Fachbereich Politik- und Sozial- wissenschaften Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft Prof. Dr. Johannes Tuchel Forschungsstelle Widerstandsgeschichte Stauffenbergstraße 13-14 D-10785 Berlin Telefon: +49 30 – 26 99 50 00 Fax: +49 30 – 26 99 50 10 e-Mail:
[email protected] Johannes Tuchel Normalität der Integration oder Ignoranz der Verbrechen? Überlegungen zur Darstellung des Generalrichters Manfred Roeder in Ingrid Bergs Aufsatz „Kommunalpolitik mit NS‐ Vergangenheit? Manfred Roeder als Beigeordneter in Glashütten, in: Jahrbuch Hochtaunus‐ kreis 26 (2018), S. 205 ff. Unkorrigierte Manuskriptfassung, Berlin im April 2019 Seite 2 Ingrid Berg hat in ihrem Aufsatz auf der Grundlage vor allem der lokalen und regionalen Archi‐ ve die lokalpolitische Bedeutung des ehemaligen Generalrichters der Luftwaffe Manfred Ro‐ eder in den 1960er Jahren gewürdigt. Es geht ihr dabei „ausdrücklich nicht um eine Biografie Manfred Roeders, nicht um seine Rolle im verbrecherischen Apparat des Dritten Reiches und erst recht nicht um eine Beurteilung seines Handelns nach heutigen ethischen Maßstäben. Es geht vielmehr um die Rolle, die Manfred Roeder in Glashüttener Kommunalpolitik zugekom‐ men ist.“1 Trotz dieser Einschränkungen nennt Berg eine Reihe von biografischen Daten und liefert allgemeine Einschätzungen des Roederschen Handelns, die nichts mit Glashütten zu tun haben. Diese scheinen mir an einigen Stellen ergänzungs‐ und korrekturbedürftig zu sein. Viel‐ leicht lassen sich dann auch einige Fragen an den Umgang mit Manfred Roeders Vergangenheit in Glashütten präziser als bisher stellen. Welche prägenden Erlebnisse lassen sich in der Biografie Roeders finden?2 Der am 20. August 1900 in Kiel geborene machte als 17‐Jähriger 1917 sein „Notabitur“ an einem Berliner Gymna‐ sium. Er meldete sich freiwillig zum Heer und diente beim 3.