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Lessons Learned Verloschen Der Zusammenbruch der Werft Bremer Vulkan

Im August 1997 wurde die traditionsreiche Werft Bremer Vulkan geschlossen. Mit über 700 gebauten Schiffen hatte der Bremer Vulkan deutsche Schiffbau- geschichte geschrieben. Als Anfang vom Ende muss rückblickend der Amts- antritt von Friedrich Hennemann betrachtet werden, den der Bremer Senat nach ersten Turbulenzen 1987 als Manager einsetzte. Hennemann konstruierte ein komplexes Unternehmensgeflecht aus Finanzierungs- und Beteiligungsge- sellschaften, aus Reedereien und Maklern und übernahm fast die gesamte ost- deutsche Werftindustrie – andere wollten diese maroden Unternehmen nicht einmal geschenkt haben. Die Ursachen für den Zusammenbruch sind jedoch nicht nur bei Hennemann zu finden …

Autor Ein kurzer Blick zurück befand sich daher in großen Schwierigkeiten. Frank Hinzu kamen die Tiefgangsprobleme der Weser, Romeike Alles begann im Vegesacker Hafen, der wäh- so dass große Schiffe nicht gebaut werden rend des Dreißigjährigen Krieges zwischen 1619 konnten. Schließlich begann Victor Nawatzki, ist Herausgeber der RISK- und 1622 von holländischen Wasserbauern er- der im November 1887 die Leitung der Lange- NEWS und Gründer und Initiator von RiskNET, dem richtet wurde. Schon recht früh entstanden dort schen Schiffbaubetriebe übernahm, mit der Su- führenden deutschsprachi- etliche Werften. Gut zweihundert Jahre später che nach einem potenten Käufer für die Lange- gen Internetportal rund um das Thema Risikomanage- hatte sich eine florierende Schiffbauindustrie Werft. Schließlich kauften am 23. Oktober 1893 ment. entwickelt. Im Hinblick auf den Bremer Vulkan der Bremer Großkaufmann Franz E. Schütte, der ist hierbei vor allem der Name Johann Lange er- Bankier Bernhard Loose, der Bremer Schiffs- wähnenswert, dessen Leben und Wirken ganz makler C. Aug. Bunnemann sowie der Vege- eng mit der Gründung dieser Werft verbunden sacker Reeder Friedrich Bischoff die Langesche ist. Lange war Werks- und Geschäftsführer bei Werft zu dem enorm günstigen Preis von der Jantzen-Werft und verantwortete den Bau 225.000 Mark. In Zukunft sollten nicht nur Schif- von insgesamt zehn Schiffen. Später gründete fe, sondern vor allem auch Antriebe gebaut wer- er seine eigene Werft und baute – nach Archi- den. Daher nannten die Gründer das Unterneh- ven des Bremer Vulkan – mit der „Weser“ das men: Bremer Vulkan, Schiffbau & Maschinenfa- erste Dampfschiff. 1833 gründete Lange in Bre- brik. merhaven eine Zweigniederlassung und ließ 1840 das erste Trockendock bauen. Der Ruf der Der Bremer Vulkan wird die Nummer Werft und ihres Schiffbaumeisters ging weit Eins über die Region hinaus. Nach Johann Langes Tod übernahm sein gleichnamiger Sohn den Be- Der Bremer Vulkan begann mit 60 Mitarbeitern trieb. Als gravierender Einschnitt für den Schiff- und fokussierte sich zunächst vor allem auf die bau in Vegesack erwies sich die Eröffnung des Seefischerei. Ende des 19. Jahrhunderts kaufte Suezkanals am 17. November 1869. Durch das der Bremer Vulkan die Konkurrenzwerft „Bre- Verbot von Seglern hatten insbesondere die bri- mer Schiffsbaugesellschaft Vegesack/Fähr“ und tischen Werften einen strategischen Vorteil. Der freute sich über volle Auftragsbücher. Die Wirt- Schiffbau in Vegesack befand sich zu Beginn schaftskrise von 1907 bis 1909 sorgte schließ- der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts in ei- lich für einen brutalen Zusammenbruch aller ner Phase des Umbruchs. Die großen Reede- Perspektiven auf der Vegesacker Werft. 1600 reien verlangten größere Schiffe mit einer aus- Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz, die Pro- gefeilten technischen Ausstattung. Hierauf hat- duktion im Maschinenbau wurde halbiert und ten sich vor allem die großen Werften in Eng- der Schiffsbau auf etwa ein Viertel zusammen- land und Übersee spezialisiert. Die Lange-Werft gepresst. Den nächsten Aufschwung brachte RISKNEWS 02/05 55 15_LessonsLearned 21.03.2005 13:48 Uhr Seite 56

die Zeit vor dem ersten Weltkrieg. 18 Schiffe genden Zeit wurden die ersten 200-Meter-Tan- und etliche Dampfmaschinen wurden von etwa ker, Massengut- und Containerschiffe gebaut. 2800 Mitarbeitern gebaut. Nach den Rekordjahren am Ende der fünfziger Jahre, in denen die Bundesrepublik mehr Schif- Der Bremer Vulkan wird die Nummer Eins unter fe ablieferte, als alle übrigen Schiffbaunationen den deutschen Werften. 1916 wird das Reichs- zusammen, fiel der deutsche Schiffbau jedoch marineamt zum alleinigen Auftraggeber für die wieder in eine tiefe Krise, die auch der Bremer Werft. Nach Ausrufen des „unbeschränkten U- Vulkan zu spüren bekam. Trotz alledem gehörte Boot-Krieges“ werden vier U-Boot-Rümpfe so- die Phase Ende der sechziger Jahre zu den er- wie acht komplette U-Boote in Vegesack gefer- folgreichsten in der Werftengeschichte. In die- Es mag wohl drei Jahre her tigt. Nach dem Krieg wurden die Aufträge über ser Zeit wurden insgesamt 13 größere Schiffe sein, als an einem Abend, „graue Schiffe“ sehr schnell mit zivilen Aufträ- abgeliefert. an dem ich gerade in voller Arbeit war, mein verehrter gen ausgeglichen. So bestellte etwa Hapag aus Freund Loose ins Kontor beim Bremer Vulkan zwölf Fracht- 1970 standen Neubauaufträge von 450.000 Ton- kam und sagte: kommen Sie! Haben Sie Lust? Wir dampfer „von den größten Abmessungen, die nen Tragfähigkeit in den Auftragsbüchern. Und wollen eine Schiffswerft der Bremer Vulkan bauen kann.“ 1918 betrug auch im Maschinenbau waren die Orderbücher kaufen. – Das wäre doch das letzte bei diesen trost- der zivile Auftragsbestand bereits über 370 Mil- voll. Im Mai 1973 wurde ein neues und moder- losen Aussichten, erwider- lionen Mark. nes Baudock in Betrieb genommen, um Schiffe te ich ihm. Da haben Sie Recht. Aber wenn wir die mit einer Tragfähigkeit von bis zu 450.000 Ton- Schiffswerft halb ge- Die Machtübernahme der Nazis traf den Bremer nen aufnehmen zu können. Leider blieben je- schenkt bekommen? – Nun, dann will ich kein Vulkan in einer Phase tiefster Depression. Zu doch die Aufträge aus. Die Ölkrise führte dazu, Spielverderber sein und dieser Zeit baute die Werft lediglich kleine dass Großtanker in Europa teilweise überflüssig will mir das Weitere überle- gen. (Dialog zwischen Schiffe, so genannte Logger. In der Zeit von wurden, da das Nordseeöl plötzlich eine größere Schütte und dem Bankier 1934 bis zum Ausbruch des Krieges im Jahr Rolle spielte. Hapag-Lloyd etwa wandelte 1975 Loose) 1939 wurden vor allem Handelsschiffe produ- einen Auftrag für einen Supertanker in sechs ziert. Grund hierfür waren unter anderem Auf- Containerschiffe um. Insbesondere die Konzen- träge aus dem Ausland, die am preisgünstigen tration auf den Tankerbau sahen viele als den und qualitativ sehr guten Schiffbau in Vegesack ersten Sargnagel für die deutschen Werften. nicht vorbeikamen. So gingen 1937 drei Viertel Große Stahlplatten konnten andere Nationen aller Handelsschiffe nach England, in die USA schlichtweg günstiger zusammenschweißen. sowie in die skandinavischen Staaten. 1975 waren vor allem die Japaner mit einem Ab- lieferungsvolumen von 50 Prozent führend im Schwieriger Neuanfang nach dem Schiffbau. Auf Platz zwei folgte Deutschland mit zweiten Weltkrieg einem Anteil von sieben Prozent. Zwischen Anfang des 20. Jahrhun- 1975 und 1980 verlor jeder vierte Mitarbeiter der derts werden in Vegesack Wie bereits zur Gründung der Werft konzen- Bremer Vulkan seinen Arbeitsplatz. 40.000 Bruttoregisterton- nen (BRT) abgeliefert. Da- trierte sich der Bremer Vulkan in den ersten mit war der Bremer Vulkan Nachkriegsjahren vor allem auf die Produk- die Nummer eins unter den Der Vulkan erlischt beinahe deutschen Werften. tion von Pontons und Fischereifahrzeugen. Doch der Beginn war schwierig: die deutsche Insbesondere zwei Aufträge führten bereits Handelsflotte war von vier Millionen BRT vor Ende der siebziger Jahre fast zum Zusammen- dem Krieg auf 80.000 BRT im Jahr 1945 ge- bruch des Bremer Vulkan. So entstanden beim schrumpft. Auch der Bremer Vulkan musste Bau des Luxus-Kreuzfahrtschiffes Europa 100 sich an das Verbot der Alliierten zum Bau von Millionen Mark Verlust in den Büchern der be- Schiffen halten. Die ersten Schiffe durften nicht teiligten Unternehmen. Grund hierfür war unter schneller als zwölf Knoten und nicht größer als anderem, dass die Konstrukteure schlichtweg 1.500 BRT sein und ihr Aktionsradius durfte überfordert waren und die geplanten Baukosten 200 Meilen nicht überschreiten. Erst ab 1949 überschritten wurden. So verdrehte sich etwa erlaubte das Washingtoner Abkommen den das Bugstrahlruder nach der Probefahrt zur Bau von Handelsschiffen in Deutschland. Daher Form eines Korkenziehers. Ein weiteres Ver- veränderte sich die Auftragslage der Bremer lustprojekt war das 1977 gestartete Fregatten- Vulkan ab 1950 schlagartig. Nun wurden im Programm F-122 der Bundesmarine. Nach Durchschnitt etwa zehn Schiffe jährlich gebaut Abschluss des Programms staunten die Betei- und geliefert. Auch die abgelieferte Antriebs- ligten über ein Finanzloch von 200 Millionen leistung stieg von 20.000 PS im Jahr 1950 auf Mark, das schlussendlich von der Bundesrepu- 95.000 PS nur vier Jahre später. Vor allem aus- blik Deutschland, also dem Steuerzahler, gefüllt ländische Reedereien gehörten nun wieder zum wurde. Bereits zum damaligen Zeitpunkt wäre 56 RISKNEWS 02/05 Kundenstamm des Bremer Vulkan. In der fol- der Bremer Vulkan in den Konkurs geschlittert, 15_LessonsLearned 21.03.2005 13:48 Uhr Seite 57

Lessons Learned

wenn nicht der Bund mit 195 Millionen DM und einer Industrie-Holding kam 1988 die Heinrich Im Jahr 1969 lieferte der der Bremer Senat mit 20 Millionen DM der Werft Helms Metallwarenfabrik (ein Hersteller von Bremer Vulkan mehr als 300.000 Tonnen Tragfähig- unter die Arme gegriffen hätten. Ergänzt wurde Metallmöbeln), die Krupp-Hafentechnik sowie keit und 17 Hauptmotoren das Finanzdesaster noch um eine weitere Ver- die im Lüftungs- und Klimabereich tätige Möh- und Hauptturbinen mit ei- ner Gesamtleistung von lustquelle. Die griechische Konkar-Gruppe hat- ring GmbH in den Verbund. 1994 übernahm der 32.000 PS beziehungs- te beim Bremer Vulkan zwei Massengutfrachter Bremer Vulkan den Werkzeugmaschinenbauer weise 122.000 PS ab. bestellt und schließlich storniert. Dies geschah Schiess AG und erhielt dafür noch eine „Mit- zu einem Zeitpunkt, als die Vulkan-Werft be- gift“ von 334 Millionen DM. reits 100 Millionen DM in die Schiffe verbaut hatte. Im Jahr 1989 konnte man im Geschäftsbericht des Bremer Vulkan nachlesen: „Alle Werften des Bereits gegen Ende der achtziger Jahre wurden Verbundes waren im Geschäftsjahr ausgelas- die Grundlagen für einen Werftenverbund ge- tet.“ Nach Hennemann „… reiche der Auftrags- legt. So übernahm 1979 der Bremer Vulkan die bestand teilweise bis ins Jahr 1993 hinein.“ Neue Jadewerft in sowie 1984 Nach der Wiedervereinigung engagierte sich die Lloyd-Werft in . 1987 über- die Bremer Vulkan vor allem an der Privatisie- nahm der Bremer Vulkan schließlich die Mehr- rung der ostdeutschen Schiffbaubetriebe. Dazu heit bei der Schichau Unterweser AG. Deren gehörten nicht allein die Werften in den Städten letzter Aufsichtsratsvorsitzender, Dr. Friedrich Wismar, Rostock/Warnemünde und , Hennemann, wurde noch im gleichen Jahr Fi- sondern auch weitere Motorenwerke in Rostock nanzvorstand der Bremer Vulkan AG. Henne- und ein Propellerwerk in Waren an der Müritz. mann – vormals Senatsdirektor in – galt Nach Angaben des Bremer Vulkan sollten zwi- vor allem als profunder Kenner der Pfade, auf de- schen 1992 und 1996 insgesamt 1,8 Milliarden nen öffentliche Subventionen beschafft werden DM investiert werden. konnten. Obwohl sich 1985 die Schiffsbau-Auf- tragslage etwas verbesserte, wurde das südost- Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung asiatische Übergewicht bei Kapazitäten und des Jahresabschlusses 1994 hob Hennemann Konditionen immer erdrückender. vor allem die hohe Liquidität von einer Milliarde DM und die von 18 auf 26 Prozent gestiegene Am 29. Oktober 1987 wurde Friedrich Henne- Eigenkapitalquote hervor. Gute Nachrichten er- Drei von vier weltweit ge- mann schließlich Vorstandsvorsitzender des hielten die Mitarbeiter der Vulkan-Werft in Ve- bauten Schiffen kamen 1985 aus Südkorea oder Ja- Bremer Vulkan. Sein Ziel: Umbau der Werft zu gesack auch noch im Frühsommer 1995: für das pan, insbesondere auch einem diversifizierten Technologie-Konzern. In laufende Jahr sei die Schiffbaufertigung zu 100 immer häufiger höherwer- tige Spezialschiffe. den folgenden Jahren und im Rahmen einer Ka- Prozent ausgelastet. Nur acht Wochen später pitalerhöhung des Bremer Senats geriet die Ak- saß der Schock bei den Aktionären und Mitar- tie des Bremer Vulkan zu einem Spekulations- beitern tief, als sich plötzlich ein 300-Millionen- papier, deren Kursausschläge nicht mehr mit DM-Loch auftat. Hennemann geriet in Erklä- den Entwicklungen im Unternehmen korrelier- rungsnöte. Innerhalb weniger Tage überstürz- ten. Nach Aussagen von Hennemann im Jahr ten sich die Informationen, bis Hennemann am 1987 hatte die Bremer Vulkan AG ihre Bilanz be- 11. September auf Druck der Banken und des reinigt, um nunmehr vom Ballast befreit und mit Bremer Senats zurücktreten musste. Seinem einem tragfähigen Konzept den Marsch in die Nachfolger, Udo Wagner, präsentierte sich beim Zukunft anzutreten. 1990 sollte der Werftenver- Amtsantritt im Februar 1996 ein gewaltiger bund schwarze Zahlen schreiben. Gleichzeitig Schuldenberg: die Bankverbindlichkeiten be- verdoppelte sich der Verlust des Bremer Vulkan liefen sich auf 1,4 Milliarden DM. Gleichzeitig auf 168 Millionen DM. Die neue Strategie des forderte die EU bereits gezahlte Subventionen Bremer Vulkan bestand vor allem in einer Risi- für die Ostwerften in Höhe von 850 Millionen ko-Streuung durch Diversifizierung der Pro- DM zurück. Diese waren für die beiden nach duktpalette. Soweit so gut. Nun baute die der Wiedervereinigung von der Treuhand über- Cooper-Vulkan Kompressoren GmbH also Erd- nommenen und dann dem Vulkan eingeglie- gasmotoren und -turbinen. Bei der Bremer Vul- derten Werften Volkswerft in Stralsund und kan-Energietechnik GmbH wurden Ultraschall- MTW in Wismar gezahlt und dann rechtswid- Reinigungsgeräte hergestellt. Die zum Verbund rig im Gesamtkonzern eingesetzt worden. Pa- gehörende Kary GmbH fokussierte sich auf rallel spülte der Bau des Luxus-Kreuzfahrtschif- Trinkwasseraufbereitung und Abwassertech- fes „Costa Victoria“ Verluste in die Bilanz des nik. Der Kranproduzent Vulkan Kocks GmbH Vulkan-Konzerns. Der Auftrag war deutlich teu- hatte sich auf den Bau von Containerbrücken rer als der vereinbarte Preis von 600 Millionen spezialisiert. Auf dem Weg von einer Werft zu DM. RISKNEWS 02/05 57 15_LessonsLearned 21.03.2005 13:48 Uhr Seite 58

Noch im Monat des Amtantritts trat der neue aus. Gewinne im außerordentlichen Bereich Vorstand den Weg zum Konkursrichter an und wurden eingesetzt, um die Verluste im operati- stellte einen Vergleichsantrag. Da die Mindest- ven Geschäft zu kompensieren. Trotz dieser quote von 35 Prozent für die Gläubigerbefriedi- Frühwarnindikatoren erkannte das Manage- gung nicht erreicht wurde, folgte im Mai 1996 ment des Bremer Vulkan erst im Juli 1995 die der Antrag auf Anschlussinsolvenz. desolate Lage des Konzerns. Spätestens bei den operativen Verlusten im Zusammenhang mit Was kann man lernen ... dem Bau des Kreuzfahrtschiffes Europa und weiterer Schiffe für die genuesische Reederei Kontrollversagen des Aufsichtsrats sowie Nicola Costa hätten die Frühwarnglocken schrill Fehlleistungen des Managements: neben erklingen müssen. Wie bereits skizziert, spielte den widrigen Rahmenbedingungen auf dem auch eine detaillierte Due Dilligence bei der weltweiten Werften-Markt findet man die Ursa- Übernahme von Unternehmen eine nur unterge- chen für den überraschenden Zusammenbruch ordnete Rolle. Der Schock saß bei den des Bremer Vulkan – wie bereits skizziert – vor Aktionären und Mitarbei- allem in den Fehlleistungen des Managements Bei einem Sanierungsversuch im Jahr 1992 tern tief, als sich plötzlich ein 300-Millionen-DM-Loch und dem Kontrollversagen des Aufsichtsrats. So richteten die verantwortlichen Vorstände ein auftat. konnte etwa der Prozess um den Subventions- konzerninternes Cash-Management-System betrug des Bremer Werften-Konzerns in drei- ein. Dieses System stellte sicher, dass Gutha- stelliger Millionenhöhe im Dezember 2001 nach ben in einem Tochterunternehmen innerhalb mehr als zwei Jahren abgeschlossen werden. des Konzerns zugleich zum Ausgleich etwaiger Das Landgericht Bremen verurteilte damals den Schuldsalden anderer Unternehmenseinheiten Ex-Vulkan-Chef Hennemann sowie die beiden verwandt werden konnten. Im Rahmen dieses anderen Vorstandsmitglieder Günter Smidt und Systems wurden die Vermögenswerte der von Johannes Schnüttgen wegen Untreue in zwei der Bremer Vulkan AG gekauften Tochterunter- Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren nehmen, den so genannten Ostwerften, in das auf Bewährung. Konzernvermögen eingeführt. Unter den über- tragenen Vermögenswerten der Ostwerften be- Es folgten weitere Gerichtsprozesse. So soll fanden sich auch immer wieder staatliche In- etwa Günter Smidt im Jahr 1995 die MTW vestitionsbeihilfen. Schiffswerft in Wismar angewiesen haben, 1,18 Millionen Euro für nicht erbrachte Beratungs- Verquickung von Politik und Wirtschaft: leistungen zu bezahlen. Zudem habe er veran- Hennemann – studierter Apotheker und Volks- lasst, dass die Volkswerft Stralsund ohne Ver- wirt – war Senatsdirektor im Gesundheits- und tragsgrundlage 2,2 Millionen Euro an MTW später im Wirtschaftsressort. Dort war er unter überweist. anderem auch für Schiffsbau und Werften ver- antwortlich. Schenkt man seinen Kritikern glau- Und auch im Jahr 2004 musste sich Friedrich ben, dann war Hennemann stets von dem Hennemann erneut vor Gericht verantworten. Wunsch beseelt, der „Edzard Reuter“ eines ma- Im Prozess vor dem Bremer Amtsgericht ging ritimen Konzerns zu werden. Interessant ist in es um Steuerhinterziehung in Höhe von rund diesem Kontext, dass auf dem Weg des politi- 409.000 Euro. Hennemann war nach dem Kon- schen Beamten Hennemann an die Spitze des kurs im Juni 1996 wegen Flucht- und Verdun- Bremer Vulkan zwei Vereinbarungen geschlos- klungsgefahr für rund sechs Wochen in Unter- sen wurden – eine mit seinem Arbeitgeber Bre- suchungshaft genommen worden. Gleichzeitig mer Vulkan AG und eine zweite mit der Senats- waren Hausdurchsuchungen in den Privaträu- kommission für das Personalwesen. Demnach men Hennemanns erfolgt. Dabei wurden Unter- sollte der Ex-Senatsdirektor als Vulkan-Vor- lagen von Konten gefunden, aus denen die Be- stand auch „bremische“ Belange wahrnehmen, hörden die Steuerschuld herleiten. was ihm mit einer großzügige Ruhestandsrege- lung versüßt wurde. Neben der personellen Ver- Betriebswirtschaftliche Hausaufgaben nicht flechtung sind vor allem auch die finanziellen erledigt: die Produktivität des Bremer Vulkan Transferleistungen erwähnenswert. Der Bremer lag zeitweise bis zu 30 Prozent unter dem Welt- Vulkan hing an einem Subventions-Tropf und niveau. Die Absatzpreise lagen teilweise bis zu erlöschte schließlich doch. ■ 15 Prozent unter den Selbstkosten. Ein Blick in die Bilanz hätte schon recht früh die Schieflage Quellenverzeichnis und weiterführende Litera- turangaben: Kiesel, Wolfang: Bremer Vulkan – Aufstieg transparent gemacht. So wies das Jahresergeb- und Fall, Bremen 1997 / Udo Philipp: Zwischen Moral und Morast 58 RISKNEWS 02/05 nis 1993 einen Verlust von 190 Millionen DM – Die Vulkan-Connection, Berlin 1998.