Ausarbeitung

Moritz Philip Recke

Startup-Finanzierung und Anzeichen einer neuen dot-com-Blase

Fakultät Technik und Informatik Faculty of Engineering and Computer Science Department Informatik Department of Computer Science Moritz Philip Recke

Startup-Finanzierung und Anzeichen einer neuen dot-com-Blase

Ausarbeitung eingereicht im Rahmen der Ringvorlesung “InnovationCity 2030” im Sommersemester 2015

im Studiengang Master of Arts - Next Media am Department Informatik der Fakultät Technik und Informatik der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg

Betreuender Prüfer : Professor Dr. Kai von Luck

Abgegeben am 11.05.2015

Fakultät Technik und Informatik Faculty of Engineering and Computer Science Department Informatik Department of Computer Science Autor Moritz Philip Recke

Thema der Ausarbeitung Startup-Finanzierung und Anzeichen einer erneuten dot-com-Blase

Stichworte Accelerator, Akquisition, Angel, , Boom, Börsengang, Business Angel, , dot-com-Blase, Exit, Finanzierung, Family & Friends, Finanzkrise, Förderung, Gründer, Inkubator, Investitionen, Investor, IPO, Micro Startup, Niedrigzinsphase, Phasen, Regulation Fair Disclosure, Regulierung, Risiko, Sarbane-Oxley, Seed, Series A, Skalierung, Startup, Startup Monitor, Startup Phasen, Unternehmensbewertung, , VC, Verkauf, Wirtschaftskrise

Abstract Startups und ihr hohes, innovatives Potential (vgl. Bundesregierung 2013, bundesregierung.de) werden aufgrund der medialen Aufmerksamkeit, schier unglaublich erscheinender Skalierungseffekte und daraus resultierenden Unter- nehmensbewertungen als wichtiger Motor der wirtschaftlichen Entwicklung, vor allem in den USA, Asien und Europa, betrachtet (vgl. Austin, Canipe, Slobin 2015, wsj.com). Diese Ausarbeitung soll einen ersten Überblick über die Möglichkeiten der internationalen Startup-Finanzierung verschaffen und aktuelle Entwicklungen hinsichtlich der Befürchtung einer erneuten dot-com-Blase betrachten.

Fakultät Technik und Informatik Faculty of Engineering and Computer Science Department Informatik Department of Computer Science Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ...... 5

2 Phasen der Startup Finanzierung ...... 5

2.1 Gründungsphase: Idea & Co-Founder Stage, Family & Friends ...... 7

2.2 Seed Round ...... 8

2.3 Series A ...... 9

2.4 Börsengang oder Verkauf ...... 10

3 Wesentliche Veränderungen in der Startup-Finanzierung .. 11

3.1 Anzeichen einer erneuten dot-com-Blase ...... 11

3.2 Unterschiede zur dot-com-Blase von 2000 ...... 13

4 Fazit & Ausblick ...... 15

5 Literaturverzeichnis ...... 16

6 Abbildungsverzeichnis ...... 19

Fakultät Technik und Informatik Faculty of Engineering and Computer Science Department Informatik Department of Computer Science 5

1 Einleitung

Der Begriff “Startup” ist spätestens seit der dot-com-Blase um das Jahr 2000 die gängigste Bezeichnung für junge, neu gegründete Unternehmen. Startups sind charakterisiert durch wenig Startkapital und dem Ziel eine innovative Geschäftsidee zu verwirklichen (vgl. Bundesregierung 2013, bundesregierung.de) und versuchen ein skalierbares Geschäftsmodell zu entwickeln, das sich also wiederholbar replizieren lässt (vgl. Blank 2012, steveblank.com).

Für ein besseres Verständnis der möglichen Entwicklung eines Startups kann der Ansatz des Deutschen Startup Monitors, initiiert vom Bundesverband Deutsche Startups e.V. (BVDS), herangezogen werden. Hier werden 5 Phasen unterschieden: die “Seed-Stage” als Konzeptionsphase, die “Startup-Stage” mit funktionierendem Produkt und ersten Umsätzen/Nutzern, die “Growth-Stage” mit ausgereiftem Produkt und starkem Wachstum und die “Later-Stage” mit einem geplanten Verkauf oder Börsengang sowie die mögliche “Steady-Stage” als Stagnationsphase (vgl. DSM 2014, S. 14, Kohlmann 2011, S. 90 ff., Ripsas 1997, S. 133 ff.).

Abb. 1: 5 Entwicklungsphasen eines Startups nach DSM 2014

Die skalierungsfähige Geschäftsidee bildet somit den Mittelpunkt der Gründung und muss hinsichtlich der Erfolgspotentiale geprüft und mit möglichst geringem finanziellen Aufwand realisiert werden, um die Hypothese des Geschäftsmodells zu verifizieren. Gelingt dies, ist der Erfolg von der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Geschäftsmodells für die Gegebenheiten im Markt abhängig. Hierzu wird i.d.R. eine deutlich umfangreichere Finanzierung benötigt (vgl. Kollmann 2011, S. 90 ff.).

2 Phasen der Startup Finanzierung

In den unterschiedlichen Lebensphasen ist ein Startup also auf verschiedene Arten der Finanzierung angewiesen. Zusätzlich zu rein finanziellen Aspekten sind hierbei auch nicht-monetäre Arten der Unterstützung wie z.B. durch Beratung, Networking oder Zugang zu Märkten etc. entscheidend. Darüber hinaus sind die Partikular- Interessen der Beteiligten, wie z.B. Gründer, Mitarbeiter, Investoren, Banken etc. zu berücksichtigen (vgl. Ripsas 1997, S. 133 ff.). 6

Ein Startup durchläuft in seinem Lebenszyklus diverse sog. Finanzierungsrunden um jeweils die nächste Entwicklungsstufe und somit Unternehmensphase im Sinne des Deutschen Startup Monitors zu erreichen. Idealtypisch lassen sich diese Runden in “Seed Round” und “Angel Round”, welche auf die Gründungsphase folgen, sowie “Series A Round”, welche die Skalierung in Richtung eines möglichen Börsengangs oder Unternehmensverkaufs ermöglichen soll, unterteilen (vgl. Graham 2005, paulgraham.com).

Berücksichtigt man in den Phasen die jeweiligen Gesellschafter des Startups, ergibt sich daraus ein Prozess der sich kontinuierlich verändernden Beteiligungsstruktur, der sich in den möglichen Phasen “Idea Stage”, “Co-Founder Stage”, “Family & Friends” und “Seed Round”, “Series A” sowie “IPO” beschreiben lässt (vgl. Vital 2013, foundersanddounders.com).

Abb. 2: How Startup Funding Works 7

2.1 Gründungsphase: Idea & Co-Founder Stage, Family & Friends

Wie in Abb. 2 dargestellt, setzt sich ein Startup zunächst aus den Gründern zusammen, welche meist zu gleichen Anteilen die Beteiligungsstruktur des Startups bilden. Der erste, i.d.R. niedrig fünfstellige Kapitalbedarf wird entweder aus eigener Tasche, über private Bankkredite, innerhalb der Familien oder des persönlichen Netzwerkes gedeckt.

Sollte sich das Startup dafür entscheiden, Kapital nicht in Form von Darlehen aufzunehmen, ergibt sich hieraus eine neue Beteiligungsstruktur, bei welcher “Family & Friends” als erste Investoren in das Unternehmen einsteigen. Dies kann aufgrund der oft unzureichenden Erfahrung der Beteiligten als Investoren im weiteren Verlauf zu Problemen führen. Dennoch ist es eine durchaus übliche Form der Erstfinanzierung (vgl. Graham 2005, paulgraham.com).

Eine Alternative hierzu bieten sog. Accelerator-Programme, welche es Startups ermöglichen, für eine geringe Beteiligung von oft 5-7% und eine fünfstellige bis maximal niedrig sechsstellige Anschubfinanzierung im Rahmen eines zeitlich begrenzten Programms von meist 3 Monaten gezielt auf die nächste Finanzierungs- runde vorbereitet zu werden (vgl. Altman 2014, ycombinator.com und Springer 2015, axelspringerplugandplay.com). Hierbei werden u.a. Räumlichkeiten, Coachings, Branchen-Insights und Workshops für das Gründerteam angeboten. Nach Ablauf des Programms und einem “Demo Day” zur Präsentation des Produktes verlässt das Startup den Accelerator. Die Plätze in den Programmen sind stark begrenzt, so dass hier oft anspruchsvolle Bewerbungsverfahren üblich sind. Accelatoren sind meist private Unternehmen, deren Manager oft auch selbst Angel Investoren sind (vgl. Cohen 2013).

Die wesentlichen Accelatoren (vgl. The Economist 2014, economist.com) im internationalen Vergleich sind neben vielen anderen (USA, ycombinator.com), * (USA, techstars.com), AngelPad (USA, angelpad.org), 500startups (USA, 500.co), Seedcamp (UK, seedcamp.com) und Startupbootcamp (EU, startupbootcamp.org). In Deutschland gibt es u.a. Accelatoren von Axel Springer (axelspringerplugandplay.com) und ProSiebenSat.1 (p7s1accelerator.com) sowie den Next Media Accelerator (nma.vc) und den German Accelerator (germanaccelerator.com).

Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit, Unterstützung aus öffentlichen Mitteln zu erhalten. Die Anzahl der Förderprogramme ist dabei umfassend, allein in der EU 8 und in Deutschland gibt es über 2000 Förderprogramme (vgl. FÜR-GRÜNDER.DE 2015, fuer-gruender.de). Hierbei ist zwischen Darlehen, Fördergeldern, Investitionen und Sachleistungen zu unterscheiden. So vergibt u.a. die Förderbank KfW günstige Gründerkredite, unterstützt mit Zuschüssen für Beratung oder ermöglicht den Zugang zu Beteiligungskapital (vgl. KfW 2015, kfw.de), z.B. über den High-Tech Gründerfonds, den auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und 18 deutsche Unternehmen mit finanzieren (vgl. High-Tech Gründerfinds 2015, high- tech-gruenderfinds.de). Darüber hinaus gibt es Existenzgründerzuschüsse, das EXIST-Gründerstipendium und regionale Förderungen in den Bundesländern. Die diversen Fördermöglichkeiten bieten Unterstützung für die jeweilige Unternehmens- phase und werden im weiteren Verlauf nicht näher betrachtet (vgl. FÜR- GRÜNDER.DE 2015, fuer-gruender.de).

Gelingt es einem Startup die erste Finanzierung aus eigenen Mitteln, über Family & Friends oder einen Accelerator sicherzustellen, so befindet sich das Unternehmen in der sog. “Seed Stage” im Sinne des Deutschen Startup Monitors (vgl. DSM 2014, S. 14). Es ist auch üblich, Anteile als Options-Pool für ausgewählte Mitarbeiter vorzuhalten, die oft ein geringes Gehalt in Kauf nehmen und neben persönlichen Gestaltungsmöglichkeiten maßgeblich auf eine zu erwartende Wertentwicklung des Unternehmens setzen (vgl. Vital 2013, foundersanddounders.com).

2.2 Seed Round

In der Abb. 2 sind die “Angel Round” und “Seed Round” von Graham als “Seed Round” dargestellt. Hierbei ist wesentliches Merkmal, dass es sich um sechsstellige bis niedrig siebenstellige Investitionen handelt. Angel Investoren, auch Business Angel genannt, sind oft Unternehmer, welche ihr eigenes Vermögens investieren und das Startup durch ihr persönliches Netzwerk unterstützen. Neben Angel Investoren oder Angel Gemeinschaften gibt es Seed Funding Unternehmen, i.d.R. “Inkubatoren” genannt. (vgl. Graham 2005, paulgraham.com).

Inkubatoren funktionieren ähnlich wie Acceleratoren, allerdings sind deutlich höhere Investitionen und somit höhere Beteiligungen die Regel. Neben der Investition gibt es oft auch eine operative Unterstützung beim Aufbau des Unternehmens, z.B. durch Entwicklerteams oder Marketingleistungen. Ein Startup verbleibt typischer Weise ein bis fünf Jahre in einem Inkubator und muss sich auch hier in anspruchsvollen Bewerbungsverfahren durchsetzen. Inkubatoren sind meist mit 9

Venture Capital Investoren verknüpfte Unternehmen und werden von Managern geführt, die nicht selbst als Investoren aktiv sind (vgl. Cohen 2013).

Neben vielen anderen betreiben Microsoft (US, microsoftventures.com), Deutsche Telekom (DE, hubraum.com) und Telefónica (EU, wayra.co) große Inkubatoren. Weitere sind u.a. (USA, idealab.com), Rocket Internet (DE, rocket- internet.com), Team Europe (EU, teameuopre.net) und Project A Ventures (DE, project-a.com).

In den letzten Jahren haben sich weitere Möglichkeiten zur Finanzierung entwickelt, u.a. Plattformen wie AngelList (US, angel.co), welche es Startups ermöglichen, direkten Kontakt zu möglichen Investoren herzustellen. Auch gibt es die Möglichkeit der Finanzierung über Crowdfounding-Portale, wobei Angebote bei denen Produkte vorbestellt werden können, allen voran kickstarter (US, kickstarter.com) und indiegogo (US, indiegogo.com), und solche über die man sich tatsächlich an Unternehmen beteiligt, z.B. fundersclub (US, fundersclub.com), fundsters (DE, fundsters.de) oder seedmatch (DE, seedmtach.de), zu unterscheiden sind.

Gelingt es einem Startup eine Seed Round abzuschließen, so befindet sich das Unternehmen in der sog. “Startup Stage” im Sinne des Deutschen Startup Monitors (vgl. DSM 2014, S. 14).

2.3 Series A

Die in Abb. 2 dargestellte “Series A Round” steht stellvertretend für umfangreiche, meist deutlich siebenstellige Investitionen. Hier beteiligen sich i.d.R. spezialisierte Venture Capital Investoren, VCs genannt, über ihren Investment Funds (vgl. Vital 2013, foundersanddounders.com). Es ist üblich, dass der VC Investor dadurch den größten Anteil, i.d.R. aber mindestens 33%, am Unternehmen hält und auch deutlich strategische Kontroll-Funktionen übernimmt (vgl. Graham 2005, paulgraham.com).

Einige der Top VC Investment Unternehmen in den USA sind Andreessen Horowitz (a16z.com), Khosla Ventures (khoslaventures.com), SV Angel (svangel.com) und Accel Partners (accel.com) von denen einige auch in Europa aktiv sind (vgl. Benedicto Klich 2014, entrepreneur.com). In Deutschland sind u.a. Bertelsmann Digital Media Investments (bdmifund.com), e.ventures (eventures.vc), Holtzbrinck Ventures (holtzbrinck-ventures.com), und T-Ventures (t-venture.de) zu nennen (vgl. Li 2013, venturevillage.eu). 10

Nach einer erfolgreichen Series A Finanzierung befindet sich das Startup in der sog. “Growth Stage” im Sinne des Deutschen Startup Monitors (vgl. DSM 2014, S. 14). Ziel der Investition ist es, die Skalierung des Startups zu beschleunigen um ein möglichst großes Wachstum für einen Verkauf, auch Exit genannt, zu realisieren. Auf dem Weg sind weitere Finanzierungsrunden denkbar, die dann auch Series B, Series C etc. genannt werden.

2.4 Börsengang oder Verkauf

Der Exit nach einer Series A Round oder beliebigen weiteren Anschluss- finanzierungen kann über einen Börsengang, im Englischen IPO (Initial Public Offering) genannt, oder einen Verkauf an ein Unternehmen erfolgen. (vgl. Vital 2013, foundersanddounders.com). Bei einem Verkauf an ein Unternehmen veräußern die Gesellschafter Ihre Anteile und realisieren so den Exit. Nach einem Börsengang, welcher typischer Weise in Zusammenarbeit mit einer großen Investmentbank realisiert wird, kann ein Gesellschafter seine Anteile als Aktien frei verkaufen, sofern er nicht durch Verträge an Mindesthaltezeiten oder andere vertragliche Regelungen gebunden ist. Bis dahin ist ein Verkauf von Anteilen nur erschwert und meist nur an andere Investoren möglich (vgl. Graham 2005, paulgraham.com).

Arbeitet ein Startup am Börsengang oder Verkauf, befindet es sich in der sog. “Later Stage” im Sinne des Deutschen Startup Monitors (vgl. DSM 2014, S. 14) und ist bei Erfolg kein Startup mehr.

Die Abb. 3 zeigt den gesamten Ablauf der möglichen Finanzierungsrunden nach Graham und Vital im Kontext der 5 Phasen des Deutschen Startup Monitors. Die “Steady Stage” als Stagnationsphase ist im Kontext der Startup-Finanzierung nicht weiter betrachtet worden.

Abb. 3: Finanzierung der wesentlichen Entwicklungsphasen von Startups 11

3 Wesentliche Veränderungen in der Startup-Finanzierung

Betrachtet man die Investitionen von Venture Capital Unternehmen in den USA, so sind die Investitionen nach der der dot-com-Blase im Jahr 2000 zwar deutlich gesunken, weisen aber trotz Wirtschaftskrise und einem kurzfristigen Einbruch der Investitionen im Jahr 2009 ein deutliches Wachstum gegenüber den 1990er Jahren auf. Im Jahr 2014 ist nun allerdings ein deutlicher Anstieg der Investitionen zu verzeichnen (Abb. 4). Diese Entwicklung gibt Anlass zur Sorge vor einer erneuten Blase.

Abb. 4: Startup Funding Shows Signs of New Tech Bubble

3.1 Anzeichen einer erneuten dot-com-Blase

Die Venture Capital Investitionen in Q4 2014 sind mit 12,97 Milliarden $ die höchsten seit Q1 2001 und allein im Q2 2014 um 81% im Vergleich zum Q2 2013 gestiegen. Dies stellt das größte Wachstum im Jahresvergleich seit Q3 2000 dar. Auch ist die durchschnittliche Investitionssumme mit 11,64 Millionen $ in Q2 2014 so hoch wie in Q4 2000 (vgl. Richter 2014, statista.com).

Differenziert man die Investitionen nach Branchen, ist der Bereich “Software” mit Abstand der größte. In 2014 erreicht dieser mit einer Summe von 19,8 Milliarden $ den höchsten Stand seit 2000 und macht 41% der gesamten Investitionen aus, den 12 höchsten Anteil seit Beginn des jährlichen MoneyTree Reports in 1995 (vgl. PwC 2015).

Abb. 5: PwC MoneyTree Report Q4 2014/Full-year 2014 - Investments by industry 2013-2014

Neben diesen Marktentwicklungen, die stark an das Jahr 2000 erinnern, sorgen vor allem Aufkäufe von Unternehmen wie WhatsApp mit einem Preis von 345 Millionen $ pro Mitarbeiter für Unruhe, da dies eine gängige Messgröße für Investitionen kurz vor dem Zusammenbruch der Blase zur Jahrtausendwende war (vgl. Heskett 2014, hbs.edu).

Ein weiteres Anzeichen für eine erneute Blase ist die durchschnittliche Bewertung von Startups, die schon im Jahr 2012 die Werte von 2000 deutlich überstieg (Abb. 6). Darüber hinaus steigen die Bewertungen schneller als die Investitionen (Abb. 7). Auch wächst die durchschnittliche Bewertung zum Zeitpunkt des Börsengangs, IPO, nicht so schnell wie die “Later-Stage” Bewertung. Dieses sich seit 2009 deutlich verschlechternde Verhältnis hat zur Folge, dass Investoren, die in einer späten Phase in ein Startup investieren, weniger Gewinne erwarten können (vgl. Maris 2015, techcrunch.com). 13

Abb. 6: Median post-money valuation of investment rounds Abb. 7: Late stage valuation compared to VC fundraising

3.2 Unterschiede zur dot-com-Blase von 2000

Dennoch gibt es einige Unterschiede zu den Entwicklungen vor 15 Jahren. So lag die Investitionssumme in 2014 bei nur ⅓ von der aus 2000. Darüber hinaus sind Unternehmen damals deutlich schneller an die Börse gegangen (Abb. 8).

Abb. 8: Years from founding to IPO (mean) Abb. 9: Number of VC investments

Auch werden heute klassische IPO-Kandidaten von Unternehmen wie Google aufgekauft. Dies ist u.a. auf stärkere Regulierung zurückzuführen, z.B. durch das “Sarbane-Oxley-Gesetz” aus 2002, welches durch hohe Compliance-Anforderungen eine große Hürde für kleine Unternehmen darstellt. Zusätzlich führt die “Regulation Fair Disclosure” aus 2000 zu beträchtlichen Anforderungen und Risiken für die Informationspolitik börsennotierter Unternehmen, was es zusätzlich unattraktiv macht, verfrüht an die Börse zu gehen (vgl. Lee 2014, vox.com).

Darüber hinaus haben VCs im Jahr 2000 über 2.000 Investments getätigt. Die Anzahl der Investments liegt in den letzten Jahren bei ca. 1.000 - 1.200 (Abb. 9). Dies deutet darauf hin, dass Investoren deutlich wählerischer sind und ihre 14

Investitionen auf wenige, deutlich größere Deals fokussieren. Auch vor dem Hintergrund der gestiegenen Investitionen in 2014 ist die Anzahl der Investitionen stabil (vgl. Maris 2015, techcrunch.com).

Außerdem ist festzustellen, dass die Anzahl der Seed Round Finanzierungen im Jahr 2014 bei in etwa gleich gebliebenem Gesamtvolumen deutlich gesunken ist (Abb. 10), sich Investments in Richtung Series A Round verschieben und durchschnittliche Investitionssummen steigen. Dies deutet darauf hin, dass der Frühphasen-Investment-Boom etwas abkühlt (vgl. Morrill 2015, mattermark.com).

Abb. 10: U.S. Seed Deal Volume Vs. Dollars Invested 2005 - 2014

Das große Wachstum der Investitionen in Startups ist auch zurückzuführen auf die bisher andauernde Niedrigzinsphase seit der Finanzkrise 2008 und die kontinuierliche Überflutung der Märkte mit billigem Geld. Dies hat zur Folge, dass zur Erreichung von attraktiven Erträgen (Zinsen), deutlich höhere Risiken eingegangen werden und korreliert direkt mit den hohen Unternehmens- bewertungen der vergangen Jahre. Also ist von einem weiteren Wachstum der Startup Branche bzw. des zugehörigen Investment-Marktes auszugehen, solange die Zinsen niedrig sind und die Wirtschaft sich nicht deutlich erholt (vgl. Wilson 2014, avc.com). 15

4 Fazit & Ausblick

Aus den aufgezeigten Marktdaten und Medienberichten wird deutlich, dass sich die Startup-Branche mit dem zugehörigen Investment-Markt nach wie vor in einer großen Boom-Phase befindet. Aufgrund der andauernden Niedrigzinsphase ist ein Abflachen der Investitionsummen mittelfristig nicht absehbar. Die Finanzierungs- möglichkeiten und Perspektiven für Startups haben sich in den letzten Jahren stark ausdifferenziert, so dass die Rahmenbedingungen für das Starten solcher Unternehmungen noch nie so gut waren. Dies hat auch zur Folge, dass es so viele Startups gibt wie noch nie und führt folglich zu einer hohen Konkurrenz und somit insgesamt vermutlich nicht größeren Erfolgschancen. Dies wird auch durch die höhere Fokussierung bei den Investoren bestätigt, die zwar zunehmend bereit sind größere Summen zu investieren, dabei aber deutlich wählerischer sind.

Interessant ist darüber hinaus ein absehbarer Trend von Micro Startup Akquisitionen, bei welchen etablierte Unternehmen wie Facebook, Google, Twitter und Apple aber auch Startups wie Pinterest kleinste Startups mit Teamgrößen ab 2 Personen übernehmen. Dieses Vorgehen unterscheidet sich maßgeblich von klassischen Akquisitionen etablierter Produkte/Umsätze und zielt vielmehr auf die Talente, prototypische Produkte oder Innovationskraft dieser kleinen Teams ab (vgl. Paka 2015, techcrunch.com). Auch dieses Exit Szenario stellt eine weitere, attraktive Alternative für Gründer da.

Das Risiko einer erneuten dot-com-Blase wird von vielen Experten wahrgenommen, dennoch unterscheiden sich die Rahmenbedingungen maßgeblich von denen vor 15 Jahren. Selbst wenn es zu einem Zusammenbruch des Systems kommen sollte, wird sich dieser auch in seiner Mechanik deutlich von der dot-com-Blase im Jahr 2000 unterscheiden.

Aufgrund der Entwicklungen im Jahr 2014 ist der Verlauf von 2015 abzuwarten um weitere Indikatoren für oder gegen eine Blase auszumachen. Nach derzeitigem Stand gibt es zwar weit gestreute Bedenken, konkrete Anzeichen für ein absehbares Platzen gibt es aber nicht. 16

5 Literaturverzeichnis

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Benedicto Klich 2014 Benedicto Klich, Tanya: VC 100: The Top Investors in Early-Stage Startups. Online: http://www.entrepreneur.com/article/242702 Abruf: 30.04.2015.

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Bundesregierung 2013 Die Bundesregierung (Hrsg.): Internet-Start-Ups: eine neue Gründerzeit. Online: http://www.bundesregierung.de/ContentArchiv/DE/Archiv17/Artikel/ 2013/03/2013-03-07-merkel-bei-startups.html Abruf: 25.04.2015.

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Graham 2005 Graham, Paul: How To Fund A Startup. Online: http://www.paulgraham.com/ startupfunding.html Abruf: 23.04.2015. 17

Heskett 2014 Heskett, James: When Will the Next Dot.com Bubble Burst?. Online: http:// hbswk.hbs.edu/item/7415.html Abruf: 02.05.2015.

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Kollmann 2011 Kollmann, Tobias: E-Entrepreneurship: Grundlagen der Unternehmensgründung in der Net Economy. 4. Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden.

Lee 2014 Lee, Timothy: The IPO is dying. Marc Andreessen explains why. Online: http:// www.vox.com/2014/6/26/5837638/the-ipo-is-dying-marc-andreessen-explains-why Abruf: 06.05.2015.

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Paka 2015 Paka, Amit: The Rise Of Micro Startup Acquisitions. Online: http://techcrunch.com/ 2015/04/15/rise-of-micro-startup-acquisitions Abruf: 20.04.2015.

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Richter 2014 Richter, Felix: Startup Funding Shows Signs of New Tech Bubble. Online: http:// www.statista.com/chart/2732/venture-capital-investments-in-the-us Abruf: 02.05.2015.

Ripsas 1997 Ripsas, Sven: Entrepreneurship als ökonomischer Prozess. Gabler Verlag, Wiesbaden.

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Wilson 2014 Wilson, Fred: The Bubble Question. Online: http://avc.com/2014/03/the-bubble- question/ Abruf: 02.05.2015. 19

6 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: 5 Entwicklungsphasen eines Startups nach DSM 2014 KPMG (Hrsg.): #DSM : Deutscher Startup Monitor 2014. Online: http:// deutscherstartupmonitor.de/fileadmin/dsm/dsm-14/DSM_2014.pdf Abruf: 29.03.2015.

Abb. 2: How Startup Funding Works Vital, Anna: How funding works : splitting the equity pie with investors. Online: http:// fundersandfounders.com/how-funding-works-splitting-equity/ Abruf: 30.03.2015

Abb. 3: Finanzierung der wesentlichen Entwicklungsphasen von Startups eigene Darstellung nach DSM 2014, Graham 2005, Vital 2013 (siehe Literaturverzeichnis)

Abb. 4: Startup Funding Shows Signs of New Tech Bubble Richter, Felix: Startup Funding Shows Signs of New Tech Bubble. Online: http:// www.statista.com/chart/2732/venture-capital-investments-in-the-us Abruf: 02.05.2015

Abb. 5: PwC MoneyTree Report Q4 2014/Full-year 2014 - Investments by industry 2013-2014 PricewaterhouseCoopers, National Venture Capital Association: MoneyTree Report Q4 2014/ Full-year 2014. erschienen Februar 2015. Online: http://www.pwc.com/ en_US/us/technology/assets/pwc-moneytree-q4-full-year-2014-summary.pdf Abruf: 02.05.2015.

Abb. 6: Median post-money valuation of investment rounds Maris, Bill: Tech Bubble? Maybe, Maybe Not. Online: http://techcrunch.com/ 2015/03/24/tech-bubble-maybe-maybe-not/ Abruf: 16.04.2015.

Abb. 7: Late stage valuation compared to VC fundraising Maris, Bill: Tech Bubble? Maybe, Maybe Not. Online: http://techcrunch.com/ 2015/03/24/tech-bubble-maybe-maybe-not/ Abruf: 16.04.2015.

Abb. 8: Years from founding to IPO (mean) Maris, Bill: Tech Bubble? Maybe, Maybe Not. Online: http://techcrunch.com/ 2015/03/24/tech-bubble-maybe-maybe-not/ Abruf: 16.04.2015. 20

Abb. 9: Number of VC investments Maris, Bill: Tech Bubble? Maybe, Maybe Not. Online: http://techcrunch.com/ 2015/03/24/tech-bubble-maybe-maybe-not/ Abruf: 16.04.2015.

Abb. 10: U.S. Seed Deal Volume Vs. Dollars Invested 2005 - 2014 Morrill, Danielle: Why Is the Number of Seed Rounds Raised in 2014 Down 30%?. Online: https://medium.com/mattermark-daily/why-is-the-number-of-seed-rounds- raised-in-q4-2014-down-30-38627517ca4e Abruf: 31.03.2015.