Das Ehrenmal der Den Toten unserer Bundeswehr – Für Frieden, Recht und Freiheit Das Ehrenmal der Bundeswehr Den Toten unserer Bundeswehr – Für Frieden, Recht und Freiheit Inhalt

„Die Forderung nach Tapferkeit Ein Ehrenmal, warum? 5 schließt die Bereitschaft ein, wenn es sein muss, Architektur 9 auch das Äußerste einzusetzen: Der Standort 9 das eigene Leben.“ Die Formsprache des Baukörpers 15

Dr. Franz Josef Jung, Die Materialien 19 Bundesminister der Verteidigung Das Bronzekleid 21 Die Cella 25 Die Namen der Toten 31 Das Buch des Gedenkens 35 Die Widmung 39

Tradition und Erinnerungskultur 43

Der Weg der Entstehung 47

Das Ehrenmal der Bundeswehr – öffentliches Erinnern und individuelles Trauern 55

Impressum 60

2 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR INHALT 3 Ein Ehrenmal, warum?

Das Ehrenmal ist ein wichtiger Markstein Mit dem Ehrenmal wird deutlich, dass in der Geschichte der Bundeswehr. Erst­ die Verteidigung von Frieden, Recht und mals gibt es einen zentralen Ort, an dem Freiheit nicht mit einer anderen Berufs­ der militärischen und zivilen Angehörigen tätigkeit vergleichbar ist. In keinem der Bundeswehr gedacht wird, die in Folge anderen Beruf spitzt sich die Frage von der Ausübung ihrer Dienstpflichten für die Leben und Tod so existenziell zu wie beim Bundesrepublik Deutschland ihr Leben Soldaten. verloren haben. Die Soldatinnen und Soldaten der Seit Gründung der Bundeswehr im Jahr Bundeswehr verpflichten sich in ihrem 1955 sind mehr als 3.200 Angehörige der feierlichen Gelöbnis und in ihrem Dienst­ Bundeswehr ums Leben gekommen – sei eid, „das Recht und die Freiheit des es bei Einsätzen zur Konfliktverhütung deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“. und Krisenbewältigung, sei es auch bei Ihr militärischer Dienst schließt nötigen­ tragischen Unfällen oder Unglücken, wie falls den Einsatz der eigenen Gesundheit zum Beispiel bei Übungen, Verkehrsun­ und des eigenen Lebens mit ein und fällen oder Flugzeugabstürzen. verlangt in letzter Konsequenz auch, im

Erkennungsmarke: Mit Eintritt zur Ableistung Kampf zu töten. Diese weit reichende des Wehrdienstes erhält jede Soldatin/jeder Soldat Treuepflicht macht den Kern soldatischen eine Erkennungsmarke. Sie dient zur schnellen und sicheren Identifizierung. Dienens aus.

4 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR EIN EHRENMAL, WARUM? 5 Staat und Gesellschaft, die diesen Dienst So bedeckt eine Bundesdienstflagge die fordern, stehen ihrerseits in einer beson­ sterblichen Überreste von Soldatinnen und deren Pflicht, nicht zuletzt auch, wenn Soldaten, die in Ausübung ihrer dienstlichen es um die menschliche Unterstützung Pflichten ihr Leben verloren haben. Diese und die wirtschaftliche Absicherung von Symbolik ist sichtbarer Ausdruck des Hinterbliebenen geht, deren Angehörige besonderen Treueverhältnisses zwischen in Folge der Ausübung ihrer Dienstpflich­ der Bundesrepublik Deutschland und ten für die Bundesrepublik Deutschland dem verstorbenen Soldaten. Mit einer gestorben sind. Trauerfeier erweist die Bundeswehr ferner denjenigen, die im Auslandseinsatz getötet Die Soldatinnen und Soldaten und zivilen wurden oder im Dienst verunglückten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihr die letzte Ehre. Leben für den Schutz von Frieden und Freiheit verloren haben, verdienen auch Hierdurch wird ein wichtiges Zeichen der eine öffentlich sichtbare Achtung und Solidarität gesetzt, das für die Trauernden ein würdiges Gedenken. in einer existentiellen Situation eine hilfreiche Stütze sein kann. Erinnerung und ehrendes Andenken brauchen aber nicht nur verlässliche Rituale, sondern klar benannte und bekannte Orte.

Trauerfeier: Gefallenen Soldaten wird das letzte Geleit gegeben.

6 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR EIN EHRENMAL, WARUM? 7 Architektur – Der Standort

Der Standort des Ehrenmals in , am Der städtebauliche Raum, in dem sich das Dienstsitz des Bundesministeriums der Ehrenmal befindet, zeichnet sich durch Verteidigung, ist Ausdruck einer politi­ eine strukturelle Vielfalt aus. Botschaften, schen Entscheidung. In Berlin werden die Vertretungen der Bundesländer, Museen grundlegenden Beschlüsse der Regierung sowie Büro­ und Dienstleistungsgebäude und des Parlaments für die Bundeswehr sorgen für eine verkehrsgünstige, baulich getroffen. Im Bendlerblock, dem Berliner privilegierte Lage. Das Ehrenmal steht in Dienstsitz des Bundesministeriums der diesem Ensemble weder auf einer städte­ Verteidigung, werden diese Entscheidun­ baulich prominenten Bühne noch versteckt gen für die Bundeswehr umgesetzt. Der es sich im „Hinterhof“. Es behauptet seinen Ort des Ehrenmals verweist damit indirekt Platz mit einer gewissen Selbstverständlich­ durch die räumliche Nähe zur gesetz­ keit, ohne dabei aufdringlich zu sein. Auch gebenden und ausführenden Gewalt auf in diesem Bild spiegelt sich das Selbst­ die verfassungsmäßige Bindung und den verständnis der Bundeswehr, die selbstbe­ Vorrang des demokratisch legitimierten wusst ihren Platz in Staat und Gesellschaft politischen Willens für die Bundeswehr. einnimmt, ohne eine Sonderrolle für sich und ihre Angehörigen zu beanspruchen.

Im Bendlerblock: Die Bronzehülle ist eingetroffen, die entscheidende Bauphase beginnt.

8 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DER STANDORT 9 Zugleich fügt sich das Ehrenmal in den Im Innenhof des Bendlerblocks wurden Die Lage des Ehrenmals korrespondiert Diese Positionierung ermöglicht einen räumlichen Kontext der anderen Denk­ nach dem fehlgeschlagenen Staatsstreich auch mit der bereits bestehenden baulich gleichberechtigten Zugang vom mäler und Gedenkstätten der Hauptstadt in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1944 Architektur. Der mittlere der fünf Fahnen­ Gelände des Bundesministeriums der ein: In der näheren Umgebung befinden Oberst i.G. Claus Schenk Graf von masten des leicht erhöhten Vorplatzes Verteidigung und von der öffentlichen sich eine Reihe von Denkmälern aus der Stauffenberg und sein Adjutant Oberleut­ markiert zugleich die Mittelachse des Straße. Das Ehrenmal versinnbildlicht Zeit des Kaiserreichs, das Denkmal für die nant , der General der Paradeplatzes. Bei den hier stattfindenden damit die Schnittstelle von Streitkräften ermordeten Juden Europas sowie die Neue Infanterie sowie Oberst militärischen Zeremonien können die und Gesellschaft und verkörpert ein Wache als zentrale Gedenkstätte für die i.G. Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim Bewegungsabläufe auf die Mittelachse weiteres zentrales Moment im Selbst­ Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. hingerichtet. und die Fahnen ausgerichtet werden. verständnis der Bundeswehr. Durch das Ehrenmal entsteht an genau Eine besondere Bedeutung hat die Gedenk­ Das Ehrenmal der Bundeswehr ist räum­ dieser Stelle ein neuer visueller Abschluss Die Möglichkeit zur Öffnung nach beiden stätte Deutscher Widerstand, die sich in lich getrennt und hält trotz der Nähe einen des Paradeplatzes. Gleichzeitig wird das Seiten erlaubt eine flexible Nutzung, unmittelbarer Nähe zum Ehrenmal in einem angemessenen Abstand zur Gedenkstätte Ehrenmal räumlich sowie ideell in den die Erinnern, Gedenken und Trauern Seitenflügel des Bendlerblocks befindet. Deutscher Widerstand. Die räumliche Kontext des Bundesministeriums der sowohl im öffentlichen als auch im priva­ Distanz zum Innenhof des Bendlerblocks Verteidigung einbezogen. ten Rahmen zulässt. Individuelle, private Die Gedenkstätte gehört zu den zentralen unterstreicht, dass das Ehrenmal der Begegnung und staatliches Gedenken Erinnerungsorten des „Aufstands des Bundeswehr die Bedeutung des 20. Juli für Ein zentraler Aspekt im räumlichen Kon­ mit militärischem Zeremoniell sind so Gewissens“ gegen das verbrecherische das Traditionsverständnis der Bundeswehr zept des Ehrenmals ist schließlich die gleichermaßen möglich. Regime der Nationalsozialisten. Insbeson­ weder berührt noch relativiert. Im Gegen­ Platzierung an der Nahtstelle von öffent­ dere der militärische Widerstand gegen teil: Die Wahl des Ortes stellt nochmals lich­zivilem und militärisch­dienstlichem Die gedankliche Linie dieses sowohl bildet einen der tragenden deutlich heraus, dass die Traditionslinien Raum. Das Gebäude steht genau an der einfachen als auch flexiblen Konzepts Pfeiler im Traditionsverständnis der des Ehrenmals auf die Geschichte der Grenze zwischen dem Grundstück des findet in der Form­ und Symbolsprache Bundeswehr. Bundeswehr führen. Bendlerblocks und der öffentlich zugäng­ der Architektur ihren Abschluss. lichen Hildebrandstraße.

10 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DER STANDORT 11 12 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DER STANDORT 13 Architektur – Die Formsprache des Baukörpers

Der von einer Findungskommission ausge­ Die gelungene Proportion ist für jeden wählte Wettbewerbsentwurf des renom­ Betrachter unmittelbar erlebbar: Sowohl mierten Münchner Architekten Professor das Ehrenmal als Gesamtbauwerk als auch Andreas Meck besticht durch seine der Raum der Stille (Cella) folgen dem Schlichtheit und Klarheit in der Symbolik. Goldenen Schnitt als ideale Proportion Er stellt den unmittelbaren Bezug zwischen und Inbegriff von Ästhetik und Harmonie. Bundeswehr und Gesellschaft her, versinn­ Beim Goldenen Schnitt wird ein ideales bildlicht das Besondere des soldatischen Streckenverhältnis zu Grunde gelegt, bei Dienstes, den Einsatz von Leib und Leben dem die größere zur kleineren Strecke im und unterstreicht die unaufhebbare Bin­ gleichen Verhältnis steht, wie die Summe dung der Bundeswehr an die Ordnung des beider Strecken zur größeren. Mit diesem Grundgesetzes. einfachen wie wirkungsvollen Aufbau schafft das Ehrenmal eine leicht erfahr­ Das Ehrenmal der Bundeswehr ist ein bare Ästhetik. rechteckiger Baukörper von 8 x 32 Metern und 10 Metern Höhe aus Stahlbetonteilen, der von einer filigran durchbrochenen Bronzehülle umfangen wird. Die Gestalt und Größe des Baus korrespondieren mit dem gegenüberliegenden Bendlerblock und dem dazwischen vermittelnden Paradeplatz.

14 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DIE FORMSPRACHE DES BAUKÖRPERS 15 Das Ehrenmal versteht sich in seiner Die flexible Eingangssituation unterstreicht Gesamtkonzeption als begehbares diesen Anspruch. Ein einfach zu bedienen­ Gesamtkunstwerk. Durch die Konzentra­ des, wandartiges Schiebeelement schließt tion der Mittel und den präzisen Einsatz das Bauwerk entweder zur Straßenseite von Materialien wird ein Ort geschaffen, oder zum Paradeplatz ab. Durch die der den Besucher berührt und das Augen­ Veränderung der Zugangssituation wird merk auf das Wesentliche richtet. eine hohe Flexibilität bei der Nutzung des Ehrenmals erreicht. Das Ehrenmal greift traditionelle Bau­ formen auf, interpretiert sie aber neu und Öffentliches Gedenken sind so am gleichen schafft durch die Kombination mit un­ Ort möglich wie privates Trauern und gewöhnlichen Materialien ein unverwech­ Erinnern. Das Ehrenmal wird so zu einer selbares Äußeres. Die weite Öffnung des Art „sprechender Architektur“, deren Baukörpers zu beiden Schauseiten an der Zweck sich weitgehend aus der Gestalt Hildebrandstraße und dem Paradeplatz erschließt, die unmittelbar erfahrbar und sowie die vielfach durchbrochene Bronze­ leicht zu entschlüsseln ist. hülle stehen für Transparenz. Sie ver­ mitteln das Selbstbild einer Bundeswehr, die sich nicht abschließt, sondern zur Gesellschaft öffnet.

16 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DIE FORMSPRACHE DES BAUKÖRPERS 17 Architektur – Die Materialien

Durch die Nutzung moderner Materialien nicht bestimmte Religionen oder Konfes­ werden tradierte Formen der Repräsenta­ sionen besonders hervorhebt oder andere tion umgesetzt, ohne dabei phantasielos zu gar ausschließt. Es öffnet sich vielmehr kopieren. Stahlbeton in unterschiedlicher für alle gesellschaftlichen Gruppen und Oberflächenbearbeitung und Bronze bilden Glaubensrichtungen. Die bewusst reduzierte die materielle Grundlage. Die hohe Mate­ Formensprache lässt Raum zur Konzentra­ rialiengüte, ihr materialechter Einsatz und tion und Interpretation. die Präzision der Verarbeitung unterstrei­ chen die Qualität der Architektur.

Das Ehrenmal verwendet eine zurückhal­ tende Farbigkeit, bei der neben Grautönen vor allem Bronze dominiert, während das symbolisch mehrfach konnotierte Gold nur sparsam eingesetzt wird. Auf religiöse Symbole wurde ganz bewusst verzichtet, um zu unterstreichen, dass das Ehrenmal

18 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DIE MATERIALIEN 19 Architektur – Das Bronzekleid

Über die Stahlbetonkonstruktion ist ein Jede Erkennungsmarke enthält eine fein durchbrochenes Bronzekleid gelegt, andere Codierung mit wichtigen persön­ das die äußere Gestalt dominiert und dem lichen Daten und verweist damit auf die Ehrenmal seine unverwechselbare Gestalt Individualität und Einzigartigkeit jedes verleiht. Die bronzene Hülle ist mit einer Menschen – auch wenn er Uniform trägt. Spezialschicht überzogen, die eine Oxy­ Zugleich steht die halbe Erkennungsmarke dation verhindert. Auf diese Weise wird für den getöteten Soldaten, der anhand der sonst für Bronze charakteristische seiner individuellen Marke identifiziert Grünspan vermieden und die Bronzefarbe werden kann. Die halbovale Form wird bleibt erhalten. damit zu einem metaphorischen Ausdruck für den Tod und steht allumfassend für Bronze ist das „gebrochene Gold“, gewis­ Soldaten und Nichtsoldaten. sermaßen die Annäherung oder Vorstufe zu Gold, der höchstwertigen Farbe in der Die Anordnung der Stanzungen orientiert Farbsymbolik. Als Legierung aus Kupfer sich an den Abstandsmarken des Morse­ und Zinn fehlt Bronze die Reinheit der alphabets und zitiert den Gelöbnistext der Elemente Gold und Silber. Dennoch wird grundwehrdienstleistenden Wehrpflich­ Bronze als etwas Besonderes empfunden tigen und Freiwillig Wehrdienst leistenden und zählt zu den klassischen Metallen Soldaten, den Eid der Zeit­ und Berufs­ für künstlerische Darstellungen. soldaten und den Amtseid der Wehrver­ waltung. Die über allem stehende Bindung In die Bronzehülle sind halbovale Formen der Angehörigen der Bundeswehr an die gestanzt, die in parallel verlaufenden, verfassungsmäßige Grundordnung und ihre waagerechten Bändern die Hülle durch­ Verpflichtung zum treuen Dienen bildet brechen. Die halbovalen Öffnungen damit den unausgesprochenen Rahmen der zitieren die Form der Erkennungsmarke, gesamten Architektur. einer Blechmarke, die jeder Soldat im Dienst trägt.

20 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DAS BRONZEKLEID 21 22 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DAS BRONZEKLEID 23 Architektur – Die Cella

Im Inneren des Ehrenmals befindet sich Die Verwerfung verweist auch auf die ein Raum der Stille: Die Cella. Der am süd­ Trauernden, Hinterbliebenen, Freunde lichen Ende des Baukörpers eingestellte und Kameraden, deren Leben durch den tür­ und fensterlose Raum ist sowohl vom Verlust eines Menschen bildlich aus den Paradeplatz als auch von der Hildebrand­ Fugen geraten ist. Durch ihre Erhöhung straße aus zugänglich. Durch eine tiefer bietet die Bodenplatte dem Besucher die gezogene Decke entsteht eine Eingangs­ Möglichkeit, Kränze, Blumen, Kerzen oder situation, die den Besucher in das Innere andere Erinnerungsstücke abzulegen. der Cella führt. Die Cella ist ein monochrom gefasster, dunkler, entmaterialisierter In der Decke der Cella befindet sich ein Raum, bei dem sich die realen Raumgren­ Oberlicht, durch das der Raum, je nach zen scheinbar auflösen. Der Verzicht auf Tageslicht, erhellt wird. Durch das Ober­ Bilder, Ornamente, gestaltende Strukturen licht wird der strenge Raum zum Himmel und Farbigkeit hilft dem Besucher, den geöffnet: ein zeitloses Symbol für das inneren Blick auf das Wesentliche zu Überschreiten der erfahrbaren Grenzen lenken. und der sinnlich erkennbaren Welt.

Am Ende der Cella wird die strenge Die Beleuchtung des Oberlichts fällt durch Ordnung und gleichförmige Schichtung die halbovalen Öffnungen der Bronzehülle. aufgebrochen und es entsteht ein über­ Dadurch wird bei günstigen Lichtverhält­ raschender Raumeindruck. Die letzte nissen auf der polierten Oberfläche der Bodenplatte zeigt dem Betrachter ihre Bodenplatte ein besonderes Licht­ und Stirnfläche, indem sie aus der streng Schattenspiel erzeugt, das noch einmal rechtwinkligen Ordnung des Ehrenmals den Bezug zu Gelöbnis, Amts­ und Dienst­ herausgelöst und aus der Bodenebene eid herstellt. gehoben ist. Diese aufgekantete Platte steht sinnbildlich für die Kraft und das Ausmaß der Gewalt und des Unglücks, durch die ein Menschenleben hat enden müssen.

24 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DIE CELLA 25 26 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DIE CELLA 27 28 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DIE CELLA 29 Architektur – Die Namen der Toten

Während die Wirkung der Cella auf Die namentliche Nennung der Toten ist Abstraktion setzt, wird der Besucher beim ein wichtiges Moment der Erinnerung. Verlassen des Raumes mit einer materiali­ In würdiger Form wird hier den toten sierten Form der Erinnerung konfrontiert: Angehörigen der Bundeswehr der Respekt In der Ansichtsfläche der horizontal über erwiesen. dem Zugang liegenden Betonplatte erblickt man ein Lichtband, das in wechselnder Zugleich wird vermittelt, dass hinter der Folge die Namen der zu ehrenden Toten abstrakten Formsprache des Ehrenmals nennt. Die Schrift leuchtet durch einen konkrete Schicksale von Menschen stehen, lichtdurchlässigen Beton. Die Namen die für ihren Dienst an der Gemeinschaft erscheinen auf diese Weise schwerelos im ihr Leben verloren haben. Durch die tech­ Raum. nische Ausführung sind Möglichkeiten der Veränderung gegeben. Der Wunsch von Angehörigen, die Bedenken gegen eine namentliche Nennung haben, kann so berücksichtigt werden.

Den Toten zu Ehren: Die Namen der verstorbenen Angehörigen der Bundeswehr leuchten in wechselnder Folge am Ausgang der Cella auf.

30 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DIE NAMEN DER TOTEN 31 32 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DIE NAMEN DER TOTEN 33 Architektur – Das Buch des Gedenkens

Eingelassen in die bronzene Hülle des Mit der Installation des Buches, das der Ehrenmals ist das Buch des Gedenkens. Öffentlichkeit seit Mai 2014 zugänglich ist, Auf insgesamt 20 bronzenen Platten finden besteht somit die Möglichkeit, unmittelbar sich auch dort die Namen der mehr als die Namen der Verstorbenen geordnet 3.200 militärischen und zivilen Bundes­ nach dem Jahr des Todes aufzuschlagen. wehrangehörigen, die seit Gründung der Bundeswehr 1955 in Folge der Ausübung Ein Verzeichnis aller im Ehrenmal der ihrer Dienstpflichten ihr Leben verloren Bundeswehr aufgenommenen Personen haben. kann zudem im Internet unter www.bundeswehr.de eingesehen werden – Das Buch des Gedenkens ergänzt damit ebenfalls nach Jahren geordnet. die in der Cella künstlerisch beabsichtigte flüchtige Nennung um eine beständige Form der namentlichen Erinnerung und unterstreicht, dass hinter der abstrakten Formensprache des Ehrenmals konkrete, individuelle Schicksale von Menschen

Das Buch des Gedenkens mit insgesamt stehen. 20 bronzenen Platten

34 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DAS BUCH DES GEDENKENS 35 36 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DAS BUCH DES GEDENKENS 37 Architektur – Die Widmung

Beim Verlassen der Cella geht der Besucher In der goldenen Wand ist in erhabenen auf eine goldschimmernde Wand zu. Buchstaben die Widmung zu lesen: Ihr strahlender Glanz steht in deutlichem Gegensatz zur dunkel gehaltenen Cella. „DEN TOTEN UNSERER BUNDESWEHR FÜR FRIEDEN RECHT UND FREIHEIT“. Gold ist in allen Kulturen ein zeitloses Sinnbild des Übernatürlichen und Ewigen Die durchgehende Verwendung von Kapi­ und der damit verbundenen Hoffnung. talen und der Verzicht auf Interpunktion Die physikalische Beständigkeit und der lässt eine geschlossene Wirkung entstehen materielle Wert machen Gold zu einer und verleiht der Inschrift eine besondere positiv besetzten Farbe. Die Symbolkraft Kraft. Der Sinnspruch fasst den Leit­ der Farbe verweist auf die Bedeutung gedanken des Ehrenmals noch einmal dieses Bauteils. programmatisch zusammen: Das ehrende Gedenken aller, die als Angehörige der Bundeswehr an den direkten oder indi­ rekten Folgen der Ausübung ihrer Dienst­ pflichten für unser Land ihr Leben gelassen haben.

38 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DIE WIDMUNG 39 40 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ARCHITEKTUR – DIE WIDMUNG 41 Tradition und Erinnerungskultur

Das ehrende Gedenken an tote Soldaten Bei allen unseren Partnern und Verbünde­ ist in allen Streitkräften Teil der kulturellen ten gehört das ehrende Gedenken an Sol­ Identität und des soldatischen Selbstver­ daten, die für ihren Einsatz mit dem Leben ständnisses. In ihr drückt sich das Selbst­ bezahlt haben, zum kulturellen Gemeingut. bild des Militärs und seine gesellschaft­ In Frankreich findet zum Beispiel für Sol­ liche und politische Verankerung aus. In daten, die im Auslandseinsatz ums Leben der Ehrung spiegelt sich die öffentliche gekommen sind, am zentralen Gedenkort, und private Auseinandersetzung über dem Dôme des Invalides in Paris, ein die Stellung der Streitkräfte in Staat und Gottesdienst statt. Italienische Soldaten, Gesellschaft. In ihr zeigt sich, ob und in die ihr Leben im Einsatz verloren haben, welchem Maße das Militär akzeptiert und werden alljährlich am Altare della Patria integriert ist, ob die Erinnerung mehr Raum in Rom geehrt. In den Vereinigten Staaten für private Trauer lässt oder durch Heroi­ von Amerika erinnert man am „Memorial sierung und Verklärung des Soldatentods Day“ aller Soldaten, die das Land in seinen nur zur Legitimierung staatlicher Gewalt Kriegen verloren hat. dient.

42 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR TRADITION UND ERINNERUNGSKULTUR 43 Die Teilstreitkräfte der Bundeswehr geden­ Aber es fehlte bislang ein zentraler Gedenk­ Die Bundeswehr ist zu einem selbstver­ Wer im Dienst für Deutschland sein Leben ken ihrer Toten an eigenen Ehrenmalen: ort, der die Erinnerung an die Angehörigen ständlichen Bestandteil unseres Staates verliert, darf darum nicht vergessen werden. Das Heer am Ehrenmal des Deutschen der Bundeswehr in den Mittelpunkt stellt geworden. Ihre Angehörigen sind fest in Heeres auf der Festung Ehrenbreitstein und zugleich neben den Soldaten auch die Gesellschaft integriert. Selbstbewusst Im Traditionserlass der Bundeswehr heißt bei Koblenz, die Luftwaffe am Ehrenmal die zivilen Angehörigen einbezieht. Das kann die Bundeswehr auf ihre eigene es: „Tradition braucht Symbole, Zeichen der Luftwaffe und der Luftfahrt in Fürsten­ Ehrenmal der Bundeswehr schließt diese Geschichte zurückblicken. und Zeremonielle. Sie können die inneren feldbruck und die Marine am Marine­ Lücke. Es rückt damit zugleich die eigene Werte der Tradition nicht ersetzen, Ehrenmal in Laboe. Tradition ins Zentrum einer bundeswehr­ Das Ehrenmal folgt dem Traditionsver­ wohl aber auf sie verweisen und ihre zeit­ gemeinsamen Perspektive. ständnis der Bundeswehr, das sich an einer gemäße Bewahrung sichern.“ Luftwaffe und Marine schließen in ihr wertegebundenen Auswahl aus der deut­ Gedenken auch die Opfer der zivilen Luft­ Das Ehrenmal steht für die Tradition der schen Geschichte auf der Grundlage des Die Grundlinien dieses Verständnisses und fahrt bzw. der zivilen Seefahrt ein und Bundeswehr von heute. Fast sechs Jahr­ Grundgesetzes orientiert. Der Schutz der der Pflege von Tradition führen direkt zur erinnern an die Gefallenen beider Welt­ zehnte nach ihrer Gründung besinnt sich Menschenwürde, des Rechts und der Idee und Gestalt des Ehrenmals. kriege. Darüber hinaus finden sich auch die Bundeswehr immer stärker ihrer Freiheit sind unverrückbare Fixpunkte für Gedenksteine und Gedenktafeln in den eigenen Tradition. Sie ist die erste Wehr­ die Bundeswehr. Lebendige Tradition Einsatzgebieten, die an die dort im Dienst pflichtarmee in einer parlamentarisch braucht Formen, die Fähigkeit zur Erinne­ ums Leben gekommenen Angehörigen verfassten Demokratie, gebunden an die rung und die Kraft zum Bekenntnis. der Bundeswehr erinnern. Alle Denkmäler Normen und Werte des Grundgesetzes haben eine eigene Erinnerungskultur und verwurzelt im Leitbild des „Staats­ begründet, die auch in Zukunft gepflegt bürgers in Uniform“. werden wird.

44 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR TRADITION UND ERINNERUNGSKULTUR 45 Der Weg der Entstehung

Bei seinem ersten Truppenbesuch in Von Anfang an war klar, dass das Ehrenmal Afghanistan im Dezember 2005 war einem vollständig neuen Ansatz folgen und Verteidigungsminister Dr. Franz Josef Jung sich vom Muster der klassischen Krieger­ besonders davon berührt, wie Bundes­ denkmale distanzieren musste, in dem der wehrsoldaten in Kabul an einer selbst Opfertod des Soldaten sinnstiftend ver­ gestalteten Gedenkstätte der Toten der herrlicht wird. Vielmehr wurde nach einer Internationalen Schutztruppe erinnerten. angemessenen Formensprache gesucht, Dieses persönliche Erlebnis war der Aus­ in der alle Angehörigen der Bundeswehr gangspunkt einer intensiven Auseinander­ ihren Platz finden und die geeignet ist, setzung über die Würdigung und das die gesellschaftliche Integration der ehrende Gedenken aller Angehörigen der Bundeswehr sichtbar zum Ausdruck zu Bundeswehr, die in Folge der Ausübung bringen. ihrer Dienstpflichten für die Bundes­ republik Deutschland ihr Leben verloren Die Entscheidung über die Konzeption haben. erfolgte nach den anerkannten Grund­ sätzen des Ausschreibe­ und Vergabe­ Als Inhaber der Befehls­ und Kommando­ verfahrens.

Grundsteinlegung für das Ehrenmal der Bundeswehr gewalt der Bundeswehr lag die Zuständig­ am 27.11.2008 keit für den nun beginnenden Prozess beim Bundesminister der Verteidigung. Damit wurde von Beginn an die persön­ liche Verantwortung unterstrichen, die der Verteidigungsminister für den Einsatz der Angehörigen der Bundeswehr im In­ und Ausland und die damit verbunden Folgen trägt.

46 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR DER WEG DER ENTSTEHUNG 47 Für das anschließende Auslobungsver­ Nach sorgfältiger Diskussion und Würdi­ fahren, das sich an den Grundsätzen und gung des hohen baukünstlerischen Richtlinien für Wettbewerbe orientierte, Niveaus aller eingereichten Entwürfe sprach wurde eine Expertenkommission ins Leben sich die Kommission auf der Sitzung am gerufen, der namhafte Fachleute ange­ 16. Mai 2007 für den Vorschlag des hörten: die Architekten Prof. Stephan Münchner Architekten Professor Andreas Braunfels und Christoph Sattler, der Leiter Meck aus. In der schriftlichen Empfehlung Planungsstab im Bundesministerium der hieß es, die Konzeption entspreche „auf Verteidigung, Dr. Ulrich Schlie, der zu­ herausragende Weise dem mit dem Ehren­ gleich den Vorsitz der Kommission über­ mal der Bundeswehr verfolgten Sinn und nahm, der ehemalige Bundesbauminister Zweck. Mit ihr wird eine zeitgemäße Form Dr. Oscar Schneider, der Generalinspek­ der öffentlichen Ehrung gefunden, gleich­ teur der Bundeswehr, General Wolfgang zeitig wird aber auch dem Bedürfnis nach Schneiderhan sowie der Historiker und individueller Trauer entsprochen.“ Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Christoph Stölzl.

48 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR DER WEG DER ENTSTEHUNG 49 50 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR DER WEG DER ENTSTEHUNG 51 52 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR DER WEG DER ENTSTEHUNG 53 Das Ehrenmal der Bundeswehr – öffentliches Erinnern und individuelles Trauern

Im Beisein des Bundespräsidenten Damit ermöglicht das Gebäude unter­ Horst Köhler sowie zahlreicher Gäste schiedliche Nutzungskonzepte und ist aus dem parlamentarischen Raum und des zugleich ein Hinweis auf die vielfältigen öffentlichen Lebens wurde das Ehrenmal Verbindungen zwischen Bundeswehr und am 8. September 2009 eingeweiht. Gesellschaft. Offenheit und Transparenz sind Kernbotschaften des Baus. Mit dem Ehrenmal der Bundeswehr besteht erstmals ein Ort des würdigen Das Ehrenmal trägt dazu bei, den Auftrag Gedenkens für alle Soldatinnen und der Bundeswehr noch stärker in das Soldaten und zivilen Angehörigen der öffentliche Bewusstsein zu tragen und Bundeswehr, die infolge der Ausübung deutlich zu machen, dass der Dienst für ihrer Dienstpflichten für die Bundes­ Frieden und Freiheit einen hohen Preis republik Deutschland gestorben sind. fordern kann. Staat und Gesellschaft Im bundeswehrgemeinsamen Selbstver­ stehen ihrerseits in der Pflicht, die ständnis können so die unterschiedlichen Soldatinnen und Soldaten und zivilen Formen des Dienens gewürdigt werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr in ihrem Auftrag zu unter­

Einweihung: Festansprache des Bundespräsidenten Das Ehrenmal eröffnet durch seinen stützen: für Frieden, Recht und Freiheit. Horst Köhler anlässlich der Einweihung des Standort und seine Architektur zugleich Ehrenmals am 8. September 2009 die Möglichkeit des öffentlichen und privaten Gedenkens und Trauerns.

54 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ÖFFENTLICHES E RINNERN UND INDIVIDUELLES TRAUERN 55 56 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ÖFFENTLICHES ERINNERN UND INDIVIDUELLES TRAUERN 57 58 DAS EHRENMAL DER BUNDESWEHR ÖFFENTLICHES ERINNERN UND INDIVIDUELLES TRAUERN 59 Impressum

Herausgeber Bundesministerium der Verteidigung Presse­ und Informationsstab 2 Stauffenbergstraße 18 10785 Berlin

Stand Juni 2014

Gestaltung Gratzfeld, Wesseling

Bildnachweis Bundesministerium der Verteidigung Uwe Steinert/Bundeswehr Andrea Bienert/IMZ Bw Michael Mandt/IMZ Bw Hannibal dpa/lbn POOL(c) dpa–Bildfunk meck architekten/Florian Holzherr Axel Schmidt/ddp Martin Schutt picture­alliance/dpa

Druck Druck­ und Verlagshaus Zarbock GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main

Weitere Informationen im Internet unter www.bmvg.de www.bundeswehr.de

Die Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Verteidigung. Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt.

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