+++ auf hitler ++ attentat Stauffenbergund mehr

+++ auf hitler ++ attentat Stauffenbergund mehr

Herausgegeben von Linda von Keyserlingk, Gorch Pieken und Matthias Rogg 4 Inhalt

7 Vorwort Katalog Matthias Rogg, Gorch Pieken 66 aufbau der Ausstellung 10 attentat auf Hitler. Stauffenberg und mehr 68 die Frühe Phase 1938/39 Linda von Keyserlingk 74 84 96 Essays 100 Wolf-Heinrich Graf von Helldorff 103 22 erinnerungen, Erfahrungen 106 Wilhelm Leuschner und Erlebnisse im Widerstand 109 Adam von Trott zu Solz Bernhard R. Kroener 112 Helmuth James Graf von Moltke

38 motive und Ziele – 116 die Späte Phase 1943/44 Geheime ­Aufzeichnungen 121 von i.G. ­Alexis 136 Axel Freiherr von dem Bussche-Streithorst Freiherr von Roenne 149 Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg Magnus Pahl 152 Claus Schenk Graf von Stauffenberg 155 48 Petrus Wandrey und 158 Alfred Hrdlicka – 162 Günther von Kluge Zwei Künstler und 166 Walter Cramer der 20. Juli 1944 Linda von Keyserlingk 170 der Ablauf des 20. Juli 1944

176 die Folgen des 20. Juli 1944

186 die Rezeption des 20. Juli 1944

Anhang 191 Autorenverzeichnis 191 Bildnachweis 192 Impressum 10 Attentat auf Hitler. Stauffenberg und mehr

Linda von Keyserlingk

Einführung von Bryan Singer »Operation Walküre. Das Stauffenberg Am 20. Juli 1944 detonierte eine Bombe bei einer Lage- Attentat« mit Tom Cruise in der Hauptrolle machte das besprechung im »Führerhauptquartier Wolfschanze« in Thema schließlich auch weltweit einem größeren Publi- Ostpreußen. Der Anschlag galt . Wenige kum bekannt. Stunden später kam es zu einem Staatsstreichversuch in . Das NS-Regime sollte gestürzt und ein neuer Hatte die im Juli 1944 zunächst ausschließlich Rechtsstaat aufgebaut werden. Vieles war vorbereitet, Militärs hinter dem Umsturzversuch vermutet, zeigte doch der Plan scheiterte. Hitler überlebte das Attentat sich schon bald, dass zahlreiche zivile Personen aus mit nur leichten Verletzungen. Zahllose Personen wurden ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen anschließend durch das NS-Regime als Beteiligte, Un- involviert waren: Vertreter nationalkonservativer Kreise terstützer oder Mitwisser verfolgt. Etliche von ihnen ebenso wie Gewerkschafter, Sozialdemokraten, Kir- verloren ihr Leben. Nur wenige ihrer Namen sind heute chenvertreter oder liberale Unternehmer. Mehr als 200 noch im öffentlichen Gedächtnis präsent. Personen hatten sich aktiv an der Vorbereitung des Attentats- und Umsturzversuches beteiligt oder stellten Bei einer 1954 veröffentlichten Umfrage unter Schulab- sich für den Wiederaufbau eines neuen Staates zur gängern einer westdeutschen Stadt konnte nur die Hälfte Verfügung. Hinzu kamen zahllose Mitwisser, die nach der Befragten die richtige Antwort auf die Frage geben, dem gescheiterten Anschlag ebenso von der Verfolgung wer 1944 ein Attentat auf Hitler verübt hatte – zur Auswahl bedroht waren wie jene, die direkt am Staatsstreich- standen »Rommel, Graf Stauffenberg, von Stülpnagel«.1 versuch beteiligt waren, indem sie sich als Attentäter Für die Erinnerung an das Ereignis und seine Protagonis- bereitgestellt, Sprengstoff besorgt, Verbündete gesucht ten ist seither viel getan worden. Zum Jahrestag des At- oder Umsturzpläne geschrieben hatten. Die Zahl der tentats von Claus Schenk Graf von Stauffenberg und des Verhafteten, die in Verbindung mit dem 20. Juli 1944 anschließenden Umsturzversuches vom 20. Juli 1944 standen, wird auf 600 bis 800 Personen geschätzt. Rund werden seit Beginn der 1950er Jahre öffentliche Ge- 200 von ihnen wurden hingerichtet oder ermordet.2 denkveranstaltungen abgehalten, bei denen wichtige Vertreter des politischen und gesellschaftlichen Lebens Ebenso zeigte sich, dass nicht nur der Kreis der Ver- an die Beteiligten erinnern. In den mittlerweile 70 Jahren schwörer größer war als gedacht, sondern dass zumindest nach dem Ereignis sind unzählige Bücher und Beiträge einige der Beteiligten seit Jahren an Umsturzvorberei- geschrieben sowie mehrere Filme über das Thema ge- tungen gearbeitet hatten. Erste konkrete Pläne hatte es dreht worden. Der 2008 entstandene Hollywood-Thriller bereits im September 1938 gegeben. Und auch hierbei handelte es sich keineswegs um ein rein militärisches Unterfangen. Diplomaten, Ministerialbeamte und Vertre- ter aus der Wirtschaft waren ebenfalls involviert. Das schließlich von militärischer Seite geplante und durchge- führte Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 ist un- Claus Schenk Graf von Stauffenberg am 15. Juli 1944 in der »Wolfschanze« mit Adolf Hitler, der den General trennbar verbunden mit den Plänen und Vorbereitungen der Flieger Karl Bodenschatz begrüßt. Rechts von ziviler Seite für den Aufbau eines neuen deutschen daneben steht . Rechtsstaates. Es war die von Vielen als notwendig er- Auch an diesem Tag war ein Attentat geplant. achtete Initialzündung für den Sturz des NS-Regimes.

11 Hans Oster (Mitte), Hans Bernd Gisevius und ­Elisabeth Gärtner-Strünck hatten sich aktiv an den Umsturzplänen von 1938 beteiligt.

Die Rezeption des 20. Juli 1944 war immer wieder auch ten beispielsweise der ehemalige Leipziger Oberbürger- von der Ansicht geprägt, es habe sich bei den Beteiligten meister Carl Goerdeler sowie einige Mitglieder der vor allem um undemokratische, reaktionäre Kreise ge- Berliner »Mittwochsgesellschaft« wie Ulrich von Has- handelt, die in unprofessioneller Weise viel zu spät ver- sell, Johannes Popitz, Jens Jessen oder Ludwig Beck.4 sucht hätten, das NS-Regime zu stürzen. Jakob Kaiser, Einige Vertreter des nationalkonservativen Widerstandes der als Angehöriger der christlichen Gewerkschaften wie Hans Oster oder Karl Ludwig Freiherr von und zu bereits ab 1933 zu den Regimekritikern gehört und sich Guttenberg beabsichtigten nach dem Umsturz auch die auch an Umsturzvorbereitungen beteiligt hatte, schrieb Wiedereinführung der Monarchie. Viele der späteren in den 1950er Jahren über diese abwertende Beurteilung: Verschwörer hatten zudem die Machtübernahme der »Der eine deutete den 20. Juli als den Versuch der Mili- Nationalsozialisten 1933 begrüßt und unterstützten in tärs, sich in letzter Minute vor dem Zusammenbruch unterschiedlicher Ausprägung die innen- und außenpo- noch aus der Affäre des verlorenen Krieges zu ziehen. litischen Ziele Hitlers. Für eine teleologische Darstellung Der andere nannte ihn eine Angelegenheit von Reaktio- der Entwicklung der bundesrepublikanischen Demokra- nären, wieder andere einen Versuch von Dilettanten. tie ist der 20. Juli 1944 daher sicherlich nicht geeignet. Diese Urteile kamen allerdings weder aus wissender Er ist zu vielschichtig, als dass er sich als idealtypische noch aus unvoreingenommener Feder.« 3 demokratische Bewegung interpretieren ließe.

Ein wesentlicher Anteil der Beteiligten des 20. Juli 1944 Doch sollte die Betrachtung der nationalkonservativ ge- war stark nationalkonservativ geprägt. Zu ihnen gehör- prägten Verschwörer nicht den Blick auf die starke Ein-

12 Jakob Kaiser war ein wichtiger Vertreter der christlichen ­Gewerkschaften. Bereits 1939 beteiligte er sich am zivil-­ militärischen Widerstand. Nach dem 20. Juli 1944 konnte er untertauchen. Als Mitbegründer der CDU und Minister für ­gesamtdeutsche Fragen prägte Kaiser den demokratischen Neuaufbau nach dem Krieg. bindung der Sozialdemokraten und der Angehörigen des Kreisauer Kreises verstellen, die sich seinerzeit bereits zur Weimarer Republik bekannt hatten und auch für die Nachkriegsordnung eine durch das Volk legitimierte Staatsordnung anstrebten.5 Nicht zuletzt darf angemerkt sein, dass auch die durch viele Auseinandersetzungen geprägte Zusammenarbeit der jüngeren und älteren Vertreter des Widerstandes mit ihren jeweiligen konser- vativen, monarchistischen, liberalen oder sozialdemokra- tischen Ansichten Züge einer demokratischen Streitkul- tur trug. Bei allen divergierenden Aspekten versuchten sie sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu eini- gen: Es galt, das NS-Regime zu stürzen, Deutschland vor dem befürchteten Untergang zu bewahren, einen Rechts- staat aufzubauen und den Krieg wenn möglich als Ver- bündete der West­alliierten schnell zu beenden.

Dem immer wieder geäußerten Vorwurf, die Beteilig- ten hätten zu spät gehandelt, mag entgegen gehalten werden, dass dies sicherlich auf einige, aber längst nicht auf alle zutraf. In der Tat haben nur sehr wenige Dennoch versuchten einige Verschwörer, die Umsturz- von ihnen bereits 1933 den Nationalsozialismus ab- vorbereitungen weiter voranzutreiben. Doch hatten sie gelehnt und bekämpft. Und tatsächlich haben sich mit zahllosen, teilweise unvorhersehbaren Schwierig- viele beteiligte Militärs erst in der zweiten Kriegshälfte keiten zu kämpfen. Bald nach Beginn des Krieges galt aufgrund der als dilettantisch und verantwortungslos das Attentat für viele als Voraussetzung für den Um- empfundenen Kriegführung Hitlers dem Widerstand sturz. Die Frage nach dem Zugang zu Hitler war damit zugewandt.6 Doch es gab zumindest seit 1938 konkrete essenziell geworden. Nicht selten hatte Hitler jedoch Umsturzvorbereitungen, in die bereits einige der kurzfristig Termine verschoben oder er schlug Einla- später am 20. Juli 1944 beteiligten Personen einge- dungen zu Frontbesuchen aus. Das Vorhaben von Ge- weiht waren. Auch im Herbst 1939 kam es zu intensi- neraloberst Kurt Freiherr von Hammerstein-Equord, ven Bemühungen, einen Staatsstreich durchzuführen. Hitler im Herbst 1939 bei einem Truppenbesuch ver- Mit Beginn des Krieges wurde die Lage jedoch kom- haften zu lassen, konnte somit beispielsweise nicht plizierter. Kaum ein hoher Militär war nun noch bereit, umgesetzt werden.7 Die Gelegenheiten, ein Attentat einen Umsturz zu unterstützen. Hinzu kamen die durchzuführen, waren begrenzt und mit erhöhtem zahlreichen politischen und militärischen Erfolge Aufwand verbunden. Es mussten gezielt Situationen Hitlers, die seinen Rückhalt in der deutschen Bevöl- herbeigeführt werden, da jene eingeweihten Militärs, kerung massiv stärkten. Unter diesen Umständen die regelmäßig Zugang zum Diktator hatten, die Durch- waren ein Attentat auf den Diktator und ein gewaltsa- führung des Attentates nicht selbst auf sich nehmen mer Umsturz undenkbar. wollten.8

13 Der Kreisauer Kreis um Helmuth James Graf von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg hat sich intensiv mit Plänen für den Aufbau eines neuen Rechtsstaates befasst. In diesem Brief an Yorck vom 1. September 1940 sprach Moltke viele ver- schiedene Diskussionsthemen an. Als Merkmal des gerechten Staates hob er vor allem die Freiheit des Individuums hervor.

14 Hellmuth Stieff (Mitte) mit Hitler bei einer ­Uniformschau auf Schloss Kleßheim bei , 7. Juli 1944. Es gab verschiedene Pläne, ein Attentat auf Hitler bei ähnlichen Gelegenheiten auszuüben. Stieff war in die Pläne eingeweiht, wollte das Attentat jedoch nicht selbst ausführen.

Die jüngeren Offiziere, die sich schließlich für einen Einzelheiten sind geregelt, Termine festgelegt, der Anschlag bereit erklärt hatten, konnten das Vorhaben Sprengkörper vorbereitet. Da kommt aus Berlin der – mehrfach bedingt durch äußere Umstände – nicht Anruf, daß bei den schweren alliierten Luftangriffen in ausführen. Im November 1943 war es beispielsweise den letzten Novembertagen das Vorführungsmaterial gelungen, den zum Selbstmordattentat bereiten Haupt- – vor allem das unersetzliche Lederzeug – vernichtet mann Axel Freiherr von dem Bussche-Streithorst worden ist.« 9 Die Uniformvorführung konnte somit kurzzeitig aus der Front herauszulösen und ihn, mit nicht stattfinden und Bussche kehrte zurück an die Sprengmaterial und den nötigen Papieren ausgestattet, Front. ins »Führerhauptquartier Wolfschanze« einzuschleu- sen. Bei einer anstehenden Uniformvorführung sollte Eine neue Gelegenheit zur Attentatsausführung bot sich er sich mit Hitler in die Luft sprengen. Bussche schil- schließlich im Sommer 1944, als Claus Schenk Graf von derte die spannungsgeladene Situation nachträglich: Stauffenberg die Berechtigung erhielt, selbst an Lage- »Zu der geplanten Vorführung werden Göring und besprechungen in den verschiedenen »Führerhaupt- Himmler anwesend sein. Dies ist für den Ablauf der quartieren« teilzunehmen: Unter gleichzeitiger Beför- Dinge ebenso wichtig, wie es seit Stalingrad selten derung zum Oberst i.G. war er Anfang Juli zum Chef des geworden ist. Jene Tage sind getragen von der hellsich- Stabes von , dem Be- tigen Klarheit, die der Soldat vor dem Angriff kennt. Die fehlshaber des Ersatzheeres ernannt worden. Er stellte

15 g auffenber af von St chenk Gr ClS aus Der Entschlossene

"Es ist Zeit, dass jetzt etwas­ getan wird. ­Derjenige ­allerdings, der etwas zu tun wagt, muss sich bewusst sein, dass er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte­ eingehen wird." Stauffenberg kurz vor dem Attentat am 20. Juli 19441

"Wir hatten in Stauffenberg jemanden gefunden, dessen innere Einstellung, Umsicht, Ruhe, Klarheit, Zähigkeit, Tapferkeit (...) und Können ihn zum '­Geschäftsführer' der ­Widerstandsbewegung wie geboren erscheinen ließen." Fabian von Schlabrendorff, Mitverschwörer aus der Heeresgruppe Mitte, nach 1945 2

152 links: Der Dichter Stefan George mit den Brüdern Claus (vorn) und Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, die zu ­seinem engsten Kreis gehörten. Berlin, November 1924

Position und Funktion von Stauffenberg Oberst i. G. Chef des Stabes im Allgemeinen Heeres- amt. Chef des Stabes beim Befehlshaber des Ersatz- heeres. Motivator. Organisator. Attentäter

Die Bedeutung der Entschlossenen Aufgrund der zahllosen Rückschläge und gescheiter- ten Attentatsversuche drohten viele Beteiligte den Mut zu verlieren. Insbesondere die zivilen Verschwörer zweifelten an dem Willen der Militärs, den Umsturz tatsächlich noch durchführen zu wollen. Erst durch das Hinzukommen von Stauffenberg im Herbst 1943 änderte sich dies. Er war nicht nur fest entschlossen, das Attentat und den Umsturz durchzuführen, sondern saß zudem noch an einer entscheidenden Position. Nicht zuletzt hatte er die Fähigkeit, seine Mitmen- schen zu motivieren und zum Handeln zu überzeugen. Darüber hinaus verfügte über das für den Staats- streich unabdingbare Organisationstalent eines leis- Claus Schenk Graf von Stauffenberg tungsstarken Generalstabsoffiziers.

Geburtsdatum und -ort Stauffenbergs Weg in den Widerstand 15. November 1907 in Jettingen, Bayern Claus Schenk Graf von Stauffenberg wuchs am würt- Verhaftung tembergischen Hof als Sohn des Oberhofmarschalls Am Abend des 20. Juli 1944 auf und trat 1926 als Berufssoldat in das 17. Reiterre- giment in Bamberg ein. Stark geprägt durch den Verurteilung Dichter Stefan George, war er beseelt von dem Gedan- Generaloberst Fromm ordnet ken an ein großes Deutsches Reich. Als begeisterter am 20. Juli 1944 die standrechtliche Soldat nahm er am Polen- und Westfeldzug teil. Erst ­Erschießung an allmählich äußerte er Kritik an der militärischen Füh- Todesdatum und -ort rung. Seine Empörung wuchs, als er im Generalstab In der Nacht zum 21. Juli 1944 im des Heeres tieferen Einblick in die organisierte Bruta- ­ in Berlin (Hinrichtung) lität des NS-Regimes erhielt. Im wurde Stauffenberg in Tunesien schwer verwundet. Bald Vorgesehene Aufgabe nach darauf kam er als Chef des Stabes ins Allgemeine dem Staatsstreich Heeresamt nach Berlin und wurde zur treibenden Kraft evtl. Staatssekretär im Kriegsministerium der zivil-militärischen Umsturzpläne. Er prüfte und

153 Stauffenberg nahm im September 1939 als Zweiter General- stabsoffizier im Stab der 1. leichten Division am Überfall auf Polen teil. Hier ist er nach dem Feldzug mit dem Divisions- kommandeur, Generalmajor Werner Kempf, und weiteren ­Offizieren zu sehen.

vervollständigte die Umsturzpläne und warb unermüd- lich um neue Mitverschwörer.

Anfang Juli 1944 erhielt Stauffenberg durch die Ernen- nung zum Chef des Stabes beim Befehlshaber des Er- satzheeres Zugang zu Hitler. Er erklärte sich nun bereit, das Attentat selbst auszuführen. Bereits am 11. und 15. Juli hatte er Sprengstoff zu Lagebesprechungen bei Hitler mitgenommen. Doch musste er jedes Mal unver- richteter Dinge zurückkehren. Am 20. Juli verübte er das Attentat im »Führerhauptquartier Wolfschanze« in Ostpreußen. Hitler überlebte und der Umsturzversuch scheiterte. Noch in derselben Nacht wurde Stauffenberg mit vier seiner Weggefährten erschossen. LK

1 Siehe Joachim Kramarz, Claus Graf Stauffenberg. 15. November 1907 – 20. Juli 1944. Das Leben eines Offiziers, / M. 1965, S. 201. 2 Fabian von Schlabrendorff, Offiziere gegen Hitler, Zürich 1946, S. 88.

154 Oven he von Ma etarg r Die Unterstützerin

"Entweder musste man den Mord auf sich nehmen, oder man musste das ­Unrecht auf sich nehmen, also einen Mittelweg gab es nicht."

Margarethe von Hardenberg, geb. von Oven, über die Wahl zwischen dem Attentat auf Hitler und dem Tragen der Mitschuld am NS-Unrechtsstaat in einem Interview, nach 19451

"Sie wurde ja nicht ohne Grund so geschätzt. Sie ­ wurde ja Övchen genannt, und das hatte unmittelbar mit ihrer Person und ihrer menschlichen Kompetenz zu tun. Eine Wärmequelle in einer kalten Zeit."

Zusammenfassende Beschreibung der Schilderungen des Mitverschwörers Alexander von Voß durch seinen Sohn Rüdiger von Voß, nach 19452

155 Seite 155: Wilfried und Margarethe von Hardenberg, geb. von Oven, um 1960

Position und Funktion von Oven Chefsekretärin in verschiedenen zentralen militäri- schen Dienststellen. Vertraute im Widerstand. Botin. Unterstützerin beim Verfassen der Umsturzpläne

Die Bedeutung der Unterstützer und Unterstützerinnen Die Verschwörer waren oft auf die Unterstützung von eingeweihten Vertrauten angewiesen. Viele Personen wirkten im Hintergrund der Verschwörung. Zu ihnen zählte auch Margarethe von Oven, die Nachrichten überbrachte und die Vorbereitungen für den Umsturz als Sekretärin unterstützte. Neben Oven tippten auch Erika von Tresckow und Ehrengard Gräfin von der Schulenburg Unterlagen für den Umsturz ab. Viele weitere Personen waren als Boten von geheimen Nachrichten für den Widerstand tätig. Zu ihnen zählten unter anderem Lothar König und Fabian von Schlab- Margarethe von Oven rendorff.

Geburtsdatum und -ort Ovens Weg in den Widerstand 11. März 1904 in Berlin Margarethe von Oven wuchs in Berlin in bescheidenen Verhältnissen auf, da ihr Vater als preußischer Offizier Verhaftung bereits 1914 gefallen war. 1925 erhielt sie eine Stelle kurz nach dem 20. Juli 1944, als Sekretärin im Reichswehrministerium und blieb zwei Wochen Haft bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in wichtigen Verurteilung militärischen Dienststellen tätig. Mehrere Jahre war keine sie Sekretärin bei Kurt von Hammerstein-Equord, der 1934 aus Protest gegen das NS-Regime von seinem Todesdatum und -ort Amt als Chef der Heeresleitung zurücktrat. Hammer- 5. Februar 1991 in Göttingen stein hatte die für ihre gute Menschenkenntnis be- Vorgesehene Aufgabe kannte Oven für politische Fragen sensibilisiert. Durch nach dem Staatsstreich ihre dienstliche Tätigkeit war sie mit vielen hohen keine Militärs bekannt. Auch für Ludwig Beck hatte sie gearbeitet.

156 Henning und Erika von Tresckow, , 1943. Mit Erika von Tresckow war Oven seit ihrer Schulzeit eng befreundet.

Oven galt als mutiger Mensch mit heiterer Gelassen- heit. Ihre Beteiligung im Widerstand wollte sie nie betont wissen. In einem Interview Anfang der 1990er Jahre sagte sie: »Ich kann es nicht leiden, wenn Men- schen nachträglich noch was rausholen wollen, und sei es nur ein Stück Eitelkeit. So nach dem Motto: Und als man ihn dann wiederfand, da fand man ihn beim Widerstand. Bitte ersparen Sie mir das.« 3 LK

1 Margarethe von Hardenberg im Gespräch mit K. Seehofer, 1985, zit. nach Elisabeth Raiser, Margarethe von Oven, in: Antje Vollmer und Lars-Broder Keil, Stauffenbergs Gefähr- ten. Das Schicksal der unbekannten Verschwörer, München 2013, S.104. 1955 hatte Margarethe von Oven Wilfried von Hardenberg, den Bruder des Widerstandskämpfers Carl- Hans von Hardenberg, geheiratet. 2 Rüdiger von Voss, mündliche Auskunft 2012. zit. nach ­Elisabeth Raiser, Margarethe von Oven, in: Vollmer, Keil, Stauffenbergs Gefährten (wie Anm. 1), S. 105. 3 Oven, Interview, in: Dorothee von Meding, Mit dem Mut des Herzens. Die Frauen des 20. Juli, Berlin 1992, S. 119.

Im Sommer 1943 forderte Henning von Tresckow Oven als Sekretärin beim Nachkommando der Heeres- gruppe Mitte in Berlin an. Nun konnte sie im Bend- lerblock, der späteren Umsturzzentrale, ohne Aufse- hen zu erregen ein und aus gehen. Tresckow schätzte sie als zuverlässige Nachrichtenübermittlerin zwi- schen der Front und Berlin.

Zur Vorbereitung des Umsturzes tippte Oven die »Walküre«-Befehle und den ersten Aufruf, der nach erfolgtem Attentat an die Bevölkerung gerichtet werden sollte. Hierfür traf sie sich oft mit Tresckow und Stauf- fenberg. Nach dem 20. Juli 1944 wurde sie kurzzeitig inhaftiert, jedoch aufgrund fehlender Beweise wieder freigelassen. Bis zum Kriegsende war sie weiter in ihrer Dienststelle bei der Heeresgruppe Mitte tätig. 1955 heiratete sie Wilfried Graf von Hardenberg.

157 auf des 20. Juli 1944 Der Abl

Donnerstag, 20. Juli 19442

7:00 Uhr, Berlin Stauffenberg fliegt mit seinem Ordonnanzoffizier ­ der Reserve , nach Rastenburg/Ostpreußen, wo sie gegen "Wir müssen handeln, 10:15 Uhr landen und ins »Führerhauptquartier Wolfschanze« fahren. weil – und das wiegt am schwersten – in Eurem 12:30 Uhr, »Wolfschanze« Beginn der Lagebesprechung in einer Baracke. ­Rücken Verbrechen ­Unter Zeitdruck – die Besprechung wurde kurzfristig be­gangen wurden, die vorverlegt – kann Stauffenberg nur einen von den Ehrenschild des zwei Zündern an den Sprengladungen aktivieren. deutschen Volkes Gegen 12:30 Uhr, Berlin beflecken und seinen Mehrere Verschwörer finden sich in der Umsturz- zentrale, dem Bendlerblock, ein. in der Welt erworbenen guten Ruf ­besudeln!" 12:37 Uhr, »Wolfschanze« Stauffenberg stellt die Aktentasche mit dem Auszug aus dem Entwurf des für den 20. Juli 1944 ­Sprengstoff in der Nähe Hitlers ab. Unter dem Vor- ­vorbereiteten Aufrufs an die Soldaten von Erwin von wand, ein wichtiges Telefonat führen zu müssen, ­Witzleben als Oberbefehlshaber der 1 verlässt er den Raum.

170 Nachrichtenhelferinnen, um 1943. Für die Durchführung des Umsturzes war die zuverlässige und schnelle Nachrichtenübermittlung von ­entscheidender Bedeutung.

Gegen 14:00 Uhr, Berlin Oberst i. G. Mertz von Quirnheim alarmiert ohne die eigentlich nötige Zustimmung von Generaloberst Gegen 12:42 Uhr, »Wolfschanze« Fromm, dem Befehlshaber des Ersatzheeres, die Die Bombe explodiert. Vier Personen werden tödlich ersten »Walküre«-Truppen bei Berlin. verletzt, die anderen der 24 Besprechungsteilnehmer erleiden fast alle leichte bis schwere Verletzungen. Gegen 14:00 Uhr, »Wolfschanze« Stauffenberg beobachtet die Explosion aus 200 m Himmler fordert Personal zur Aufklärung des Atten- Entfernung und ist sich sicher, dass Hitler tot ist. tats an. Der Verdacht richtet sich gegen Stauffen- berg. Weisung Himmlers, Stauffenberg bei Landung 12:44 Uhr, »Wolfschanze« in Berlin festzunehmen. Die Wache lässt Stauffenberg und Haeften den ­bereits abgeriegelten Sperrkreis passieren. Kurz Zwischen 14:45 und 15:15 Uhr, Berlin darauf kommen sie auch durch die zweite Wache. Stauffenberg und Haeften landen in Rangsdorf, Unterwegs zum Flugplatz wirft Haeften den übrig ­melden der Umsturzzentrale den Tod Hitlers und ­gebliebenen Sprengstoff aus dem Wagen. fahren zum Bendlerblock.

Gegen 13:00 Uhr, »Wolfschanze« 15:50 bis 16:00 Uhr, Berlin General Fellgiebel verhängt eine Nachrichtensperre Olbricht löst mit mehrstündiger Verspätung die über das »Führerhauptquartier«. Über eine separate Alarmmaßnahmen gemäß dem »Walküre«-Plan aus. Leitung der SS können jedoch weiterhin Nachrichten Fromm erfährt telefonisch, dass Hitler nur leicht ausgegeben werden. ­verletzt wurde.

13:15 Uhr, Rastenburg Gegen 16:00 Uhr, »Wolfschanze« Stauffenberg und Haeften fliegen zurück nach Berlin. Der »Duce«, Benito Mussolino, trifft ein und besucht Hitler. Funkmeldungen über das gescheiterte Gegen 13:15 Uhr, Berlin ­Attentat und Gegenbefehle werden ausgegeben. General Olbricht erhält Nachricht vom fehlge­ schlagenen Attentat. Er will weitere Informationen ­abwarten, bevor er die Umsturzbefehle ausgibt.

171 Kurz nach 16:10 Uhr, Berlin Gegen 18:00 Uhr, Wien Das »Großdeutschland« unter Die »Walküre«-Maßnahmen laufen in Wien an. erhält »Walküre«-Befehle. SS- und Parteifunktionäre werden für 20 Uhr zu Zur Einweisung fährt Remer zum eingeweihten einer ­Besprechung ins Wehrkommando gebeten Stadtkommandanten von Hase. und f­estgesetzt.

16:20 Uhr, Berlin Gegen 18:00 Uhr, Berlin Ludwig Beck trifft im Bendlerblock ein. Fromm In der Nachrichtenzentrale kommen Röhrig ­befiehlt, alle »Walküre«-Maßnahmen zu stoppen. erste Bedenken. Er versendet die ihm gegebenen »Walküre«-Fernschreiben teilweise mit mehreren Zwischen 16:30 und 17:00 Uhr, Berlin Stunden Verspätung. Stauffenberg und Haeften treffen im Bendlerblock ein. Stauffenberg berichtet Fromm vom Tod Hitlers. 18:30 Uhr, Berlin Olbricht informiert Fromm, dass er bereits Die Abriegelung des Regierungsviertels durch das ­»Walküre« ausgelöst habe. Fromm verweigert Wachbataillon ist abgeschlossen. seine Unterstützung und wird verhaftet. Gegen 19:00 Uhr, Berlin Zwischen 16:30 und 17:00 Uhr, Paris Major Remer trifft bei Goebbels ein. Er wird Hitler Stauffenberg telefoniert mit dem eingeweihten ­direkt unterstellt und erhält von ihm den Befehl, den der Reserve von Hofacker. Umsturzversuch mit allen Mitteln niederzuschlagen. Die »Walküre«-Aktionen laufen in Paris an. Gegen 19:00 Uhr, Paris Gegen 16:45 Uhr, Berlin Stülpnagel erhält einen Anruf von Beck und sichert Major Remer erhält Befehl, das Regierungsviertel ihm seine Unterstützung zu. Anschließend telefoniert abzuriegeln. Beck mit Kluge, der jedoch ausweichend reagiert.

Bis 17:30 Uhr, Berlin 19:00 Uhr, Prag Das Funkhaus in der Masurenallee wird von Die ersten »Walküre«-Maßnahmen laufen in Prag an. Soldaten besetzt. Der regimetreue Sendebetrieb wird jedoch unbemerkt weitergeführt. 19:30 Uhr, Berlin Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben trifft Von 17:35 bis 21:03 Uhr, Berlin im Bendlerblock ein. Das Fernschreiben »Der Führer Adolf Hitler ist tot« wird nach Abänderung der ersten Zeile in »Innere Gegen 20:00 Uhr, Paris Unruhen« mit höchster Dringlichkeitsstufe an die Kluge erhält Nachricht vom Überleben Hitlers und Wehrkreise gesandt. lehnt eine Beteiligung an der Verschwörung ab.

17:42 Uhr 20:15 Uhr, Berlin Erste Rundfunkmeldung über den gescheiterten Witzleben verlässt die Umsturzzentrale wieder. ­Attentatsversuch. Wiederholungen um 18:28, 18:38, 18:42, 19:01, 19:15, 20 und 22 Uhr.

172 20:20 Uhr, »Wolfschanze« Gegen Mitternacht, »Wolfschanze« Keitel befiehlt allen Wehrkreisbefehlshabern per Fellgiebel wird verhaftet. Fernschreiben, nur noch Anordnungen des neuen Befehlshabers des Ersatzheeres Himmler zu ­befolgen. Freitag, 21. Juli 1944

20:45 bis 23:00 Uhr, Berlin 00:10 bis 00:21 Uhr, Berlin Das Fernschreiben für die zweite Stufe des Fromm schickt ein Fernschreiben an alle Wehrkreis- »Walküre«-Plans wird versandt. kommandos und teilt mit, dass der Putschversuch blutig niedergeschlagen wurde. Gegen 21:00 Uhr, Berlin Teile des Wachbataillons besetzen den Bendlerblock. 00:15 bis 00:30 Uhr, Berlin Im Hof des Bendlerblocks werden Olbricht, Haeften, Gegen 21:15 Uhr Stauffenberg und Mertz durch ein Sonderkommando Rundfunkdurchsage, dass Hitler bald zum exekutiert. deutschen Volk sprechen werde. Kurz vor 1:00 Uhr, Berlin Nach 22 Uhr, Wien Hitler spricht im Rundfunk über das gescheiterte Alle »Walküre«-Befehle werden in Wien wieder ­Attentat. ­aufgehoben. Gegen 1:00 Uhr, Paris Gegen 22:30 Uhr, Berlin Die Gefangenen der Verschwörer werden wieder Unter der Parole »Für oder gegen den Führer« ­freigelassen. TM gehen Offiziere im Bendlerblock zum »bewaffneten

Gegenstoß« über. Fromm wird befreit. Er lässt die 1 www.gdw-berlin.de/de/vertiefung/themen/thema/?them=/ Verschwörer verhaften und zum Tode verurteilen. b13/b13-mat-d.php (zuletzt: 20.3.2014, 10:15 Uhr). 2 Die Darstellung stützt sich auf die Arbeiten von Heinrich 22:40 Uhr, Prag Walle, Der 20. Juli 1944. Eine Chronik der Ereignisse von Alle »Walküre«-Befehle werden in Prag wieder ­Attentat und Umsturzversuch, in: Militärgeschichtliches For- ­aufgehoben. schungsamt (Hg.), Aufstand des Gewissens. Der militärische Widerstand gegen Hitler und das NS-Regime 1933 – 1945, Gegen 23:00 Uhr, Paris 5. Aufl., Hamburg 2000, S. 575 – 598; ebenso wurde herange- Die Festnahme der etwa 1200 Angehörigen der zogen: 20. Juli 1944, bearb. von Hans Royce, neubearb. und erg. von Erich Zimmermann und Hans-Adolf Jacobsen, hrsg. SS- und SD-Führung in Paris ist abgeschlossen. von der Bundeszentrale für Heimatdienst, 4. Aufl., Bonn 1961, Kluge stellt sich gegen die Verschwörer und enthebt Beilage: Synchronoptische Tafel; Vgl. auch: Peter Hoffmann, Stülpnagel seines Kommandos. Widerstand, Staatsstreich, Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler, 4. neu überarb. u. erg. Ausg., München 1985, Zwischen 23:15 und 23:45 Uhr, Berlin S. 486 – 622. Klaus Achmann und Hartmut Bühl, 20. Juli 1944. Beck erhält Gelegenheit zum Suizid, der jedoch Lebensbilder aus dem militärischen Widerstand, Hamburg u. a., scheitert. Er wird daraufhin erschossen. 2. Aufl., 1996, S. 55 – 59.

173 1 2 Chemischer Zeitzünder Mk. 9 Zerstörte Lagebaracke im (»Bleistiftzünder«) »Führerhauptquartier Wolfschanze« (Switch No. 10, Time Pencil, Mark I) Bei Rastenburg, Ostpreußen, nach Großbritannien, um 1944 dem Attentat vom 20. Juli 1944 MHM, BAAI0207 Quelle: Bundesarchiv Bild 146-1972-025-12

Am 20. Juli 1944 wurden britische Zeit- zünder dieses Typs verwendet. Die 30-Minuten-Zünder hatten ­einen roten Sicherungsstift. Der verwendete Spreng- stoff war ein deutsches Fabrikat. Für die ­verschiedenen Attentatspläne gab es un- terschiedliche Sprengstoffpakete und Zünder, die von ­mehreren Personen be- sorgt und verwahrt wurden.

174 3 »Walküre«-Befehl über die zu ­treffenden Sofortmaßnahmen (Reproduktion, S. 2 von 3) Berlin, 20. Juli 1944 Bundesarchiv RH 53 – 23 / 59 fol. 75 – 76

Da in Berlin zunächst keine Gewissheit über den Ausgang des Attentates be- stand, verstrichen wertvolle Stunden. Schließlich löste Oberst i. G. Albrecht ­Ritter Mertz von Quirnheim eigenmächtig die »Walküre«-Befehle aus, um den Um- sturz wie vorgesehen anlaufen zu lassen. Im abgebildeten Fernschreiben werden unter anderem die militärische Siche- rung der Nachrichtenanlagen, die ­Verhaftung von Regierungsmitgliedern, Parteifunktionären und hohen SS-An­ gehörigen befohlen. Ebenso wird die ­Be­setzung der zentralen Quartiere der ­NS-Terrororgane angewiesen.

175 Der Widerstand vom 20. Juli 1944 war ausgesprochen vielschichtig. Die Akteure, die an diesem Tag versucht hatten, den Diktator Adolf Hitler zu beseitigen und anschlie- ßend das nationalsozialistische Regime zu stürzen, bildeten keine homogene Gruppe. Einige waren bereits 1938/39 an konkreten Umsturzplänen beteiligt, andere wandten sich erst 1943/44 aktiv dem Widerstand zu. Unter den Verschwö- rern waren vor allem Diplomaten, Ministerialbeamte, Unternehmer, Kirchenvertreter, ehemalige Gewerkschafts- führer sowie Angehörige des Militärs. Nur wenige von ihnen zeigten sich bereits 1933 als entschiedene Gegner der Nationalsozialisten. Die meisten entwickelten erst allmäh- lich eine kritische Haltung gegenüber Hitler und dem NS- Regime, manche waren selbst in die Verbrechen des Unrechtsstaates verstrickt.

Die Ausstellung »Attentat auf Hitler. Stauffenberg und mehr« zeigt die Vielfalt und Komplexität eines Umsturz- versuches auf, der jahrelang vorbereitet worden war und schließlich auf dramatische Weise scheiterte. Stellvertre- tend für die große Anzahl der Beteiligten werden 16 Akteure porträtiert, die – je nach ihrem Handlungsspielraum und Charakter – unterschiedliche Aufgaben und Funktionen innerhalb der Verschwörung ausübten.

S a n d st e i n ISBN 978-3-95498-121-2