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Wilhelm Heine JAPAN Beiträge zur Kenntnis des Landes und seiner Bewohner Herausgegeben von Andrea Hirner und Bruno Richtsfeld J.H. Röll-Verlag Die Deutsche Bibliothek – CIP Einheitsaufnahme Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http:/dnb.d-nb.de abrufbar. Fotos: Josef Röll, Dettelbach Umschlag: Niphon Bassi (Die Brücke von Nihon Bashi) Foto: Wilhelm Heine, Eine Schule: Marianne Franke ©2019 Verlag J.H. Röll GmbH Dettelbach a.M. Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigungen aller Art, auch auszugsweise, bedürfen der Zustimmung des Verlags und des Herausgebers. Gedruckt auf chlorfreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-89754-432-1 Wilhelm Heine Sein Leben und sein Werk Japan. Beiträge zur Kenntnis des Landes und seiner Bewohner Andrea Hirner Wilhelm Heine (* 30.1.1827 – † 5.10.1885) Biographie Bernhard Peter Wilhelm Heine wurde am 30. Januar (1802-1871) zu erlernen, bei dem Wagner immer wieder 1827 in eine künstlerische Umgebung hinein geboren, Dekorationen bestellte. die seine ersten beiden Lebensjahrzehnte bestimmte. Heine erhielt dafür ein Stipendium für drei Jahre und Sein Vater Ferdinand (1798-1872) diente als Schauspie- begab sich im Sommer 1846 nach Paris. Die französi- ler am Königlichen Hoftheater in Dresden, entwarf aber sche Hauptstadt war in Europa führend in künstleri- auch Kostüme und später Dekorationen. Das damalige scher Hinsicht und zugleich ein Hexenkessel politischer Hoftheater war noch von bescheidenem Äußeren, denn Wünsche und Vorstellungen, die von der Polizei müh- Gottfried Sempers berühmte Hofoper entstand erst viel sam unterdrückt wurden. Anarchisten, Sozialisten und später. andere radikale Erneuerer hatten sich hier versammelt 1832 folgte noch eine Tochter mit Namen Marie, und und entwarfen Ideen für die Erneuerung Europas und die Familie Heine führte ein einfaches, aber glückli- die Emanzipation des Arbeiterproletariats. ches Familienleben mit vielen Bekannten und Kollegen Seinem Auftrag entsprechend arbeitete Heine in der vom Theater. Dazu kam 1842 eine befreundete Familie, Grand Opéra, als er vom Malergerüst stürzte und auf Richard und Minna Wagner, als der Komponist nach dem Marmorboden aufschlug. Mehrere Tage war nicht Dresden zurückkehrte, um hier seinen „Rienzi“ in einer klar, ob er überleben würde. Vielleicht trug der Unfall Uraufführung zu bringen. Das Ehepaar war häufig Gast daran Schuld, dass er bereits im Spätsommer des Jah- der Familie Heine, und Wagner begleitete wohlwollend res 1848 nach Dresden zurückkehrte, vielleicht waren es das Heranwachsen von „Wilm“, wie er den Erstgebore- aber auch die Folgen der Februarrevolution in Paris mit nen nannte. ihren Barrikadenkämpfen. Wilhelm entwickelte sich zu einem hochgewachsenen Im September 1848 wurde Heine als königlicher Hof- jungen Mann. 1843 begann er ein Studium der Archi- theatermaler auf Probe von der Intendanz in Dresden tektur in der Bauschule von Gottfried Semper (1803- angestellt und erhielt im April des nächsten Jahres einen 1873), der 1834 nach Dresden berufen worden war. festen Vertrag mit 400 Talern Jahresgehalt. Als erste Ar- Frühe Entwürfe beweisen seine Begabung für das Kon- beit wurde ihm die Dekoration für die geplante Urauf- struieren und die Architekturzeichnung. Sein Studium führung des „Lohengrin“ von Wagner aufgetragen. Er rundete er bei dem bekannten Landschaftsmaler Julius war mitten in der Arbeit, als die Intendanz den Auftrag Hübner (1806-1882) in Dresden ab, einem Vertreter der stornierte: Wagner war mit polemischen Artikeln und Düsseldorfer Malschule. Äußerungen unangenehm aufgefallen. Der Komponist Es waren Semper und Wagner, die dem Leben von dachte dabei eher an Kunst als an Politik, aber seit März Wilhelm Heine eine entscheidende Richtung gaben. 1849 wohnte unter fremdem Namen der Anarchist Semper hatte 1838 den Auftrag für ein neues Hoftheater Michail Bakunin (1814-1876) Tür an Tür mit ihm, und erhalten, in dem Richard Wagner seine Opern auffüh- beide trafen sich in dem Verlangen, die ihrer Meinung ren sollte. Dafür entwickelten beide revolutionäre Ideen: nach alte und verrottete Gesellschaft in einer Revoluti- Semper wollte in seinem Bau Architektur, Ausstattung on zu zerstören. und Bühnendekoration zu einer Einheit verschmelzen, Diese Revolution kam im Mai 1849 nach Dresden, und Wagner plante seine Opern als „dionysisches Fest“, und Semper, Wagner und Wilhelm Heine wurden von nicht als Unterhaltung für Monarchen und Publikum. den Ereignissen überrollt. Semper und Wagner galten Wilhelm wurde dazu ausersehen, für die Dekoratio- wegen ihrer Beteiligung als „Demokraten I. Klasse“ nen der neuen Hofoper im damals führenden Paris die und mussten nach der Niederschlagung des Aufstands Bühnenmalerei im Atelier von Edouard Désplechin über Nacht flüchten. Heine stand nicht auf der Liste 7 benannt), das der Potomac-Armee zugeordnet war. Für diese fehlende Einheit in Deutschland als Grund für seine Verdienste wurde er (zusammen mit vielen an- seine Flucht angegeben. deren Offizieren) am 13. März 1865 zum „Brigade-Ge- Ende September 1871 bestieg er zusammen mit sei- neral“ ernannt, ein nur nomineller Titel, den er voller ner nun 12jährigen Tochter Katherine einen Dampfer, Stolz trug. um in die Dresdner Heimat zurückzukehren. Katheri- Der amerikanische Außenminister William H. Se- ne musste erst mühsam Deutsch lernen, eine Sprache, ward (1801-1872), den Heine gut kannte, entsprach sei- die sie nie besonders schätzte. Beide lebten im Wald- nen Wünschen und schickte ihn als Ersten Attaché nach park in Dresden-Blasewitz, wo Heine versuchte, auch Paris, zuerst unter dem Gesandten John Bigelow (1817- wieder als Maler Beschäftigung zu finden. Gelegentlich 1911), einem Freund der Familie, dann unter General konnte er Bilder ausstellen, daneben veröffentlichte er John Adams Dix (1798-1879), den Heine vom Bürger- als Ergebnis seiner Aufenthalte und als Zeitzeuge tief- krieg her kannte. greifender historischer Entwicklungen in Japan Reise- Ein großes Ereignis für Heine war die Pariser Welt- berichte und zahlreiche Beiträge über Japan und seine ausstellung 1867, auf der sich zum ersten Mal auch Ja- Geschichte. pan präsentierte. Die Anwesenheit der Gesandtschaft 1878 erkrankte Heine wieder schwer und wurde für wurde überschattet von den Auseinandersetzungen in einige Zeit in ein Erholungsheim für Invalide in den der japanischen Heimat, wo das Shōgunat ums Über- USA geschickt. Nach seiner Rückkehr blieb er allein, leben kämpfte, und die Nationalisten die Rückkehr des denn im September 1882 heiratete seine Tochter Edgar Kaisers vorbereiteten. Hanfstaengl (1842-1910) und zog nach München. Heine Der Gesandte General Dix und Heine gaben 1869 ihr gab seinen Wohnsitz in Dresden auf und lebte von da Abschiedsbankett in Paris. Während der General nach an in der Nähe in Kötzschenbroda, wo er als amerika- Amerika zurückkehrte, wurde Heine anschließend zum nischer Brigadegeneral a.D. gemeldet war, obwohl die amerikanischen Konsul in Liverpool ernannt, ein Amt, amerikanischen Behörden ihm inzwischen diese Be- das er 1871 aufgab. zeichnung untersagt hatten. Auch seiner Bitte um Erhö- Das Jahr war entscheidend für ihn, denn das Deut- hung seiner Dollarrente wurde nicht entsprochen. Sein sche Kaiserreich war im Spiegelsaal von Versailles aus- Gesundheitszustand verschlechterte sich zusehends. gerufen worden, die auch von Heine ersehnte nationale Am 5. Oktober 1885 endete Heines wechselvolles und Einheit damit erreicht. In seinem Abschiedsbrief an den nicht immer glückliches Leben in Kötzschenbroda. Intendanten von Lüttichau im Juni 1848 hatte Heine 10 Bruno J. Richtsfeld Wilhelm Heine und sein Werk Japan. Beiträge zur Kenntniss des Landes und seiner Bewohner Heines letztes großes Werk war der zwischen 1873 und den Fachkollegen während der Reise von zunehmender 1875 erschienene aufwändige Folioband „Japan. Beiträge Abneigung geprägt war. Heine schloss sich daher mehr zur Kenntniss des Landes und seiner Bewohner.“ Man den Fotografen an, denen er Hinweise auf vielverspre- darf vermuten, dass er ihn als Krönung seiner langjäh- chende Szenerien gab, die er später für seine Studien des rigen Bestrebungen ansah, das Inselreich dem deutsch- „Volkslebens“ verwenden wollte. sprachigen Bildungsbürgertum näher zu bringen. Denn Während der Zeit der Vorbereitung seines Buches litt als er im Oktober 1871 nach Deutschland zurückgekehrt Heine unter den Nachwirkungen eines Schlaganfalls war, musste er feststellen, dass in dem offiziellen Rei- und bemühte sich vermutlich deshalb um die Mitar- sebericht der Preußischen Ostasien-Expedition (1859- beit von vier seiner ehemaligen Malerfreunde aus der 1862) seine eigenen Skizzen und Fotografien nicht be- Studienzeit bei Julius Hübner: Es waren dies die Brüder rücksichtigt worden waren. Mühlig, Guido Hammer und Ludwig Albrecht Schu- In seinem Vorwort des Foliobandes (ohne Paginie- ster. Meno (bzw. Menno) Mühlig (1823-1873), Vater des rung, 2. Seite), das auf den 1. März 1875 datiert ist, geht berühmteren Malers Hugo Mühlig (1823-1929), war Heine kurz auf die Entstehung des Werkes ein: gleich seinem Bruder Bernhard (Benno; 1829-1910) als „Als ich im Jahr 1871 nach Deutschland zurückkehrte, Genre- und Landschaftsmaler tätig, Benno auch als fand ich, dass in dem von der Königlich Preussischen Tiermaler. Auch (Edmund) Guido Hammer (1821-1898) Regierung veröffentlichten umfangreichen Werke über hatte sich einen Namen als Tiermaler gemacht; er war die Expedition nach Ostasien nicht ein