April 2018 Helena Lüer, Lina Kathe und Olaf Jacob

Preiserhöhungen sorgen für Spannungen innerhalb der Regierungsallianz und mit der Opposition

Der Monat April wurde von den Diskussionen über die Preiserhöhung für Strom, Wasser und Gas bestimmt. Die Gaspreise stiegen im April um 30-40 Prozentpunkte und die Wasserpreise sollen voraussichtlich um 26 Prozentpunkte im Mai steigen. Ferner soll 30 Prozent der Verbraucher die staatliche Subvention entzogen werden. Preiserhöhungen für Strom sollen laut der Regierung im August folgen, jedoch steht der Umfang des Preisanstiegs noch nicht fest. Die Erhöhungen stießen nicht nur bei der Opposition auf erheblichen Widerstand, sondern führten auch in der Regierungsallianz Cambiemos zu Meinungsverschiedenheiten.

Alle Gruppierungen des Peronismus lehnten das Vorgehen der Regierung ab. So schlug die Allianz von Sergio Massa, Frente Renovador, vor, dass die Preise langsamer steigen und der Anstieg im Einklang mit den Gehaltserhöhungen sein sollte. Außerdem dürften die Preiserhöhungen für Privatverbraucher nicht höher als die für Unternehmen sein. Die Frente para la Victoria und die Unidad Ciudadana um die ehemalige Präsidentin und jetzige Senatorin Cristina Fernández de Kirchner präsentierte ein radikaleres Vorgehen: die Preise sollen auf den Stand im Januar 2017 zurückdatiert und bis Dezember 2019 eingefroren werden.

Auch in der Regierungsallianz selbst gab es verschiedene Standpunkte bezüglich der Initiative von Präsident Macri. Elisa Carrió, nationale Abgeordnete von der Coalición Cívica, war die Erste, die Kritik äußerte. Sie forderte eine Angemessenheitsprüfung der Preiserhöhungen und warf Präsident Macri Inflexibilität in seiner Entscheidung vor. Der Regierungspartner Unión Cívica Radical (UCR) wiederum unterstützte zwar eine Preiserhöhung, schlug aber eine Umverteilung der Kosten auf das ganze Jahr vor.

Die Diskussionen und die Proteste der Bürger führten dazu, dass Präsident Macri Ende des Monats in seinem Vorgehen umschwenkte und die Provinzregierungen dazu aufforderte, ihre Steuern innerhalb der Strom-, Wasser- und Gaspreise zu senken bzw. auf diese zu verzichten. Dadurch sollen die Preiserhöhungen abgemildert werden. Maria Eugenia Vidal, Gouverneurin der Provinz Buenos Aires, war die Erste, die dem Aufruf von Präsident Macri folgte und den Verzicht auf die Steuern ihrer Provinz ankündigte. Zusätzlich stellte die Regierung dem Kongress einen Gesetzesentwurf über die Preistransparenz öffentlicher Dienstleistungen vor. Dieser beinhaltet, dass die Preise nur den tatsächlichen Konsum widerspiegeln dürfen. Mit diesem Vorgehen versucht die Regierung dem radikaleren Gegenvorschlag der peronistischen Fraktionen bezüglich des Zurückdatierens der Preise, der ebenfalls im Kongress debattiert werden soll, zu neutralisieren. Der Gesetzesentwurf der Opposition sieht vor, die Tarife auf den Stand vom November 2017 zurückzudatieren und fordert eine Anpassung der Preise an die Gehälter. Außerdem sollte die Mehrwertsteuer auf die Preise nur 10.5 Prozent statt 21 Prozent betragen. Hinsichtlich des nationalen Engagements kündigte Kabinettschef Marcos Peña jedoch an, dass es keine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf diese Dienstleistungen geben wird. Falls dieser vom Kongress angenommen werden sollte, hat Präsident Macri aber immer noch die Möglichkeit gegen den Gesetzesentwurf ein Veto einzulegen.

Die internen Auseinandersetzungen in der Allianz Cambiemos reflektieren auch die generelle Diskussion über die wirtschaftliche Strategie von Präsident Macri und deren Zukunftsaussichten. Dieses Thema ist insbesondere im Hinblick auf die Wahlen im nächsten Jahr wichtig, da die Sorge besteht, durch den Sparkurs Präsident Macris Wähler an die Opposition zu verlieren. Ein erster Imageverlust wurde bereits verzeichnen. Laut einer Umfrage der Universidad de San Andrés sank die Beliebtheit von Macri in der Mittelklasse von 64 Prozent auf 53 Prozent. Die Opposition wiederum nutzt die Gelegenheit, um sich ebenfalls für die bevorstehenden Wahlen in Position zu bringen und Alternativen anzubieten.

Neue Entwicklungen im Außenhandel und die Hoffnung auf spanische Investitionen

Hinsichtlich der Handelsbeziehungen Argentiniens, die insbesondere den Handel von verschiedenen Agrargütern betreffen, gab es ebenfalls neue Entwicklungen. Speziell China profiliert sich weiter als wichtiger Handelspartner. So steht ein Abkommen über den Export von gefrorenem Fleisch und Obst kurz vor der Unterzeichnung. Argentinien hat letztes Jahr laut Angaben der Wochenzeitung Perfil ein Handelsdefizit von 4,5 Milliarden US-Dollar gegenüber China verzeichnet und beide Partner bemühen sich nun, ein Handelsgleichgewicht herzustellen. Auch durch den drohenden Handelskrieg zwischen den USA und China könnten sich Vorteile für die argentinische Agrarwirtschaft ergeben. Um den Zöllen der USA auf Aluminium und Stahl aus China entgegenzuwirken, hat die chinesische Regierung angekündigt, ab sofort Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Soja aus den USA zu erheben. Dies könnte wiederum zu einer stärkeren Nachfrage nach südamerikanischem Soja führen. Jedoch sind die Ernteerträge Argentiniens durch die Dürre stark zurückgegangen, sodass ein erhöhter Export momentan noch nicht möglich ist. Eine positive Entwicklung ergab sich auch bei den Agrarprodukten Zitronen und Sonnenblumenkernen. Anders als durch die Dürre erwartet, fiel die Ernte der Sonnenblumen üppiger aus, als gedacht (rund 3,32 Millionen Tonnen). Auch die Abschaffung der 17 Jahre andauernden Restriktionen für den Export von Zitronen in die USA ist ein wichtiger Schritt für die Agrarwirtschaft und ein Zeichen von Präsident Macris Verhandlungsgeschick im Handelsbereich. Die argentinische Regierung geht davon aus, dass jährlich 15-20 Tausend Tonnen Zitronen aus der Provinz Tucumán exportiert werden könnten. In der Milchwirtschaft gibt es ebenfalls Grund zur Freude: So konnten die Milchbauern ein 14-prozentiges Wachstum in der Produktion im Vergleich zur selben Periode im Vorjahr feststellen.

Die argentinische Regierung möchte auch die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft ausbauen. Hierfür ist auch der Import von High-Tech-Produkten wichtig, sodass bereits im Februar die Zölle auf Notebooks und Tablets abgeschafft wurden. Außerdem wurden die Steuern für die Produktion von Mobiltelefonen gesenkt, das sich bereits in einem Preisabfall der Produkte positiv bemerkbar gemacht hat.

Ein weiterer wichtiger Handelspartner für Argentinien bleibt weiterhin Spanien. Das europäische Land ist der zweitgrößte Investor in Argentinien und der südamerikanische Staat konnte im letzten Jahr für 1,504 Milliarden Euro Waren nach Spanien exportieren. Die wichtige Beziehung der beiden Länder wurde auch durch den Besuch des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy Mitte April wieder deutlich. Er lobte den wirtschaftlichen Kurs der Regierung Macris, der bereits Wirkung zeigen würde. Das Land würde nun gute Bedingungen für zukünftige europäische Investitionen bieten. Des Weiteren waren sich beide Seiten einig, dass das Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem MERCOSUR sobald wie möglich unterzeichnet werden soll. Mit Regierungschef Rajoy reisten außerdem 70 spanische Unternehmer und Investoren an, die sich ein Bild über Argentinien als Investitionsland machen wollten.

Außenpolitik: G20-Treffen, bilaterale Gespräche und multilaterale Ereignisse

Berichte über außenpolitische Treffen und Ereignisse nahmen im April einen großen Teil der argentinischen Nachrichten ein, darunter die Treffen im Rahmen der G20, die bilateralen Gespräche Mauricio Macris anlässlich des Amerika-Gipfels und die Erklärung Argentiniens und fünf weiterer Staaten, ihre Mitgliedschaft in der UNASUR (Union Südamerikanischer Nationen) vorerst auf Eis zu legen. Grund für letztere Entscheidung sei gemäß einem Positionspapier, dass kein angemessener Organisationsablauf garantiert werde. Momentan gäbe es eine große Disparität in der Union, weswegen es nicht möglich sei gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Dies hätte sich insbesondere im letzten Jahr bemerkbar gemacht, als Argentinien die Präsidentschaft innehatte und jegliche Vorschläge der nun austretenden Länder von Venezuela und Bolivien blockiert wurden.

Auch im April setzten sich die Treffen verschiedener Arbeitsgruppen im Rahmen des G20-Gipfels fort. In verschiedenen Foren wurden die drei zentralen Themen der G20 in Argentinien (Zukunft der Arbeit, Bedeutung der Infrastruktur für eine nachhaltige Entwicklung und die nachhaltige Nahrungssicherung) diskutiert und für den G20-Gipfel im November in Buenos Aires vorbereitet. Drei Arbeitsgruppen nahmen im Rahmen der G20 im April ihre Arbeit auf und veranstalten jeweils das erste von insgesamt drei Treffen in der argentinischen Hauptstadt. Die Arbeitsgruppe Entwicklung setzte sich in ihrer Auftaktveranstaltung mit der Inklusion von sozial benachteiligten Personen in der Unternehmenswelt auseinander. Weitere Themen, die in den kommenden Treffen unter Berücksichtigung der angestrebten Gleichstellung von Mann und Frau fokussiert werden, sind die Entwicklung im Kleinkindalter und die nachhaltige Entwicklung des Lebensraums. Daran nahmen unter anderem die argentinische Ministerin für soziale Entwicklung, , und der argentinische Sherpa, Pedro Villagra Delgado, teil.

In dem ersten Treffen der Arbeitsgruppe Bildung sprachen die Vertreter der Mitgliedsstaaten und der eingeladenen Staaten über die Ausgestaltung von Strategien für eine qualitativ hochwertige Bildung und über deren Finanzierung. Marcos Peña, Kabinettschef der argentinischen Regierung, und der argentinische Bildungsminister Alejandro Finocchiaro nahmen an der Eröffnung teil. Neben zwei weiteren Treffen der Arbeitsgruppe in den kommenden Monaten sind zudem ein Treffen der Bildungsminister der Mitgliedsstaaten der G20 im September und ein gemeinsames Treffen mit der Arbeitsgruppe Beschäftigung geplant.

Die dritte Gruppe, die diesen Monat ihre Arbeit aufnahm, ist die dieses Jahr neu gegründete Arbeitsgruppe zu nachhaltiger Klimapolitik. Die Anwesenden diskutierten über die möglichen Anpassungen an den Klimawandel und eruierten Strategien und Mechanismen für die Reduzierung von Treibhausgasen und deren Finanzierung. Als Vertreter der argentinischen Regierung nahmen , Minister für Umwelt und nachhaltige Entwicklung, und Juan José Aranguren, Energie- und Minenminister, an der Veranstaltung teil. Im Laufe der Veranstaltungen präsentierten zudem vier internationale Organisationen ihre Ausarbeitungen, die bei den Gesprächen berücksichtigt wurden .

Neben den Treffen der verschiedenen Arbeitsgruppen in Buenos Aires, kam es diesen Monat zum dritten Treffen der stellvertretenden Minister der Finanz- und Wirtschaftsministerien und Zentralbanken und anschließend zum zweiten Ministertreffen der am G20-Gipfel teilnehmenden Länder in Washington. Zudem nahmen Vertreter acht verschiedener internationaler Institutionen an dem Treffen teil. Thematisiert wurden unter anderem die Herausforderungen der globalen Wirtschaft, die Infrastruktur und die Zukunft der Arbeit. Des Weiteren fanden Treffen statt, die die Engagement Groups Business 20, Civil Society 20 und Women 20 inkludierten.

Ein weiteres internationales Ereignis im April war der Amerika-Gipfel vom 13. bis 14. April in Peru. Zentrales Thema des Treffens in diesem Jahr war die humanitäre Krise in Venezuela. Diesbezüglich hielt eine Rede vor den teilnehmenden Staats- und Regierungschefs, in der er die Regierung Nicolás Maduros kritisierte und diese dazu aufforderte, nicht die Augen vor der Realität zu verschließen sowie internationale Hilfe zu akzeptieren. Außerdem kündigte er an, dass Argentinien das Wahlergebnis in Venezuela aufgrund der Undurchsichtigkeit des Wahlprozesses nicht anerkennen werde. Neben diesem Vortrag nutzte Präsident Macri den Amerika-Gipfel auch um bilaterale Gespräche zu führen, unter anderem mit dem US-amerikanischen Vizepräsidenten Mike Pence. Ferner unterhielt sich Präsident Macri mit dem chilenischen Präsidenten Sebastián Piñero, der kurz darauf Buenos Aires besuchte. Im Mittelpunkt der Gespräche standen Freihandelsabkommen, Zollsenkungen, das gemeinsame Vorgehen gegen organsiertes Verbrechen (insbesondere im Internet und gegen Drogenhandel), die Freizügigkeit und eine komplementäre Energiepolitik.

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