centene (2s. der Savigny­ Stiftung fur Rechtsgeschichte, 73. Band, Germanistische Abteilung; '1956). 2 E. Z i c k g r a f: Forschungen zur Gesmimte der Wildbanne und alter Grenzen im Gebiet der Grafs<h.aft Henneberg-Schleusingen (-1939) 26. 3 Z i c k g r a f : Die geftirstete Grafschaft usw.,156. 4 Z i c k g r a f : Forschungen,27. Rollerode 0 o Herges OBermbach OChristes Schwarza OAlbrechts Mabendorf SuN SChleusi ngon Die ehemalige Zent Benshausen Das ehemalige Zentgerimt %u Benshausen 43 H Unie und war nun "zweiherrig . Hinsichtlich der Landeshoheit blieben in Ge­ meinbesitz die Orte Ben 5 h a use n, E b e r t 5 h a use n, V ern a u und Be r m b a c h sowie Teile von Al b r e c h t 5 und Her g e 5 - Hall e n­ be r 8. Dieses gemeinschaftliche Amt wurde ebenfalls als Zen t Ben s­ h a use n bezeimnet. Die Ubrigen Gerichtsorte S sind: S c h war z a, der andere TeU von A I b r e c h t s , M a ben d 0 rf , Die t z h a use n, S t e i n b a c h - Hall e n b erg, Un t e r 5 c hen a u, der andere Teil von Her8es-Hallenberg, Springstille, Mehlis, Wichts­ h a use n, S u hI, H e i n r i c h s und die spateren WUstungen H elf e r 5 (ostlich von Breitenbach) und T r ti ben d 0 r f (am Dolmar). 1360 kaufte die Grafin Elisabeth von Henneberg-Schleusingen gemeinsam mit dem Landgrafen von Hessen die Herrsmaft Schmalkalden von den Burg­ grafen von NUrnberg zuriidc., die diese durch Einheirat 1353 erworben hatten. Seitdem waren Zentgericht und Amt Zent Benshausen "dreiherrig". Henne­ berg-Hartenberg besaB die Halfte, Henneberg-Schleusingen und Hessen je ein Vierte!' Nachdem das Geschlecht der Grafen von Henneberg (Hartenberg)­ Romhild '549 ausgestorben war, ergriff Graf Wilhelm IV. von Henneberg­ Schleusingen von deren Zenthalfte Besitz, und das Gerimt war wieder "zwei­ herrig". Als der letzte Henneberger 1583 verstorben war, traten die sachsismen FUr­ sten auf Grund des "Kasimirianismen Vertrags" von 1521 an ihre Stelle. Sie besaBen drei Viertel der Zent, Hessen ein Viertel. 1619 wurde das Amt Hallen­ berg mit Ausnahme der Geredttsame in Albrechts und Mehlis von den henne­ bergischen Erben samt den Derfern Herges-Hallenberg, Bermbadt und einem betrachtlichen Waldgebiet ge8en das hessische Viertel an der Zehnt abgetreten '. Das Gericht war endlich wieder einherrig, und damals entstand die Grenze zwischen den Kreisen Schmalkalden und Suh!. Im gleichen Jahre loste Sachsen das Amt SuhI mit den Orten Suh!, Heinrichs und halb Albrechts von der Zent, die jetzt nur nom die Dorfschaften Benshausen, Viernau, Ebertshausen, Schwarza, Dietzhausen, Wichtshausen, Mabendorf, halb Mehlis und halb AI­ brechts umfallte. 1661 fiel die vormals hennebergische Halfte von Mehlis an die Emestiner; Gerichtsherren waren von diesem Jahr an die Herzege von Naumburg-Zeitz aus der albertinismen Seitenlinie. 1718 kam das Gericht an Kursadtsen und fiel 1815 an PreuBen. 1680 wurde der Sitz des Gerimts nam K U h n d 0 r f verlegt, dessen Amtmann als Zentrichter fungierte. FUr die zum Sonderamt Benshausen gehorigen Orte Benshausen, Viernau, Ebertshausen und haJb AI­ brechts fanden jedodt in Benshausen nach.weislich bis 1723 Hegungen des Ge­ richts bei BlutgeridttsEallen mit UrteilsverkUndigung und Hinrichtung statt ' . 5 Z i c k g r a f : Die gefiirstete Grafschaft usw.,1S7. 6 Z i c k g r a f : Die gefUrstete Crafschaft, 197 f. 7 Siehe weiter unten den Abschnitt Uber cUe Hinrichtung einer Kindermorderin im Jahre 1713. 44 Karl Weise (t) und Volker Wahl Vermutlich hat sich die Zent Benshausen aus einer "karolingischen Centene" entwickelt und aus dem Zentenar wurde clef Blutrichter des spateren Mittel­ alters '. Narn germanischem und frlihmittelalterlichem Volksrecht konnte sich clef Geschadigte fUr eine ihm zugefiigte Uotat an dem Missetater [amen, und die Gerichtsgemeinde hatte das Notwehrrecht gegen gemeingeHihrliche Ver­ brecher, aber nUf, wenn die Festnahme 50fort oder unmittelbar nach def Tat gelang 9, Aus dern dabei angewandten Verfahren bei handhafter Tat entstand die Blutgerichtsbarkeit def Zent. Ihr Leiter war clef Zentgraf, nicht irgend eine staatliche Instanz 10, Unter dem EinfluB def Landfriedensbewegung wurde seit dem 12. Jahrhundert die Todesstrafe zurn vornehrnsten Mittel, rnit dern die offentliche Gewalt gegen Friedensbrecher v~rging, und das Verfahren bei hand­ hafter Tat karn nun auch bei nichthandhaften Fallen zur Anwendung 11. Das Zentgericht urteilte durch seine 5choppen nicht nur uber die vier hohen Rugen: DiebstahI. Mord, Brandstiftung und Notzucht, sondern auch uber flieBende Wunden, Raub und schwere Ehrverletzungen 12. Die Blutgerichtsbarkeit ubte das Zentgericht bis gegen Ende des 16. Jahr­ hunderts uber alle Zentorte aus. AuBerdern urteilte es uber Erbe und Eigen und hatte ferner dorfgerichtliche Befugnisse uber die Dorfer des gerneinschaftlichen Arntes Zent Benshausen 13. Die Dreiherrigkeit des Gerichts seit 1360 gab AnlaB zu vielen "Irrungen" zwischen den Gerichtsherren. Hessen hatte zunachst nur einen "schweigenden" Zentgrafen, der bei Gerichtsverhandlungen als "Horcher" tatig war und An­ recht auf ein Viertel der GeldbuBen hatte, aber gleiche Rechte rnit den Henne­ berger Grafen verlangte. Nam 24 jahrigern Streite einigten sich die Gerichts­ herren in der Weise, daB der "Obsitz" im Gericht durm ihre Arntrnanner in der Reihenfolge Henneberg-Rornhild, Henneberg-5chIeusingen, Henneberg-Rorn­ hild und Hessen wechselte 14 i irn gleichen Wechsel hegten die Zentgrafen das Gericht. Die Landesherren such ten in steigendern MaBe ihre einherrigen Dorfer vorn Gerichtszwang des dreiherrigen Gerichts zu befreien oder wenigstens seine Be­ fugnisse einzuschranken. So heiBt es 1496 in einer Beschwerde uber den Grafen Herrnann von 5chwarza: Werm seine Leute, die in der Zent sitzen, etwas tun, darum sie in der Zent und alIen Herren buf3fiilIig sind, so macht er ein eigenes Gericht in seinen Dorfern und buf3t es alIein. Mit dem Gefiingnis zu HalIenberg 8 Hirsch, 198. 9 Hirsch, 228. 10 J. G rim m : Weistiimer III (1842) 593. 11 H i r s ch, 233. 12 K. K roe s c hell: Die Zentgerimte in Hessen usw., 358. 13 Kroeschell, 340f. 14 Z i c k g r a f : Die gefiirstete Grafsrnaft, 158. Dns ehemalige Zentgericht zu Benshausen 45 wird es auch nicht so gehalten, wie es recht ist, denn sie filhren Leute fleraUS, toten auch Leute nach ihrem Ge!aIlen und ohne Remt 15." AuBer 5chwarza brachten auch Suhl und Heinrichs nur noch die vier hohen Rugen an die Zent, ebenso das Amt Hallenberg. Nam dern Aussterben des Henneberger Grafengeschlechts setzte sich der Verfall der Zent rasm fort. Urn 1590 entstanden die Hochgerichte zu Hall e n b erg und K li h n d 0 r f . Namdem nom 1594 und 1601 zwei Diebe aus Suhl dern Zentgerimt iiberant­ wortet und gehangt worden waren 16, fanden seitdern auch Hinrichtungen in 5 u h I statt 11. Die Arntleute der Landesherren griffen schon nach 1500 ofters in die Rechtsprechung des Gerichts ein, indem sie bei Sitzungen desselben von sich aus Verbote und Gebote erlieBen 18.

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