Der deutsche Militarismus

ist nicht tot

er riecht nur streng

Analysen zur Militarisierung der bundesdeutschen Gesellschaft

Kommission „Neofaschismus“ der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) in NRW und Hartmut Meyer Archiv

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 1 Titelseite: Karikatur von George Grosz Neonazi Burschenschafter der Libertas && Alte Herren beim Heldengedenken am 1933 eingeweihten „Ehrenmal“ in Aachen

visdP. Kurt Heiler Aachen Gestaltung: Andrej Hunko

Druck :UWZ -Schnelldruck GmbH Münster

Seite 2 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Inhaltsverzeichnis

Einleitung Seite 5

Winfried Wolf Neue Aufrüstung, wachsende Kriegsgefahr und Militärisch-Industrieller Komplex Seite 6 Die Zäsur von 1989/90 - Charakter der Rüstungsindustrie und des MIK - MIK und kapitalistische Produktion - Einfluss des MIK-Militärpolitik und Veränderung des weltweiten MIK - Neue Militarisierung der Gesellschaft

Kurt Heiler Panzer zu verkaufen - Fregatte gefällig - Die Zeitschriften des MIK Seite 10 „Soldat und Technik“ - „Wehrtechnik“ - BDI nimmersatt - 2 Karrieren: A. Schnez und D. Wellershoff- Rüstungsexporte

Gerd Deumlich Bundeswehr und Neonazismus Seite 16 Im Panzerschrank - von Geburt an rechtslastig - Bewunderung für die Kriegsgeneration - Marschziel Kriegstüchtigkeit - den 20. Juli zum „Symbol“ gemacht - das Hauptverbrechen des Faschismus war der Krieg - den gleichen Feind im Visier - Kämpfer oder Wohltäter der Menschheit?

Fabian Virchow „Deutsch wählen heißt Frieden wählen“ - Seite 20 die extreme Rechte und der Krieg gegen Jugoslawien Im Vordergrund: Antiamerikanismus - völkischer Nationalismus statt allgemeiner Menschenrechte - immer wieder die Geschichte umschreiben - die als Vorzeigearmee - vom Kriegskurs der GRÜNEN profitieren - rechter Widerspruch - Positionsbestimmung

Ulrich Sander Die Bundeswehr und ihre rechten Medien Seite 24 Medien kriegsentscheidend - „Information für die Truppe“ - nationale Interessen? - jenseits der Oder - Neustrukturierung der Bundeswehrmedien

Joß Fritz Denkfabriken in und um die Bundeswehr – eine Übersicht Seite 29 Militaristische Literatur und Publizistik - Zeitschriftenübersicht Militaristische Literatur und Publizistik - Verlage im Überblick

Günter Baumann „Loyal“ – Zeitschrift des Reservistenverbandes Seite 39 Jugoslawien, Asien, Ostpreußen: „Die Unterstützung aus der Heimat ist von großer Bedeutung“ - Die Bundeswehr wird „erwachsen“ - über Europa hinaus - nicht an die Bombenopfer denken! - „Fairness“ für den Vernichtungskrieg der Nazi-Wehrmacht - Werbung für militärische Aggression - Arbeit für den deutschen Militarismus - mit Nazis ins „Reservegefecht“ - wer mit wem und wie oft

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 3 Andrej Hunko „Europäische Wehrkunde“ und die Seite 43 „Gesellschaft für Wehr -und Sicherheitspolitik“ Geschichte - Interessenkonflikte - Ausblick

Kurt Heiler Die Kameradenkreise - Alte Herren? - „Im Geiste unbesiegt“ Seite 46 Definitionen & Dimensionen - legal, illegal? - Gefahr für die Demokratie heute - Bündnisse der „üblichen Verdächtigen“ - Der Kyffhäuserbund - Ritterkreuzträger - Marinebund - Afrika-Kämpfer - Ehrenbund Rudel - Der „Verband deutscher Soldaten“ - leugnet die Shoa - Geschichte des VDS - Urteil über die Waffen-SS - mit v. Moltke ins Fettnäpfchen - VDS vor Ort- „Soldat im Volk“ - Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus

Günter Mauser Deutsche Burschenschaft und Militarismus Seite 56 Kriegsdienstverweigerung contra „Wehrhaftigkeit“ - Internationale Bündnisse contra „nationale Interessen“ - alle gegen die „Wehrmachtsausstellung“

Michael Radke Von der Wiege in die Bahre - Mord & Fun bei der Bundeswehr Seite 59 Die Zeitschrift „Infopost“ - KDV gewinnt - Das Spiel Pol & IS

Günter Baumann und Joß Fritz Helm ab zum Gebet - Militär und Kirche Seite 62 Kardinal Meisner - Militärbischof Mixa

Kurt Heiler Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge und Volkstrauertag Seite 64 Der deutsche Opfermythos - flächendeckend - Gedenkkultur in Deutschland - Geschichte des VDK und des Volkstrauertag - Gründungsmythos - Adenauer: Der Pate - Weimarer Republik - im Widerstand? - VDK nach ’45 - Volkstrauertag nach ’45 Inhalt und Gestaltung - der „HIAG Zwischenfall“ - internationale Konflikte - „Einzelfälle, soweit das Auge reicht - Krieg und Frieden - alles Propaganda - der Kamerad ist tot!

Detlef Peikert Synopse - Schritte der Militarisierung der Außenpolitik seit 1991 Seite 72

Literaturliste Seite 79

Seite 4 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Einleitung

Einleitung

Die vorliegende Veröffentlichung basiert auf fen herausgeholt werden soll, nachdem er weniger in der Kritik als je zuvor. einem Wochenendseminar, das Anfang De- mit soviel Mühe dort hineingestopft wurde. Wir wollen uns nun weniger über anthropo- zember 2000 stattfand. Neben den Refera- Wir haben als Veranstalter keinen logische Fragen unterhalten, sondern einer ten enthält der vorliegende Band Ergänzun- Allmachts- oder Allwissenheitsanspruch. Arbeitsthese nachgehen: gen von Seminarteilnehmern. Selbst diese Wir bestehen zunächst darauf, dass wir eine Es existieren gesellschaftliche Gruppen, Erweiterungen haben noch nicht zu einem Arbeitsthese aufgestellt haben und unsere die ein permanentes Interesse an milita- umfassenden Bild der militarisierten deut- Ergebnisse sollen vor allem daran gemes- ristischem Denken haben und dadurch schen Gesellschaft geführt. Wir sind uns sen werden, ob sie die von uns aufgestellte Nachfrage erzeugen. Militaristisches bewusst, dass einige Aspekte fehlen bzw. nur These stützen oder verwerfen. Denken wird systematisch produziert kurz gestreift wurden: und von vielfältigen Gruppen, Organisa- - schmerzlich vermissen wir einen Beitrag Die Ankündigung unseres Seminars ein- tionen und Institutionen an die Menschen zum Thema „Militarismus und Revanchis- schließlich unserer Arbeitsthese: herangebracht. mus“, hier müssen wir auf die Literatur ver- Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? weisen, die Militarisierung des Gesundheits- Mit dem Ergebnis der Untersuchungen kom- wesens kann leider nur benannt werden Der Mensch sei des Menschen Wolf, be- men wir recht nah an unsere Arbeitsthese - Massenwirksame Erscheinungsformen des haupten die Neofaschisten. Der Stärkere heran. Für Ergänzungen und Anregungen Militarismus wie öffentliche Gelöbnisse, setze sich durch und der Kampf Aller gegen sind wir aufgeschlossen und dankbar. Wir Waffen- und Militariamessen werden er- Aller sei die Natur des Menschen. Daraus verstehen diese Veröffentlichung als ein wähnt, müssten aber noch vertieft werden werden Alltagskonflikte ebenso „erklärt“ Zwischenergebnis antifaschistischer Arbeit, - 650.000 Menschen sind Mitglieder in wie Rassismus und die Kriege zwischen das notwendig wurde, weil die Publikatio- Schützenvereinen, 350.000 Jäger stehen Staaten. nen zu diesem Thema veraltet bzw. verein- unter Waffen. Ca. 7,2 Millionen zelt waren. Ansätze für die Arbeit antifaschi- Schusswaffen werden legal von 2,3 Mio Wir wissen, dass diese Annahmen falsch stischer Gruppen und der Friedensbewe- Bundesbürgern gehalten und dieser Markt sind. Selbst Frieden zwischen imperialisti- gung finden sich hier jedenfalls reichlich. wird durch Zeitschriften, Vereine usw. be- schen Staaten ist möglich. Solidarisches Für diese Auseinandersetzung wollten wir dient Handeln ist eine der historischen Errungen- Argumente zur Verfügung stellen. Wir wün- - Computerspiele erreichen ein oft unkriti- schaften der Arbeiterbewegung. schen viel Kraft und Erfolg. sches, jugendliches Publikum. Diese Spie- le werden zunehmend brutalisiert und mili- Trotzdem: Deutschland hat wieder Krieg ge- „Der deutsche Militarismus ist nicht tot, er tarisiert. führt und nur eine Minderheit hat sich dem riecht nur streng“ ist einer Formulierung Es bleiben noch weitere Fragen offen, z.B. entgegengestellt. Militär, Waffenproduktion, von Frank Zappa über den Jazz entlehnt. wie der Militarismus wieder aus den Köp- Waffenexport, Militärausgaben scheinen Dem Jazz wünschen wir eine frische Brise und ein langes Leben, dem Militaris- mus wünschen wir die Pest. Der deut- sche Militarismus kann nichts zur Be- wältigung der wichtigen Fragen unse- rer Gesellschaft und der Welt- gemeinschaft beitragen. Er ist ein rück- wärtsgewandtes Instrument vergange- ner Zeiten. Militarismus ist ein Hemm- schuh auf dem Weg zu einer solidari- schen, auf sozialer und demokratischer Gleichheit beruhenden Gesellschaft. Militarismus ist objektiv immer Seperatinteresse.

Der deutsche Militarismus riecht nach Verwesung, aber er ist nicht tot. Hier sind Gründe genug aufgezählt, ihn auf den Misthaufen der Geschichte zu wer- fen.

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 5 Neue Aufrüstung, wachsende Kriegsgefahr und Militärisch-Industrieller Komplex Winfried Wolf

Die aktuellen Tendenzen von Aufrüstung, Damit ergibt sich das Bild eines „normalen“, me auf dieser segensreichen Halbinsel Eu- Militärisierung - z.B. Umbau der Bundes- ordinären Kapitalismus, wie er Jahrhunder- ropas lösen sollen, sind wir außerstande, wehr und Frauen in die Bundeswehr - te lang charakteristisch war. Dazu zählten eine andere Art und Weise zu finden als eine müssen vor dem Hintergrund der jünge- immer: gegenseitige Massenvernichtung.“(1) ren Entwicklung des Kapitalismus und der ökonomischen Funktionsweise von - Aufrüstungstendenzen und Kriege; letzte- II Charakter der Rüstungsindustrie und Rüstung im Kapitalismus diskutiert wer- re als „Fortsetzung der Politik mit anderen des militärisch-industriellen Komplexes den. Dazu die folgenden sechs Kapitel Mitteln“ Die Rüstungsindustrie bzw. Rüstungs- - Kriege gegen den „Süden“: als koloniale konzerne führten schon immer ein relatives I Die Zäsur von 1989/90 Kriege zur Aufrechterhaltung der politi- Eigenleben. Dies galt z.B. für Krupp im Die Jahre 1989/90 stellen einen tiefen Ein- schen Herrschaft über diese Regionen; als Ersten Weltkrieg. Es handelte sich um Kon- schnitt in der jüngeren Entwicklung des Ka- „neokoloniale Kriege“ zur Aufrechterhal- zerne, die eindeutig als Rüstungsunter- pitalismus und des Militarismus der bürger- tung der ökonomischen Vorherrschaft nehmen ausmachbar waren oder zumindest lichen Gesellschaft dar. Dies gilt in erster - Kriege zur Integration der Peripherie oder in diesem Gebiet erkennbar einen Schwer- Linie für die stärksten kapitalistischen Län- Erhalt / Ausbau von „Hinterhöfen“(z.B. punkt hatten. Seit Anfang des 20. Jahrhun- der, also für USA/Kanada, Japan, Großbri- England in Irland; europäische Mächte auf derts, vor allem aber nach 1945, ergab sich tannien, Frankreich und Deutschland. Mit dem Balkan; USA gegen Mexiko) eine neue Qualität. Der damalige US-Präsi- diesem Datum erlebten wir die Wiederkehr - Kriege unter entwickelten kapitalistischen dent Eisenhower prägte dafür erstmals den des ordinären Kapitalismus. Eine gewisse Ländern (z.B. Frankreich gegen Deutsch- Begriff: Military-Industrial Complex - Mi- Sondersituation des Kapitalismus wurde land und umgekehrt; Japan gegen Russland). litärisch-Industrieller Komplex (MIK). beendet. Bis 1989 gab es - außer der weiter - Und schließlich Weltkriege. Bisher zwei, Bei diesem Komplex gehen unterschiedli- wirkenden innerkapitalistischen Konkurrenz die beides Mal nicht zufällig von Deutsch- che Bereiche eine - zumindest -vierfache - immer auch ein gemeinsames Ziel aller ka- land ausgingen, von dem kapitalistischen Symbiose ein: pitalistischen Länder: Die nicht unter der Land, das unter den führenden als letztes Kontrolle des privaten Kapitals stehenden Nationalstaatscharakter erlangte und am - Die militärische und industrielle Produk- Regionen sollten wieder unterworfen wer- wenigsten Einfluss in und Besitz von Kolo- tion verbindet sich. Teilweise, weil es „dual den: politisch, wirtschaftlich und nicht zu- nien besaß - was nun militärisch „nachge- use“-Produkte gibt, die „zivil“ und militä- letzt militärisch. Dieses Ziel einte den Ka- holt“ werden sollte. risch nutzbar sind. Teilweise weil „zivile“ pitalismus, der ansonsten von der Konkur- und militärische Produktion sich in einem renz der Kapitale und der Nationalstaaten In den zehn Jahren seit 1989/90 erlebten wir Unternehmen / Konzern stark verbinden und bzw. Blöcke geprägt ist. Die Nato (und an- im Zeitraffer die Rückkehr zu dieser - ab- verzahnen. dere vergleichbare Militärpakte) sind oder schreckenden - „Normalität“ des Kapitalis- - Industrie (Management) und Militär ver- waren Ausdruck dieser einheitlichen Ziel- mus: Golfkrieg 1990/91, Somalia-“Expedi- netzt sich auf der personellen Ebene. In USA setzung. Seit 1989/90 erleben wir durch den tion“; Balkankrieg 1999; Tschetschenien- ist es z.B. üblich, dass hohe Generäle kurz Wegfall des „Reichs des Bösen“ qualitative Krieg (=Vor- oder Hinterhof von Rußland); nach ihrem Abgang bei der Army im Penta- Veränderungen: Chiapas-Konflikt (hinterster Hinterhof von gon als Lobbyisten auftauchen. USA/Nafta). - MIK-Manager und Militärs durchdringen - Gewisse soziale Rücksichtnahmen ver- die „Politik“ und hier insbesondere das Ver- schwinden; der Westen muss nicht mehr Wie „ordinär“ und wie „wiederkehrend“ der teidigungsministerium (Pentagon; Hardt- „Schaufenster nach Osten“ sein aktuelle Kapitalismus ist, zeigt ein Zitat: Höhe) und die parlamentarisch zuständigen - Angriffe auf den Reallohn, die Gewerk- „Jene chaotische Masse materieller Güter, Ausschüsse (Verteidigungsausschuss) schaften und den Massenkonsum verstärken Fertigkeiten, Gewohnheiten und Vorurteile, - Schließlich vernetzt sich der MIK noch- sich die wir ‘Zivilisation’ nennen, hypnotisiert mals mit dem Finanzsektor (Deutsche Bank - der Staat „verschlankt“ sich dort, wo es uns alle und gibt uns das falsche Gefühl, als als Anteilseignerin von dem Konzern um „Soziales“ geht. Das gilt keineswegs all- sei die Hauptsache schon erledigt; und da DaimlerChrysler, der wiederum Großaktio- gemein: siehe Rüstung. kommt plötzlich der Krieg auf dem Balkan när von Dasa/EADS ist). - Die Konkurrenz verschärft sich; es bilden und zeigt uns, dass wir immer noch auf al- sich verstärkt die drei großen Blöcke her- len Vieren durch die Epoche der Barbarei Diese Verbindungen stellen eine neue Stufe aus - die Rüstungsindustrie orientiert sich laufen. Wir haben gelernt, Hosenträger zu der Militarisierung der kapitalistischen Ge- an diesen Blöcken tragen, kluge, fortschrittliche Artikel zu sellschaft dar. Dabei geht es weniger um die - Neue Kriege gelten zunehmend als „nor- schreiben und Milka-Schokolade herzustel- Quantität, um das spezifische Gewicht des maler“ Bestandteil bürgerlicher Politik. len, doch wenn wir ernsthaft die Frage des MIK; die Qualität dieser Vernetzungen ist friedlichen Zusammenlebens einiger Stäm- entscheidend.

Seite 6 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? ßert“; sie tritt vielmehr „ge- schaft auswirkt, auf die Profitrate, da die ballt“ auf - in Form der Nach- Profite auf eine ständig relativ vergrößerte fragemacht des Staates bzw. Kapitalmasse - Masse des eingesetzten Ka- anderer Staaten (der Impor- pitals – bezogen wird. teure). Damit bietet sie erheb- liche Vorteile für das „Marke- Am Beispiel von Konjunktur und Verschul- ting vom Rüstung“: Mit rela- dung: Kurzfristig kann eine Hochrüstung die tiv wenig Lobbyarbeit und Konjunktur ankurbeln. Das war so im NS- gezielten Schmiermitteln Regime: Niedrige Löhne und hohe Rü- (Korruption) kann eine maxi- stungsausgaben brachten die darnieder lie- male Nachfrage geweckt und gende Wirtschaft wieder in Gang. Langfri- können maximale Gewinne stig jedoch wird Rüstung fast immer über erzielt werden. einen Aufbau erhöhter Staatsschulden finan- ziert. Dieser wiederum reduziert die über (3) Staatliche Rüstungs- den Staat verwaltete Masse an Geldern, die produktion ist nicht von der produktiv und investiv eingesetzt werden normalen Massenkonsumtion können. abhängig. Es handelt sich nicht um klassische Konsum- Rosa Luxemburg hat diese zeitweilig posi- güter und eigentlich auch tiven Wirkungen der Rüstungsproduktion nicht um Investitionsgüter. wie folgt beschrieben: Es tritt „an Stelle ei- Damit ist Rüstung zumindest ner großen Anzahl kleiner zersplitterter und nicht dem traditionellen Sche- zeitlich auseinanderfallender Warennach- ma der kapitalistischen Pro- fragen ... eine zur großen, einheitlichen kom- duktion zuzuordnen, das pakten Potenz zusammengefasste Nachfra- Marx in eine „Konsumtions- ge des Staates. Diese setzt aber zu ihrer mittel herstellende Abteilung Befriedigung von vornherein die Großindu- („Abteilung I) und in eine In- strie auf höchste Stufenleiter, also für die John Heartfield, 1937 vestitionsmittel herstellende Mehrwertproduktion und Akkumulation III MIK und kapitalistische Produktion Abteilung (Abt. II) unterteilte. Marxisten günstige Bedingungen voraus. In Gestalt der Allgemein gesprochen ist der MIK das spe- haben dafür das Modell der Reproduktions- militärischen Aufträge des Staates wird die zifische Produkt des Spätkapitalismus, ei- schemata erweitert um eine „Abteilung zu einer gewaltigen Größe konzentrierte ner Phase des Kapitalismus, in der die Ex- III“.(2) Kaufkraft der Konsumentenmasse außer- pansion der produktiven Sektoren relativ dem der Willkür, den subjektiven Schwan- gering war und ist und teilweise stagniert. Damit kommt Rüstungsfertigung einer spe- kungen der persönlichen Konsumtion ent- Zugespitzter gesagt: Der MIK ist Teil des zifischen Situation des „modernen“ - z.Tl. rückt und mit einer fast automatischen Re- allgemein zerstörerischen und selbstzerstö- oben skizzierten Kapitalismus - entgegen: gelmäßigkeit, mit einem rhythmischen rerischen Charakters des Kapitalismus. Dem Kapitalismus mit gering wachsenden Wachstum begabt. Endlich befindet sich der Untersucht man die ökonomische Funkti- produktiven Sektoren und dem Kapitalismus Hebel dieser automatischen und rhythmi- onsweise und die wirtschaftlichen Wirkun- mit einer neoliberalen Offensive gegen die schen Bewegung der militaristischen gen des MIK im Rahmen der kapitalisti- lohnabhängige Klasse, also mit stagnieren- Kapitalakkumulation in der Hand des Ka- schen Produktion, dann gibt es drei den und abnehmenden Masseneinkommen. pitals selbst - durch den Apparat der parla- Spezifika: In diesem Klima „gedeiht“ der MIK beson- mentarischen Gesetzgebung und des zur ders. Herstellung der sogenannten öffentlichen (1) Die Herstellung von Waffen / Rüstung Meinung bestimmten Zeitungswesens.“(3) ist Teil der kapitalistischen Warenprodukti- Die Wirkung des MIK auf die industrielle on. Der Gebrauchswert dieser Produkte ist Profitrate – den entscheidenden Indikator Doch diese positiven Wirkungen sind keine Töten, Zerstören, Vernichten. Doch der der langfristigen Entwicklung des Kapita- langfristige Art. Letzten Endes stellen Rü- Tauschwert ist derselbe wie bei allen Wa- lismus - ist damit eine widersprüchliche: stungsausgaben immer „faux frais“, tote ren: Geld. Das Ziel der Kapitalanlage die Kosten dar. So profitabel sie für den einzel- Maximierung des Profits und eine möglichst Am Beispiel der Profitrate: Auf der einen nen Kapitalisten sein mögen -gesamt- hohe Profitrate (Kapitalrendite). Um diese Seite üben hohe Rüstungsausgaben in Form gesellschaftlich sind sie Abzug vom produk- „Normalität“ von Rüstungsfertigung zu un- hoher Steuern einen Druck auf das allgemei- tiv ein-setzbaren Kapital. Es war in sich lo- terstreichen, wird auch alles getan, um den ne Lohnniveau aus. Dies wiederum hebt die gisch, dass die USA nach langen Phasen tatsächlichen Gebrauchswert hintanzustel- Mehrwertrate und die Profitrate. Auf der hoher Rüstungsausgaben (Koreakrieg; Vi- len: Es geht um Hightech-Produktion, bei anderen Seite findet Rüstung meist extrem etnam-Krieg) in den 79er Jahren in eine Daimler handelt es sich um einen Techno- kapitalintensiv statt. Das heißt, es bildet sich Phase gelangten, in der Japan und Westeu- logie-Konzern usw. ein Sektor mit hoher organischer Zusam- ropa - bei letzterem vor allem die BRD - mensetzung des Kapitals (auch: hoher wirtschaftlich die USA überflügelten; die (2) Die Nachfrage nach Rüstung ist eine spe- Kapitalintensität). Dies wiederum drückt, Konkurrenzfähigkeit der US-Wirtschaft zifische. Sie wird nicht vereinzelt „geäu- wenn es sich verallgemeinernd auf die Wirt- schien massiv reduziert. Umgekehrt erleb-

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 7 ten Japan und die BRD ihren Aufstieg und Angriffswaffe gegen die UdSSR entwickelt ihr „Wirtschaftswunder“ auch deshalb, weil war. Es gab eine heftige Lobbyarbeit. Nach sie 1950 bis 1970 extrem niedrige Rüstungs- einigen Wochen erklärte Rühe das Gegen- ausgaben aufwiesen. teil; sein oppositioneller Schneid reduzier- te sich darauf, den „Jäger 90“ in IV Einfluss des MIK „Eurofighter“ umzutaufen. Der MIK übt zu unterschiedlichen Zeiten einen unterschiedlich großen Einfluss auf Die neue SPD/Grünen-Regierung hat seit Politik und Wirtschaft aus. Dies hängt 1998 nicht ein einziges großes Militär- teilweise von seinem spezifischen Ge- projekt gestoppt. sie hat dies nicht einmal wicht, oft stärker von seiner ernsthaft versucht. Sogar der Forschungs- Einflussnahme (Lobbyarbeit/Korruption) reaktor München II wird weiter gebaut; er und natürlich davon ab, ob Frieden oder erbrütet - wenn in ca. zwei Jahren erstellt - Krieg herrscht. Im Krieg ist das Gewicht atombombenfähiges Plutonium. von Rüstungsfirmen erheblich. So wurde im Ersten Weltkrieg dem Unternehmen Diese Macht des MIK existiert, obgleich das Daimler von der Obersten Heerführung spezifische Gewicht der Rüstungs- vorgeworfen, beim Bau von Flugzeugmo- produktion in der BRD derzeit eher niedrig toren einen vielfachen -überproportional ist. Der Anteil der Rüstungsproduktion am hohen - Extraprofit einzustreichen und Bruttoinlandsprodukt liegt hierzulande bei aufgefordert, den Kostpreis zu senken, rund 1,5% (als Anteil an der industriellen Klaus Staeck damit staatliche Gelder an anderer Stelle Produktion rund 3%.). In den USA liegen für die „Wehrfähigkeit des Reiches“ ein- diese Anteile rund doppelt so hoch (zur Zeit V Militärpolitik und Veränderungen in gesetzt werden könnten. Daimler drohte des Vietnamkriegs drei mal so hoch). der Struktur des weltweiten MIK mit Drosselung der Produktion - und Wir erleben derzeit - vor allem seit 1990 – konnte seine erhöhten Preise und Gewinne Dennoch übt der MIK einen erheblichen po- tiefgreifende Umstrukturierungen im MIK voll verteidigen. litischen und wirtschaftlichen Einfluss aus. und in der Militärpolitik: Nach außen wird dies oft mit den Arbeits- Im O.M.G.U.S.-Report zur Deutschen Bank plätzen begründet. Das ist allerdings lächer- (1) Seit 1998/99 wachsen die Rüstungsaus- wird nachgewiesen, wie der Vertreter der lich. In der Fahrradindustrie und im Fahrrad- gaben wieder; zunächst absolut, bald auch Deutschen Bank Georg von Stauss die Un- handel arbeiten derzeit mehr Menschen als als Anteile am BIP. Damit sind die kurzen ternehmen BMW und Daimler-Benz bereits in der Rüstungsindustrie und im Waffen- Jahre, in denen auf eine „Friedensdividende“ vor Beginn des NS-Regimes auf Rüstungs- handel.(4) Es gab bereits einige Parlaments- gehofft wurde (1991-1995), vorbei. produktion umorientierte und damit im Debatten zum Thema Arbeitsplätze in der (2) Weltweit werden Armeen von Grunde den Aufrüstungskurs der Nazis be- Rüstungsindustrie - so auf dem Höhepunkt Verteidigungsarmeen mit Interventions- reits präjudizierte. des „Dolores-“ Rationalisierungsprogramms bestandteilen umgebaut in Interventions- bei Dasa. Debatten unter dem Slogan: „Ver- armeen mit Verteidigungsbestandteilen. Im Jahr 1992 erklärte der damalige Vertei- teidigt die Jobs in der deutschen Fahrrad- (3) Es gab große Fusionen im Bereich der digungsminister Rühe mehrmals, der „Jäger Branche“ gab es bisher nie. Rüstungsindustrie; so in den USA und in 90“ sei tot - was logisch war, da dieser als Westeuropa. In Westeuropa verfolgten die- se zunächst (bis 1999) die „nationale“ Li- nie: British Aerospace übernahm Marconi; in Frankreich gingen Aerospatiale und Matra-Lagardere zusammen. (4) Die Blockbildung schlägt sich in der Mi- litärpolitik und in Militärbündnissen nieder. Am 2.5.1999 tagte, mitten während des neu- en Balkan-Krieges, der EU-Gipfel in Köln. Wichtigster Tagesordnungspunkt war die WEU, der Aufbau eines Militärarms der EU. Mit diesem sollen unabhängig von der Nato, sprich den USA, EU-Kriege führbar wer- den. Anfang 2000 wurde dies auf der Münchner Wehrkundetagung konkretisiert mit dem Projekt einer 50.000 Mann/Frau- EU-Interventions-Armee. Die USA prote- stierten heftig dagegen. Anfang 2001 kon- kretisierten die USA auf derselben Tagung ihr - nationales - Projekt National Missile Defence; Raketenvorhang vor den USA.

Seite 8 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Heftige Proteste in Westeu- Krieg wurde es nochmals ropa. konkreter. Auf einer Ta- (5) Seit 1999 schlägt sich die gung zur Bundeswehr Blockbildung verstärkt im und Gesellschaft führte Rüstungssektor nieder. Die der Ex-Bundeswehr-Ge- Rüstungsindustrie der USA neral und Mitverfasser ist ohnehin seit langem eine jener Verteidigungs- weitgehend geschlossene politischen Richtlinien Veranstaltung. In der EU aus: wurde 1999 (Börsengang: 2000) die EADS (European „Wir können mit einiger Aeronautic Defence & Zuversicht den herauszie- Space) gebildet. Umgekehrt henden Stürmen des 21. wird versucht, den „Block- Jahrhunderts entgegense- Gegner“ aus sensiblen hen. Und diese Stürme Militärprojekten herauszu- werden kommen. Und sie halten oder herauszubeißen. werden keine lauen Win- So will z.B. der US-Panzer- de sein. Dann können wir bauer die spanische Panzer- vielleicht auch die Hoff- firma Santa Barbara kaufen. Die Jünger von Ernst Jünger nung haben, dass Kosovo Darauf erklärte Krauss- möglicherweise doch der Maffei, in diesem Fall dort nicht mehr in se Weise wurde auch der Prozess vor dem letzte Krieg in Europa war - vorausgesetzt, Lizenz den Leo-II fertigen lassen zu wol- Europäischen Gerichtshof behandelt, mit sie sind nicht allzu großzügig in Ihrer Defi- len. Gleichzeitig stieg die BRD in 2000 bei der eine Frau sich in die Bundeswehr klag- nition, was Europa ist.“(6) MEADS aus, dem letzten größeren gemein- te: Es geht um das gleiche Recht auf glei- samen deutsch-US-amerianischen che Arbeit. Es war der Vordenker der Na- Anmerkungen. Rüstungsprojekt. Umgekehrt und in sich zis, Jünger, der in seinem Buch „Der Arbei- logisch, wenn dann das bundesdeutsche ter“ Anfang der 20er Jahre genau diese (1) Hier nach: L. Trotzki, Die Balkankriege Rüstungsunternehmen Diehl die Rüstungs- Gleichsetzung vornahm: der Mann wird erst 1912/13, Essen 1996, S.174f. sparte des schwedischen Unternehmens dann Mann, wenn er Krieg führt; die Arbeit (2) Vgl. z.B. Ernest Mandel, Der Spätkapi- Saab übernahm (auch in 2000). adelt erst dann den Mann, wenn es sich um talismus, Frankfurt/M. 1972. Kriegshandwerk handelt. (3) R. Luxemburg, Die Akkumulation des V Neue Militarisierung der Gesellschaft Kapitals, Berlin 1913, S.442. Wir erleben derzeit eine neue Militarisie- Nach dem Nato-Krieg gegen Jugoslawien (4) Der erste Fahrrad-Bericht der Bundes- rung der Gesellschaft. Dies ist die ideologi- erschien in der führenden wissenschaftli- regierung - im Jahr 2000 sche Voraussetzung für eine neue Phase der chen US-Zeitung für Außenpolitik, Foreign vorgelegt - errechnete die Zahl der in der Hochrüstung. Krieg soll wieder als Norma- Affairs ein programmatischer Artikel von Fahrradindustrie in der BRD lität der bürgerlichen Gesellschaft präsen- dem Ex-Herausgeber Edward N. Luttwak. Beschäftigten mit 15.000; diejenigen in tiert werden. Daher die Einführung und dann Überschrift, in Anspielung auf John Lennon: Handel und Reparatur und Zunahme der öffentlichen Vereidigungen. „Give War A Chance“. Der Autor beklagt Versicherungswesen bzw. Tourismus (so- Die Bezugnahmen auf deutsches Soldaten- sich darüber, dass der Nato-Krieg gegen weit zum Fahrradverkehr tum - so durch Scharping, indem die „preu- Jugoslawien nicht lang genug gedauert habe; zuzurechnen) mit weiteren 45.000 bis ßischen Militärreformer Scharnhorst und das die EU-Staaten diesbezüglich Weicheier 50.000. Gneisenau“ derzeit als Vorbilder der Bun- seien. Dann heißt es: „Ein nicht unterbro- (5) In: Foreign Affairs, July/August 1999, deswehr herausgestellt werden. Gleichzei- chener Krieg würde sicherlich mehr Leid S. 37f. tig wurde der Prozess weitgehend gestoppt, hervorbringen und aus der einen oder ande- (6) Sonderbeilage Bundeswehr Forum, Welt mit dem NS- und Kolonial-Generale bzw. ren Sicht zu einem ungerechten Ergebnis am Sonntag vom 11.7.1999. Offiziere als Namensgeber für Bundeswehr- führen. Aber dies würde auch zu einer sta- Kasernen teilweise demontiert wurden. bileren Situation führen, dazu, dass die Dr. Winfried Wolf, Journalist und Buchau- Nachkriegsära wirklich beginnt. Der Frie- tor, Mitglied des Deutschen Bundestages Bekannt wurde die professionelle Art und den greift nur, wenn der Krieg wirklich vor- seit 1994, verkehrspolitischer Sprecher der Weise, wie der Nato-Krieg gegen Jugosla- bei ist... Kriege müssen ausbrennen.“(5) PDS wien 1999 vermarktet wurde (Jaime Shea). Inzwischen wurde auch bekannt, wie dabei Wenn so offen zu faschistoiden Formulie- manipuliert wurde („Hufeisenplan“; Zug in rungen gegriffen wird, dann kann man den Gridlicka - Videofilme wurden mit 4,7-fach- nächsten Krieg gleich mehr oder weniger er Geschwindigkeit präsentiert). offen ankündigen. Im Grunde waren die verteidigungspolitischen Richtlinien der Zunehmend wird uns „Krieg als Arbeit“ prä- Bundeswehr von 1992 bereits eine solche sentiert - als normales „Handwerk“. Auf die- Art Ankündigung. Doch nach dem Kosovo-

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 9 Panzer zu verkaufen- Fregatte gefällig? Die Zeitschriften des MIK Kurt Heiler

Der Vorsitzende der OECD Arbeitsgruppe „Was die Bundeswehr brauchte, wäre eine te Duftmarken zu setzen, bei denen sich der gegen Korruption, Professor Mark Pieth aus große Koalition der sicherheitspolitischen Redakteur eines ganz besonderen Beifalls Der Vorsitzende der OECD Arbeitsgruppe Fachleute, mit genügend Einfluss im Parla- sicher ist. Der Chefredakteur Gerhard gegen Korruption, Professor Mark Pieth aus ment und mit Ausstrahlung in die Öffent- Hubatschek schreibt z.B. im Editorial Basel antwortete auf die Frage, welche lichkeit. ...Eine der breiteren Öffentlichkeit 12.2000 warum seine Zeitung ab 2001 pri- Branchen besonders korruptionsgefährdet vermittelte „strategische Kultur“ gibt es in vatisiert wird: „Dass ein solcher Schritt auch seien: „Sicherlich der Waffenhandel. Beste- diesem Land nicht. So kommt es, dass die mit forschem Griff in die Mottenkiste der chungssummen bis zu 30 % des Auftrags- Bundeswehr auf einen Haushaltsposten re- Begrifflichkeiten der Spät 68-er, mit dem wertes sind üblich.“ (FAZ 22.12.00) Im duziert wird.“ dümmlichen Schlagwort „Demokratisierung Rüstungsgeschäft sind also nicht nur Extra- Klagt die FAZ im Leitkommentar am der Information“, sowie der Forderung, es profite zu erzielen, es müssen auch die 10.2.2001. dürfe kein ‚Herrschaftswissen’ geben, be- Schmiermittel für den Verkauf erwirtschaf- Das Mordsgeschäft mit der Rüstung, oder gründet wird, kann nur mit Kopfschütteln tet und vom Steuerzahler gezahlt werden. auch die Vernichtungsmittel-Branche (Win- zur Kenntnis genommen werden.“ Der An dieser Stelle wird nicht weiterverfolgt, fried Wolf, PDS) kann nie „Kultur“ sein. Ostpreusse Hubatschek hatte seine Einstel- dass geschmiert wird. Der Fall Schneider- Aber eine der Demokratie sich entziehende lung zur Demokratie in Beiträgen für die Thyssen-Kohl-Schäuble wird hier nur er- Unkultur des Militärisch-Industriellen- Braunzonenblätter „Criticon“ und wähnt. Auf 9,5 Millionen DM Einnahmen Komplexes- die gibt es; mehr als die FAZ „Ostpreußenblatt“ dokumentiert. wird allein die CDU Rüstungs- zugibt, und mehr als dem Frieden und der „Demokratisierung der Information“ war je- staatssekretärin, Miss „Raffzahn“, Hürling- Demokratie gut tun. doch zentrales Verkaufsargument von Büning geschätzt. Ein anderen Rüstungs- Scharping, als er die Neuformierung der staatssekretär, der ehemalige Verfassungs- Instrumente für die Unkultur des MIK, für Bundeswehrpresse bekannt gab. Trotzdem schutzpräsident Pfahls ist weiterhin „auf der den Austausch von Personal und Informa- kommt der Minister mit den „dümmlichen“ Flucht“. tionen sind u.a. zwei Zeitungen, die hier kurz Schlagworten in Heft 1-01 wieder zu Wort. Viel interessanter sind die normalen, die le- porträtiert werden sollen. Sie sind an grö- Er hat den Fußtritt mal wieder nicht mitbe- galen Schmiermittel, die gebraucht werden, ßeren Kiosken zu kaufen, also der Öffent- kommen. um die verschiedenen Teile des MIK rei- lichkeit zugänglich. Nach 43 Jahren ist „Soldat und Technik“ pri- bungslos zusammenarbeiten zu lassen. Ei- nig sind sich Armee und Industrie, dass die 1. „Soldat und Technik“ Mittel für Rüstung und Armee steigen müs- Die Zeitschrift wurde seit 1958 sen. Einige Politiker stellen sich dem frei- monatlich von der Bundeswehr willig zur Verfügung, andere müssen einge- selbst herausgegeben. Im Unter- bunden und finanziert werden, denn sie sind titel heißt sie „Zeitschrift für unerlässlich, um die Zustimmung für den Wehrtechnik, Rüstung und Lo- Bundeshaushalt zu geben und das Wahlvolk gistik“. Sie kostet 13,50, was zumindest vom Widerstand gegen seine Ent- aber nicht mal auf dem Titel eignung abzuhalten. Zwischen Armee und steht, da die Zeitschrift bis Ende Industrie wird zur Zeit ein Teil des Kuchens 2000 in der Bundeswehr um- neu aufgeteilt: der Personalabbau bzw. sonst abgegeben wurde. Inhalt umbau der Armee zur Interventionsarmee der Zeitung ist die Darstellung macht Ressourcen für neue Investitionen der Wünsche der Armee, über frei. Die Armee könnte ihre Waffen aber welche Waffen sie in Zukunft doch auch im Ausland bestellen, das ist meist verfügen möchte. Finanziert billiger und besser, z.B. beim neuen Trans- wird die Zeitung durch ganzsei- portflugzeug A 400. Wie also die Armee, die tige Anzeigen der großen Parteien, die Gewerkschaften und die Rüstungskonzerne, die auch re- Gesamtindustrie dazu bekommen, ohne gro- daktionell zu Wort kommen. ße Reibungsverluste den größtmöglichen Streng werden die einzelnen Gewinn für die Rüstungsindustrie als eige- Armeeteile getrennt befriedigt. nes Interesse zu vertreten? Einbinden, dro- Im Redaktionsbeirat sind Heer, hen, diskutieren, hofieren und zur Not be- Luftwaffe und Marine vertreten. stechen sind die Antworten. Und dafür Politische Wertungen sind selten, braucht es bis zu 30 % der Auftragssumme! aber sie existieren, um bestimm-

Seite 10 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? vatisiert worden. Ab 2001 erscheint die Zei- sters. „Ein Generalinspekteur, der das Par- der Betriebsräte miteinander kommunizie- tung im Umschau/Report Verlag. Ob die lament umgeht, muss entlassen werden“, ren. Die Teilnahme ist nicht grad billig: für Soldaten dieses Blatt vollendeter Langewei- verlangte Austermann. Die Meldung vom drei Tage knapp 2000, DM. Aber Obacht! le auch lesen, wenn sie dafür bezahlen müs- 12.12.2000 verschwand schnell wieder im Vielleicht gehören grad Sie zu folgendem sen, bleibt offen. Es muss aber einen Markt Sumpf dieser 30 % „Nebenkosten“ und Herr Personenkreis: „Ausgewählte Teilnehmer dafür geben, genau zu wissen, was die Bun- Kujat ist noch im Amt. Sein Minister so- der Amtsseite, die entsprechend dem deswehr plant und wünscht. Für Speziali- wieso. Themengebiet des Forums zuständig oder sten ist im gleichen Verlag der Fax-Abruf- entscheidungsbefugt sind, erhalten aus dienst „Wehrwirtschaft“ erhältlich. Für 2 „Wehrtechnik“ Veranstaltungsinteresse freien Zutritt.“ schlappe 385,00 im Schnupperangebot und Die Zeitschrift „Wehrtechnik“ ist Nachfol- Veranstalterinteresse hätte es ehrlicherwei- 860,00 pro Jahr im Normalabo bekommt gerin der 1957 gegründeten Zeitschrift se heißen müssen. man jede Woche ein Fax mit „Informatio- „Wehr und Wirtschaft“. Sie ist ein unver- nen zur Auftragsvergabe des Bundes“. blümtes Organ der Rüstungsindustrie, er- Der Bundesverband der deutschen Indu- scheint vierteljährlich und kostet 20 Mark strie Als ein Beispiel für die gute Anlage der für ca. 90 Seiten. Es soll also nicht jeder Der BDI ist in die Kritik geraten, weil er 30%, die irgendwie zu jedem Rüstungs- Kioskbesucher das Blatt kaufen. Die Pro- die Wehrtechnik bisher wohl weniger als ei- geschäft dazugehören, sei hier der Bericht dukte der Anzeigenkunden (Panzer, Fregat- genständiges Kampfgebiet verstand, son- über ein „Montagsgespräch“ in Soldat und ten, Helicopter u.ä) sind ja auch nicht für dern als jeweiliger Anhang einzelner Technik 12/2000 angeführt. Die Firma Betriebsparten. Die Privatisierung der Bun- Rheinmetall, eine der traditionell aggressiv- deswehr ist von daher- obwohl immer schon sten Vertreter des MIK, führt Montags- gefordert- am BDI vorbeigelaufen. Man ist gespräche durch. 100 Teilnehmer waren von Scharpings Tempo überrascht. In WT nach Berlin gekommen. Erwähnenswert fin- 3/99 kündigt der BDI an, dass seine Aktivi- det die Zeitung, dass der verteidigungs- täten nun auf höchster Ebene im „Arbeits- politische Sprecher der SPD, Peter Zumkley kreis Verteidigungswirtschaft im BDI“ kon- und die entsprechende Vertreterin der Grü- zentriert würden. Mitglieder sind sieben nen, Angelika Beer sowie Manfred Opel, Branchenverbände: Automobile, Waffen SPD, anwesend waren. Ein Vertreter des &Munition, Elektronik, Optik, Luft und Bundesverteidigungsministeriums referier- Raumfahrt, Maschinen und Anlagenbau, te über „alternative Finanzierungs- Schiffbau und Meerestechnik. Angebunden möglichkeiten für den Haushalt des BMVg“. ist der Arbeitskreis „Wehrtechnische Mes- Von den 5 Punkten, die seinen Vortrag zu- sen“. Personell handelt es sich um die Ebe- sammenfassen sollen, sind vier reine Dekla- ne der Geschäftsführer. mation („Es muss zwei Gewinner geben“) und ein konkreter Vorschlag: „Alternative Die Forderungen und Vorstellungen der Finanzierungen sind möglich, wenn einige Rüstungsindustrie Dinge im Haushaltrecht umschifft werden Anlässlich der Unterzeichnung des Rahmen- können“. Ja so haben wir uns die Beamten vertrags zwischen Industrie und Bundes- immer vorgestellt, flexibel mit dem Recht wehr am 15.3. 2000 sprach als Vertreter der umgehend, alternativ denkend und evt. ei- Industrie Klaus Landen, wie selbstverständ- nen Song auf den Lippen: „Wir schiffen auf Normalangestellte gedacht. Zumindest er- das Haushaltsrecht.“ Applaus von den Ex- wähnt werden soll, dass Daimler/Chrylser- perten von Rot-Grün. Aber im Ernst: sie pla- Aerospace eine eigene Monatszeitschrift in nen das nicht, sie machen es! Für die Studie Deutsch und Englisch herausgibt. über die Entwicklung eines neuen Der Mönch-Verlag kann als Hausverlag des Flugabwehrsystems „MEADS“ als Nachfol- MIK bezeichnet werden. Er verfügt neben ger der Patriot-Raketen wird die BRD 130 der Zeitschrift „Wehrtechnik“ und einem Millionen DM berappen. Der neue Gene- Beirat aus Industrie, Politik und Wissen- ralinspekteur der Bundeswehr, Kujat, woll- schaft über die Deutsche Gesellschaft für te das US-BRD Projekt am Wehrtechnik. In diese entsenden die Kon- Haushaltsausschuss vorbei schmuggeln. Da zerne (u.a. EADS, DEBIS) ihre Vertreter der Ausschuss erst ab der Schwelle von 50 ebenso wie das Bundesverteidigungsmini- Millionen DM zustimmungspflichtig ist, sterium und der Bundesverband der deut- stückelte Kujat das Projekt in drei Teile und schen Industrie und das Fraunhofer Institut. siehe da: das Haushaltsrecht war umschifft. Im Präsidium sitzen so honorige Leute wie Dumm war, dass der Haushaltsausschuss Albert Schnez. (siehe weiter unten). Groß- merkte, wie er ausgetrickst werden sollte. tagungen zu Themen wie „Bundeswehr im Der haushaltspolitische Sprecher der CDU- Einsatz“ (Mai 2000) oder „Verkehrs-Trans- CSU Fraktion, Austermann, forderte den portwesen der Bundeswehr“ 14 Tage später Rücktritt von Kujat und notfalls des Mini- lassen alle Teile des MIK unter Einschluss Klaus Staeck

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 11 Unternehmen nicht für eine interne Opti- mierung zu verwenden.“ Ansonsten „...wäre zu unterstellen, dass die Unterneh- men erneut als billige Sparringspartner für weitere Bundeswehr-interne Optimierun- gen gebraucht werden sollen...“ An anderer Stelle kontert der Ex-General- inspekteur der BW, Wellershoff: „Man muss sich nicht gleich jede Neuerung aufbürden. Deshalb ist es Aufgabe erfahrener Offiziere zu definieren, was man wirklich braucht....Die Wirtschaft kann nichts leisten, was sich nicht auch die Betriebswirte der Bundeswehr ausdenken können (2.6.2000) Man merkt schon, dass es Reibungsverluste gibt und dass 30 % der Rüstungsausgaben als Schmiermittel dringend gebraucht wer- den. Die dicksten Forderungen des BDI sind ganz die alten: Weg mit den Rüstungs- Unterzeichnung des Rahmenvertrags Industrie-Bundeswehr, März 2000 im Palast der Republik exportbeschränkungen; Erhöhung des investiven Anteils des Einzelplan 14 auf 40 lich Flottenadmiral a.D., der bei der Firma wehr die von der deutschen Industrie er- %!; Sicherung der Systemführerschaft für Deutz in Köln als Direktor sein Taschen- brachten Leistungen als selbstverständlich bestimmte Waffensysteme (Panzer, Fregat- geld aufbessert: „Die Bundeswehr steht mit an.“) Nationale Zuverlässigkeit werde dann ten, U-Boote etc.) gegenüber internationa- diesem Rahmenvertrag- hier möchte ich Sie, geschätzt, wenn man bedenke, dass die Le- len Partnern durchsetzen. Wer allerdings die Herr Minister, und als ehemaliger Marine- benszeit großer Systeme 30 Jahre betrage. Selbstdarstellungen großer Rüstungsfirmen, offizier meine ehemaligen Kameraden be- V. Wartenberg braucht nicht weiter zu auch in WT liest, findet sehr selbstzufriede- ruhigen- nicht vor der Übernahme durch die schreiben, denn jeder weiß, wie schnell sich ne Einschätzungen über die Gewinne und private Wirtschaft.“ Seine Erklärung: „Da- der deutsche Imperialismus mit ehemaligen die Fähigkeit zur Systemführerschaft. für ist das Aufgabenspektrum zu komplex Zulieferern verkrachen kann. So fordert er Man kann aber auch anders: „...stehen wir und zu speziell“. Danke! Es gibt also noch denn auch, dass solche nationalen Rüstungs- vor der Frage, ob ein weiteres Verbleiben unprofitable Bereiche, die der Bundeswehr kapazitäten aufgebaut bzw. erhalten werden in der Wehrtechnik am Standort Deutsch- belassen werden sollen. Weiterverdienen, müssen, „die bei einem evt. Übergang vom land zukünftig noch vertretbar ist...ob es sich Herr Landen! Mehr war aus dem Mann nicht Friedensbetrieb in Spannungs- und Krisen- noch lohnt..., den Standort Deutschland als rauszubekommen. Dabei war der Auf- zeiten“ erforderlich seien. Geschäftssitz zu erhalten.“ Jedenfalls ist klärungsbedarf offenbar groß. Die politische Akzeptanz für Rüstung wer- man schon mal an dem qualifizierten Per- Wie der Herausgeber von WT in seinem de erhöht durch: „Arbeitsplatzsicherheit, sonal interessiert, was durch die Beitrag schreibt, waren die Manager der Technologieerhalt, Steuerrückflüsse, Wett- Bundeswehrumrüstung frei werde, nennen größten Unternehmen und Verbände vorge- bewerbsfähigkeit einiger ziviler Branchen wir es mal die Grau- Card. fahren und hatten unterschrieben. „Einige wie Schiffbau sowie Luft- und Raumfahrt“. Insgesamt wolle auch der BDI in „das Un- von ihnen sollen die Dokumente noch nicht Die Finanzierung von Mischkonzernen wie ternehmen ‚Frieden für Deutschland’ “ in- einmal vorher gelesen haben“ Warum so Daimler, Siemens u.a. über Rüstungsaufträ- vestieren, allerdings: „Dem Dialog mit den eilig? Und was will der BDI im Detail? Das ge soll also zur politischen Akzeptanz bei- pazifistischen Kräften in unserem Land darf erfährt der Leser aus dem umfangreichen tragen. nicht mehr auf Kosten fauler Kompromisse Beitrag des Hauptgeschäftsführers und Prä- „Deutschland muss in der sich herausbilden- ausgewichen werden.“ Man kann sich das sidiumsmitglied des BDI, Ludolf v. Warten- den europäischen Struktur der Rüstungsin- so plastisch vorstellen, wie die armen, mick- berg in WT 2/2000. Überspringen wir die dustrie angemessen vertreten sein. Die In- rigen, schlecht genährten Rüstungs- üblichen Klagen, wie schlimm und schlecht teressen in diesem Prozess durchzusetzen, werkstätten in Deutschland vor dem über- alles sei, dann bleiben folgende Punkte: ist gemeinsame Aufgabe von Politik und mächtigen Pazifismus in Deutschland in die Rüstung schafft nicht nur Arbeitsplätze, son- Wirtschaft“. „Angemessen“ ist selbstver- Knie gehen und um Dialog betteln. dern hat strategische Bedeutung. Wer in EG, ständlich nur die Führungsposition, weil Nato usw. mitreden will, muss über eine ei- man „nicht einseitig abhängig von auslän- Was strategische Zielsetzungen angeht, so gene Rüstungsindustrie verfügen. („Deut- dischen Partnern werden“ wolle. hilft uns der langjährige Chefredakteur und sche Mitsprache bei der Gestaltung Gemein- Die Rüstungsindustrie will sich nicht in die heutige Verlagsleiter der WT, Manfred samer Außen- und Sicherheitspolitik...setzt profitablen Karten gucken lassen. Der BDI Sadlowski, weiter. Er, Presseoffizier in der voraus, dass Deutschland auch Rüstungs- formuliert eine gehörige Portion Miss- Luftwaffe von 1964-67, Ostpreusse, begrüßt fähigkeiten einbringen kann.“) trauen in die Bundeswehr. Privatisierung die neue Lockerheit, die Verminderung von Die Bundeswehr geht zu sorglos mit der In- gut und schön, aber nur, „...wenn sich die Heuchelei: „Da unterschrieben z.B. die Her- dustrie um. („Vermutlich sieht die Bundes- Bundeswehr verpflichtet, die Angebote der ren von Deutsche Telekom und Deutsche

Seite 12 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Jahrelang war er Geschäftsführer der Schnez-Studie sagte er dem Konzept der Thyssen Tochterfirma Thyssen- Enginee- inneren Führung den Kampf an. Seine Wer- ring. Seine Firma zahlte von 1989 bis 1991 te sind: „Tapferkeit, Ritterlichkeit, Gerech- monatlich 6000 DM an die Firma Bitucan tigkeit, Fürsorge, Kameradschaft, Entschlos- des bereits bekannten Herrn Schreiber, senheit, Opferbereitschaft, Disziplin und wohnhaft z.Zt. in Kanada. Lt. „Die Woche“ Hingabe an die Sache um ihrer selbst wil- war Wieczorek daran beteiligt, dass 1991 len.“ Sein Programm war das der autoritä- der Haushaltsausschuss des Bundestages bei ren Formierung der Gesellschaft und der dem umstrittenen Verkauf von 36 Spür- totalen Entrechtung der wehrpflichtigen panzern (Thyssen) an Saudi-Arabien um- Soldaten als reaktionäre Antwort auf begin- gangen, pardon umschifft wurde. nende Demokratiebewegungen unter Solda- Alles für die gute Sache, also billig. ten. „Um den Auftrag der Bundeswehr er- Verleger Sadlowski im Jachthafen füllen zu können, müssen von allen politi- von Piräus beim Verkaufsgespräch Zwei Karrieren schen Führungsgremien folgende allgemein- gültigen Voraussetzungen anerkannt und Post, wo noch vor zwei Jahren die 1. Albert Schnez erfüllt werden: - das Bekenntnis der Mehr- Geschäftskontakte zur Bundeswehr mit Oberst der faschistischen Wehrmacht, lt. heit des Volkes, des Bundespräsidenten, des ‚streng geheim’ eingestuft wurden. Unter- Aussagen eines Offiziers „ein Parlamentes und der Regierung zur Vertei- nehmen wie Siemens und Thyssen unterhiel- hundertfünfzigprozentiger Nationalsozia- digung des Staates gegen jede Art von An- ten (gut verdienende) Abteilungen ‚Sonder- list“. Der Brigadegeneral Höffner berichtet, griff; - die Einsicht der Bürger, dass vor dem technik’. Dass diese Heuchelei ein Ende hat Schnez habe ihm mit Denunziation wegen Anspruch auf Rechte die Erfüllung von , ist Scharpings Verdienst.“ Als strategisches regimekritischer Äußerungen gedroht. Ein- Pflichten zu stehen hat und dass das Recht Ziel formuliert er: „Vorbehaltloses Bekennt- gesetzt im Transportwesen in der Heeres- der Gesamtheit Vorrang vor dem Recht des nis der Unternehmen/Unternehmer und der gruppe Süd (Italien), am 20. April 1945 einzelnen besitzt.“ Diese Ideen sind nicht Gewerkschaften zur Verteidigung unseres neu. Neu aber war, dass die Bun- Landes.“ Unter der Überschrift „The Ber- deswehr versuchte, die Gesell- lin Message- Kann denn Geldverdienen schaft nach ihrem reaktionären Sünde sein? kommentiert Sadlowski: „Die Bild umzuformen. Es grummelte Zeit ist vorbei, in der jeder Oberstleutnant vor allem im Parlament um die und Regierungsbaudirektor im vorauseilen- Schnez-Studie. Aber so weit war den Gehorsam das Wort Gewinn als des Schnez von den Vorstellungen der Teufels Werk zu sehen sich verpflichtet sah. künftigen SPD-Verteidigungsmi- Gewinn ist nun beautiful und gefragt. nister Leber und Schmidt nicht ...Nein. Gewinn ist keine Sünde, sondern das entfernt und der Skandal wurde Gegenteil. Es bringt das Heil, und: mehr unter den Teppich gekehrt. Beschäftigung und Steuern in die leeren Albert Schnez aber schaffte es in Kassen der öffentlichen Hände. Es bringt den Beirat der „Deutschen Gesell- die Sozialdemokratie- das ist die strategi- A. Schnez (l) mit Enkelin und Verlegergattin schaft für Wehrtechnik“ im Um- sche Zielsetzung- weiter in die Mitte. Da- Mönch (m) beim Geldverdienen feld der Zeitschrift „Wehrtechnik“. bei war der Zukunftskongress in Berlin ei- Er nimmt Teil an der Verteilung der ner der ersten Schritte in dieser Richtung- Beförderung zum Oberst. Karriere in der 30 % Schmiermittel, die nötig sind, um be- bei dem Marsch durch die staatlichen Insti- Bundeswehr bis zum Generalinspekteur. stehende Widerstände und Widersprüche zu tutionen.“ (WT 3/2000) 1967 zum Oberbefehlshaber der Nato Eu- überwinden. Wir bitten um Verständnis für Es ist auffallend, wie sehr die Mittäterschaft ropa-Mitte vorgeschlagen und nach Prote- Herrn Schnez, dass er seine schmale Rente von Sozialdemokraten und mittlerweile von sten wieder zurückgezogen. Schnez war ein wenig aufbessert. Grünen beim MIK im Mittelpunkt der Be- 1967 Manöver- Chef von „Panthersprung“, richterstattung der MIK-Werbeblätter steht. eines BW Manövers mit 50.000 Soldaten. 2. Als Christdemokrat hätte man manche Grün- Die Nato war beteiligt und stellte Atomwaf- Wellershoff war ein Senkrechtstarter in der de, beleidigt zu sein, wenn da nicht die Bar- fen zur Verfügung. Schnez setzte diese - Bundeswehr, Bereich Marine. Jahrgang zahlungen wäre. Der verblüffende Schluss ohne Freigabe der Atombombenbesitzer- 1933, 1977 jüngster Admiral, 81-84 Leitung daraus ist, dass Christdemokraten für ihre schon am ersten Tag ein, was die Bündnis- der Führungsakademie der BW, 1985 jüng- Willfährigkeit bestochen werden müssen partner vor vollendete Tatsachen stellte und ster Inspekteur der Marine, 1986 jüngster und Sozialdemokraten es für lau machen. damit brüskierte und bei halbwegs realem Generalinspekteur der BW. Hält sich bis Für lau? Nein für die gute Sache ist natür- Ablauf das Manöver hätte beenden sollen. 1991. Forderte in dieser Funktion ein mili- lich der Vorsitzende des Verteidigungs- Schnez hatte in guter alter Tradition alles in tärisches Oberkommando der BW ähnlich ausschuss, Helmut Wieczorek (SPD), un- Schutt und Asche gelegt. Schnez profilierte der Wehrmacht: „Die Bundeswehr wird sich terwegs. Er darf „exclusiv für die ‚Wehr- sich danach als Hardliner und Einpeitscher daher für die Streitkräfte eine nationale Füh- technik’“ einen Artikel mit viel ‚einerseits einer demokratiefeindlichen Gruppe von rungsstruktur schaffen müssen, die eine ope- und andererseits’ schreiben, er hat aber Führungsoffizieren in der Bundeswehr. In rative Einsatzführung auch außerhalb der auch den Stallgeruch der „guten Sache“: privaten Studien und der sogenannten Nato-Kommandostruktur ermöglicht.“

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 13 Prognosefähigkeit „schwach ausgeprägt“ war die Freiheit der Neonazis, bei der Post- sei. bank ein Konto zu unterhalten. „Deshalb bleibt Rekonstitutionsfähigkeit erforderlich“, d.h. die Zahl potentieller Geg- Hemmungslos: Die Rüstungsexporte ner ist größer als die Politik wahrhaben will Keine Stellungnahme der Industrie oder und dann muss schnell aufgerüstet werden von Militärs, die nicht die angeblich feh- können. lenden Exportchancen der deutschen Rü- Soweit so uninteressant. Das plappern Ge- stungsindustrie beklagten. Ja der Rüstungs- neräle nun mal. Es gehört zum Handwerk. export wird zum Dreh- und Angelpunkt Was den Beitrag von Wellershoff interes- einer nationalen Rüstungsindustrie be- sant macht, ist die Denunziation seiner Geg- schrieben, also ohne Rüstungsexport kein ner. Er teilt die Menschen ein in vier Kate- Wohlstand, keine Arbeitsplätze usw. Wie gorien: wenig das mit der Wirklichkeit zu tun hat, - die wenigen Erwählten, die aktiven Befür- zeigen die realen Zahlen des legalen worter einer wirkungsvollen Sicherheitspo- Waffenexports: Im Jahr 1998 wurden Waf- litik fen im Wert von 5,4 Milliarden DM expor- D. Wellershoff-auf dem Weg nach rechts - die vielen, die bewusst eine „Ohne-Mich-„ tiert, im Jahr 1999 waren es bereits 6,6 Haltung einnehmen, die er als „sich friedlich Mrd. DM, davon 1,5 Mrd. DM an Entwick- (1991). Kritisierte massiv die Politiker, die und tolerant gebärdende, vermeintlich poli- lungsländer. Bei schwerem Gerät, den so- den Weg der Auslandseinsätze der BW noch tisch korrekten ‚Gutmenschen’ bezeichnet.“ genannten Kriegswaffen, verdoppelte sich nicht mitgehen wollten: „Im Gegenteil, sie - die Gedankenlosen, für die „der Strom aus der Export von 1,3 Mrd. DM im Jahr 1998 zögern bei Krisen durchaus viel zu lange und der Steckdose kommt“ auf 2,8 Mrd. in 1999. Die New York Times lassen sie erst richtig hochkochen. Ich glau- - die mittlerweile kleine „Schar der aktiven veröffentlichte im August 2000 einen Be- be, mit einer früheren und energischeren Gegner legitimer Sicherheitspolitik“. Diese richt des amerikanischen Kongresses, wo- Kosovo-Politik hätte sich das Schlamassel bläst er aber auf, indem er ihnen unterstellt, nach die BRD mit Verkäufen von 8,5 Mrd. vermeiden lassen.“ „dass sie oft wichtige Funktionen der Mul- DM größter Waffenexporteur Europas sei. Wellershoff war der erste Präsident der tiplikation in Politik und Medien, in Wis- Die anderen europäischen Länder kämen „Bundesakademie für Sicherheitspolitik“ senschaft und Kulturbetrieb besetzen“. zusammen auf 14,7 Mrd. DM. (FAZ 1992-1995 (s. Übersichtsartikel). 22.8.2000) In der Zeitschrift „Wehrtechnik“ 3/2000 Wellershoff geifert, ihm sei es doch egal, Wie wenig bei diesen Rüstungsexporten schreibt Wellershoff einen umfangreichen „ob die angesprochene Einstellungen und „die gute Sache“, die Menschenrechte, eine Artikel über: „Wehrtechnik und Political die dazugehörige Rhetorik aus wohlüber- Rolle spielen, zeigen die Exporte in die Correctness- Der Einfluss von Zeitgeist und legter pazifistischer Strategie, allgemeinem Türkei. 1999 wurden Waffenexporte von politischem Moralismus“ Darin entwickelt unreflektiertem Gutmenschentum oder fast 2 Mrd. DM an die Türkei genehmigt. Wellershoff Gedanken über Rüstung und nachplappernder Gedankenlosigkeit be- Die angekündigten Exporte von Panzern Rüstungsgegner. Die Welt sei nicht fried- nutzt“ werden. Es gehe um die Sicherheit und einer Munitionsfabrik zeugen von lich, Rüstung nicht grundsätzlich schlecht: unseres Staates usw. der Hemmungslosigkeit, mit der Men- „In der Hand unserer Bundeswehr und un- Das Besondere an den Auslassungen des schenrechte dem Profitstreben deutscher seres Bündnisses schützt sie unsere unver- Generals ist, dass sie eine Kampagne der Konzerne geopfert werden. Und wir spre- zichtbaren Werte. In der Hand des Dikta- neofaschistischen Wochenzeitschrift „Jun- chen hier nur über die „legalen“ Seiten tors oder Aggressors verbreitet sie Angst ge Freiheit“ nachzeichnen und für das Ge- des Geschäfts. und Schrecken.“ Wo gut und böse so ein- biet des Militärs konkretisieren. Wesent- Ein Beispiel für die Schamlosigkeit und deutig verteilt sind, stört Geschwätz: „Der lich an der JF-Kampagne, die mit Aufkle- offene Unverfrorenheit des MIK ist die Begriff des Friedens ist leider auch ein ber, T-Shirts und Dauerkolumnen ein Messe „Filda 2000“ in Angola. Der För- besonderes Feld der hohlen Rhetorik...“ Bündnisangebot des Neofaschismus eröff- derkreis der deutschen Wirtschaft St. Bar- Menschenrechte seien keine „innere Ange- net, ist die Feindbestimmung einerseits bara und die Firma IMAG offerieren per legenheit von Staaten“, weshalb man unter (Gutmenschentum, mal gegen Rassismus, Anzeige die Mitwirkung an dieser Messe, Berufung auf die UN Charta auch andere mal für Frieden) andererseits die Behaup- die durch das Bundesministerium für Wirt- Staaten überfallen dürfe, man habe sich ja tung, die eigenen reaktionären Ziele (Aus- schaft und Technologie gefördert wird. Ge- immer schon eingemischt. Das nennt er länder raus oder Aufrüstung jetzt) könnten dacht ist an einen Gemeinschaftsstand der „Humanitäres Völkerrecht“. Es wirkt aber nur aus einer berechtigten Defensive her- deutschen Wirtschaft „unter deutscher nur, „wenn seine Adressaten es kennen und aus gegen eine angebliche Übermacht der Flagge“. Ziel sei es, „den Friedensprozess wenn sie ein entsprechendes politisch Korrekten durchgesetzt werden. und den Wiederaufbau Angolas mit einer Rechtsbewusstsein haben.“ Und tatsächlich: Dieter Wellershoff gehört offiziellen Präsenz“ auf der Messe zu un- Neue Bedrohungsszenarien kleidet er in – zu denen, die dieser neofaschistischen Zeit- terstützen. Die potentiellen Aussteller im rhetorische –Fragen: „Besteht nicht die Ge- schrift ein ausführliches Interview Auge, werden nicht nur Informationsstän- fahr, dass Ost und West abrüsten und China gaben.(JF 2.6.2000) Jetzt unterschrieb de angeboten, sondern auch Platz „im Frei- und der Süden gefährlich für den Norden Wellershoff (Admiral und Generalinspek- gelände mit größeren Objekten“. Die ganz- aufrüsten?“ Den Lesern von WT ist sein teur a.D.) als Erstunterzeichner einen „Ap- seitige Anzeige erschien in „Wehrtechnik Hinweis geschuldet, dass die politische pell für die Meinungsfreiheit“. Gemeint März 2000“ und deren Anzeigenkunden

Seite 14 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? brauchen für ihr Kriegsgerät wahrlich Kosovo-Krieg zu verringern. Die Konkur- Dieses Geld ist für die Entwicklung einer „Freigelände“. Inwiefern dadurch der renz zu den USA wird dabei hinter so wohl- gerechteren Gesellschaft, für die Entwick- Friedensprozess in Angola befördert wird, tönenden Formeln wie „Wir haben nicht lung einer gerechteren Weltwirtschafts- dazu wird die zuständige Ministerin, Frau zuviel Amerika, sondern zuwenig Europa“ ordnung verloren. Im Gegenteil: der Um- Heidemarie Wieczorek-Zeul, sicher gern (Scharping) versteckt. Wenn dabei nicht viel bau der Bundeswehr zu einer Interventions- Antwort geben. nach außen dringt, dann hat das taktische streitmacht wird immer häufiger zu Kriegen Gründe: „Ich möchte jeden Amerika-kriti- führen. Dass in der Wirtschaft und im Mili- Fazit: schen Ton vermieden wissen, solange die tär- wie im vorliegenden Beitrag gezeigt- die Der MIK der Bundesrepublik steht vor gro- Europäer sich nicht zusammenraffen und Meinung vertreten wird, man könne nicht ßen Geschäften. Seine Interessen stehen im selbst was auf die Beine stellen“. wissen, wie schnell sich neue Feindschaf- Gegensatz zu den Interessen der Mehrheit (Wellershoff 6/2000) ten entwickeln und deshalb müsse man der Gesellschaft. Zur Durchsetzung seiner Dieses „auf die Beine stellen“ ist also der schnell „wieder“aufrüstungsfähig bleiben, Seperatinteressen braucht der MIK ein Ge- Kuchen, den der MIK der BRD verspeisen sollte zur Sorge Anlass geben. Der Frieden flecht von Abhängigkeiten, auch finanziel- will. Dazu gehören Ankündigungen von ist bedroht und der Militärisch-Industrielle ler Art. In der Perspektive der Rüstungsin- Scharping, den Verteidigungshaushalt in den Komplex der Bundesrepublik ist die treiben- dustrie spielen sozialdemokratische und nächsten 10 Jahren mit zusätzlichen 20 Mrd de Kraft. auch grüne Politiker eine besondere Rolle, DM aufzublähen. Dazu gehören die Dieses Thema erweckt wahrscheinlich zu- da deren Wählerschaft als Kritiker als po- Rüstungsvorhaben der Bundeswehr, die für nächst die Erinnerung an die Welle neona- tentielle Gegner von Rüstungsgeschäften Beschaffungsmaßnahmen bis zum Jahr 2015 zistischer Exzesse in der Bundeswehr in den besonderer „Bearbeitung“ bedürfen. allein für „wesentliche Großvorhaben“ 110 Jahren 1997/98, die berüchtigten „Einzel- In den kommenden Jahren soll es eine Milliarden DM ausgeben will. Für alle 215 fälle“, die die Militärführung wohl inzwi- rüstungspolitische „Aufholjagd“ mit den Beschaffungsprogramme bis zum Jahr 2015 schen „in den Griff“ bekommen hat. Da USA geben, um deren militärische Domi- fallen mit Forschung und Entwicklung 215 waltete die gleiche Besorgnis um das Image, nanz in bewaffneten Konflikten wie dem Milliarden DM an. die jetzt Regierung und hmerverbänDieses

Kurt Heiler arbeitet in der Kommission „Neofaschismus der VVN-Bund der Antifaschisten NRW

Am 8. Mai 98 Kundgebung am VVN-Denkmal in Würselen bei Aachen

PS. Die deutsche Rüstungsindustrie befindet sich Ergebnis vor Steuern + 30 % in 2000, Fa Rhein- regierung einen erheblichen Schritt weiterge- „im Kampf ums nackte Überleben“, so Axel metall: Umsatzrendite von 2 auf 5 % bis 2004, 1 kommen.“ Der Profit von RM 2000 verdrei- Homburg, Dynamit Nobel, Vorsitzender AK Mrd euro für den Kauf von 8 Unternehmen- facht.; EADS: Auftragsbestand 133 Mrd Euro= Verteidigungspolitk der BDI am 23.5.00 investiert. Chef Klaus Eberhardt: „In der Heeres- 5 Jahre. Profitrate von 8 % in 2004 angestrebt. z.B. Thyssen-Krupp: Auftragseingang + 20 % , technik sind wir dank der Bundesre

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 15 Bundeswehr und Neonazismus Gerd Deumlich

Dieses Thema erweckt wahrscheinlich zu- nen, dass der Rechtsextremismus aus der durch die neue Militärstrategie, die Bundes- nächst die Erinnerung an die Welle neona- Mitte der Gesellschaft kommt, muss erkannt wehr verlassen. zistischer Exzesse in der Bundeswehr in den und bekämpft werden, wodurch die staatli- Jahren 1997/98, die berüchtigten „Einzel- che Institution Bundeswehr in dieser Rich- Diese jüngeren Fakten drücken beileibe kei- fälle“, die die Militärführung wohl inzwi- tung wirkt. ne neue Tendenz aus. Der Weg der Bundes- schen „in den Griff“ bekommen hat. Da wehr ist von Anfang an von politischen Af- waltete die gleiche Besorgnis um das Image, Rechtsextremismus in den fären bis in die Führungsspitzen gekenn- die jetzt Regierung und Unternehmerverbän- Panzerschrank zeichnet. Immer ging es der Generalität, die de gegen den „Rechtsextremismus“ auf die großen Teils der Hitlerwehrmacht ent- Sprünge bringt. Die Bundeswehr-Universitäten stammte, darum, die Bundeswehr, deren und München und die zivile Universität Aufgabe durch das Grundgesetz auf die de- In Bezug auf die Bundeswehr sind sozial- haben vor einiger Zeit eine Studie fensive Landesverteidigung begrenzt war, demokratische Regierungsvertreter auf wun- über die politische Orientierung des Offi- auf den Kurs offensiver Kriegsfähigkeiten derbare Lösungen verfallen: Auf der 38. ziers-Nachwuchses erarbeitet. Sie ist noch zu drängen Kommandeurtagung im November 2000 in vom CDU-Minister Volker Rühe wegen der Leipzig bestand Minister Scharping auf der brisanten Resultate der Untersuchungen im Von Geburt an rechtslastig Beibehaltung der Wehrpflicht mit dem Ar- Panzerschrank versteckt worden. Soviel ist gument, der Dienst in der Truppe schütze immerhin an die Öffentlichkeit gedrungen: Weichenstellend dafür war bereits der Akt, junge Leute vor „rechtsextremen Verfüh- 54,7 % der Studenten an den Bundeswehr- mit dem die Gründung der Bundeswehr in rern“. Sein Nachdenken über „neue Pro- Universitäten stufen sich selbst als „rechts Angriff genommen wurde. Im September gramme gegen rechte Tendenzen“ brachte von der Mitte im Vergleich zum Durch- 1950 versammelte Bundeskanzler Adenau- den niedersächsischen Ministerpräsidenten schnittsbürger“ ein. Bei über 60% sind pro- er fünfzehn ehemalige Generale und Offi- Sigmar Gabriel zu der Erkenntnis, dass für nonciert Einstellungsmuster vertreten wie ziere der Hitlerwehrmacht konspirativ im die jungen Leute „in unserer Gesellschaft „Abwehr von Fremdem“ - „Begrenzung der Kloster Himmerod in der Eifel zu dem Auf- immer mehr die Bindekräfte verloren“ gin- Zuwanderung“ - „Abwehr kultureller Über- trag, eine „Denkschrift“ über die „Aufstel- gen; sie erführen „Demokratie immer mehr fremdung“. Die Studie trifft selbst die Wer- lung eines deutschen Kontingents im Rah- als kaltes Projekt,...was fehlt, ist ein Wärme- tung, dass ein großer Teil der militärischen men einer übernationalen Streitmacht zur strom von der Politik in die Gesellschaft Führungsschicht der Zukunft in der Nähe Verteidigung Westeuropas“ auszuarbeiten. hinein“. Gefragt, wer oder was denn die des Rechtsextremismus steht. Dazu kommt Leute wie Heusinger, Guderian, Foertsch, verloren gegangenen Bindekräfte wieder zu- die Feststellung, dass die Bundeswehr eher Röttiger usw. sämtlich treue Gefolgsleute rückbringen könnte, fiel ihm vor allem die für Rechte attraktiv ist, dass kritische junge ihres Oberbefehlshabers bis Bundeswehr ein: „Die kann erwiesenerma- Leute eher den Wehrdienst verweigern, dass zum Ende des Krieges, kamen dem nur all- ßen demokratische Erziehung leisten und sogar immer mehr kritische Leute, bedingt zu bereitwillig nach. Aber sie stellten zwei gleichzeitig bestimmte psychologische Be- dürfnisse befriedigen.„ Ersteres hält gewiss keiner kritischen Prüfung stand - umso mehr trifft zu, dass in einer Armee, die inzwischen das Kriegführen begonnen hat und zur Interventionsstreitmacht entwickelt wird, die „psychologischen Bedürfnisse“ neofa- schistischer Rambotypen so „befriedigt“ werden, dass diese Truppe, deren Auftrag immer strikter darauf beruht, das Recht des Stärkeren im Sinne imperialistischer Inter- essen zu verfechten, vor allem für Rechts- extremisten attraktiv ist, ob Rekrut oder General. Gabriel will glauben machen: „Die Rechten haben keine Chance, sich die Ar- mee als ihre Pfründe unter den Nagel zu reißen“ - in Wirklichkeit ist gerade die Bun- deswehr ein gefährlicher Aktivposten der politischen und geistigen Rechtsentwicklung in diesem Land. Wenn viele schon erken- Gründungsväter der Bundeswehr - Blut war noch nicht trocken

Seite 16 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Bedingungen: Ehrenerklärung für die Hitler- Bewunderung für die wehrmacht und Freilassung aller „unschul- „Kriegsgeneration“ dig als Kriegsverbrecher“ inhaftierten „Ka- meraden“ - und: völlige militärische Man sieht, die Wurzeln für den heutigen „Gleichberechtigung“ und Ausrichtung und Neofaschismus, für Geisteshaltungen, wie Ausrüstung der neuen Truppe zur Fähigkeit sie in Vorfällen in der Truppe oder in Auf- zum erfolgreichen Kampf gegen die „bol- märschen der Neonazis sich austoben, sind schewistische Bedrohung“ aus dem Osten. schon früh gelegt worden. Und sie erhielten Beide Forderungen wurden im wesentlichen immer wieder Nahrung auch von dem Nach- erfüllt. Viele Kriegsverbrecher wurden bal- wuchs der militaristischen Führungselite, die digst freigelassen und Adenauer gab vor dem sich bewusst in die Tradition der Bundestag die geforderte Ehrenerklärung Wehrmachtsgenerale gestellt haben, die ihn für die Wehrmacht einschließlich der Waf- geschult haben und worauf sie stolz sind, fen-SS ab. Sein Respekt vor dem „anstän- wie der 1959 in die Bundeswehr eingetre- digen deutschen Soldatentum“ knüpfte grad- tene Gerd Schultze-Rhonhof, der es bald bis linig an den letzten Bericht des Oberkom- zum General brachte, 1998 in der Neonazi- mandos der Wehrmacht vom 9.Mai 1945 Postille „Junge Freiheit“ bekundete. Im glei- an, mit dem bereits der Tenor für die chen Jahr veröffentlichte er seine Schrift: Nachkriegs-Legenden über die Hitler-Wehr- Wozu noch tapfer sein?, worin er u.a. her- macht gesetzt wurde: Nachdem „ein fast vorhebt: Die Wehrmachtsführung habe im sechsjähriges heldenhaftes Ringen zu Ende“ Krieg „zum großen Teil militärisch Hervor- Neonaziblatt aus Köln: Kriegsbegeistert gegangen sei, wird „die einmalige Leistung ragendes geleistet.“ Er schwärmt für die von von Front und Heimat ..in einem späteren ihr „geplanten und geführte Feldzüge, offizielle Konzept der „Inneren Führung“ gerechten Urteil der Geschichte ihre end- Schlachten und Gefechte“ und plädiert da- opponierten, das die Bundeswehr als eine gültige Würdigung finden“. Man sieht, sehr für, „dass auch die Bundeswehr die Erinne- „Armee für den Frieden“ bestimmen woll- lange brauchten die Herren General nicht rung an die großen Leistungen großer Ge- te. Sein Stellvertreter, Heinz Karst, der spä- darauf warten. nerale und Admirale der Wehrmacht wach ter bis zum „General des Erziehungs- und hält und Mustergültiges als ‘Muster gelten Bildungswesens im Heer“ Karriere machte, Was die Ausrichtung der Truppe betrifft, be- lässt’“. Es ist kein Geheimnis, dass dieses vertrat dagegen das Konzept, dass die Bun- scheinigte noch jüngst der Oberst der Bun- Denkmuster in der Bundeswehr dominiert, deswehr „Kriegstüchtigkeit anstreben“ müs- deswehr, Dr. H.J. Harder vom Militär- genau genommen wird es durch den se. Sie müsse sich „in Ausbildung und Er- geschichtlichen Forschungsamt den Akteu- Traditionserlass gestützt, der zwar erklärt, ziehung, Führung und Bildung primär von ren der „Geburtsstunde der Bundeswehr hin- dass die Wehrmacht als Ganzes keine Tra- den unerbittlichen Forderungen der...noch ter Klostermauern“, ihre „operativen dition für die Bundeswehr begründen kön- möglichen Kriegsbilder leiten lassen“. Der Grundannahmen...entsprachen der ne, wohl aber die soldatisch vorbildlichen Mann hat selbstredend die rechten Vorbil- Vorstellungs- und Erfahrungswelt des Zwei- Beispiele vieler Einzelner, Soldaten bis der für Kriegstüchtigkeit parat: „Nie hätte ten Weltkrieges, insbesondere des Ost- Heerführer. Welch eine Wirkung soll von man nach 1918 daran geglaubt, dass das feldzuges“ (FAZ, 9.10.2000) einer solchen Bundeswehr gegen die Be- entwaffnete und gedemütigte, innerlich zer- wunderung der Neonazis für die deutsche rissene und verkleinerte Deutschland 20 Einer aus dieser Kaste unbelehrbarer Mili- „Kriegsgeneration“ ausgehen? Es muss eher Jahre später mit einer imponierenden Wehr- taristen, der Generaloberst Guderian brüste- das Skinhead-Denken munitioniert werden, macht fast ganz Europa erobern würde“. Er te sich 1950 in seinen „Erinnerungen eines denen die NPD stets einredet, sie seien die nannte das Buch, worin diese Leistung des Soldaten“: „Wir wurden Soldaten, um un- Vollstrecker eines rechten Volkswillens, Hitlerstaates und seiner Wehrmacht gefei- ser Vaterland zu verteidigen und um unsere denn: „Die für den Wiederaufbau der Volks- ert wird „Die Bundeswehr in der Krise“ - Jugend zu anständigen und wehrhaften Män- gemeinschaft sehr wertvollen jungen Men- ist sie nicht mehr, sondern weit voran auf nern zu erziehen, und wir wurden und wa- schen müssen als politische Soldaten den- dem Weg der Kriegstüchtigkeit - und da soll ren es gerne. Wir werden uns durch das ken und handeln“. (Wörtlich aus einem ein Neonazi nicht stolz darauf sein dürfen, Gejammer einer schwachen Gegenwart über NPD-Material) „ein Deutscher zu sein“? den sogenannten ‘Nationalsozialismus’ dar- in nicht beirren lassen. Wir wollen und wer- Marschziel Kriegstüchtigkeit Den 20.Juli zum „Symbol“ gemacht den Deutsche bleiben...Richtet Euch auf, meine Kameraden, und tragt den Kopf hoch, Aus der Sicht des heutige Standes der Mili- Ausgestanden ist auch, dass und wie man wie einst zur Parade! Ihr braucht Euch Eu- tarisierung, worin Deutschland längst wie- sich dazu durchrang, den 20.Juli 1944 zum rer Taten wahrlich nicht zu schämen. Ihr der zur Kriegsmacht geworden ist, hat die Symbol eines Gewissens-Aufstandes und waret die besten Soldaten“.(Heidelberg, Bundeswehr gewisse Probleme erfolgreich des „militärischen Widerstands(?)“ auf den 1950, 2.Aufl. 1951, S.10 und 423) hinter sich gebracht. Schild zu heben. Den Widerstand, den es lange und hartnäckig in der Führungselite Durchgesetzt hat sich jene Fronde, die in der Bundeswehr gegen diesen Fall von „Ver- den fünfziger- und sechziger Jahren gegen rat“ und „Disziplinbruch“ gab, konnte man das namentlich von Baudissin vertretene damit ausräumen, wie nützlich es für das

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 17 Image ist, solch ein Symbol vorweisen zu können. Und alle Verfechter der ewigen sol- datischen Tugenden können sich damit trö- sten, dass der 20.Juli nicht das hehre Bei- spiel des heroischen Endkampfes der Wehr- macht bis zur Niederlage aus dem Traditionsbild der Bundeswehr verdrängt hat. Dafür haben in der Bundeswehr aktiv dienende Militaristen selbst ihre Zeichen gesetzt und damit ihre Botschaften auch an das gesamte neonazistische Potential in die- sem Lande gesandt - beispielsweise mit dem Auftritt des deutschen NATO-Admirals Wegener am Grabe des „letzten Staatsober- hauptes des Deutschen Reiches“ Karl Dönitz und dem Ruhm auf dessen „zu Unrecht ge- schmähte Tugenden: Ehrenhaftigkeit, auf- opferungsvolle Hingabe an die Aufgabe, Vaterlandsliebe und unwandelbare Treue zur Staatsführung“?.

Wenn also in jüngster Zeit von oben her- Antikriegsbündnis Aachen :Untrennbare Lehre aus dem Faschismus! vorgehoben wird, die Bundeswehr müsse mehr ihre eigene, von ihr selbst begründete Krieg“, als konstitutives Attribut des Staa- Wehrmacht war, der Zweck und der Rah- Tradition in den Vordergrund stelle, dann tes, als natürliches Ereignis in der Geschich- men für alles, was ihn vorsätzlich zum gehört genau das dazu: die Inspiration für te der Staaten und Völker. Dieses „klassi- völkermörderischen Vernichtungskrieg den Neonazismus durch die Militarisierung sche“ Verständnis von der Wahrung „natio- machte. und Neonazismus in der Bundeswehr selbst. naler Interessen“ herrscht in allen imperia- listischen Staaten vor. Das „vereinte Bei dem dominierenden Umstand, dass sich Das Hauptverbrechen des Faschismus Deutschland“ vermeldete damit der Welt deutsche Militärpolitik umfassend auf künf- war der Krieg seine „Rückkehr“ zur „Kontinuität“ und tige Interventionskriege einrichtet und dies „Normalität“. Auf die deutsche Geschichte ja auch ideologisch begründet werden muss Aber das Verhältnis von Bundeswehr und bezogen hat es die Rehabilitierung des ag- - General Naumann stellte die Prognose auf, Neonazismus bestimmt sich nicht nur aus gressiven Vernichtungskriegs des vom Fa- dass es nach dem Ende des Kalten Krieges dem Komplex der Tradition. Heute ist da- schismus beherrschten Deutschen Reiches schwerer würde, Frieden zu halten, dass es für entscheidend die gegenwärtige strategi- zur Konsequenz. In der Erfahrung, wie die zugleich nicht leichter würde, der Öffent- sche Orientierung, die als Bundeswehr-“Re- Rückkehr zur aktiven Kriegspolitik in der lichkeit Kriegseinsätze zu vermitteln -kann form“ drapierte Umgestaltung zu einer deutschen Öffentlichkeit hinging, zeigte sich man sicher sein: Alle offiziellen Aufgeregt- Interventionsarmee, zu einem wie der neue die Wirksamkeit des heiten um den „Rechtsextremismus“ werden Generalinspekteur Kujat auf der 38. Geschichtsrevisionismus, der in dem gesam- keine nachhaltige Abnahme des Neonazis- Kommandeurtagung im November 2000 in ten rechtskonservativen bis neonazistischen mus bewirken, er wird gerade durch die of- Leipzig betonte, „hochwirksamen Instru- Potential massenhaften Rückhalt findet. fizielle Kriegspolitik weiteren Auftrieb er- ment“ deutscher Politik, einer Bundeswehr, halten. die sich darauf einstellen muss, „auf lange Wenn schon Verbrechen auch der deutschen Zeit“ eine „Armee im Einsatz“ zu bleiben. Wehrmacht gegen Slawen und Juden, gegen Es gibt da eine drastische Erfahrung: Partisanen und Zivilbevölkerung nicht zu Scharping und Fischer haben die Teilnah- Diese Armee muss, so Scharping auf dem leugnen sind, werden sie inzwischen über- me an der NATO-Aggression gegen Jugo- 11.Forum des Springer-Konzerns „Bundes- wiegend als legitime deutsche Reaktion auf slawien mit der neuen Auschwitz-Lüge ge- wehr und Gesellschaft“, qualitativ und quan- die „Brutalisierung des Krieges“ von der wissermaßen „antifaschistisch“ zu legitimie- titativ dem „Gestaltungsanspruch“ Deutsch- anderen Seite offen gerechtfertigt, ergänzt ren versucht - Hat das etwa in Deutschland lands in der heutigen Welt entsprechen - so durch Anklagen gegen „Verbrechen an der den Antifaschismus gestärkt? Im Gegenteil: wie sie sich bereits mit der Teilnahme am deutschen Wehrmacht“, gegen das das staatsoffizielle Anschauungsbeispiel, NATO-Angriffskrieg auf dem Balkan „als „Vertreibungsunrecht“, das erst 1945 und dass man gegen „unbotsame Schurken“ be- Glücksfall in der Geschichte des deutschen gegen die Deutschen einsetzte. So wird nicht denkenlos Gewalt anwenden kann, hat neo- Militärs bewährte“. nur an der Legende vom „sauberen Krieg nazistischen ausländerfeindlichen Terror der Wehrmacht“ gestrickt, so wird völlig in eher regelrecht ermuntert. Staatsphilosophische und politische Grund- den Hintergrund und immer mehr aus dem lage dieser Entwicklung ist - im Kontext der Massenbewusstsein gedrückt, dass dieser neuen NATO-Strategie - die nun wieder ganze Krieg das Hauptverbrechen des deut- volle Inanspruchnahme des „Rechts auf schen faschistischen Staates und seiner

Seite 18 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? wehr gestellte Feind- zu den USA aufzuholen. Dennoch war und bild, dass sie es bei ist der Einsatz auf dem Balkan eine will- weltweiten Einsätzen kommene Gelegenheit, um „wertvolle Er- „nicht mit Soldaten im fahrungen über den Einsatzwert unserer westlichen Sinne zu Truppe“ zu sammeln, wie sich General Jür- tun haben werde, son- gen Reichardt, vormals Chef des Heeres- dern mit Kriegern, mit amts ausließ. Dennoch bräuchte es noch Banditen, die keine weitere richtige „Feuertaufen“, denn je mehr Loyalität kennen, aus Aufbauarbeiten und humanitäre Dienste, Gewohnheit Gewalt „desto geringer könnte mit der Zeit die Nei- anwenden und an gung zum Gefechtsdienst werden“, aber Recht und Ordnung „Soldaten können nicht zugleich Kämpfer kein Interesse haben.“ und Wohltäter der Menschheit sein.“ Und Frage: Wo ist hier ein auf die Kämpfertypen kommt es an: „Für Unterschied zum wirkliche Kampfeinsätze wird es entschei- „Weltbild“ der Neo- dend darauf ankommen, festgefügte, robu- nazis, die handgreif- ste Verbände mit verlässlichem Zusammen- lich dagegen einschrei- halt einzusetzen, die auch unter hohen Be- ten, dass „uns herge- lastungen noch kämpfen“ Darum sei Härte laufene Heloten die schon in der Ausbildung nötig, „will man Arbeitsplätze und den im Einsatz Chaos, Panik und Zerfall schon Wohlstand rauben“? bei der ersten Feindberührung vermeiden“. Die den Interventions- (FAZ, 21.10.1999) Truppenführer mit die- streitkräften gestellte ser rabiat militaristischen Denkweise wer- Perspektive muss die- den ganz bestimmt keine Probleme mit neo- se Profitruppe gerade nazistischen Rambos haben, denen „Feind- für im „Aus- berührung“ ein ganz spezielles „psycholo- länderkampf“ bewähr- gisches Bedürfnis“ (siehe SPD- Gabriel) ist. te Neonazis anziehend machen. Der Glaube an die überlegene technologi- sche Kriegführung und das Ideal des über- Den gleichen Feind im Visier Kämpfer oder Wohltäter der Menschheit? legenen weißen Kämpfers - wenn das nicht ein ideales Angebot an neonazistisch-rassi- Auf die Zukunft bezogen leiten die NATO- Eine auffällige Nähe existiert auch zwischen stisches Denken ist! Mächte ihr willkürliches offiziellen imperialistischen Vorstellungen Interventions“recht“ davon ab, dass den rei- über die künftige Kriegführung und rassi- Gerd Deumlich, Mitglied des chen kapitalistischen Länder ein „unbere- stischen Denkmustern. Wie bereits aus dem Bundesausschuss der VVN-BdA, Redakti- chenbares Sicherheitsumfeld“ gegenüber- Golfkrieg kennen wir auch aus dem NATO- on der „Marxistischen Blätter“ steht. Sie haben das, z.B. in den deutschen Krieg auf dem Balkan das perverse Selbst- „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ oder lob, wie durch eine technologisch überle- in der „Neuen NATO-Strategie“ in einen gene Kampfführung, ohne eigene Verluste, Katalog von „Risiken und Bedrohungen“ klinisch präzise Militärschläge geführt wur- gefasst. Dabei wird ein Bild vom „Feind“ den. Im jüngsten „NATO-Brief“, dem offi- kultiviert, das diesem, sei es rassistisch, re- ziellen Informationsorgan der NATO-Zen- ligiös oder kulturalistisch, die Qualität trale, ergeht sich der US-Staatssekretär Eash gleichwertiger Menschen schlechthin abge- über die phantastische „militärtechnische sprochen werden. Das wird mehr oder we- Revolution“ in den USA, wodurch die „mi- niger rabiat formuliert. In der „Truppen- litärische Glanzleistung im bisher größten praxis“ Nr.2/1996 schrieb der deutsche Kampfeinsatz der NATO, die präzisesten Generalstabsoffizier Reinhard Herden, Luftoperationen der Geschichte“ möglich Bereichsleiter für Analysen und Risiko- waren, ein Erfolg waren, weil sie ohne ei- prognosen des Amtes für Nachrichtenwesen genen Verluste abgingen und „viel über die der Bundeswehr: „Im nächsten Jahrhundert Zukunft der Kriegführung gelernt wurde“. werden die jetzt in Frieden lebenden wohl- habenden Staaten gegen die Völker der ar- Für die deutsche Militärführung stellt sich men Staaten und Regionen ihren Wohlstand die Sache noch nicht ganz so glorreich. Sie verteidigen müssen. Um Dinge, die man ein- ist um riesige Rüstungsanstrengungen be- mal kaufen konnte, wird man Krieg führen müht, um den „technologischen Abstand“ müssen“. Dem entspricht das der Bundes-

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 19 „Deutsch wählen heißt Frieden wählen“ - Die extreme Rechte und der Krieg gegen Jugoslawien Fabian Virchow Auch in den Publikationen der extremen französischer Truppenteile das Feuer eröff- Rechten ist der erste Krieg nach 1945, bei nen, geschieht dies ohne Mandat der Ver- dem sich deutsche Soldaten auch direkt an einten Nationen. Die gesamte Militäraktion Kampfhandlungen beteiligen, ein zentrales ist eine reine NATO-Veranstaltung; und sie Thema der letzten Monate. Waren deutsche dient auch nicht der Abwehr eines Angriffs Neonazis vor einigen Jahren noch auf kroa- auf ein Mitgliedsland.“1 Anhänger der ex- tischer Seite als Söldner tätig geworden, so trem rechten Deutschland-Bewegung 2 des hätte man nun erwarten können, dass sich früheren Bundeswehr-Obersten Alfred die extreme Rechte erneut auf die Seite der Mechtersheimer beteiligten sich an Gegner Jugoslawiens bzw. Serbiens stellt - Friedensdemonstrationen u.a. mit Parolen sich also etwa mit der Kosovo-Untergrund- wie „Keine NATO-Bomben auf Serbien“ armee UCK liiert, ist diese doch - folgt man oder „Keine fremden Truppen in Deutsch- der Ideologie der extremen Rechten - ein land - Keine deutschen Truppen im Aus- Musterbeispiel einer ‘befreiungsnationa- land“. Vom Präsidium der NPD war ein listischen’ Bewegung. Appell an alle „deutschen Soldaten und Beamten“ zu vernehmen, dem „Amtseid auf Die große Mehrheit der Gruppen und Or- das Grundgesetz treu“ zu bleiben und die ganisationen der extremen Rechten lehnt Mitwirkung „am Angriffskrieg gegen die den NATO-Krieg aber entschieden ab. Und Bundesrepublik Jugoslawien“ zu verwei- zwar mit Formulierungen und Äußerungen, gern.3 Und Neonazis aus verschiedenen die teilweise denen der Friedens- und Anti- europäischen Staaten riefen anlässlich des kriegsgruppen sehr ähnlich erscheinen. So 50-jährigen Gründungstages der NATO gar schrieb etwa die Deutsche Wochen-Zeitung, zu einer Anti-NATO-Demonstration vor „Bonner Abenteuerer und Steigbügelhalter die der DVU nahesteht, kurz nach Beginn deren Hauptquartier in Brüssel auf. des US-Imperialismus“5 oder - in Anspie- der NATO-Bombardierungen unter der Solches Auftreten mutet seltsam an und will lung auf den Buchtitel Goldhagens - als Überschrift: „Warum die Bundeswehr im nicht so recht zum Bild der extremen Rech- „willige Vollstrecker Washingtons“6 be- Kosovo nichts zu suchen hat - bricht ten passen, zu dem Uniformen, Kriegs- zeichnet. die Gesetze“: „Denn wenn deutsche Kampf- begeisterung, Heldentum und Militär- Für die extreme Rechte trägt an diesem flugzeuge und Panzer jetzt auf dem Balkan verherrlichung assoziiert werden. Es bedarf Krieg aktuell die USA die Verantwortung; an der Seite amerikanischer, britischer und einer genaueren Analyse der Begründungs- diese wolle auf dem Balkan einen ständi- zusammenhänge, um entschlüsseln zu kön- gen Unruheherd schaffen, der Europa als nen, dass dies kein Widerspruch darstellt ökonomisch, politisch und militärisch hand- und die Anti-Kriegs-Rhetorik der extremen lungsfähige Einheit schwäche und den USA Rechten keineswegs zum Ziel hat, Gewalt als stärkste Militärmacht jederzeit Eingriffs- und Gewaltstrukturen aus der Welt zu schaf- möglichkeiten biete. Außerdem würden die fen. Die Ablehnung dieses NATO-Krieges Flüchtlingsbewegungen die Volkswirtschaf- gegen Jugoslawien stützt sich auf drei zen- ten der europäischen Staaten belasten und trale, miteinander verbundene Ideologeme innenpolitische Auseinandersetzungen pro- der extremen Rechten: den Antiamerikanis- vozieren.7 mus, den Rassismus und die Geopolitik. Für die extreme Rechte haben die USA in Europa grundsätzlich nichts zu suchen; in Im Vordergrund: Antiamerikanismus einer Erklärung der „Europäischen Liest man die Stellungnahmen der extremen Synergien“8 - das ist ein Zusammenschluss Rechten zum Krieg, so fällt zunächst eine extrem rechter Theoretiker verschiedener scharfe Abgrenzung gegenüber den USA europäischer Länder - wird „die Regierung und der NATO auf, wobei die NATO grund- der Vereinigten Staaten daran [erinnert], sätzlich als Instrument der USA gesehen dass die Monroe-Doktrin in beiden Rich- wird, deren Zweck es auch immer gewesen tungen gelten muss: keine Intervention von sei, den eigenständigen außenpolitischen europäischen Mächten in Amerika, keine Handlungsspielraum Deutschlands einzu- amerikanische Intervention in Europa“.9 schränken. Die Bundesregierung und ihre Konflikte und Kriege in Europa, so die Stel- Lagerübergreifend: Theorieorgan Angehörigen werden demzufolge als „ser- lungnahme weiter, „sollten nur von den 4 der Neonazis seit 1952 vile Erfüllungsgehilfen der USA“ , als Mächten der Region geklärt werden, unter-

Seite 20 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? stützt von Rußland und einem neuen oder Staatsgebiet - ein geographischer Immer wieder: die Geschichte umschreiben bismarckschen Deutschland“. Hier scheint Raum, in dem alle „Volksangehörigen“ le- In ihren Stellungnahmen nimmt die extre- bereits die alte Idee des Deutschen Reiches ben sollten. Diese völkische Konstruktion, me Rechte zudem wiederholt historische hervor, das in Europa hegemonial ist. So bei der das Volk alles, das davon unabhän- Motive und Aspekte auf. Das ist nicht wei- erhofft sich die extreme Rechte denn ein gige Individuum hingegen nichts ist, ter verwunderlich, handelt es sich beim „hoffentlich ‘entamerikanisiertes’ zukünfti- kommt so zur Deckung mit anderen NATO-Krieg gegen Jugoslawien doch er- ges Europa“, welches wie Rußland, Indien Ideologemen der extremen Rechten, wie stens um den ersten Kampfeinsatz deutscher und China als „weise alte Reiche“ den USA etwa der Idee der Geopolitik.12 Soldaten seit 1945, und findet dieser zwei- entgegentreten sollen. Wenn also die NPD War die Geopolitik für Haushofer „die Leh- tens in einer Region statt, in der die Solda- und andere Gruppen in den 80er Jahren oder re von der Erdgebundenheit politischer ten der Wehrmacht unzählige Kriegsverbre- auch heute wieder mit der Forderung antre- Vorgänge“, so stellen die „Europäischen chen begangen haben. ten, die „fremden Truppen“ sollten aus Synergien“ ein Arbeitsprogramm zur Ent- Es sind vor allem zwei Themen mit deut- Deutschland abgezogen werden, so ist dies wicklung „geopolitischer Konzepte“, wozu lich historischem Bezug, die immer wieder einem antiamerikanischen und nationalisti- insbesondere eine „gründliche geschicht- herausgestellt werden: schen, keineswegs antimilitaristischen oder liche Studie, die die Europäer in Ost und - Flucht, Vertreibung und Umsiedlung von gar pazifistischem Verständnis geschuldet. West an den gemeinsamen Kampf gegen Deutschen nach 1945 Es wäre freilich ein Irrtum anzunehmen, in das Osmanische Reich erinnert“, zu gehö- - die Rolle der Wehrmacht auf dem Balkan. der Abgrenzung - ja man muss wohl in vie- ren habe. Der gemeinsame Kreuzzug fran- Die extreme Rechte - aber auch der Bund len Fällen von Feindschaft sprechen - zu den zösischer und deutscher Ritter symbolisiere der Vertriebenen mit seinem umfangreichen USA bzw. zu Amerika ginge es nur um öko- den „Geist, den wir in Europa wiederer- Organisationsgeflecht - sehen sich ange- nomische und politische Dimensionen. Es wecken wollen, ohne amerikanische Inter- sichts der Vertreibungen und der Flucht aus sei - insbesondere seit der Auflösung der vention.“ dem Kosovo dazu ermuntert, an die Situati- Sowjetunion und der DDR - Zeit, sich von Diese antiislamische und antitürkische Aus- on nach Kriegsende 1945 zu erinnern. In der den USA zu lösen, denn: „Eine organisch richtung ist ein weiterer Schlüssel zum Ver- Einleitung zu dem bereits mehrfach ange- gewachsene Wertegemeinschaft zwischen ständnis der Ablehnung des NATO-Krie- führten Mai-Heft der Zeitschrift Nation + Deutschen und Amerikanern gibt es nicht. ges; in etlichen Stellungnahmen wird be- Europa heißt es: „Und die Kosovo-Albaner? Eine alte Hochkultur lässt sich nicht mit ei- fürchtet, dass der Krieg zu einer Ausbrei- Ihr Leid ist schlimm. Wer wüsste das besser ner seelenlosen Plastik-Zivilisation verein- tung des Islam und einer Vergrößerung des als deutsche Vertriebene, deren Rechtsan- baren.“10 Für die extreme Rechte ist die Einflussbereiches der Türkei führt. So hat sprüche allerdings weder politisch noch Frontstellung gegen die USA - ausgedrückt der langjährige Bundesvorsitzende der militärisch durchgesetzt werden.“ Und mit etwa in dem Wortpaar Kultur hier, Zivilisa- REP, Franz Schönhuber, denn auch volles deutlich geschichtsverfälschendem Akzent tion dort - fundamental; denn ihr gilt Ame- Verständnis für die „Serben“: „Für die Ser- hält es der Ostdeutschen Arbeitskreis Hoch- rika als Hort der Verwilderung, als negative ben ist der Kosovo eine Art Wiege des Vol- taunus für „absurd, gegen die ethnische Projektionsfläche: „Vereinfacht ausge- kes. (...) Hier erlitten die Serben im Jahre Säuberung im Kosovo ausgerechnet in dem drückt, ist die Entwicklung der amerikani- 1389 die größte Katastrophe ihrer Ge- Augenblick einzuschreiten, da mit Polen und schen Gesellschaft eine räumlich konzen- schichte. Das serbische Heer wurde von der Tschechischen Republik die beiden trierte Vorwegnahme gesellschaftspoliti- den Türken vernichtend geschlagen, das größten Vertreiberstaaten dieses Jahrhun- scher Prozesse des Industriezeitalters, von Land unterworfen. (...) Der Hass gegen derts feierlich in die NATO aufgenommen denen die meisten je nach Verzögerung auf Muslime wird mit der Muttermilch getrun- wurden.“15 Die der DVU nahestehenden andere Weltregionen übergreifen.“ 11 ken. Er liegt im Blut.“ Aber, so beklagt sich Blätter klagen: „Schlimm ist aber auch, dass der Autor, hiervon wolle die „heutige Jour- die unmenschliche Vertreibung von 15 Mil- Völkischer Nationalismus statt nalisten- und Politikergeneration nichts lionen Ost- und Sudetendeutschen (...) das allgemeiner Menschenrechte mehr wissen“, denn: „Völkische ‘Weltgewissen’ bis heute nicht berührt.“16 Zu den hier angesprochenen gesellschafts- Befindlichkeiten werden als ewig-gestrig Und der Chefredakteur der Jungen Freiheit politischen Entwicklungen gehören etwa abqualifiziert.“13 Für die extreme Rechte fordert: „Es wäre an der Zeit, dass im Zuge Multikulturalität, Drogen und hingegen ist der völkische Nationalismus des Kosovo-Krieges eine Aufarbeitung in Individualisierung. Für die extreme Rech- der Schlüssel zur Erklärung von Krieg und Kino-Filmen, Wanderausstellungen, Kunst te einst und jetzt gelten die USA als Inbe- Frieden; in diesem Sinne trügen die Sie- und Literatur neue Gestalt gewinnt.“17 griff des „Universalismus“, der - negativ germächte des Ersten und Zweiten Welt- Die konkrete Situation der Flüchtlinge aus als ‘Gleichmacherei’ verstanden und für ge- krieges eine historische Verantwortung für dem Kosovo sind der extremen Rechten im sellschaftliche Krisen und Problemlagen die Entwicklung auf dem Balkan, da sie Grunde völlig egal. Wichtig ist ihr nur, dass verantwortlich gemacht wird. dort sog. „Vielvölkerstaaten“ errichtet hät- diese Menschen nicht nach Deutschland Die extreme Rechte lehnt universell gülti- ten. So heißt es in einer Erklärung des kommen. Vor entsprechende Wanderungs- ge Werte, z.B. Menschenrechte und den NPD-Kreisverbandes Nordmecklenburg: bewegungen wird denn auch gewarnt; in Gleichheitsgedanken, ab. Ausgangspunkt „So ist der Kosovo-Konflikt doch ledig- einer Pressemitteilung der REP heißt es ihrer Weltanschauung sind „Völker“, „Ras- lich die Folge eines Mischvölkerstaates, scharf: „Wer kosovo-albanische Flüchtlin- sen“ und „Kulturen“ - gedacht als homo- welcher aus reiner Machtgier und ohne An- ge fern von ihrer Heimat in Deutschland un- gene Entitäten. Diese hätten jeweils ihre erkennung der kulturellen und religiösen terbringt, macht sich zum Komplizen der eigenen Weltdeutungen, Denk- und Le- Eigenarten der verschiedenen Völker ge- ‘ethnischen Säuberung’ durch die Serben.“18 bensweisen entwickelt, die sog. „nationale schaffen wurde.“14 Die Deutsche Wochen-Zeitung pflegt un- Identität“. Dem entspreche ein Territorium ter der Schlagzeile „Wie kriminell sind

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 21 Kosovo-Albaner? Was viele in Deutschland Machtinteressen - sie kämpften und starben „Es sind nicht die alten Soldaten, es sind treiben“ das rassistische Vorurteil vom kri- einzig im Glauben an ein neues, freies die ehemaligen Ostermarschierer, minellen Ausländer.19 Und natürlich darf Deutschland.“23 Und bei dem Einsatz „ha- Kerzchenhalter, Friedenskämpfer und Wehr- auch das Schreckensbild von der Gefähr- ben die verantwortlichen Politiker nicht ein- dienstverweigerer, die bedenkenlos unsere dung von ‘Sicherheit und Ordnung’ nicht mal dafür gesorgt, dass die Soldaten und jungen Soldaten ins Feuer schicken wol- fehlen: „Dieser multikulturelle Wirrwarr auf Angehörigen im Verletzungs- oder Todes- len.“28 Ähnlich heißt es auch in den Zeitun- verhältnismäßig engem Raum lässt die Re- fall einigermaßen finanziell abgesichert gen des DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey, gion immer wieder explodieren. Eine irrsin- sind. Verantwortungsloser hat sich keine dass die „linken ‘Friedensapostel’ von einst“ nige Bonner Einwanderungs- und deutsche Regierung gegenüber ihren Solda- - kaum seien sie an der Macht - „nicht die Überfremdungspolitik aber führt dazu, dass ten verhalten, seit einige korrupte Fürsten geringsten Skrupel [hätten] die Söhne an- sich die Bundesrepublik balkanesische Zu- vor über zweihundert Jahren ihre eigenen derer Leute zum Abschuss freizugeben.“ stände ins eigene Land holt.“ Und schließ- Landeskinder als Kanonenfutter an fremde Bündnis ‘90/Grüne seien „mit Beginn der lich seien die hier lebenden Menschen aus Mächte verkauften.“24 Bombardements auf dem Balkan - (...) - dem (früheren) Jugoslawien auch ein Sicher- Deshalb so ein weiterer Autor in der Deut- politisch überflüssig geworden (...) Warum heitsrisiko: „Vom Kantinenwirt auf der schen National-Zeitung, „haben Deutsche der Wähler eine ‘pazifistische’ Partei, die Hardthöhe über den Meister im Kraftwerk keinerlei Veranlassung, sich an der Diszi- ihren Pazifismus bei der erstbesten Gelegen- bis hin zum Fließbandarbeiter in der plinierung dieses Produktes der Pariser Vor- heit an der NATO-Garderobe abgibt, künf- Kriegsgeräteproduktion sind Serben an orteverträge zu beteiligen (....), solange die tig noch wählen soll, bleibt Fischers Ge- sicherheitsempfindlichen Stellen bei uns tä- heutigen ‘deutschen’ Politiker die Ehre der heimnis.“29 Wenn der frühere Bundesvor- tig.“20 Scheinheilig wird dann gefragt, ob man deutschen Soldaten zweier Weltkriege nicht sitzende der REP, Franz Schönhuber, „für den Wahnsinn plädieren (wolle), diese wieder voll hergestellt haben.“25 schließlich fordert, der „Kampf gegen den Menschen aus Sicherheitsgründen in Lagern Amerikanismus dürfe nicht allein der PDS 30 zu internieren“, aber die nahegelegte ‘Lö- Vom Kriegskurs der GRÜNEN profitieren überlassen bleiben“ - so stellt dies auch sung’ ist zunächst einmal: „Ausländer raus“. Die extreme Rechte bemüht sich derzeit den Versuch dar, national und/oder antiame- darum, mit ihrer Anti-Kriegs-Demagogie rikanisch eingestellte Teile der Friedensbe- möglichst viele derjenigen anzusprechen, wegung anzusprechen und stärker in den die dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien Einflussbereich der extremen Rechten zu aus dem einen oder anderen Grund ableh- ziehen. Eine solche Querfronttaktik, die an nend oder zumindest skeptisch gegenüber- einzelnen Themen und Auseinandersetzun- stehen. Dietmar-Dominik Hennig, einer der gen Bündnisse der extremen Rechten mit Regionalsprecher der Deutschland- demjenigen Spektrum sucht, was gemein- bewegung, sieht „die deutsche Rechte (...) hin als links etikettiert wird, dient insbeson- jetzt aufgefordert, die Katakomben zu ver- dere dazu, die Stigmatisierung und lassen und in die politische Arena zu treten Ausgrenzung extrem rechter Organisationen mit einer einzigen Frage an jenes deutsche und Personen aufzulösen.31 Volk, das in diesem Jahrhundert in zwei Weltkriegen genug Blutzoll zu entrichten Rechter Widerspruch hatte: ‘Wollt ihr den totalen Friedensein- Markieren die bisher skizzierten Positionen satz?’.“ Dieses schwülstig-pathetische Spre- bisher den hegemonialen Diskurs in der ex- Die „beste Truppe der Welt“? chen gipfelt in folgender Sequenz: „Die tremen Rechten, so finden sich vereinzelt Aufkleber von “Nation und Europa“ Friedensdividende ist das stärkste Pfund, mit auch hiervon abweichende Stellungnahmen. dem die nationalen Kräfte derzeit wuchern In einem empörten Leserbrief an die bereits Die Wehrmacht als Vorzeigearmee können. Das gilt es, den Menschen klar zu erwähnte neofaschistische Zeitschrift Nati- Mit Blick auf das Morden der Wehrmacht machen: Deutsch wählen heißt Frieden wäh- on + Europa schreibt etwa der frühere NPD- auf dem Balkan versuchen insbesondere die len - Internationalismus ist Krieg!“26 Bundesvorsitzende Günter Deckert: „Wir Wochenzeitungen des DVU-Vorsitzenden Der Internationalismus und die Linke - in waren und sind noch immer (zahlende) Op- Frey sich an einer Rehabilitierung der Wehr- den Stellungnahmen der extremen Rechten fer des Bosniaken-Konflikts. Auslöser: die macht. Da werden der Angriff und die Be- sind damit vor allem SPD und Bündnis ‘90/ Jugo-Serben. (...) Ich denke und dachte, setzung Jugoslawiens ebenso gerechtfertigt Grüne gemeint - werden heftig attackiert. auch die Zeitschrift ‘Nation & Europa’ ver- wie das verbrecherische Wirken des Gene- Insbesondere wird der Schwenk von Bünd- trete den Grundsatz des (völkischen) Natio- ralobersten Alexander Löhr verharmlost, der nis ‘90/Grüne auf den NATO-Kriegskurs nalismus. Und als deutscher Nationalist später im Prozess gegen die Südostgeneräle höhnisch kommentiert. In einem „Die über- kann man nun mal nicht auf der Seite der zum Tode verurteilt wurde.21 Von der Wehr- flüssige Linke“ betitelten Aufsatz heißt es: serbischen Mordbrenner und Vertreiber ste- macht wird auch bei dieser Gelegenheit ein „Jahrzehntelang mimte die deutsche Linke hen, ...“32 Die Wochenzeitung Junge Frei- Bild gezeichnet, das sie über die Bundes- den Gralshüter des Pazifismus, blockierten heit gibt Raum für Prof. Dr. Lothar Höbelt, wehr hebt: In letzterer gebe es keine kriti- linke Aktivisten US-Kasernen, diffamierten der der FPÖ nahesteht, und dessen pragma- schen Stimmen zum Krieg gegen Jugosla- Bundeswehrsoldaten als Mörder. (...) An tische Sichtweise: „Als imperiales System, wien mehr, während „in der Wehrmacht der Salonlinken wie Fischer und Schröder be- das deutschen Interessen am meisten freiere Ton herrschte“.22 Die in der Wehr- wahrheitet sich eine alte Einsicht: Die größte Durchsetzungschancen ermöglicht, er- macht kämpfenden „Männer waren keine Bedrohung für den Frieden sind die Welt- scheint mir die NATO unter allen realisti- blutlosen Söldner im Dienste fremder verbesserer“.27 Denn - so an anderer Stelle: schen Varianten da augenblicklich ziemlich

Seite 22 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? konkurrenzlos.“ Außerdem sei es zu begrü- ein Prinzip des Friedens ins Bewusstsein der 27 ebd., S. 5 bzw. S. 8 ßen, „wenn dieselben Leute, die den gebür- Bevölkerung bringen.“36 Für geopolitische 28 ebd., S. 29 tigen Österreicher Generaloberst Löhr we- Konzepte, die über entsprechende Parolen 29 Deutsche Wochen-Zeitung 17/99, S. 5 gen seines Luftangriffs auf Belgrad ohne hinausweisen und die zur Einmischung in bzw. S. 7 30 Nation+Europa 5/99, S. 30 Kriegserklärung 1941 als Kriegsverbrecher die nun allerorten geführte Diskussion um 31 Entsprechend verfährt in Frankreich zu bezeichnen gewohnt sind, heute von den die ‘Stärkung des europäischen NATO-Flü- anlässlich dieses Krieges die Nouvelle Droite, Deutschen händeringend ein Da Capo ein- gels’ bzw. den Aufbau ‘europäischer Streitkräf- die sog. Neue Rechte, mit einer Petition „Non fordern.“ Und schließlich sei „nicht einzu- te’ taugen, will die extreme Rechte sorgen. Die à la guerre“. Bekanntester Vertreter der sehen, warum gerade traditionsbewußte Junge Freiheit jedenfalls hat ihre Spalten für Nouvelle Droite ist Alain de Benoist, der auch Deutsche ihren Widerspruch anmelden soll- die entsprechende Debatte geöffnet. häufig in Publikationen der extremen Rech- ten, wenn ‘der Westen’ spät, aber doch dar- ten in der Bundesrepublik Deutschland angeht, auf dem Balkan seine Fehler von 1 Deutsche Wochen-Zeitung 14/99 vom 2. schreibt, u.a. in der Jungen Freiheit. Die von 1918 und 1945 zu korrigieren. Von Natio- April 1999, S.1 diesem Kreis verfasste Petition wird vor al- 2 lem bei Demonstrationen gegen die NATO- nalbewußten kann man doch zumindest er- Die Deutschland-Bewegung (DB) um Alfred Angriffe verteilt. Sie enthält scharfe Angriffe warten, dass sie sich an Völkern (in diesem Mechtersheimer ist eng verbunden mit dem Friedenskomitee 2000 und sieht sich - neben auf die USA, nicht aber auf deren europäi- Fall den Albanern) und nicht an den Staaten sche Verbündete, die - wie im Fall Deutsch- 33 einer bei Wahlen erfolgreichen Partei der (wie Jugoslawien) orientieren.“ Ähnlich extremen Rechten - als die „andere Säule“ lands - erheblich zur Eskalation auf dem Bal- sieht diesen letzten Punkt Manfred Rouhs, des „patriotischen Projektes“. Die DB teilt kan beigetragen haben. Als Interesse der der Herausgeber der Quartalszeitschrift SI- die Ideologie der extremen Rechten; USA an diesem Krieg wird angeführt, die- GNAL: „In der Auseinandersetzung mit Mechtersheimer betätigte sich in den letz- ser solle den Graben zwischen dem west- Serbien sind die Albaner im Recht. Die ten Jahren häufig als Redner bei extrem lich-abendländischen Europa und der sla- Befreiungsnationalisten der UCK fordern rechten Parteien und Organisationen (z.B. wisch-orthodoxen Welt vertiefen, um die Westeuropäer davon zu überzeugen, dass die Vereinigung ihrer Heimat mit dem alba- REP, DSU, BFB, JLO). 3 es für sie bei einer engen Kooperation mit nischen Mutterland, die ihnen Milosevic www.npd.net/npd-pv/mitteil/index.htm 4 Nation+Europa 5/99, S. 30 den USA bleiben muss. Zu den Unterzeich- verweigert.“ Und der Krieg habe „auch noch 5 www.npd.net/npd-pv/mitteil/index.htm nern zählten auch Jean-Francois Kahn, Chef in anderer Hinsicht sein Gutes.“ Er stärke 6 Nation+Europa 5/99, S. 7 der Zeitschrift Marianne, und der Armen- „das Selbstbewußtsein der Deutschen“, denn 7 Nation+Europa 6/99, S. 5 ff.; Der Republi- priester Abbé Pierre, eine Gallionsfigur di- - so Rouhs weiter „deutsche Soldaten ste- kaner 4-5/1999, S. 5; Deutsche National- verser sozialer Initiativen. Nachdem sie er- hen im Krieg, und sie sind erfolgreich. Und Zeitung 17/99 vom 23. April 1999, S. 4 fahren hatte, wer den Aufruf initiiert hatte, sie haben Rückhalt in der Bevölkerung, so- 8 Das Intellektuellennetzwerk ‘Synergies zogen sie ihre Unterschrift wieder zurück gar bei den Grünen. Das schafft eine neue Européennes’ (SE) entstand 1993 um Robert (vgl. jungle world 18/99, S. 27) 32 ebd., S. 70 Lage. Auch über solche Kollektiv- Steuckers, um - im Unterschied zu Alain de 33 Junge Freiheit 17/99, S. 2 erfahrungen werden sich die Deutschen Benoist - die theoretische Debatte um real- politische Handlungsoptionen zu erweitern. 34 http://signal-online.de/ Schritt für Schritt zu einer normalen Nation In der Bundesrepublik wurde eine entspre- politik_aktuell.htm 35 entwickeln, die Neurose von 1945 endgül- chende Sektion 1995 gegründet. Nation+Europa 6/99, S. 18 36 tig überwinden, bis sie Vorreiter eines neu- 9 DESG-inform 2-4/99, S. 1 (DESG = Interview mit Alfred Mechtersheimer in 34 en europäischen Selbstbewusstseins sind.“ Deutsch-Europäische Studiengesellschaft) der April-Ausgabe der österreichischen 10 Nation+Europa 3-4/1990, S. 28 Zeitschrift AULA Positionsbestimmung 11 Nation+Europa 10/1988, S. 13 Auch hier ist also - wenn auch über einen 12 Diese ist in Deutschland ursprünglich von anderen Begründungszusammenhang - die Friedrich Ratzel (1844-1904), Rudolf Kjellén Literaturhinweise Zielsetzung einer Europa dominierenden (1864-1922) und - am bekanntesten - von Jean Cremet/Felix Krebs/Andreas Speit: dem völkischen Staatstheoretiker Karl Großmacht Deutschland formuliert. Inso- Jenseits des Nationalismus. Ideologische Haushofer (1869-1946) entwickelt worden. Grenzgänger der ‘Neuen Rechten’ - Ein fern ist der Gegensatz zwischen den hier Auch die Nazis haben sie als Legitimation dargestellten Positionen nicht so umfassend für ihre Kriege zu nutzen gewusst. Zwischenbericht. Münster: Unrast 1999 wie es zunächst erscheinen mag. Zwar exi- 13 Deutsche National-Zeitung 10/99, S. 6 Margret Jäger/Siegfried Jäger: Gefährliche stieren bezüglich der unmittelbaren Beur- 14 http://parteien.freepage.de/cgi-bin/feets.../ Erbschaften. Die schleichende Restauration teilung der UCK bzw. ‘Serbiens’ deutliche 923334x204A/rewrite/npd-nwm/LV-04-99.htm rechten Denkens. Berlin: Aufbau Vlg. 1999 Differenzen, zugleich gibt es aber in der 15 Nation+Europa 5/99, S. 4 bzw. S. 22 Iris Weber: Nation, Staat und Elite. Die Ideolo- Forderung nach einem ‘Ende der West- 16 Deutsche Wochen-Zeitung 16/99, S. 3 gie der Neuen Rechten. Köln: PapyRossa 1997 17 orientierung’, einer ‘Nationalisierung’ der Junge Freiheit 18/99, S. 2 Uwe Worm: Die Neue Rechte in der Bun- 18 REP-Pressemitteilung 30/99 vom 9. April 1999 Bundeswehr und der Zurückweisung bzw. desrepublik. Programmatik, Ideologie und 19 Deutsche Wochen-Zeitung 16/99, S. 1 Presse. Köln: PapyRossa 1995 raschen Ausweisung von Flüchtlingen gro- 20 Deutsche Wochen-Zeitung 10/99, S. 1 ße Gemeinsamkeiten. Franz Schönhuber 21 Deutsche Wochen-Zeitung 17/99, S. 6 Erstveröffentlichung im Herbst 1999 in sieht für die extreme Rechte „ungeahnte 22 Nation+Europa 5/99, S. 31 „antimilitarismusinformation“ Chancen“, wenn „die Patrioten ihre Forde- 23 Pressemitteilung des Aktionsbüro Norddeutsch- rungen auch auf die Straße tragen“.35 Ein land vom 9.4.1999 - www.widerstand.com/per- Fabian Virchow (38), Sozialwissenschaftler, zentrales Ziel solcher Aktivitäten der extre- spektive/inf_feb99.html diverse Veröffentlichungen zu Ideologie und men Rechten ist der Versuch einer weiteren 24 www.npd.net/npd-pv/presse/krieg.htm Propaganda der extremen Rechten, promo- 25 Rehabilitierung des völkischen Nationalis- Deutsche National-Zeitung 17/99, S. 9 viert derzeit zum Thema Bundeswehr und 26 Nation+Europa 5/99, S. 69 mus: „Wir müssen das nationale Prinzip als extreme Rechte

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 23 Die Bundeswehr und ihre rechten Medien Ulrich Sander

sagte doch der Kriegsminister: „Die Bür- Zu lange galt, so junge Offiziere in einem Zu recht wird gesagt: Die Medien waren gerinnen und Bürger haben einen Anspruch Interview, das Wort von 1999 kriegsentscheidend. Die Hufeisen- darauf, dass man ihnen erklärt was los ist.“ „Der Friede ist der Ernstfall“. Man wünsch- pläne, die NATO-Pressekonferenzen, die (Scharping lt. IfdT 8/00). Und so heißt es te sich einen echten kriegerischen Ernst- Kriegshetze und Lügen der Scharping und dann in den Bundeswehrmedien schon seit fall, forderte die Wende um 180 Grad. Ein Fischer, der Verfassungsverrat Schröders, langem: Offizier sagte: Es müssen endlich ein paar die TV-Lügner auf allen Kanälen - eine Zinksärge auf Rhein-Main ankommen, Kenntnis ihrer Wirkungen darf vorausge- „Nach Ende der Ost-West-Konfrontation dann wird es endlich ernst. setzt werden. Wie haben nun die eigentli- ist Europa in eine Phase eingetreten, in der Und immer wieder dies: Die Souveränität chen Medien der Bundeswehr und für die sich der Frieden in geringerem Maße als anderer Länder und das Bundeswehr gewirkt und was ging in ih- früher durch Kriegsverhütung gewähren Nichteinmischungsprinzip müssten „in Fra- nen dem 24. März 1999 voraus? lässt.“ („Information für die Truppe“, Ja- ge gestellt“ werden; grundlegende Prinzi- nuar 1992). Denn: „Der Krieg behauptet pien des Völkerrechtes und der UN-Sat- Seit 1990 kann von einer konkreten Kriegs- sich nach wie vor als Instrument im Arse- zung „wie das Souveränitätsprinzip, vorbereitung der Bundeswehr gesprochen nal der Politik.“ (IfdT, Mai 1991) Und Nichteinmischungsgebot und das Selbstbe- werden. Während alle Welt sich einig war, weiter: „Der Soldat muss also zukünftig stimmungsrecht bedürfen einer Fortent- dass - wenn Deutschland außerhalb seiner eher darauf gefasst sein, in einem Krieg wicklung.“ (Information für die Truppe 11/ und der Bündnisgrenzen militärisch ope- eingesetzt zu werden. Hier kann er getötet 91). rieren soll - erst einmal die Verfassung ge- werden oder muss töten.“ So oder ähnlich ändert werden müsste, redeten die Militärs konnte man es immer wieder im Blatt für Die deutsche Einheit und das Scheitern des den Soldaten und Politikern ein: Notwen- die Innere Führung der Bundeswehr- Realsozialismus werden in den Medien der dig sei nur eine „Klarstellung“ zur Verfas- soldaten „Information für die Truppe“ und Bundeswehrführung wie militärische Sie- sung. Dieser Auffassung folgte das Bun- in der Reservistenzeitschrift „loyal“ lesen. ge gefeiert: ,,Wir haben durch unsere desverfassungsgericht, die Militärs hatten (Siehe das Buch „Szenen einer Nähe - Vom Standfestigkeit und unsere Geschlossenheit sich durchgesetzt. Es kam zu auswärtigen großen RechtsUm bei der Bundeswehr“, dazu beigetragen,“ hieß es im September Bundeswehreinsätzen unterhalb der Bonn 1998/99) 1990 zur bevorstehenden deutschen „Wie- Schwelle zum Kampfeinsatz. Um endlich dervereinigung“ in „Informationen für die aber als kriegsverwendungsfähig zu gelten, Truppe“. Und der Vize-Chef der fehlte den Generälen der ersehnte richtige Bundeswehr-Ost, Generalmajor Krieg. Den bekamen sie endlich im Jahre Werner von Scheven, beeilte sich, 1999. am 3. Oktober 1990 bei der Über- nahme der Nationalen Volksar- Nicht erst die Entwicklung der letzten Jahre mee durch die Bundeswehr zu be- auf dem Balkan hat also zu einem gefähr- tonen, in welche Tradition die lichen „Umdenken“ der Mehrheit der Sol- Bundeswehr sich begeben hat: Sie daten, ja der Deutschen in der Sicherheits- werde nicht ,,hinter den Leistun- politik geführt. Fast zu jeder deutschen Fa- gen der Wehrmacht zurückste- milie gehören ein oder mehrere aktive Sol- hen.“ („Loyal“ - das deutsche daten oder Reservisten. Der Geist des Mi- Wehrmagazin, Dezember 1990.) litärischen kommt so schon seit langem in Der damalige Generalinspekteur jedes Haus. Mit dem neuen aggressiven Dieter Wellershoff jubelte dann deutschen Militärkonzept sind die Massen auch vor Bundeswehr- vertraut, und es wird in starkem Maße ak- kommandeuren am 11. März zeptiert – denn, so scheint es, es dient ei- 1991 - die Schande des 8. Mai nem guten Zweck, ist für die Deutschen 1945 wettmachend - (abgedruckt unblutig und setzt deutsche Interessen al- in IfdT): ,,Wir ernten jetzt die ler Art durch. Früchte des Dienstes unserer Vor- gänger, aller Soldaten der Bun- Schon seit Anfang der neunziger Jahre wer- deswehr und unserer Verbünde- den die Soldaten und Millionen von Re- ten.“ servisten über Medien und Organisationen indoktriniert und auch die gesamte Gesell- Der Ruhm der Nazi- Wehrmacht schaft soll militärisch denken, denn wie wird dann auch in „Information

Seite 24 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? für die Truppe“ endlich wieder gepflegt. schichte in Verbindung Grundsätzlich heißt es, es grenze ans gebracht,“ obgleich nur „Pathologische“, die Wehrmacht wegen ein Drittel der Bevölke- „moralischer Verkommenheit“ und ih- rung den Begriff als res „Verbrechertums“ als weltweit ein- nicht mehr angemessen malig anzuklagen, wie es besonders mit ablehne, aber über 80 der Wehrmachtsausstellung des Herrn Prozent bei einer weite- Reemtsma geschehe. „Die öffentliche ren Frage antworteten, Diskussion über die Wehrmacht hat viel- ‘dass man darauf achten fach die Perspektive in wissenschaftlich solle, deutsche Interes- unakzeptabler Weise auf die Frage der sen international zu ver- Kriegsverbrechen verengt,“ so in IfdT treten.’“ Gefordert wird 6/99. Es sei notwendig, die „herrschen- ein „gesellschaftlicher den Denkmuster“ zu verlassen, heißt es Konsens für die Außen- in „Information für die Truppe“ vom und Sicherheitspolitik“ September/Oktober 1999. Und das geht infolge einer „breiten so: gesellschaftlichen Dis- Da wird den von der Wehrmacht mit kussion über die natio- Krieg überzogenen Ländern die Schuld nalen Interessen der am Krieg gegeben: „Vor allem das Ver- Bundesrepublik“ (IfdT schweigen der verheerenden Folgen des 8/00.) Versailler Diktats und dessen Mit- Ernst Jünger hoch zu Ross in der Ukraine ursächlichkeit für 1933 und 1939, ferner Der Umgang mit dem Interessenbegriff und die anhaltende Tabuisierung der seinerzeit die Antwort auf das jüdisch-bolschewisti- dem Nationenbegriff ist eng verzahnt mit höchst aggressiven Interessen- und Macht- sche System, soll der Soldat folgern. dem Umgang mit dem Krisenbegriff. Eine politik vor allem Frankreichs, Polens und Krise wird nur dann zu einer militär- der Tschechoslowakei einschließlich der Und dann kommt noch die ganze Litanei politisch bedeutenden Krise, wenn deut- von ihnen begangenen oder unterstützten von den Soldaten der Wehrmacht, die nicht sche nationale Interessen berührt sind, wird massiven Verletzungen völker- und nur viel geleistet, sondern auch gelitten in dem Dokument Heeresrichtlinien erläu- menschenrechtlicher Normen gegenüber haben. All dies in einer Besprechung einer tert. Deutschland, zumal des Selbstbestim- offiziellen Bundeswehrzeitschrift (IfdT 9/ Zur Frage, warum die Krisenreaktion nicht mungsrechts“ werden als Kriegsursachen 10-99) über ein Buch einer Bundeswehr- nach objektiven - menschenrechtlichen! - genannt. Revanche für die Niederlage von einrichtung, des Militärgeschichtlichen Gesichtspunkten, sondern nach nationalen 1918 stellt für die Bundeswehrmedien also Forschungsamtes nämlich. „Die Wehr- Interessenlagen erfolgt, heißt es dort: eine zulässige Begründung für 1933 und macht. Mythos und Realität“ heißt es. Sein „Die Bereitschaft und die Notwendigkeit, für den Überfall auf Polen 1939 dar. Auch Mitherausgeber Rolf-Dieter Müller wird einer Krise mit wirksamen Mitteln entge- die Besetzung Frankreichs und der Tsche- zitiert: Man müsse wegkommen von der genzutreten, sind in der Regel abhängig von choslowakei sind nur die Antworten auf die „Betroffenheitspflege und Opfer- dem Maß der Betroffenheit der eigenen po- „Menschenrechtsverletzungen“ gegenüber perspektive“. litischen Interessen. Der Grad der öffentli- Deutschen! Eine derartige profaschistische chen Wahrnehmung und des in der Bevöl- Geschichtsrevision ist selten zu finden au- Einer der schlimmsten Verherrlicher mili- kerung dazu vorhandenen Bewusstseins be- ßerhalb der Neonazipublikationen. tärischen Mordens, Ernst Jünger, wird in stimmen dabei wesentlich die Entschei- lektueller“, der im „inneren Widerstand dung zu Maßnahmen zur Konflikt- Die Verbrechen des deutschen Faschismus zum Nationalsozialismus stand“, ausführ- verhütung, Krisenbewältigung und Krisen- hat es von 1933 bis 1941 eigentlich nicht lich in der Bundeswehrzeitschrift „Infor- reaktion sowie deren gesellschaftliche po- gegeben, folgt man der „Information für die mation für die Truppe“ gewürdigt und zi- litische Akzeptanz. Daher können selbst Truppe“. Die Wehrmachtssoldaten hätten tiert: „Der Krieg, aller Dinge Vater, ist auch langandauernde Krisen, die zunächst kei- sich gegen die Folgen von Versailles und der unsere; er hat uns gehämmert, gemei- ne direkten Auswirkungen auf die eigene gegen den „’Täter’ der bis dahin größten ßelt und gehärtet zu dem, was wir sind“ (in Interessenlage hatten, bei veränderter Per- Verbrechen der Menschheitsgeschichte“ IfdT 4/98). zeption in Politik und Öffentlichkeit den- gestellt – den Bolschewismus und Stalin noch im weiteren Verlauf zu einer Neu- also. Denn „nicht Auschwitz, sondern vor Der Krieg gegen Serbien wurde militärisch beurteilung mit entsprechenden Reaktionen allem diese Tatsachen waren 1939/1941 der medial vorbereitet: Es ging um „deutsche führen.“ („Vorläufigen Leitlinie für die Erfahrungshintergrund der - Interessen“ und sonst nichts. Was den Be- operative Führung von Kräften des Hee- generation.“ Der Überfall auf die Sowjet- griff „nationale Interessen“ jedoch im all- res“ vom 8. 2. 1994, Seite 55) union hat also zumindest zu Beginn seine gemeinen anbelangt, so sind die Berechtigung gehabt! Die Begründung des Bundeswehrmedien mit den übrigen Me- Alles im deutschen Interesse, so heißt es Krieges gegen den neuen Hitler in Belgrad dien sehr unzufrieden: „’Nationale Inter- in den Leitlinien: „Zugleich wahrt der Na- aus dem Jahre 1999 wird nun dreist ange- essen’ werden von der publizistischen Öf- tionale Deutsche Befehlshaber gegenüber wandt auf das Jahr 1941, da es gegen den fentlichkeit Deutschlands gemeinhin mit der Führung des multinationalen Einsatz- Täter Stalin ging. Auschwitz war dann wohl Negativ-Beispielen aus der deutschen Ge- verbandes die nationalen Interessen und

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 25 wirkt auf die Berücksichtigung deutscher militärpolitischer Auflagen ein. ... Dabei können sich in Einzelfällen auch Wider- sprüche, z.B. zwischen deutschem Recht und den Rechtsvorschriften eines Gastlan- des, ergeben.“ (dto, Seite 14)

›? Auch der „Reader Sicherheitspolitik“ als Beilage zur Februar-1999-Ausgabe von „IfdT“ sprach sich für „einen möglichen Militärschlag der Allianz gegen Serbien“ in nationalem Interesse aus, der ja dann ab März 1999 erfolgte. Vor diesem Hinter- grund wird grundsätzlich gefordert, „deut- sche Interessen in der internationalen Po- litik“ zu definieren. Denn: „Die Formulie- rung von jeweiligen nationalen Interessen im Kontext des internationalen Systems kann zu einer Vertiefung von Integration und Kooperation der Nationen beitragen, wenn Interessen definiert, also eine kon- Antikriegsbündnis Aachen: Protestaktion vor dem Natohauptquartier in Brunssum, NL krete kalkulierbare Größe werden.“ Deutschland soll also seine Ansprüche de- schimpfte ein Bundeswehrsoldat auf die on für die Truppe“ im Oktober 1999. Das finieren, damit unsere Partner wie Gegner albanischen Brandstifter bei einem Lösch- zuletzt erschienene Heft der IfdT vom Jah- wissen, woran sie mit uns sind. Dabei wird Einsatz, er „knallte seinen Gefechtshelm in reswechsel bietet dann dem Soldaten ein mit der Mär aufgeräumt, die Bundeswehr eine Ecke und lehnte sich völlig erschöpft düsteres Bild voller Unwägbarkeiten im müsse aus Bündnistreue heraus sich mit den an eine Hauswand“. Diese Szene vom Ter- neuen Jahrhundert, wobei eins gewiss ist: USA und anderen „solidarisch“ verhalten: ror gegen serbische Minderheiten im Er wird zu weiteren Kriegen gerufen wer- „Durch Errichten neuer Führungs- Kosovo fand sich nie in den deutschen den, denn der Westen wird „weiterhin Dik- kommandos ... ist die nationale Verantwor- Medien wieder, obwohl zahlreiche taturen, die die Menschenrechte miss- tung und Führung von deutschen Truppen Medienvertreter im Juni 1999 dabei wa- achten,“ bekämpfen. im Einsatz sichergestellt, auch wenn sie - ren. Geschildert wird sie in einem Beitrag wie in Bosnien - Teil internationaler „Bundeswehr und Medien im Kosovo“ in Neue Kriegsschauplätze werden seit lan- Streitkräftestrukturen sind.“ Zugleich sei der Zeitschrift „Information für die Trup- gem anvisiert. So heißt es in der September- die Bundeswehr „Schrittmacher der mili- pe“ mit dem Zusatz: „Dies hätte für eine ausgabe 1998 der „Information für die tärischen Integration“, wie Deutsch-Nie- negative Schlagzeile ‘wunderbar’ ausge- Truppe“ (IfdT), der ein „Reader Sicher- derländisches Korps o.ä. sowie Eurokorps schlachtet werden können. Es unterblieb, heitspolitik“ beilag, mit „Risikofaktoren zeigten. denn alle waren gemeinsam dem humani- und Risikofelder - Politik/Ökonomie/Öko- tären Einsatz verpflichtet. logie/ Militär ‘Erdölpoker am Kaukasus’“ Etwa neun Monate vor Kriegsbeginn ‘Tartarenmeldungen’ waren nicht gefragt.“ überschrieben. Eine Karte zeigt die „uner- vom März 1999 werden die Bundeswehr- (IfdT 7-8/99) schöpflichen“ Ölreserven und Gaslager medien konkreter in ihrer Kriegshetze. auf, die im Kaspischen Becken vermutet Nach Beginn des Aufstandes der UCK, die Schon 1996 wurde in der Gewerkschafts- werden; zugleich werden potentielle Kon- von „Information für die Truppe“ Nr. 5/98 zeitung der IG Medien „MMM“ eine Ent- fliktgebiete in den Kaukasusländern, in durchaus eine „Terrororganisation“ ge- hüllung veröffentlicht: „Wenn die Schere Afghanistan, am Schwarzen Meer und in nannt wird, berichtet diese Zeitschrift von in unserem Kopf der Bundeswehr gehört“. der Türkei ausgewiesen. Zusammenfassend der seit 1913 ungelösten „albanischen Fra- Der Krieg der Bundeswehr mittels eigenen heißt es über das „ölreichste Gebiet der ge“. Mit Sanktionen der „internationalen und öffentlichen Medien begann also nicht Erde“: „Damit die Anrainerstaaten ihre Gemeinschaft“ soll nun Serbien zum Ein- erst 1999. Ressourcen anbieten können, sind jedoch lenken gebracht werden. „Anhaltende ser- sichere Besitzrechte, Transportwege zu den bische Repression“ würden nach „äußerer Künftig, so wird mittels Bundeswehr- Weltmärkten und hinreichende politische Einmischung“ rufen. Der Beitrag ist mit medien gelehrt, kann ganz auf jegliche Stabilität erforderlich“. Es wird die West- „Ruhe vor dem Sturm“ überschrieben - und Rechtsnorm verzichtet und jeder Verstoß führung der Pipeline bis zum Balkan und eine Zwischenüberschrift lautet „Sympa- gegen Grundgesetz und Völkerrecht ris- dem Mittelmeer gefordert, während China thie für albanische Untergrundkämpfer“. kiert werden: Kosovo habe den „neuen und Kasachstan „eine Pipeline zu Chinas Typus des ‘postnationalen’ Krieges einge- Westgrenze“ favorisieren. Die Strategie der Die Widerspiegelung des „Kosovo-Krie- leitet“, in dem „die Grenzen zwischen Bundeswehr und der NATO wird so ver- ges“ in den Bundeswehrmedien als Grund- Krieg und Frieden, Angriff und Verteidi- deutlicht: „In der kaspischen Region tref- muster für die Besatzerpolitik der Bundes- gung, Recht und Unrecht etc. verschwin- fen die wirtschaftlichen und politischen In- wehr ist sehr aufschlussreich. „Wenn ich den.“ Das schreibt ein Abteilungsleiter der teressen der USA, der Russischen Födera- einen von denen erwische, dann ...“ So Konrad-Adenauer-Stiftung in „Informati- tion, der Türkei und des Iran aufeinander.

Seite 26 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Hinzu kommen die jeweiligen Strategien deutet. Infrastruktur - eine mentale Integration der kleinen Anrainerstaaten wie der Transit- durch Neubildung der Nation“. Triumphie- länder. Im allgemeinen ist dabei eine Ten- Immer wieder kommen in der „IfdT“ Au- rend wird er begrüßt, „der Anschluss der denz zur Emanzipation von russischem toren des rechtesten Spektrums wie Cle- DDR (die Bundeswehr benutzt dieses Einfluss und Hinwendung zum Westen fest- mens Range zu Wort. Das Organ für die Wort) an die Bundesrepublik - ohne eige- zustellen.“ Emanzipation von russischem Innere Führung ist bekanntlich allen Sol- nes in diese nationale Ehe mit einzubrin- Einfluss – so nennt sich heute die Befrei- daten und Reservisten zugänglich. Es stützt gen“. Nach dem Sieg des Nationalen über ung von der östlichen Supermacht, die sich bei seinen Berichten über Fragen von den Sozialismus drohe dem Nationalen nun 1989 so glänzend gelang und die nun für Nation und von „Völkerwanderungen“ die multikulturelle Gesellschaft, heißt es, alle Zeiten gesichert werden soll. Der Griff auch auf Autoren der „Jungen Freiheit“ wie neue Gefahren ausmachend: „Sie (die nach dem Öl gehört dazu. Jan Werner, Pseudonym des Berliner REP- multikulturelle Gesellschaft) ist der recht- Vorsitzenden, der das Stereotyp des krimi- liche Rahmen dafür, andere Kulturen In „Information für die Truppe“, März 99, nellen ausländischen wurde der „Wandel der NATO von einer Drogenhändlers bemüht Verteidigungsallianz aus Zeiten des Kalten und die Festung Europa for- Krieges hin zur Ordnungs- und Stabilitäts- dert. (Inf.f.d.Truppe 7/92). institution in und für das Europa des 21. Jahrhunderts, ein Europa mit absehbaren Ein kritischer Leser fasste Instabilitäten an seiner Peripherie“ propa- zusammen, was er ange- giert. Die Feindbilder der Bundeswehr: sichts eines derartigen Bei- „Proliferation, politischer Fundamentalis- trags über die drohende mus und Terrorismus“. Sie „stellen eine „Völkerwanderung“ in Nr. Bedrohung für alle dar. Darüber hinaus wir- 3/92 der IfdT dachte: „Es ken sich Verknappung von Ressourcen und hat mich sehr erschreckt als Migrations- und Flüchtlingsbewegungen ich feststellte, dass sich der auch auf die europäischer Sicherheitslage Artikel von Clemens Ran- aus.“ Das Asylrecht als militärisches Pro- ge auf das Buch von Jan blem! Werner stützt. Dieser ist mir In der Ausgabe zu „50 Jahre NATO“ wirbt aus einem Artikel in der IfdT unverhohlen für die militärisch ag- `Jungen Freiheit’ bekannt, gressive Selbstmandatierung der NATO einer Monatszeitung aus unter dem Vorwand, „humanitäre Katastro- dem rechtsextremen Dunst- phen“ zu bekämpfen. OSZE und UNO kreis. In diesem Artikel be- werden beiseite geschoben, da ihre Be- schwört Jan Werner Massen schlüsse eine „unzulässige Einschränkung von angeblichen Flüchtlin- des Handlungsrahmens der Atlantischen gen, die auf die Bundesre- Allianz“ erbringen könnten. Unter der publik zuströmen werden. Überschrift „Eine globale Rolle für die Dabei benutzt er das Ste- NATO?“ wird dem „Krisenmanagement reotyp des kriminellen aus- jenseits der Bündnisgrenzen“, also dem ländischen Drogen- Krieg in aller Welt, das Wort geredet. händlers, fordert die Ab- schaffung der Entwick- Der Griff über die Oder hinaus wird vor- lungshilfe für die `Dritte bereitet. Unter der Überschrift „Signal“ Welt’ zugunsten Osteuropas Teile und Herrsche-die Sicht der „Information für die Truppe“ melden die „Informationen für die Trup- und befürwortet die pe“ vom August 1995, in Polen würden Abschottung der ‘Festung Europa’ gegen gleichzustellen...“ Die räumlichen, finan- deutschstämmige polnische Staatsbürger Flüchtlinge. In diese Kerbe schlägt auch ziellen und kulturellen Gegebenheiten vom Wehrdienst in der polnischen Armee (Bundeswehr-Autor-) Range und be- Deutschlands seien aber zu begrenzt, um befreit, wenn sie schon in der Bundeswehr schwört ebenso nicht zu bewältigende hier Erwartungen und Rechtsansprüche zu gedient haben. Es stellt sich heraus, dass Flüchtlingsmassen. Eine Art mit den schaffen. Es drohe auf diesem Weg „eine „viele junge Deutsche in Polen ihren Flüchtlingen umzugehen, die der grassie- politische und wirtschaftliche Grundwehrdienst bei der Bundeswehr ab- renden, aber völlig unbegründeten Destabilisierung der Bundesrepublik leisten“ - als Vorgriff auf die Wirkungen Überfremdungsphobie entgegenkommt.“ Deutschland.“ (S. 11) der NATO-Osterweiterung. Es sollen schon (7/92, S. 68/69) über 2000 junge „Deutschstämmige“ aus Wir stehen vor einer Wende in der Medien- dem östlichen Ausland ihren Dienst in der Information für die Truppe, das struktur der Bundeswehr. Zur neuen Bundeswehr geleistet haben und dann zu- Bundeswehrblatt für die Innere Führung, Medienkonzeption der Bundeswehr erfah- rückgekehrt sein, wurde mir von einem propagiert nicht nur in Nr. 9/92 den Natio- ren wir in IfdT Nr. 6/2000 und 11-12/2000, Anwerbungsoffizier in der Anwerbestelle nalismus und die Fremdenfeindlichkeit: dass eine die Teilstreitkräfte übergreifen- „Ost“ – „wir sind hier zuständig bis zum „Das defizitäre Nationalgefühl muss ge- de Lösung gefunden wurde, ganz im Sinne Ural“ – in der Berliner Regattastraße be- kräftigt werden.“ Nötig sei eine „mentale der faktischen Wiederherstellung eines Ge-

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 27 neralstabes durch die Befehlsgewalt des zung der „deutschen Interessen“, das Stre- Generalinspekteurs über alle Teilstreit- ben nach Erlangung der Rohstoffe und Si- kräfte. In Nr. 8/2000 der IfdT wird zudem cherung der Handelswege, von den Men- die Akademie der Bundeswehr für Infor- schen nicht als Kriegsdrohung aufgefasst mation und Kommunikation in Potsdam und zurückgewiesen wird. Den Deutschen (früher Akademie für Psychologische Ver- Öl, Rohstoffe und Märkte zu beschaffen teidigung in Waldbröhl) und ihr zehnjähri- und vor allem: Flüchtlinge abzuwehren - ges Bestehen ausführlich gewürdigt. „Das siehe der Krieg 1999 gegen die angebli- neue Konzept der Truppeninformation in- chen Vertreibungen -, findet die Öffentlich- tegriert in einem Medienmix die Möglich- keit offenbar nicht sehr bedrohlich. keiten von Intranet aktuell, Printmedien, und - langfristig - Bundeswehrfernsehen. An die Stelle der Demokratie tritt die De- Moderne Printmedien müssen dabei Er- moskopie - und die Demagogie. Dennoch: wartungshaltungen der Leser hinsichtlich Es gilt die Militärpläne zu entlarven. Es Aktualität, Aufmachung und Service ent- kann auch ‚unser Wohlstand’ verloren ge- sprechen, wie sie sich aus dem Informati- hen, wenn die Rüstung und Umrüstung so onsangebot von Funk, Fernsehen und elek- weitergehen. Es kann auch ‚deutsches Blut’ tronischen Medien, aber auch einer sich fließen, wenn nach der neuen Konzeption wandelnden Presselandschaft, entwickelt die Bundeswehr regelmäßig und ständig haben. ... Als Wochenzeitung erscheint auf zwei Kriegsschauplätzen im Einsatz ist. ‘Bundeswehr aktuell’ auch künftig am Vielleicht macht das ja Angst – Angst, die Montag jeder Woche. ... Im Frühjahr 2001 gegen den Krieg produktiv wird?! startet ein neues Monatsmagazin zunächst in einer Auflage von 65.000 Exemplaren. Es bleibt der permanente Bruch des Grund- ... Zur Grundlageninformation über The- gesetzes und des Völkerrechtes anzupran- men der politischen und politisch-histori- gern, vor allem der Bruch der GG-Artikel schen Bildung wird die ‘IfdT’ als Quartals- 26 und 87 a, die den Angriffskrieg verbie- schrift der Inneren Führung ab Februar ten und allein eine Verteidigungsarmee er- 2001 mit leicht verändertem ‘Gesicht’ wei- lauben. tergeführt. Der ‘Reader Sicherheitspolitik’ erscheint weiterhin monatlich. ... Der Öf- Die Bundeswehr ist die größte und mäch- fentlichkeit ist er ab Januar 2001 über tigste verfassungsfeindliche und verfas- www.reader-sipo.de zugänglich. Zugleich sungswidrige Organisation. Und über ihre wird ein online-Archiv der Lieferungen seit Medien stellen sie das stärkste verfassungs- 1994 aufgebaut.“ (IfdT 11-12/00, Seite 5) feindliche Propagandapotential.

Fazit: Die Bundeswehrmedien sind Medi- Ulrich Sander (1941), Journalist, Mitglied en zur Kriegsführung. Sie setzen schon lan- des Geschäftsführenden Landesausschus- ge die deutsche Leitkultur gegen die ses und des Bundessprecherkreises der Ver- Destabilisierung Deutschlands per einigung der Verfolgten des Naziregimes/ Multikulti und anderen „Gefahren“ durch, Bund der Antifaschistinnen und Antifaschi- wie in IfdT Nr. 9/92 zu lesen war. Die sten, Veröffentlichungen zu Jugend und Bundeswehrmedien sollten stärker von uns Widerstand, zur regionalen Zeitgeschich- beachtet werden. Das neue Bundeswehr- te, zu Rechtsextremismus und Bundeswehr, konzept wurde darin vorgezeichnet. Hät- darunter „Szenen einer Nähe - Nach dem ten wir es früher ernst genommen, wäre es großen Rechts Um bei der Bundeswehr nicht zu der Überraschung und Überrum- (Bonn, 1998) und „Der dritte Feldzug ge- pelung der Friedensbewegung gekommen gen Serbien“ (Hannover 1999), Mitheraus- – und nicht zu der nahezu unwidersproche- geber einer Kurt-Bachmann-Schriftenaus- nen Hinnahme dieses Konzepts durch die gabe und des „Schwarz-Braun-Buches“/ Bevölkerung. Ein jüdischer Diskussions- Alternativer Verfassungsschutzbericht teilnehmer sagte mir in einer Diskussions- (Bonn 1995), Vorstandsmitglied des Pres- rund zur lebhaft geführten Goldhagen-De- sebüros „Nachrichten gegen Rassismus“ batte einmal: „Ihr denkt immer ‚Wer Hit- Köln und des Internationalen Romberg- ler wählt, wählt den Krieg‘ hätte doch 1933 parkkomitees Dortmund. eine ausreichende Warnung sein müssen. Es war aber für viele Deutsche eine Ver- heißung“. Heute sind wir oft enttäuscht, weil der Kern der militärischen Durchset-

Seite 28 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? „Denkfabriken in und um die Bundeswehr“ Joß Fritz

Weitgehend unbeachtet von der Öffentlich- Die Gründung eines Regional- keit arbeiten in und um die Bundeswehr zahl- kreises in Ulm ist derzeit in Planung. reiche Arbeitskreise, Gesellschaften und Or- Geleitet werden diese Regional- ganisationen, die sich mit Fragen der Sicher- kreise allesamt von ehemaligen heitspolitik befassen. Brigadegenerälen. Jeder der vier Gegründet wurden diese zumeist um 1955 Regionalkreise führt im Jahr etwa 5 von ehemaligen Offizieren der nazistischen - 7 Vortragsveranstaltungen durch. Wehrmacht aus Anlass der Wiedereinführung Die Gesellschaft verfügt über zahl- des Militärdienstes. Einige bereits früher, reiche Verbindungen zu den Spitzen denn bereits 1950 ernannte Bundeskanzler der Politik. So traten der damalige Adenauer Theodor Blank zum „Beauftrag- SPD-Verteidigungsminister Hans ten für die mit der Vermehrung der alliierten Apel als Mitautor eines Buches der Truppen zusammenhängenden Fragen“, die Gesellschaft oder beispielsweise der Keimzelle des fünf Jahre später errichteten CDU-Rechtsaußen Alfred Dregger Verteidigungsministeriums. als Referent dort auf. Auch Dr. Holger H.Mey, die Disziplin, Tapferkeit und Vaterlandslie- Zu diesen ersten Vereinigungen zählt die Direktor des „Institutes für strategische Stu- be des deutschen Soldaten auch des Ost- 1952 gegründete „Gesellschaft für Wehr- dien“ in Bonn referierte kürzlich bei der heeres gewürdigt. Leider hatten wenige Deut- kunde“, die ihre Aufgabe darin sieht, „das „Clausewitz-Gesellschaft“. 1998 trat Mey sche den Mut dazu“, heißt es in dem Aufruf Verständnis für die Notwendigkeit der Vor- auch als Referent auf einer „Wehrpolitischen unter anderem. sorge der „äußeren Sicherheit im Zentrum Tagung“ des von dem ehemaligen NS-Stabs- Auch zum Revanchistenspektrum, zahlreiche Europas zu stärken“, wie es heißt. Die heute richter Hans Filbinger gegründeten „Studien- hohe Offiziere der Bundeswehr sind gebür- unter dem Namen „Gesellschaft für Wehr- zentrum Weikersheim“ auf. tige Ostpreußen, Sudetendeutsche oder und Sicherheitspolitik“ agierende Vereini- Darüber hinaus ist die „Clausewitz-Gesell- Schlesier, gibt es keine Berührungsängste. So gung, die Vortragsveranstaltungen durchführt schaft“ gemeinsam mit der „Gesellschaft für findet sich 1991 ein Beitrag des ehemaligen und die Zeitschrift „Europäische Sicherheit“ Wehr- und Sicherheitspolitik“ Herausgeber Botschafters und Mitglied der „Clausewitz- mit herausgibt, wird bislang weitgehend aus der Monatszeitschrift „Europäische Sicher- Gesellschaft“, Rolf Friedemann Pauls, in dem öffentlichen Mitteln finanziert. heit“, früher „Europäische Wehrkunde“. Revanchistenblatt „Der Schlesier“ (20/91). Neben der „Gesellschaft für Wehr- und Si- Auch zu den rechtsgewirkten Soldaten- Pauls, der ansonsten auch für die konservati- cherheitspolitik“ ist es aber vor allem die verbänden gibt es Verbindungen. So beklag- ve „Welt“ zur Feder greift, beklagt sich dort „Clausewitz-Gesellschaft“, die über engste te sich der Sprecher des wissenschaftlichen über die Anerkennung der Bundesregierung Verbindungen in die zentralen Schaltstellen Beirats der „Clausewitz-Gesellschaft“, Ge- hinsichtlich der in der DDR erfolgten Ent- des Militärs verfügt, ja sogar teilweise mit neralmajor a.D.Greiner, 1996 im Organ des eignungen von Nazikriegsverbrechern und im diesen übereinstimmt. Ihre Bedeutung liegt rechtsgerichteten „Verband Deutscher Solda- Rahmen der Bodenreform. Gleich neben darin, das in diesem Kreis wesentlich offe- ten“, „Soldat im Volk“ (7-8/96) über eine Pauls Beitrag findet sich ein Artikel von Jo- ner Fragen thematisiert werden können, als Ausstellung unter dem Titel „Soldaten sind hanna Grund, die 1989 für die neofaschisti- im Rahmen der engen Vorgaben der Mörder“, die eine Friedensinitiative in Hei- schen „Republikaner“ in das Europaparla- Verwaltungsbürokratie des Bundesverteidi- delberg gezeigt hatte. Die Ausstellung über ment eingezogen war. gungsministeriums. deutsche Kriegsverbrechen in Jugoslawien Geleitet wurde die „Clausewitz-Gesellschaft“ Der „Clausewitz-Gesellschaft“, die sich dem während des 2.Weltkrieges bezeichnete noch 1980 von dem ehemaligen Generals- Werk des preußischen Generals und Militär- Greiner darin als „Musterbeispiel für über- inspekteur der Bundeswehr, Ulrich de Mai- strategen Carl von Clausewitz verpflichtet holt geglaubteAktionen der Agitprop und der ziere. Maiziere war während des Naziregi- fühlt, gehören zahlreiche ehemalige hohe Desinformation“. Auch die Kritiker der Aus- mes 1.Generalstabs-offizier der Wehrmacht. Offiziere der Bundeswehr und der Wehr- stellung „Vernichtungskrieg - Verbrechen der In dieser Funktion befehligte Maiziere u.a. macht, aber „auch andere Persönlichkeiten Wehrmacht“, in diesem Fall die „Arbeitsge- die 10.Panzergrenadierdivision, die von Mai in Führungspositionen“ an, heißt es in einer meinschaft für Kameradenwerke und bis Juni 1943 im russischen Orel an der Be- Selbstdarstellung. Dem elitären Kreis, dem Traditionsverbände“, unterstützte Greiner kämpfung von Partisanen teilnahm. heute der General Klaus Naumann, zuletzt 1999 mit einer Spende. Die Wehrmachtseinheiten gingen dabei mit Vorsitzender des NATO-Militärausschusses Das Mitglied der „Clausewitz-Gesellschaft“, „„äußerster Brutalität gegen die Partisanen- und zugleich Vizepräsident der der Generalmajor a.D. Eberhard Wagemann, gebiete vor, umstellten die Dörfer und Wald- einflussreichen „Deutsch-Atlantischen Ge- setzt sich zum Beispiel in einem in der Zeit- gebiete, vertrieben die Einwohner, machten sellschaft“ vorsteht, gehörten 1980 etwa 600 schrift „Soldat im Volk“ (10/99) abgedruck- die Orte dem Erdboden gleich“, heißt es in Mitglieder an. Organisiert sind diese in vier ten Aufruf für den Wiederaufbau der Potsda- Kühnrichs Buch über den „Partisanenkrieg“. Regionalkreisen und zwar Hamburg, Berlin, mer Garnisonskirche ein. „Große Staatsmän- Für seine Verdienste wurde Maiziere bereits Köln/Bonn und München. ner und Soldaten und viele Historiker haben 1951 in das „Amt Blank“, dem Vorläufer des

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 29 Verteidigungsministeriums, berufen. Bestä- dieser Broschüre waren der damalige Präsi- aussprach (Jaeger wurde der erste Präsident tigung erfährt Maiziere auch vom DVU-Chef dent des Bundesnachrichtendienstes, Hans- der Gesellschaft), Dr. Hans-Joachim von Gerhard Frey. Zum 80.Geburtstag gratulier- Georg Wieck, der „Betrachtungen zur Merkatz, während des Naziregimes General- te die „Deutsche Wochenzeitung“ dem ehe- geostrategischen Lage“ Deutschlands vorleg- sekretär des „Ibero-Amerikanischen Insti- maligen Generalinspekteur artig und lobte te und des Generals a.d. Franz-Joseph Schul- tuts“ in Berlin, nach dem Krieg stellvertre- besonders dessen Einsatz für das Konzept der ze, ein ehemaliger Offizier der Wehrmacht, tender Vorsitzender der „Deutschen Partei“, „Inneren Führung“ und des „Staatsbürgers in der ebenfalls als Referent bei der Hambur- der Botschafter Herbert Blankenhorn, 1936 Uniform“. ger „Staats- und Wirtschaftspolitischen Ge- Mitglied der NSDAP und später Leiter der Maizieres Stellvertreter war zu diesem Zeit- sellschaft“ aufgetreten war. BND-Chef Wieck Wirtschaftsabteilung der Nazi-Gesandtschaft punkt der Generalmajor Heinz Walter von zur trat in der Broschüre für einen in Bern, dann Referatsleiter im Auswärtigen Gathen, zugleich Kommandeur der selbstbewussteren Umgang Deutschlands mit Amt unter sowie Führungsakademie der Bundeswehr. 1997 seiner „exponierten geostrategischen Lage“ weitere ehemalige Akteure des Naziregimes. unterzeichnete er einen in der „Jungen Frei- ein. Er plädierte dafür, „die Scheu vor dem 1969 wurde auch der General Hans Speidel heit“ (JF 18/97) veröffentlichten Aufruf ei- Umgang mit der Macht“ schrittweise abzu- Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft. ner „Arbeitsgemeinschaft Paulskirche“ gegen bauen und wendet sich gegen „das Versteck- Speidel war während des Naziregimes Lei- die sog. „Wehrmachtsausstellung“. Über- spiel hinter dem Rücken anderer Länder und ter der Abteilung „Fremde Heere West“ im haupt scheint die Hamburger Führungs- deren Initiativen“. Als positives Beispiel für Generalstab des Heeres. Unter seiner Regie akademie der Bundeswehr ein beliebter den Abbau dieser Scheu vor der Macht er- als Chef des Generalstabs beim Militär- Treffpunkt zu sein. So organisieren die wähnte Wieck übrigens ausgerechnet den befehlshaber in Frankreich wurde ein grau- Führungsakademie der Bundeswehr und die Mogadischu-Zwischenfall mit der Befreiung sames Terrorregime gegen die Zivilbevölke- „Clausewitz-Gesellschaft“ auch gemeinsame der entführten Lufthansa-Maschine durch den rung errichtet. Tagungen. Wie z.B. 1997 in Ulm, wo es um Bundesgrenzschutz. „Solange“ es eine Be- Später, als Chef des Generalstabes der 8.Ar- die Frage des „Generalstabdienstes in multi- drohung durch die Sowjetunion gebe, so mee in der Sowjetunion gehörte er zu den nationalen Streitkräften“ ging. Wieck, „brauchen wir die strategische Absi- Hauptplanern und Vollstreckern der „Taktik Nicht nur die „Clausewitz-Gesellschaft“ trifft cherung Europas durch die USA“. Doch dür- der verbrannten Erde“. Geehrt wurde Speidel sich in der Führungsakademie der Bundes- fe sich „unser Blick nicht auf Mitteleuropa für seine „Verdienste“ von der Bundesregie- wehr, auch wenn es sich dabei nur um ihr allein richten, sondern muss den Atlantik rung Adenauers mit dem Amt des Leiters der traditionelles „Grünkohlessen“ geht, sondern ebenso wie Spannungsfelder außerhalb des „Abteilung Streitkräfte“ im neugebildeten auch Reservisten-Verbände. Zeugen wollen NATO-Vertragsraums in die Betrachtung und Verteidigungsministerium. auf solchen Treffen in der Führungsakademie in eine aktive Politik einbeziehen“. Der 1966 gegründete „Arbeitskreis für auch schon einmal „Sieg Heil“-Rufe gehört Die 1956 gegründete „Deutsch-Atlantische Landesverteidigung“ (AFL) mit Sitz in haben. Auch einen ehemaligen SS-Mann Gesellschaft“ sieht ihre Aufgabe in der Un- Bonn bekennt sich zur „Europäischen Eini- konnte man hier bei Veranstaltungen antref- terstützung der Bestrebungen der NATO. gung und zum Atlantischen Bündnis“. Er fen. 1995 hatte man sogar die Gelegenheit, Dazu dienen Informationsveranstaltungen befasst sich mit „Fragen der inneren, äuße- hier den Worten des Alt- und Neonazis Man- über Sicherheitsfragen, Lehrgänge und Kon- ren, wirtschaftlichen und globalen Sicherheit“. fred Roeder bei einem Vortrag zu lauschen. ferenzen sowie Informationsfahrten zur Zu Beginn der 80er kamen über die Hälfte der Immerhin soll der Nachwuchs in der NATO. Gegliedert ist die Gesell- „Führungsakademie der Bundeswehr“ ja schaft in zahlreiche regionale Ar- auch etwas anständiges lernen..... beitskreise. Über ihre Aktivitäten Einer der Nachfolger Maizieres im Amte des wird im „Atlantischen Kurier“ be- Vorsitzenden war der Generalleutnant a.D. richtet, der als Beilage des von der Lothar Domröse. Domröse war Referent bei NATO herausgegebenen „NATO- der im Umfeld des „Ostpreußenblattes“ an- Briefes“ erscheint. Präsident der gesiedelten „Staats- und Wirtschaftspoliti- Gesellschaft ist derzeit der ehema- schen Gesellschaft“(SWG). Mitte der 90er lige CDU-Generalsekretär Jahre taucht Domröse in leitender Funktion Ruprecht Polenz. Seine Stellver- einer anderen „Denkfabrik“ um die Bundes- treter sind Klaus Naumann von der wehr auf, nämlich als geschäftsführender „Clausewitz-Gesellschaft“ sowie Vorsitzender des „Deutschen Strategie-Fo- jeweils ein Bundestagsabgeordne- rums“. Das „Deutsche Strategie-Forum“ ter von SPD und FDP. Zu den Mit- sieht seine Aufgabe u.a. darin, „die weltwei- gliedern der „Deutschen-Atlanti- te Verflechtung der Interessen der BRD“ zu schen Gesellschaft“ gehört eigent- untersuchen und darzustellen und „Beiträge lich alles was in Politik und Ge- zur Entwicklung der Gesamt-Strategie“ zu sellschaft Rang und Namen hat. In- bieten. Domröse war schon Mitte der 80er teressant auch der Gründungsvor- Jahre für das „Strategie-Forum“ tätig. 1986 stand der Gesellschaft. Ihm gehör- trat er in einem Vorwort in der Broschüre des ten u.a. der Vizepräsident des da- „Strategie-Forums“ mit dem Titel „Deutsch- maligen deutschen Bundestags, lands Sicherheit im Kräftespiel des Welt- Dr.Richard Jaeger (CSU) an, der konflikts“ für eine Verstärkung der konven- sich 1957 für die Einführung der tionellen Streitkräfte ein. Weitere Autoren Todesstrafe für politische Taten

Seite 30 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Mitglieder des AFL aus NRW. Mehrheitlich heit beschäftigt sich auch die „Bundes- de der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, handelte es sich bei ihnen um Studenten und akademie für Sicherheitspolitik“ in Bonn. Transport und Verkehr SCHMOLDT, Huber- Schüler, Soldaten, Pädagogen und Dozenten, Die Bundesakademie ist die zentrale tus -Vorsitzender der Industriegewerkschaft Angehörige von Verwaltungen sowie um Fortbildungsstätte des Bundes und präsen- Bergbau, Chemie, Energie- SCHOPPE, Wal- Journalisten und Publizisten. tiert sich als nationales und internationales traud Ehemaliges Mitglied des Deutschen Zu den Mitgliedern und Funktionären der Diskussionsforum in Sicherheitsfragen. Ziel- Bundestages, Ministerin a.D. -WEHMEIER, AFL gehören bzw. gehörten u.a. gruppen der Veranstaltungen der Akademie Dr. Klaus Mitglied der Geschäftsführung der -der Bonner Graf von Moltke, auch Autor in sind u.a. Führungskräfte in Politik, Verwal- Körber-Stiftung -WEILEMANN, Dr. Peter der Zeitschrift „Soldat im Volk“ und Refe- tung, Wissenschaft und Medien. Eine von der rent beim „Verband Deutscher Soldaten“, Akademie herausgegebene Schriftenreihe zur Auch der Vorstandsvorsitzende des „Freun- -Günther Poser, während des 2.Weltkrieges „Neuen Sicherheitspolitik“ beschäftigt sich deskreises“ der Akademie ist ein Militär. Rolf U-Boot-Kapitän und Ende der 80er Jahre mit Fragen des „Terrorismus“ und des Hüttel ist Generalleutnant a.D.. Beisitzer im zeitweise im Bundesvorstand der neofaschi- „Kriminalitätsimports“ ebenso, wie mit den Vorstand ist auch Andreas Prüfert. Prüfert ist stischen „Republikaner“, „Strategien und Strukturen der deutsche Si- Leiter der „Karl-Theodor-Molinari-Stif- -Jochen Löser, Generalmajor a.D. und ehe- cherheitspolitik“. tung“, dem Bildungswerk des „Deutschen mals Offizier der Wehrmacht, der auch schon Das Kuratorium der Akademie setzt sich aus Bundeswehrverbandes“. Molinari hatte einmal bei der neurechten „Deutsch-Europäi- den Ministern des Bundessicherheitsrates un- schon während des Naziregimes alles für die schen Studiengemeinschaft“ und beim „National- ter Leitung des Bundeskanzlers zusammen. deutsche Sicherheit getan. Und zwar u.a. als europäischen Jugendwerk“ referiert hatte, Studienleiter und Stab der Akademie sind Abteilungs-Kommandeur eines Panzerregi- -Helmut Bärwald, einst Leiter des SPD-Ost- zum Teil Offiziere der Bundeswehr. ments. 1944 ermordeten die Soldaten dieses büros und Autor in verschiedenen rechten Beiratsmitglieder der Bundesakademie für Panzerregimentes in den französischen Ar- Zeitungen, wie z.B. dem „Ostpreußenblatt“ Sicherheitspolitik Stand: September 2000 dennen 106 Partisanen. Für dieses Verbre- und der „Jungen Freiheit“. BERTRAM, Dr. Christoph Direktor Stiftung chen wurde der Ritterkreuzträger 1951 von Vorsitzender des AFL ist zumindest seit Be- Wissenschaft und Politik -BURCHARDT, einem französischen Militärtribunal - in Ab- ginn der 80er Jahre der ehemalige Stabsoffi- Rainer Chefredakteur DeutschlandRadio wesenheit - zum Tode verurteilt. zier im Wehrbereich III, Hans Peters aus Bonn. Köln -CARSTENS, Peter-Heinrich General Das Todesurteil beeinträchtigte Molinaris Redakteur des AFL-Rundbriefes „Landesver- a.D., Ehemaliger Chef des Stabes SHAPE- Nachkriegskarriere jedoch nicht. In der Bun- teidigung“ war lange Zeit der Geschäftsfüh- ENGELEN-KEFER, Dr. Ursula Stellvertre- deswehr wurde Molinari gar Zwei-Sterne- rer der „Studiengesellschaft für Zeitprobleme“, tende Vorsitzende Deutscher Gewerkschafts- General. Außerdem trat er der CDU bei und Dr.Gottfried Linn, Anfang der 90er Jahre auch bund -FELDMEYER, Karl Frankfurter All- war Mitbegründer des „Deutschen stellvertretender Vorsitzender der AFL. Bei gemeine Zeitung -FREY, Dr. Peter -Haupt- Bundeswehrverbandes“. den weiteren Vorstandsmitgliedern handelte es redaktionsleiterAußenpolitik Zweites Deut- Einen Preis verleiht der „Freundeskreis“ der sich zuletzt mehrheitlich um aktive und inak- sches Fernsehen -FRIEDMAN, Dr. Michel Bundesakademie übrigens auch: den „Karl tive Offiziere der Bundeswehr. Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Carstens-Preis“. Das war der wanderlustige Als Referenten traten bei der AFL zahlrei- Deutschland- HACKE, Professor Dr. Chri- Bundespräsident, ein CDU-Mann, der wäh- che Bundestagsabgeordnete auf, so u.a.: stian Ordentlicher Professor und Geschäfts- rend des Naziregimes dem SA-Studenten- Horst Niggemeier von der SPD, der sude- führender Direktor des Seminars für Politi- sturm, der NSDAP und dem „Bund Natio- tendeutsche Eduard Lintner (CSU), Rupert sche Wissenschaften der Universität Bonn - nalsozialistischer Juristen“ angehört hatte und Scholz (CSU), Dr.Andreas von Bülow HARMS, Menno Vorsitzender des Aufsichts- sich später nicht mehr daran erinnern konnte (SPD), Markus Berger (CDU), ferner Lothar rates der Firma Hewlett - Packard GmbH oder wollte ob, wann und wo und gegen wen Domröse von der „Clausewitz-Gesellschaft“ Deutschland -JANNING, Josef Stellvertre- er als Beisitzer bei Kriegsgerichtsprozessen bzw. dem „Deutschen Strategie-Forum“, tender Direktor Centrum für angewandte mitgewirkt hatte. - Prof.Wilhelm Grewe, während des Nazire- Politikforschung -JUSTENHOVEN, Dr. Wie man sieht, wirken auf die Entscheidun- gimes Publizist in diversen Zeitschriften, Heinz-Gerhard Direktor Institut für Theolo- gen des Bundesverteidigungsministeriums nach dem Krieg Botschafter bei der NATO gie und Frieden, Barsbüttel -KAISER, Pro- die verschiedensten Kreise ein. Einmal mehr in Paris, zu Beginn der 80er Jahre auch stell- fessor Dr. Dr. h.c. KarlDirektor Forschungs- wird deutlich, wie prägend ehemalige Offi- vertretender Vorsitzender der „Atlantik-Brük- institut der Deutschen Gesellschaft für Aus- ziere der nazistischen Wehrmacht bei der ke“, eine Einrichtung zur Verbesserung der wärtige Politik e.V. -LÜRSSEN, Friedrich Gründung der Bundeswehr waren und es Beziehungen zu den USA, Geschäftsführender Gesellschafter Friedrich- noch bis heute sind. - Prof. Felix Ermacora aus Wien, mittlerwei- Lürssen-Werft (GmbH & Co) - Es ist daher auch nicht verwunderlich, das le verstorbener Staatsrechtler mit zahlreichen MARIENFELD-CZESLA, Claire -Ehemali- so mancher Offizier der Bundeswehr seinen Verbindungen ins rechte Lager, u.a. zur FPÖ, ge Wehrbeauftragte des Deutschen Bundes- Weg in das Lager des Neofaschismus gefun- - der vom ehemaligen Berater der DDR-Re- tages -MÜLLER, Professor Dr. Harald Ge- den hat. Die reaktionäre preußisch-militari- gierung zum strammen Anti-Kommunisten schäftsführender Vorstand Hessische Stiftung stische und deutschnationale Traditionspflege mutierte Prof. Heinrich von Berg sowie für Friedens- und Konfliktforschung - im Offizierskorps wird dazu ihren Beitrag - Günther Wagenlehner, ehemals im „Füh- REIMERS, Prälat Dr. Stephan Bevollmäch- geleistet haben. rungsstab Streitkräfte“ des Verteidigungsmi- tigter des Rates der EKD bei der Bundesre- nisteriums, Interviewpartner der „Jungen publik Deutschland und der Europäischen (Joß Fritz. Mitarbeiter des „Hartmut-Meyer- Freiheit“ wie auch der „Deutschen Wochen- Gemeinschaft, Vorsitzender Gemeinsame Archivs“ der VVN-BdA) zeitung“ des DVU-Chefs Gerhard Frey. Konferenz Kirche und Entwicklung- Mit Fragen der inneren und „äußeren Sicher- SCHMIDT, Jutta Stellvertretende Vorsitzen-

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 31 Militaristische Literatur und Publizistik –Zeitschriften Joß Fritz

„Angeknüpft werden soll hier an das Mitte Alfred Schickel, der regelmäßige gen von Treffen militärischer Traditions- der 60er Jahre im „Röderberg-Verlag“ er- „Ostpreußenblatt“-Autor Hans-Joachim von gemeinschaften. Ein weiteres Standbein des schienene Buch „Der Schoß ist fruchtbar Leesen, früher auch Autor in „Nation Euro- „MTM-Verlag“ ist der Vertrieb von Büchern, noch....Neonazistische, militaristische, natio- pa“ und in „Criticon“, Prof. Franz W. Seidler Videos und CDs. Darunter auch zahlreiche nalistische Literatur und Publizistik in der von der Münchener Bundeswehruniversität, Bücher aus neofaschistischen Verlagen und BRD“ von Heinz Brüdigam. einer der Hauptkritiker der sog. Wehrmacht- als Schmankerl, Musik-CDs des ehemaligen Einen Schwerpunkt in Brüdigams Buch bil- sausstellung und der in Südafrika lebende Barden der „Wiking-Jugend“, Frank Ren- dete die Analyse der militaristischen Litera- ehemalige Bundeswehroffizier Claus Nord- nicke. tur und Publizistik in der BRD. Festgestellt bruch. Letzterer ist nicht nur Autor im NPD- wurde dort u.a., dass bereits 1957, also zwölf Organ „Deutsche Stimme“, sondern stellte Ebenfalls am Kiosk erhältlich ist die Zeit- Jahre nach der Beseitigung des Naziregimes, sich dieser neofaschistischen Partei auch als schrift „BARETT“. Das zweimonatlich er- die neofaschistische „Scharnhorst-Buch- Referent zur Verfügung. Gegliedert ist die scheinende „Internationale Militärmagazin“, kameradschaft“ bereits über 500 Bücher mit „DMZ“ in die Rubriken „Soldatenporträt“, wie es sich nennt, wird seit 1998 vom Schwei- den Militarismus verherrlichenden Inhalten „International“, „Deutschland“, „Historie“, zer „Kabinett-Verlag“ herausgegeben. Sitz angeboten hatte. Eine mit Brüdigams Buch „Bundeswehr“ und „Zweiter Weltkrieg“. Die der Redaktion ist Solingen, wo auch „Barett“- vergleichbare Veröffentlichung zu diesem Schlacht von Trafalgar wird hier ebenso be- Verleger Karl-Heinz Dissberger wohnt. Thema fehlt leider heute. Militaristische Bü- handelt wie die Kesselschlacht von Stalin- Dissberger kandidierte 1975 für die NPD cher und Zeitschriften gehören aber nach wie grad und der Golfkrieg. Eine herausragende zum NRW-Landtag. In „Barett“ wird vorran- vor zu einem wichtigen Zweig neofaschisti- Rolle spielen natürlich die sogenannte „Er- gig die moderne Kriegsführung behandelt. scher und rechtskonservativer Publizistik. lebnisberichte“ aus dem 2.Weltkrieg. Hierzu Dazu gehören z.B. Beiträge zur angeblichen Zwar existieren heute einzelne dieser in den finden sich in der „DMZ“ zahlreiche Auto- militärischen Bedrohung des geteilten Ber- 60er Jahren wirkenden Verlage nicht mehr, ren, zumeist Soldaten und Offiziere der Wehr- lins, Berichte über Spezialeinsatzkommandos dafür sind aber in ihre Stelle neue Verlage macht, aber auch ehemalige Angehörige der des Militärs, Antiterroreinheiten der Polizei, getreten. „Waffen-SS“, die zum Teil bereits als Auto- Artikel über Söldner in der sog. Dritten Welt ren aus anderen rechten Publikationen be- oder die Anschläge der Islamisten in Algeri- Ein Beispiel dafür stellt der „MTM-Verlag“ kannt sind. en. Vertrieben werden vom Verlag des „BA- im hessischen Bad Soden-Salmünster dar, der Auch aktive und ehemalige Generäle der RETT“, in der man auch schon eine Anzeige die „Deutsche Militärzeitschrift“ verlegt. Bundeswehr kommen in der „DMZ“ zu Wort. des Buchdienstes der neofaschistischen Zeit- Gegründet wurde die „DMZ“ 1995 von dem So z.B. der Generalmajor a.D.Gerd Schultze- schrift „Nation und Europa“ finden konnte, ehemaligen NPD/JN-Aktivisten Harald Tho- Rhonhof, der Generalleutnant a.D. Jörg auch Bücher. Hier findet man im wesentli- mas aus Brühl. Nach der Einstellung der Zeit- Schönbohm (CDU) und , chen Bücher über Selbstverteidigung, zum schrift im Jahre 1996 wurde diese vom ehemals Kommandeur der KFOR-Truppen Überleben als Geisel, über Tarnuniformen MTM-Verlag, Geschäftsführerin ist Martina im Kosovo. Letztere beiden als Interview- und Bewaffnungen sowie über historische Wasmuth, übernommen. partner. Alle drei Monate ist diese Zeitschrift, die sich Auch die Werbeanzeigen in der „DMZ“ spre- „an die Erlebnisgeneration des Zweiten Welt- chen für sich. Neben dem „Deutschen krieges, an die Soldaten und Reservisten der Waffenjournal“ inserieren dort Spezial- Bundeswehr und an alle zeitgeschichtlich in- verlage für Militärliteratur wie „Bernard & teressierten Mitbürger wendet“, an zahlrei- Graefe“, „Koehler & Mittler“, der „Motor- chen Kiosken erhältlich. Die Zeitschrift will buch-Versand“, der „Biblio-Verlag“, der nicht nur „Brücken schlagen zwischen den „Osning-Verlag“ und der „Landser-Leser- Generationen“ sondern auch „Mißstände of- service“. Auch einschlägig rechte Verlage wie fen ansprechen, auch wenn es dem Zeitgeist der „Buchdienst“ der „Nation und Europa“, nicht entspricht“. Dies tut die Zeitschrift der „Grabert-Verlag“ und die „Deutsche gründlich. Unter der Redaktionsleitung von Verlagsgesellschaft“ sind hier mit Anzeigen Wolfgang Dischert aus Köln finden sich hier vertreten. Abgerundet wird das Erscheinungs- nicht nur Autoren wie Rolf Clement, Leiter bild der „DMZ“ mit Interviews mit der Abteilung „Hintergrund“ im Kölner Rechtsaußenpolitikern der CDU wie Hein- „Deutschlandfunk“, sondern auch der ehema- rich Lummer und Steffen Heitmann, Werbe- lige Europaparlamentarier der neofaschisti- anzeigen für das „Deutschland-Magazin“, die schen „Republikaner“, Emil Schlee, der Lei- „Criticon“ und das „Ostpreußenblatt“, sowie ter der geschichtsrevisionistischen „Zeitge- Suchanzeigen nach ehemaligen Angehörigen schichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt“, der Wehrmacht und der SS und Ankündigun-

Seite 32 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Schlachten und Kriege. Sozusagen Clause- mit eigenen Rubriken vertreten. Hier finden strument genutzt werden“ könnte („IAP- witz für den Hausgebrauch. sich neben dem ehemaligen Referatsleiter im Dienst“19-20/1987). Marine-Führungsstab, Dieter Stockfisch, zu- Heute beschränkt sich das Blatt vor allem auf Noch nicht am Kiosk erhältlich ist die mo- gleich Referent bei der Zeitschrift „Soldat und Berichte über sicherheitspolitische Aspekte natlich erscheinende Zeitschrift „KAMERA- Technik“ und dem früheren NVA-General- der Ost-West-Entwicklung und über die Si- DEN. Unabhängige Zeitschrift für alte und major Hans-Georg Löffler, Mitautor im tuation der Bundeswehr, wobei es eine Ver- junge Soldaten“, die bis vor einiger Zeit noch „Jahrbuch für Wehrpolitik“, u.a. der ehema- ringerung der Streitkräfte deutlich ablehnt. unter dem Titel „Alte Kameraden“ erschien. lige Brigadegeneral Reinhard Uhle-Wettler, Das Blatt wird von der „Arbeitsgemeinschaft Autor in „Nation und Europa“, sein Bruder, Über den „Verband Deutscher Soldaten“ und der NATO-Generalleutnant a.D., Franz Uhle- seine zahlreichen Rechtskontakte wird bereits Wettler, 1999 Interviewpartner des NPD- an anderer Stelle informiert. Vorab einige In- Organs „Deutsche Stimme“, der einstige formationen über das gemeinsame Organ Schriftleiter des damaligen „HIAG“-Organs vom „VdS“ und dem „Ring Deutscher „Der Freiwillige“, Heid Rühl, selbst ehema- Soldatenverbände“. Die seit 1951 erscheinen- liger SS-Mann und wiederum Alfred Schickel de Monatszeitschrift „Soldat im Volk“ war und Emil Schlee. Breiten Raum nehmen in bereits zweimal Gegenstand von Bundestags- „Kameraden“ die Berichte aus den anfragen der PDS. In „Soldat im Volk“ wird „Traditionsgemeinschaften“ ein. Auf zumeist u.a. für die neofaschistischen „Unabhängigen 16 Seiten wird über die Aktivitäten dieser Nachrichten“ und die zahlreichen Gruppierungen, darunter auch geschichtsrevisionistischen „Vierteljahres- die „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuz- hefte für freie Geschichtsforschung“ gewor- träger“, berichtet. ben. Im Gegensatz zur „DMZ“ und zu „Ka- meraden“ stellt „Soldat im Volk“ eher ein In redaktioneller Zusammenarbeit mit dem „In- internes Verbandsblättchen dar. Dafür sind stitut für strategische Analysen“ erscheint in die Beiträge darin um so offener. Unter den Bonn bzw. Bielefeld die Monatsschrift „IAP- Autoren von „Soldat im Volk“ finden sich Dienst Sicherheitspolitik“. Chefredakteur des neben dem VdS-Bundesvorsitzenden, dem „IAP-Dienstes“ ist der aus dem Sudetenland Generalmajor a.D. Dr. Jürgen Schreiber, u.a. stammende ehemalige Oberstleutnant Ger- der mittlerweile verstorbene NS-Militärjurist hard Hubatschek. Der einstige Referent im Erich Schwinge, der kürzlich mit einer VdS- Führungsstab des Heeres war Autor des „Ost- Verdienstmedaille ausgezeichnete Landes- für Kameradenwerke und Traditions- preußen-Blattes“ und der Zeitschrift vorsitzende der Hamburger HIAG und ehe- verbände“ mit Sitz in Stuttgart herausgege- „Criticon“ und referierte mehrfach bei den malige Waffen-SSler, Franz Schmitz, der ben. Der derzeitige verantwortliche Redak- Burschenschaften. In den 80er Jahren nahm Pater und Vielschreiber in diversen Rechts- teur von „Kameraden“ ist Götz Eberbach. der „IAP-Dienst“ vor allem die Friedensbe- blättern, Lothar Groppe sowie die bereits als Eberbach war bislang Autor in der „Jungen wegung ins Visier. Sie sei eine „autoritär ge- Autoren in diesem Metier bekannten Alfred Freiheit“, dem „Ostpreußenblatt“, der „Na- führte Bewegung“ mit einem Hang zur Ge- Schickel, Franz W. Seidler, Franz Uhle- tion und Europa“, „Deutschland in Geschich- walttätigkeit, deren Aktivisten „alle militäri- Wettler und Emil Schlee. te und Gegenwart“, im „Deutschland-Maga- schen Anlagen und Fahrzeugbewegungen“ Im Gegensatz zu den bereits dargestellten zin“ und in „Erneuerung und Abwehr“ der ausspähten und daher „auch als Spionage-In- Zeitschriften werden in „Soldat in Volk“ ver- am rechten Rand der evangelischen Kirche stärkt aktuelle Fragen behandelt. So gab das wirkenden „Evangelischen Notgemein- Blatt den Hauptkritikern der sog. Wehrmacht- schaft“. Außerdem war er Mitautor eines sausstellung breiten Raum. Angegriffen wur- 1996 im neofaschistischen „Grabert-Verla- de die Ausstellung natürlich auch in „Kame- ges“ erschienenen Buches zur „Ehrenrettung raden“ und der „DMZ“. Besonders auffallend des deutschen Soldaten“. Sein Vorgänger in ist aber bei „Soldat im Volk“, das eine große diesem Amt war der Burschenschafter Dr. Anzahl von Autoren und Leserbrief- Albrecht Jebens, der von „Alte Kameraden“ schreibern auch zugleich als Leser anderer zur „Stiftung Ostdeutscher Kulturrat“ wech- neofaschistischer Publikationen bekannt sind. selte um dort bis vor kurzem als Geschäfts- Auch das Buchangebot der Zeitschrift spricht führer tätig zu sein. Jebens war im August für sich. Unter den angebotenen Büchern fin- 2000 Mitgründer der „Deutschen Studien- den sich zahlreiche Veröffentlichungen neo- Gemeinschaft“ mit Sitz in Leonberg, der auch faschistischer Verlage bzw. in das neofaschi- Neofaschisten angehören. stische Spektrum eingebundener Autoren. Die Zeitschrift „Kameraden“ hat ihren Breiten Raum nehmen in „Soldat in Volk“ auch Schwerpunkt in der Rubrik „Soldaten schrei- Berichte über die Aktivitäten der VdS-Unter- ben, wie es wirklich war“, in der vor allem gliederungen ein, dazu gehören auch Berich- ehemalige Angehörige der Wehrmacht und te über die HIAG-Untergliederungen ehema- der „Waffen-SS“ zu finden sind. Aber auch liger Waffen-SSler, die sich nach der Auflö- die „Bundeswehr“ und ihre „Väter“, „Aktu- sung der HIAG auf Bundesebene zum Teil elles“ und „Zeitgeschichte und Politik“ sind kooperativ dem VdS angeschlossen haben.

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 33 Apropos HIAG. Die „Hilfsgemeinschaft auf vereint“ werden („Der Freiwillige“ 7/2000). kannten Deserteur“ als „Schandmal“ bezeich- Gegenseitigkeit der ehemaligen Angehörigen Ebenfalls von ehemaligen Angehörigen der net. Auch kommen dort Mitglieder der „Ka- der Waffen-SS“ mag sich zwar zu Beginn der Waffen-SS, aber auch anderen Altnazis, ge- meradschaft Deutscher Soldaten“ im 90er Jahre auf Bundesebene aufgelöst haben. lesen wird das in Witten verlegte namibischen Windhoek, der ehemaligen Teile der Untergliederungen der HIAG exi- „LEITHEFT“. Herausgegeben wird das Kolonie Deutsch-Südwestafrika, zu Wort. stieren jedoch weiter. Auch das langjährige „Leitheft“ mit dem Untertitel „Zur Pflege von Geworben wird in dem Blatt z.B. auch für HIAG-Organ „Der Freiwillige“ gibt es noch. Kameradschaft und soldatischer Tradition, das im „Schild-Verlag“ erscheinende „Deut- Nicht mehr als Organ der HIAG, aber mit den Abwehr von Geschichts- und Propaganda- sche Soldatenjahrbuch“ („Kyffhäuser“ 3- gleichen Inhalten. Nach wie vor wird hier die Lügen durch Aufklärung und Dokumentati- 1987). Berichtet wurde im „Kyffhäuser“ auch verbrecherische Waffen-SS als edle Truppe on“ als „Rundbrief des Kameradenkreises der über Tagungen des „Verein für das Deutsch- deutscher Soldaten dargestellt. ehemaligen Waffen-SS“. Verantwortlich für tum im Ausland“ (VDA) und des „Bund der Seit Anfang des Jahres 2000 haben der das „Leitheft“ zeichnet sich neuerdings Gün- Vertriebenen“(BDV). „Munin-Verlag“ und die Schriftleitung des ther Damerau. Nach dem Tode seines Vaters, „Der Freiwillige“ ihren Sitz in Pluwig bei des Altnazis Helmut Damerau, ist er auch Neben den bereits genannten Zeitschriften gibt Trier. Agte, der neue Chef des Verlages, ist neuer Inhaber des Münchener „Schild-Ver- es noch eine Reihe weiterer Veröffentlichun- als Autor des „Kurt-Vowinkel-Verlages“ be- lages“, im dem seit Jahrzehnten auch das gen militärischer Traditionsgemeinschaften. kannt, der zur Verlagsgruppe des bereits we- „Deutsche Soldaten-Jahrbuch“ erscheint. Wohl nicht mehr dazu zählt die Zeitschrift gen „Volksverhetzung“ verurteilten Gerd Sud- Einer seiner Vorgänger im Amte des Schrift- „Der Stahlhelm“ des „Stahlhelm - Kampf- holt gehört. Schriftleiter des „Der Freiwilli- leiters des „Leitheftes“ war Johann Brandt. bund für Europa“. Der 1918 gegründete ge“ ist Fritz Hahl, ein ehemaliger ß-Obersturm- Brandt gehörte der Waffen-SS an, war NPD- „Stahlhelm“ der 1933 noch über 750 000 Mit- Führer. „Front- und Erlebnisberichte von Sol- Bundestagskandidat, trat dann der ANS/NA glieder verfügte, hat sich kürzlich - bis auf die daten der Waffen-SS“ und „tagesaktuelle The- und später der FAP Michael Kühnens bei und Landesverbände Rheinland-Pfalz und Flan- men“ nehmen in der Zeitschrift breiten Raum gehört auch der NSDAP/AO an. dern - selbst aufgelöst. Antifaschistische Or- ein. Neben Todesanzeigen und Suchmeldun- ganisationen, allen voran die VVN-BdA in gen, finden sich hier auch Nachrichten der Im „Leitheft“ schreiben u.a. der ehemalige Stade, haben dieser Gruppierung eine enge Kriegsgräberstiftung „Wenn alle Brüder SS-Untersturmführer Lothar Greil, ehemals Vernetzung mit neofaschistischen Organisa- schweigen“ und Berichte über Aktivitäten von Bundesgeschäftsführer der HIAG, Wilhelm tionen und Parteien nachweisen können. Truppenkameradschaften und der Hag-Ver- Keiper, Mitte der 80er Jahre „Staatskanzler“ bände. einer selbsternannten „ostdeutschen Exilre- Im Bochumer Verlag Heinrich Pöppinghaus Im Sommer 2000 gründeten Mitarbeiter der gierung“ der revanchistischen „Gemeinschaft erscheint zweimonatlich die vom „Verband Zeitschrift „Der Freiwillige“ gemeinsam mit Deutscher Osten“ und der Ex-“Republikaner“ Deutsches Afrikakorps“ herausgegebene „Forschern“ aus der Bundesrepublik und be- Emil Schlee. Zeitschrift „Die Oase“. „Die Oase“ ist eben- nachbarten Ländern eine „Lehr- und For- falls eine Zeitschrift mit Tradition. Gegrün- schungsgemeinschaft“ mit dem Namen „Eu- Zu den auflagenstärksten Zeitschriften in die- det wurde das Blatt als „Feldzeitung“ von sem Spektrum gehört jedoch die Zeitschrift Willi Koerbel, dem damaligen Führer der „Kyffhäuser“, die vom „Kyffhäuserbund“ „Propaganda-Kompanie Afrika“ während des herausgegeben wird. Der 1786 gegründete 2.Weltkrieges. Soldatenbund, der während des Naziregimes Koerbel fand als Burschenschafter 1928 den in „Nationalsozialistischer Reichskrieger- Weg zur Nazibewegung und übernahm 1936 bund“ umbenannt wurde, verfügt heute noch die Hauptschriftleitung der Wochenschrift über etwa 100 000 Mitglieder. In seinen „Der SA-Mann“. Nach dem Krieg war „Leitsätzen“ wendet sich der Koerbel Autor beim neofaschistischen „Kyffhäuserbund“ u.a. „gegen die Miss- „Druffel-Verlag“ und schrieb in der neofa- achtung oder Entstellung bewährter Über- schistischen Zeitschrift „Recht und Wahr- lieferungswerte der deutschen Kultur, ihrer heit“. „Die Oase“ beschränkt sich weitgehend Werke und Wissenschaften auf allen Gebie- auf die Wiedergabe von „Kriegserlebnissen“ ten sowie ihrer Schöpfung und Träger in Ver- und Verbandsinterna des immer noch über gangenheit und Gegenwart“. Er gehört zu- zahlreiche Ortsgruppen verfügenden „Ver- dem kooperativ der „Paneuropa-Union“ und band Deutsches Afrika-Korps“. Trotzdem Dem „Deutschen Bundeswehr-Verband“ an. finden sich auch hier z.B. Anzeigen des In der antifaschistischen Arbeit spielt diese Schmuckwaren-Herstellers Helmut Organisation und ihre Zeitschrift bislang so Stemmler, ehemals Mitglied der Waffen-SS gut wie keine Rolle. Dabei verfügt der und der HIAG Pforzheim, des „Kyffhäuser-bund“ über enge Verbindungen Emmelshausener „Condo-Verlages“, der hier zur Bundeswehr und über zahlreiche Schieß- seine „Wehrmachts-Ehrenteller“ anpreist, so- plätze. Die Verbandszeitschrift „Kyffhäuser“ wie Artikel des Druffel-Autors und HIAG- ropa Erbe“. In ihr sollen künftig „For- beinhaltet die Rubriken „Europa“, „Bundes- Mitgliedes Klaus-Rainer Woche sowie Tex- schungsbereiche auf den Gebieten Militär- wehr“, „Soziales“, te des Kriegsschriftstellers Franz Kurowski. Historik, Kultur, Architektur, Frühgeschichte, „Für die Frau“, „Jugendseite“ und „Bundes- Kurowski schrieb in der Vergangenheit für Brauchtumskunde, Archäologie, Technik, Li- information“. In dem Blatt wurde z.B. das in die Zeitschrift „Nation und Europa“ und re- teratur und Film unter einer Dachorganisation Bremen errichtete „Denkmal für den unbe- ferierte auch schon bei der neofaschistischen

Seite 34 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? „Gesellschaft für freie Publizistik“. sende „Kameradenkreis der Gebirgstruppe“, Galland gegen die britische Luftwaffe wäh- Berichte über Aktivitäten und Versammlun- der alle zwei Monate die Zeitschrift „Die rend des 2.Weltkrieges geschwärmt, findet gen der elitären „Ordensgemeinschaft der Gebirgstruppe“ herausgibt. Hier wird der sich Werbung des „Sudholt-Verlages“ des Ritter-kreuzträger“, der auch ehemalige SS- NATO-Krieg gegen Jugoslawien als „huma- langjährigen Vorsitzenden der neofaschisti- Leute angehören, finden sich in deren nitäre Nothilfe für entrechtete und in Lebens- schen „Gesellschaft für freie Publizistik“, Verbandsorgan „Das Ritterkreuz“. In dem gefahr befindliche Menschen“ bezeichnet. Gerd Sudholt, ebenso wie Anzeigen des vierteljährlich erscheinenden Heft findet man Kritik an der sog.“ Wehrmachts-Ausstellung“ „Gerling-Konzerns“ und der „Daimler Benz z.B. Geburtstagsgrüße für , ehe- findet sich hier ebenso wie Kriegserlebnisse Aerospace“. Auch der ehemalige Jagdflieger mals Regimentskommandeur der 2.SS-Pan- aus dem 2.Weltkrieg und Berichte von der Rüdiger Proske, einer der Hauptkritiker der zerdivision „Das Reich“ und zuletzt Ehren- Front im Kosovo.Auf Forderungen nach der sog. Wehrmachtsausstellung und Interview- vorsitzender der HIAG, Beiträge von Walter Umbenennung von Kasernen reagiert „Der Partner der „Jungen Freiheit“, kommt hier zu Buxa, ehemals Bataillonskommandeur der Gebirgsjäger“ allergisch. Man werde dem Wort. Zahlreiche Berichte über Fliegerstaf- Wehrmacht, Träger des Bundesverdienst- Versuch wiederstehen, die Bundeswehr von feln der Bundeswehr zeigen auf, wie gut die der „bewährten stolzen Tradition deutschen Verbindungen der alten Kämpfer Hermann Soldatentums abzukoppeln“. Der wegen Görings noch heute sind. Kriegsverbrechen in Jugoslawien zum Tode verurteilte General Ludwig Kübler sei zwar Offen neofaschistisch agiert die Zeitschrift ein „harter Führer mit klarer Sprache“ gewe- „Der Oberländer“, das „Mitteilungsblatt der sen, aber auch ein „fürsorglicher Mensch“ Kameradschaft Freikorps und Bund Ober- und „ritterlicher Offizier“. land“. Seitenweise werden hier Beiträge aus „Ein gesünderes Verhältnis zur Tradition, zu allen möglichen neofaschistischen Blättern dem, was war, wird zur Überlebensfrage. Wer abgedruckt. Kein Wunder, denn die Grün- nicht weiß, woher er kommt, wird die Zu- dung des Freikorps erfolgte auf maßgeblicher kunft nicht gewinnen können“, heißt es dort. Initiative der rassistischen „Thule-Gesell- („Der Rechte Rand“ 39/1996). Entsprechend schaft“ und auch beim gescheiterten Hitler- traditionsgemäß ist der „Kameradenkreis der Putsch 1923 waren die Oberländer kräftig mit Gebirgsjäger“, dem auch SS-Veteranen an- dabei. gehören, organisiert. Er verfügt über Orts- So ist es auch kein Zufall, das der Kopf des kameradschaften nicht nur in Deutschland, neofaschistischen „Thule-Seminars“, Pierre sondern auch in Österreich und dem italieni- Krebs, heute Träger des „Oberland- schen Südtirol. ehrenzeichens“ ist. Jedes Jahr treffen sich am Schliersee bis zu 500 Anhänger des „Frei- Alte Traditionen gepflegt werden auch vom korps Oberland“ um ihren Toten zu geden- „Jäger-Blatt“, das von der „Gemeinschaft ken. der Jagdflieger. Vereinigung der Flieger deut- scher Streitkräfte“ herausgegeben wird. Es gibt noch eine Reihe weiterer Veröffentli- kreuzes und des „Preußenschildes“ der Im zweimonatlich erscheinenden „Jäger- chungen von Traditionsgemeinschaften, die „Landsmannschaft Ostpreußen“, Rezensio- Blatt“ wird über das „strategisch-taktische ich hier nur kurz erwähnen möchte. Der Ver- nen von Büchern aus den einschlägigen Ver- Meisterstück“ des Nazi-Generals Adolf ein „Deutsche Fallschirmjäger“ gibt die Zeit- lagen „Schild“, „Munin“ und „Vowinckel“ schrift „Der deutsche Fallschirmjäger“ her- (Verlagsgründer Vowinckel war während des aus. Die Zeitschrift „Marine“ ist das Organ Naziregimes Vorsteher des Börsenvereins des des „Deutschen Marinebund“, neben dem deutschen Buchhandels), sowie Werbung für auch noch eine „Marine-Offiziers-Vereini- die geschichtsrevisionistische „Zeitgeschicht- gung“ existiert, der u.a. der frühere U-Boot- liche Forschungsstelle Ingolstadt“. Kommandant und Ex-“Republikaner“-Funk- tionär Günther Poser angehört. Bereits schon von der Nachkriegsgenerati- „Der Spielhahnjäger“ ist das Mitteilungs- on, gerade auch aktiven Soldaten dominiert, blatt der „Kameradschaft der Spielhahn- wird die 1980 gegründete „Kameradschaft jäger“, der früheren 97.Jäger-Division, die der Feldjäger“, die über 3000 Mitglieder ver- 1997 in die Schlagzeilen kam, weil sie in ih- fügt und vierteljährlich die Zeitschrift „Der rer ständigen Ausstellung in Bad Tölz Feldjäger“ herausgibt. Hier finden sich über- unkommentiert Hakenkreuzplakate zeigte wiegend Verbandsinterna, aber auch Hinwei- und Kriegsgräuel verharmloste. „Kampf- se auf diejenigen Mitglieder des Verbandes truppen“ ist die Zeitschrift des „Arbeitskreis die bei der Wehrmacht noch als „Kettenhun- der Kampftruppen“. Darüber hinaus gibt es de“ berüchtigt waren. natürlich noch eine Anzahl kleinerer „Mit- teilungsblätter“ und natürlich solche Zeit- „Die positiven Werte deutschen Soldaten- schriften wie „Luftwaffe“, „Heer“ und „Sol- tums“ pflegen, „die Liebe zu Volk und Vater- dat und Technik“, die in enger Zusammenar- land“ wahren und den Verteidigungswillen beit mit dem Bundesverteidigungsministeri- „stärken“, will der 8500 Mitglieder umfas- um herausgegeben werden.

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 35 Militaristische Literatur und Publizistik - Verlage Joß Fritz

Militaristische Literatur spielt in fast allen Bei „Koehler+Mittler“ erscheinen außerdem war zuletzt Präsident der „Gesellschaft für neofaschistischen Verlagen bzw. Buch- sog. „Militärgeschichtliche Reiseführer“, deutsche Einheit“ und Autor im diensten eine wichtige Rolle. Sie dient nicht das „Jahrbuch für internationale Sicherheits- „Ostpreußenblatt“. nur der Vermittlung reaktionärer Inhalte, politik“, „Der Reibert. Das Handbuch für sondern auch der Finanzierung des Neofa- den deutschen Soldaten“ sowie Kriegserin- Ebenfalls zu den Fachverlagen dieses Me- schismus. Doch militaristische Literatur nerungen. Besonders die Marine ist in die- tiers gehört der „Mönch-Buchversand“ wird nicht nur von neofaschistischen Verla- sem Verlag stark vertreten. Unter den Auto- aus Koblenz. gen verlegt. Die nachfolgende Übersicht ist ren finden wir auch den Ex-Generalleutnant Er bezeichnet sich als „Spezialist für an- begrenzt auf jene Verlage, die schwerpunkt- und „Junge Freiheit“-Autor Franz Uhle- spruchsvolle Fachliteratur zum Thema Si- mäßig solche Literatur anbieten oder sich Wettler und den früheren Präsidenten der cherheitspolitik, Militärgeschichte, Waffen- auf einige Fachgebiete spezialisiert haben. „Clausewitz-Gesellschaft“, Ulrich de Mai- technik“ und verlegt auch zahlreiche Fach- ziere, wieder. Werbung für den Verlag zeitschriften. So erscheinen dort „loyal“, tauchte auch schon in der neofaschistischen „Wehrtechnik“, die „Marine-Rundschau“ Zeitschrift „“, sowie in und weitere Zeitschriften in Englisch, Fran- „Criticon“ und der „Deutschen Militärzeit- zösisch, Italienisch, Spanisch und Türkisch. schrift“ auf. Unter den Mönch-Katalogen angebotenen Buchautoren finden sich Altnazis wie Otto Das Gleiche gilt auf für den Verlag Kumm, ehemals Regimentskommandeur der „Bernard & Graefe“ aus Bonn. Hier er- 2.SS-Division „Das Reich“, zuletzt Ehren- scheinen „Weyers Flottentaschenbuch“, das vorsitzender der „HIAG“, der frühere SS- „Handbuch der Bundeswehr und der Regiments-kommandeur , Verteidigungsindustrie“ und „Psychologie noch Ende der 80er Jahre Sprecher der für Einsatz und Notfall“ ebenso, wie Bücher HIAG, sowie Bücher über Rudolf Hess. über „Tarnanstriche des deutschen Heeres“ Geworben wird in Katalogen des „Mönch- und „Flammen über Deutsch-Ostafrika“. Buchversandes“ auch für Bücher anderer Zu den Autoren des Verlages gehört auch Verlage. Gerd-Helmut Komossa. Generalmajor Komossa, Ende der 70er Jahre MAD-Chef, Wie z.B. des „Schild-Verlages“ aus Mün- chen. Das Highlight dieses Ver- lages, der 1950 von dem frühe- ren NS-Kreisleiter Helmut Damerau gegründet wurde, ist das „Deutsche Soldaten- jahrbuch“, das seit 1951 jährlich Zu den bekanntesten Verlagen, mit denen erscheint. Unter den Autoren fin- auch das Bundesverteidigungsministerium den sich zahlreiche ehemalige zusammenarbeitet, gehört die Verlagsgruppe Militärs, darunter auch Angehö- „Koehler+Mittler“ in Hamburg. In dem rige militärischer „Traditions- 1789 gegründeten „Mittler-Verlag“ mit 10 verbände“. Autor im Jahrbuch 000 Veröffentlichungen in den letzten 200 waren auch Jahren erschien bereits während des 2.Welt- Helwig Adolph-Auffenberg- krieges die „Militärwissenschaftliche Rund- Komarow, Sohn eines Generals schau“, die vom „Generalstab des Heeres“ und bis zu seinem Tode im Jahre herausgegeben wurde. Außerdem erschien 1997 regelmäßiger Autor der dort 1943 ein Buch von Großadmiral Karl „Deutschen Wochenzeitung“ des Dönitz über „die U-Bootswaffe“. Gerhard Frey sowie Bruno Heute werden bei „Koehler+Mittler“ neben Brehm. zahlreichen Büchern u.a. die Zeitschriften Der Publizist Brehm war wäh- „Europäische Sicherheit“, „Truppenpraxis“, rend des Naziregimes Träger des „Marineforum“ und der „Mittler-Brief“ zur „Nationalen Buchpreises“ und Sicherheitspolitik verlegt. Letzterer wird Präsident der „Wiener Kultur- Interessenten vom Bundesverteidigungsmi- vereinigung“. Die Neofaschisten nisterium kostenlos zur Verfügung gestellt. machten ihn dafür nach dem

Seite 36 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Militärpublizist Buck gehörte während des verurteilt. Das Buch des DVG-Verlages über Naziregimes der Verwaltung der IG-Farben Schörner sei „ein Zeugnis für die untadeli- an. Nach dem Krieg wurde der Geopoliti- ge innere und äußere Haltung des großen ker stellvertretender Bundesvorsitzender der Soldaten Schörner. Es entzerrt das ver- neofaschistischen NPD. schwommene Nachkriegsbild dieses pflicht- treuen Mannes, das mit Unterstellung, Ent- Der Bonner „Osning-Verlag“ preist Dr. stellung, Missdeutung, Lügen und Halb- Heinz Magenheimers Buch „Entscheidungs- wahrheiten angereichert wurde“, heißt es in kampf 1941“ an, in dem einmal mehr die der Eigenwerbung. These vertreten wird, das Hitler einem so- Verharmlosung von Militarismus und Krieg wjetischen Überfall 1941 nur um wenige begegnen wir täglich. Im Kiosk, im Kauf- Tage zuvorgekommen sei. Der Salzburger haus oder auf dem Trödelmarkt. Gemeint Historiker, der noch Anfang der 90er Jahre ist die Zeitschrift „“ mit seinen für die Wiener Landesverteidigungs- „Erlebnisberichten zur Geschichte des akademie tätig war, vertritt seine Thesen 2.Weltkrieges“. Etwa 60 000 Exemplare nicht nur in der „Jungen Freiheit“, sondern dieser Zeitschrift werden allein Woche für auch als Referent bei Burschenschaften. Woche in den neuen Bundesländern abge- setzt. Auch der Stuttgarter „Motorbuch-Verlag“ Der Second-Hand-Markt stellt zudem eine ist in der „DMZ“ vertreten. Hier gibt es nicht Dunkelziffer dar. Nach Informationen der nur Reparaturanleitungen für PKWs, son- „Sonderkommission Rechtsextremismus“ dern auch Veröffentlichungen über „Die der Polizei ist „Der Landser“ in der Neo- Krieg zum Ehrenmitglied des „Deutschen Geschichte der deutschen Panzerwaffe“ und nazi-Szene „bestens bekannt“. Bei Haus- Kulturwerks Europäischen Geistes“ „Kampfflieger zwischen Eismeer und Saha- durchsuchungen bei Neonazis werde man (DKEG). ra“. hier regelmäßig fündig. Der „Landser“-Ver- Das „Geleitwort“ zum „Deutschen Soldaten- Ebenfalls schon lange im Geschäft sind die lag „Pabel Moewig“ in Rastatt ist eine Toch- jahrbuch“ wird zumeist von ehemaligen Verlage „Podzun-Pallas“ aus Wölfersheim. ter des „Heinrich Bauer-Verlages“. In den hohen Offizieren der Wehrmacht geschrie- „Divisionsgeschichten“ verlegte der ben. So u.a. von dem ehemaligen General- „Podzun-Verlag“ schon 1952. Mit ihrer feldmarschall Erhard Milch, der nach dem Heft-Reihe „Waffen-Arsenal“, die auch an Krieg als Kriegsverbrecher zu lebensläng- Kiosken erhältlich ist, haben die Verlage ihre lichem Gefängnis verurteilt worden war, um Aktivitäten ausgeweitet. Außerdem sind dort dann bereits 1954 wieder entlassen zu wer- mehrere Bücher über die Waffen-SS erschie- den und dem Bundeswehr-General a.D. nen, die auch von neofaschistischen Verla- Heinz Trettner. Der mit dem Ritterkreuz gen beworben werden. dekorierte Generalleutnant der faschisti- Zuletzt erschien dort „Streifzüge. Ein Pho- schen Wehrmacht begann seine Karriere bei toalbum der Waffen-SS“ in dem, laut Eigen- der Bundeswehr übrigens im Anschluss an werbung, unbekannte Bilder unbekannte eine Referententätigkeit für den „Verband Einblicke in die verschiedenen Divisionen Deutscher Soldaten“. der Waffen-SS geben. „Dabei werden dem interessierten Leser authentische Bilder vom Einen Überblick über die zahlreichen Klein- Werdegang, Aufbau, von Soldaten und Of- verlage, die sich auf militaristische Litera- fizieren, von Fahrzeugen und Waffen, von tur spezialisiert haben oder die zumindest Krieg und Frieden in beeindruckender Aus- einen festen Platz im Buchangebot ein- sagekraft präsentiert“. So wird die einst vom nimmt, bekommt man auch bei der Lektüre Nürnberger Gerichtshof als verbrecherische der „Deutschen Militärzeitschrift“. Organisation eingestufte Waffen-SS zum Besonders die Waffen-SS hat es dem Buch- Erlebnispark verniedlicht. versand der neofaschistischen Zeitschrift „Nation und Europa“ angetan. Der „Opfer- Ähnliches auch bei so alteingessenen Ver- gang für Deutschland“ der Leibstandarte lagen wie der „Deutschen Verlags- Adolf Hitlers ist hier ebenso zu finden, wie gesellschaft“ aus Preußisch Oldendorf. 50er Jahren betrug die Auflage des „Land- das Buch über die „Ritterkreuzträger der Dort gibt es u.a. Biographien über „Gene- sers“ bis zu 500 000 Exemplaren. Seitdem Waffen-SS“. ral Felix Steiner“, „Generaloberst Paul ging die Auflage langsam zurück. Seit der Hausser“ und „Generalfeldmarschall Einverleibung der DDR boomt das Geschäft Im Bonner „Report-Verlag“ findet man Schörner“. Schörner war der letzte Oberbe- mit dem „Landser“ wieder. Selbst die Bücher über die Auslandseinsätze der Bun- fehlshaber der Wehrmacht und wegen zahl- „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende deswehr und die „Waffensysteme der Bun- reicher Kriegsverbrechen bis 1955 in der Schriften“ hat beim „Landser“ nichts zu deswehr“ ebenso, wie das 1996 erschiene- Sowjetunion inhaftiert. 1957 wurde beanstanden. Dabei offerieren in dem Heft ne Buch „Geopolitik 2000“ von Felix Buck. Schörner in München wegen Totschlags auch neofaschistische Verlage ihre Produk-

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 37 „Internationale Militaria- gen dieser Art zur Verfügung zu stellen. Magazin“ oder neuerdings Mittlerweile wurde die „Niederrheinische auch Zeitschriften für „Bo- Waffen- und Sammlerbörse“ nach Wesel denfunde“, wie sich der mo- verlegt. derne Grabraub heute nennt. Auch ein Blick in das „Deutsche Waffen- Orden und Ehrenzeichen für Journal“ zeigt, wie fließend die Grenzen begangene Verbrechen erhal- oft sind. Hier kommen Waffennarren aller ten den Stellenwert einer Iko- Couleur auf ihre Kosten. Neben antiquari- ne. Heiß begehrt sind nach wie scher Naziliteratur kann man hier selbst vor auch Autogramme von Schützenpanzer aus dem 2.Weltkrieg erwer- Ritterkreuzträgern. So finden ben. Das „Waffen-Journal“ selbst rechtfer- sich z.B. im „Internationalen tigt hingegen den sogenannten „Schießsport Militaria-Magazin“ immer als einen wertvollen, das wieder Anzeigen für sog. Verantwortungsbewusstsein wie den Cha- „Waffen- und Sammler- rakter positiv bildenden Individualsport“. börsen“. Proteste gab es Ende der 90er Jahre u.a. ge- Von staatlicher Seite hält man sich mit Kri- gen eine „Niederrheinische tik zurück. Immerhin fädelt der bundesdeut- Waffen- und Sammlerbörse“ sche Staat ja selbst Waffengeschäfte im gro- in Krefeld. ßen Stil ein. Führt selbst Kriege. Und au- Strafanzeigen wurden gestellt, ßerdem fördert der Militarismus ja die da Schwerpunkt dieser Wehrbereitschaft. Mag diese Tradition noch Verkaufsveranstaltung der of- so verbrecherisch und mörderisch sein. fene Handel mit Nazi-Devo- tionalien war. Nur an zwei von Wie hieß es noch im „Potsdamer Abkom- ca.40 Ständen wurden Sport- men“ vom 2.August 1945 u.a.: waffen angeboten. Angeboten „Völlige Entwaffnung und Entmilitarisie- wurden dort u.a. Arbeitsbü- rung Deutschlands und die Beseitigung der te. Vom Buch „Verbrechen an der Wehr- cher jüdischer Häftlinge neben SS-Dolchen gesamten deutschen Industrie, die für macht“ bis hin zur Musikkassette mit völki- und Naziuniformen sowie originale und Kriegsproduktion genutzt werden kann, schen Schnulzen des ehemaligen „Wiking- nachgefertigte Naziwehrmachts- und ande- oder Kontrolle über sie. Jugend“-Barden Frank Rennicke wird hier re Orden. Hakenkreuze und andere Nazi- Zu diesem Zweck werden alle Land-, See- alles angeboten (DER SPIEGEL 32/1998). symbole wurden teilweise abgedeckt, um und Luftstreitkräfte Deutschlands, SS, SA, dem Gesetz formal Genüge zu tun. Aufgrund SD und Gestapo mit allen ihren Organisa- Verherrlichungen von Krieg und Militaris- der Proteste gegen diese Veranstaltung tionen, Stäben und Einrichtungen, ein- mus aber auch im Militaria-Spektrum. Hier beschloss der Rat der Stadt, künftig keine schließlich des Generalstabes, des Offiziers- erscheinen Zeitschriften wie „Militaria“, das städtischen Räume mehr für Veranstaltun- korps, des Reservistenkorps, der Militär- schulen, der Organisationen der Kriegsve- teranen und aller anderen militärischen und halbmilitärischen Organisationen zusammen mit ihren Klubs und Verbänden, die den In- teressen der Erhaltung der militärischen Tra- ditionen in Deutschland dienen, völlig und endgültig aufgelöst, um damit für immer der Wiedergeburt oder Neugestaltung des deut- schen Militarismus und Nazismus vorzubeu- gen“. Es gibt noch viel zu tun.

Protestaktion gegen Waffenmesse in Krefeld

Seite 38 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? „loyal“: Die Zeitschrift des Reservistenverbandes Günter Baumann

Jugoslawien, Asien, Ostpreußen: Der Verband ist damit auch offen für dig dokumentiert in Wort und Bild werden „DieUnterstützung aus der Heimat ist regierungsoppositionelle Militärpolitik und , u.a. Gepäckmärsche, Gehen auf einem vongroßer Bedeutung“ insbesondere für die Zusammenarbeit mit Seilsteg, Schießübungen, Eintreten für Städ- Der Verband der Reservisten der Deutschen rechten Traditionsverbänden und Organisa- te-Patenschaften mit Kriegsschiffen, Geld- Bundeswehr e.V. versteht sich und seine tionen, die als Teil neofaschistischer Um- sammeln für die Kriegsgräberfürsorge, Be- Zeitschrift „loyal“ als Vermittler zwischen triebe wirken. In seiner Zeitschrift stellte der suche bei Kasernen. „Truppe und zivilem Umfeld“. Verband die Zusammenarbeit mit Soldaten- Der Titel der Zeitschrift: „loyal. das deut- verbänden heraus, deren Mitgliederzahl von Die Bundeswehr wird „erwachsen“ sche wehrmagazin. kritisch kompetent kon- 1,2 Millionen er herausstrich. Als im Jahr Ein Blick auf „loyal“ aus der Zeit, als „die struktiv. Sicherheitspolitik Bundeswehr 2000 die PDS im Bundestag eine Anfrage Bundeswehr erwachsen wird“ (11/1999, Reservisten“. Die Zeitschrift erscheint mo- stellte über die Zusammenarbeit des S.10). Gemeint ist mit diesem Spruch die natlich in einer Auflage von 150 000. Reservistenverbandes mit Organisationen, Zeit, als die Bundeswehr zum ersten Mal Seit 1969 wird die Zeitschrift in etwa der die „rechtsradikales und neonazistisches öffentlich militärisch töten durfte, als sie im jetzigen Art vom Reservistenverband her- Gedankengut“ verbreiteten, beeilte sich der Verbund der NATO völkerrechtswidrig die ausgegeben. Die Änderung von einem Blatt Reservistenverband zu erklären: Es gäbe nur Bundesrepublik Jugoslawien angriff und mit dem Namen „Die Reservisten“ zu ei- „eine gelegentliche Kooperation im ‚Beirat dann dort ihre Truppenstationierung her- nem politisch einwirkenden Blatt setzte für Freiwillige Reservistenarbeit beim Ver- beibombte. Der Spruch rechtfertigt den 1969 der damalige Präsident Rudolf Woller band der Reservisten der Bundeswehr’“ mit militärischen Angriff und damit das militä- durch. Er war Leiter des Studio Bonn des den von der PDS genannten Verbänden rische Töten als Einführungsritual in die ZDF. „Verband deutscher Soldaten“ und „Ring Welt der Erwachsenen und belegt so ein ata- Laut eigenen Angaben hat der Reservisten- deutscher Soldatenverbände“. Vor Tische las vistisches Selbstverständnis dieser Bundes- verband heute 138 000 Mitglieder, die in man es anders. wehr-Fans. Ihre Sprache, und nicht nur die- etwa 2500 „Reservistenkameradschaften“ Die Hauptamtlichen des Verbandes werden se menschliche Regung, verharrt in der gegliedert sind. nicht aus Mitgliedsbeiträgen bezahlt. Der Steinzeit. „loyal“ wird finanziert durch den Verband sieht sich im Bestand gefährdet Der solches begeistert zustimmend schrieb, Bundeswehrhaushalt. Der Reservisten- durch eine Berufsarmee. Er tritt daher für ist Abteilungsleiter „Hintergrund“ des verband ist direktes Organ der Bundeswehr Wehrpflicht ein. Der Einfluss auf die Ent- „Deutschlandfunk“, schreibt auch in der und Vermittler der Ausbildung für Reservi- wicklung der Bundeswehr nimmt ab: Der „Deutschen Militärzeitschrift“; Rolf sten. 1997 waren 282 hauptamtliche Funk- Reservistenverband wurde nicht in die Weiz- Clement. tionäre beschäftigt, bezahlt aus dem Bun- säcker-Kommission berufen. Die Reservi- Der Mantel der Zeitschrift hatte im Herbst deshaushalt. Offiziell wurden 1997 26,5 sten-Plätze in der Bundeswehr gingen von 1999 Artikel im Mittelpunkt, die begründe- Mio. DM an den Verband überwiesen. Der 2500 (1999) auf 1500 in diesem Jahr zu- ten, warum der Angriff auf die Bundesre- Reservistenverband betont aber, dass er rück. 1990 waren es 10000 Plätze. publik Jugoslawien dringend nötig war und auch eigenständiger Verein sei, mit Geldern „loyal“ bezeichnet sich als „Mittler zwi- wie danach Bundeswehr und NATO- und aus Mitgliedsbeiträgen und ehrenamtlichen schen Militär und zivilem Umfeld“ und will, andere Truppen, aus Russland z.B., die Funktionären. Ohne diesen Vereinscharakter wie „loyal“ schreibt, dazu beitragen, „den Menschen dort an die von der NATO be- gäbe es sonst keine effektive Wirkung ins notwendigen Kampf um die ‚Lufthoheit stimmten Menschenrechte heranführen. Das „zivile Umfeld“. über den Biertischen’ im zivilen Umfeld zu brauche Zeit, 10 Jahre sicher, sei aber gut, führen“ (in: loyal, Heft 9, Jahrgang 1999, weil praktisches Lernen für weitere Aufga- Seite II). Für diese Biertische sind auch die ben: Das Oktoberheft 1999 richtete dann großformatigen Anzeigen der Militär- auch den Blick des Lesers, auch einiger verlage, Bernard u. Graefe, Koehler/Mitt- Leserinnen, durch eine einigermaßen sau- ler u.a. gedacht, sowie die Anzeigen der ber durchbohrte Glasscheibe, die dann an- Mönch Verlagsgesellschaft, in der „loyal“ schließend grafisch ansprechend zersplittert erscheint neben anderen Zeitschriften, wie worden war, auf die stark vereinfachte Land- z.B. „Wehrtechnik“. karte, die wohl Asien darstellen sollte. Auf der Glasscheibe war in rot geschrieben: Die Zeitschrift hat zwei Teile: In die Mitte „Neuer Unruheherd Nr.1 ASIEN“. Im Bild des Mantels ist der von den Landesverbän- wird die Zwangsvorstellung dieser deut- den erstellte “Reservisten-Report“ geheftet schen Militaristen deutlich: Da muss aufge- mit Berichten über die Tätigkeiten des Ver- räumt werden. Weltweit! Die Hunnenrede bandes und mit Artikeln über Veranstaltun- eines früheren deutschen Staatsoberhauptes gen zu militärpolitischen Themen. Bestän- war also nicht die einmalige, nur für sich

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 39 stehende Äußerung eines den Tod von Piacenza“ schildert Rolf bringenden Imperialisten. Die Re- Clement, noch mal: Abteilungsleiter daktion von „loyal“ lässt die Tra- beim Deutschlandfunk, wie die deut- dition wieder aufleben und führt schen Soldaten das, was Clement sie in derselben intelligenten Art unter den christlichen Begriff „Mis- weiter. Zeitlich passend wars: Die sion“ fasst, in neu-alter Weise aus- Truppen der Bundeswehr waren führten. gerade in Richtung Ost-Timor un- Clement schildert nicht die tatsäch- terwegs. „loyal“ meinte und lichen Bombenexplosionen und die schrieb: Die Bündnispartner soll- realen Tötungen durch die Soldaten. ten sehen, wie Deutschland sich Die Tatvorgänge nimmt der Leser bemühe und daher Anerkennung nicht wahr. Der Schreiber Clement verdiene. stellt dem Leser nur die angeblichen Die Artikel in der Zeitschrift sind Gedanken der Soldaten vor Augen. koordiniert. Die Zielvorgabe hieß: Clement lässt nur die von ihm for- Der Krieg gegen Jugoslawien war mulierten Gedanken, die er als an- dringlich und richtig und der rich- gebliche Überlegungen der Solda- tige Schritt für den weiteren Weg. ten ausgibt, als das einzig Reale für Konkret und für heute aktuell be- den Leser bestehen. Die Gedanken wiesen sei: Das Militär ist der beziehen sich aber auf die realen Garant einer richtigen und wirk- Handlungen der Soldaten und der samen Außenpolitik. Gerade der Leser soll den Eindruck bekommen, Außenminister Fischer habe viel die von Clement formulierten Ge- gelernt und wisse nun zu beurtei- danken seien realistische Äußerun- len, „welche Bedeutung das ‚poli- gen über die Tatvorgänge, die so und tische Instrument’ Streitkräfte für nicht anders gesehen werden die außenpolitische müssten. Der Leser kann also die Aktionsfähigkeit unseres Staates Realität nur wahrnehmen durch die hat und welche Möglichkeiten dar- angeblichen Gedanken der Soldaten. in stecken“ (9/99, S.4). Der Ver- Die Sicht des Lesers wird verengt, fasser Rudolf Marquardt kann kaum den langlos. Sie ist Ausdruck einer bestimmten er wird hineingezogen in die Rolle des Tä- Mund wieder schließen, ob all der Möglich- außenpolitischen Militär-Ideologie. Ihre ters, der seine Tötungen nicht wahrnehmen keiten, die darin stecken. Zum Beispiel: Träger bestimmen über einen Haushalt von und nur sein Zuschlagen rechtfertigen will: zig Milliarden DM und fordern den militä- „Während des Fluges sind die Gedanken nur Über Europa hinaus rischen Einsatz von Hunderttausenden Sol- bei der sogenannten Mission. Da wird nicht Diese von den Militaristen schon immer daten weltweit, wo immer sie die Vorherr- darüber nachgedacht, was am Boden ge- wiederholte Meinung, gilt mit Verweis auf schaft des deutschen Kapitals erzwungen schieht, wenn man aktiv werden muss. Erst den Grünen-Minister Fischer jetzt als gesi- sehen wollen. später, nach der Landung, kommen die Ge- cherte Weisheit und dient als Begründung, Militärisches Zuschlagen und das Vernich- danken an die Zustände, die man am Boden warum die Bundeswehr heute „mehr denn ten von Menschen muss eingeübt werden. hervorruft.“ - Direkt dazu: Der Bomben- je nötig ist“. Und ist daher entscheidendes „loyal“ tut, was sie kann. und Raketenschütze hat nicht gerufen, auch Argument in diesem Artikel, der gegen nicht hervor, auch keinen Zustand. Er schoss Kürzungen des Bundeswehr-Haushaltes Nicht an die Bombenopfer denken! und er vernichtete und tötete Menschen. - geschrieben wurde. „loyal“ spricht ehemalige Soldaten an, de- Weiter im Text des Artikels: Im Artikel: „Ein Krieg als Signal“ (9/1999, nen deutlich einge- S.11) fasst ein Soziologie-Professor, B. prägt werden soll am Prosch aus Erlangen-Nürnberg, zusammen: Beispiel der deut- „Im besten Fall kann der Kosovo-Konflikt schen Tornado-Be- daher am Ende eines Jahrhunderts mit satzungen, die im ita- furchtbaren Kriegen als abschreckendes Si- lienischen Piacenza gnal auf Diktatoren und Despoten wirken – stationiert waren: An in Europa und vielleicht auch darüber hin- die getöteten Bom- aus.“ Kein Fragezeichen. benopfer darf ein gu- In der darauf folgenden Nummer der Zeit- ter deutscher Soldat schrift hatte die „loyal“-Redaktion sich nicht denken, sonst beeilt, dem „vielleicht“ des B. Prosch ein „ klappt es beim näch- sicher doch“ in Form der zersplitterten Glas- sten Bombenangriff scheibe über der Asien-Landkarte nachfol- nicht gut. gen zu lassen. In seinem Erlebnis- Gerd Arntz, 1938, in der Emigration in NL. Diese ästhetische Idiotie ist aber nicht be- bericht: „Die Piloten Hinter der Scheibe steht ein realer Mensch

Seite 40 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? „Die Soldaten machen es deutlich, dass es Die Anzeigenhersteller forderten „Fairness“ deutsche Gemeinwohl. Dieses Gebräu soll für sie entscheidend ist, vom praktischen für den Vernichtungskrieg der Nazi-Wehr- gelten als richtige Beschreibung deutsch-an- Ziel ihrer Operationen überzeugt zu sein. macht . Was immer auch mit dieser gemessenen Verhaltens in der Heimat und Nur so können sie diese Gedanken wieder „Fairness“ gemeint sein kann, es wird auf darüber hinaus, nicht nur geographisch, auch verdrängen, wenn der nächste Start bevor- die Rechtfertigung des Vernichtungskrieges historisch soll das gelten. Ein historischer steht. Und sie waren davon überzeugt, dass hinauslaufen. Die Anzeige verlangte Zustim- Artikel ist in jedem Heft. Slobodan Milosevic und seinen Schergen mung für die These: Wenn der Vernichtungs- Ein Beispiel. „Vor 60 Jahren: Überfall auf das Handwerk gelegt werden musste. Da- krieg der Nazi-Wehrmacht nicht für gerecht- Polen – Beginn des zweiten Weltkrieges“ bei ist die Unterstützung aus der Heimat fertigt erklärt werde, dann könne heute der (9/1999, S.36). Da schreibt H.J. Koch: „Bis schon von großer Bedeutung.“ „Einsatz“ der Bundeswehr nicht „unvorein- zu diesem Schicksalstag der deutschen Ge- Je mehr die Soldaten mit Propaganda zuge- genommen“ mitgetragen werden. Es geht schichte war die sechsjährige Regierungs- schüttet werden, desto besser das Verdrän- ihnen um „Unterstützung aus der Heimat“, zeit Hitlers von Erfolgen gekrönt.“ Sechs gen des völkerrechtswidrigen Angriffs auf damals wie heute, und damit das klar ist: Jahre Zeit für die Kriegsvorbereitung durch Jugoslawien und der Tötungen durch die “unvoreingenommen“ muss sie sein. die Nazi-Morddiktatur: was für ein Erfolg! Tornado-Besatzungen. Der Stil von Der Publizist Clement schrieb von der „gro- Hätte die Nazi-Wehrmacht den Krieg nicht Clements Artikel ist bekannt: die Form des ßen Bedeutung“ der „Unterstützung aus der verloren, welche Krönung hätte der Milita- Berichtes über Tatsachenvorgänge, vermit- Heimat“ dafür, dass die Soldaten das Nach- rist der Zeitschrift „loyal“ gesehen? telt über angebliche Gedanken von Solda- denken verdrängen. Ohne falsche Propagan- Im Kosovo wurde die Bundeswehr erwach- ten. Er war die Machart der Schreiber- da kein richtiger Krieg: „loyal“ und seine sen, meinte „loyal“. Große nächste Aufga- kompanien der deutschen Nazi-Wehrmacht Autoren arbeiten daran. Zur praktischen ben stehen bevor? Da ist es gut, einen Rat und gehörte zu ihrem Handwerk. Nachzu- Einübung: zu haben. Von einigen ihrer Mitglieder in lesen z.B. in dem Faksimileband der Zeit- In dem Innenteil von „loyal“, dem „Reser- ihrem Beirat für freiwillige Reservisten- schrift „Das Reich“, herausgegeben vom visten Report“, sind beständig viele Berichte arbeit, musste sie sich, wie erwähnt, nach Scherz-Verlag. abgedruckt über Schießveranstaltungen, der Anfrage der PDS-Bundestagsabgeord- Märsche, militärische Wettkämpfe. Diese neten U. Jelpke, distanzieren. Das neonazi- „Fairness“ für den Vernichtungskrieg der Veranstaltungen sind Teil der freiwilligen stische Gedankengut einiger Soldaten- Nazi-Wehrmacht Reservistenarbeit, die die Bundeswehr verbände war öffentlich angegriffen worden. „loyal“ berichtet über die Zusammenarbeit durchführt. Geworben wird im Reservisten- Mit einigen der Organisationen, die die Mi- mit den Traditionsverbänden der Nazi- verband mit „Kameradschaft“ und „Fitsein“. litärpolitik der Bundeswehr strategisch be- Wehrmacht und über deren Tätigkeit. Sie Auf Prospekten ist immer ein Lagerfeuer zu denken und die nächsten Kriegsvorbereitun- sieht sich als ein Teil in der Reihe deutscher sehen, über das Fleischstücke, aufgespießt gen mitplanen, z.B. mit der Gesellschaft für Soldatengenerationen. Die Zeitschrift druck- auf Stöcke, gehalten werden. Kameradschaft Wehrkunde, führt der Reservistenverband te im Herbst 1999 beständig eine ganzseiti- nur bei uns, wird versprochen: als Ersatz für viele Veranstaltungen durch. ge Anzeige des Buches ab, das den Vernich- die verdrängten Gedanken. tungskrieg der Nazi-Wehrmacht leugnet, Spricht das Neofaschisten an? Die militäri- Arbeit für die deutsche Militärtradition „Soldaten der Wehrmacht“, und zwar vorne sche Vernichtungsgemeinschaft schon. Auch Mit der Kriegsgräberfürsorge arbeitet der auf der Innenumschlagseite, so dass dieser das Verdrängen der Gedanken an die Getö- Reservistenverband eng zusammen. Seine Beginn schon dem nachfolgenden Inhalt des teten? Der Rassismus der Neonazis ver- Mitglieder sammeln jedes Jahr Geld dafür. Heftes einen dominierenden Gesichtspunkt drängt das nicht, sondern rechtfertigt deren Der NRW-Innenminister Behrens wird ger- gab. Morde. ne im „Reservisten Report“ abgebildet, wie Unter der Überschrift „Fairness für die er Sammler des Reservistenverbandes emp- Vätergeneration“ wurde gefordert: „Vor 60 Werbung für militärische Aggression fängt. SPD-Innenminister Behrens ist Vor- Jahren waren mehr als 18 Millionen Deut- Die „Mission“ und das „politisch überzeu- sitzender des Landesverbandes NRW des sche aus fast allen Familien Angehörige der gende Ziel“ rechtfer- Wehrmacht. Sie werden derzeit zunehmend tigen bei „loyal“ Ag- verunglimpft und pauschal als Verbrecher gression und Militär- beschuldigt. Der Einsatz unserer Bundes- überfall. Diese Re- wehr heute ist nur zu verantworten, wenn servisten als Vermitt- deren Pflichterfüllung von der Gesellschaft ler zwischen „Trup- unvoreingenommen mitgetragen wird. Das pe und Bevölke- setzt Fairness gegenüber der vorigen rung“ überbringen Soldatengeneration voraus.“ die Gedanken der Militaristen sehen offensichtlich immer die militärischen Ag- Soldaten des jeweils vorhergehenden Krie- gression. Militärisch ges als ihre Väter an. Entgegen der biologi- zuschlagen und den schen Reihenfolge wird das Leben als deklarierten Gegner Soldatenabfolge gefasst. Denn nicht die vernichten, das muss vorherige Generation waren die Nazi-Sol- sein, sonst gäbe es daten. Sie waren die Großväter der heuti- keine wirksame Au- gen Enkel, die bei der Bundeswehr sind. ßenpolitik für das Postkarte des Reservistenverbandes

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 41 Pflege mehr erfahren ha- tion. Auftritt Ulf Nahrath: Der Leutnant der ben.“ Wo deutsche Sol- Reserve Ulf Nahrath erklärt die Bedeutung daten begraben worden der ABC-Abwehrmaßnahmen. Dann Pause. sind, da darf kein „Ur- „Hauptsache man hat anschließend eine ru- wald“ sein. Auch dort hige Hand. Denn bei einem mit räumen Reservisten auf. kameradschaftseigenen Pistolen ausgetrage- Nicht nur die Grabsteine nen Schießwettbewerb gibt es etliche attrak- werden gepflegt, die tive

Name des Verbandes Beirat Gem.Ausschuss Kuratorium Zahl der Kontakte

Ges. f. Wehr- u Sicherheitspolitik X 310 Deutscher Marinebund X X X 168 Kyffhäuserbund X X 154 Volksbund dt. Kriegsgräberfürsorge X 113 Bayerischer Soldatenbund 1874 X X 96 Verband deutscher Soldaten X X X 92 Deutscher Bundeswehrverband X X 86 Deutsche Atlantische Gesellschaft X 39 Clausewitz Gesellschaft X 12 Konrad-Adenauer Stiftung 12 Wehrpolitischer AK (CSU) 12 Kameradenkreis Gebirgstruppe 10 Ring deutscher Soldatenverbände X X 10 Deutsche Offizier-Gesellschaft X 4 Deutscher Luftwaffenring X X X 15 Bayer. Kameraden+Soldatenvereinigung X X 11 Deutsche Ges. f. Wehrtechnik 4

Günter Baumann arbeitet in der Kommissi- on „Neofaschismus“ der VVN-BdA NRW

Seite 42 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Die „Gesellschaft für Wehr-und Sicherheitspolitik und ihre Zeitschrift „Europäische Wehrkunde“ Andrej Hunko

Als Fachblatt für Strategiedebatten deutsch- zelnen Sektionen einzuschränken haben im Mitwirkung der GfW bedient“ (Rundschrei- europäischer Militärpolitik soll hier die Zeit- vergangenen Jahr zu erheblichen Turbulen- ben 3/1953 zit. nach UZ 21.8.81). schrift „Europäische Sicherheit“ (ehemals zen und schließlich zum Rücktritt des noch Ausdrücklich formulierte Aufgabe war es, „europäische Wehrkunde“) vorgestellt wer- von Volker Rühe durchgesetzten Präsiden- „die bei Ende des 2. Weltkrieges abgebro- den. Herausgegeben wird diese monatlich ten Bagger geführt. chene deutsche wehrkundliche Forschung erscheinende Zeitschrift von der „Gesell- Zunächst sollten wir aber einen Blick auf wiederzubeleben und ihren Anschluss an schaft für Wehr- und Sicherheitspolitik“ die Geschichte dieser international durch- den Stand der ausländischen Forschung zu (ehemals „Gesellschaft für Wehrkunde“), aus renommierten und einflussreichen Or- betreiben, die militärischen Erfahrungen aus die es sich zum Ziel gesetzt hat, „durch Öf- ganisation werfen: dem 2. Weltkrieg zu sammeln und auszu- fentlichkeitsarbeit ihrer über 100 Sektionen, werten und sie für den Fall einer Wieder- Verständnis zu wecken für die Notwendig- Geschichte aufstellung deutscher Streitkräfte nutzbar zu keit vorbereitender Landesverteidigung“. Gegründet wurde „Gesellschaft für Wehr- machen“(Impressum der Wehrkunde 1954). Es handelt sich dabei um eine halb-offiziel- kunde“ 1952 von zehn ehemaligen Offizie- So konnte die damalige Bundesregierung le Organisation, die zwar seit 1969 jährlich re der Hitler-Wehrmacht, die es sich zum das noch bestehende Verbot wehrkundlicher mit 400.000 DM aus dem Säckel des „Pres- Ziel setzten, aktiv an der Wiederbewaffnung Forschungen in der BRD seitens der ame- se- und Informationsamtes“ der Bundesre- der BRD im Rahmen eines westeuropäi- rikanischen Militärregierung umgehen und gierung bezuschusst wird und eng mit der schen Zusammenschlusses unter Front- illegal die Tätigkeit der GfW in Anspruch Bundeswehrführung kooperiert, ansonsten stellung gegen den Osten mitzuwirken. Be- nehmen. aber um Unabhängigkeit von der klagt wird in der nach wie vor gültigen ge- Mit der Aufstellung der Bundeswehr ab Regierungslinie bedacht ist. schichtlichen Selbstdarstellung (zum 1955 war ein wesentliches Ziel der GfW Die Versuche der letzten zwei Jahre, die GfS fünfzigsten Geburtstag im Januar 2002 soll erreicht; etwa die Hälfte der Mitglieder zu disziplinieren und die Autonomie der ein- eine neue Geschichtsdarstellung erscheinen) wechselte in den aktiven Dienst. Gleichzei- die Kriegsmüdigkeit der tig führte diese Remilitarisierung der BRD deutschen Bevölkerung auch zu einer Krise des Selbstverständnis- 1952 („Ohne-mich-Hal- ses der GfW. Der Schwerpunkt wurde fort- tung“), der es entgegenzu- an auf die Öffentlichkeitsarbeit, „dabei be- treten gelte. Ansonsten sonders Ansprache von Zivilpersonen wie sollten die „offiziellen Pädagogen“ gelegt um die Aufrüstung der staatlichen Stellen“ - als BRD ideologisch zu flankieren. Zudem er- deren „Anhängsel“ man möglichte gerade der semi-autonome Cha- sich keineswegs verstand rakter der GfW militärpolitische Fragen of- - „bei ihren Planungen fener als etwa die Bundeswehrführung oder durch Fachstudien“ unter- das Verteidigungsministerium zu diskutie- stützt werden. ren und somit ggf. als ideologischer Vorrei- Die Zusammenarbeit zwi- ter für Strategien zu fungieren, die in diesen schen GfW und den „offi- stärker kontrollierten Organen noch nicht ziellen staatlichen Stellen“ diskutierbar sind. wurde bald geregelt: „Die- In den späten 50er und frühen 60er Jahren se Fühlungnahme ist nun- zeichnete sich die GfW durch ein beson- mehr organisatorisch gere- ders aggressive Strategie gegenüber der gelt in der Form, dass die DDR und damals recht starken Anti-Atom- Dienststelle in solchen tod-Bewegung: „Ausgangspunkt aller Über- Fragen, die für die Klä- legungen sollte deshalb nicht die Frage nach rung eine Mitwirkung grö- einer Beseitigung der atomaren Waffen, son- ßerer Kreise des ehemali- dern nach Bannung der Gefahr einer Bol- gen Offizierskorps oder schewisierung sein“ heißt es etwa im Au- sonstiger wehrfachlich gust 1958. sachkundiger Persönlich- Präsident in dieser prägenden Phase von keiten als wünschenswert 1954 - 1963 war übrigens der 1948 wegen oder zweckdienlich er- Kriegsverbrechen zu 15 Jahren (!) Gefäng- scheinen lassen, sich der nis verurteilte Generaloberst a.D. Georg

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 43 Hans Reinhardt. Fremdkulturen“ in Deutschland „Norm- trollierbaren Verbindungen zum rechten In den frühen 60er Jahren versuchte die GfW abweichungen“ hervorrufen, so wird - un- Rand werden durch die dezentrale Struktur über die Gründung von Hochschulgruppen ter den Bedingungen der europäischen der GfS und die weitgehendeAutonomie der einen Fuß in die Universitäten zu kriegen, Flüchtlingsabwehr - der Islamismus im ara- einzelnen Sektionen ermöglicht. Jede der ca. was allerdings angesichts der einsetzenden bischen Raum in jüngerer Zeit positiver be- 100 Sektionen ist „grundsätzlich unabhän- Linksentwicklung an den Unis scheiterte. wertet: „Angesichts der anti-westlichen Ori- gig und frei bei der Themen- und Ebenso wie in der Frage der atomaren Be- entierung vieler ethnischer und religiöser Referentenauswahl, nur gebunden an die waffnung übernahm die GfW auch in der Gruppen in den außereuropäischen Anrai- Satzung und die Kernthemen“. Um die GfS Vorbereitung der Notstandsgesetze eine Art nerstaaten des Mittelmeers mögen manche stärker „auf Linie zu bringen“ hat das Vorreiterrolle. Bereits 1962 wurden in An- Beobachter die politischen Prozesse in den „Verteidigungs“ministerium (zunächst noch lehnung an de Gaulle Maßnahmen gefordert, islamisch geprägten Ländern dieser Region unter Volker Rühe) den ehemaligen Gene- die jeden Deutschen zwischen 18 und 60 vorrangig unter dem Gesichtspunkt der ralinspekteur der Bundeswehr, Hartmut Jahren zum „Bundesverteidigungsdienst“ Konfrontation unterschiedlicher Kulturen Bagger, als Präsidenten der GfS durchge- verpflichten und „Sabotageakte Fünfter betrachten. Doch muss die Erwartung eines setzt, der im April 1999 dieses Amt über- Kolonnen“ verhindern sollten. „Zusammenpralls“...nicht unbedingt eintref- nahm. Bagger versuchte die GfS zu zentra- Schon frühzeitig wurde die Bedeutung „hu- fen.“ Die bevorstehenden Konflikte würden lisieren und offen rechtsextreme Positionen manitärer“ Phrasen als Legitimierung neu- „nicht automatisch zu einer ausweglosen und Referenten aus dem Diskurs der GfS er deutscher Machtpolitik erkannt: „Men- Situation führen“. Eine Position, „die den herauszudrängen. Jede der (mittlerweile ca. schenrechte müssen also als moralischer Islam vorwiegend als kulturellen und poli- 1.000) öffentlichen Veranstaltungen einer Triumph ausgespielt werden können, weil tischen Gegner betrachtet“ sei „nicht hilf- Sektion musste vom Landesvorsitzenden ge- sie die eigene öffentliche Meinung von der reich“. nehmigt werden, der wiederum den Verfas- Überlegenheit der eigenen Sache überzeu- Hier deutet sich vorsichtig eine strategische sungsschutz zu Rate ziehen musste, um zu gen und den Gegner in Rechtfertigungs- Verschiebung deutscher Geopolitik im „Na- prüfen, ob bekannte Rechtsextreme als Re- zwang setzen. Stets ist also die Berücksich- hen Osten“ an, um die us-amerikanische ferenten vorgesehen waren. tigung der Menschenrechte in der Außen- Hegemonie über die Region zurückzudrän- In der Folge krachte es mächtig im Gebälk politik primär instrumental zu sehen, ein gen. Dennoch ist die GfS nach wie vor weit der GfS; Sektionsvorsitzende legten ihre Mittel zum Zweck...Es mag nützlich sein, davon entfernt, offen die WEU als Konkur- Ämter nieder, etliche Mitglieder traten aus, einem anderen Staat nach Ort und Stunde renz zur NATO und den USA zu propagie- um sich weiter rechts stehenden militaristi- den Spiegel seiner Verstöße gegen die Men- ren. schen Verbänden anzuschließen. schenrechte vorzuhalten, es mag ein ander- Hintergrund der Auseinandersetzungen war mal klug sein, so zu handeln, als gäbe es Interne Konflikte das Traditionsverständnis der Bundeswehr: diese Verstöße nicht.“ (3/1980, S. 128) Negativ in die Schlagzeilen geriet die GfS Während Teile der GfS die Bundeswehr Die 90er Jahre waren weitgehend von Dis- durch einen „Panorama“-Bericht vom 4. ungebrochen in der Tradition der kussionen geprägt, wie der Umbau der Bun- Februar 1999. Dort wurde berichtet, dass Hitlerschen Wehrmacht sehen, diese aber deswehr zur jederzeit einsetzbaren Angriffs- neben hohen Militärs auch zahlreiche Re- von allen Verbrechen freisprechen wollen, armee zu bewerkstelligen sei und welche ferenten mit guten Verbindungen zum rech- sieht Bagger die Zukunft deutscher Militär- neuen Feindbilder sich nach dem Zusam- ten Rand bei ihren Veranstaltungen als Red- einsätze besser mit einem moderneren menbruch des Warschauer Paktes auftun. ner auftreten. Zu diesen zählten u.a. der Image gesichert, mit dem die Erinnerung an Dabei ist die Diskussion durchaus im Fluss General a.D. Franz Uhle-Wettler, der 1992 die letzten weltweiten deutschen Militärein- und keineswegs abgeschlossen: Neurechte in das Kuratorium der damals geplanten sätze (im 2. Weltkrieg) ausgelöscht werden Vorstellungen, nach denen sich die Bundes- „Franz-Schönhuber-Stiftung“ der sog. „Re- sollen. „Die Traditionspflege in der Bundes- wehr patriotisch-korrekt nach preußisch- publikaner“ gewählt wurde und Rüdiger wehr gehört in die Waschmaschine“ ist sein soldatischen Tugenden mit „mentaler Aus- Proske, ein ehemaliger Jagdflieger, der zu Credo. Entsprechend wurden Leugner der richtung auf Verwundung und Tod“ zu ent- den Hauptkritikern der Ausstellung „Ver- Verbrechen der Wehrmacht (wie sie in der wickeln habe, anstatt sie „zu einer Unterab- nichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht Reemtsma-Ausstellung dokumentiert sind) teilung abstrakt-multinationaler Gremien 1941-1944“ gehört. Beide finden sich auch ihrer Ämter enthoben oder zum Austritt ge- denaturieren zu lassen“ (ES 4/1995) sind als Mitautoren in einer kürzlich im Kieler drängt. Auch wenn die Bundeswehr in je- ebenso zu finden, wie Vorstellungen, nach Arndt-Verlag erschienenen Festschrift für der Hinsicht die Nachfolgeorganisation der denen sich deutscher Machtzuwachs am den notorischen Auschwitz-Leugner David Wehrmacht ist, soll doch im öffentlichen ehesten mit einem modernen Image im Rah- Irving. Weitere Referenten waren Hans-Ul- Bewusstsein und im eigenen Geschichtsbild men multinationaler Verbände erreichen las- rich Kopp, bis 1997 Pressesprecher der diese störende Verbindung geleugnet wer- se (Josef Fischer, ES 11/2000). Gleiches gilt „Deutschen Burschenschaft“ und Mitglied den und ein „antifaschistisches“ Image, wie für die Feindbilddiskussion: Wurde Mitte des sudetendeutschen „WitikoBund“, Dr. es etwa die Bezugnahme auf den 20 Juli bie- der 90er Jahre die „neue Bedrohungsfront“ Alfred Jebens, Chefredakteur der Zeitschrift tet, erzeugt werden. nicht mehr politisch und ökonomisch defi- „Kameraden“ und Dr. Martin Papst, bis Nicht zufällig begannen diese Auseinander- niert, wie zur Zeit des kalten Krieges, son- 1994 Vorsitzender des „Hilfskomitee Süd- setzungen während des Angriffskrieges ge- dern ein kultureller „Zusammenprall zwi- liches Afrika“, das enge Kontakte zum da- gen Jugoslawien, der uns ja quasi als anti- schen Zivilisationen“ in denen sich „Men- maligen Apartheid-Regime in Südafrika faschistischer Krieg verkauft wurde. schenmassen über Teile des Globus ergie- unterhielt. Nichtsdestotrotz ist Bagger mit seinen ßen“ und „afrikanische und asiatische Diese auch von der Bundesregierung unkon- Säuberungsversuchen gescheitert. Ende Mai

Seite 44 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? 2000 warf er das Handtuch; seitdem ist die Print- und Digitalmedien verfügt, zu diszi- (Staatsminister a.D., FDP); General Hans GF ohne Präsidenten. Auslöser war sein plinieren, wie wichtig ein einheitliches Peter v. Kirchbach (Generalinspekteur a.D.); misslungener Versuch den Kemptener Selbstverständnis der Bundeswehr ange- Walter Kolbow (MdB, Parlament. Staatsse- Sektionsleiter zu disziplinieren, der den der sichts der Dynamisierung deutscher Kriegs- kretär im BMVg); Hans Koschnik (ehemal FPÖ angehörenden österreichischen vorbereitung in den letzten Jahren ist. Bosnienbeauftragter, SPD); General Dr. „Verteidigungs“minister als Referenten ein- Linke antimilitaristische Kräfte sollten die Klaus Rheinhardt ( ehem. Nato Befehlsha- geladen hatte. Trotz aller Versuche Baggers weitere Entwicklung dieser Organisation ber LANDCENT); Christian Schmidt diese Veranstaltung zu verhindern, hielt die genau beobachten, insbesondere die anste- (verteidigungspol. Sprecher CSU); Pro. Dr. Sektion Kempten an der Veranstaltung fest hende Mitgliederversammlung am 12./13. Armin A. Steinkamm (Uni BW München); und machte die Angelegenheit öffentlich. Januar in Hannover und das 50-jährige Ju- Peter Tamm (Verleger), Oberst d.R. Peter Der Rücktritt Baggers wurde in rechtsex- biläum ein Jahr später, und sich gleicher- Zumkley (sicherheitspol. Sprecher SPD) tremen Zeitschriften wie dem Ostpreußen- maßen gegen den traditionellen wie den mo- blatt entsprechend bejubelt. dernistischen Flügel wenden. Literatur: - Europäische Sicherheit (1976 bis 1990 Zusammenfassung und Ausblick Gesellschaft für Wehr-und Sicherheitspoli- Europäische Wehrkunde, bis 1976 Wehr- Der Fall Bagger macht einige Dinge deut- tik: aktuelles Personal (2001) kunde) lich: Zum einen zeigt er, wie stark die tradi- Ehrenpräsident: Dr. Klaus-Dieter Uelhoff, - www.GfW-Sicherheitspolitik.de tionell rechts-militaristischen Kräfte in der Staatssekretär a.D.; Präsidentin: Claire - Antifaschistische Nachrichten 7/99 und 10/ GfS sind, die die ungebrochene Tradition Marienfeld-Czesla, ehem.Wehrbeauftragte, 99 Reichswehr-Wehrmacht-Bundeswehr ver- CDU; Vize: Verena I. Wohlleben (SPD), - Ostpreußenblatt 23.10.99 und 1.7.2000 körpern und mit Teilen der faschistischen Thomas Kossendey (CDU), Oberst a.D. - junge Welt 16.1.1997 Szene kooperieren. Klaus Voß; Geschäftsführer: Oberstlt. A.D. - UZ 21.8.1981 Zum anderen zeigt das Interesse des Manfred Wistuba „Verteidigungs“ministeriums diese renom- Kuratorium: Prof. F.W. Baer-Kaupert; Dr. Andrej Hunko arbeitet im Antikriegsbündnis mierte Organisation, die die jährlichen Wolfgang Bötsch (Minister a.D., CDU); Dr. Aachen und im „Bündnis gegen Rechts“ Wehrkundetagungen abhält, 70.000 Besu- Hans-U. Brauner, (Vors. Vorstand Rheinme- Aachen cher auf ihren jährlich ca. 1.000 Veranstal- tall); Paul Breuer, verteidigungspol. Spre- tungen hat und über hochprofessionelle cher CDU-Fraktion); Dr. Werner Hoyer

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 45 Die „Kameradenkreise“ - Alte Herren - „Im Geiste unbesiegt“ Kurt Heiler

Definitionen 1956 tritt Ritterkreuzträger Erich Mende, te weiter zu illegalisieren, hätte den Kern Im Wegweiser des Inspekteurs des Heeres damals FDP, bei der HIAG auf, 1958 ruft einer nicht integrierbaren faschistischen zur Traditionspflege vom Dezember 1999 der Sozialdemokrat Ulrich Lohmar die Gruppe verfestigt und die Ziele der Alliier- werden drei verschiedene Gruppen defi- HIAG zum gemeinsamen Kampf gegen den ten ernsthaft gefährdet. Da im Kontrollrats- niert: Kommunismus („Wir sollten in Deutschland gesetz Nr. 34 die Aufhebung aller Versor- Aufgelöste Truppenteile und Dienststellen unsere Kräfte nicht zersplittern, sondern uns gungsansprüche für Wehrmachtsangehörige der Bundeswehr werden als „Traditions- zusammenfinden, um auf einer gemeinsa- festgeschrieben war, konnten sich die verband“ bezeichnet. men Plattform den Kommunismus zu be- Soldatenverbände auf breite Zustimmung Organisationen, in denen sich ehemalige An- kämpfen“ in „Der Freiwillige-Wiking-Ruf“, verlassen, wenn sie ihr Anliegen als ein „so- gehörige der Wehrmacht oder noch frühe- Aug. 1958) , Aufforderungen des Bundes- ziales“ verbrämten und sich als „Notgemein- rer Streitkräfte mit ehemaligen und aktiven tags zur Freilassung von NS-und Kriegsver- schaften“ konstituierten. Soldaten der Bundeswehr zusammenge- brechern, Demonstrationen vor den Gefäng- schlossen haben sind „Kameradenkreise“. nissen dieser Verbrecher mit mehreren 1000 Andererseits muss darauf bestanden werden, Vereinigungen ausschließlich ehemaliger TeilnehmerInnen, die Andersdenkende mit dass schon die Gründung der meisten Angehöriger der Wehrmacht und noch frü- „Juden raus“ Rufen verscheuchten. Dieses Soldatenverbände illegal war, auch bei sehr herer Streitkräfte sind als „Soldaten- Klima der 50er Jahre ist heute kaum noch zurückhaltender Interpretation des Art. 139. vereinigungen“ zu bezeichnen. nachvollziehbar. GG („ Die zur Befreiung des deutschen Vol- kes vom Nationalsozialismus und Militaris- Dimensionen Die Bundesregierung marschierte zielstre- mus erlassenen Rechtsvorschriften werden Wie immer die Definition lautet: Im Laufe big auf die Wiedergeburt einer eigenen von den Bestimmungen dieses Grundgeset- der Zeit hat die Bedeutung der Kameraden- Streitmacht zu, war aber realistisch genug, zes nicht berührt.“). Keine sehr volkstümli- kreise und Soldatenvereinigungen nachge- dies mit Zustimmung der westlichen Alli- che, aber trotzdem eine klare Vorschrift, die lassen, weil es aus biologischen Gründen ierten und im Rahmen eines westlichen Mi- besagt, dass die Freiheiten des Grundgesetz immer weniger ehemalige Wehrmachtsan- litärbündnis erreichen zu wollen. Hier ent- für alle gelten, außer für Nazis und ihre Or- gehörige gibt. Nach 1945 standen die Be- standen aber auch Risse im Verhältnis zu den ganisationen. In Zusammenhang mit den strebungen, in Deutschland eine Demokra- Soldatenverbänden, die ihrerseits ihre Zu- Soldatenverbänden sei hier das Potsdamer tie zu etablieren vor quantitativ und quali- stimmung und Mitwirkung an einer solchen Abkommen als eine der Rechtsvorschriften, tativ ungleich größeren Problemen. 10 Mil- Armee von einer „Generalamnestie“ und die Art. 139 GG meint, zitiert: „....werden lionen Kriegsteilnehmer- viele ohne einer „neutralen Ausrichtung“ der kommen- alle Land- See- und Luftstreitkräfte Deutsch- Unrechtsbewusstsein - bzw. dieses hinter den Armee abhängig machen wollten. Die lands, SS, SA, SD und den faschistischen Rechtfertigungs- HIAG- Anhänger wollten 1956 „weder Gestapo....einschließlich aller anderen mi- ideologien versteckend - waren keine gute Landsknechte des Rubels noch des Dollar litärischen und halbmilitärischen Organisa- Basis für den Aufbau der Demokratie. Al- sein.“ Galt zunächst die „Fürsorge“ der tionen zusammen mit ihren Vereinen und lein der Kyffhäuser-Bund hatte noch 1943 Soldatenverbände den verurteilten Verbre- Unterorganisationen, die den Interessen der 4,3 Millionen Mitglieder, der Volksbund chern aus der Wehrmacht, so steigerte sich Erhaltung der militärischen Tradition die- deutsche Kriegsgräberfürsorge 1944 2 Mil- die Propaganda in dem Maße, wie die Wehr- nen, völlig und endgültig aufgelöst, um da- lionen, der Verband deutscher Soldaten als machtsangehörigen von den Alliierten selbst mit für immer der Wiedergeburt oder Wie- ein Bündnis von 10 verschiedenen Vereini- freigelassen wurden zur Forderung nach Ge- deraufrichtung des deutschen Militarismus gungen gegründet, behauptete 1951 , im neralamnestie für alle Nazi-Verbrecher. und Nazismus vorzubeugen...Die NSDAP Namen von 2 Millionen ehemaligen ...ist zu vernichten, alle nationalsozialisti- Wehrmachtssoldaten zu sprechen. Allein Legal-Illegal- sch...egal? schen Ämter sind aufzulösen, es sind Sicher- 900.000 ehemalige Waffen-SS-Soldaten Die offizielle Gründung der ersten Soldaten- heiten dafür zu schaffen, dass sie in keiner zählten zum Wählerreservoir der ersten vereine konnte erst 1951 und 1952, also 4 Form wieder erstehen können! Jeder nazi- Wahl zum Bundestag. 1000 Verbände ehe- Jahre nach Beginn des kalten Krieges und stischen und militaristischen Betätigung und maliger Soldaten mit ca. 600.000 einge- im zeitlichen Zusammenhang mit der Re- Propaganda ist vorzubeugen.“ schriebenen Mitgliedern zählen Dudek/ habilitierung der angeblichen Notwendig- Jaschke Anfang der 50er Jahre. („Entste- keit des militärischen Kampfes gegen den Es gibt in der politischen und juristischen hung und Entwicklung des Rechtsextremis- Kommunismus in Gestalt des Koreakriegs Bewertung Auseinandersetzungen darüber, mus in der BRD“, 1984) erfolgen. Die Zulassung der verschiedenen ob 1955 die drei Westalliierten mit einer Soldatenverbände durch die Alliierten bleibt einseitigen Erklärung gegen die UdSSR den Das Echo aus Regierung und Parlament ver- eine Kapitulation vor der Tatsache, dass westdeutschen Teilstaat in die Souveränität wundert daher nicht: Ehrenerklärungen zur deren Anhängerschaft so groß und so ver- entlassen konnten oder ob diese Souveräni- Waffen-SS von Adenauer und Schumacher, ankert in der Gesellschaft war. Diese Kräf- tät erst durch den 2+ 4 Vertrag nach 1990

Seite 46 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? erreicht wurde. Aber erstens steht der Art. den Bundeswehr war realistischerweise nur nen dieser Gruppen. Die Sensibilisierung 139 GG immer noch im Grundgesetz und über etablierte Parteien zu erreichen. Ande- der Öffentlichkeit durch antifaschistische zweitens galt er selbst nach konservativster rerseits verstanden die Naziparteien die Gruppen und/oder der Friedensbewegung Lesart bis 1955, also jedenfalls zum Zeit- Soldatenverbände als ihr „natürliches“ zeigt manchmal Wirkung, vor allem aber ist punkt der Gründung der meisten hier be- Wählerreservoir und fühlten sich dort wie es die abnehmende quantitative Bedeutung sprochenen Soldatenvereine (z.B. HIAG- der Fisch im Wasser. So betont für die Deut- der Militaristenvereinigungen, die deren Bundesverband, VdS, Kyffhäuser). 1973 sche Reichspartei des Jahres 1952 Adolf von Einfluss mindert. berief sich die damalige Bundesregierung Thadden, später NPD: „Wir wollten als Par- noch auf den Art. 139, als sie Bedenken tei, die das Soldatische hoch hält, mit den Bündnisse der „üblichen Verdächtigen“ gegen ihre Aufnahme in die UNO zerstreu- entsprechenden Verbänden, die sich nun- Die Entwicklungen bei den Militaristen- en wollte. mehr bildeten, so wie es dies in anderen vereinen sind dabei nicht einheitlich. Wäh- Formen schon nach 1918 gegeben hatte, rend z.B. der Kyffhäuserverband in Werbe- Der Bundesvorsitzende der Jungsozialisten zusammenkommen.“ Die Sozialistische prospekten von 100.000 Mitgliedern Gerhard Schröder spricht 1977 im Vorwort Reichspartei versuchte ihr Verbot abzuwen- spricht, deren Mitgliedsalter im Durch- zur Broschüre „Die SS- ein 4. Wehrmacht- den, indem sie behauptete, in ihr organisier- schnitt 40 Jahre sei, muss der Verband deut- steil?“ ten sich eben nicht die ehemaligen NSDAP- scher Soldaten zugeben, mittlerweile nur „Das Grundgesetz ist antifaschistisch. Es Mitglieder, sondern 95 % ihrer Mitglieder noch über 11.000 Mitglieder zu verfügen, enthält den Auftrag, diesen antifaschisti- kämen aus Kreisen der ehemaligen Wehr- deren Durchschnittsalter um die 80 liegen schen Geist auch gesellschaftliche Praxis macht. Die Attraktivität der faschistischen dürfte. Alle Verbände sind entweder selbst werden zu lassen“ Ideologie für die Soldatenverbände lag und als Bündnis oder Dachverband konzipiert Der Bundeskanzler Gerhard Schröder liegt darin, dass im Selbstverständnis der oder sind Teil eines solchen. So versteht sich spricht 1998: meisten Soldatenverbände eine die „Arbeitsgemeinschaft für Kameraden- „Wer unser Gastrecht missbraucht, für den unverbundene Lücke klafft zwischen dem werke und Traditionsverbände“ als Dach- gibt es nur eins: raus und zwar sofort.“ Anspruch, einer Elite angehört zu haben verband ehemaliger Wehrmachtsteile. Eine Jugendsünden? („Die besten Soldaten der Welt“) und gleich- Vollversammlung kann deshalb aus nur we- zeitig den Krieg verloren zu haben, bzw. von nigen Mitgliedern bestehen, was aber nichts Eine Gefahr für die Demokratie heute? den Alliierten zu einem „entrechteten Volk“ darüber aussagt, wie viel Anhänger die je- Soldaten- und Kameradenverbände stellen degradiert worden zu sein. Der General der weiligen Treffen der Traditionsverbände auch heute noch eine Gefahr für die Demo- Waffen-SS und Mitbegründer des VdS, aufweisen. Z.B. stellen sich in Heft 11/99 kratie dar. Sie waren und sind offen für neo- Gille, „kann“ Unrecht eben erst ab 1945 des „Kameraden“ 40 dieser Kameraden- faschistische Ideologie und hatten und ha- wahrnehmen: „Unsere Erkenntnisse er- kreise vor. In einem Arbeitsmaterial der PDS ben offene organisatorische Flanken zum wuchsen aus dem Kampferleben des letz- Büros Jelpke und Zwerenz werden für die Neofaschismus. Sie verstehen sich und prak- ten Krieges, sie formten sich, als der von Jahre 1996/97 29 gemeinsame Aktivitäten tizieren eine Politik zwischen dem feindlicher Kugel getroffene Kamerad mit dieser Traditionsverbände mit der Bundes- Stahlhelmflügel der CDU und einer Neuauf- blassen Lippen und leiser Stimme ‚Deutsch- wehr aufgelistet. lage der Harzburger Front der Weimarer land’ flüsterte. Die Erlebnisse der Nach- Republik. Sie waren und sind ein Motor der kriegszeit, als alle von uns wohlbehüteten Um überhaupt eine Vorstellung davon zu ge- Rechtsentwicklung, hin zu autoritären, Ge- und heiligen Tugenden mit Füßen getreten winnen, wie viele dieser Vereinigungen es walt und Krieg bejahenden, die Demokra- wurden, konnten uns den Glauben an das gibt, folgt eine Aufstellung der Bundesre- tie ablehnenden oder relativierende Politik- deutsche Volk nicht zerstören...“ Wer unter gierung über die Mitgliedsvereine des „Ring auffassungen. solchem Realitätsverlust leidet, dem hilft Deutscher Soldatenverbände“ RDS (aus der Dudek/Jaschke fassen zusammen: „Das aus dann die von faschistischen Gruppen ange- Antwort der Regierung am 13.10.2000 auf vorliegenden Dokumenten (Verbands- botene antisemitische Verschwörungs- die Anfrage der PDS-Bundestagsfraktion) : zeitschriften, Resolutionen etc) theorie. Plausibel erscheinen dann die von rekonstruierbare politische Grund- Neofaschisten propagierten „radikalen“ Verband deutscher Soldaten (VdS); verständnis lässt daran zweifeln, ob der Ver- Maßnahmen bzw. Forderungen. Kyffhäuserbund e.V.; Deutscher Marine- haltens- und Wertkodex der Soldaten- bund e.V.“ Ordensgemeinschaft der Ritter- verbände mit dem Normenbestand parla- Soldatenverbände praktizier(t)en den kreuzträger des eisernen Kreuzes und Trä- mentarischer Demokratie vereinbar ist. Da- Schulterschluss mit allem, was in Deutsch- ger vom Militär-Verdienst-Kreuz e.V.; Ver- gegen weist das von den Verbänden tradier- land Militär war und ist. Einerseits dem band deutsches Afrikakorps e.V.“; Arbeits- te Gesellschafts- und Geschichtsverständnis Broterwerb geschuldet - man hatte ja sonst gemeinschaft der Reservisten, Soldaten und hohe Kongruenz zur politischen Stamm- nichts gelernt – andererseits ohne realisti- Traditionsverbände in Bayern - ARST; Bund kultur des rechtsextremen Lagers auf.“ sche Alternative (außer Söldnerwesen), Deutscher Kriegsopfer, Körperbehinderter Schon in den 50er Jahren passte es zusam- blieb die Bundeswehr zentraler Bezugs- und Sozialrentner BDKK e.V.; Traditions- men, dass rechtsextremes Gedankengut mit punkt der Militaristenvereine. Es fand und gemeinschaft „Panzerkorps Groß- einer Wahlorientierung auf die großen findet ein reger Austausch, eine intensive deutschland“; Kameradschaftsbund 16. PZ Volksparteien einherging. Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und und Inf.-Division e.V.; Preußisches Denk- Militaristenvereinen –flächendeckend in der mal-Institut, Verein zur Erforschung Preu- Einerseits riefen HIAG und VdS auf, keine gesamten BRD- statt. Nur widerstrebend ßischer Denkmäler e.V.; Der Stahlhelm- „Splitterparteien“ oder gar „extreme“ Par- und nach gewaltigem öffentlichem Druck Kampfbund für Europa; Deutscher Luft- teien zu wählen. Der Zugang zur entstehen- distanziert sich die Bundeswehr von einzel- waffenring e.V.; Bund deutscher Veterinär-

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 47 offiziere e.V.; Förderungsverein deutscher Soldaten zu fordern. Die Forderung über- Sargnagel der Weimarer Republik. Im Soldatenverbände (FdS) e.V.; Kamerad- brachte der Vorsitzende des VdS, Dr. J. Neujahrsaufruf des RKB 1924 hieß es z.B. schaft der ehemal. 76. Inf. Div. e.V. Berlin- Schreiber, in Personalunion Vorsitzender : „In Treue gedenken wir immer und immer Brandenburg; Kameradschaft der ABC-Ab- des RdS. Adressat war die Bundesregierung. wieder der Deutschen ... in den uns entris- wehr-Nebel-und Werfertruppe; Kuratorium Das Gespräch mit Kanzleramtsminister senen Gebieten. Wir wissen, dass sie eng „Soldaten- Ehrenmal- Göttingen“; Kame- Bohl verlief positiv. Bohl konnte sich als und fest mit uns stets verbunden bleiben und radschaft der Panzerlehrtruppen; Arbeitsge- alter Kyffhäuser ausweisen. den Gedanken, auch äußerlich mit uns wie- meinschaft für Kameradenwerke und der vereint zu werden, wie sie innerlich nie- Traditionsverbände e.V.“, Kuratorium Eh- Porträt: Der Kyffhäuserbund e.V. mals von uns getrennt waren, hochhalten renmal des Deutschen Heeres e.V.; Ring Gegründet 1786, größter Erfolg: Einwei- und auf Kinder und Kindeskinder übererben deutscher Soldatenverbände e.V. Berlin; hung des Kyffhäuser-Denkmals in Thürin- werden, damit einmal die Stunde kommt, die Truppenkameradschaft der ehem. I.AR 190, gen auf dem Wotansberg. Bis heute- mit Alldeutschland vereinigt zum Schutz und vorher 361; Deutsche Gesellschaft für Wehr- Unterbrechung von 1949-1989 (verordne- Trutz und Wehr.“ Für die Tätigkeit des medizin und Wehrpharmazie e.V.; ter Antifaschismus)- Anziehungs- und Treff- Kyffhäuser typisch ist die Errichtung von Traditionsverband Panzerbrigade 106 FHH; punkt für alles, was im Graubereich von immer mehr und neuen Kriegerdenkmalen. Verband deutscher U-Bootfahrer e.V.; Ka- Konservatismus und Neofaschismus in So wird in der Verbandszeitschrift „Der meradschaft 9. Panzer Division; Traditions- Deutschland aktiv ist. Das Denkmal ist 81 Kyffhäuser“ 1988 stolz berichtet, dass ca. verband 18. Inf.Pz.Gren.Div; Gemein- 5000 Kyffhäuser in Anwesenheit von schaft ehem. Heeresrichter; Arbeitsge- Generalfeldmarschall Mackensen 1928 meinschaft Traditionsverbände Schle- in Bochum ein Kriegerdenkmal errich- sischer Truppen; Kameradschaft Verei- teten: ein Löwe mit dem Sinnspruch nigung ehem. 67 er aus der 23 I.D.; Ar- „Der Überzahl erlegen- im Geiste unbe- beitsgemeinschaft Frankfurter siegt.“ Soldatenverbände; Traditions- gemeinschaft ehem. Schutz-und Über- Die „Vergewaltigung“ durch die Nazis seetruppen/Freunde der früheren deut- haben die Kyffhäuser ganz gut überstan- schen Schutzgebiete e.V., Deutscher den. Zum Ermächtigungsgesetz schrieb Jägerbund e.V.“ Traditionsgemeinschaft der „Kyffhäuser“ am 2.4.33: „Wir brau- der Lützower Jäger von 1813 e.V.; chen nicht umzulernen. Grundlage, Ordensgemeinschaft Deutsches Kreuz Wege und Ziele müssen dieselben blei- in Gold e.V.; Bayrischer Soldatenbund ben, wir müssen nur leidenschaftlicher 1874 e.V.; Fördergemeinschaft für an die Arbeit gehen und die Organisati- Soldatenverbände im Landkreis Mar- on durch entsprechende Satzungsände- burg-Biedenkopf e.V. rungen nur auf diesen Kampf einstellen.“ 1938 erfolgte die Umbenennung in „Na- Diese 38 Mitgliedsverbände sind teils tionalsozialistischer Reichskrieger- nur regional verankert, teils sind es aber bund“. Im Gegenzug erkannte Hitler den auch bundesweit tätige Organisationen RKB als alleinige Vertreterin ehemali- oder ihrerseits Bündnisse wie der VdS. ger Soldaten an. 1934 wurde der Gene- Lokal in Erscheinung treten diese Ver- ral a.D. Wilhelm Reinhardt Präsident der bände als „Arbeitsgemeinschaften der Kyffhäuser. Angeblich bemühte er sich Soldaten- und Kriegsopferverbände“. „lange Zeit, durch seine unnachgiebige Neben den meisten schon erwähnten soldatische Haltung den Einflüssen und Vereinen gehörten in Kassel z.B. die Eingriffen der Partei zu trotzen“ (Selbst- HIAG, die Gesellschaft für Wehrkunde darstellung). Das erklärt aber nicht, dass und die Gesellschaft für Wehrtechnik, Reinhardt als ehemaliger Freikorps- der Verband der Heimkehrer, der Verband m hoch. Seine Gestaltung macht Aufläufe führer und späterer SS-Oberführer auch der Reservisten der deutschen Bundeswehr von 20.000 Menschen möglich. Die Ent- noch mit dem goldenen Parteiabzeichen aus- und die Kameradschaft ehem. Soldaten der wicklung des Kyffhäuserbunds ähnelt der gezeichnet wurde. In diesen Zeiten höchsten Bundeswehr zum lokalen Bündnis, das am des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfür- Widerstands gegen das NS-Regime schwoll Volkstrauertag eine Gedenkveranstaltung sorge. Dies gilt vor allem für die Selbstdar- die Zahl der Mitglieder stetig an. 1943 wa- durchführt. stellung: allem voran das soziale Anliegen, ren es 4,3 Millionen, die in 42000 Kame- der Beitrag zum Gelingen der Weimarer der radschaften organisiert waren. Das Vermö- Wenn es um die „Ehre der Soldaten“ geht, Republik, die „Vergewaltigung“ durch die gen der deutschen Kriegerwohlfahrts- geben „die üblichen Verdächtigen“ öffent- Nazis zwischen 1933-1945 und endlich die gemeinschaft- als sozialer Arm des RKB- liche Erklärungen ab. So 1996 als sich der ersehnte Demokratie nach 1945- so lauten betrug 1939 rund 44 Millionen Mark. Dass Bundeswehrverband und der Verband der die Legenden. der SA-Stabschef Ernst Röhm zum Ehren- Kriegs - und Wehrdienstopfer, Behinderten führer des Bundes der Kyffhäuser ernannt und Sozialrentner Deutschland (VdK) zu- Die Wahrheit ist wie auch schon beim VdK: wurde, wird nach dem 30. Juli 1934 man- sätzlich auf die Liste setzten, um einen ge- Der 1922 in „Deutscher Reichskriegerbund chen irritiert haben. Röhm und die von ihm setzlichen „Ehrenschutz“ für den deutschen Kyffhäuser“ umbenannte Verein war ein vertretene Linie stehen aber für eine inner-

Seite 48 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? faschistische Konkurrenz, der Kyffhäuserbund zu nicht für Widerstand, die Hilfe und Unterstützung SA war nicht weniger der HIAG herbei. Als der kriegslüstern, nicht weni- Kriegsverbrecher Groß- ger antisemitisch als die admiral Raeder auf einem Göring-Hitler-Schacht Li- Treffen des „Deutschen nie, die sich im parteiinter- Marinebundes“ in Kiel nen Machtkampf durch- 1956 zum Ehrenmitglied setzte. gekürt werden sollte, ver- urteilten Ministerpräsi- Angeblich hatte Hitler nie dent von Hassel, Land- vergessen, dass der tagspräsident Böttcher Kyffhäuserbund sich 1932 (beide CDU) und Oppo- für Hindenburg und gegen sitionsführer Käber ihn ausgesprochen hatte. Kyffhäuser 1932-Stützen der Weimarer Repubik? (SPD) dies in scharfen Tatsache ist, dass der RKB Worten. Dass Raeder zu- auf Bundesebene 1943 aufgelöst wurde, im Kontext des Stahlhelmflügels der CDU/ vor schon- und zwar direkt nach seiner vor- seine Untergliederungen aber weiter beste- CSU steht. Dabei wird übersehen, dass ge- zeitigen Entlassung aus der Haft- Ehrenmit- hen konnten. Unter Leitung der NSDAP hät- rade der Kyffhäuser-Bund für eine extensi- glied des Kyffhäuserbundes und des VdS te die Arbeit weitergehen können. Nun aber ve Bündnispolitik auch mit rechtsextremen geworden war, war niemandem so recht auf- kamen die Befreiung von Faschismus und Vereinen steht. Dudek-Jaschke schreiben gefallen, hatten diese Soldatenverbände Krieg durch die Alliierten dazwischen. Nicht über diese Vernetzung: „Trotz unterschied- doch bislang brav an einer CDU-Orientie- nur, dass das Vermögen, das der RKB dem licher parteipolitischer Präferenzen verfü- rung festgehalten. NS-Reichsschatzmeister in Form einer Stif- gen die soldatischen Traditionsverbände tung unterstellen musste, nunmehr von den über ein kommunikatives Netzwerk, das Laut eigenen Angaben hat der Alliierten konfisziert wurde. Der Verband durch gemeinsame ideen- und lebens- Kyffhäuserverband 100.000 Mitglieder, die blieb bis 1952 verboten. Die meisten Lie- geschichtliche Grundorientierungen stabili- in 1500 örtlichen Kameradschaften bzw. 14 genschaften der Kyffhäuser wurden dem Zu- siert ist. Auch wenn Verbindungen zum or- Landesverbände und den „Jugendbund griff durch die Teilung Deutschlands und ganisierten Rechtsextremismus nicht als Kyffhäuser“ organisiert sind und deren den „Verlust der Ostgebiete“ entzogen. Erst Ausdruck des Selbstverständnisses der Durchschnittsalter mit 40 Jahre angegeben 1993 fand sich eine Stelle- das „Sächsische Traditionsverbände zu werten ist und sie ist. Die Zeitschrift erscheint 5-6 Mal pro Landesamt zur Regelung offener heute machtpolitisch keine Bedeutung mehr Jahr in einer Auflage von 50.000 Exempla- Vermögensfragen“ – die den besitzen, sind sie doch Bestandteil einer ren. Kyffhäuserbund als NS-Verfolgte deklarier- politischen Subkultur, die sich in teils- Während in den selbstdefinierten Zielen das oppositioneller Haltung zu den Institutionen konservative Element überwiegt („Eintreten der Mehrheitskultur befindet.“ für die Ehre, das Ansehen und die Anerken- nung des deutschen Soldaten, Förderung der Der Kyffhäuserbund ist Mitglied in: „Deut- Verteidigungsbereitschaft“...“sie darf keine schen Rat der europäischen Bewegung“; Scheinbereitschaft sein. Sie muss auf dem „Deutschen Komitee für Europäische Zu- Verteidigungswillen und der Wehrkraft des sammenarbeit der Kriegsteilnehmer und der ganzen Volkes beruhen“) liest man in der Kriegsopfer“; „Confederation Européenne Verbandszeitschrift andere Töne. des ancien combattants“; „Europäische Or- ganisation der Militärverbände“; „Gemein- Dudek/Jaschke hierzu: „In der Beurteilung samer Ausschuss“ mit: „Bundeswehr-Ver- des Nationalsozialismus und der alliierten band“, „Verband deutscher Soldaten“ und Besatzungspolitik...finden sich die stärksten „Deutscher Marinebund“; „Deutscher Berührungspunkte zur politischen Program- Bundeswehrverband“; „Bayrischer matik und historischen Deutung rechtsex- Soldatenbund 1874“; VdS (ab 1954), RDS tremer Organisationen. Die These gilt auch (ab 1975); „Paneuropa-Union“. noch für jene Verbände, die nahezu vorbe- Die Unübersichtlichkeit dieser Vernetzung haltlos die Politik des Bürgerblocks unter te und damit dessen Rechtsanspruch auf ist durchaus gewollt. Sie kann zu überra- Führung der CDU/CSU unterstützen. Be- Immobilien in der ehemaligen DDR durch- schenden Ergebnissen führen. Wie schon er- merkenswertes Beispiel dafür ist der setzte. wähnt, sprach sich die HIAG für die Wahl Kyffhäuserbund. Der Nationalsozialismus der CDU aus, nachdem Adenauer den spä- wird in der Verbandszeitschrift „Kyffhäuser“ Der erste Präsident nach 1945 war wieder- teren Vorsitzenden der HIAG, SS-General nicht offen verteidigt: Durch das Schema der um Wilhelm Reinhardt, bekannt aus der Meyer, im Kriegsverbrechergefängnis per- gegenseitigen Aufrechnung, der Selbstinszenierung „Widerstand und Verfol- sönlich aufsuchte und vor der Bundestags- Relativierung des NS-Terrormaßnahmen gung“. Heute ist die Einschätzung der mei- wahl 1953 dort eine Ehrenerklärung für die und der Umdeutung des Zweiten Weltkriegs sten Kritiker des Kyffhäuserbundes die ei- SS abgab. Als 1977 der Stern eine belasten- zur notwendigen „Vaterlandsverteidigung“ nes arg konservativen Vereins, der politisch de Reportage über die HIAG brachte, eilte

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 49 jedoch vermeidet der Kyffhäuserbund eine Scharping nach vielfachen Protesten jede als der „verlässlichste Wehrmachtsteil“. ernsthafte (selbst-)kritische Auseinanderset- Verbindung mit der „Ordensgemeinschaft Nicht zufällig wurde Admiral Dönitz von zung mit dem NS-System. Die Berichte über der Ritterkreuzträger“ untersagte. Hitler zum Nachfolger bestellt. Er gilt man- die Morde in den Konzentrationslagern wer- Nach einem begeisterten Artikel über das chem Neonazis heute noch als der einzig den gelegentlich als „Gräuelpropaganda“ Ritterkreuzträgertreffen mit Bundeswehr- rechtmäßige Regierungschef nach 1945. Die denunziert.“ vertretern im Oktober 1998 in Koblenz, beiden Hauptkriegsverbrecher der Marine, Die Ursache des NS sieht der Kyffhäuser verfasst von einem Repräsentanten des die Großadmirale Dönitz und Raeder wa- deshalb auch in der Novemberrevolution Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsor- ren und sind die Vorbilder des Marine- 1918, im Versailler Vertrag, im Linksradi- ge, fragte die Bundestagsabgeordnete bundes. Der kommissarische Leiter der kalismus usw. Dagegen kämpfte der Buntenbach von den Grünen nach der Be- Marineabteilung im BMV, Karl-Adolf Zän- Wehrmachtssoldat aus „Liebe zu Volk und teiligung der Bundeswehr an diesem Tref- ker, fragte „ob wir unsere Arbeit aufnehmen Heimat“ aus „Pflicht des Vaterlandes“ oder fen und bekam, um es höflich auszudrük- dürfen, solange unsere ehemaligen Oberbe- einfach „gegen den Bolschewismus“. ken, ausweichende Antworten. Der im brau- fehlshaber und weitere Kameraden noch in nen Sumpf allgegenwärtige General Dr. Haft gehalten werden.“ Zänker durfte, er hat- Klaus Reinhard, Befehlshaber der Land- te Großadmiral Raeder nach seiner vorzei- streitkräfte Europa sei „aufgrund einer per- tigen Entlassung aus der Haft um Erlaubnis sönlichen Einladung“ anwesend gewesen. gefragt. Der Redner, Oberstleutnant Hartmann, sei Auf einem Fundament zahlloser Bekennt- als Vereinsmitglied anwesend usw. Erst nach nisse zur faschistischen Marine entstand der erneuter Anfrage der Grünen-Abgeordneten, Marinebund, der allerdings ebenso wie der teilte das BMV mit: Seit dem 4.3.1999 darf VdS von personeller Auszehrung „bedroht“ es keinerlei dienstliche Kontakte der Bun- ist. deswehr mit der Ordensgemeinschaft geben. Der Marinebund kann auf ein 85 m hohes Tragen der Uniform auf sowie „dienstliche“ Denkmal für die Marine in Laboe an der Teilnahme an deren Veranstaltungen seien Kieler Förde verweisen. Das Marine-Ehren- untersagt. mal wurde 1936 von Hitler persönlich ein- Alles nicht so schlimm, beeilt sich der „zu- geweiht und wird vom Deutschen Marine- ständige Referent im Führungsstab des Hee- bund unterhalten. Es zieht Gesinnungsge- res, Oberstleutnant i.G. Siegfried Morbe, nossen an und schreckt- vor allem dänische- den erzürnten Soldatenveteranen zu versi- Touristen aus dem gleichen Grund ab: Die chern. In seinem Vortrag beim Seminar des Ausstellung im Denkmal strotzt vor Haken- „Ring deutscher Soldatenverbände“ am kreuzen und Reichskriegsflaggen. „Rein 6.10.2000 beruhigt er die Mannen um de- museale Darstellung“ rechtfertigt der ren Präsidenten J. Schreiber, „dies beinhal- Marinebundvertreter Michael Kempf. Am te aber kein Kontaktverbot mit den Ritterkreuzträgern selbst, sondern beziehe sich aus- Bis heute wähnt sich der Kyffhäuserbund schließlich auf die Organisati- als „ Der Überzahl erlegen- Im Geiste un- on „Ordensgemeinschaft’“ (Be- besiegt“ richt von Peter Hild, VdK, in Soldat im Volk 11.2000). Zwar Rumgeeiere mit Ritterkreuzträgern seien 511 Ritterkreuzträger dort Neben der Zeitschrift „Das Ritterkreuz“ ist Mitglied (+ 300 Sympathisan- seit Anfang 2001 ein Heft an die Kioske ten), aber es lebten ja noch fast gelangt, das den Titel „Ritterkreuzträger- 600, die nicht Mitglied seien. Profile“ trägt, von einer „Flugzeug- So wird die Brücke gebaut zur Publikations GmbH aus Illertissen heraus- Tradition und bisheriger Praxis gegeben wird und die unheilschwangere der Bundeswehr, die immerhin Nummer 1 trägt. Zum stolzen Preis von 674 RK-Träger in ihren Reihen 21,95 wird „der erfolgreichste Nachtjäger“ hatte, von denen 117 in Gene- H.W. Schnaufer vorgestellt. Da Hitler über ralsränge aufstiegen. Der Markt 7000 Ritterkreuze, davon 438 an Angehöri- für Zeitschriften wie die Profi- ge der Waffen-SS, verliehen hat, kann das le - Reihe über Ritterkreuz- eine endlose Folge von Hochglanzzeitungen träger ist offenbar vorhanden geben. Jedenfalls scheint immer noch ein und wird gepflegt. Markt für diese Art von Heldenverehrung zu existieren. Ritterkreuzträger waren und Deutscher Marine-Bund sind die traurigen Vorbilder von Neonazis Er gehört zu den engsten Bünd- aller Schattierungen. nispartners des „Verbandes Ritterkreuzträger sind ins Gerede gekom- deutscher Soldaten“. Die Ma- men, weil der Verteidigungsminister rine galt in der Sicht der Nazis Marine Denkmal in der Kieler Förde

Seite 50 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Fuß des „Ehrenmals“ betreibt ein Herr von 23 Einwohnern des Dorfes Boves in Ita- aus Stanley Kubricks Meisterwerk „Dr. Selt- Rehmschneider einen Kiosk, dessen lien. sam oder wie ich lernte die Bombe zu lie- Verkaufshit die 90 mal 150 cm große Trotz dieser riesigen Flecken auf der „wei- ben“ könnte man über ihn lachen. Aber er Reichskriegsflagge ist. Auch die Memoiren ßen Weste“ des „Wüstenfuchs“, nimmt sei- meinte es ernst und es war ernst. Jedes Wort. von Dönitz laufen gut. „Das ist ein gutes ne Verehrung kein Ende. Noch 1995 konn- Geschäft“, findet Rehmschneider und kann te der Verband ein Treffen von 1000 Teil- Der „Ehrenbund Rudel“ deshalb mit dem Vorwurf, ein Nazi zu sein nehmern in Ulm melden. Die in der Zeit- Der „Ehrenbund Rudel“ ist eine Unterab- „gut leben“. schrift gemeldeten Liste der Ortsgruppen teilung der DVU des Multimillionärs Frey. Wenige Kilometer weiter in Richtung Kiel umfasste immerhin 87 Städte. Vorsitzender Ein Jahr nach dem Tod des befindet sich ein weiteres Denkmal für die zu diesem Zeitpunkt war General Meinhard „höchstdekoriertesten deutschen Wehr- im Krieg umgekommenen U-Boot-Fahrer- Glanz, der immerhin Inspekteur des Heeres machtsangehörigen“ 1982 wurde der 30.000 Namen auf dunklen Metall- „Bund“ geschmiedet, um das Wasser tafeln. der damals noch zahlreicheren Solda- ten- und Traditionsverbände auf die Die Afrikakämpfer und ihre Zeit- Mühlen der DVU zu leiten oder etwas schrift OASE profaner, eine Käuferschicht für die 1941 rief „unser verehrter Generalfeld- Produkte aus dem Hause Frey fester an marschall die OASE sich zu binden. ins Leben, das Sprachrohr ALLER Rudel, der „Stuka-Oberst“ tingelte Afrika-Kämpfer des 2. Weltkriegs.“ schon seit Jahren für und auf Kosten (Selbstdarstellung der Zeitschrift) Und neofaschistischer Gruppen und Partei- wenn sie nicht gestorben sind... en durch Deutschland. Rudel hatte eine Die Afrika-Kämpfer sehen sich nicht Menge von Verbindungen, war er doch nur als „große Kämpfer“, als große Ge- schon 1936 zur Legion Condor Offi- meinschaft, sie stilisieren Rommel und zier gewesen. Als Held für jugendliche sich selbst auch zu „Widerstandskämp- Neonazis präsentierte er sich haupt- fern“ gegen die für die Kriegführung sächlich als „Stuka-Oberst“ des zu dummen Nazis. Die Zeitschrift Immelmanngeschwaders. Von der OASE ist voll von Berichten der Hel- „Bruderschaft“ 1952 über die DRP dentaten des Afrika-Korps. „Wir hat- 1953 bis hin zur DVU ab 1978 durch- ten die schlechteren Waffen- aber Dank lief Rudel viele Neonazigruppen. Sei- Rommel den besseren Schneid.“ ist die ne Treue zu Frey belohnte dieser mit typische Afrikakampf-Variante des be- dem „Europäischen Friedenspreis der kannteren Spruchs: „Der Übermacht Deutschen Nationalzeitung“ und mit erlegen- im Geiste unbesiegt“. Weni- der Gründung des „Ehrenbund Rudel“ ger gern berichtet die OASE über den 1983. Das Programm dieses Bundes ist Hass, den Rommel dem ehemaligen eine Zusammenfassung aller Forderun- Bündnispartner Italien entgegenbrach- gen der Soldatenverbände der letzten te. Am 23.9.1943 erteilte Rommel als 30 Jahre. Die Wehrmacht sei „die be- Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B ste Truppe der Welt“, weshalb ihr „ein den folgenden Befehl: „Irgendwelche besonderer Rang in der Traditions- sentimentalen Hemmungen des deut- pflege“ gebühre. Das Ansehen und die schen Soldaten gegenüber Ehre des deutschen Soldaten müsse badogliohörigen (Badoglio setzte unter staatlichen Schutz gestellt, mehr Mussolini ab) Banden in Uniform sind und neue Denkmäler müssten errichtet völlig unangebracht. Wer von diesen werden. „Schulen und sonstige Bil- gegen den deutschen Soldaten kämpft, dungseinrichtungen sollen verpflichtet hat jedes anrecht auf Schonung verlo- werden, das Andenken des deutschen ren und ist mit der Härte zu behandeln, Soldaten zu pflegen. Die Waffen-SS sei die dem Gesindel gebührt, das plötz- der Wehrmacht gleichzustellen. Auch lich seine Waffen gegen seinen Freund für die europäischen Teile der Waffen- wendet.“ Unter der Verantwortung von war und in dieser Funktion 1982- ohne das SS müsse es einen „Ehrensold“ geben. Es Rommel ist es in Italien zu zahlreichen Parlament zu fragen- die Studie „Air-Land- müsse mehr Zapfenstreiche und Vereidigun- Kriegsverbrechen gekommen: Versklavung Battle“ unterschrieb. Gemeinsam mit dem gen geben. Usw. usw. zur Zwangsarbeit, mindestens 20.000 ent- General der US-Armee, Edward c. Meyer Die Abteilung „Rudel“ führte nur ein kur- waffnete italienische Soldaten kamen in den fabulierte er: „Unsere Armee müssen so zes Eigenleben. Als die Integration in die Lagern um, zehntausende wurden ermordet bewaffnet und ausgebildet werden, dass sie DVU erfolgt war, verlor Frey das Interesse oder kamen bei Gefangenentransporten um. die Kampfaufträge bewältigen, die wir ab und konzentrierte sich auf die Teilnahme an In der Verantwortung Rommels stehen die Mitte der 90er Jahre auf dem europäischen Wahlen. Den „Ehrenbund“ gibt es auf dem Ermordung von 22 Zivilisten im Okt. 1943 Gefechtsfeld durchführen müssen.“. So als Papier immer noch. und die Niederbrennung und Ermordung wär er die Figur mit dem zwanghaften Arm

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 51 Der Verband deutscher Soldaten - Holocaust - Leugner bei der Bundeswehr Kurt Heiler

Wer sich mit dem VdS anlegen will, braucht Ehre und Recht des deutschen Soldatentums viel Geduld. Auf Kritik am VdS reagiert die Aus dem Urteil des internationalen Militär- und zur Wahrung seiner zeitlos gültigen Öffentlichkeit- auch der Teil, der gerade im tribunals: Tugenden der Pflichttreue und Kamerad- „Kampf gegen Rechts“ unterwegs ist- mit „Es ist unmöglich, auch nur einen Teil der schaft“ Achselzucken und Apathie. SS auszusondern, der nicht an diesen ver- Der VdS wird seit seiner Gründung als Ge- In zu vielen Köpfen gibt es ein von Medien ge- brecherischen Handlungen teilnahm. Die sprächspartner der Bundesregierung akzep- staltetes eindimensionales Bild von Neonazis: allgemeine SS nahm aktiv an der Verfolgung tiert. Sie müssen kahlköpfig sein, Springer-Stiefel tra- der Juden teil und wurde als Quelle für die gen und als Randgruppe visuell erkennbar sein. Rekrutierung von Wachmannschaften für die Mit von Moltke ins Fettnäpfchen Der Aussage, der Neofaschismus komme Konzentrationslager benutzt. Einheiten der Ein Redakteur von „Soldat im Volk“, Graf aus der Mitte der Gesellschaft wird solange Waffen-SS nahmen direkt an der Tötung von von Moltke, nutzte die internationalen Ver- noch zugestimmt, wie nicht zu viele „An- Kriegsgefangenen und an Grausamkeiten in bindungen des VDS/RDS und ließ sich ein- ständige“ als mitverantwortlich benannt den besetzten Gebieten teil. Sie stellte Per- laden zum Totengedenken am 4. Mai 1998 werden können. Wer- wie der VdS beste sonal für die Einsatzgruppen und hatte Be- nach Brunssum, Niederlande, nahe der Verbindungen zur Bundeswehr, zu den gro- fehlsgewalt über die Wachmannschaften der Grenze zur BRD und 25 km von Aachen ßen Parteien und zu Regierungsstellen hat, Konzentrationslager, nachdem die SS- entfernt.. Von Moltke, der angeblich nur ist zunächst mal gut versichert gegen An- Totenkopfverbände, die diese ursprünglich „Schnipsel“ für seine Zeitung SiV zusam- griffe antifaschistischer Organisationen. kontrollierten, von ihr aufgesogen worden menklebt und im 2. Weltkrieg in der Mari- Die Vorwürfe gegen den VdS- hier insbe- waren. ne diente, löste einen mittleren Skandal in sondere die Leugnung der Shoa- treffen auf Die SS wurde zu Zwecken verwandt, die den Niederlanden aus. Im Festkomitee der weit verbreitete antisemitische Stimmungs- nach dem Statut verbrecherisch waren. Sie Niederländer sitzt auch ein Vertreter von muster in der Bevölkerung und neuerdings bestanden in der Verfolgung und Ausrottung AFCENT, der Nato Zentrale Europa Mitte, auch bei Teilen ehemaliger Linken. D.h. der Juden, Brutalitäten und Tötungen in den die in Brunssum ihren Sitz hat. AFCENT heute müssen sich die rechtfertigen, die den Konzentrationslagern, Übergriffen bei der wird geleitet vom 4 Sterne General Vorwurf der strafbaren Leugnung der Shoa Verwaltung besetzter Gebiete, der Durch- Stöckmann, BRD. Gegen von Moltke als erheben und nicht die Auschwitzleugner. führung des Zwangsarbeiterprogramms und Teilnehmer des Totengedenkens wandten der Misshandlung und Ermordung von sich Widerstandskämpfer und antifaschisti- Kurze Geschichte des VdS: Kriegsgefangenen... sche Gruppen aus den Niederlanden. Die Der VdS wurde bereits 1951 in Bonn von Bei der Behandlung der SS schließt der Ge- niederländische Presse griff den Fall auf (die 50 Vertretern verschiedener Soldatenbünde richtshof alle Personen ein, die offiziell als deutsche schwieg) und gab dabei auch von als Dachverband gegründet. Vertreten wa- Mitglieder in die SS aufgenommen worden Moltke das Wort, was denn auch sein Un- ren: Deutscher Soldatenbund, Schutzbund waren, einschließlich der Mitglieder der all- tergang war. Zunächst wusste er zu berich- ehemaliger Soldaten, Bund ehemaliger deut- gemeinen SS, der Mitglieder der Waffen-SS, ten, dass er im 2. Weltkrieg in Ostende und scher Fallschirmjäger, Verband deutsches der Mitglieder der Totenkopfverbände und Vlissingen gekämpft habe. Nach seiner Er- Afrikakorps, Organisation der Kraftfahr- der Mitglieder aller verschiedener Polizei- innerung war es aber kein Überfall, die Städ- truppen, Traditionsgemeinschaft Groß- kräfte, welche Mitglieder der SS waren...“ te wurden auch nicht zerstört, nein von deutschland und Stahlhelm, Bund der Front- Moltke wusste zu berichten, dass sie mit der soldaten ,Vertreter der Waffen-SS sowie die Über den Ring deutscher Soldatenverbände Bevölkerung Fußball gespielt haben, Scho- Kameradschaft Legion Condor. Ins provi- (RFS) ist der VdS zum Teil über Personal- kolade hätten sie verteilt, ein prima Verhält- sorische Präsidium des VdS wurden die union mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher nis hätten sie gehabt- zu den niederländi- Waffen-SS Generäle Haußer und Gille ge- Kameradenwerke und Traditionsverbände schen Frauen. Später war er in die Ostsee wählt. 1954 wurde der Kyffhäuserverband in Stuttgart verbunden. Die Angaben über kommandiert, wurde dort Leutnant zur See. Mitglied. 1986 erklärte die SS-HIAG: „Im Mitglieder zeigen einen sterbenden Verein. Die Vorwürfe des Rechtsextremismus kon- Bundesverband der Soldaten der ehemali- Waren es in den 50er Jahren bis in die 70 er terte er- für die Niederländer unübersetzbar- gen Waffen SS (HIAG), der seit 23 Jahren über 100.000 Mitglieder, so wurden um „das ist mir völlig Wurst“ und fragte die nie- dem Verband deutscher Soldaten angehört 1989 noch Angaben von 60.000 Mitglieder derländische Presse: „Wo beginnt Rechts- und in dessen Vorstand vertreten ist...“ (Der des VdS gemacht. Heute sind noch 11.000 Extremismus?“ Z.B hier: Die Ausstellung Freiwillige 2/86) Bis heute sind Gliederun- übrig geblieben, davon allerdings 5000 in über die Verbrechen der Wehrmacht, die gen der HIAG –trotz offizieller Auflösung NRW. (Zum Vergleich: die NPD hat bun- gerade in Aachen zu sehen war, kommen- des Dachverbandes- Mitglied im VdS. Zur desweit 6000 Mitglieder) tierte er: „Das ist Hetze“. Auf seine eigene Entschuldigung der HIAG wird meist die Beteiligung an der deutschen Wehrmacht sei Lüge aufgetischt, die Waffen-SS sei nicht Die Mitglieder des VdS verpflichten sich es nach wie vor stolz. Das reichte den Ver- an den Verbrechen der Nazis beteiligt ge- laut Selbstdarstellung des VdS „zur Treue anstaltern, ihn wieder auszuladen. Unfähig, wesen. zum deutschen Vaterland...zum Schutz von die Zusammenhänge zu begreifen, kommen-

Seite 52 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? reichte. Nach 10 Jahren Protesten antifaschi- stischer Gruppen verschwand der Spuk vom „Ehrenmal“, grade bevor zum zweiten Mal ein Vertreter der offen neofaschistischen Burschenschaft „Libertas“ sprechen konn- te. Der VdS verzog sich nun in die Kaserne, wo er sein Heldengedenken am Ehrenmal in der Kaserne, also im Schutz der Bundes- wehr, durchführen durfte.

Die Zeitschrift „Soldat und Volk“ Der VdS und der RDS sind gemeinsam Her- ausgeber der Monatszeitschrift „Soldat im Volk“. Die Zeitschrift hat 28 Seiten. Im Mittelteil besteht sie aus Terminan- kündigungen regionaler VdS Verbände (9 Seiten), aus Geburtstagsgrüßen und einer Frauenseite sowie einem Buchversand. An- sonsten besteht die Zeitung zum großen Teil aus Rechtfertigungsschriften für die Wehr- Strammstehen gegen Militarismus? Nato und VVN-BdA macht, die Waffen-SS und deren Traditions- Kränze in Brunssum beim Gedenken an die Opfer des 2. Weltkriegs verbände. Die „Ehrenrettung des deutschen tiert er, er bleibe zu Hause, „um links-ex- „Den Opfern des deutschen Militarismus- Soldaten“ füllt die Seiten. In den letzten tremistischen Terroristen keine Chance zu VVN-BdA“. Jahren ist die Auseinandersetzung mit der geben, die Gedenkveranstaltung zu stören“. Reemtsma- Ausstellung „Verbrechen der Die Veranstalter fassten dann den richtigen VdS vor Ort Wehrmacht“ in den Vordergrund getreten. Beschluss, die Vereinigung der Verfolgten In Aachen, aber auch in anderen Städten Damit aber ist das Spektrum der Zeitschrift des Naziregimes- Bund der Antifaschisten (Münster, Böblingen, Bad Reichenhall, Ol- noch nicht wiedergegeben. Es folgen eini- einzuladen, für die deutsche Seite einen denburg, Speyer) finden Aktivitäten des VdS ge typische Ausführungen des VdS- Präsi- Kranz niederzulegen. Damit aber wurde nun in den Kasernen statt. In Bayern ist ein akti- denten Dr. J. Schreiber: der General Stöckmann in Nöte gebracht. ver Oberstleutnant, Erich Hoppe, Landes- „Ich habe weder kurz nach dem Krieg noch Ein deutscher General wurde überhaupt nur vorsitzender des VdS; in Bremen Oberst später geleugnet, HJ-Führer gewesen zu toleriert, weil er in der Verkleidung der Nato Dirk v. Grone. Zum 50 jährigen Bestehen sein. Ich habe auch niemals bestritten, dass – und auch noch als Chef- auftrat. Er erwies des VdS in NRW am 18.3.2000 sprachen ich freiwillig und aus soldatischer Begeiste- sich als sehr preußischer Vertreter seiner Grußworte der stellv. Landtagspräsident rung den Weg in die aktive Offizierslauf- Gattung. Der deutsche General salutierte NRW Hans-Ulrich Klose, der Bürgermei- bahn und zum Flugzeugführer eingeschla- ohne jede äußere Regung vor dem Kranz ster von Düsseldorf, Erwin, und der Briga- gen habe. Ich bin nicht gewillt, insofern et- der VVN-BdA auf dessen Schleifen stand: degeneral Heinrich Boer. Bildungsabende, was wie Reue zu empfinden, auch nicht für geselliges Beisammensein, gemeinsames die Zeit bis zum 8. Mai 1945. Ich war we- Schießen, all das findet im Rahmen der Bun- der Täter noch Mittäter, da ich nichts Kri- deswehr statt. Auch die sozialdemokratische minelles getan noch an irgendwelchen Un- Führung des Verteidigungsministeriums taten mitgewirkt habe. Ich sehe mich aber schickt ihre Referenten zu den Seminaren auch nicht als Mitläufer, denn ich habe die von RFS bzw. VdS. Feste Verbundenheit Entscheidungen, die mein Leben gestaltet besteht in Aachen zum Volksbund deutsche haben, nicht in einer undefinierbaren Mas- Kriegsgräberfürsorge, der einen Referenten se mitlaufend, sondern bewusst und verant- zum Aachener Wochenseminar des VdS bei- wortlich getroffen.“ (Okt. 1999) steuerte. Ein Jahr zuvor hatte Schreiber die Leser mit der Aussage „Deutschland darf kein Ein- Die Verbindungen des VdS in die Mitte der wanderungsland werden“ erfreut bzw. er- Politik in Aachen hat eine unrühmliche Tra- schreckt. Unter der Überschrift „Die gefähr- dition. Der VDS war federführend in der Ar- lichen Multikultis“ zeigt sein Artikel ein beitsgemeinschaft soldatischer Verbände, Foto von Minaretten aus der Türkei mit der die jedes Jahr am Totensonntag ihr „Helden- Bildunterschrift: „Zukunftsängste: Silhouet- gedenken“ vor dem 1933 eingeweihten „Eh- te einer deutschen Stadt?“ Weiter führt er renmal“ zelebrierten. Und auch hier war eine aus: „Bei uns leben pro Quadratkilometer Neuauflage der Harzburger Front vertreten, doppelt so viele Einwohner wie in Frank- die vom CDU Bürgermeister, dem Bundes- reich, und vergleicht man andere europäi- tagsabgeordneten Stercken über den Bi- sche Länder, so erscheint Deutschland noch schof, den Polizeipräsidenten bis zur Wi- stärker überbevölkert. ‚Das Boot ist voll’ Den Opfern des deutschen Militarismus! king Jugend und deren Reichskriegsflagge lautet deshalb ein bekanntes und nicht als

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 53 des Volkbundes deutscher Kriegsgräberfür- sorge das Geleitwort. Dann folgen 2 Seiten eines Dr. Heinz Splittgerber unter dem Titel „Der Tod des deutschen Revisionismus.“ Herr Splittgerber, der auch sonst im neofa- schistischen Spektrum der Bundesrepublik schreibt, stellt sich vor: „Mit welcher Will- kür der erweiterte Paragraph 130 von der Justiz gehandhabt wird, hat der Verfasser mit seinen kleinen Heften zum Geschichtswissen erlebt...Anklage und Verurteilung des Verle- gers und Setzers (der Autor war wegen schwerer Erkrankung nicht verhandlungsfä- hig); die Justiz weigerte sich, die hervorra- genden Beurteilungen überhaupt zur Kennt- nis zu nehmen.“ Also der Mann schreibt ein den Holocaust leugnendes Heft und entgeht einer Verurteilung durch Verhandlungsunfä- higkeit, was ihn aber hinreichend qualifiziert, einenArtikel für „Soldat und Volk“ zu schrei- ben. Der Artikel bezieht sich im übrigen po- sitiv auf meist einschlägig vorbestrafte Auschwitzleugner, die zum Teil noch inhaf- tiert sind. Dafür folgende Bespiele: „Die vom Bundesverfassungsgericht postulierte ‚Offen- kundigkeit’ [der Shoa] folgte, reichte aber nicht aus, da mutige Deutsche (Stäglich, Walendy u.a.) und Ausländer (Rassinier, Scheidl, Faurisson u.a) das verordnete Geschichtsdogma durch ihre Untersuchungen und Veröffentlichungen als unwahr bloßstellten“...“Die experimentellen Nach- prüfungen wurden dagegen von Experten ihres Faches wie Leuchter, Rudolf, Lüftl, Mattogno durchgeführt. Die deutsche Justiz übertrieben zu bezeichnendes politisches ‚Kriegsschuld’ zudiktiert.“ (Ausgabe 6/99) blieb stumm.“...Es sei hinzugefügt, dass die- Schlagwort.“ se experimentellen Nachweise der Unwahr- haftigkeit der „Offenkundigkeit“ durch her- Es wird also in der Zeitschrift das ganze Antisemitismus und vorragende Autoren (Rassinier, Scheidl, Spektrum neofaschistischer Agitation wie- Geschichtsrevisionismus Faurisson, Walendy u.a) bereits seit Jahren dergegeben. Schwerpunkte bleiben dabei Mittlerweile nehmen der Antisemitismus und vertreten wurden, doch schloss die Justiz die Leugnung der Verbrechen des Faschis- Geschichtsrevisionismus in „Soldat und messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht mus, vor allem der Verstrickung der Wehr- Volk“ einen breiteren Raum ein. Beginnend sein darf.“ Der Revisionismusanhänger macht in diese Verbrechen sowie der Ras- mit Anzeigen der neofaschistischen NPD na- Splittgerber versteckt sich aber nicht nur hin- sismus. Dabei werden oft Quellen aus dem hen „Unabhängigen Nachrichten“ und Anzei- ter der Phalanx vorbestrafter Auschwitz- Neofaschismus dokumentiert, so finden sich gen des Auschwitz-Leugner-Blattes leugner. Sein eigener Beitrag liest sich so: Stellungnahmen der Republikaner neben „„Vierteljahreshefte für freie Geschichtsfor- „Manche Gräuelmärchen brauchten fast ein Veröffentlichungen des Neonazis schung“, das aus rechtlichen Gründen von halbes jahrhundert, bis sie in der BRD auf- Mechtersheimer und aus dem neofaschisti- London aus herausgegeben und verschickt flogen, so die Ermordung der 15000 polni- schen Grabert-Verlag. Ehemalige REP- wird. Auch „Die Aula“, Neonaziblatt aus schen Offiziere in Katyn, so die Ermordung Funktionäre wie der Ex-MdEP Emil Schlee Österreich, wird zustimmend nachgedruckt. von einigen Hundertausenden von KZ Häft- kommen ausführlich zu Wort und können Wohlgemerkt handelt es sich um solche Or- lingen durch Dieselabgabe, so die Vergasung dabei Dinge ohne Widerspruch schreiben ganisationen bzw. Publikationen, bei denen von 4 Millionen Häftlingen in Auschwitz, wie: „Da im Mai 1945 zwar die deutsche selbst der Verfassungsschutz nicht mehr leug- obwohl dort einige Millionen weniger ein- Wehrmacht, aber nicht das deutsche Reich nen kann, dass sie offen faschistisch sind. geliefert worden waren u.a.m.“ kapituliert hat,...ein Friedensvertrag zudem Aber die Anzeigen waren nur der Anfang. seit 1945 aussteht, ein Überfall nachweis- Mittlerweile ist die Leugnung der Ermordung Eine Beschimpfung der Abgeordneten des bar 1939 nicht stattfand, sondern nach sechs- der europäischen Jüdinnen und Juden Be- Bundestags rundet das Bild ab: „Ob sich die monatiger Abwehr von polnischen standteil der Zeitung. Die Ausgabe Novem- Masse der Abgeordneten des alten Bundes- Grenzübergriffen ‚zurückgeschossen’ wur- ber 2000 wird deshalb hier ausführlicher dar- tags wohl Gedanken gemacht hat, dass sie es de, hat man den Besiegten wie 1919 eine gestellt. Auf Seite eins schreibt der Präsident sind, die die Besudelung des deutschen Na-

Seite 54 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? tes erfahren und werfe des- Bundeswehr und auch die Gesellschaft inte- halb keinen Stein auf ihn.“ griert. Nach jahrelangem Leugnen hat die Von Arendt wird als „guter Bundesregierung auf eine Anfrage der PDS Kamerad“ in Gefangen- endlich geantwortet: „ Inzwischen wurden schaft geschildert, der sei- verschiedene Ausgaben der Publikation „Sol- nem jetzt für „Soldat und dat und Volk“ ab Heft September 1999 aus- Volk“ schreibenden Kame- gewertet. Dabei fanden sich einzelne tatsäch- raden mitteilte, Hitler habe liche Ansatzpunkte für einen rechtsextremen vorgehabt, an gleicher Stel- Hintergrund.“ Auf Nachfrage der PDS-Frak- le einen Riesen- tion musste die Bundesregierung zugeben: triumphbogen zu bauen mit „Nachfolgende Ausgaben von ‚Soldat im „Symbolen wie zerbroche- Volk’ enthielten ebenfalls tatsächliche An- ner Hammer und Sichel und haltspunkte für einen rechtsextremen Hinter- Aus „Soldat und Volk“: Der Westwall als Ersatz für das Davidstern [damit] die grund (z.B. Ausgaben Dez. 1999, April und Shoah Denkmal in Berlin? größten seiner Erfolge dar- Mai 2000); u.a. wird für Druckerzeugnisse mens, die Ehrlosmachung unserer Kriegsto- gestellt werden sollten: die Überwindung des von Rechtsextremisten geworben, darüber ten, die Diffamierung Deutscher im Ausland Klassenkampfes, des Kommunismus und des hinaus werden revisionistische Äußerungen durch ihre unausgewogene Gesetzgebung, Judentums“ Schlussfolgerung des Autors Dr. veröffentlicht.“ (Antwort der Bundesregie- die jeden Revisionismus abwürgt, aufrecht- Heinrich Ahrens, Bremen: „Der nun gebil- rung vom 13.10.2000) erhalten.“ Das wird wohl gern gelesen. Im ligte Entwurf des Mahnmals entspricht so- folgenden Heft findet sich jedenfalls nicht mit nach Größe und Lage Hitlers Wunsch.“ Gleichzeitig biegt die Regierung alle Fragen mal ein relativierender Leserbrief. Einen Ja besser noch: Wie zufällig traf man in Ge- nach einer Veränderung im Verhalten zum Änderungsvorschlag für den Paragraph 130 fangenschaft viele „interessante“ Männer, so VdS ab. So werden die örtlichen Komman- Strafgesetzbuch (Volksverhetzung) stellt ein Z.b SS Oberscharführer Rochus Misch. Er deure und Dienststellenleiter vorgeschoben, Prof. Dr. Bellinger, Berlin auf den folgenden gehörte dem Ex-Sicherheitskommando Hit- die das Verhältnis zum VdS jeweils vor Ort Seiten vor. Hieß es bisher im lers an. Er erzählte, er habe nach dem Selbst- klären können und sollen. Der aus Bundes- Gesetzestext:.“...wird bestraft, wer eine un- mord Hitlers die Leichen mit Benzin begos- mitteln geförderte Verband der Reservisten ter der Herrschaft des Nationalsozialismus sen und verbrannt. Schlussfolgerung des der Bundeswehr hat dem VdS seit 1991 ca. begangene Handlung. in einer Weise, die Autors: „Wer diese Stelle besucht oder dort 15000,00 DM Zuschüsse für Seminare ge- geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stö- Blumen niederlegt, ehrt damit, ob er will oder spendet. Die Frage nach der Mitgliedschaft ren, öffentlich oder in einer Versammlung bil- nicht, den Ort, in dem kein jüdischer Toter, des VdS im Reservistenverband wird von der ligt, leugnet oder verharmlost.“ So soll jetzt wohl aber Hitlers Asche liegt.“ Regierung verneint. In der Selbstdarstellung ergänzt werden: „...Nationalsozialismus, des VdRBw wird die Zusammenarbeit mit Kommunismus oder der Siegermächte des Beschließen wir die Unappetitlichkeiten mit dem bis ins rechtsextreme Lager reichenden zweiten Weltkriegs“. Begründet wird dies so: einem Leserbrief des in braunen Kreisen gern Zweig der Soldatenverbände (RdS, VdS, „unter der Herrschaft der Siegermächte des gelesenen Pater Lothar Groppe, SJ, Bad Pyr- Marinebund, Kyffhäuser) offengelegt. Neben 2. Weltkriegs gelangte die vorläufige Schät- mont. In der Dezember Ausgabe fasst er sei- dem „Beirat für freiwillige Reservistenarbeit zung bereits auf 14,1 Mio deutsche Opfer von ne jüngsten Aktivitäten so zusammen: „Ich beim VdRBw“ und dem „Kuratorium Wehr- Kriegsverbrechen, eine Bevölkerungszahl, habe an den Zentralratsvorsitzenden der Ju- hafte Demokratie“ dient der „Gemeinsame die damals den Einwohnerzahlen Österreichs den, Paul Spiegel, geschrieben und ihm mei- Ausschuss“ dieser Bündnisarbeit, bei der und der Schweiz zusammengenommen ne Besorgnis mitgeteilt, dass sich die offizi- auch öffentliche Mittel auf die Mühlen von entsprach...Weiterhin ist aus dem Gesagten ellen Repräsentanten der Juden in Deutsch- Holocaust-Leugnern gelangen. Vlg. Tabelle die Schlussfolgerung zu ziehen, dass eine Ge- land seit der Amtsübernahme durch Heinz im Beitrag zu „Loyal“) denkstätte für die 14,1 Mio deutscher Opfer Galinski berufen glauben, dem deutschen In ihren Antworten auf PDS Anfragen bewegt von Kriegsverbrechen der Siegermächte im Volk Belehrungen zu erteilen, wie es sich zu sich die SPD-Grüne Regierung weiter auf der 2. Weltkrieg und danach zu errichten ist. Als verhalten hat... Ich wies darauf hin, dass es Linie ihrer Vorgängerin. Zugeben, was nicht Ort für dieses Mahnmal empfiehlt sich Dres- sicher nicht zur Steigerung der Beliebtheit der zu leugnen ist, Antworten, die sehr knapp vor den.“ Daneben steht ein Artikel mit der Über- Juden beitrage,...Schließlich schrieb ich Spie- der offenen Lüge enden. Ein Eigeninteresse schrift „Totgeschwiegener Holocaust an den gel, ich fände es überaus abgeschmackt, wenn an Aufklärung kann klar verneint werden. Deutschen“. Einige Seiten später findet sich sich jüdische Vertreter immer wieder- aus eine erneute Beleidigung der Opfer der Shoa, Ignoranz oder Böswilligkeit- gegen die Kir- Aus antifaschistischer Sicht muss gefordert indem gegen das geplante Holocaust Denk- che auslassen.“ Darunter ein Foto des werden, dass der VdS, der RDS und deren mal in Berlin polemisiert wird. Hatte im Dez. Zentralratsvorsitzenden mit der Unterschrift: Mitgliedsverbände keine öffentlichen Zu- 1999 „Soldat und Volk“ noch dafür gewor- „Auch wenn die Medien ängstliche Zurück- schüsse mehr erhalten, dass sie aus den Ka- ben, statt des Holocaust-Denkmals den West- haltung üben, Paul Spiegel hat seinem und sernen raus müssen und dass demokratische wall als Symbol der Ermordung der europäi- dem Ansehen seiner Organisation geschadet.“ Organisationen einen klaren Trennungsstrich schen Jüdinnen und Juden zu nehmen und zu diesen neofaschistischen Kräften ziehen dafür „Kostengründe“ angeführt, so wird jetzt Fazit: und einhalten. Jedes öffentliche Auftreten ausführlich der ehemalige Chefarchitekt Hit- Der VdS ist nach unserer Einschätzung zu dieser Militaristen sollte durch antifaschisti- lers und `Reichsbühnenbildner“ Benno von einer offen neofaschistischen Organisation sche Proteste be- und verhindert werden. Arendt zitiert. „Ich habe von Hitler nur Gu- geworden. Trotzdem ist der VdS fest in die

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 55 Deutsche Burschenschaft und Militarismus Günter Mauser

„Das Sturmgeschütz“, „Die Schlacht im mindest kulturell – größer sei als die gitim. Sie haben allerdings inzwischen Teutoburger Wald“, „Der Abwehrkampf BRD. Ihr gemässigt-völkischer Flügel weitgehend die DB verlassen und sich der an der Oder“: So lauteten die Themen setzt auf die europäische Einigung; er Neuen Deutschen Burschenschaft (NDB) dreier interner Diskussionsabende, die lässt sich auf die Anerkennung der Staats- angeschlossen, einem im Januar 1996 die Burschenschaft Rheinfranken Mar- grenzen der BRD ein und will den Ost- von einigen Burschenschaften des burg im Wintersemester 1998/99 abhielt. gebieten des ehemaligen Deutschen Rei- gemässigt-völkischen Flügels gegründe- Die Reihe endete im Januar 1999 mit ei- ches im geeinten Europa mittels ten konkurrierenden Dachverband. ner öffentlichen Veranstaltung, für die ein Volksgruppenpolitik zu größerer Selb- in der radikalen Rechten prominenter ständigkeit verhelfen. Der radikal-völki- Die Gründung der NDB hat zweierlei be- Militarist gewonnen werden konnte: Ge- sche Flügel der DB dagegen ist nicht be- wirkt. Zum einen zieht sie immer mehr neralleutnant a.D. Franz Uhle-Wettler, reit, staatliche Hoheitsrechte auf supra- gemässigt-völkische Bünde aus der DB ehemaliger Wehrmachts- und nationale Organisationen zu übertragen, ab, in der der radikal-völkische Flügel Bundeswehrsoldat sowie Buchautor.1 Er und strebt die direkte Eingliederung di- daher immer stärker dominiert. Zum an- referierte über ein Thema, das damals verser Gebiete von der Maas bis an die deren hat der Rechtsausschuss der DB im wegen der Ausstellung über den Vernich- Memel ins Territorium Deutschlands an. Juli 1996 beschlossen – wohl aus Furcht, tungskrieg der Wehrmacht wieder einmal der Dachverband könne durch einen aktuell war: „Traditionswürdigkeit der Folgerichtig kann der radikal-völkische möglichen Übertritt weiterer Burschen- Wehrmacht“. Flügel der DB nicht darauf verzichten, schaften in die NDB allzu sehr ge- die Fortsetzung klassischer schwächt werden – , ab sofort in „beson- Die Beschäftigung mit kriegs- Nationalstaatspolitik mit kriegerischen deren Ausnahmen“ Kriegsdienstverwei- geschichtlichen, waffentechnischen und Mitteln zumindest als Drohung in Be- gerer in die DB aufzunehmen. militärpolitischen Themen, wie sie bei tracht zu ziehen; er lehnt Kriegsdienst- der Burschenschaft Rheinfranken Mar- verweigerung kategorisch ab. Für den Aufschlussreich ist die Begründung für burg im Wintersemester 1998/99 statt- gemässigt-völkischen Flügel der DB, der eine der beiden möglichen Ausnahmen: fand, ist durchaus typisch für die sich um die europäische Einigung be- „Nachdem deutsche Streitkräfte Mitgliedsburschenschaften der Deut- müht, nimmt die Bedeutung einer rein na- staatlicherseits mit internationalen Auf- schen Burschenschaft (DB), des Dach- tionalstaatlichen Armee hingegen ab; ei- gaben betraut werden, ist nicht auszu- verbandes von etwa 120 Männerbünden nige seiner Burschenschaften halten schließen, dass Bewerber um eine Mit- aus Deutschland und Österreich. Militär Kriegsdienstverweigerung daher für le- gliedschaft in einer Mitgliedsvereinigung und Soldatentum sind für Bur- schenschaften seit je von großer Bedeutung. „Wehrhaftigkeit“, Be- reitschaft zum Kriegsdienst mit der Waffe, war stets ein Prinzip, dem Burschenschafter entspre- chen mussten; Kriegsdienstver- weigerer werden in der DB nicht geduldet.

Genauer: Kriegsdienstverweigerer werden in der DB kaum geduldet. Seit den achtziger Jahren gab es immer wieder scharfe Auseinan- dersetzungen, weil einige Bur- schenschaften ehemalige Zivil- dienstleistende unter ihren Mit- gliedern hatten. Diese Auseinan- dersetzungen waren eingebettet in einen heftigen Streit um die deutschland- und europapolitische Orientierung des Dachverbandes. Die DB ist völkisch geprägt, ist sich einig, dass Deutschland – zu- Nazi-Burschenschafter&Bundeswehr& “alte Herren“ beim gemeinsamen Heldengedenken

Seite 56 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? der Deutschen Burschenschaft den Dienst ter. Vielleicht sollten wir es wieder ein- Militärs gegenüber: Der eingangs er- in diesen Streitkräften deshalb ablehnen, mal mit Rußland versuchen.“ Hans wähnte Franz Uhle-Wettler, der weil er [...] internationalen Organisatio- Merkel, Burschenschafter vom Burschenschafter und General a.D. Gün- nen zur Verfügung gestellt wird.“ Deut- gemässigt-völkischen Flügel und seiner- ter Kießling, der in den achtziger Jahren sche sollen also nur für Deutschland ster- zeit Ministerialdirigent im Verwaltungs- in der radikalen Rechten neutralistische ben, nicht im Auftrag supranationaler Or- apparat des Deutschen Bundestages, un- Konzepte gegen die Westbindung propa- ganisationen, die vielleicht auch unab- terstellte Richter daraufhin in seinem giert hatte, und der Generalmajor a.D. hängig von deutschen Interessen handeln. Beitrag in der „Aula“ „undifferenzierten Gerd Schultze-Rhonhof, der sich seit Schon der Burschentag 1992, bei dem ra- Antiamerikanismus“ und „wenig durch- dem Ende seiner militärischen Karriere dikal-völkische Burschenschaften den dachtes Schlechtmachen der NATO“ und als Referent und Publizist in der radika- Ton angaben, hatte beschlossen: „Wenn plädierte dafür, an der NATO festzuhal- len Rechten bewegt. Den deutsche Interessen auf dem Spiel stehen, ten. Ob die Bundeswehr sich außerdem TagungsteilnehmerInnen, bei denen ein darf die Armee überall eingesetzt werden, an UNO-Einsätzen beteiligen solle, war reges Interesse gerade auch an den The- auch außerhalb der eigenen Grenzen. [...] im Januar 1995 auf der zentralen Tagung sen der drei letztgenannten Referenten Sollte dies aber nicht der Fall sein, brau- der DB in Leipzig erörtert worden. Hier vorausgesetzt werden durfte, ließen chen die Deutschen sich nicht in die wurde der Vorschlag gemacht, die Ent- Wolfgang Schäuble, Hans-Dietrich Pflicht nehmen zu lassen“. sendung von Bundeswehrtruppen nur Genscher und der Bundeswehr-General- dann zu gewährleisten, wenn Deutsch- inspekteur Grußworte land einen Sitz im UN-Sicherheitsrat be- übermitteln. käme – und damit sicherstellen könnte, dass die UNO tatsächlich nur für deut- Gelegentlich nutzen auch sche Interessen bombt. MilitaristInnenverbände die Infrastruktur von Burschenschaften. Bekannt gewor- Bündnispolitische Fragen werden von den ist dies etwa in Marburg. Der dorti- Burschenschaftern mit ebenso großem ge MilitaristInnenverband „Förder- Interesse diskutiert wie allgemeine gemeinschaft für Soldatenverbände“, sicherheitspolitische Konzeptionen, und dem auch zahlreiche Burschenschafter deutsche Militärs leisten dabei Hilfestel- angehören, verfügt über keine eigenen lung in Form von Vorträgen und Artikeln Räumlichkeiten; Probleme bringt das für für die „Burschenschaftlichen Blätter“, ihn jedoch nicht mit sich, da er seine die Verbandszeitschrift der DB. Denn die Treffen bei einer ortsansässigen Bur- fast 2.000 aktiven Burschenschafter und schenschaft durchführen kann. Gelegent- die über 12.000 Alten Herren, von de- lich treten MilitaristInnenverbände auch nen sich nicht wenige in einflussreichen gemeinsam mit Burschenschaften in der Positionen befinden, sind nicht nur an Öffentlichkeit auf (ein Beispiel dafür Kriegspolitik interessiert, sondern auch wird in dieser Broschüre im Kapitel zum hervorragende Multiplikatoren; sie tra- VdS beschrieben). Zuletzt sahen sich gen dazu bei, militaristisches Gedanken- Milita-ristInnenverbände und gut in der deutschen Gesellschaft zu fe- Burschenschafter vereint im Kampf ge- stigen. Die Bundeswehr würdigt das, in- gen die Ausstellung über den Vernich- aus dem Kalender 2001 des dem sie Burschenschaften gelegentlich tungskrieg der Wehrmacht. faschistischen Thule- Seminars Hilfestellung leistet; selbst der Burschen- schaft Libertas Brünn zu Aachen, einer Burschenschaften musste diese Ausstel- der profiliertesten Vertreterinnen des ra- lung hart treffen. „Wehrhaftigkeit“ war Zwingend schließen sich hier bündnis- dikal-völkischen Flügels der DB, stellte ihnen ja schon immer ein Grundbedürf- politische Fragen an; etwa, wie die Mit- die Armee etwa den Staffelchef eines nis, und das haben sie nicht nur in den gliedschaft Deutschlands in der NATO zu Flugkörpergeschwaders oder einen Freikorps der Weimarer Republik, son- beurteilen sei. Darüber wurde 1998 mit Stabsoffizier für Öffentlichkeitsarbeit als dern auch in jeder regulären deutschen burschenschaftlicher Beteiligung in der Referenten zur Verfügung. Armee begeistert befriedigt. Auch in der österreichischen Zeitschrift „Aula“, die Wehrmacht, deren kriegerisch verstorbe- den radikal-völkischen Burschenschaften Bei einem „Bundeswehrseminar“, das die ner Burschenschafter die traditions- nahesteht, kontrovers debattiert. Karl Burschenschaft Germania Braunschweig fixierten Männerbündler bei jedem Richter, Burschenschafter vom radikal- 1996 durchführte, zeigte sich exempla- Burschentag ebenso gedenken wie der völkischen Flügel und Redaktionsmit- risch, wer bei Burschenschaften mitein- gefallenen Deutschen der Kriege von glied des neofaschistischen Monats- ander über die Aufgaben der deutschen 1870/71 und von 1914 bis 1918. Um die blattes „Nation & Europa“, plädierte da- Armee diskutiert. Hochrangigen Referen- Ehre ihrer für Nazideutschland in den für, der NATO den Rücken zu kehren und ten der Bundeswehr und des Bundesta- Krieg gezogenen Verbandsbrüder zu ret- an alte Traditionen der Zusammenarbeit ges (einem Mitglied des Verteidigungs- ten, haben Burschenschafter öffentlich mit Russland anzuknüpfen: „Mit Wa- ausschusses und dem stellvertretenden gegen die Wehrmachtsausstellung Posi- shington und Brüssel kommen wir, wol- Staatssekretär im Führungsstab der tion bezogen; in Marburg und in Ham- len wir wirklich souverän sein, nicht wei- Streitkräfte) standen drei prominente Ex- burg haben sie sich dabei an der Organi-

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 57 will not be permitted“3 , lautete ein De- kret vom 14.03.1947. Kerngruppen des deutschen Militarismus, die einen Grund- bestand kriegerischer Anschauung in der deutschen Gesellschaft bewahren und bei günstiger Gelegenheit ausweiten –das sind Burschenschaften bis heute geblie- ben. 1 Franz Uhle Wettler kämpfte zunächst als Luftwaffenhelfer, dann in der Kriegs- marine für Nazideutschland; 1943 geriet er in Kriegsgefangenschaft. In der Bun- deswehr, in die er 1956 eintrat, brachte er es bis zum Kommandeur einer Panzergrenadiertruppe; zeitweise war er Kommandant der NATO-Verteidigungs- akademie in Rom. In den 90er Jahren stellte er sich verschiedenen Organisatio- nen als Referent zur Verfügung, die eine Scharnierfunktion zwischen Protestaktion der Nazi Burschenschafter gegen die Konservatismus und Neofaschismus aus- Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ in Aachen üben, etwa dem „Konservativen Gesprächskreis Hannover“ oder den sation von Demonstrationen beteiligt, die Aachener Burschenschaften seit 1968 „Karlsruher Freitagsgesprächen“. 1999 hauptsächlich von Neonazis frequentiert pflegen. Und doch sind es gerade solche referierte er auf dem Jahreskongress der 2 wurden. Gedenktage und solche Krieger- neofaschistischen „Gesellschaft für Freie denkmäler, die militaristische Traditio- Publizistik“. Nicht immer fällt der Einsatz für die Ehre nen im Alltagsbewusstsein bewahren. Mit 2 In Marburg organisierte der REP-Funk- toter Soldaten so spektakulär aus. Weni- gutem Grund hatten die Amerikaner nach tionär Eike Erdel, der zu diesem Zeit- ger auffällig, aber beständig ist die Be- dem Zweiten Weltkrieg in ihrer Besat- punkt noch Mitglied der Burschenschaft teiligung von Burschenschaftern an zungszone studentische Korporationen Normannia Leipzig zu Marburg war, im Totengedenken am „Volkstrauertag“. We- verboten: September 1997 eine Kundgebung gegen niger auffällig ist auch der Gedenkstein „The revival of [...] student organizations die Wehrmachtsausstellung, bei der etwa in Langemarck, den die Deutsche Bur- (especially Verbindungen, Burschen- 60 Neonazis unter Federführung der mi- schenschaft für die in dort im Ersten schaften, Korporationen, and their litanten „Sauerländer Aktionsfront“ auf- Weltkrieg umgekommenen Altherrenbuende) of a nationalistic, marschierten. In Hamburg war nach Aus- Burschenschafter errichtet hat und den reactionary or para-military character sage des ehemaligen Vorsitzenden des „Ausschusses für burschenschaftliche Ar- beit“, Martin Rosenau, ebendieser Ausschuss an der Vorbereitung der dor- tigen Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung beteiligt, an de- ren Spitze dann der damalige Vorsitzen- de des „Nationaldemokratischen Hochschulbundes“, Alexander von Webenau, marschierte. 3 „Die Wiederbelebung studentischer Or- ganisationen (besonders Verbindungen, Burschenschaften, Korporationen und ihre Altherrenbünde) mit nationalisti- schem, reaktionärem oder paramilitäri- schem Charakter wird nicht zugelassen werden.“ (Aus den „Military Organization Regulations)

Günter Mauser arbeitet in der Kommis- sion „Neofaschismus“ der VVN-BdA NRW

Seite 58 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Von der Wiege in die Bahre - Mord & Fun bei der Bundeswehr Michael Radke

Die Infopost war als Jugendmagazin der Bun- reisen zu ganz exklusiven Zielen oder Aus- Schiffen, Kasernen usw. usf. unkritisch und deswehr aufgemacht und wurde vom Bundes- bildungsorte der Luftwaffe in Übersee. Des unkommentiert übernommen werden. Als Bei- ministerium der Verteidigung herausgegeben. weiteren wurde die Jugend mit wundervollen spiele seien hier nur einige angeführt, als da Sie erschien bis Anfang 2000. Ihre Heraus- Ausbildungsmöglichkeiten geködert. Auch wären: das „Bölcke-Geschwader“ in Nord- gabe wurde wohl zugunsten vermeintlich mo- verschiedene Jubiläen der diversen Truppen- rhein-Westfalen, benannt nach einem „Flieger- dernerer Rekrutierungsmethoden aufgegeben. teile oder der Bundeswehr insgesamt blieben As“ des 1. Weltkrieges, die Zerstörer Die Erscheinungsweise war vierteljährlich. nicht unerwähnt. Diese Jubiläen zwangen dann „Rommel“, benannt nach dem Oberbefehls- Die zuständige Institution der Bundeswehr aber die Autoren der Zeitschrift, übrigens aus- haber des Afrikakorps im 2. Weltkrieg, nennt sich Presse- und Informationsstab Nach- schließlich Männer, sich mit der bisherigen „Lütjens“, benannt nach dem Oberbefehlsha- wuchswerbung. Die Infopost wurde seit 1976 Geschichte der Bundeswehr beziehungswei- ber der Schlachtflotte des NS-Regimes und herausgegeben, also zu Zeiten der soziallibe- se deren Vorgängern auseinanderzusetzen. „Mölders“, der ein erfolgreicher Pilot in der ralen Koalitionsregierung. Die Höhe der Auf- Dass es hierbei dann zu Geschichtsklitterungen Luftwaffe Hitlers war und als ein Beispiel unter lage lag bereits Anfang der achtziger Jahre bei und Umdeutungen seitens der Autoren kam, vielen, die Dietl-Kaserne in Bayern, benannt 50000 Exemplaren. Zuletzt verantwortlich war spiegelt schlicht und einfach die für einen de- nach einem der Lieblingsgeneräle Hitlers. ein Oberst Herbert Stahl, während der leiten- mokratischen Staat eigentlich unwürdige Tat- Geschichte war hier quasi hausgemacht und de Redakteur Franz -Theo Reiß hieß. Das äu- sache wider, dass Namen von Truppenteilen, Aufklärung über die eigentlichen Hintergrün- ßere Erscheinungsbild des Magazins wurde 198O dergestalt verändert, indem zunächst aus einer faltblattähnlichen Zeitung eine Hochglanzbroschüre wurde. Die Titelseiten zierten fortan meistens Hightech Waffensyste- me in Action oder Bundeswehrsoldaten in heroischer Pose. Auf der ersten Innenseite wurde neben dem Inhalt und den Leserbrie- fen auch ein Einführungstext mit programma- tischem Inhalt zu übergeordneten gesamt- gesellschaftlichen Aufträgen der Bundeswehr zum Besten gegeben. Dieser Text ist bezeich- nenderweise in guter preußischer Tradition immer mit –Euer Fritz“ unterschrieben. Eben- falls zu den festen Einrichtungen des Heftes gehörte natürlich ein doppelseitiges Hochglanzposter, dessen Machart der Titel- seite ähnelte. Auch hier wieder Hightech-Waf- fensysteme in Aktion. Hier sollte eine Faszi- nation der Technik hervorgerufen werden, ab- gehoben von deren Funktion als Tötungs- werkzeuge. Zu den Rubriken zählte auch noch die Rückseite, die im Inhaltsverzeichnis als „Vermischtes“ auftaucht. Dort wurden Rätsel und Wissensfragen im Zusammenhang mit der Bundeswehr aufgeführt, so wie Aktionen der gleichen Einrichtung für die Gewinner der Preisausschreiben. Die Artikel selber waren meist recht kurz, hatten dafür aber viele bunte Bilder beigefügt, so dass die optische Gestal- tung beziehungsweise das Layout an Jugend- zeitschriften wie die Bravo erinnerten. Die einzelnen Artikel der Infopost beschäftigten sich zumeist mit Bereichen innerhalb der Bun- deswehr, die den Hauch von Abenteuer, Sport und Technikbegeisterung vermitteln konnten und sollten. Beispiele hierfür waren Schiffs-

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 59 de schien ein Fremdwort zu sein. Beispiels- stellt, bis der Eindruck entstand, es handelte 100000. Insgesamt lässt sich sagen, dass seit weise in Heft 2 des Jahres 1998 wurde ein sich bei dem Schreiber oder was seltener vor- Anfang der neunziger Jahre lediglich 65 – 70% Artikel mit dem Titel „150 Jahre deutsche kam, bei der Schreiberin, um einen einsamen eines jeden Jahrganges ihre Wehrpflicht bei Marinen“ veröffentlicht, in dem einerseits die Irren. Als es in Heft 2/98 zur Diskussion um der Bundeswehr ableisten. Vielleicht auch ein Unterschiede zwischen Reichsmarine, Kriegs- das Motto „Der Frieden muss bewaffnet sein“ Grund, weshalb das Verteidigungsministerium marine oder aktueller Marine kurz angerissen kam, welches ein Leser in der vorherigen Aus- und die Planungsstäbe innerhalb der Bundes- werden, aber über gewisse Traditionslinien gabe gewagt hatte in Frage zu stellen, wurde wehr einer möglichen Reformierung der Ar- und die Rechtsnachfolge wird dann doch lie- der sonst übliche Platz für Leserbriefe einfach mee in Richtung Berufsarmee mit Sorge ent- ber geschwiegen. Die Auslandseinsätze, na- verdoppelt, um den massenhaften Widersprü- gegenblicken. Sie misstrauen wohl derAttrak- türlich auch ein Themenbereich der Infopost, chen der Kritik am oben genannten Motto tivität der eigenen Institution. Und das zurecht. dienen ausschließlich dem „Erhalt des Frie- Raum zu geben. Es wundert nicht, dass unter Wie der Bundeswehrverband am 19.2.01 der dens“ und der Einführung von Regierungsfor- zahlreichen Zustimmungen dieser These nur Öffentlichkeit mitteilte fehlen zur Zeit etwa men westlicher Prägung, im Blättchen Demo- noch eine weitere kritische Haltung dazu ver- 15.000 qualifizierte Zeit und Berufssoldaten. kratie genannt, in die zu überfallenden äh zu öffentlicht wurde. Letztlich dienten solche kri- Auf die Idee, dass das Säbelrasseln der Bun- überzeugenden Länder. Hier sind „Argumen- tischen Leserbriefe nur dazu, die Ideologie des deswehr seit 1990 dazu beitragen könnte, darf te“ überwiegend nur Legitimation für offene Blattes in noch besserem Lichte darzustellen. man auf Seiten der Bundeswehr nicht kom- militärische Gewalt. Die NATO, die im Blatt Es handelte sich bei der Infopost also um ge- men. Dann müssten die Werbestrategen der als erfolgreichstes Friedensbündnis aller Zei- schickte Manipulation der meist jugendlichen Bundeswehr Sätze des neuen Generalinspek- ten gefeiert wurde, kann sich nicht irren. So Leserschaft. Beteiligt an dieser Manipulation teurs Kujat wie den, die Bundeswehr sei „für wurde den Leserinnen (die gab es nämlich waren vornehmlich speziell geschulte soge- lange Zeit...eine Armee im Einsatz“ aus dem auch) und Lesern vorgegaukelt, man stehe bis nannte Jugendoffiziere, für deren umfassende Sprachschatz verbannen. Können sie aber in alle Ewigkeit auf der Seite der Guten, ob- Ausbildung sehr viel Geld ausgegeben wird, nicht, denn Kujat beschreibt die traurige Rea- wohl dieses Gute inhaltlich gesehen genauso was wiederum den Stellenwert der Nach- lität. nebulös blieb, wie die Geschichtsdiskussionen wuchswerbung für den militärischen Komplex Offensichtlich wird nunmehr verstärkt die per- auch. Diese einseitigen und verkürzten histo- verdeutlicht. Um den Legitimationsdruck ei- sönliche Ansprache von Jugendlichen durch rischen Einschätzungen wurden besonders ner sündhaft teuren Militärmaschinerie zu ver- Bundeswehrangehörige zur Werbung heran- eklatant, wenn es galt Jubiläen, wie 4O Jahre mindern, wird schon bei den Jugendlichen an- gezogen. Exemplarisch für den Strategie- Bundeswehr oder 5O Jahre NATO zu feiern gesetzt, damit es später um so leichter ist, mi- wandel innerhalb der Bundeswehr aber auch und zu kommentieren. Noch in Heft 1/99, also litaristische Ideologie und Praxis bei den Er- des Verteidigungsministeriums sind Werbeak- kurz vor oder gar während des sogenannten wachsenen durchzusetzen. Wenn mensch be- tionen mit Event-Charakter wie eine kürzlich Kosovo-Kriegs, wurde die NATO als erfolg- denkt, dass es sich bei all den schönen bunten in Rheinbach abgehaltene Info-Veranstaltung reichstes Friedenssicherungsinstrument und Bildern mit den heroischen Posen und den des Zentrums Nachwuchswerbung West. Im auf dem Boden der UN-Charta stehend, be- kraftstrotzenden, ja teilweise ästhetischen Rahmen der Kampagne „Offizier 2OO1“ wur- zeichnet. Beide Behauptungen waren unrich- Darstellungen der hochmodernen den 14OO interessierte Jugendliche zwei Tage tig, wie wir heute wissen. Es schien Programm Waffensystemtechnik, sowie den phantasti- mit Informationen undAttraktionen geradezu zu sein, die Leserschaft, die übrigens geduzt schen Ausbildungsmöglichkeiten in den ver- „bombardiert“. Unvermeidlich war dabei na- wurde, auf einer diffusen Gefühlsebene anzu- schiedensten Berufsfeldern letztendlich doch türlich die Anwesenheit von auf den Kontakt sprechen und tunlichst dort zu belassen. Wer- nur um einen riesigen Apparat des Tötens und mit Jugendlichen spezialisierten Experten. Die te, die unmittelbar militärisch nutzbar gemacht Vernichtens handelt, wird klar, wie sehr der Veranstaltung in Rheinbach war an diesem werden können, standen selbstredend höher einzige Zweck zu dem diese Maschinerie Wochenende nicht die einzige, denn es gab im Kurs. Heroismus, Sportlichkeit, kontrollier- ureigentlich gebraucht wird, zum Verschwin- noch 16 weitere dieser Art, wenn auch jene in tes Abenteurertum und selbstverständlich An- den gebracht wurde. Rheinbach die größte war. Die Wichtigkeit passung und disziplinierte Gehorsamkeit , um Warum nun wurde die Infopost eingestellt und solcher Events, bei denen die Teilnehmer und nur einige zu nennen. In diesen Zusammen- durch andere Rekrutierungs- und Teilnehmerinnen in 2O Bussen gratis durch hang passte auch das völlige Ignorieren von Manipulationsinstrumente ersetzt. Wirft die Lande chauffiert wurden, im Internet mit Themen, die die Truppe schon nicht mehr in mensch einen Blick auf die Zahl der Kriegs- den BW-Universitäten chatten durften, nicht so einem Glanze dastehen ließen, wie still- dienstverweigerungen muss konstatiert wer- zuletzt Dia-Vorträge von „Kosovo-Veteranen“ schweigende Toleranz und gar Unterstützung den, dass die bisherige Propaganda für und lauschen konnten, lässt sich auch daran be- von rechtsradikalen Einstellungen innerhalb durch die Bundeswehr nicht sonderlich erfolg- messen, dass Brigitte Schulte, die Parlamen- der Bundeswehr oder Schikanierung von Un- reich bei den Jugendlichen war. Unterstützt tarische Staatssekretärin beim Minister für Ver- tergebenen durch die Vorgesetzten oder wird diese Vermutung auch durch das Rekord- teidigung ist, ebenfalls anwesend war. Neben übermäßíger Alkoholgenuss der zumeist jun- jahr 1998 in Sachen Kriegsdienstverweige- den finanziellen Mitteln, die bei solchen Ge- gen Wehrpflichtigen und nicht zuletzt die Be- rung. 1998 überstieg die Zahl der Wehr- legenheiten verprasst werden, sind auch noch handlung von als Schwächlingen ausgemach- unwilligen mit 171165 die der diensttuenden weitere kritische Anmerkungen zum umfang- ten Individuen durch die sogenannten Kame- Wehrpflichtigen mit ca. 163000 erstmalig. reichen Werbeprogramm der Bundeswehr zu raden. Kam es doch einmal zu kritischen Stim- Tendenziell und im Verhältnis zur Geburten- machen. men seitens der Leserschaft, etwa in Form von rate eines jeden Jahres ist die Verweigerungs- Tage der „Offenen Tür“ sind ebenfalls Mög- Leserbriefen, wurden diese einmal durch quote seit 1991 bis 1999 stetig gestiegen. lichkeiten zur Kontaktaufnahme mit der jün- Kommentare der Redaktion und durch eine Während 1990 noch 44000 junge Männer den geren Generation. Schulen beziehungsweise Häufung von Leserbriefen, die gegen den kri- Dienst an der Waffe verweigerten, waren es Schulklassen können sich einen Jugendoffizier tischen Schreiber polemisierten ins Abseits ge- seit 1991 in jedem Jahr immer weit über bestellen, um sich über etwaige zukünftige

Seite 60 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Bundeswehr und Jugend- vertieft ins Spiel

Karrieren in der Armee zu informieren. Vor- Jugendoffiziers, der mit dem POL&IS-Spiel ßen Weltmächte vorgesehen, wirtschaftete ra- bei sind die Zeiten, als obligatorisch ein Ver- vertraut ist, ist es die Ereignisse der POL&IS dikal ab und verlor so an weltpolitischen treter des Verbands der Kriegsdienstverwei- Welt zu überwachen. ...Der Oppositionsfüh- Einfluss... die Presse wurde zum Teil scharf gerer eingeladen werden musste. Es bleibt ab- rer kann bei Wahlen zum neuen Regierungs- kritisiert, weil Informationen gekauft wurden zuwarten, ob die neuen Propaganda- und sprecher gewählt werden, während der Militär- (evt. auch falsche Informationen) und auch die Rekrutierungsmethoden, auch gerade im Spieler selbst die Presse mit Schmiergel- Hinblick auf den beabsichtigten Struktur- dern für Falschmeldungen nutzten. Aber: wandel in der Bundeswehr, erfolgreicher Das ist das Leben und die Presse ist ja auch sein werden. ein Unternehmen.“ Soweit die Reflexionen von Schülerinnen Pol&IS: Spiel des Lebens mit der Bun- und Schülern über „das Leben“, wie es ist deswehr-„...beinahe in einen weltweiten und den Wert dieses Spiels für Demokra- Atomkrieg ausgeartet“ tie und Frieden. Dass das Spiel auch mal Obwohl die Bundeswehr betont, dass das völlig aus dem Ruder laufen kann bewies Spiel POL & IS (Politik und Internationale eine Studentische Reservistengemeinschaft Sicherheit) „nicht von ihr konzipiert“ (son- (Oft Burschenschafter), die zu folgendem dern von der Uni Erlangen) sei und auch Ergebnis kam: „...11 Regionen standen zur nicht „zur Anwerbung einzelner Schülerin- Verfügung. Kluges Wirtschaften sowie pfif- nen und Schüler für die Bundeswehr“ die- figes Erarbeiten von Verträgen und poker- ne, wird das Spiel öfter als bekannt genutzt, spieler per Putsch versuchen kann, den mäßiges Verschieben von Streitkräften- und um „den Jugendoffizieren einen allgemeinen Regierungsposten in seiner Region zu dies alles von Freitag bis Sonntag. Leider war Kontakt zu den Schulen“ zu ermöglichen. Des- erlangen...Ich zog die Rolle des Militärschefs nur Zeit für vier Spielzüge, doch alles hat es halb wird es auch systematisch den Schulen der GUS. Wenigstens war ich Militärchef ei- Spaß gemacht. Nur die Spieler von Afrika und angeboten, zumal die äußeren Bedingungen ner Atommacht und einer Region mit einer Asien hatten eine geringfügige Hunger- in einer Kaserne bestens hergestellt werden großen Anzahl an Streitkräften...wurden katastrophe mit ca. 15 Millionen Toten zu ver- können. Das Spiel dauert in der Regel von Frei- schließlich noch zu einer Gesprächsrunde mit kraften. Aber neben dem Krieg zwischen tags bis Sonntags, es muss also verpflegt wer- einem hohen Offizier der Bundeswehr einge- Russland und China, der beinahe in einen welt- den. „Gute Erfahrungen wurden mit Kasernen- laden. Themen dieses Gesprächs waren u.a. weiten Atomkrieg ausgeartet wäre, führten die hallen gemacht, da sie die optimale Größe, die Bedeutung der Bundeswehr, ihre Einsatz- Spieler die Welt in eine interessante Zukunft.“ Verpflegung und Unterkunft bieten“. gebiete, stark diskutiert wurden die Einsätze POL&IS ist ein Spiel für 35-60 Personen. Es im Ausland.“ Und da an deutschem Wesen, hier an deut- ist eine Simulation wirtschaftlicher, politischer „...Während dieser Zeit dürfen die Militär- schem Spiel, bekanntlich die Welt genesen soll, und militärischer Weltpolitik. 11 Regionen spieler die Spielsteine ihrer Armeen und son- wird das Spiel auch exportiert. So wird be- spielen mit und sind mit mindestens 1 stigen Kampfeinheiten auf der Karte vertei- richtet, dass mehrfach in der Frankenakademie Regierungsspieler, einem Oppositionsführer, len bzw. verschieben. Die Vertreter der Re- der Bundeswehr, aber auch in Rostock Schü- einem Militärspieler und einem Wirtschafts- gierung und der Opposition stehen hier hinter lerinnen und Schüler des Gymnasiums spieler besetzt. Der Uno-Vorsitz wird vom dem Militärminister und haben eine beraten- Sokolov/Tschechien an den Spiel teilnahmen. Jugendoffizier wahrgenommen. Er überwacht de Funktion, selbst im Kriegsfall dürfen sie Kein Aufwand ist zu groß. Das zeigt ein Bei- im Spiel die Einhaltung internationaler Ver- nicht direkt ins Geschehen spiel aus Moosbach, Hessen. Ein Bericht im träge, die die Bundeswehr in der Realität eingreifen....Ebenfalls sinnvoll gestaltet ist die „info no 3-2000“ der Friedrich Ebert-Stiftung bricht. Außerdem werden noch die Rollen von Weltkarte, auf der die militärischen Truppen, berichtet davon, dass die Friedrich-Ebert Stif- Weltbank und Presse besetzt. Die Daten über Flotten, Geschwader etc. über realistische Di- tung und die Bundeswehr (drei Jugendoffiziere Truppenstärken, Wirtschaftsdaten usw. ent- stanzen bewegt werden können. Es ist aller- aus Baden-Württemberg und Bayern) mit 20 stammen dem Jahr 1997. Internationale Ver- dings nicht berücksichtigt worden, dass sich Schülerinnen und Schülern aus Moosbach mit träge müssen beachtet werden (NATO, GATT, eingezeichnete Grenzen während eines einer Bundeswehrmaschine nach Skopje, KSZE). Es können aber auch –teils geheime- Kriegszustandes verschieben können, und so Mazedonien flogen und mit einer ähnlich gro- Verträge geschlossen werden. Wie im richti- Unklarheiten über eventuell besetzte Gebiete ßen Anzahl von Schülerinnen und Schülern gen Leben (Imperialismus) werden zunächst entstehen können....“ („aus verschiedenen Volksgruppen“)von dort „wirtschaftliche Investitionen getätigt (Pro- „...war das Ziel aller Länder die Abrüstung der das POL&IS Spiel spielten. Es war das fünfte duktion) und gleichzeitig können die Militär- Atomwaffen und eine Runde später kaufte Seminar in dieser Reihe und der Gegenbe- steine auf der Karte bewegt werden (Karten- Ozeanien zwei atomare U-Boote...Ozeanien, such aus dem Frühjahr 2000 in der Würzbur- arbeit). Nach einer kurzen innenpolitischen amAnfang eher unbedeutend, rüstete bald auf ger Akademie Frankenwarte. Auch hier wird Beratung in der Region wird an der Börse...“ und wurde so zu einer entscheidenden Größe von der Schwierigkeit berichtet, eine Welt zu Dem Internet verdanken wir eine Vielzahl von im Weltgeschehen. Die meisten aber hielten regieren, weil das „ aufgrund der unterschied- Schilderungen von beteiligten Schülerinnen ihren vorgegebenen Standart, zum Einen durch lichen Vorkommen von Rohstoffen oder und Schüler. Zum Verständnis des Spiels fol- Drogengeschäfte und Prostitution, zum Ande- Agrarprodukten nicht immer einfach“ ist. Ob gen einige dieser Selbstdarstellungen: ren durch geschickte Verträge und jemand das Spiel überlebt hat, wissen wir bis „Die Rolle der Weltbank übernahmen die Verhandlungen....So erholte sich Afrikas Wirt- heute nicht. Lehrkräfte, während der Jugendoffizier die schaftslage durch viele Spenden und konnte Rolle des Uno-Generalsekretärs inne hatte. als Handelsgröße auf dem Weltmarkt mitwir- Michael Radke arbeitet in der Kommission ...Die Aufgabe des UNO Generalsekretärs, des ken. Westeueropa, eigentlich als eine der gro- „Neofaschismus“ der VVN-BdA NRW

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 61 Mit Gottes Segen!? Militär und Kirche Günter Baumann und Joß Fritz

1. Kardinal Meisner: Die Tradition des furcht Raum.« Mit Gottesfurcht und nen Gott loben und diese Lobhudelei des deutschen Militärs schön geredet Bischofssegen gelang ihnen die Ausrottung deutschen Militarismus sonst wohin wün- Kardinal Meisner ist Mitglied eines Bundes- der Millionen von Menschen. schen. Böll jedenfalls, den Meisner in sei- wehr-Fanclubs und hielt deswegen einen Hätten die Soldaten sich an die Achtung vor ner Predigt zitierte mit dessen Worten: »Ich Soldatengottesdienst am Weltfriedenstag. den Menschen gehalten und nicht auf diese ziehe die schlechteste christliche Welt allen Das mit dem Mitglied stimme nicht? Trotz- national-konservativen Bischöfe gehört! anderen möglichen Welten vor, weil es in dem hielt der Kardinal am 30. Januar, dem Der Kardinal Meisner forderte die Solda- ihr immer noch Raum gibt für die Armen, von der katholischen Kirche zum ten auf, ihre Tötungsarbeit nicht so negativ für die Bedrängten, für die Mühseligen und Weltfriedenstag erklärten Datum, im Köl- zu sehen und verlangte von ihnen, »zunächst Beladenen«, warnte in seinem »Brief an ei- ner Dom einen Soldatengottesdienst, in dem immer das Positive zu sehen, dafür zu dan- nen jungen Katholiken« vor dieser Sorte er die Überfalltradition des deutschen Mili- ken und erst dann auch das Negative zur Predigt: »Meiden Sie den Gottesdienst, den tärs schönredete. Sprache zu bringen«. Mit Sinnverdrehungen der Divisionspfarrer abhält; schließlich gibt Meisner predigte, dass immer dann, wenn versuchte der Kardinal dabei die Soldaten es für Zahnärzte auch keine Sonder- die deutschen Soldaten mit Gotteslob im konfus zu machen. Ihm fiel dazu aber nur gottesdienste . .. das Pathos, das in solcher Kopf ans Schießen gingen, die Menschen ein halbleeres Glas ein: »Sie kennen alle die Veranstaltung liegt, würde bei einem Turn- ihnen vertrauen und beruhigt sein könnten. Beurteilung im Hinblick auf ein halbleeres verein lächerlich, bestenfalls rührend wir- Der Kardinal gab als gewissliches Wort Got- Glas, das ja immer tes aus, dass die deutschen Soldaten schon auch noch halbvoll richtig töteten, wenn sie dabei Gott loben: ist. Dankende Men- »Einem Gott lobenden Soldaten kann man schen sind positive guten Gewissens Verantwortung über Leben Menschen. Eigent- und Tod anderer übertragen, weil sie bei ihm lich kann man sich gleichsam von der Heiligkeit Gottes mit Soldaten gar nicht abgesichert sind.« anders denken als Als die deutschen Soldaten 1939 Polen über- Zeitgenossen mit ei- fielen, riefen die katholischen und die evan- ner solchen positi- gelischen Bischöfe sie dazu auf, ihre ganze ven Lebenseinstel- Kraft für den Sieg der deutschen Waffen lung.« einzusetzen. Auf den Koppeln der Soldaten, Meisners guter Be- die ein anderes Land überfielen und deren kannter, der bisheri- Hauptstadt Warschau bombardierten, stand ge Generalinspek- der Slogan »Gott mit uns«. Als die deutschen teur Naumann, jetzt Soldatengottesdienst in Köln- Foto Arbeiterfotografie Köln Soldaten die Sowjetunion überfielen und Vorsitzender des dabei Millionen Menschen ermordeten, da NATO-Verteidigungs-Ausschusses, dem ken; doch eine Armee ist kein Turnverein, ließen deutsche katholische Bischöfe die Meisner zum schönen Propagandaauftritt im sie hütet den schrecklichsten aller Horte, sie Glocken läuten und priesen ihren Herrn und Maternus-Haus verhalf, hatte in den von ihm ist die Verwalterin des Todes von Millionen lobten ihn dafür, dass er der Deutschen Bank verfertigten Einsatzrichtlinien den weltwei- von Menschen.« Böll wies 1958 in dem und ihrem Nazi-Diktator Siege schenkte. ten Einsatz der Bundeswehr verlangt, unter Brief kritisch darauf hin, welche Leute da- Die Menschen in den überfallenen Ländern anderem, um die Rohstoffe für die deutsche mals schon wieder das Sagen hatten: »die glaubten nicht an den Satz von Kardinal Industrie zu sichern. Für den militärisch Catcher bestimmen das Feld, die Primitiv- Meisner, schenkten den Gott lobenden und gesicherten Raub an den Reichtümern an- Taktiker, Männer ohne Erinnerungsvermö- ihnen nach dem Leben trachtenden deut- derer Völker sollen die Bundeswehrsoldaten gen, die Vitalen, Gesunden, die nicht ‘rück- schen Soldaten kein Vertrauen und gaben eingesetzt werden können. Das Ergebnis wärts blicken’ und nicht jenem verpönten ihnen mit Recht nicht »guten Gewissens kann der Soldat dann mit Meisners Logik Laster frönen, das Nachdenken heißt. » Böll Verantwortung über Leben und Tod ande- so sehen: Was dem einen weggenommen ist, kannte zwar die Soldatenpredigten des Kar- rer«. Sie wehrten sich erfolgreich gegen die hat dann wenigstens die deutsche Industrie. dinals Meisner nicht. Aber er schlussfolgerte Soldaten, die sie überfielen, die »Gott mit Wie positiv für die Deutsche Bank. Wie viele in dem Brief an einen jungen Katholiken uns« auf den Koppeln trugen und solche Menschen dafür umgebracht werden? ganz richtig: »Unser Brot müssen wir sel- Ermunterungen im Kopf hatten, wie sie jetzt Meisner weiß Rat: »Einem Gott lobenden ber backen und das Wort uns selbst berei- der Kardinal im Dom den Soldaten vortrug: Soldaten kann man guten Gewissens Ver- ten.« (gba) »Schon unsere Volksweisheit sagt es: Fürch- antwortung über Leben und Tod anderer Erstveröffentlicht in»Antifaschistische te Gott und scheue niemand. Wo die Got- übertragen«. Nachrichten« Febr. 1996 tesfurcht nicht da ist, gewinnt die Menschen- Ein Soldat kann auch guten Gewissens sei-

Seite 62 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Zitate Kardinal Meisner: »Die Kirche sieht um geht es: Dabei zu sein bei den Konflik- ein Gebot der Stunde!“ Der Aufbau einer in den Soldaten eine letzte Möglichkeit, das ten und in den Spannungen, mich mit den neuen Interventionsarmee hat den Segen des Böse im Menschen zu bannen und zu bin- Anderen zu identifizieren, um so eine At- Kardinals. – (gba) den, damit es nicht ausbricht und Not und mosphäre des Verstehens und damit des Tod in die Welt bringt.« (21.1.93) Friedens zu schaffen.“ 2. Militärbischof Walter Mixa »Einem Gott lobenden Soldaten kann man Als die katholischen Söldner sich mit den guten Gewissens Verantwortung über Leben evangelischen Söldnern „identifizierten“ Eichstätt. Der im Juli 2000 verstorbene und Tod anderer übertragen, weil sie bei ihm und ihnen mit dem Schwert die Köpfe ein- Militärbischof Johannes Dyba aus Fulda hat gleichsam von der Heiligkeit Gottes mit schlugen, dann taten sie das im Auftrag der einen durch und durch würdigen Nachfol- abgesichert sind.« (30.1.96) jeweiligen Landesherren und deren Interes- ger gefunden. „Obwohl Mixa als sehr kirch- »Wem käme es in den Sinn, Soldaten, die sen. Ein Bischof oder Kardinal war mit sei- lich-konservativ gilt, insoweit also seinem auch Beter sind, dann noch als Mörder zu nem Gott immer zur Stelle. Vorgänger Dyba ähnelt, fehlt ihm dessen diskriminieren. Nein, in betenden Händen ist Kardinal Meisner will den militärischen wortmächtige Art“, schätzt die konservati- die Waffe vor Missbrauch sicher.« (30.1.96) Überfall, die Bombardierung und die jetzi- ve „Rheinische Post“ den neuen Militär- ge Besetzung des Kosovo als „wahren bischof, Walter Mixa, ein. Der in Oberschle- Hier geht’s lang! Friedensdienst“ verkaufen. Mit verblende- sien geborene Mixa, Diözesanbischof aus Kardinal Meisner legitimiert die ter Selbstgerechtigkeit, wie die deutschen Eichstätt und Stiftungsratsvorsitzender der Besatzungssoldaten im Kosovo Imperialisten schon vor dem ersten Welt- katholischen Universität Eichstätt, fand zum krieg gegen die serbische Bevölkerung auf- Einstieg in sein neues Amt gleich die richti- Am 1. Februar 2001 zelebrierte Kardinal traten, sollen die Bundeswehr- und die an- ge Worte: Die Gefahr des „Rechtsextremis- Meisner im Kölner Dom seinen alljährli- deren NATO-Soldaten den Überfallenen zei- mus“ in der Bundeswehr schätze er als chen Soldatengottesdienst. Etwa 30 Gegen- gen, wo es lang geht. Die Bundeswehr und „nicht sehr groß“ ein. „Ich würde hier nicht demonstranten der Friedensgruppe PAX Kardinal Meisner wissen, was die Überfal- das Gespenst an die Wand malen und AN, der VVN/BdA, von Pax Christi und der lenen jetzt für richtig zu halten haben und Deutschland vor einem Rückfall in den Klagemauer protestierten vor dem Dom wie die Soldaten die militärische Besetzung Rechtsradikalismus sehen“, so Mixa gegen- gegen des Kardinals Absegnung einer welt- vor sich und den anderen rechtfertigen sol- über der „Welt am Sonntag“. Ganz im Ge- weiten militärischen Überfall-Politik. Ihr len. Meisner erklärte: „Je mehr Liebe, je genteil äußerte Mixa dort, „dass es uns nicht Flugblatt, das sie an Passanten und Solda- mehr Phantasie, je mehr Einbildungskraft gut bekommt, wenn wir uns für unsere Na- ten verteilten, hatte die Überschrift „Heute im buchstäblichen Sinne des Wortes wir tionalität schämen“, so der katholische Bi- der Segen – Morgen die Leukämie“. dabei aufbringen, desto klarer und deutli- schof. „Ein gesundes Nationalbewusstsein Wie in jedem Jahr versuchte der Kardinal, cher werden wir erkennen, woran der an- ist wahrscheinlich eine ganz große Hilfe den vor ihm sitzenden 1500 Soldaten der dere Mangel leidet, was ihm wirklich fehlt, gegen diese extremen politischen Richtun- Bundeswehr und anderer NATO-Armeen was ich ihm sagen, für ihn tun, worum ich gen“. Demgegenüber äußerte der Wehrbe- die aktuellen Aufgaben einer militaristischen für ihn bitten muss. Natürlich kann ich nie auftragte des Bundestages, Wilfried Penner Außenpolitik als seines Gottes Willen in den ganz der andere werden. Aber das sollen wir (SPD), das die Bundeswehr für Rechtsex- Kopf zu bringen. Als Meisner die Soldaten auch gar nicht! Wir sollen ihn nicht erset- tremisten „besonders begehrlich“ sei. Nicht bearbeitete, sparte er nicht. Große Schwa- zen, sondern nur an seine Stelle treten. Ge- nur das militärische Handwerk sei für sol- den von Weihrauch trieben durch den Dom rade indem ich als ein anderer an seine Stelle che Jugendliche attraktiv. Auch die hierar- und hüllten die Zuhörenden ein. trete, entsteht auch für ihn für die Möglich- chische Ordnung und die Uniformierung Weltweite militärische Überfälle, die die Re- keit, seine Lage mit anderen Augen zu se- könne genauso wie bei der Polizei oder dem gierung mit dem Ausbau einer Interventions- hen, mit meinen Augen zu sehen und mir Bundesgrenzschutz anziehend wirken, so armee vorbereitet, stellte Kardinal Meisner abzunehmen, dass ich für ihn noch Möglich- Penner. Dies bestätigt auch der aktuelle Jah- als völlig selbstverständlich hin und sprach keiten und Wege sehe, die er nicht mehr zu resbericht des Wehrbeauftragten. Demnach von „anderen Kulturen und anderen Völ- sehen vermochte.“ sind die Straftaten mit neofaschistischem kern, wo Sie zum Friedensdienst hingesandt Und wenn die Überfallenen nicht „mit mei- Hintergrund bei der Bundeswehr in diesem werden können.“ nen Augen“ – und denen der deutschen Jahr wieder angestiegen. Bis Ende Septem- Meisner versicherte den Soldaten, dass sein Militärpolitiker - sehen wollen? Mit der ber 2000 habe es bereits so viele Vorfälle und ihr Gott beim völkerrechtswidrigen mi- Waffe in der Hand wird der Bundeswehr- gegeben wie während des gesamten Vorjah- litärischen Überfall auf die Bundesrepublik soldat klarmachen: Hier geht’s lang! Und res. Jugoslawien, bei der Bombardierung der wer immer noch nicht sehen will? Dem ka- Mixa („Es gibt für mich einen berechtigten Städte, beim Abschuss der atomaren Muni- tholischen Soldaten hatte Kardinal Meisner Einsatz des Militärs“) hatte sich 1997 in ei- tion und der nachfolgenden Besetzung des schon früher zugesagt, dass er den richti- nem Beitrag für das Organ der „Paneuropa- Kosovo immer dabei war. Er stellte die vor gen Menschen erschießen wird, denn Union“ um den blaublütigen CSU-Mann ihm Sitzenden in Gedanken an die Seite der Meisner hatte seinen Segen zugesagt: „In Otto von Habsburg als überzeugter „Pan- katholischen Söldner des Mittelalters und betenden Händen ist die Waffe vor Miss- europäer“ geoutet. „Seit mehr als 20 Jahren stellte die Verbindung mit den heutigen brauch sicher.“ In seiner Soldatenpredigt des wird ständig in vielen Medien unseren Bür- Nato-Überfällen her: „Wenn die Soldaten Jahres 2001 versicherte der Kardinal den gern ein Libertinismus, eine totale Freizü- im Mittelalter in den Krieg zogen, dann hat- Besatzungssoldaten im Kosovo und anders- gigkeit in allen Bereichen des Lebens ein- ten sie das Stoßgebet auf den Lippen: ‚Tu wo: „Ein solches Einüben in den Friedens- geredet“, schrieb Mixa dort unter anderem adesto!’ – ‚Sei du dabei, mein Gott!’ Dar- dienst – und nur dazu sind Soldaten da – ist (SZ 4.9.+19.10.00 / RP 2.9.00). (J.F.)

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 63 Der deutsche Opfermythos flächendeckend: Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge & Volkstrauertag Kurt Heiler

Gedenkkultur in Deutschland mehreren hundert Hauptamtlichen, engstens Eberhard Diepgen wird sein Wort von der verwoben mit politischen Entscheidungsträ- „Mahn- und Gedenkmeile“ in Berlin, gegen gern aller Ebenen, der Bundeswehr und sol- das Denkmal für die Shoa vorgebracht, nicht datischen Verbänden ist der VdK Haupt- mehr los. Es stellt die Realität auf den Kopf träger des falschen Gedankens, alle Men- und ist trotzdem oder grad deswegen fast schen, vor allem alle Deutschen seien „Op- ein Bonmot. fer“. Diese Lüge, die offensichtlich die Deut- Deutschland war und ist längst mit Gedenk- schen davon entlasten soll, dass sie zwei steinen zugepflastert, den Krieger- und Weltkriege begannen und dabei die schreck- Soldatendenkmalen. Noch der kleinste Ort, lichsten Verbrechen begangen haben, ist für Vorort, Flecken gedenkt „seiner“ Soldaten das Selbstverständnis der Deutschen zentral mit einem Gedenkstein. Auf den schlichten und fand ihren Niederschlag in der zentra- steht dann „Unseren Soldaten 1914-1916, len Mahn- und Gedenkstätte in Berlin, wo 1917-1918 und 1939 bis 1945“ und beste- der damalige Kanzler Kohl die trauernde hen aus einem Kreuz, oft mit Wehrmachts- Mutter der Käthe Kollwitz in der „Neuen „...schwere Sachen“ bei den Amerikanern zeichen. Andere, und nicht wenig, sprechen Wache“ dafür instrumentalisieren ließ, die von „unseren Gefallenen“ oder gar von ermordeten Jüdinnen und Juden mit den Adenauer: Der Pate „Helden“. Martialische Sprüche wie in Soldaten und den „Opfern der Vertreibung“ Der VdK wurde tatsächlich 1919 gegrün- Hamburg („Deutschland muss leben und auf eine Tafel zu schreiben, auf eine Stufe det. Die Form des privaten Vereins wurde wenn wir sterben müssen“), in Braun- zu stellen. gewählt, damit das Vermögen nicht zu Re- schweig („Sie fochten und fielen für parationszahlungen herangezogen werden Deutschlands Freiheit“), im Münchener Die Geschichte des VdK und des Volks- konnte. Allerdings konnte von ‚Volk’ keine Hofgarten (Soldat unter 250 t Steinblock: trauertags - Der Gründungsmythos Rede sein. Auf dem Gründungskongress “Sie werden auferstehen“) fallen immerhin Wer große Lügen verbreiten will, darf die wurden 2 Heeresoberste, ein Vertreter des auf und wecken Widerspruch. Allemal sind kleinen nicht scheuen und so ist schon die Kyffhäuser-Soldatenbundes und ein Direk- sie in der Umgangssprache „Kriegerdenk- offizielle Geschichte des VdK eine einzige tor der Commerzbank in den Vorstand, in male“. In der Weimarer Zeit errichtet und Geschichtsklitterung. Bundestagspräsident den Verwaltungsrat 10 hohe Militärs- dar- nach 1945 ergänzt, gehören sie zum wenig Thierse (SPD) hat in seiner Rede zum Volks- unter Generalfeldmarschall v. Hindenburg, hinterfragten Alltag in Deutschland. Der trauertag 1999 im Bundestag die Selbstdar- 9 Politiker, darunter Konrad Adenauer, 12 Hinweis auf andere Länder wie z.B. Frank- stellung des VdK kritiklos Bankiers, 22 Kirchenführer, ein Fürst, ein reich ist bereits eine Finte, weil er den Un- zusammengefasst: Rittergutsbesitzer usw. gewählt. terschied zwischen dem Aggressor und dem „Nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs Besonders der Name von Konrad Adenau- Überfallenen negiert. mit mehr als 10 Millionen Toten in Europa er wird gern hervorgehoben, lässt sich doch Geschätzt werden 100.000 dieser Krieger- und anderen Teilen der Welt wurde der damit eine demokratische Kontinuität bis denkmale (Dr. G. Armanski-„Kriegerdenk- Volkstrauertag von dem 1919 gegründeten zum Kanzler der BRD und Mentor des VdK male: Monumente der Barbarei“ „Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsor- behaupten. Dabei wird gern übersehen, dass antimilitarismusinformation Dez. 1989) und ge“ im Jahr 1920 eingeführt. 1922 fand die Adenauer seine Rolle selbst nicht immer auf am Volkstrauertag ist dort flächendeckend Gedenkfeier erstmals im staatlichen Rahmen Seiten der Demokratie gesehen hat. In ei- Auftrieb. Aber statt zu klären, wer wohin statt. Hier im Berliner Reichstag erinnerte nem Beschwerdebrief an den Nazi- und warum und vor allem für wen „gefal- Reichstagspräsident Paul Löbe eindringlich innenminister vom 10.8.1934 schrieb der len“ ist, treffen wir auf eine „Verschwörung an das ganze Ausmaß des Leides, das der Zentrumspolitiker Adenauer: des Schweigens“ auf „Signale der Verdrän- Krieg über weite Teile der Welt gebracht „Die NSDAP habe ich immer durchaus kor- gung der Wahrheit und Bitterkeit des hatte. ...[er] stand in radikalem Kontrast zu rekt behandelt und mich dadurch wiederholt Sterbens im Krieg und seiner behaupteten dem, wozu der Volkstrauertag nach 1933 in Gegensatz zu den damaligen ministeriel- Zwecke“. Sie „helfen fortzusetzen, was sie von den neuen Machthabern pervertiert len Anweisungen und auch zu den von der angeblich beklagen“ (Armanski) wurde. Zum Staatsfeiertag erklärt und zum Zentrumsfraktion der Kölner Stadtverord- „Heldengedenktag“ umbenannt, dienten die netenversammlung vertretenen Auffassun- Der Volksbund deutsche Kriegsgräberfür- nun von Wehrmacht, NSDAP und Reichs- gen gesetzt...Im Sommer 1930 habe ich an- sorge (VdK) war und ist Organisator der propagandaministerium organisierten Mas- geordnet, dass die Verfügung des preußi- jährlich an allen Orten stattfindenden senveranstaltungen der Glorifizierung des schen Staatsministeriums, die nationalsozia- Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag. ‚Heldentodes’ für Volk, Vaterland und vor listischen Beamten zwecks Disciplinierung Mit Millionenzuschüssen der Steuerzahler, allem den sog. ‚Führer’“ namhaft zu machen nicht ausgeführt wor-

Seite 64 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? den wist, da ich sie für unberechtigt und Die Weimarer Republik ungerecht hielt.“ Adenauer schreibt, er habe Gern wird die Geschichte so dargestellt, dass 1932/1933 „ausdrücklich betont, dass nach den republikanischen Kräften des VdK von meiner Meinung eine so große Partei wie den Nazis der Volkstrauertag entrissen und die NSDAP unbedingt führend in der Re- entwidmet wurde. Das stimmt nicht mal gierung vertreten sein müsse“, weshalb die ansatzweise. Der Volkstrauertag wurde auf Kennzeichnung als national unzuverlässig Betreiben der Kirchen 1925 erstmals reichs- „in höchstem Maße schmerzlich und unver- einheitlich begangen. Schon ein Jahr vor- dient“ sei. Im Frühjahr 1945 von der US- her hatte die Reichswehr zur Teilnahme auf- Besetzungsmacht als OB von Köln wieder- gerufen. eingesetzt, wird er von den Briten am „Und das soll der Volkstrauertag: Symbol 6.10.45 wieder abgesetzt, da er die Entna- sein und werden für ihren Geist, in dem sie zifizierung in der Stadt sabotiert. auszogen in unendlicher Begeisterung, in dem sie kämpften wie Löwen, litten wie Enno Eulen, VDK Gründer Vergangenheits“bewältigung“ a la Adenauer Märtyrer, starben wie Helden für das große „Vielleicht wusste ich mehr als andere von Ziel: Deutschland, Deutschland über alles, Geschichte des VdK eine (sozial-)demokra- den Schandtaten, die von Deutschen an über alles in der Welt!“ (Siems, Präsident tische war- mit kurzer und schmerzlicher Deutschen begangen wurden, von den Ver- VdK, Aufruf zum Volkstrauertag 1926) Vergewaltigung durch die NSDAP. Viel- brechen, die an der Menschheit geplant „Der Geist der Wehrfreudigkeit als höch- mehr drängte nach 1933 zusammen was wurden. (Adenauer 24.3.46) ster sittlicher Wert eines Volkes darf nicht zusammen gehörte. Eulen schrieb an “Wissen Sie, entweder gelingt es denen, sterben, er muss lebendig erhalten werden.“ Goebbels, dass der Volkstrauertag „auf die Deutschland wieder hochzubringen, dann Mit solchen Aufrufen zieht der VdK die re- Dauer nicht ein Tag der Trauer sein, son- werden die Braunen nach und nach zivili- aktionären Kräfte der Weimarer Republik dern ein Tag der Erhebung werden [muss], siert; oder sie wirtschaften ab, und dann ist an sich. Während 1930 der preußische Mi- ein Tag des Hoffens auf das Aufgehen der immer noch Zeit. ..Lassen Sie sich bloß nicht nisterpräsident Otto Braun, SPD, den Ver- blutigen Saat“. Hitler bedankt sich am auf so etwas ein- Widerstand! Absoluter anstaltern des Volkstrauertags „Revanche- 5.12.34: „Die Arbeit des Volksbundes, die Unsinn!“ (Adenauer 1935) gelüste“ vorwirft, macht der erste faschisti- der Ehrung unserer gefallenen Kameraden „Richtig ist, dass nachher vielleicht nicht sche Innenminister (Frick in Thüringen) den dienen und ihr Gedenken durch würdigen mehr viel zu machen war. Die Schuld liegt Volkstrauertag zum gesetzlichen Feiertag. Ausbau und treue Pflege der deutschen früher. Das deutsche Volk, auch Bischöfe Aber erst nach 1933 können die Funktionä- Grabstätten wach halten will, habe ich stets und Klerus zum großen Teil, sind auf natio- re des VdK die Maske der Demokratie end- mit großem Interesse verfolgt. Ich betrach- nalsozialistische Agitation eingegangen. lich abreißen. Der Generaldirektor Dr. S. E. te es als eine Ehrenpflicht der Reichsregie- ...Ich glaube, dass, wenn die Bischöfe alle Eulen, nach 1933 „Bundesführer“ des VdK rung, diese Bestrebungen und das Wirken miteinander öffentlich von den Kanzeln aus weiß nun: „Als ich vor 17 Jahren den Volks- des Volksbundes tatkräftig zu fördern und dagegen Stellung benommen hätten, sie hät- bund gründete, schwebten mir die Ziele vor: zu unterstützen, meiner persönlichen Mit- ten vieles verhüten können. Das ist nicht ge- die heldische Lebensauffassung im deut- hilfe hierbei dürfen Sie gewiss sein.“ Und schehen und dafür gibt es keine Entschuldi- schen Volk wieder zu erwecken; die Ehren- der Führer schenkt dem VdK seinen reichs- gung. ...Alles das ist nicht geschehen und stätten unserer Gefallenen in aller Welt zu einheitlichen Feiertag, der nun Helden- darum schweigt am besten.“ (Adenauer Mahnmalen deutscher Art auszugestalten gedenktag heißt. Der Widerstand der VdK 23.2.46). und die Opferbereitschaft zu einer Gemein- entlädt sich im emphatischen Aufruf des „Es ist nicht richtig, jetzt zu sagen, die Bon- schaft im Volksbund zu sammeln. Diese Zie- Bundesführers: „ Heldengedenktag statt zen, die hohen Militärs oder die Großindu- le waren den art- und volksfremden Mäch- Volkstrauertag! Bedeutsam ist diese neue striellen tragen allein die Schuld...breite ten des Jahres 1919 nicht genehm.“ (Eulen Namensgebung...die nun auch äußerlich Schichten des Volkes, der Bauern, der In- 1936) Der Bundesamtsführer des VdK ausdrückt, was der VdK von Anfang an an- tellektuellen, hatten nicht die richtige Gei- Markgraf blickt auf Weimarer Zeit zurück: gestrebt hat.“ steshaltung, sonst wäre der Siegeszug der „ Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsor- Der Heldengedenktag wird für VdK und Nationalsozialisten nicht möglich ge bedeutete Besinnung auf ehre und Grö- NSDAP zu einer Erfolgsstory. Immer wie- gewesen....Aber jetzt, jetzt bin ich wieder ße der Nation, auf das heldische Opfer und der wird der Tag durch Sonderaktionen auf- stolz darauf, ein Deutscher zu sein. Ich bin den Todesmut unserer Gefallenen, auf die gewertet: Einführung der Hakenkreuzfahne so stolz darauf, wie ich es nie zuvor, auch Dankespflicht gegen diese Toten, er bedeu- als Reichsfahne, die Wehrmacht bekommt nicht vor 1933 und nicht vor 1914 gewesen tete Besinnung auf das Deutschtum über- das Parteihoheitszeichen, der Einmarsch bin. Ich bin stolz auf den Starkmut, mit dem haupt und Einsatz für deutsche Kulturwer- 1936 ins besetzte Rheinland, der Überfall das deutsche Volk sein Schicksal erträgt, te. Solche Gesinnung war den damaligen auf Österreich. stolz darauf wie jeder einzelne duldet und Machthabern mit ihren jüdischen Söldlingen nicht verzweifelt...“ (Adenauer 24.3.46) aufs Tiefste verhasst.“ (Nov. 1944- Mark- Im Widerstand ? „Aber ich glaube, in der amerikanischen Ge- graf blieb von 1949 bis 1960 Generalsekre- Nach 1945 strickt der VdK an Legenden, schichte hat es auch bei den Sezessionskrie- tär des VdK) die ihm das Überleben sichern. Klammheim- gen oder nachher in dem Krieg zwischen lich schafft er das Führerprinzip ab, lässt Nord- und den Südstaaten schwere Sachen Die Dokumente stützen also die These des aber seine Führungspersonen im Amt (Eu- gegeben.“ (Adenauer 14.11.1960) Sozialdemokraten Thierse nicht, wonach die len verstirbt 1945, seine Frau Christel ver-

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 65 tritt ihn bis 1970 im Vorstand). Der erste 16 Landesverbände, 311 Kreisverbände, te vom Ex. NPD Bundestagskandidaten Präsident des VdK, Staatsrat a.D. Wilhelm 5900 Ortsverbände B.C. Wintzek: Ahlhorn war schon 1938 Vertreter des 530 hauptamtliche Mitarbeiter (175 allein Einen ersten Hinweis auf Motive gibt Bundesführers und Betriebsführer der in der Bundesgeschäftsstelle), 11.000 ehren- Kiessling, der den Volkstrauertag als erste Bundesgeschäftsstelle gewesen. 1944 konn- amtliche Mitarbeiter, 260.000 Mitglieder legale Möglichkeit sieht, an die Zeit vor te er sich vom Führer das „Ehrenzeichen für Sammlung durch Schüler 1,4 Millionen 1945 anzuknüpfen: deutsche Volkspflege II. Klasse“ anheften DM, Sammlung durch Soldaten und Reser- „Mühselig haben wir zunächst ums Überle- lassen. Trotzdem tönte es im Juli 1945 aus visten 4,2 Millionen DM ben, dann um den Aufbau einer beruflichen dem VdK: „...und sieht seine Aufgabe dar- Insgesamt über 1 Million SpenderInnen, Ge- Existenz gerungen. Wir waren froh, als wir in, im Geist des Antifaschismus daran mit- samtetat ca. 80 Millionen pro Jahr schon nach wenigen Jahren im Rahmen des zuwirken, das Elend künftiger Kriege zu Von 1953 bis 1993 wurden 2910 Jugend- Volkstrauertags auch in aller Öffentlichkeit vermeiden...“ lager mit fast 150.000 Teilnehmern in 29 unserer gefallenen Kameraden gedenken Ländern durchgeführt. 1998 waren es 71 mit durften.“ Da war es hilfreich, auf Querelen mit der 2179 Teilnehmern. An Schulprojekten be- Ähnlich der Charta der Heimatvertriebenen NSDAP und der Wehrmacht hinweisen zu teiligten sich 1998 5210 junge Menschen. (erst 6 Millionen Polen umbringen, dann können. Die NSDAP wollte im Macht- In 100 Ländern werden 600 Friedhöfe durch großzügig auf Rache verzichten und sich 50 kampf mit der Wehrmacht auch die Kriegs- den VdK betreut. Die Zahl der vom VdK Jahre für diese Unverfrorenheit loben las- gräberfürsorge bestimmen. Nach dem betreuten Gräber im Ausland beträgt 1,7 sen) lügt Kiessling den Unterschied zwi- Überfall auf Polen übernahm die Wehr- Millionen. schen Aggressor und Überfallenem vom macht selbst die Gräberfürsorge. Zwei Jah- Der Staat fördert die Arbeit des VdK mit Tisch: „Wenn wir Deutschen am Volkstrau- re später wurde W. Kreis zum „Generaldi- 7,5 Millionen (1997) allein für die Erhal- ertag in unser Gedenken inzwischen schon rektor für die Gestaltung der deutschen tung deutscher Kriegsgräber im Ausland. ganz selbstverständlich auch den gefallenen Friedhöfe“ ernannt, der wiederum Hitler Die Zuwendungen haben sich im Zeitraum Rotarmisten und den ums Leben gekomme- direkt unterstellt war. In diesem Konflikt von 1994 bis 1996 verdreifacht, da „im nen angelsächsischen Bomberpiloten ein- wurde der VdK in seinen Aufgaben redu- Osten“ Nachhochbedarf an deutschen schließen- und uns enthalten, über ihr Tun ziert. In eigenen Worten: „Die Arbeit des Ehrenfriedhöfen behauptet wird. und über ihre mögliche Schuld zu richten, Volksbundes wird im zweiten Weltkrieg sondern das einer höheren Instanz überlas- eingeschränkt. Zwar steigt die Mitglieder- In einem ganzseitigen Interview mit der neo- sen, dann ist das Ausdruck unseres Verzichts zahl erheblich an (Ende 1943 fast 1 Mil- faschistischen Wochenzeitung „Junge Frei- auf jede nationale oder menschliche lion), und auch an Geld mangelt es nicht. heit“ legt der Pressesprecher des VdK, Überheblichkeit...Dennoch stehen uns die Jedoch kann im Ausland, bis auf wenige Kirchmeier, am 17.4.98 die Ostorientierung Toten unseres eigenen Volkes näher...Mögen Ausnahmen, nicht gearbeitet werden.“ seines Verbandes dar („Die Arbeit im Osten wir die Ziele der nationalsozialistischen („Stimme und Weg“ Zeitschrift des VdK ist erst am Anfang“). Kirchmeier spricht von Kriegführung nicht erkannt oder sie ver- 4/1994) Warum „nicht gearbeitet“ werden 300 Friedhöfen, die seit 1989 unter die Kon- kannt haben, wir als Nation haben unsere kann, ahnt mensch schon. Aber heldenhaft trolle des VdK gerieten. 50 neue seien im junge Mannschaft in den Kampf geschickt, entzieht sich der VdK, der 1944 seine Mit- Bau. Wie intensiv diese Arbeit vorangetrie- in dem Millionen verblutet sind...Nur mit gliederzahl auf 2 Millionen verdoppelt hat ben wird, verdeutlicht der gedrängte Termin- Erschütterung konnte man zur Kenntnis neh- der Unterstellung unter Herrn Kreis von der kalender des VdK für die Zeit ab Mai 2001: men, dass es da immer noch Bestrebungen NSDAP. Er droht mit „Selbstauflösung“ Eröffnung (E) Sewastopol – Ukraine; 60 gibt, über die Toten zu richten, sie in Kate- und verbleibt im geschützten Raum der Jahrestag „Schlacht um Kreta“; 10 Jahre gorien von ‚für’ und ‚gegen’ das NS-Regime Wehrmacht, die nur leider anderweitig- mit Soldatenfriedhöfe Ungarn; (E) Riga, Lett- einzuteilen, von Gut und Böse.“ dem Anlegen neuer Gräber- beschäftigt ist. land; Übernahme Friedhof Halbe;(E) Die falsche Erinnerung muss nun dafür her- Als ob nichts geschehen wäre, tritt der VdK Manonow (Heiligenbeil) Kaliningrad; (E) halten, aus der Geschichte das Falsche zu 1945 erneut auf die politische Bühne. Johvi, Estland; (E) Vilnius, Litauen; (E) lernen: die Bundeswehr endlich in Einsatz Korpow, Russland; (E) Valasske, Czechien; zu bringen! Der VdK nach 1945: eine Erfolgs- 25 Jahre St. Veit, Österreich; 40 Jahre La „Mag das Urteil über Deutschland und die geschichte Cambe u.a in Frankreich, 10 Jahre Deutschen im Zweiten Weltkrieg immer Die Geschichte des VdK nach 1945 ist eine Joachimow u. Warschau, Polen. noch auseinandergehen, unbestritten sind Erfolgsgeschichte. Schon 1945 wurde der die militärischen Leistungen der deutschen VdK zumindest für die britische Zone zu- Der Volkstrauertag nach 1945- ideologi- Wehrmacht. Soldaten über viele Jahre hin- gelassen. 1949 darf erstmals die Zeitung sche Entwicklung weg, selbst in aussichtslosen Lagen, zum „Kriegsgräberfürsorge“ wieder erscheinen. Der Volkstrauertag hat im Verlauf der Jahre Durchhalten und Kämpfen zu motivieren, In der Ausgabe der Verbandszeitung „Stim- seine Form, kaum aber seinen ideologischen das gelang nur, weil diese Armee reich an me und Weg“ 2.99 zum 80-jährigen Beste- Inhalt verändert. Um die konservativ-reak- Vorbildern war.“ Dagegen die Bundeswehr: hen des VdK wird eine eindrucksvoll für das tionären Einflussnamen aufzuspüren, folgen „Doch liegt es in der Natur der Sache, dass Jahr 1998 Bilanz gezogen: an dieser Stelle Ausführungen von es jeder Friedensarmee an konkreten Vor- Bundeswehrgeneral a.D. Günter Kiessling stellungen für den Einsatz im Krieg erman- (1945 Infanterieleutnant) in der Zeitschrift gelt. Umso mehr ist sie darauf angewiesen, „Mut“, bis 1983 als rechtsextrem im VS- sich auf vorbildliche militärische Leistun- Bericht aufgeführt, herausgegeben bis heu- gen und treue Pflichterfüllung in der Ver-

Seite 66 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? gangenheit zu besinnen....Was schweißt eine gemeinsame Schnittmenge mit dem VdK in ihre Truppe so zusammen, dass sie zuversicht- Kritik des Militarismus auf. Seitdem steht der lich in den Kampf ziehen kann? Das sind Volkstrauertag in der Auseinandersetzung. An- ihr inneres Gefüge, das Wofür ihres Dien- tifaschistische Gruppen und Friedensgruppen protestierten, Polizeieinsätze wurden zum Schutz stes, ihr Traditionsverständnis und damit die der VdK Feiern üblich. Gleichzeitig nahm die Vorbilder soldatischer Leistungen; aber auch Zahl der Teilnehmer am Volkstrauertag konti- das Erleben, wie der Staat und das Volk, dem nuierlich ab. Eine Modernisierung der Form und sie dient, jener gedenkt und sie ehrt, die in eine Anpassung im Inhalt wurden nötig. vorausgegangenen Kriegen ihr Leben ein- Zunächst verzichtete die Bundeswehr auf ihr gesetzt haben und gefallen sind....So sehr martialisches Auftreten. Sie erschien ohne Waf- das Ziel, ’Recht und Freiheit des deutschen fen, dann ohne Marschformation. Die sozialde- Volkes tapfer zu verteidigen’ bejaht wird, mokratischen Funktionsträger des VdK waren es genügt wohl nicht, um Soldaten zum Ein- druckempfindlich und anpassungsfähiger. Die Formel des gemeinsamen Gedenkens- vom Bun- satz ihres Lebens zu motivieren.. Dazu be- destag in jedes Dorf zentral vorgegeben- wurde darf es einer anderen Sprache und anderer von Richard von Weizsäcker 1985 erweitert, Begriffe.“ (General a.D. Kiessling in „Mut“ ohne den grundlegenden Charakter zu ändern. 11-86 „Volkstrauertag und Soldaten- Nur die Zahl der Opfergruppen schwoll an. Bun- gedenken“. despräsident Rau hat in diesem Jahr noch die Auch Redner wie Alfred Dregger „Opfer von Hass und Gewalt gegen Fremde und beeinflussten den Volkstrauertag. In seiner Schwache“ drangehängt. Täter oder Gewalt- Rede vor dem deutschen Bundestag 1985 strukturen bleiben weiterhin im Dunkeln. prägte Dregger das Bonmot von der „ehren- Versöhnung über den Gräbern? Trotz der Kritik an den immer noch konserva- tiv-soldatischen Inhalten des Volkstrauertags haften Wahl“ der Soldaten, die bis zuletzt Die Gestaltung des Volkstrauertags muss eine erhebliche Differenz zu den Toteneh- dem Kriegsgegner widerstanden hätten, be- Jahrelang war der Volkstrauertag ein Auflauf der rungen neofaschistischer Gruppen festgestellt sonders die Soldaten des Ostheeres und der Bundeswehr, der Kirchen, konservativer Verei- werden. Es ist nicht egal, ob es nur um deutsche Marine. Auch Dregger akzeptiert für Sol- ne, Musikkappellen, dem konservativen Teil der Soldaten als Opfer geht, ob es um die Ermor- daten nur den Opferstatus: „Es geht nicht politischen Elite und den Angehörigen. Die Kir- dung der aus rassistischen und politischen Grün- an, die toten deutschen Soldaten den ande- chen, die- um ihre Anhänger einzuschüchtern- den Verfolgten geht oder nur um „Opfer der Ver- ren Opfern als ‚Täter’ gegenüberzustellen.“ sehr wohl Unterschiede nach dem Tod kennen treibung“. Bei aller Differenz muss allerdings Sein Parteifreund Norbert Blüm kann dagegen (Himmel, Hölle, Fegefeuer), verleugnen sich am auch auf der Feststellung von Schnittmengen zitiert werden: „Ich habe die Gesänge von der Volkstrauertag. Die Politik, die nicht müde wird, beharrt werden, die vor allem in der Entschul- treuen Pflichterfüllung nie verstanden, wenn die Ungleichheit der Menschen im Leben zu dung, ja Negierung von deutschen Tätern liegt. nicht zuvor geklärt war, in wessen Dienst diese verfestigen, Professoren, die es besser wissen Auch der unkritische und alleinige Bezug auf Pflichterfüllung steht. Ob einer im KZ Hitler müssten: Sie alle lügen die Täter und die Opfer die Bundeswehr, die Abwehr aller antifaschi- gedient hat oder an der Front, macht in meinen zusammen, verstecken die Täter hinter dem stisch, aus der Friedensbewegung kommenden Augen nur einen graduellen Unterschied aus. Das Opfermythos, beschweigen das entscheidende Alternativen stellt eine solche Schnittmenge dar. KZ stand schließlich nur so lange, wie die Front Kriterium: die individuelle und gesellschaftliche Wer dem Volksbund und seinen politischen Trä- hielt.“ Verantwortung. Was im Leben nie gern solche Schnittmengen vorhält, wird auf eine In diesem Spannungsfeld hat der Volksbund all- zusammengepasst hätte, der KZ Insasse und sein Vogel-Strauß-Politik treffen. zeit auf Seiten der Dreggers gestanden, auch weil Aufseher, der General und der Schütze, Krupp sein Publikum es so wollte: „In unsere Trauer und Krause sie werden vom Volksbund am Eine endlose Kette von „Einzelfällen“ schließen wir alle Soldaten aller Kriege ein, ganz Volkstrauertag zur Opfermasse zusammen- Die immer wieder sichtbare Teilnahme von Neo- gleich, wofür sie starben, weswegen sie in den gezwungen. Auf dem Friedhof in Arnsburg bei faschisten an den Volkstrauertagen, die gerade- Krieg gingen und fielen, wofür sie sich körper- Giessen hat der Volksbund 450 Gräber in seiner zu magische Anziehungskraft der vom Volks- lich und seelisch verkrüppeln lassen mussten“ Obhut. Die Gräber der SS sind sämtlich mit vol- bund gestalteten Friedhöfe für Neofaschisten (Redevorschlag VdK 1987) oder „Letztendlich lem Namen, Daten und Rangbezeichnungen aus- wird als eine zufällige Aneinanderreihung von ist es auch gleich, wo die Ursachen liegen, die gestattet. Direkt daneben ein Gräberfeld mit 87 kaum erklärbaren „Einzelfällen“ dargestellt. zu diesem verhängnisvollen Krieg führten, der angeblich „unbekannten Kriegstoten“. Diese Wenn an dieser Stelle eine unvollständige klei- sich immer mehr verselbstständigte und sehr bald aber sind weder „unbekannt“ noch „Kriegstot“. ne Chronik dieser „Zwischenfälle“ folgt, dann sein eigenes Wert- und Normsystem schuf“ Es sind Zwangsarbeiter und Gestapo-Häftlinge nur, um deren „Zufälligkeit“ in Frage zu stellen (Redevorschlag VdK 1985) Seine Weigerung, aus einem Arbeitserziehungslager der Gestapo. und die behauptete Systematik zu untermauern. aus der Geschichte zu lernen, dokumentiert der Sie wurden kurz vor Kriegsende, am 23.3.45 aus VdK immer wieder: „Wir trauern um alle, die in dem Lager herausgetrieben zu einem Graben, den „Der HIAG-Zwischenfall“. den Kriegen gestorben sind, ob gutgläubig und sie selbst ausheben mussten, dort erschossen und Besondere Hervorhebung verdienen die bundes- nichtwissend um das Unrecht, zu dem sie Bei- zugescharrt. Der VdK beharrt auf seiner Hin- weiten Auseinandersetzungen um die Mitglied- hilfe leisteten, oder ob bewusst und in Kenntnis weistafel mit den „unbekannten Kriegstoten“, schaft der HIAG im Volksbund. Ermuntert von der Verbrechen, an denen sie sich beteiligen weil: „ Wir machen keine Unterschiede. Im Tod der Aufwertung der Waffen-SS durch den ge- mussten. Wir trauern um alle, weil wahre Trauer sind alle gleich“. meinsamen Auftritt von US-Präsident Reagan keinen Hass verträgt. Wahre Trauer verbietet je- Die Bundeswehr trat bis 1989 meist bewaffnet und Bundeskanzler Kohl auf dem Friedhof in des Nachtragen und Aufrechnen.“. (Redevor- und in Formation an. Bis 1980 nahm kaum je- Bitburg, versuchte die Nachfolgeorganisation der schlag Nr. 2 VdK 1987) mand Anstoß daran, dass auch Neofaschisten wie Waffen-SS, die HIAG, stärker als bisher öffent- die HIAG oder der Stahlhelm Kränze niederleg- lich aufzutreten, vor allem auch im Rahmen der ten. Erst die aufkommende Friedensbewegung Volkstrauertage. Dabei stellte sich der empörten ab 1980 nahm zunächst die Neonazis, dann die Öffentlichkeit zum ersten Mal dar, dass die HIAG

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 67 seit 1958 korporatives Mitglied des Volksbundes jahrelang auf den Friedhöfen des Volksbundes, war. Der öffentliche Druck auf den Volksbund mischten sich am Volkstrauertag unter Abord- war 1986 stark und die Mitgliedschaft der HIAG nungen des VdK und der Bundeswehr und fei- musste zunächst suspendiert werden. Innerhalb erten ihre „Helden“. Da kamen dann aus vielen des Volksbundes war dies umstritten. Der Volks- Ländern Westeuropas teils Hunderte Skinheads bund Präsident Hans-Otto Weber (SPD) griff die zusammen, bauten sich vor den Gräbern der falsche Behauptung der HIAG auf, die Waffen- Waffen-SS auf und skandierten ihre Parolen. Erst SS sei nur Teil der kämpfenden Truppe gewe- die Proteste von AntifaschistInnen und empör- sen, die mit den Verbrechen der allgemeinen SS ten EinwohnerInnen, die zunächst mal mit Poli- nichts zu tun habe. Das muss Weber gehört ha- zeigewalt niedergeknüppelt wurden (Lommel- ben, als er 1982 beim Kameradschaftstreffen des Belgien) stoppten diese für Neonazis attraktiven „Verbandes der Soldaten des 1. Panzerkorps der Heldentage. Eine Blockade des Friedhofs in Waffen-SS“ in Bad Herzfeld eine Ansprache Ysselsteyn-Niederlande stoppte den Versuch der hielt. Außerdem wird immerzu auf die Ehrener- Wiking-Jugend, mit niederländischen Neonazis klärungen von Adenauer und Schumacher für die ihren verbrecherischen Vorbildern zu huldigen. SS hingewiesen. In der Praxis hatten beide, Volksbund und HIAG, eng und vertrauensvoll Im Prospekt zu Lommel weiß der Volksbund zusammengearbeitet, d.h. die HIAG half beim immerhin, dass dort deutsche Soldaten liegen, Suchdienst, der Volksbund stattete alle SS-Grä- „die während des Krieges 1939/45 auf belgi- ber mit Dienstgraden aus und behandelte sie, wie schem Hoheitsgebiet gefallen“ seien. Der Über- Weber betonte, gleich: „Für uns gibt es nur die all auf Belgien begann am 10. Mai 1940. Macht Kriegstoten, wir machen da keinen Unterschied.“ aber nix, weil darum geht es dem VdK ja nicht. Als im Rahmen dieser Auseinandersetzung die Der Volksbund erklärt für Ysselsteyn zwar, dass HIAG einen erneuten Mitgliedsantrag stellte, dort 31576 deutsche Soldaten ihre letzte Ruhe- wurde dem zunächst stattgegeben. Nun erhob stätte gefunden haben, kann sich aber wieder nicht durchringen zu erklären, was sie dort zu suchen hatten. Auch die Abteilung der SS –Grä- ber wird lieber verschwiegen. Noch 10 Jahre später – 1998 - wird der Volksbund von der Ge- meinde Venray (dort liegt der Friedhof Ysselsteyn) von den Feierlichkeiten anlässlich des Tags der Befreiung in den Niederlanden aus- geladen. „Wir haben keine Rachegefühle, aber der 4. Mai ist für einen deutschen Besuch noch zu sensibel“ sagt der Regionalvorsitzende Nico Teutonenarchitektur in Lommel, B van Hoek. 1995 fragt der Berufsvertriebene und VDA/BdV Am Volkstrauertag 1988 weigerte sich der deut- Funktionär Hartmut Koschyk (CDU) die Bun- sche Generalkonsul in Mailand, Steinkühler, an SS-Grab in Bitburg desregierung: „Wie beurteilt die Bundesregie- der Feier in Costermano, Gardasee teilzunehmen. rung die Tatsache, dass der aus den Kommu- Dort wollte der VdK mal wieder „normale sich die Basis gegen die Zentrale. Die Politik nalwahlen im Herbst 1994 hervorgegangene Ma- Kriegstote“ ehren. In Wirklichkeit liegen dort nahm Einfluss und die HIAG konnte gezwun- gistrat der Stadt Eger nicht bereit ist, der Errich- aber auch Kriegsverbrecher und Massenmörder gen werden, ihren Antrag zurückzustellen, bis tung eine Soldatenfriedhofes zuzustimmen, wie der SS Sturmbannführer Christian Wirth und ihre Erwähnung in Verfassungsschutzberichten nachdem für dieses Projekt bereits ein Vertrag SS-Hauptscharführer Gottfried Schwarz. Wirth „geklärt“ sei. Der Bundessprecher der HIAG, mit dem Volksbund deutsche Kriegsgräberfür- leitete 1940 die Euthanasie-Vernichtungsanstalt Friedrich Weibel, erklärte, dass der Verzicht für sorge vorliegt...“ Statt nun zu antworten: „Eger Hartheim bei Linz und wurde später Inspekteur die Bundesebene, nicht jedoch für alle Ebenen gibt es nicht und wird es auch nicht mehr geben. der Vernichtungslager Treblinka, Sobibor und gelte: „Wo das politische Klima es zulässt, ma- Die Stadt heißt Cheb, liegt in Tschechien und ist Belzec. 1943 baute er bei Triest ein KZ, in dem chen wir weiter mit.“ Nachdem sich der Rauch dem Zugriff deutscher Revanchisten und Mili- 2000 Juden und Widerstandskämpfer ermordet verzogen hatte, kamen HIAG und Volksbund zu taristen ein für allemal entzogen. Außerdem lau- wurden. Wirth wurde- kleine Gerechtigkeit- von einer gemeinsamen Erklärung, in der festgestellt tete der Vorschlag aus Cheb, den Friedhof für Partisanen erschossen, gilt dem VdK mithin als wird, dass jede „Behauptung, der Volksbund tra- tatsächlich alle Kriegstoten einzurichten und „Opfer des Krieges“. Konfrontiert mit den De- ge sich mit der Absicht, die Gräber der Gefalle- dazu gehören in Cheb auch 200 Rotarmisten und tails, forderte der VdK vom Außenministerium, nen der Waffen-SS aus seiner Obhut auszuschlie- 70 amerikanische GI’s der Patton Armee. Au- den Generalkonsul abzuziehen! In der Allgemei- ßen oder auch nur unterschiedlich zu behandeln“ ßerdem verstehen wir die Leute in Cheb nur zu nen Jüdischen Wochenzeitung konnte man zu falsch sei. Das Verschwinden der HIAG aus der gut, dass sie keine Lust auf Grabsteine mit den Recht lesen: „Wer sich mit dem VDK gemein öffentlichen Debatte ist denn auch auf die tat- SS-Dienstzeichen haben, schlichtere täten es macht, sollte die Geschichte und sein eigenes sächlichen und effektiven Proteste der Friedens- doch auch. Wir bedauern, dass der Volksbund Verhalten prüfen.“ bewegung und nicht auf die Haltung des VdK diese Vorschläge ablehnt.“ Stattdessen antwor- zurückzuführen. tet die Bundesregierung: „Die Bundesregierung Und weiter mit Einzelfällen, soweit das Auge hat die Vorgänge um den Soldatenfriedhof in reicht... Kleine- und unvollständige Chronik der Skan- Eger sorgfältig verfolgt...Gespräch mit 1993: Die Stadt Weimar lässt nach erbitterten dale: Internationale Konflikte Bürgermeister...Hierbei ist es gelungen, offen- Auseinandersetzungen die SS-Dienstgrade auf Mitte der 80er Jahre entdeckten europäisch ver- bar bestehende Missverständnisse hinsichtlich 130 Grabsteinen auf ihrem Friedhof entfernen, netzte Neonazis, dass die Gräber ihrer Vorbilder der konzeptionellen Gestaltung der Gräberan- die der VdK im Jahr zuvor frisch aufgestellt hat- aus der Waffen-SS („erste europäische Armee“) lagen auszuräumen...“ te. So etwas war bis 1989 nicht möglich gewe- ein gutes Agitationsfeld abgaben. Sie trafen sich sen (verordneter Antifaschismus!), jetzt hat-

Seite 68 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? te der VdK sich beeilt, war aber aufgefal- len. Aufgefallen war, dass die SS-Leute der Totenkopf- Division angehörten und dass die dort Begrabenen Teil der Wachmann- schaften des nahegelegenen KZ Buchen- wald und anderer KZ waren. Kommentar des VdK zu Weimar, man werde „sich nicht hinstellen und an den Gräbern Entnazifizie- rungen durchführen.“ 1990- 1997 wiederum Weimar. Kaum wird bekannt, dass neben dem KZ Buchenwald Gräberfelder existieren mit Toten des Inter- nierungslagers nach 1945 und dass die In- sassen des Internierungslagers zu minde- stens 80 % Funktionäre der NSDAP, der SS, des SD usw. waren, schwingt sich der Volks- bund auf, ein Denkmal, einen Aufmarsch- platz und Ehrenhain vorzuschlagen. Die Mauer war kaum gefallen, da präsentierte der VdK am 7.8.1990 den Vorschlag, für die Nazis eine Gedenkstätte anzulegen. 1997 erinnert der VdK die Gedenkstättenleitung daran, dass „unsere damaligen Vorschläge bei den zuständigen Entscheidungsträgern nicht die erforderliche Akzeptanz gefunden“ haben. Der Textvorschlag des VdK für das Monument lautete, „die deutschen Häftlinge... unschuldige Opfer von Denunzierungen.“ Angesichts des Nazi- bürgermeisters von Weimar, des Euthanasie- VDK Aktivist Peter Hild im Kreis seiner Lieben arztes, der SS- und SD Leute, also der 80 % Nazifunktionsträger, spricht der VdK von Pläne wurden zwar abgespeckt aber letzt- 1997: Andre Lange ruft in der neofaschisti- der „Kriegs-und Nachkriegszeit, in der lich steht dort jetzt ein Denkmal in Form schen Zeitschrift „Europa Vorn“ Nr. 117 zu durch meist fehlgeleitete Menschen Angst, von fast 1000 Metallstelen für die Mörder einem gemeinsamen Lager der Deutschen Entsetzen, Schmerz und unsägliches Leid vis- a - vis der KZ Gedenkstätte. Wieder Waldjugend und des VdK zur „Grabpflege über die Mitmenschen gebracht wurde.“ Die werden die Täter zu Opfern umgedichtet und toter deutscher Soldaten in Königsberg“ auf. gleichgesetzt, gelten dank VdK als „Kriegs- Soldaten wird Sonderurlaub versprochen. tote“, obwohl sie nach 1945 aufgrund alli- 1998: Peter Hild leitet ein Jugendlager des ierter Beschlüsse interniert wurden. VdK. Hild schreibt in der Deutschen Militärzeitschrift, in Soldat und Volk, Der 1994 Schill Denkmal Braunschweig: Das Freiwillige (HIAG) und ist Träger der HIAG Kriegerdenkmal („Sie fochten und fielen für Ehrennadel. Deutschlands Freiheit“) ist jahrelang Anzie- 1998: Coburg: Der VdK Vorsitzende, der hungspunkt für alles, was schwarz-brauner jahrelang kein Problem mit den Auftritten Gesinnung ist. Direkt daneben befindet sich der HIAG beim Volkstrauertag hatte, be- ein Außenlager des KZ-Neuengamme. kommt Fracksausen, als 25 Neonazis freier AntifaschistInnen werden am Volkstrauer- Kameradschaften auftauchen und an „sei- tag unter Beifall der Militaristen während ner“ Veranstaltung teilnehmen. Er holt die ihrer Gedenkveranstaltung am KZ von der Polizei, Polizei überfallen. 1999: - die Neonazis der freien Kamerad- 1995 Oldenburg: Die Ordensgemeinschaft schaften Duisburg und Düsseldorf werden der Ritterkreuzträger tritt als offizieller Gast bei ihrem Heldengedenken am Volkstrauer- am Volkstrauertag in der Henning von tag von AntifaschistInnen aufgespürt und ge- Trescow Kaserne auf. stellt. 1997: Dem Ansturm der Neonazis auf die 2000- 40 Personen der neofaschistisch-neu- neuerrichteten Soldatenfriedhöfen in den heidnischen „Artgemeinschaft deutschen neuen Bundesländern kann die Polizei nur Glaubens“ veranstalten ihr Heldengedenken durch zahlreiche Verbote begegnen. Beson- in Kamp-Lintfort. Die offizielle Feier des ders der Friedhof in Halbe hat sich zum Volksbundes geht in Kenntnis davon unbe- Schill Denkmal Braunschweig: „Sie Aufmarschort der Neonazis entwickelt. rührt weiter. fochten und starben für Deutschlands Freiheit“

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 69 2000: Auf Usedom nehmen- wie sonst auch- ausrichtung des Verbandes und Neugestal- Leserbriefen abgehandelt. Das zeigt zu- Neonazis am Volkstrauertag teil. Sie erschei- tung des Volkstrauertags alle möglichen nächst, dass der Verband sich nicht positio- nen uniformiert und in Formation. „Eure Brücken zum militaristisch-neofaschisti- nieren will, bzw. kann, weil eine konsequen- Ehre heißt Treue“; „Ein Volk, das solche schen Lager abzureißen. te Anwendung der eigenen Propaganda ei- Helden hat, ist zum Siege bestimmt“ steht nen Großteil der Träger verschrecken könn- auf den Schleifen der Neonazis, die mit 50 te. In den Leserbriefen sind viele Argumen- Mann an der Feier des VdK teilnehmen. te der Kriegsgegner zu finden, es werden Die NPD steuert Tannengrün dazu. Der Ver- richtige Fragen gestellt, die Antworten blei- treter des VdK erklärt das Nicht-handeln so: ben zunächst vage. Es wird der Bruch von „Diese Jugendlichen aus dem rechten Spek- internationalem Recht bemängelt, das Leid trum verhalten sich ja nicht renitent. Sie le- der serbischen Bevölkerung wird beklagt. gen lediglich Kränze nieder.“ Gefragt wird, warum die „über Jahrzehnte 2000: ebenfalls in Formation erschient die fest eingeübten Bekenntnisse zum Frieden Neonaziszene von Hamburg vor dem Eh- und zur gewaltfreien Konfliktlösung“ im renmal. Kommandorufe: „Marsch-Halt- Ernstfall so wenig tragen, warum dieser Blickrichtung zum Ehrenmal- Aufstellung- Krieg gerade von solchen Personen verant- Fahne hoch.“ Für die Polizei kein Grund wortet wird, die jahrelang als Teil der Frie- zum Eingreifen, für die meisten kein Grund densbewegung bekannt waren. Gefragt wird darüber nachzudenken, was Neonazis so auch nach der Rolle des Volksbundes. Die zunehmend attraktiv am Volkstrauertag fin- verhaltene Antwort: „Der Volksbund deut- den. sche Kriegsgräberfürsorge ist nicht zu ei- 2000: In Essel -Niedersachsen feiert die Ka- ner Beurteilung der hier vorherrschenden fa- meradschaft auf dem Soldatenfried- talen Zwänge bestellt. Er hat andere Aufga- hof die „Helden beider Weltkriege“. ben.“ In einer redaktionellen Anmerkung 2000: In Halle legen der „Nationale Wider- steht daneben: „Die aktuelle Lage zeigt, wie stand Halle“ und die DVU-Landtagsfrakti- bitter notwendig gerade jetzt die Förderung on ihre Kränze zu den offiziellen am Eh- des Friedensgedankens ist. Die Mahnung renmal. „Den deutschen Helden“ steht auf zum Frieden ist gerade heute wichtig!“ der Schleife der Neonazis, die kurz darauf Dieser Spagat zwischen Propaganda und tat- abgeschnitten wird. sächlichem (Nicht-) Verhalten wird vom 2000: In Delitzsch muss die Veranstaltung Volksbund so vollzogen, dass beides geht: des VdK abgebrochen werden, da sich die Krieg oder Frieden - der VdK als Opfer Krieg machen und vom Frieden reden. Der 20 Neonazis nicht von allein von der Feier der eigenen Propaganda schon erwähnte Bundestagspräsident entfernen wollen. Die Anzeigen des VdK kennt jede®: Eine Thierse, der ebenso wie seine Partei für den 2000: Der Präsident des VdK, Karl-Wilhelm Strichliste mit der Überschrift: „Jeder Strich Krieg gegen Jugoslawien stimmte, führt in Lange schreibt das ganzseitige Geleitwort einhunderttausend Tote im zweiten Welt- seiner Rede zum Volkstrauertag 1999 aus: für die Ausgabe Nov. 2000 von „Soldat und krieg“ und der Unterschrift „Durch Krieg „Jeder getötete Soldat, jeder verhungerte Volk“, Organ des Verbands deutscher Sol- gewinnt man keinen Frieden!“. Flächendek- und erfrorene Flüchtling, in unvergleichli- daten und des Rings deutscher Soldaten- kend wird diese Anzeige in allen Medien cher Weise aber jeder Mann, jede Frau, je- verbände. Auf den darauffolgenden Seiten geschaltet. Dass Anzeigen des Volksbundes des Kind, die wegen ihrer Herkunft, ihrer wird der Holocaust geleugnet und positiv auch in der neofaschistischen Wochenzei- Rasse, ihres Geschlechts, ihrer Religion und Bezug auf die meist vorbestraften profes- tung des DVU Vorsitzenden Frey, der aus keinem anderen Grund ermordet wur- sionellen Holocaust-Leugner genommen. Nationalzeitung, (z.B. am 14.7.2000) er- den, verlangen von uns, Gewaltherrschaft Die Bundesregierung hatte mehrfach tat- scheinen, lassen wir mal als Ausnahme ste- abzuwehren, Zivilcourage und Toleranz zu sächliche „Anhaltspunkte für einen rechts- hen. Die Frage stellt sich dann doch, was üben und den Krieg als Mittel der Politik extremen Hintergrund“ der Zeitschrift „Sol- diese an sich eindeutige Aussage der An- zu ächten. Umfassende Friedensarbeit- das dat und Volk“ festgestellt. zeige noch wert ist, wenn die Träger des ist der ethische Auftrag der Ermordeten und Volksbundes und des Volkstrauertags Krieg Getöteten. Diesen Auftrag zu erneuern ist Wie gesagt: Einzelfälle, die nicht enden führen. Wie passt der Satz zum Angriff der Sinn des Volkstrauertags. Der Krieg im wollen und die nicht enden werden, wenn Bundeswehr auf das souveräne UNO Mit- Kosovo, die Anlässe für Scham und für die Schnittmenge von Neofaschismus, Mi- glied Jugoslawien. SPD, CDU, FDP und Stolz, die sich an jedem deutschen Novem- litarismus, Volkstrauertag und Volksbund Grüne sind für diesen Krieg eingetreten. Die ber jähren, beweisen, wie klein die Schritte deutsche Kriegsgräberfürsorge nicht gese- Bundeswehr sah den Krieg als ihr Erwach- sind von Frieden zu Krieg...“ Die Schritte hen und nicht verkleinert wird. Schnittmen- senwerden, ihre Initiation, an. Würde also waren klein genug, dass Thierse selbst sie ge heißt aber auch, dass nicht alles gleich die Propaganda des Volksbundes für den gehen wollte und konnte. Es bleibt die Fest- ist oder gleich gesetzt werden kann. Aber Frieden mehr als nur ein Lippenbekenntnis stellung, dass die Demagogie der Kriegs- es gilt, vor allem für den Volksbund und sein? Wie würden die Mitglieder und Spen- befürworter ein Ausmaß angenommen hat, seine Träger aus der Politik, diese Schnitt- der reagieren? das einer Leugnung der eigenen Beteiligung menge gegen Null zu fahren und die Unter- In der Zeitschrift des VdK „Stimme und und Verantwortung gleichkommt. Damit schiede herauszuarbeiten bzw. durch Neu- Weg“ 2.99 wird das Thema in Form von aber sind sie beim Volksbund „zu Hause“.

Seite 70 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? reichsten von Breker. Es war vorgesehen zur Ausschmückung der „Ost-West-Achse“ in Berlin, eine Art Arc de Triomphe der Na- zis, an dem nach siegreicher Unterwerfung die Völker Europas vorbeigeführt werden sollten. Eine zeitgenössische Kritik will wis- sen, dass das Relief „alle Schicksalskämpfe, in denen nordisches Blut um den Bestand des Abendlandes kämpft, umfassen soll“. Der Krieg erscheint bei Breker als das Wir- ken schicksalhafter Mächte. Solidarität, friedliche Lösungen von Konflikten, ja Ver- gebung sind Breker fremd. Der lebende Krieger im Relief kennt nur ein Ziel: Ra- che. Insofern ist das Relief ein Pendant zum Lied der Militaristen und zu Jüngers „Stahl- gewittern“. Brekers Kameraden: unversöhnlich Kurz vor dem Ostermarsch 1996 hat jemand in entsprechend großer Schrift unter das Der Volksbund, der nie erklären wollte, wer den. Er gehört so gründlich verändert, dass Relief geschrieben: „Der Kamerad ist tot“. die beiden Weltkriege vorbereitet, wer an man auch gleich seine Abschaffung fordern Daraus die Lehren für ein friedliches Mit- ihnen verdient hat, wer an den Verbrechen kann. Die Auseinandersetzung aber muss einander der Menschen und Staaten zu zie- beteiligt war und wer neue Kriege vorbe- geführt werden. Die Friedensbewegung und hen, ist ein Ziel des Ostermarschs. „Der reitet, der alle Lehren aus der Geschichte die antifaschistische Bewegung haben schon Kamerad ist tot“ könnte auch die Überschrift unter einem billigen Opfermythos begraben in vielfältiger Form, aber noch nicht im aus- über dem Denkmal sein, das in Mittel- hat, der immer nur Gräber pflegen wollte, reichenden Maße Alternativen zum Volks- frankreich steht. Es zeigt, dass es Alternati- von denen er nie sagte, wie die Gräber da- trauertag angeboten und durchgeführt. ven zur kriegerischen Plastik eines Breker hin gekommen sind, dass, bevor die Solda- gab und gibt. ten in „fremder Erde“ irgendwie hinfielen, Der Kamerad ist tot! sie souveräne Länder überfallen und den Wi- Kein Volkstrauertag, kein Soldatentreffen Breker, der ab 1963 zu den Fördern der NPD derstand gegen ihre Aggression niederge- ohne die Bemühung des Wortes Kameraden. gehörte, zieht auch die Bundeswehr an. schlagen haben, dieser Volksbund also, der Die Hymne der deutschen Militaristen ist Bodenstein lädt die Offiziere zu Festen ins sein ganzes Wirken auf Verschweigen und das Lied „Ich hatt’ einen Kameraden“ von Schloss. Zu Strauß und Wörner habe er gute Geschichtsklitterung aufbaut, kann und wird Ludwig Uhland aus dem Jahr 1809. Es er- Beziehungen gehabt, Offiziere und Mann- kein Bollwerk gegen den Krieg und die Lü- zählt vom Krieg und zwei Menschen, von schaften seien bei kulturellen Veranstaltun- gen der Kriegsbefürworter sein. Vor die denen einer durch eine Kugel stirbt. In der gen stets herzlich willkommen, allerdings Wahl gestellt, seinen eigenen Friedens- letzten Strophe verweigert der Überleben- werde „Wert darauf gelegt, dass Offiziere beteuerungen treu zu bleiben und damit sei- de den Abschied, weil er für den Feind den und Soldaten bei offiziellem Anlass Uniform ne soziale und politische Basis zu verlieren, nächsten Schuss vorbereiten muss. (Will mir tragen. hat sich der Volksbund allemal auf die Seite die Hand noch reichen//Derweil ich eben der Macht und des Kriegs geschlagen. Die lad’.// Kann dir die Hand nicht geben//, bleib Friedensbewegung sollte die Einstellung Du im ew’gen Leben// Mein guter Kame- jeder öffentlichen Förderung des VdK for- rad“) dern. Der Volkstrauertag wird aus der vom Dieses Manifest gegen die Solidarität und Volksbund geprägten Tradition nicht mehr Menschlichkeit, für Krieg und Rache, ist das herauszulösen sein. In der bisherigen Form meistgespielte Lied der Militaristen und wer ist der Volkstrauertag kein Beitrag zum Frie- es zu kritisieren oder gar zu stören wagt, bekommt es mit der Polizei zu tun. In Nörvenich existiert ein Museum für den Hofbildhauer Hitlers, Arno Breker. Zahlreiche überlebensgroße Skulpturen –die Skulpturen „Die Wehrmacht“ und „Die Partei“ vor Hitlers Staatskanzlei sind lediglich umbenannt in „Der Fackel- träger“ und „Der Schwertträger“- stehen im Garten des Schlosses des Galeristen Bodenstein. Im Blickpunkt des Schlosses steht Brekers überlebensgroßes Relief „Kame- raden“. Dieses Relief ist eines der erfolg-

Denkmal in Frankreich: Wie kommtDer der Kamerad Militarismus ist wirklich in die tot! Köpfe? Seite 71 Neue Imperialistische Konkurrenz

Konferenzen und Dokumente zum Verhältnis von NATO, WEU u. BRD/BW seit 1991

Datum Nato EU BRD/BW

April 1990 Europa-Initiative von Vaclac Havel - „Auflösgungsagentur für Paktsysteme“ - Sicherheitskommission“ mit Sitz in Prag für alle KSZE-Staaten 5./6. 6. 1990 NATO-Gipfelkonferenz in London („Londoner Erklärung“) 7./8.11.1991 NATO-Gipfelkonferenz in Rom „Das neue strategische Konzept des Bündnisses“ - Doktrin „Abschreckung“ u. Atomwaffen-Ersteinsatz bekräftigt - Prinzip „flexibler“ Antworten, z.B. atomar auf konventionellen Angriff reagieren - Neubestimmung Gegner: „Risikoregionen“ (Mittel/Ost-Europa; GUS; Mittelmeer/Nahost) -> Out of area - Neben „Verteidigung des Bündnisgebietes“ neu: globale Sicht von „Sicherheit“ - „Sofort- und Schnellreaktionsverbände“, später die „Krisenreaktionskräfte KRK“ Dez. 1991 Gründung „Nato-Kooperationsrat“ Militärische Gegenorganisation zur KSZE; heute übergegangen in Euro-Atlantischer Partnerschaftsrat EAPR Dez. 1991 Vertrag von Maastricht Erstmals Verknüpfung von EU und WEU: Die EU kann die WEU mit Kriseneinsätzen beauftragen. 17. 1. 1992 Bundestagsdebatte: Union u. FDP wollen „Out of area“-Kampfeinsätze der BW unter UN-Kommande ermöglichen, SPD nur Blauhelm-Missionen Februar 1992 Stoltenberg-Papier: Naumann-Papier, Vorläufer VPR vom 26.11.92 1992 BW-Auslandseinsätze in Kambodscha, Somalia und Bosnien (Luftbrücke) 19. 6. 1992 Petersberg-Erklärung der WEU (Erklärung der Außen- und Verteidigungsminister) Aufgaben ohne territoriale Einschränkung, global gültig: Zuständig für - „humanitäre Aufga ben und Rettun gsein sätze, - friedenserha ltend e Aufga ben sowie - Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung, einschließlich friedenschaffender Maßnahmen“. 26.11. 1992 „Verteidigungspolitische Richtlinien“, General Naumann - „Nur als politische Union kann Europa auf Dauer im weltweiten Kontext bestehen und zu einem gestaltenden Faktor werden. Nur die Politische Union kann ein Verhältnis gleichberechtigter Partnerschaft mit Nordamerika entwickeln. Die Entscheidung, mit der WEU die europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität und militärische Handlungs- fähigkeit zu stärken, ist deshalb von strategischem Rang.“ - „Die nationale Interessenlage ist ... Ausgangspunkt der Sicherheitspolitik eines souveränen Staates. Sie ist Maßstab für die Beurteilung der Risiken und der Handlungserfordernisse zur Wahrnehmung der Chancen zukünftiger Entwicklun- gen.“ - Vitale Sicherheitsinteressen Deutschlands u.a.: „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt im Rahmen einer gerechten Weltwirstchaftsordnung.“ - „Einflußnahme auf die internationalen Institutionen und Prozesse im Sinne unserer Interessen und gegründet auf unserer Wirtschaftskraft, unseren militärischen Beitrag und vor allem unsere Glaubwürdigkeit als stabile, handlungs- fähige Demokratie“ 08.02.1994 Heeresleitlinien „Vorläufige Leitlinien für die operative Führung von Kräften des Heeres“, enspricht den VPR. - „Die Bereitschaft un d die Notwendigkeit, ein er Krise mit wirksamen Mitteln entgegenzutreten , sin d in der Regel a b- hängig von dem Maß der Betroffenheit der eigenen politischen Interessen. Der Grad der öffentlichen Wahrnehmung und des in der Bevölkerung dazu vorhandenen Bewußtseins bestimmen dabei wesentlich die Entscheidung zu Maßnah- men zur Konfliktverhütung, Krisenbewältigung und Krisenreaktion sowie deren gesellschaftliche politische Akzeptanz. Daher können selbst lang andauernde Krisen, die zunächst keine direkten Auswirkungen auf die eigene Interessenlage haben, bei veränderter Perzeption in Politik und Öffentlichkeit dennoch im weiteren Verlauf zu einer Neubeurteilung mit entsprechenden Reaktionen führen.“ (S. 55) 28.2. 1994 Entwurf „Nato-Doktrin für Friedensunterstützungs-Operationen“ (Grundlage für Berliner Dokument 3./4.6.1996) - Definition „Friedensunterstützung“ als Gemisch Friedensbewahrend, -erzwingend u. –aufbauend - Achtung UNO - Begrenzte, kontrollierte u. glaubwürdige Gewalt - Einheit des Kommandos - Bewegungsfreiheit für Truppen - Flexibilität im Umgang / Übergang von Aufgaben (d.h., friedensbewahrend -> -erzwingend mit dem selben Personal)

Seite 72 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? 5.4.1994 Weißbuch der Bundeswehr Fünf zentrale Interessen: 1. „die Bewahrung der Freiheit, Sicherheit und Wohlfahrt der Bürger Deutschlands und der Unversehrtheit seines Staats- gebietes 2. die Integration mit den europäischen Demokratien in der Europäischen Union.. 3. das dauerhafte, auf eine Wertegemeinschaft und gleichgerichetete Interessen gegründete transatlantische Bündnis mit den Vereinigten Staaten als Weltmacht; denn das Potential der USA ist für die internationale Stabilität unverzichtbar 4. eine auf Ausgleich und Partnerschaft bedachte Heranführung unserer östlichen Nachbarstaaten an westliche Strukturen und die Gesaltung einer neuen, alle Staaten Europas umfassenden kooperativen Sicherheitsordnung 5. die weltweite Achtung des Völkerrechts und der Menschenrechte und eine auf marktwirtschaftlichen Regeln basierende gerechte Weltwirtschaftsordnung. „Landesverteidigung kann nicht länger das Kriterium der Streitkräfte sein, gleichgültig, ob Wehrpflicht besteht oder nicht, ... Die Hauptaufgabe der alliierten Streitkräfte ist die militärische Unterstützung der Krisenbeherrschu ng und Konfliktverhü- tung geworden.“ (Lothar Rühl in Die Welt vom 4.6.1996) 3. 7. 1994 Bundeswehr-Reform - Personalumfang reduziert auf 335.000 Soldaten u. 3.000 Wehrübungsplätze - Aufteilung in Hautverteidigungskräfte HVK u. Krisenreaktionskräfte KRK - Wehrdienst 12 -> 10 Monate reduziert 12. 7. 1994 Urteil des Bundesverfassungsgerichts BW-Einsätze „out of area“ ist nicht zwingend grundgesetzwidrig, 2/3-Mehrheit des Bundestages nicht erforderlich, aber Behandlung und Beschlußfassung (einfache Mehrheit). Jedoch nur im Rahmen von gegenseitigen kollektiven Sicherheitssys- temen 1. 9. 1995 Deutsche Tornados fliegen in Bosnien erstmals Luftunterstützung für die Schnelle Eingreiftruppe der NATO: D.i. der erste Kampfeinsatz der dt. L uftwaffe! Nov. 1995 Eurokorps einsatzbereit - WEU-Truppe mit 50.000 Mann, gestellt von Deutschland, Frankreich, Spanien u. Belgien. - Untersteht nicht dem Nato-Kommando 16. 11. 1995 SPD-Parteitag beschließt „Kompromiß“: Gegen Kampfeinsätze der BW, aber freie Hand der SPD-Abgeordneten bei Ab- stimmungen im Parlament. 28. 2. 1996 Bundeswehrplan 1997 3./4.6.1996 NATO-Gipfelkonferenz in Berlin (Dokument MC400/1) Endgültige Erweiterung der Aufgabe „Verteidigung“ -> „Krisenbewältigung“ und „Projektion“ Konzept mobiler Hauptquartiere, CJTF Combined Joint Task Forces: - Militärische Eingreiftruppe aus Truppenteilen verschiedener Staaten (Combined) und aller Teilstreitkräfte (Joint), die für einen be- stimmten begrenzten Einsatz gebildet und aschließend wieder aufgelöst wird (Task Force) - Einbindung von Nicht-Nato-Mitgliedern in Militäroperationen (in Bosnien mit IFOR/SFOR bereits praktiziert) - Nutzung nicht getrennter militärischer Fähigkeiten unter der Führung der WEU - Veto-Recht der USA Bewertung (DP): USA brauchen in Europa Entlastung, um ihre Weltvorherrschaftspläne durchsetzen und sich global entlasten zu können; WEU für globales Handeln zu schwach; v.a. wegen fehlender Informationstechnologien (Spionagesatelliten) u. Transportkapizitäten existiert bereits faktisch Veto-Recht der USA; es winkt ein riesiges Rüstungsgeschäft (Kampf um US-kompatibles Gerät); WEU wird aufgerüstet u.a. mit dem Ziel militärischer Unabhängigkeit von den USA, erst in mind. 10 Jahren erreichbar. Bis dahin: CJTF ein Instrument zum flexib len Umgang mit Interessendivergenzen unter US-amerikanischer Aufsicht. 11.6.1996 Tindemann-Bericht an das Europäische Parlament - Weltmachtanspruch wird angemeldet mit dem „Hinweis“, „daß die Europäische Union, die führende Handelsmacht der Welt, ... sich nicht mehr mit zweitrangigen Verantwortlichkeiten in internationalen Fragen begnügen kann...“ - Militärische Basis der EU-Ansprüche soll die Westeuropäische Union WEU sein. Das setzt voraus, daß auch nicht-WEU- Mitglieder der EU mil. Aktionen mittragen - (WEU: 1948 gegründet, 1955 + BRD u. Italien, dann politisch nicht existent; 1984 auf Initiative BRD u. Frkr. wiederbelebt; WEU kennt keine geographische Begrenzung) 9.7.1997 NATO-Gipfelkonferenz in Madrid 1. Erweiterungsrunde der NATO: Polen, Tchechische Republik u. Ungarn werden eingeladen 16./17.6.1997 Vertrag von Amsterdam (Maastricht II): Festlegung „gemeinsamer Verteidigungspolitik“ - WEU ist integraler Bestandteil der Entwicklung EU (nicht der EU!) „Die Westeuropäische Union (WEU) ist integraler Be- standteil der Entwicklung der Europäischen Union; sie eröffnet der Union den Zugang bei der Festlegung der verteidigungspo- litischen Aspekte der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)... Die Union nimmt die WEU in Anspruch, um Ent- scheidungen und Aktionen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben, auszuarbeiten und durchzuführen.“ - Übernahme der Petersberg-Aufgaben (1992) durch die EU Nov. 1997 Deutsch-Niederländisches Korps einsatzbereit - WEU-Truppe, gestellt von Deutschland u. Niederlande - Untersteht nicht dem Nato-Kommando

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 73 Dez. 1997 Nato-Kommandostrukturreform Reduzierung Nato-Hauptquartiere von 65 auf 20 als Voraussetzung zur Installation der CJTF 12/1998 Nato-Ratstagung Berlin Konzept CJTF Combined Joint Task Forces: Nato-Hauptquartiere von Fall zu Fall für je spez. NATO- oder EU/WEU-geführte Operatio- nen. Trennbar, jedoch nicht getrennt. („Flying headquarters“) 4.12. 1998 Franz.-britische Erkärung von St. Malo Beide Länder kündigen neue Initiativen zur Stärkung der europ. mil. Fähigkeiten im EU-Rahmen an. D.i. praktisch der Auftakt beschleunigter Militarisierung der EU. Forderung: Die EU muß „über eine autonome Handlungsfähigkeit verfügen, die sich auf glaubwürdige militärische Kräfte stützt, mit der Möglichkeit, sie einzsetzen, und mit der Bereitschaft, dies zu tun, um auf interna tio- nale Krisen zu reagieren.“ 24.3. 1999 – Nato-Krieg gegen Jugoslawien: Anlaß zur Intensivierung der Militarisierung der EU 10.6. 1999 - USA-Demonstration ihrer Überlegenheit in Rüstung, Militärtechnologie u. militärischen Apparaten gegenüber der EU - Bundesregierung: „Der Konflikt im Kosovo hat der EU dramatisch vor Augen geführt, wie dringend und unverzichtbar die Stärkung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik für Europa ist. Nur wenn es der EU gelingt, auch auf diesem Gebiet ihre Kräfte zu bündeln und eigenständig handlungsfähig zu werden, wird Europa seine Werte und Interessen in vollem Umfang zur Geltung bringen können.“ (http://www.auswaertiges-amt.de/4_europa/7/4-7-2g.htm) - Publ. Begründung: Friedenspolitik. ; gegen mil. Hau-Drauf-Mentalität der USA (anti-amerik. Unterton); EU zurückhaltender, mehr auf zivile Konfliktbearbeitung orientiert. - Deutsche Beiträge: 390 Einsätze von ECR-Tornados; 244 Harm-Flugkörper; 46 Aufklärungstornados. - Klaus Naumann: „Und es wird ein nächstes Mal geben, obwohl ich nicht weiß, wann und wo“ (FAZ 1.10.1999) 25.4. 1999 NATO-Gipfelkonferenz in Washington „Neue NATO-Doktrin“ 40 Rüstungskonzerne sponserten den Gipfel u. Jubiläumsfeier „50 Jahre Nato“ mit 8 Mio Dollar! Das hat’s noch nie gegeben. „Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit“: Kein einziger Staat ließ das neue Dokument vom Parlament beraten oder gar ratifizieren. - Einsatzspektrum neu: Auch „nicht-Artikel-5-Einsätze“, also Einsätze nicht nur zur Bündnisverteidigung, sondern für „Demokratie, Menschrechte und Rechtsstaatlichkeit“ - Einsatzgebiet neu: Über das NATO-Gebiet hinaus, an „den Rändern“, jedoch: nicht zwingend weltweit. Kompromißformel: „den globa- len Kontext berücksichtigen“ - Aufbau „schneller Eingreiftruppen“ - Mandat neu: UNO-Mandat für Kampfeinsätze nicht erforderlich („Selbstmandatierung“). Weltgendarm NATO legt die Rechts- und Wertevorstellungen per Law and Order fest. - EU darf nur dann mil. aktiv werden, wenn der NATO-Rat zuvor entschieden hat, daß sich die NATO nicht engagieren will. - Atomarer Ersteinsatz (first use) und atomarer Präventivschlag, auch gegen nicht-atomwaffen-besitzende Staaten; Angreifer bleibt über die Wahl der mil. Mittel im unklaren - Gemeinsame Sicherheitsinteressen u.a.: „Terrorakte, Sabotage und organisiertes Verbrechen sowie der Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen. Die unkontrollierte Bewegung einer großen Zahl von Menschen, insbesondere als Konsequenz bewaffneter Konflikte, kann ebenfalls Probleme für die Sicherheit und Stabilität die Allianz berührend aufwerfen.“ (Ziffer 24) - So heißt „Verteidigung der eigenen Interessen“ im Klartext: Durchsetzung pol. Ziele mit mil. Mitteln. 3./4. 6. 1999 EU-Gipfel in Kö ln - Ziel Schlagkraft, Motiv Weltmachtambitionen. Fischer 16.8.1999: die GASP muß sich „auf glaubwürdige operative Fähig- keiten stützen, wenn die Europäische Union in der Lage sein soll, auf der internationen Bühne uneingeschränkt mitzuspielen.“ - Neue Gremien: EU-Militärstab incl. Lagezentrum; EU-Militärausschuß; Ständiges Gremium pol. und sicherheitspol. Experten; Regelmäßiges Treffen der Verteidigungsminister - Überführung der WEU in die EU, Auflösung der WEU bis Ende 2000 (Amsterdam noch: Übernahme der WEU-Aufgaben). Der WEU war der Aufbau eigenständiger mil. Strukturen zurätzlich zu jenen der NATO nicht erlaubt – diese Beschränkung gilt nicht fü r d ie EU! - Mi lit äris ch e Fähigkeit en „auch für Kriesenbewältigungsoperationen geeignet“, also: „Dislozierungsfähigkeit, Durchhaltefä- higkeit, Interoperabilität, Flexibilität und Mobilität“, d.h.: offensive, interventionsfähige mil. Mittel - Verhältnis EU/NATO mit zwei Optionen, Doppelwertigkeit u. Doppeldeutigkeit ist gewollt: - a) „EU-geführte Operationen unter Rückgriff auf Mittel und Fähigkeiten der NATO“: D.i. Status quo, entspricht der Berli- ner Nato-Tagung 12/1998 und dem Nato-Gipfel 4/1999 - b) „EU-geführte Operationen ohne Rückgriff auf Mittel und Fähigkeiten der NATO“: Boden des transatlantischen Kompro- misses ist verlassen. Realisierbarkeit dieser Variante? Bei Verabschiedung völlig aber, aber Option formuliert! - Aus dem Bulletin: „Wir sind davon überzeugt, daß der Rat bei der Verfolgung der Ziele unserer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik die Möglichkeit haben sollte, Be- schlüsse über die gesamte Palette der im Vertrag über die Europäische Union definierten Aufgaben der Konfliktverhütung und der Krisenbewältigung, der sogenannten , zu fassen. Im Hinblick darauf muß die Union die Fähigkeit zu aut ono men Handeln, gestützt auf glaubwürdige militärische Fähigkeiten, sowie die Mittel und die Bereitschaft besitzen, de- ren Einsatz zöu beschließen, um – unbeschadet von Maßnahmen der NATO – auf internationale Krisensituationen zu reagie- ren.“ - Auf dem NATO-Gipfel waren die „Combined Joined Task Forces“ beschlossen wurden. „Um so größer war das Befremden, als die Staats- und Regierungschefs der EU in Köln beschlossen, sich nicht allein auf die Mittel der NATO zu stützen, sondern zusätzlich außerhalb des Bündnisses militärische Kapazitäten zu schaffen.“ (Karl Feldmeyer, FAZ 20.11.2000) - Schaffung Voraussetzungen für mil. Interventionen („Stärkung unserer Fähigkeiten in den Bereichen strategische Aufklärung, strategischer Transport sowie Streitkräfteführung“) - Amt eines Hohen Repräsentanten der EU für die GASP („Mister GASP“) - Warnung von stellv. US-Außenminister Strobe Talbott (7.10. 1999, NATO-Konferenz in London): Wir möchtne keine ESVI, die erst innerhalb der NATO entsteht, dann aber der NATO entwächst und sich schließlich der NATO entfremdet, denn das würde zu einer ESVI führen, die anfänglich ein Duplikat der NATO wäre, aber mit der Zeit mit der NATO konkurrieren könnte.“

Seite 74 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? 13. 06. 1999 Einmarsch deutscher Truppen in das Kosovo Dazu Genearlinspekteur Hans Peter von Kirchbach, FAZ 30.11.1999: Es zeigten „die Balkan-Operationen ein Grundmuster der Aufgaben, denen sich die Bundeswehr künftig stellen müsse.“ 10./11. 12. 1999 EU-Gipfel in Helsinki Bekräftigung der Kölner Ziele: „...autonom Beschlüsse zu fassen und in Fällen, in denen die NATO als Ganzes nicht einbezogen ist, als Reaktion auf internationale Krisen EU-geführte militärische Operationen einzuleiten und durchzuführen.“. Festlegungen für Eins ät ze außerhalb EU-Territorium: - Bis Ende 2003 50-60.000 Soldaten im Einsatz, erfordert real rund 180.000 Soldaten - Luft- und Seestreitkräfte - Einsatzbereitschaft innerhalb 60 Tage - Durchhaltefähigkeit 1 Jahr fern der Heimat - Zusätzliche Gremien ab 2001: ständiges sicherheitspol. Komitee auf Botschafterebene, Militärausschuß, mil. Arbeitsstab - „Landes-und Bündnisverteidigung“ soll bei NATO bleiben 15.12.1999 Rahmenvertrag über „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“. (35 Unternehmen + Schröder + Scharping) „Die deutsche Industrie besitzt weltweit anerkannte technologische Kapazitäten und Managementfähigkeiten. Sie gilt es, in einer Phase der europäischen Restrukturierung und der Globalisierung der Wirtschaft auch durch Unterstützung der Inves- titionsfähigkeit der Bundeswehr zu erhalten. Dies stärkt die Innovationskraft der Unternehmen, verbessert ihre internationa- le Wettbewerbsfähigkeit und sichert Arbeitsplätze sowie industrielle Kernkompetenz.“ 11. 1. 2000 EuGH: Auschluß der Frauen von der Bundeswehr ist ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. 5. 2. 2000 36. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik - US-Verteidigungsminister Cohen fordert höhere (finanz.) Ressourcen u. Reformen der EU für ihre Streikräfte - Zugleich massive Warnungen vor rüstungsindustrielle, militärpolitische u. militärische Eigenständigkeit der EU. US-Vize- Außenminister Talbott befürchtet, daß die europ. Verteidigungsidentität „erst in der NATO entsteht, dann aus der NATO herauswächst und schließlich sich von der NATO wegbewegt“ - Madeleine Albright warnt vor den drei d’s: decoupling (Loslösung EU von den USA), duplication (von Strukturen u. Kapazitäten), discrimination jener NATO-Mitglieder, die nicht Mitglied der EU sind (USA, Türkei, ...) 1. 3. 2000 Übergang der EU zu einer Militärgroßmacht („Interim“) - Dizidiert militärpolitisch e („Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik“) Gremien der EU nehmen ihre Arbeit auf, das sind: - Politisches und sicherheitspolitisches Interims-Komitee: VertreterInnen der pol. DirektorInnen der Mitgliedsstaaten, tagt wö- chentlich, Empfehlungen für die Fortentwicklung der ESVPolitik - Interimsgremium militärischer Deleg ierter: Abgesandete der nationalen Generalstabschefs, 2 mal jährlich, berät o.a. Komitee und Mister GASP - Das sind Vorläufer der Organe, die die EU in Helsinki (12/99) beschlossen hat 07.03.2000 BW-Einsatz in Mosambik 12.05.2000 Außenminister Fischer als „Privatmann“ in der Humboldt-Universität – Anknüpfen am Konzept der Großraum- wirtschaft - „Ein gespaltenes europäisches Staatensystem ohne überwölbende Ordnugn würde Europa dauerhaft zu einem Konti- nent der Unsicherheit machen, und auf m ittlere Sicht würden sich diese traditionellen Konfliktlinien von Osteuropa auch wieder in die EU hinein übertragen.“ - „Diese Erweiterung liegt gerade für Deutschland im obersten nationalen Interesse. Die in Deutschlands Dimensionen und Mittellage objektiv angelegten Risiken und Versuchungen werden durch die Erweiterung bei gleichzeitiger Vertie- fung der EU dauerhaft überwunden werden können.“ (Vgl. diese Drohung mit Schäuble/Lamers 1.9.1994! DP) - „Gerade die deutsche Wirtschaft wird von der Erweiterung einen hohen Gewinn für Unternehmen und Beschäftigung davontragen.“ - Auch Aufgreifen der Idee Schäubles für ein „Kerneuropa“, hier: „Gravitationszentrum“: „... eine kleine Grußße von Mitgliedsstaaten als Avantgarde (wird) diesen Weg vorausgehen, d.h. ein Gravitatinszentrum aus einigen Staaten bil- den“... „Ein solches Gravitationszentrum müßte die Vollendung der politischen Integration sein und bereits alle Ele- mente der späteren Förderation umfassen.“ - Vgl. Wenrer Daitz, Mitglied des außenpol. Amtes, 1940 in einer Denkschrift, zitiert nach Antifaschistische Nachrich- ten 13/2000 S. 14: „Wir müssen grundsätzlich immer nur von Europa sprechen, denn die deutsche F+hrung ergibt sich ganz von selbst aus dem politischen, wirtschaftlichen, kulturellen, technischen Schwergewicht Deutschlands und seiner geografischen Lage.“

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 75 23.05.2000 Weizsäcker-Papier „Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr. Bericht der Kommission an die Bundes- regierung.“ - „Gemeinsame Sicherheit in Europa ist das Kernstück der Sicherheit Deutschlands. Ein stärkeres Europa wird das Atlantische Bündnis stärken. Die Einsatzfähigkeit der deutschen Streikräfte muss derjenigen unserer wichtigsten euro- päischen Partner entsprechen. “ Landnahme im Osten = gemeinsame Sicherheit; NATO-Europa = Europa, Neuausrich- tung BW mit Druck der Partner begründet. - „Zum ersten Mal in seiner Gesch ichte ist Deutschla nd (nicht BRD!) ringsum von Bündnis- und Integrationspartnern umgeben und keiner außeren Gefährung seines Territoriums durch Nachbarn ausgesetzt.“ Kriegsschuld umgedreht! - „Mit der vorrangigen Ausrichtung der Bundeswehr auf Kriseneinsätze wird eine geographische Eingrenzung des künfigen Einsatzraums deutscher Soldaten schwierig. Die Fähigkeit, im kompletten Einsatzspektrum bis hin zu Konflik- ten mit hoher Intensität handeln zu können, muss künftig über große Entfernungen glaubhauft und dauerhaft sicherge- stellt werden. Diese Entwicklung markiert zugleich die Abkehr vom traditionellen Bild der Bundeswehr als Instrument eines rein auf territoriale Verteidigung und orienterten Landes.“ - Der NATO-Einsatz im Kosovo unter Beteilitung der Bundeswehr und die zu seiner Rechtfertigung geführte völkerrecht- lich e Deba tte h at zum Aufbrechen tradition eller Rechtsinterpreta tio n und Den kweisen geführt.“ (Internationales Recht? Im Notfall neu interpretieren; Kriegseinsätze sind dabei hilfreich) - „... wird nicht jede eklatante Menschenrechtsverletzung dazu führen, daß andere Staaten sich militärisch einmischen. Jedem Eingreifen wird eine genaues te Ab wäg ung vora usg ehen müssen, ob deut sche und europ äis che Bel ang e b e- troffen und die Ziele klar und erreichbar sind.“ - 230.000 Soldaten: „Einsatzkräfte“ 60 -> 140.000 Soldaten; 100.000 Soldaten „militärische Grundorganisation“; 30.000 Wehrdienstleistende, 10 Monate Wehrpflicht. 23.05.2000 Kirchbach-Papier „Eckwerte für die konzeptionelle und planerische Weiterentwicklung der Streitkräfte. Generalin- spekteur der Bundeswehr “ - Politik mit Scheckbuch und Waffen: „Die Gestaltungsmöglichkeiten unserer Außen- und Sicherheispolitik sind jedoch auch abhängig von der Fähigkeit und Bereitschaft, eigene Beiträge zur Gemeinsamen Sicherheit zu leisten. Deutsch- lan d leistet seit Jahren erh eb liche wirtsch aftliche, finan zielle, administrative un d ökolo gische Unterstü tzu ng zur regio- nalen Stabilisierung. In internationalen Sicherheitsorganisationen kann aber nur maßgeblichen Einfluß ausüben, wer auch substanzielle militäriche Kräfte und Mittel zur Verfügung stellt.“ - Nationale Fähigkeiten dominieren NATO-Interessen: „Nachrichtengewinnung und Aufklärung sind in Verbindung mit sicherer Kom munikation Voraussetzung für die Sicherst el lung ei ner ko nt inuier lichen natio na len Führung . Das früh- zeitige Gewinnen von Indikatoren krisenhafter Entwicklungen mit eig enen Mitteln und die Erstellung eines zutreffen- den Lagebildes sind Voraussetzung für eine na tionale Urteils-, Entscheid ungs- und Handlungsfähig keit und für die Vertretung deutscher Interessen in internationalen Organisationen. ... Der Erwerb natinaler Fähigkeiten, die als Bei- trag in die Bündnisse eingebracht werden können, ist Voraussetzung für die Übernahme von Verantwortung als Lead Na tio n.“ - „Multinationalität erreicht ihre Grenzen allerdings dort, wo ... einseitige Abhängigkeiten die nationale Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit beeinträchtigen können.“ - BW 290.000 Soldaten: Einsatzkräfte 157.000, 103.000 Daueraufgaben, 30.000 „Vorbereitung Landesverteidigung“. Berufs- und Zeitsoldaten 202.000, Wehrpflichtige 85.000. 2. 6. 2000 „Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb“ in HRG eingetragen. Aufsichtsratsvors.: Helmut Werner. Teilprivatisierung von Aufgaben der BW, Entzug demokr. Kontrolle. Aufgaben: - Verbesserung Flottenmanagement, Organisation des militärischen Fuhrparks - Verwaltung der Liegenschaften - Einsparungen für Investitionen 7. 6. 2000 Uneingeschränkte Öffnung der Bundeswehr für Frauen: Beschluß Bundeskabinett nach Urteil EGH 11.1.2000 14. 6. 2000 Reformkonzept der BW: Beschluß Bundeskabinett nach Scharping’s Vorlage „Die Bundeswehr sicher ins 21. Jahrhundert. Eckpfeiler für eine Erneuerung von Grund auf.“ - Ziele: „eigenständige europäische Handlungsfähigkeit im pol. und mil. Krisenmanagement“ stärken, deutsche „Ein- flußmöglichkeiten auf die Gestaltung der internationalen Sicherheitsordnung“ erweitern. - Nationale Interessen: „Deutsche Streitkräfte ... müssen qualitativ und quantitativ dem politischen Gestaltungsanspruch und Gewicht Deutschlands im Bündnsis sowie in den regionalen und überregionalen Organisationen entsprechen.“ - Bündnisstreue? Die Bundeswehr soll nicht nur Einsätze im Rahmen der NATO oder der EU erfolgreich durchführen können, sondern auch im nationalen Alleingang und „im Rahmen von ad-hoc-Koalitionen.“ - 277.000 Soldaten: Einsatzkräfte 150.000; 77.000 Wehrpflichtige, 200.000 Berufs- u. Zeitsoldaten.

Gründe lt. IAP-Dienst „Sicherheitspolitik“, Sonderheft Juli 2000: - „Verstärkte Bedeutung von Kriseneinsätzen der Bundeswehr mit der Notwendigkeit, die Bundeswehr in Struktur und Ausrüstung stärker auf diese Aufgabe auszurichten.“ - „Veränderte Bedingungen für die Bündnis- und Landesverteidigung mit der Möglichkeit und Notwendigkeit strukturel- ler Anpassungen“ - „... Mängel ... auf den Gebieten der materiellen Einsatzbereitschaft und der Ausrüstung“ - „Der Technologierückstand sowie die Mängel und Lücken in der Ausrüstung infolge über Jahre hinweg reduzierter investiver Ausgaben“

Seite 76 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Analyse - „... heute und auf absehbare ... Zeit die Gefahr eines Atomkrieges und die eines groß angelegten konventionellen An- griffs auf unser Territorium nicht zu erkennen“ ist (§ 87 a GG Landesverteidigung) - Scharping: „Viel wahrscheinlicher ist, daß auf dem Territoium anderer Länder deutsche Sicherheit verteidigt werden muß. Dazu braucht man Truppen, die beweglicher, leichter verlegbar und über längere Distanzen versorgbar sein müssen.“ - mit „Reform“ Konzentration auf die „Petersberg-Aufgaben“ der WEU, später EU - Es gelten die VPR 1992 („... politischen Handlungsspielraum Deutschlands und das Gewicht, mit dem die deutschen Interessen international zur Geltung gebracht werden können“) - Chance vertan: Russlang gibt heute nur ein Sechstel dessen für Rüstung aus, was die SU ausgab. Die europäischen NATO-Staaten hingegen nur ein Sechstel weniger als vor 15 Jahren, und die NATO expandiert. - „Ad-Hoc-Allianzen“ für Militärinterventionen (in Widerspruch zum BvergG 1994) - Einsätze „im Einklang“ statt „in Übereinstimmung“ mit der UN-Charta in Widerspruch zu Art. 26 GG (Angriffskrieg) - Fazit: Parteiübergreifender Konsens für einen Militarisierungsschub, begründet mit einem „erweiterten“ Sicherheits- begriff nach Naumann. Ma ßn ah men - Bundeswehrumfang 277.000 Soldaten (Kirchbach 300.000, Weizäcker 240.000): Einsatzkräfte 150.000 zzgl. mi l. Grundorganisation 127.000, Wehrdienst 77.000 (Kirchbach 84.500; Weizäcker nur freiwillig 10.000); Zivil 80-90.000; Gesamt 360. 000; Verteidigungsumfang 500.000. “Präsenzumfang“ 255.000 Soldaten, zzgl. 22.000 in Berufs-, Laufbahnausbildung - Hauptverteidigungskräfte + KRK = Einsatzkräfte; zzgl. militärische Grundorganisaion - Aufstockung der KRK um das 2-3 fache = strukturellen Interventions-, Angriffsfähigkeit - Wehrplicht 9 Monate bzw. mind. 6 Monate + 3 Monate Wehrübung: Faktische Reduzierung auf 6 Monate! Im Ver- gleich: Zivildienst vermutlich 10 Monate. - Hauptaufgabe bleibt „Landes- u. Bündnisverteidigung“ (Weizäcker: Krisenbewältigung), aber faktisch wi rd „K ri sen- bewältigung“ (siehe Aufgaben Einsatzkräfte) in den Mittelpunkt gesetzt. - Einsatzführungskommando zur Planung u. Führung von Einsätzen dt. Streitkräfte im Ausland. - Schaffung eines deutschen Generalstabs: Aufwertung der Stellung des Generalinspekteurs der BW. Blankeneßer Erlaß: Beratung Verteidigungsminister, ohne Befehlsgewalt. Jetzt: Kompetenzen für die Streitkräfteplanung sowie für Planung u. Führung von Einsätzen. - Verbesserung der Kriegswaffen. 2001 bis 2015 mind. 210 Mrd DM! Der investive Anteil am Verteidigungshaus- halt für Waffenkäufe steigt von 25% auf 30% - Verbesserung strategische Verlegfähigkeit: 75 Transportflugzeuge FTA, 57 Transporthubschrauber NH-90, Großraumtransportflugzeuge - Verbesserung der nationalen politischen und militärischen Lagebeurteilung: Raumgestützte Aufklärungsarbeit: Aufklärungssatelliten (Aufbau eines nationales Spionagesystem Juli 2000 beschlossen) - Modernisierung der Kommunikations- und Führungsmittel - Verbesserung Abstands- und Präzisionsfähigkeit: 110 (später 212) Kampfhubschrauber Tiger, Kampfflugzeuge Paveway, 185 Haubitzen PzH 2000; Präzisions-Kampfdrohnen TAIFUN; einzigartigen lenktbare Präzisionsflug- körper POLYPHEM; Marschflugkörper TAURUS für Tornado; EUROFIGHTER ab 2005; - Verbesserung der Seekriegsführungsfähigkeit: 15 Korvetten völlig neuartig für Flachwasserkrieg vor fremden Küsten; 3 Fregatten F 124 zu je 1,3 Mrd DM = teuerste dt. Waffe aller Zeiten; 8 Fragatten F 125 zum Flugkörper- beschuß fremden Territoriums - Gewinne aus Waffenverkäufen verbleiben der BW: So wird BW zum unmittelbaren Interessenten an Rüstungsexpor- ten - Schaffung eines Rüstungsrates, Schlüsselrolle für die „Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb“ (GEBB). „Public-Private-Partnership” Gegenpositionen - strukturelle Kriegsführungsunfähigkeit u. strukturelle Angriffsunfähigkeit der BW erreichen - Abrüstung der Komponenten, die militärisch die Kriegsführungsfähigkeit herstellen: KRK bzw. Einsatzkräfte und Elitekampftruppe KSK (Calw) - BW-Reduzierung <> Abrüstung: „Reform“ = qual. Aufrüstung wg. „Einsatzkräfte“ - „Abschaffung Wehrpflicht“: Zwar ein Ende staatl. Zwangsdienstes, aber nihct die zentrale Frage dt. Militärpolitik. D.i.: Ist eine Interventionsarmee gewünscht? - Beibehaltung Wehrpflicht: Wehrplicht und Interventionsarmee schließt sich nicht aus. 04.09.2000 Rede Außenminister Fischer „Multilateralismus als Aufgabe deutscher Außenpolitik“ - „Wir alle spüren, daß sich die Rolle Deutschlands zu verändern beginnt. (beginnt! DP). Am deutlichsten ist dies mit unserer Beteiligung an dem Krieg im Kosovo geworden, der eine entscheidende und in seinen Auswirkungen noch gar nicht absehbare historische Zäsur für unser Land darstellt und mit dem das seit langem erhobene Postulat nach der gewachsenen Verantwortung zu konkreter Politik wurde.“

- „Aber Deutschland wird in Zukunft häufiger gefordert sein, wenn es um massive Menschenrechtsverletzungen, um eine Gefährdung von Frieden und Sicherheit oder um die Stärkung des Multilateralismus geht, selbst wenn dabei keine ‚klassischen’ deutschen Interessen unmittelbar berührt sind.“

11./12.11.2000 38. Kommandeur-Tagung der Bundeswehr, Leipzig - Generalinspekteur Kujat: die Bundeswehr muß sich darauf einstellen, daß sie „für lange Zeit“ eine „Armee im Einsatz“ bleibt. - Haushalt 2001: investive Anteil von 21 auf 25% gestiegen. Absicht: In den kommenden Jahren Investitionsquote jährlich +1%, bis 30% - Amerika bleibe für die Sicherheit in Europa unverzichtbar (=Landes- & Bündnisverteidigung); für Opertationen der EU bleibt die Nutzung der Kräfte der NATO „erste Option“, der autonome Einsatz europäischer Kräfte sein nur „Rück- fallp osition“

Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Seite 77 20.11.2000 EU-Ratstagung Brüssel „Beitragskonferenz“ der EU-Staaten zur „Bereitstellung militärischer Fähigkeiten“ - schnelle Eingreiftruppe: Planziel ab 2003 60.000 Mann, innerhalb von 60 Tagen in alle Weltteile verlegt, mind. 1 Jahr im Einsatz; Reserver > 100.000 Mann; 400 Kampfflugzeuge, 100 Schiffe. - Deutscher Anteil im Einsatz 18.000 Soldaten = größtes Kontingent; Erster Befehlshaber = dt. General Rainer Schuwirth - Einsatzradius: 4.000 km um die EU - Bestätigung Kölner EU-Gipfel: es geht darum, „dafür zu sorgen, daß sie (die EU) autonom Beschlüsse fassen und in den Fäl- len, in denen die NATO als Gan zes n icht beteiligt ist, als Reak tio n auf internationale Krisen EU-gefü hrte militärische Op erati- onen einleiten und durchführen kann“. 8.-11.12. 2000 EU-Gipfel in Nizza (militä rpolitische Beschlüsse) - Vollzug Integration WEU in die EU - Aufstellung schnelle Eingreiftruppe. D.i. absolutes Neuland für die EU. Einsatzfähig ab 2003; Erweiterung von 60.000 (siehe 20.11.2000 Brüssel) auf 80.000 - Rahmen = „Petersberg-Aufgaben“, s.o. - Vertragl. Fixierung der militärpolitischen Dimension der EU; auch Fälle, wo die NATO als Ganzes an einer Intervention nicht beteiligt ist. Vorschlag für Abkommen mit NATO in Auftrag gegeben. Zur Abstimmung zwischen den Polen „Autonomie der Entscheidungen“ und „enge Zusammenarbeit in allen mil. Fragen“: 2 mal jährlich Konsultationen auf Ministerebene EU/NATO - Klärung des personellen Beitrags der einzelnen Mitgliedsstaaten zur EU-Interventionsmacht. Deutschland will 2-3 Brigaden beisteuern, ca. 18% im Einsatz = größtes Kontingent.. - Treibende Kraft der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitpolitik“ = „Politische u. Sicherheitspolitische Ausschuß“ von ständi- gen Vertretern der Mitgliedsstaaten - Erster „Generaldirektor“ = dt. Genearalleutnant Schuwirth (im November von den Generalstabschefs installiert; Frankreich sehr verärgert) 2. 1. 2001 Frauen in die Bundeswehr Nach dem Urteil des EuGH vom 11. 1.2000 werden die ersten 244 Frauen – freiwillige – in die Bundeswehr eingezogen in 16 Ausbildungseinheiten des Heeres, zwei der Luftwaffen und vier Ausbildungseinrichtungen der Marine. Zu ihnen gehören Einheiten der Panzer, Artillerie, Heeresflieger, Pioniere u. Panzergrenadiere. Die BW-Führung rechnet langfristig mit einem Frauenanteil von 7-8%, insgesamt ca. 15.0000 Frauen. Z.Z. sind (seit 1975) 4.500 Frauen im Sanitätswesen und der Mili- tärmusik bei der BW.

Seite 78 Wie kommt der Militarismus in die Köpfe? Benutzte Literatur zum Thema Militarismus, soweit nicht bei den jeweiligen Aufsätzen erwähnt:

- Arbeitskreis Nicaragua, Propagandisten des Krieges. Hintermänner der Contra: „Internationale Gesellschaft für Menschenrechte“, Edition Nahua, Wuppertal - Bailer-Galanda, Brigitte, Benz, Wolfgang, Neugebauer, Wolfgang „Die Auschwitzleugner“ Elefanten Press, Berlin 1996 - Bamberg, Hans-Dieter „Militärseelsorge in der Bundeswehr. Schule der Anpassung und des Unfriedens“, Pahl-Rugenstein-Verlag, Köln 1970 - Brüdigam, Heinz „Der Schoß ist fruchtbar noch... Neonazistische, militaristische, nationalistische Literatur und Publizistik in der Bundesrepublik“, Röderberg-Verlag, Frankfurt/Main 1965 - BürgerInneninitiative gegen Geschichtsrevisionismus (Hrsg.) „Wehrsportgruppe Marburg-Militaristen, Kameraden, Seilschaften und Traditionsverbände in Marburg“, Marburg 1997 - Engelhardt, Klaus u. Heise, Karl Heinz „Der militärisch-industrielle Komplex im heutigen Imperialismus“ Pahl-Rugenstein-Verlag, Köln 1974 - Fachbereich Design der Fachhochschule Dortmund, „Unsere tapferen Helden.... Kriegs- und Kriegerdenkmäler und politische Eh- renmale. Dortmunder Beispiele“, Klartext-Verlag, Essen 1979 - Frei, Noorbert „Vergangenheitspolitik-Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit“, dtv München 1996 - Friedrich, Ernst „Krieg dem Kriege“, Zweitausendeins-Verlag, Frankfurt/Main 1980 (Nachdruck) - Giordano, Ralph „Die Traditionslüge-Vom Kriegerkult in der Bundeswehr“ Kiepenheuer&Witsch, Köln 2000 - Goldenbach/Minow „Von Krieg zu Krieg. Die deutsche Außenpolitik und die ethnische Parzellierung Europas“, Verlag 8.Mai, Berlin 1997 - Hecht, Kay (Hrsg.) „Gegen Soldatengottesdienste, Aufrüstung und die Militarisierung der Gesellschaft“, Eigenverlag Köln 1999 - Heither, D; Gehler, M; Kurth, A; Schäfer,G „Blut und Paukboden- Eine Geschichte der Burschenschaften“, Fischer TB, Frankfurt 1997 - Hirsch, Kurt „Die heimatlose Rechte“, Goldmann-Verlag 1979 - Hirsch, Kurt „Rechts von der Union-Personen, Organisationen, Parteien seit 1945“, Verlag Knesebeck&Schuler, München 1989 - Kempe, Martin „SPD und Bundeswehr-Studien zum militärisch-industriellen Komplex“, Pahl-Rugenstein-Verlag, Köln 1973 - Klüber, Franz „Katholiken und Atomwaffen. Die katholische Kriegsethik und ihre Verfälschung durch die Deutsche Bischofskonfe- renz“, Pahl-Rugenstein-Verlag, Köln 1984 - Marxistische Blätter No. 6.2000 „Militarisierung der Bundesrepublik“, Frankfurt - Mecklenburg, Jens (Hrsg) „Handbuch Deutscher Rechtsextremismus“ Elefanten Presse, Berlin 1996 - Müller, Leo A. „Gladio – das Erbe des Kalten Krieges. Der NATO-Geheimbund und seine deutschen Vorläufer“, Rowohl-Verlag, Reinbek bei Hamburg 1991 - Nationalrat der Nationalen Front, „Braunbuch-Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik“, Berlin/DDR 1965 - Nationalrat der Nationalen Front, „Weissbuch über die amerikanisch-englische Interventionspolitik in Westdeutschland und das Wiedererstehen des deutschen Imperialismus“, Berlin/DDR 1951 - Nationalrat der Nationalen Front, „Graubuch. Expansionspolitik und Neonazismus in Westdeutschland“, Berlin/DDR 1967 - Nationalrat der Nationalen Front, „Bundeswehr. Neonazismus in der Bundesrepublik“, Berlin/DDR 1968 - Opitz, Reinhard „Faschismus und Neofaschismus“, Verlag marxistische Blätter, Frankfurt 1984 - Pomorin/Junge/Biemann/Bordien „Blutige Spuren. Der zweite Aufstieg der SS“, Weltkreis-Verlag 1980 - Pressedienst Demokratische Initiative „Die SS – Ein 4.Wehrmachtsteil ?“, PDI-Taschenbuch 4, München 1979 - Pressedienst Demokratische Initiative „’Landser’-Hefte-Wegbereiter für den Rechtsradikalismus“, PDI Taschenbuch 3, München 19979 - Salzborn, Samuel Grenzenlose Heimat-Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Vertriebenenverbände, Elefanten Press, Berlin 1999 - Sander, Ulrich „Szenen einer Nähe. Vom großen RechtsUm bei der Bundeswehr“, Pahl-Rugenstein-Verlag - Schmid, Fred „Der Militärisch-Industrielle Komplex, Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt 1972 - Schulz, Hans-Jürgen „Militarismus und Kapitalismus in der Bundesrepublik“, ISP-Verlag 1977 - Stosch, Stefan „Die Adenauer-Legion. Geheimauftrag Wiederbewaffnung“, Labhard-Verlag, Konstanz 1994 - Schweitzer, Carl-Christoph „Eiserne Illusionen. Wehr- und Bündnisfragen in den Vorstellungen der extremen Rechten nach 1945“, Markus-Verlag, Köln 1969 - VVN Präsidium „In Sachen Demokratie-Weissbuch über die militaristische und nazistische Gefahr in der Bundesrepublik“ Frankfurt 1960 - VVN-BdA Niedersachsen, „Das Potsdamer Abkommen vom 2.August 1945 im Wortlaut“, Hannover 1998 - Wolf, Winfried „Bombengeschäfte-Zur politischen Ökonomie des Kosovokrieges“ Konkret Literatur Verlag, Hamburg 1999 - Wolf, Winfried „Fusionsfieber-oder das große Fressen“, Papyrossa Köln 2000

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