Kapiteltitel Autor „Als die Mauer fi el, war klar: Jetzt greifen wir an“

Reiner Calmund Reiner Calmund ist immer wieder gern in Berlin zu Gast. Hier Arm in Arm mit Matthias Platzeck, Ministerpräsident „Als die Mauer fi el, war klar: Jetzt greifen des Landes Brandenburg, auf der Benefi z-Gala „Goldene Sportpyramide 2010“ am wir an“ 14. Mai 2010 im Hotel Adlon.

Die deutsche Teilung und Wiedervereinigung Besuch bei Verwandten im Osten – für mich da- sind für Reiner Calmund Lebensthemen. Doch mals eine völlig andere Welt. Die lebten auf dem selbst im ereignisreichen November 1989 ließ ihn Land, da kam das Wasser noch aus dem Brunnen, seine Passion, der Fußball, nicht los: Als alle noch und in der Mitte des Dorfes gab es ein Backhaus, den Mauerfall feierten, streckte Calmund bereits in dem alle Familien ihr Brot und ihren Kuchen die Fühler nach den besten DDR-Kickern aus. backten – auf riesigen Blechen! Ich habe mich bei Und machte schließlich den ersten deutsch-deut- diesen freundlichen Menschen immer sehr wohl schen Transfer der Geschichte perfekt. Im Inter- gefühlt. Die Limo schmeckte zwar nicht so gut wie view schildert der frühere Manager von Bayer 04 bei uns, aber ansonsten fehlte es mir an nichts. Leverkusen, wie er sich damals trickreich gegen Dann, im August 1961 – ich war mit meinen El- die Konkurrenz durchsetzte. Und erklärt, warum tern gerade im Urlaub in Österreich – hieß es mor- die Fußballeinheit auch 20 Jahre danach nicht gens plötzlich: Der Ulbricht hat eine Mauer hoch- vollständig geglückt ist. ziehen lassen. Und wenig später sahen wir auch schon die grässlichen Bilder im Fernsehen. Reiner Calmund, welche Beziehung hatten Sie zur DDR? Das Thema deutsche Teilung hat Sie seitdem nicht Calmund: Meine Mutter stammte ursprünglich losgelassen? 20 Jahre nach der Wieder- aus Thüringen. Als Kind war ich deshalb häufi g zu ich sie stets zu den markanten Punkten an der Sek- vereinigung erinnern nur Calmund: Nie. Besonders faszinierend fand ich torengrenze geschleppt, ihnen auch die historischen noch Bruchstücke an die einstige Mauer. Reiner Cal- es immer, in Berlin zu sein. Während meiner Zeit Stätten des Widerstandes gegen den Nationalsozia- mund resite damals umge- als Jugendleiter und Auswahltrainer beim Kreisver- lismus gezeigt. Noch im Sommer 1989 war ich hend in die geteilte Stadt, um die historischen Ereig- band nahmen wir dort häufi g an Turnieren teil. übrigens mit der Leverkusener U23-Mannschaft zu nisse mitzuerleben. Dabei stand auch immer Geschichtsunterricht auf Gast beim Pokalfi nale im Olympiastadion. Da es dem Programm. Ich fand es einfach wichtig, dass aber in ganz West-Berlin keine Hotelbetten mehr die Jungs nicht nur an Fußball denken; also habe gab, sind wir kurzerhand mit dem Bus über die Grenze, haben im Osten übernachtet und sind am nächsten Tag wieder rüber – mit all den Spielchen, die zu solch einer Stippvisite dazugehörten. Hätte Ein historischer Moment: Im Berliner Grand Hotel werden der mir damals jemand gesagt, dass das ein paar Monate Vertrag und der Transfer von Andreas Thom Ende 1989 perfekt später Geschichte sein würde, ich hätte ihn für ver- gemacht.Vordere Reihe (v.r.): Jürgen Bogs (2. Vorsitzender BFC Dynamo Berlin), Manfred Kraft (Vorsitzender BFC Dynamo rückt erklärt. Berlin), Andreas Thom, Gert-Achim Fischer (Präsident von Bayer04 Leverkusen), Roland Weißbart (Mitarbeiter des DDR- Fußballverbandes für internationale Angelegenheiten); hintere Reihe, links verdeckt: Wolfgang Spitzner (Verhandlungsführer Als am 9. November 1989 die Mauer fällt, hält und Generalsekretär des DDR-Fußballverbandes); links mit Brille: Jörg Neubauer (heute erfolgreicher Spielerberater, es den Fußballmanager Reiner Calmund nicht mehr 1989 Pressesprecher des DDR-Fußballverbandes und persön- an seinem Schreibtisch beim Bundesligisten Bayer licher Sekretär des Generalsekretärs); Mitte: Reiner Calmund (Manager ). 04 Leverkusen. Calmund ist zutiefst beeindruckt

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von dem, was dort in Berlin vor sich geht. Er will Die Arbeit spielte an diesem Wochenende keine Rolle? quartier nach Lindabrunn gefahren. Ich sagte zu Inzwischen ein Sammler- stück: Marken für Mitglieds- dabei sein, will Geschichte atmen. Zwei Tage später, ihm am Telefon: Da herrscht jetzt bestimmt ein beiträge im Mitgliedsbuch am 11. November, landet der Rheinländer in einer Calmund: Wirklich nicht. Aber montags, als riesiges Chaos; sieh zu, dass die DDR-Delegation des DTSB (Deutscher Turn- und Sportbund) der DDR. Stadt im Ausnahmezustand. Die Straßen sind ich wieder in Leverkusen am Schreibtisch saß, war denkt, du gehörst zu den Österreichern, und die schwarz vor Menschen, die ihre neue Freiheit immer natürlich klar: Jetzt greifen wir an. Österreicher glauben, du bist aus dem DDR-Team. noch nicht fassen können. Sein Weg führt Calmund Karnath war damals unser Schlüssel für die Aktion. zunächst ins Olympiastadion, wo am Nachmittag Am Ende des Tages hatten wir die Kontaktdaten all die Hertha gegen Wattenscheid antritt – ein Zweit- Denn die Öffnung der Grenzen hat auch Aus- unserer Wunschspieler. liga-Kick, bei dem man normalerweise jeden Besu- wirkungen auf den Fußball: War es bislang schlicht cher per Handschlag begrüßen könnte. Doch an undenkbar, dass ein „Staatsamateur“ aus der DDR Wie ging es danach weiter? diesem Tag ist die Arena mit mehr als 60.000 Men- auf legalem Weg ins „kapitalistische Ausland“ wech- schen, die meisten aus dem Osten, pickepackevoll. selt, so scheint nun plötzlich alles möglich. Ganz Calmund: Das Spiel war mittwochs, am Don- haben die Tapeten Ohren. Um ihn zu beruhigen, oben auf der Wunschliste von Bayer Leverkusen nerstagabend stand ich in Ost-Berlin bei Andreas sagte ich zu ihm – und den unsichtbaren Mithö- Calmund: Das Spiel hat mich damals gar nicht stehen drei Namen: Andreas Thom, der Lieblings- Thom vor der Tür, in einem dieser Plattenbauten rern: Andreas, wir gehen den ganz offi ziellen Weg. interessiert. Ich wollte nur diese besondere Atmo- spieler von Stasi-Chef Erich Mielke beim BFC Dy- in der Nähe des Alexanderplatzes, wo die Privile- Wenn du mir hier und heute dein Wort gibst, dass sphäre aufsaugen und mit den Menschen aus dem namo, sowie die beiden Dresdner und gierten wohnten. Da gab es keine Klingelschilder, du künftig für Bayer Leverkusen spielen willst, anderen Deutschland ins Gespräch kommen, sie Matthias Sammer. Doch auf die Stars hat natürlich man brauchte also die exakte Adresse mit Haus- dann stehe ich morgen beim Verband auf der Mat- fragen: Was habt ihr jetzt vor? Was sind eure Hoff- die halbe ein Auge geworfen, vom Aus- nummer, Stockwerk und Wohnung. Als Thom auf- te und bitte um Aufnahme von Transferverhand- nungen? Mit ein paar jungen Leuten habe ich land ganz zu schweigen. Also gibt Calmund die machte, war er sehr nervös, und mir war klar, hier lungen. später noch die halbe Nacht zusammen gesessen. Devise aus: Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen! Er muss un- bedingt der Erste sein, der Kontakt zu den Spielern aufnimmt. Der Blick des umtriebigen Managers ist auf Wien gerichtet. Nur sechs Tage nach dem Mauer- fall, am 15. November, tritt die Nationalmann- schaft der DDR dort zum entscheidenden WM- Qualifi kationsspiel gegen Österreich an. Calmund schickt seine beiden besten Spielerbeobachter ins Prater-Stadion, wo sie auf der Tribüne neben den Spähern der anderen Bundesligaclubs sitzen – weit weg von den Kickern. Sein Trumpf aber ist ganz dicht dran.

Calmund: Wir haben unseren A-Jugend-Betreuer Wolfgang Karnath als Presse-Fotografen akkreditie- ren lassen und mit Kamera und Leibchen in den Innenraum geschleust. Ein dreister, aber charman- ter Typ, völlig ohne Hemmungen. Der ging hinter dir in die Drehtür rein und kam vor dir wieder raus. Karnath stand während des Spiels die ganze Zeit über in der Nähe der DDR-Bank. Nachher Wenige Tage nach dem Mauerfall hat Calmund schon die Fühler ausgestreckt: Nach dem Auch der Sport wird nach der Wende neu organisiert: Die Landesverbandsvorsitzenden von Brandenburg, Sachsen, Sachsen- WM-Qualifi kationsspiel Österreich-DDR am 15. November 1989 in Wien liegen ihm die Kon- hat er Thom, Kirsten und Sammer einfach ange- Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und der DSB-Präsident Hans Hansen (4.v.l.) nach der Vereinigung des deutschen Sports taktdaten seiner Wunschspieler vor. quatscht, ist dann sogar mit ihnen ins Mannschafts- unter dem Dach des Deutschen Sportbundes (DSB) am 15. Dezember 1990 in Hannover.

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So ist es dann auch gekommen? viel, und die Italiener hätten sicher auch mehr be- pfl ichten. Ob wir überhaupt bedacht hätten, dass zahlt. Für Bayer bedeuteten drei Millionen damals darunter das Image des Konzerns leiden würde. Sinn- Calmund: Am nächsten Tag bin ich mit einem aber eine Rekord-Summe. gemäß meinte der Bundeskanzler, wir könnten die offi ziellen Bittschreiben in die Storkower Straße DDR nicht einfach so leer kaufen. zum Deutschen Turn- und Sportbund marschiert. Damit war der erste deutsch-deutsche Transfer in der Die waren ganz schön perplex und ließen mich erst Geschichte perfekt. Mit Ulf Kirsten und Matthias Sammer Sie selbst hatten keine Skrupel? mal lange warten. Aber nach zwei Stunden bekam lief es dann allerdings nicht so rund. Der Bundeskanzler ich schließlich die gewünschte Empfangsbestäti- persönlich intervenierte. Calmund: Kohls Argumentation konnte ich gung. Mit diesem Stempel konnte ich dann auch nachvollziehen. Trotzdem passte mir das damals Andreas Thom beruhigen. Die anschließenden Calmund: Bayer hatte mir grünes Licht für alle natürlich nicht, und ich hielt dagegen, dass die Stars Transferverhandlungen, bei denen auf der Gegen- drei Transfers gegeben, und mit den Spielern waren ohnehin in den Westen wechseln würden. Unser seite wohlgemerkt nicht Thoms Klub, sondern der wir uns ja auch schnell einig. Doch dann kam Hel- Präsident hat das Thema Sammer und Kirsten dann DDR-Fußballverband federführend war, verliefen mut Kohl nach und traf dort am Rande aber zu den Akten gelegt. Allerdings nur vorüber- auf Augenhöhe. Der Verhandlungsführer Wolfgang einer Kundgebung mit Vertretern der Wirtschaft gehend, denn ein paar Monate später, als die Sache Spitzner war gut vorbereitet und ausgeschlafen, der zusammen – darunter auch die Spitze der Bayer AG. längst nicht mehr so heiß gekocht wurde, haben hätte sich nie und nimmer über den Tisch ziehen Kohl war ungehalten, er sagte, Bayer könne es sich wir zumindest Kirsten doch noch verpfl ichtet. Der lassen. Am Ende einigten wir uns auf eine Ablöse- aus politischen und wirtschaftlichen Gründen nicht stand zwar inzwischen bei Borussia Dortmund im summe von insgesamt rund drei Millionen D-Mark. erlauben, so kurz nach dem Mauerfall gleich drei Wort, hatte aber noch keinen Vertrag unterschrie- Das Siegerfoto des Bundesligisten Bayer Leverkusen (vorn v.l.n.r.): Josef Nehl, Christian Wörns, Das klingt für heutige Verhältnisse vielleicht nicht aktuelle DDR-Nationalspieler auf einmal zu ver- ben. Also schnappte ich ihn mir und bearbeitete Torschütze Ulf Kirsten (mit Pokal), Kapitän Franco Foda und Heiko Scholz; (hinten v.l.n.r.) ihn so lange, bis er umgeschwenkt ist. Mein Gott, Stefan Hanke, Marcus Happe, Pavel Hapal. Ioan Lupescu Andreas Fischer, Torhüter Rüdiger Vor einer großen Fange- Vollborn und Guido Hoffmann. meinde gewinnt der SG Dy- was war Dortmunds Manager Michael Meier danach namo Dresden das Oberliga- sauer auf mich, aber ich musste die Interessen des Kassel. Berger bittet seinen Freund, sich zweier Be- spiel am im März 1990 gegen den FC Carl Zeiss Vereins in den Vordergrund stellen. Heute bin ich kannter anzunehmen, die aufgewühlt bei ihm auf Jena mit 4:0 im Dynamo- froh darüber, denn Kirsten war defi nitiv der beste dem Sofa sitzen. Falko Götz und Dirk Schlegel ha- Stadion in Dresden, hier Ulf Kirsten bei einem tollen Einkauf, den ich je gemacht habe. ben sich wenige Tage zuvor vor einem Europapokal- Sprung. Kirsten war 1989/90 spiel ihres Klubs BFC Dynamo in Belgrad von der Fußballer des Jahres. Mannschaft abgesetzt und mit falschen Pässen per Ulf Kirsten schießt in 350 Bundesligaspielen für Zug in die BRD durchgeschlagen. Bis vor die Haus- Leverkusen 182 Tore, wird viermal Vizemeister und tür ihres ehemaligen Auswahltrainers Berger. Jetzt dreimal Torschützenkönig. Andreas Thom trifft in benötigen sie Schutz vor der Stasi. Berger, selbst 161 Spielen 36 Mal. Gemeinsam gewinnen sie 1993 1979 über Jugoslawien gefl üchtet, kann nicht hel- den DFB-Pokal. fen, da er Repressionen gegen seine Eltern fürchtet, die noch immer in der DDR leben. Also fährt Cal- Kirsten und Thom waren aber nicht das erste ostdeutsche mund nach Kassel und holt die beiden Spieler ab. Fußballer-Duo unter dem Bayerkreuz. Sechs Jahre zuvor nahmen Sie zwei Spieler auf, die gerade aus der DDR gefl üch- Calmund: Schon zu Beginn der Rückfahrt hef- tet waren. Danach gerieten Sie sogar ins Visier der Stasi. tete sich uns ein Wagen an die Fersen, den ich bis Leverkusen aber zum Glück wieder abhängen Calmund: Stimmt, das war seinerzeit ein rich- konnte. Götz und Schlegel kamen dann erst mal tiger Krimi. unter falschem Namen im Hotel unter. Und das Bundeskriminalamt machte mir unmissverständ- lich klar, dass auch ich gefährdet sei und für die Im November 1983 erhält Calmund einen An- nächsten Tage dort bleiben müsse. Anfangs fand ich ruf von Jörg Berger, damals Trainer von Hessen das noch spannend, mit einem bewaffneten Body-

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gen, woraufhin er wütend wieder abgezogen ist. Zu Reiner Calmund, ist die deutsche Fußballeinheit ge- allem Unglück hatten ihm unten auf dem Parkplatz scheitert? Souvenirjäger seine DDR-Diplomaten-Nummern- schilder abgeschraubt. Also mussten wir ihm auch Calmund: Der DDR-Fußball hatte gegenüber noch ein rotes Kennzeichen besorgen, damit er über- der Bundesliga natürlich große Nachteile: in der haupt bis zur Grenze zurückkam. Infrastruktur, bei den Stadien, bei den Sponsoren. Und auch das Vereinsmanagement war überhaupt Wissen Sie, ob die Stasi Akten über Sie geführt hat? nicht mit dem im Westen vergleichbar. Wie denn auch, die hatten doch jahrzehntelang in einem völlig Calmund: Akten gibt’s ganz sicher. Nicht um- anderen Gesellschaftssystem gearbeitet. Und dann sonst haben mir die Vopos an der Zonengrenze bei kamen sie plötzlich in die Bundesliga, wo die Uh- der Einreise in die DDR manches Mal gesagt, Herr ren ganz anders liefen. Dort mussten sie sich mit Calmund, nehmen Sie bitte keinen Kontakt zur einer riesigen Medienlandschaft auseinandersetzen, Familie von Falko Götz auf. Und der Besuch des was sie nie gelernt hatten. Und auch die Spieler Justizministeriums-Gesandten wird ja auch irgend- waren nicht mehr so leicht zu führen wie vorher, wo abgeheftet worden sein. Jörg Berger riet mir weil sie jetzt viel mehr verdienten und nicht mehr Die ehemaligen Spieler des guard vor der Tür. Die Angst kam erst, als ich wie- aber nach der Wende dringend davon ab, meine zu allem Ja und Amen sagten. Die Spieler der deutschen Fußballnationalmannschaft 2002 in Yokohama vor dem Endspiel der BFC Dynamo Berlin, Falko der raus durfte und meine Nachbarn mir berichteten, Akte einzusehen. Und weil ihn das Studium seiner 17. Weltmeisterschaft gegen Brasilien: Stehend (v.l.): , , Marco Götz (l.) und Dirk Schlegel Bode, , ; Kniend (v.l.): , Carsten Ramelow, (r.) im November 1983 im dass seltsame Typen in Autos mit riesigen Antennen eigenen ja tief getroffen hat, habe ich diesen Rat Wie haben die Klubs reagiert? Bernd Schneider, , , . Trikot von Bayer Leverkusen. durch unsere Siedlung gekurvt seien. Da habe ich letztlich auch befolgt. Obwohl mich schon interes- Die DDR-Sportler hatten kurz zuvor ein Spiel ihres zu Hause erst mal alle Schränke durchwühlt und siert, ob es auch im Westen Menschen gab, die Calmund: Die haben ihr Heil damals häufi g in Vereins gegen Partizan Bel- unter dem Bett nachgesehen. mich verpfi ffen haben. Aber warum soll ich mich Trainerwechseln gesucht. Stattdessen hätten die grad zur Flucht in den Wes- ten genutzt. jetzt noch ärgern? Ich habe irgendwann mal ein Vereinsoberen sich besser selbst ausgewechselt oder Hatten Sie auch direkten Kontakt zur Staatssicherheit? bisschen rumgeschnüffelt, dann aber entschieden, ihr Management personell verstärkt. Denn Trainer die Sache ruhen zu lassen. und Spieler waren gar nicht das Problem. Im Ge- Calmund: Ein Gesandter des DDR-Justizminis- genteil: Obwohl die DDR ja viel kleiner war und teriums kam ein paar Tage später zu uns in die Ge- viel weniger Jugendspieler hatte, wurde dort un- schäftsstelle und verlangte, die beiden Spieler zu Wie Falko Götz und Dirk Schlegel gelang nur glaublich gut gearbeitet. Noch 2002, als Deutsch- sprechen. Darauf sind wir natürlich nicht eingegan- wenigen die Flucht aus der DDR. Für viele ihrer land Vize-Weltmeister wurde, bestand knapp die Kollegen zeichnete sich die Möglichkeit einer Kar- Hälfte des Kaders aus Spielern, die in der DDR riere im Westen erst mit dem Fall der Mauer ab. aufgewachsen und ausgebildet worden sind: Tho- Ihren vormaligen Vereinen hingegen erging es mas Linke, Jens Jeremies, , Bernd weniger gut: 20 Jahre nach der Wiedervereinigung Schneider ... die spielten nicht nur mit, sondern fi ndet sich in der Bundesliga kein einziger Ost-Klub, waren absolute Führungspersönlichkeiten und in der Zweiten Liga sind es gerade drei. Dynamo Leistungsträger, auch in ihren Klubs. Sportlich ge- Dresden tritt heute in der dritthöchsten Spielklasse sehen ist die Fußballeinheit also geglückt. Nur die an, DDR-Rekordmeister BFC Dynamo in der Balance zwischen Ost- und West-Vereinen stimmt fünfthöchsten. nach wie vor nicht. Um das zu ändern, wird es in der Zukunft vor allem Visionen, gute Konzepte und fi nanzielle Unterstützung brauchen. Einheit auf dem Fußballplatz: Nationalspieler Michael Ballack (geboren 1976 in Görlitz) und Torwart Oliver Kahn (geboren 1969 in Karlsruhe) nach dem Schlusspfi ff am 25. Juni 2002 im Halbfi nalspiel gegen Südkorea. Durch das dritte Turnier- Der deutsche Fußball beschert ein Sommermärchen und stärkt auf einigartige Weise das Ge- Tor Ballacks gewann die Mannschaft vor 65.256 Zuschauern fühl der Zusammengehörigkeit. Tausende Fußballfans auf der Fanmeile zur Fußball-Weltmeis- in Seoul mit 1:0. Das Interview führte Daniel Schwitzer terschaft 2006 am Brandenburger Tor in Berlin.

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