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Musikstunde 23. März 2013

Música Brasileira Eine musikalische Reise durch Brasilien

Mit Susanne Herzog

1a. Musik Carlinhos Brown Fanfarra (Cabua-Le-Le) <1> aufblenden bei 1‟00 bis 1‟15 frei dann unter dem Text ausblenden [0‟15 frei] Titel CD: Brasileiro Elektra, 7559-61315-2, LC 0192 WDR 5523 296

Um beim Karneval dabei zu sein, hat die brasilianische Musiklegende Milton Nascimento schon mal eine Grammy Verleihung sausen lassen: den Brasilianern ist ihr Karneval eben heilig. Egal ob in Rio de Janeiro oder in Salvador da Bahia: getrommelt, gesungen, getanzt, gefeiert wird überall bis zum Umfallen. Im Sambódromo in Rio, dieser 700 Meter langen Bahn, auf die zehntausende Zuschauer von ihren Plätzen herab schauen, marschieren alljährlich die besten Sambaschulen auf und präsentieren ihre Shows: in bunten Kostümen, mit phantasievollen Wagen, der trommelnden „bateria“ und natürlich hervorragenden Tänzerinnen. Bis zu 5000 Leute können bei so einer Choreographie mitwirken! Fast ein Jahr lang arbeiten die Sambaschulen an ihrem jeweils rund 90 minütigen Auftritt. Wer sich die Karten fürs Sambódromo nicht leisten kann, feiert einfach beim Straßenkarneval zum Beispiel auf Rios Avenída Rio Branco mit. Reich oder arm: in Sachen Samba ist man sich in Brasilien einig: „Wer den Samba nicht mag, ist kein guter Kerl, beim ihm tickt‟s nicht ganz richtig, oder er ist fußkrank.“ So heißt es in dem Lied „Samba da minha terra“ – „Samba meine Heimat“. Also: auf ins Gewühl der Sambatanzenden beim Karneval von Rio de Janeiro. 1„17

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1b. Musik Carlinhos Brown Fanfarra (Cabua-Le-Le) <1> aufblenden 1‟28 ausblenden bei 3‟32 [frei 2„04] Titel CD: Brasileiro Elektra, 7559-61315-2, LC 0192 WDR 5523 296

Typische Trommeln vom Karneval in Rio kombiniert mit einem bahianischen Samba von Carlinhos Brown.

Und damit herzlich willkommen zur SWR 2 Musikstunde aus Brasilien, diesem südamerkanischen Riesen mit seiner unglaublich vielfältigen Musiktradition. Nur einen Bruchteil davon werden wir auf unserer musikalischen Reise heute überhaupt kennen lernen können. Aber vielleicht bekommen Sie ja dadurch Lust auf mehr und reisen selbst weiter!

Auf geht es jetzt vom legendären Karneval von Rio de Janeiro nach Salvador da Bahia im Nordosten des Landes. Hier dröhnt die Musik beim Karneval aus den Lautsprechern der riesigen Wagen, auf denen die Musiker - genannt „Trio Elétrico“ - singen und tanzen. Typisch für Salvador sind außerdem die „Blocos afros“, die afrobrasilianischen Karnevalsgruppen. Kaum verwunderlich, denn Salvador gilt als die afrikanischste Stadt Brasiliens. Hier spielt die Afoxé Liedform eine große Rolle, die aus der Musik der Candomblé-Rituale hervor gegangen ist.

Eine der bekanntesten Blocos afros ist Olodum, eine riesige Perkussionsgruppe, die seit ihrer Gründung 1979 nicht nur für gute Laune beim Karneval sorgt, sondern sich darüber hinaus auch für die Rechte der afrobrasilianischen Bevölkerung eingesetzt hat. „Bedeutend für uns ist nicht Geld, Ruhm und Erfolg, sondern Bildung und Bewusstseinsarbeit”, sagt João Jorge, Präsident der Grupo Cultural Olodum. Denn Olodum ist inzwischen auch ein Kulturzentrum, wo sozial benachteiligte Kinder trommeln, tanzen, singen, Theater spielen können und etwas über die Geschichte der Afrobrasilianer erfahren. Aber Olodum ist gleichzeitig eine

3 international erfolgreiche Popgruppe: sogar mit Paul Simon und Michael Jackson haben sie zusammen gearbeitet. Ihre Musik: der Samba-Reggae, afro-karibische Rhythmen vermischt mit dem brasilianischen Samba. 1‟50

2. Musik Samba reggae 1. <6> 3„12 ausblenden Olodum Titel CD: Cool Rhythms `97, Samba do Brasil Polystar, 553 900-2, LC 4324 WDR 5603 873

Samba reggae: getrommelt und gesungen von der Gruppe Olodum aus Salvador da Bahia. Eine der vielen Samba Varianten, die auseinanderzuhalten schon eine kleine Wissenschaft für sich ist. Grund genug für die Sängerin Maria Rita dieser brasilianischen Nationalmusik ein ganzes Album zu widmen, das dritte ihrer inzwischen fünf CDs: „Samba meu“ – „Mein Samba“ hat sie es genannt. Maria Rita ist einer der Stars der brasilianischen MPB Szene, der Música popular brasileira. Doch der Weg dorthin war für die inzwischen 35-jährige Sängerin nicht gerade leicht, denn ihre Mutter war Elis Regina, eine der ganz großen Sängerinnen Brasiliens, die allerdings früh gestorben war. „Wegen ihres Schattens war ich sehr unsicher“ erklärt Maria Rita in einem Interview. Und so studierte sie zunächst einmal in den USA – allerdings nicht Musik. „Ich wollte erst mal alle Möglichkeiten ausprobieren“ sagt die Sängerin „Als ich verstanden hatte, dass ich nicht in ihre Fußstapfen treten muss, konnte ich dann doch ihrem Weg folgen.“ Vierundzwanzig Jahre war Maria Rita alt, als sie schließlich anfing zu singen. Der Erfolg gibt ihr Recht: einige Latin Grammys hat sie inzwischen abgeräumt und mehrfach Platin geholt. Stets klar und frisch, farbenreich und mit einer riesigen Ausdruckspalette: so klingt Maria Ritas Stimme. Hier ein beschwingter Samba von ihrem Album „Samba meu“. 1‟23

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3. Musik Franco Arlindo Cruz Maltratar, não é direito <3> aufblenden bei 0‟09 bis 3‟42 [frei 3„33] Maria Rita, Gesang und Band Titel CD: samba meu Warner Music Brasil, 2564 6981 09, LC 04281 WDR 5821 007

Die brasilianische Sängerin Maria Rita war das mit einem Samba. Und ihrer berühmten Mutter Elis Regina hat sie sich im letzten Jahr sogar mit einem Album genähert: bestückt mit einigen highlights, die ihre Mutter damals sang. Unter anderem „Águas de Março“ von Antônio Carlos Jobim, einem der „Erfinder“ der coolen Musikrichtung des Bossa Nova, der „neuen Welle“, die Ende der 50er Jahren aufkam. Zu Jobim und dem Textdichter Vinícius de Moraes stieß dann noch der Sänger und Gitarrist João Gilberto, der zum Inbegriff des Bossa Nova werden sollte. „Papst“ des Bossa Nova wird er gar bis heute genannt! Angeblich soll Gilberto sich seinerzeit im Landesinneren von Brasilien im Haus seiner Schwester wegen der Akustik auf der Toilette eingeschlossen haben, um Gitarre zu üben. Der neue Stil, den er dabei kreierte: leise singend, manchmal fast gesprochen, dazu ungewöhnliche Harmonien und synkopierte Rhythmen, die er seiner Gitarre entlockte. Perfektionistisch und kompromisslos war der Mann mit der sanften Stimme: Aufnahmen dauerten ewig, nichts war ihm gut genug. Und bis heute lieben die Brasilianer ihn zwar, halten ihn aber auch für mehr oder weniger verrückt. Mit seinen inzwischen 81 Jahren lebt er seit Jahrzehnten einsam in einem Appartement in Rio: Tagsüber schlafend und nachts Gitarre übend. Angeblich spreche er mit Katzen, rufe wildfremde Leute an, um mit ihnen über Boxkämpfe zu diskutieren und verstecke sich systematisch vor der Öffentlichkeit. Gitarre spielen kann er aber immer noch: das hören die Nachbarn, wenn mal die Fenster offen stehen. Denn João Gilberto spielt und singt leise. Die Leichtigkeit des Bossa Nova ist ihm nicht abhandengekommen.

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„Chega de Saudade“ – übersetzt „Schluss mit der Sehnsucht“ war der erste seiner ganz großen Bossa Nova Hits: komponiert von Antônio Carlos Jobim auf einen Text von Vinícius de Moraes. 1„52

4. Musik Antônio Carlos Jobim Chega de saudade <10> aufblenden bei 0‟06 bis 3‟20 [frei 3„14] João Gilberto, Gitarre und Gesang Titel CD: João Gilberto Universal Music de Brasil, Verve, 546 713-2, LC 00383 WDR 5644 468

Das war „Chega de Saudade“ gesungen und gespielt vom „Papst“ des Bossa Nova, von João Gilberto. Genau dieser Song war es, den im Radio hörte und daraufhin sofort sein Akkordeon in die Ecke stellte und verzaubert von den gehörten Klängen zur Gitarre griff. Aber João Gilberto blieb nur eines seiner musikalischen Vorbilder: Gil war mit der Musik von Luiz Gonzaga aufgewachsen, liebte den Sound der Beatles und war überhaupt offen für alles. Als der Boom des Bossa Nova langsam abflaute, entwarf Gil Ende der 60er Jahre gemeinsam mit Caetano Veloso eine neue Stilrichtung: Tropicália. Markenzeichen: alles was ihnen gefiel, verschlangen sie quasi und verarbeiteten es für ihre Musik. Vielen Brasilianern schienen die Mischungen mit rockiger Musik nicht brasilianisch genug. Da die Texte zuweilen kritisch gegenüber der inzwischen herrschenden Militärregierung ausfielen, wurden Gil und Veloso 1968 für mehrere Monate verhaftet. London war dann für einige Jahre ihr Exil. Als Gilberto Gil wieder nach Brasilien zurückkehrte, erforschte er eingehend seine eigenen afrikanischen Wurzeln und engagierte sich in der afrobrasilianischen Bewegung. Und nach der Demokratisierung Brasiliens wurde der Musiker auch politisch aktiv: für die Grünen saß er im Stadtparlament von Salvador da Bahia. 2003 wurde Gilberto Gil dann sogar Kulturminister. Inzwischen ist er wieder als Musiker unterwegs. „Expresso 2222“ heißt einer seiner sehr bekannten Songs aus den 70ern. Er handelt von einem Zug, der schnell in die Zukunft fährt. „Expresso 2222“ 6 hat Gil übrigens auch sein Trio Elétrico beim Karneval von Salvador da Bahia getauft. 1„45

5. Musik Gilberto Gil Expresso 2222 <12> aufblenden bei 0‟13 bis 2‟38 [frei 2„25] Gilberto Gil, Gesang und Band Titel CD: Brazilian Playground Putumayo kids, Exil Musik 90436-2, LC 08972 WDR 5804 168

Ein Zug, der in die Zukunft rast: „Expresso 2222“ von Gilberto Gil.

So schnelllebig wie in Rio de Janeiro oder Salvador da Bahia sind die Menschen des Bundesstaates Minas Gerais, nördlich von Rio im Landesinneren gelegen, nicht: sie gelten als introvertiert und geheimnisvoll, ihre Musik als spirituell. In Minas Gerais, mit seinen Gold- und Diamantminen, ist Milton Nascimento in den 40er und 50er Jahren aufgewachsen. Er mache eine „Musik der tausend Töne“ hat Caetano Veloso hat einmal gesagt. Und meint damit in Anspielung auf den Vornamen „Mils- ton“ – „tausend Töne“, dass Nascimentos Musik sehr vielseitig und schwer zu charakterisieren sei: gregorianische Gesänge, Toadas aus Minas Gerais, Bossa Nova, Nueva Canción und nicht zuletzt Jazz – all das scheint in Nascimentos Musik immer wieder durch. Charakteristisch ist sein unglaublicher Stimmumfang vom tiefen Register bis zur hohen Falsettstimme. Bis heute gilt Nascimento als einer der ganz großen Musiker Brasiliens. In jedem Album setzt er neue Akzente, arbeitet immer wieder mit anderen Musikern, oft Größen des Jazz, zusammen. 2008 erschien seine CD mit den Belmondo Brüdern, den beiden französischen Jazzmusikern, die wie Nascimento bekannt sind für ihre außergewöhnlichen Ideen. Sie machten Milton Nascimento den Vorschlag, einige seiner Klassiker in neuem Gewand zu präsentieren. Arrangiert von Christophe Dal Sasso und begleitet unter anderem vom Orchestre National d‟Ile-de-France. 1‟30

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6. Musik Milton Nascimento / Fernado Brant Ponta de Areia <1> 3‟50 ausblenden Milton Nascimento, Gesang Lionel Belmondo, Saxophon, Flöte Stéphane Belmondo, Flügelhorn Orchestre National d‟Ile-de-France Titel CD: Belmondo & Milton Nascimento Bflat, discograph, 6137562, LC 14845 WDR 5164 956

„Ponta de Areia“ – ein Song Nascimentos aus den Siebzigern, hier gehört in einer neuen Version mit den Belmondo Brüdern und Nascimentos unvergleichlicher Stimme begleitet vom Orchestre National d‟Ile-de-France.

So sind auch heute noch einige „Altmeister“ wie Milton Nascimento mit seinen inzwischen siebzig Jahren musikalisch unterwegs. Aber natürlich gibt es viele neue Sterne am Musikhimmel Brasiliens: einer davon ist Ceumar. „ceu“ – Himmel und „mar“ – Meer, eine Verbindung des Namens ihrer Eltern. Musikern wie Milton Nascimento fühlt Ceumar sich durchaus sehr nah, denn auch sie selbst stammt aus Minas Gerais. Ihre Musik allerdings klingt ganz anders: Pop, Jazz, Samba und brasilianische Folkmusik verbinden sich zu einer faszinierenden Mischung. Seit dem Beginn ihrer Karriere in den neunziger Jahren war es Ceumar ganz wichtig, einzigartig zu sein, eben nicht „mainstream“. Und so brachte sie dreißig Lieder heraus, „die Sie nicht im Radio hören“ – wie die Sängerin erklärte. „Outra Era“: so heißt der Song, in dem Ceumar von einer anderen Welt singt, einer Welt, in der man nach dem Tod den Geliebten wiederfinde. Dabei geht es keineswegs trist zu, höchstens ein wenig melancholisch, wenn sich die Klarinette als aparte Klangfarbe zu Ceumars Stimme gesellt. 1‟14

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7. Musik Outra Era <2> 3‟25 ausblenden Ceumar, Gesang und Gitarre Zezinho Pitoco, Klarinette und Perkussion Titel CD: Ceumar – Sons do Brasil: Dindinha ARC Music, EUCD 2408, LC 05111 WDR 7031 220

„Outra Era“ – gesungen von Ceumar, Klarinette spielte Zezinho Pitoco.

Ein Akkordeon, eine Triangel, eine große Trommel: mehr braucht es nicht, wenn man im Nordosten Brasiliens ein Fest anheizen will. Denn der Tanz zu dieser Musik ist ziemlich heiß: genannt forró, vermutlich abgeleitet vom englischen „for all“. Als nämlich im 19. Jahrhundert in Pernambuco die erste Eisenbahnstrecke eingeweiht wurde, veranstaltete man eine Feier für die Arbeiter und auch für die Bevölkerung: „for all“ eben. Von den Brasilianer ausgesprochen, wurde „for all“ dann zu forró: als Bezeichnung für das Fest, den Tanz und die Musik. Doch die Heimat des forró, der Nordosten Brasiliens, ist arm, wiederkehrende Dürreperioden lassen das Land austrocknen. Deshalb flüchten viele „nordestinos“ in die Städte und leben dort aufgrund ihrer niedrigen Bildung in den „favelas“, den Slums, halten sich mit Zuckerrohrschnaps bei Laune und spielen und tanzen den forró. Und zwar wohl kaum den forró urbano aus der Stadt, bei dem das Trio aus Akkordeon, Triangel und Trommel mit E-Bass, Schlagzeug oder Synthesizer aufgepeppt wird, sondern den urwüchsigen „forró pé de serra“ – „am Fuß der Berge“ oder auch „Gebirgsfuß“ aus dem ländlichen Nordosten. 1„16

8. Musik Rodando a saia <1> aufblenden bei 0„08 - ausblenden bei 1‟45 [frei 1„38] forró band Titel CD: Pé de Serra Haus der Kulturen der Welt, SM 1509-2, LC 6356 WDR 5010 947

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Ein „Gebirgsfuß“ – ein forró pé de serra war das in seiner ursprünglichen Form. Inzwischen ist der forró in ganz Brasilien beliebt und Landeier wie Städter schwingen zu seinen Rhythmen gerne das Tanzbein. Maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung hatte der 1912 in Pernambuco geborene Luiz Gonzaga: die Städter faszinierte er mit seinen Liedern über die oft leidvollen Geschichten aus dem sertão, dem Hinterland von Pernambuco. Mit siebzehn Jahren machte Gonzaga sich ausgerüstet mit seiner sanfona, einer Knopfgriff-Handharmonika, aus dem Elternhaus davon. Der Sprössling hatte sich nämlich in ein gutsituiertes Mädchen verliebt und deren wütendem Vater gleich mal gedroht, ihn umzubringen, falls er keine Ruhe gebe. Ja und Mama Gonzaga quittierte dieses Verhalten ihres Sohnes mit einer Tracht Prügel. So erzählt es jedenfalls Luiz Gonzaga selbst. Danken wir der Mutter: sonst wäre Gonzaga vielleicht für immer auf seinen Landfesten geblieben und hätte dort dem Publikum aufgespielt. Stattdessen ging der Musiker zunächst zum Militär, dann nach Rio und spielte dort in diversen Clubs. Auch andere, dem forró verwandte Rhythmen und Stile machte Gonzaga populär: als "rei do baião" als „König des baião“ wurde er verehrt, seit der Mitte der 40er Jahre mit dem gleichnamigen Lied für Furore gesorgt hatte. Mit seinem forró „Asa branca“ landete er einen riesigen Erfolg in ganz Brasilien: „Heute, viele Meilen entfernt in trauriger Einsamkeit, warte ich darauf, dass der Regen wieder fällt, damit ich zurückkehren kann in meinen sertão.“ heißt es in „Asa branca“. Heimatverbunden wie er war, erschien Gonzaga auf der Bühne stets in der traditionellen Lederkleidung der Kuhhirten seiner Heimat. Auf dem Kopf die typische, bunte Lampião Kappe, die an sein Vorbild, den gleichnamigen Banditen erinnern sollte, der von der armen Bevölkerung wie eine Art Robin Hood verehrt wurde. Wahrlich ein Original, Luiz Gonzaga mit seiner sanfona. Er wurde zum Leitbild einer ganzen Generation. Gilberto Gil etwa bekannte, dass ihm durch Gonzagas Musik erst klar geworden sei, dass er Musiker werden müsse. 2„06

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9. Musik Luiz Gonzaga A Feira de Caruaru <13> 3„12 Luiz Gonzaga, Gesang und Band Titel CD: brazil classic 3, forró etc. music of the brazilian northeast Sire, 7599-26323-2, LC 3228 WDR 5513 949

Das war Luiz Gonzaga mit „A Feira de Caruaru“. Inzwischen sind in Brasilien übrigens nicht nur der fórro und alle ihm verwandten Tänze und Musikstile landesweit beliebt, sondern auch die Música sertaneja, eine Art Country Musik auf brasilianisch: meist eine Sängerpaar, das sich selbst auf einer zehnsaitigen Gitarre begleitet. Dabei geht‟s zuweilen ganz schön schnulzig zu und im Gegensatz zu fórro & Co hat sich die Música sertaneja ziemlich von ihren Ursprüngen entfernt.

Aus einer ganz anderen musikalischen Ecke, aber ebenfalls sehr erfolgreich war schon in den 60er Jahren ein Song, den die brasilianische Musiklegende Sérgio Mendes neu arrangiert hatte. „Mas que nada“ von Jorge Ben. Mendes wollte ursprünglich klassischer Pianist werden, ließ sich dann aber durch die Begegnung mit den Bossa-Nova Größen Antônio Carlos Jobim und João Gilberto vom klassischen Weg abbringen. Bossa Nova, Jazz und Pop war die Musik, die fortan das Herz von Mendes höher schlagen ließ und er mischte munter zusammen. Mischen und arrangieren: das macht der Musiker bis heute gern, auch noch nach unzähligen CD„s, die er heraus gebracht hat: „Aber es gibt für mich noch immer magische Momente,“ erzählt Sérgio Mendes „wenn man einen Song zum Leben erweckt, ihn regelrecht zu malen beginnt, man fügt Dinge hinzu, nimmt andere weg, diese Farbe oder jene. Ich habe keine besondere Formel. Nur ein offenes Herz. Hören und ‚Wow!„ sagen. Ich lasse die Musik zu mir kommen. Wenn es gut ist, habe ich das Gefühl: Sie wird bei mir bleiben.“ Inzwischen verbindet Mendes bevorzugt brasilianische Musik mit internationaler Popmusik, vor einigen Jahren auch mit RAP. Den Hit aus den 60ern „Mas que nada“ hat er 2006 mit der Hiphop Gruppe The Black Eyed Peas ziemlich aufgepeppt. 1„44 11

10. Musik Jorge Ben / Sergio Mendes Mas que nada <1> aufblenden bei 0‟09 bis ausblenden bei 3‟33 [frei 3„24] The Black Eyed Peas Titel CD: sergio mendes featuring the black eyed peas, mas que nada Concord records, hearmusic, 0602498596319, LC 04643 WDR 5755 431

Black Eyed Peas mit einer rappigen Version von „Mas que nada“ aus dem Jahr 2006.

Eine Tänzerin, ein Muskelmann, ein selbst ernannter Magier und ein Akkordeonspieler sowie dessen schwangere Frau: sie ziehen mit dem Wanderzirkus Rolidei im Kultfilm „Bye, bye Brazil“ von 1979 durch das brasilianische Hinterland Richtung Amazonas. Von diesem Road-Movie über den „Caravana Rolidei“ ließ sich die 33 jährige Sängerin Céu - wie sie selbst sagt - zu ihrem dritten Album inspirieren: „Caravana Sereia Bloom“ – so der Titel der 2011 erschienen CD. „Die Idee war, einen brasilianischen Road-Trip mit Wildwest-Flavour zu erschaffen“, erklärt Céu. Die imaginäre Reise startet in ihrer Heimatstadt São Paulo und führt in den Nordosten und Norden von Brasilien. „Das Album ist eigentlich eine Sammlung von Kurzgeschichten, die sich alle während des Chaos einer Reise entwickeln.“ erzählt die Sängerin: „In jedem Song schlüpfe ich in die Haut einer anderen Person“. In „Amor de Antigos“ zum Beispiel überzeugt sie zum Sound einer Dorfkapelle eine alte Dame davon, sich an ihre alte Liebe zu erinnern. 1‟07

11. Musik Céu Amor de Antigos <2> 2‟54 ausblenden Céu, Gesang und Band Titel CD: Caravana sereia bloom Six degrees, Exil Musik 96339-2, LC 08972 WDR 5490 967

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„Amor de Antigos“ mit der vielseitigen, brasilianischen Sängerin Céu. Caetano Veloso, der Weggefährte von Gilberto Gil, hat über Céu gesagt: für ihn sei sie die „Zukunft“ der brasilianischen Musik.

Und damit geht die SWR 2 Musikstunde über Brasilien auch fast schon zu Ende. Spätestens nächstes Jahr wird ja die ganze Welt nach Brasilien schauen, zumindest die fußballbegeisterte Welt, wenn es den Anpfiff zur WM 2014 gibt. Allerdings sollen nicht wieder die Nerv tötenden Vuvuzelas, die Plastiktrompeten, wie bei der WM in Südafrika zum Einsatz kommen. Der Musiker Carlinhos Brown hat zwei andere Instrumente für das brasilianische Großereignis auserkoren: die Caxirola, eine Art Plastikrassel und das Pedhuá, eine kleine Holzpfeife, deren Töne an die der Samba- Trillerpfeifen erinnern. Mal abwarten, welche Instrumente dann wirklich für Stimmung sorgen werden. Eins steht fest: laut wird es bestimmt. Die SWR 2 Musikstunde dagegen klingt jetzt ganz leise aus. Mit einem Song von Antônio Carlos Jobim, gesungen von Rosa Passos, die in Brasilien als der „weibliche João Gilberto“ gilt. Wenn das kein unschlagbares Kompliment ist! 1„10

12. Musik Antônio Carlos Jobim Eu não existo sem você <2> 2‟30 Rosa Passos, Gesang und Gitarre Titel CD: Rosa Telarc, CD-83646, kein LC WDR 5753 058

Musik ca. 35„38 Text ca. 18„14 Insg. 53‟52

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