Protokoll-Nr. 19/24

19. Wahlperiode Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Wortprotokoll der 24. Sitzung

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Berlin, den 28. November 2018, 11:00 Uhr Paul-Löbe-Haus, E.700

Vorsitz: Sylvia Kotting-Uhl, MdB

Tagesordnung - öffentliches Fachgespräch

Einziger Tagesordnungspunkt Seite 4

Öffentliches Fachgespräch zu dem Thema:

"COP24 in Katowice - Ein weitere Meilenstein für einen globalen Klimaschutz" am Mittwoch, 28. November 2018, 11 bis 13 Uhr Selbstbefassung 19(16)SB-51 unter Einbeziehung der folgenden EU-Dokumente:

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Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat

Die EU und das Pariser Klimaschutzübereinkommen: Bestandsaufnahme der Fortschritte bei der Klimakonferenz in Kattowitz (gemäß Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Ra- tes vom 21. Mai 2013 über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Infor- mationen auf Ebene der Mitgliedstaaten und der Union und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 280/2004/EG)

KOM(2018)716 endg.; Ratsdok.-Nr. 13696/18

Klimakonferenz der Vereinten Nationen 2018 in Kattowitz (Polen) (COP 24)

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. Oktober 2018 zu der Klimakonferenz der Vereinten Nationen 2018 in Kattowitz (Polen) (COP 24) (2018/2598(RSP)) P8_TA-PROV(2018)0430

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Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Auernhammer, Artur Abercron, Dr. Michael von Damerow, Astrid Benning, Sybille Dött, Marie-Luise Haase, Christian Färber, Hermann Krauß, Alexander Grundmann, Oliver Ludwig, Daniela Kruse, Rüdiger Mannes, Dr. Astrid Kuffer, Michael Nüßlein, Dr. Georg Möring, Karsten Oßner, Florian Schulze, Dr. Klaus-Peter Pols, Eckhard Schweiger, Torsten Röring, Johannes Simon, Björn Sauer, Stefan Vogel (Kleinsaara), Volkmar Sendker, Reinhold Wegner, Kai Thies, Hans-Jürgen Weisgerber, Dr. Anja SPD Mindrup, Klaus Bartol, Sören Nissen, Ulli Burkert, Martin Pilger, Detlev Held, Marcus Scheer, Dr. Nina Klare, Arno Schrodi, Michael Miersch, Dr. Matthias Schwabe, Frank Röspel, René Thews, Michael Träger, Carsten AfD Bernhard, Marc Hemmelgarn, Udo Theodor Bleck, Andreas Heßenkemper, Dr. Heiko Hilse, Karsten Magnitz, Frank Kraft, Dr. Rainer Protschka, Stephan Wildberg, Dr. Heiko Spaniel, Dr. Dirk FDP in der Beek, Olaf Busen, Karlheinz Köhler, Dr. Lukas Meyer, Christoph Müller-Böhm, Roman Neumann, Dr. Martin Skudelny, Judith Sitta, Frank DIE LINKE. Lay, Caren Beutin, Lorenz Gösta Lenkert, Ralph Perli, Victor Schreiber, Eva-Maria Remmers, Ingrid Zdebel, Hubertus Weinberg, Harald BÜNDNIS 90/DIE Badum, Lisa Baerbock, Annalena GRÜNEN Hoffmann, Dr. Bettina Krischer, Oliver Kotting-Uhl, Sylvia Kühn (Tübingen), Christian Lemke, Steffi Verlinden, Dr. Julia

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Einziger Tagesordnungspunkt Prof. Nir Shaviv Hebräische Universität Jerusalem, Racah Institut Öffentliches Fachgespräch zu dem Thema: für Physik Stellungnahme Ausschussdrucksache 19(16)143- "COP24 in Katowice - Ein weitere Meilenstein für A(neu) (Anlage 2) einen globalen Klimaschutz" Powerpoint-Präsentation (Anlage 3) am Mittwoch, 28. November 2018, 11 bis 13 Uhr Dr. Axel Michaelowa Selbstbefassung 19(16)SB-51 Universität Zürich, Institut für Politikwissenschaft (UZH) unter Einbeziehung der folgenden EU-Dokumente: Perspectives Climate Group Stellungnahme Ausschussdrucksache 19(16)143-B Bericht der Kommission an das Europäische Par- (Anlage 4) lament und den Rat Sabine Minninger Die EU und das Pariser Klimaschutzübereinkom- Brot für die Welt (BfdW) men: Bestandsaufnahme der Fortschritte bei der Klimakonferenz in Kattowitz (gemäß Artikel 21 Lutz Weischer der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäi- Germanwatch e. V. schen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über ein System für die Überwachung von Vorsitzende: Ich begrüße Sie alle zu unserem heu- Treibhausgasemissionen sowie für die Berichter- tigen öffentlichen Fachgespräch zum Thema stattung über diese Emissionen und über andere „COP24 in Katowice – Ein weiterer Meilenstein klimaschutzrelevante Informationen auf Ebene für einen globalen Klimaschutz“. Wir beziehen der Mitgliedstaaten und der Union und zur Auf- zwei EU-Dokumente ein und zwar zum einen: hebung der Entscheidung Nr. 280/2004/EG) Bericht der Kommission an das Europäische Par- lament und den Rat mit dem Titel „Die EU und KOM(2018)716 endg.; Ratsdok.-Nr. 13696/18 das Pariser Klimaschutzübereinkommen: Be- standsaufnahme der Fortschritte bei der Klima- sowie konferenz in Kattowitz“ und zum zweiten: „Ent- schließung des Europäischen Parlaments vom Klimakonferenz der Vereinten Nationen 2018 in 25. Oktober 2018 zu der Klimakonferenz der Ver- Kattowitz (Polen) (COP 24) einten Nationen 2018 in Kattowitz“. Entschließung des Europäischen Parlaments vom Sie sehen, es werden Auftaktbilder gemacht. Die 25. Oktober 2018 zu der Klimakonferenz der Ver- Frage, ob Sie alle damit einverstanden sind, einten Nationen 2018 in Kattowitz (Polen) (COP kommt ein bisschen spät. Ich setze das jetzt ein- 24) (2018/2598(RSP)) mal voraus, weil es in der Regel dazu keinen Wi- P8_TA-PROV(2018)0430 derspruch gibt. Wir sind heute leider unter einem gewissen Zeit- dazu Sachverständige: druck. Das ist nicht ganz selten, aber es ist heute tatsächlich so, dass wir die Sitzung pünktlich um Holger Lösch 13:00 Uhr beenden müssen, weil wir zwei An- Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. schlusstermine haben. Zum einen beginnt um (BDI) 13:00 Uhr die Vereinbarte Debatte zum Thema „Organspende“. Es ist dringend gebeten worden, Prof. Dr. Anders Levermann keine Gremiensitzungen dazu parallel im Parla- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e. V. ment stattfinden zu lassen. Zum anderen haben (PIK) genau die Abgeordneten, die nach Katowice fah- Stellungnahme Ausschussdrucksache 19(16)143-C ren werden, ein Briefing mit der Bundesministe- (Anlage 1) rin zur COP24, sodass es tatsächlich angezeigt ist, heute wirklich sehr, sehr pünktlich zu beenden.

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Ich begrüße im Einzelnen Herrn Staatssekretär Holger Lösch (BDI): Meine Damen und Herren Ab- zu unserem Fachgespräch und geordneten, von meiner Warte aus einige Punkte natürlich vor allem unsere Gäste, unsere Sachver- aus Sicht der deutschen Industrie. In meiner Ver- ständigen: Zum einen Herr Holger Lösch vom antwortung im BDI beobachte ich insbesondere Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. die Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Ver- (BDI), herzlich willkommen; Prof. Dr. Anders Le- kehr im Kontext Klimaschutz. Es ist völlig klar, vermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgen- dass die Wirtschaft große Teile der Lösung über forschung e. V. (PIK), seien Sie willkommen; dann verbesserte und neue Technologien, Produkte, Prof. Nir Shaviv, Hebräische Universität Jerusa- Prozesse und Geschäftsmodelle zumindest ermög- lem, welcome; Dr. Axel Michaelowa von der Uni- lichen muss. Ich glaube – und ich glaube, da bin versität Zürich, Institut für Politikwissenschaft ich nicht allein – nur sehr begrenzt an die politi- (UZH), auch Ihnen ein herzliches Willkommen; sche und gesellschaftliche Akzeptanz von sehr und Frau Sabine Minninger von Brot für die Welt. umfassenden Suffizienz- und De-Growth-Ansät- Lutz Weischer von Germanwatch e. V kommt in zen und deswegen sind wir eher bei der Frage der ungefähr fünf Minuten und wird die Runde der Technologie. Sachverständigen vervollständigen. Die notwendigen Veränderungen werden weltweit Fotografieren, Filmen, Mitschnitte sind nicht er- ungeheure Mengen an zusätzlichen Investitionen laubt. Das bleibt der akkreditierten Presse und erfordern. Staatliche Mittel werden dabei bei wei- Personen mit besonderer Erlaubnis vorbehalten. tem nicht ausreichend sein. Die Staaten müssen Wir haben eine Fernsehübertragung live im Inter- insbesondere die richtigen Anreizstrukturen im- net auf dem Kanal 2. plementieren. Ich glaube, es ist klar, dass nur flo- rierende Volkswirtschaften und Unternehmen in Wir werden ein Wortprotokoll anfertigen. Sind der Lage sein werden, die notwendigen Investitio- alle damit einverstanden? Gibt es dazu Wider- nen auf Dauer aufbringen zu können. Wenn Sie spruch? Ich sehe keinen Widerspruch, dann ha- also so wollen, geht es ja eigentlich auch in Katto- ben wir das so beschlossen. witz um eine globale und nachhaltige Modernisie- Jetzt unsere Ausschuss-Regeln zum Ablauf dieses rungsagenda für die gesamte Welt. Fachgespräches: Leider für Professoren, die ge- Ich durfte im BDI die BDI-Klimapfadestudie ver- wohnt sind, an Universitäten lange Vorträge zu antworten, die erstmals volkswirtschaftlich kos- halten, alles eine harte Zumutung – denn Sie ha- teneffiziente Wege zur Erreichung der deutschen ben ein Eingangsstatement von nur drei Minuten Emissionsminderungsziele über alle Sektoren hin- und auch danach, wenn dann die Fragen reihum weg aufgezeigt hat. Wir haben das getan auf der von den Fraktionen gestellt werden, haben Sie Basis einer umfassenden technologieoffenen Ana- auch jeweils nur drei Minuten. Die Fragenden ha- lyse von technischen und wirtschaftlichen Reduk- ben zwei Minuten, weil ja oft auch Kommentare tionsmaßnahmen und Potenzialen bis 2050. Die abgegeben werden, also Sie haben als Antwort Studie hat ergeben, dass es erheblichen Mehrin- dann erneut wieder nur drei Minuten. Ich kann vestitionsbedarf in verschiedenen Technologien Sie nur ein bisschen damit trösten, dass es unser erfordert, um die Ziele zu erreichen. Es sind dabei tägliches Brot als Abgeordnete ist. Gleichwohl tut zwei Zahlen herauszuheben: Zum einen Mehrin- es mir leid, dass wir Ihnen nicht mehr Zeit zur vestitionen in Höhe von 1,5 Billionen Euro für Verfügung stellen können. 80 Prozent bis 2050, 2,3 Billionen Euro Mehrin- Damit, würde ich sagen, beginnen wir. Als Dol- vestitionen für 95 Prozent bis 2050. Das haben wir metscherinnen stehen uns glücklicherweise eingeschränkt, das sehen wir ausschließlich in ei- zwei Damen zur Verfügung. Das sind Frau Kate nem global vergleichbaren Ambitionsniveau als Adams und Frau Veronika Gruber, die für Herrn tatsächlich vorstellbar und auch realistisch an. Prof. Shaviv die gesamte Sitzung übersetzen wer- Das sind übrigens Aussagen, die sich kaum unter- den und für uns natürlich das Statement und die scheiden von denen, die der IPCC-Report in den Antworten von Prof. Shaviv. Damit können wir vergangenen Wochen gegeben hat. Auch die EU beginnen und ich bitte Herrn Holger Lösch um hat heute in ihrer long-term strategy sehr ähnliche sein Statement. Bitteschön! Zahlen auf den Tisch gelegt.

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Dieses bedeutet automatisch, dass wir in der Dis- Vorsitzende: Herr Lösch, Sie müssten sich bitte kussion nicht nur in Deutschland, sondern in al- ein bisschen kürzer fassen. len Ländern automatisch zu Zielkonflikten kom- Holger Lösch (BDI): Mein letzter Punkt – meine men werden. Diese Zielkonflikte können wir Erwartungen an Kattowitz. Sie sind nicht sehr heute in verschiedenen Debatten bereits schon se- hoch. Aus den Analysen, die mir vorliegen über hen. Ich denke, die Industrie – und das kann ich den Vorlaufprozess, wird deutlich, dass die schon wirklich aus voller Überzeugung sagen – ist in seit Jahren bestehenden Konflikte zwischen In- dieser Diskussion viel mehr bei der Frage des dustrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern „Wie“ als bei der Frage des „Ob“. Der Dissens, weiterhin die Debatte überschatten. Wir werden den wir mit der Politik regelmäßig austragen, be- eine ziemlich intensive Debatte über die Frage be- steht vielmehr dort, wo es um Timing und Ba- kommen, wie denn die Regeln am Ende des Tages lance geht. Oder wenn ich es ganz einfach und sa- sind. Dabei geht es um die Frage: Was ist über- lopp formulieren darf: Wir haben kein Problem haupt eine Tonne CO2? Hier gibt es weltweit sehr mit dem grundsätzlichen Ziel, aber als florieren- unterschiedliche Maßeinheiten. Ich möchte mit des Industrieland wollen wir dort lebend ankom- dem Wort schließen, dass es eben nicht darum men. geht, das Bewahren von Bestehendem ausschließ- Lassen Sie mich drei Punkte herausgreifen, die lich in den Blick zu nehmen, sondern wir müssen ich für essenziell halte: eben heute auch Dinge fördern, die künftig Er- Effizienz und Planbarkeit. Wir vermissen bei die- folgsgeschichten schreiben können. sem sehr komplexen Thema eine einheitliche po- Vorsitzende: Herr Prof. Levermann hat eine litische Governance. Wenn wir die Erreichung der Powerpoint-Präsentation mitgebracht. Ich muss Klimaziele und den Erhalt der industriellen Wert- Sie jetzt leider darüber in Kenntnis setzen, dass schöpfung in Deutschland in Einklang bringen wir heute nicht nur besonders unter Zeitdruck ste- wollen, brauchen wir eine ganzheitlichere Heran- hen, sondern dass wir auch technisch defizitär gehensweise. sind. Das hier ist unser früherer Ausschusssaal, Zweitens – internationale Wettbewerbsfähigkeit. wir haben ihn für heute getauscht, d. h. wir sind Wir müssen im Auge behalten, was die anderen heute erstmalig wieder hier. Aber der Monitor Länder bei dem Thema wirklich machen, nicht funktioniert nicht, weswegen Sie auch keine Uhr nur, was sie sagen. Wir beobachten einen durch- haben. Das heißt, Sie müssten selbst darauf ach- aus schleppenden Fortschritt bei den COP-Prozes- ten, wann die drei Minuten ungefähr um sind. sen, ohne dass ich jetzt die USA oder Brasilien ge- Von hier vorn kommt ein dezentes Signal, das sondert heraushebe, was zuletzt auch die London man vielleicht hören kann; also wir haben leider School of Economics and Political Science sehr keine Uhr wie üblicherweise, sodass alles etwas deutlich herausgearbeitet hat. Der Kurs bei den erschwert ist. Die Powerpoint-Präsentation liegt wichtigsten Märkten und Konkurrenten Deutsch- den Abgeordneten vor, Sie können dann bitte an- lands – das sind insbesondere die G20 – wird für hand Ihrer Tischvorlage das verfolgen, was Prof. das Erreichen all dieser Ziele zentral sein. Idealer- Levermann Ihnen vorträgt. weise würden wir dort kombinierbare, vergleich- bare CO2-Preissysteme in der Zukunft haben. Prof. Dr. Anders Levermann (PIK): Ich brauche Drittens – Forschung und Innovation. Am Ende die Powerpoint-Präsentation [Anlage 1] nicht un- wird das Innovationsprinzip über Erfolg oder bedingt. Misserfolg entscheiden. Wir müssen Forschungs- Als ich fünf Jahre alt war – das ist 40 Jahre bedarfe noch frühzeitiger erkennen und stärken. her – hat John Mercer, ein amerikanischer Glazio- Wir müssen Technologien, Produkte, Prozesse loge, in Nature eine Reihe von Aussagen über die und Geschäftsmodelle hier im Land entwickeln, Zukunft gemacht. Ich sage Ihnen das deswegen, aber auch anderswo in der Welt, die der Rest der weil Nature nicht irgendein Journal ist, sondern Welt benötigen wird, um auf diese Pfade zu kom- ein Wissenschaftsjournal. Man kann dort nicht men. Ich nenne Speicherung, Erneuerbare Ener- einfach nur etwas sagen, weil einem mal danach gien, Effizienz, Kreislaufwirtschaft… ist. Er hat gesagt: Wenn wir mit dem CO2-Ausstoß

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so weitermachen, dann werden wir die CO2-Kon- aber vor allen Dingen die Wetterextreme. Im letz- zentration der Atmosphäre in 50 Jahren verdop- ten Dezember war die Ostküste Amerikas plötz- pelt haben. Und das machen wir gerade, da sind lich unter einer riesigen Schneedecke bedeckt, al- wir auf dem Weg. Das stimmt tatsächlich. Das war les ist zum Erliegen gekommen. Das war ein Mä- auch nicht besonders tiefsinnig von Herrn Mercer, andern des Jetstreams. Einen Monat später ist in weil das hätte ich auch gekonnt. Das war eine ein- Sibirien, wo niemand wohnt, keiner hat es mitge- fache Extrapolation in die Zukunft. Was er dann kriegt, in fünf Tagen die Temperatur um 55 Grad aber gesagt hat, ist – dass die Eisschelfe an der angestiegen – in fünf Tagen um 55 Grad, auch ein Antarktischen Halbinsel zerbersten werden und Mäandern des Jetstreams. Einen Monat später im zwar aufgrund der Erwärmung, die wir daraufhin Februar war Berlin 10 Grad kälter als der Nordpol. bekommen werden. Das ist passiert: 2002 war das Der Nordpol hatte seit drei Monaten keinen Licht- Larsen-B-Eisschelf das erste, was es auf die Titel- strahl gesehen und war trotzdem wärmer am seite der New York Times geschafft hat, weil es Schmelzpunkt. eben innerhalb von 14 Tagen in der Größe des Wenn wir die Temperatur des Planeten überhaupt Saarlandes kleinteilig zerbrochen ist. Eigentlich stabilisieren wollen, dann müssen wir auf Null- ging das Paper aber darum, dass er sagte: Und Emissionen. Klimaforscher stellen keine Forde- dann wird aufgrund der Erwärmung die Westant- rungen auf – das ist mir sehr wichtig. Ich stelle arktis instabil. Und das ist jetzt passiert. keine politischen Forderungen. Die politische For- 2014 sind drei Studien herausgekommen, zwei derung ist in Paris gestellt worden, nämlich: Wir davon am gleichen Montag, die alle gesagt haben: wollen die Temperatur stabilisieren und wir wol- Die Erwärmung hat jetzt dazu geführt, dass die len sie bei 2 Grad stabilisieren. Das bedeutet, wir Westantarktis instabil geworden ist und jetzt die müssen bis 2050 auf Null-Emissionen. Und da- gesamte Eismenge, die dort lagert, in den Ozean nach müssen alle Maßnahmen beurteilt werden, fließt, d. h. 3,5 Meter Meeresspiegelanstieg auf die Sie hier beschließen. lange Sicht. Ich sage Ihnen das deswegen, weil es Vorsitzende: Professor Nir Schaviv von der hebrä- zu der ersten Aussage auf meiner Folie passt: In ischen Universität. Haben Sie eine Powerpoint- Physics we trust. Herr Mercer hatte damals weder Präsentation? Computer, noch hatte er Satellitenmessungen der Antarktis, sondern er hatte nur die Physik. Diese Prof. Nir Shaviv (Hebräische Universität Jerusa- Physik sagt uns, dass wir Klimawandel bekom- lem, Racah Institut für Physik): Lassen Sie mich men, wenn wir CO2 in die Atmosphäre bringen. zunächst sagen, dass es mir eine große Ehre ist, zu Wir wissen, was die Emissions- und Absorptions- Ihnen sprechen zu dürfen. Drei Minuten sind spektren sind von den Molekülen CO2, Methan, nicht viel Zeit. Ich fasse mich also kurz. Lachgas. Dann brauchen Sie nur noch Herrn Ich beginne mit einer Aussage, die Sie schockie- Planck und Herrn Boltzmann, wie Sie auf der ren könnte. zweiten Folie sehen – nämlich die Quantenme- chanik, die Physik, die uns bei den Computern Es gibt keine Belege dafür, dass CO2 große Auswir- hilft und bei den Autos und bei den Flugzeugen kungen auf das Klima hat. Für sogenannte Be- und überall. Dann wissen Sie sofort – Sie kriegen weise dafür, dass menschliche Aktivitäten der 3 Grad Erwärmung für eine Verdoppelung des Hauptgrund für die globale Klimaerwärmung CO2; keine Computerprogramme, keine Beobach- sind, nutzt das IPCC zwei Argumente. A: Mit tungen, sondern einfach nur die Physik, die wir Blick auf die Entwicklung im 20. Jahrhundert gibt seit 150 Jahren kennen. Das führt dann zu einer es nichts weiter zu erklären. Und B: Die Klimaer- Erwärmung, die wir auch sehen und die wir auch wärmung im 20. Jahrhundert ist beispiellos. Diese beobachten. Argumente sind verfehlt. Und Sie werden sich fra- gen, warum? Entscheidend ist jetzt aber, dass wir dadurch Kli- maveränderungen kriegen, die langsam passieren, Durch die gestohlenen E-Mails von Klimafor- an die wir uns anpassen können – Meeresspiegel- schern wissen wir etwa, dass das Hockeyschläger- anstieg, Veränderung der Temperaturen weltweit, Diagramm ein Beispiel für fragwürdige Wissen- schaft war. Die mittelalterliche Warmzeit gab es

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tatsächlich, und die Kleine Eiszeit gab es ebenfalls des 21. Jahrhunderts um ein weiteres Grad zuneh- tatsächlich und weltweit. Auch wenn das IPCC men wird. Ohne unser Zutun werden wir also die dies nicht zugeben will: Wir wissen, dass die Ziele von Kopenhagen und Paris erreichen. Sonne große Auswirkungen auf das Klima hat, Die Tatsache, dass die Temperaturen im Laufe des und zwar insbesondere auf die Klimaerwärmung 20. Jahrhunderts deutlich weniger stark angestie- im 20. Jahrhundert. gen sind als von den IPCC-Modellen vorhergesagt, Wenn Sie sich das erste Diagramm in der Präsen- sollte als deutlicher Hinweis dafür gesehen wer- tation ansehen, blicken Sie auf eine Folie, die den, dass mit dem Standardmodell etwas nicht in wahrscheinlich eines der wichtigsten Diagramme Ordnung ist. Auch sollte ich an dieser Stelle er- ist, die der IPCC schlicht ignoriert. Was Sie die- wähnen, dass Wissenschaft keine Demokratie ist. sem 2008 veröffentlichten Diagramm entnehmen Die Mehrheit hat hier nicht unbedingt Recht. Fer- können, ist eine überaus deutliche Korrelation ner sollten wir vorsichtig sein und unterscheiden zwischen dem Meeresspiegel oder der Änderungs- zwischen Belegen für die Erwärmung, die wir er- rate des Meeresspiegels einerseits und der Son- leben, einerseits und Belegen für eine durch Men- nenaktivität andererseits. Hier sehen Sie den schen verursachte Erwärmung andererseits. Für Stand des Sonnenzyklus. Sie erkennen, dass der Letzteres haben wir keine Beweise. Manche Leute Ozeanspiegel mit der Sonnenaktivität ansteigt und werden Sie jetzt mit sekundären Klimaeffekten im dass der Meeresspiegel mit abnehmender Sonnen- Zusammenhang mit der globalen Erwärmung er- aktivität sinkt. Dies belegt – über jeden Zweifel er- schrecken. Dazu gehören der Anstieg des Meeres- haben –, dass die Sonne einen großen Einfluss auf spiegels, Ereignisse auf Reisfeldern, Dürren, Über- das Klima hat. Viel, viel größer als der IPCC bereit schwemmungen oder wirtschaftliche Auswirkun- ist zuzugeben. Was bedeutet dies? gen. Wenn aber das zugrundeliegende Klimamo- dell grundlegend falsch ist, weil es die Auswir- Wenn wir uns das zweite Diagramm anschauen, kungen von CO2 überschätzt, dann sind alle dar- können Sie die Veränderungen des Strahlungsan- aus resultierenden Vorhersagen irrelevant. Lassen triebs sehen (dies entstammt dem 5. Sachstands- Sie mich abschließend sagen, dass die Angst vor bericht des IPCC). Und in der unteren Leiste se- der globalen Erwärmung, und damit die Verurtei- hen Sie eine kleine Zahl. Dies ist der Beitrag, den lung abweichender Ansichten, bereits Teil unse- der IPCC der Sonne zuschreibt. Und die große res Zeitgeistes ist. Statt jedoch blind dem Strom Zahl entspricht dem Beitrag zur Erwärmung durch zu folgen, sollten wir einen Moment innehalten die Sonne entsprechend dem, was wir an den und nachdenken, bevor wir einen derart großen Ozeanen feststellen. Der Umstand, dass der Mee- Teil unserer kostbaren öffentlichen Ressourcen resspiegel stets bei erhöhter Sonnenaktivität an- verschwenden. Vielleicht finden wir heraus, dass steigt, zeigt uns, dass die Sonne einen großen Ein- der Kaiser neue Kleider anhat. fluss hat. Man erkennt, dass der solare Beitrag im Laufe des 20. Jahrhunderts noch größer ist oder Vorsitzende: Herr Dr. Axel Michaelowa von der zumindest dem vergleichbar ist, was auf den CO2- Universität Zürich, auch von Ihnen liegt den Ab- Gehalt der Atmosphäre zurückgeht. Wir wissen, geordneten eine Powerpoint-Präsentation in aus- dass die Sonne einen großen Einfluss auf das gedruckter Form vor. Bitteschön! Klima hat. Und alle Versuche, die Klimaerwär- Dr. Axel Michaelowa (UZH): Ich möchte darauf mung im 20. Jahrhundert ohne Berücksichtigung eingehen, was sind eigentlich die Fragen, die die des solaren Beitrags zum Strahlungsantrieb zu er- COP24 entscheiden muss? Sie haben sicherlich in klären, sind verfehlt. Es zeigt sich also, dass mehr den Medien viel gelesen. Es gibt eine lange Liste als die Hälfte der globalen Erwärmung auf die von Themen, aber es gibt ein Thema, das beson- Sonne zurückgeht und das Klimasystem somit ders wichtig ist – das ist die Verabschiedung des weitaus weniger empfindlich sein muss als der sogenannten Pariser Regelwerks, das heißt die De- IPCC uns mitteilt. Um wie viel? Nur 1 bis 1,5 Grad tailbestimmung für die Auslegung des Pariser Ab- Anstieg pro CO2-Verdoppelung im Vergleich zu kommens, das 2015 beschlossen und 2016 in Kraft den 1,5 bis 4,5 Grad, die Sie in den IPCC-Berich- getreten ist. ten lesen. Dies bedeutet, dass die Erwärmung – ohne dass wir etwas Besonderes tun – im Laufe

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Welche Elemente sind hier besonders wichtig und nismen machen, des sogenannten Clean-Develop- wo liegen die Konfliktlinien? Die Hauptkonfliktli- ment-Mechanism, während die Entwicklungslän- nie liegt traditionell in der Frage: Wie behandelt der ihrerseits Zugeständnisse machen könnten be- man die unterschiedlichen Länderkategorien? Es züglich der Regeln für die Bestimmung der Refe- gibt einige Entwicklungsländer und auch Schwel- renzfälle und der Zusätzlichkeit. Weiterhin kann lenländer, wie China, die verlangen, dass man zu Deutschland auch das Gastland Polen positiv be- dem alten System des Kyoto-Protokolls zurück- einflussen. Das Gastland versucht sich nämlich kehrt, wo es eben die Industrieländer gibt, die be- vor der Verhandlung der Klimaschutzregeln zu stimmte Verpflichtungen haben, und die Entwick- drücken und will auf politische Erklärungen fo- lungsländer, die eigentlich keine Verpflichtungen kussieren. Diese bringen uns aber nicht weiter. In- haben sollten. Nun hat die Anlage des Pariser Ab- sofern hat Deutschland eine reelle Chance, die kommens versucht, genau diesen Gegensatz aus- Konferenz positiv zu beeinflussen. zuhebeln. Jetzt muss man schauen, ob diese rück- Vorsitzende: Wir kommen jetzt zum Beitrag von wärtsgewandten Verhandlungspositionen beseitigt Herrn Weischer von Germanwatch. Lutz Weischer werden können, indem man eine feinere Ausdiffe- und Sabine Minninger wollten ihre Statements in renzierung für die Berichterstattungsregeln und der Abfolge gerne tauschen. Herr Weischer bitte! die nationalen Minderungszusagen bekommt. Das gilt z. B. für die Fristen, die für die Minderungszu- Lutz Weischer (Germanwatch): Ich habe keine sagen relevant sind; das gilt für die Wechselkurse Powerpoint-Präsentation, weil das Statement ja zwischen den verschiedenen Treibhausgasen, sehr kurz sein sollte. Ich habe aber für die, die es weil dort im Augenblick ein totaler Wildwuchs genauer wissen wollen, Lesestoff mitgebracht herrscht; und das gilt auch für die Regeln für die [Broschüre von Germanwatch „Hintergrundpa- Marktmechanismen hinsichtlich der Umweltin- pier, Die 1,5 Grad-Herausforderung angehen: Hö- tegrität der Emissionszertifikate und dem Beitrag here Klimaziele, verlässliche Finanzierung, starke der Aktivitäten zur nachhaltigen Entwicklung. Regeln, Erwartungen an die COP24 in Katowice, Polen“], der bei Germanwatch online verfügbar ist Ein wesentlicher Konfliktpunkt besteht auch hin- – unsere detaillierte Analyse dessen, was bei der sichtlich der internationalen Klimafinanzierung. COP24 jetzt zu erwarten ist. Da verlangen die Entwicklungsländer verlässliche Finanzierungspfade; sie verlangen eine ex post- Ganz kurz gesagt ist es so, dass das jetzt natürlich Analyse der tatsächlich vorgenommenen Klimafi- die Klimakonferenz ist, die die erste ist, seit der nanzierung und sie verlangen die Festschreibung IPCC seinen Sonderbericht veröffentlicht hat. Des- einer Rolle für den Grünen Klimafonds und den wegen ist es die Konferenz, wo die Regierungen Anpassungsfonds. zeigen müssen, wo die internationale Gemein- schaft zeigen muss: Wir haben diesen Bericht ver- Ich möchte jetzt darauf eingehen, was Deutsch- standen, wir haben die Dramatik dessen, was uns land bei der Konferenz für einen Beitrag leisten da geschildert wird, verstanden und wir werden könnte. Deutschland könnte eine wichtige Rolle handeln, um die Ziele, die wir uns in Paris gesetzt spielen, Kompromisse zu finden. Z. B. könnte sich haben, tatsächlich zu erreichen – die globale Er- Deutschland dafür einsetzen, dass die Entwick- wärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. lungsländer Zugeständnisse machen hinsichtlich des Designs der Minderungszusagen und der Be- Diese Antworten müssen in drei Bereichen gege- richterstattung. Also dass z. B. die großen Schwel- ben werden: Erstens geht es darum, jetzt mehr zu lenländer dieselben Berichterstattungsregeln wie tun. Das wird ja im IPCC-Bericht auch sehr deut- die Industrieländer verwenden, dafür aber die lich, der Zeitdruck ist enorm und die Notwendig- Entwicklungsländer von den Industrieländern keit da, jetzt zu handeln und bestehende Klima- spezifische Zusagen für öffentliche Klimafinanzie- ziele umzusetzen und auch weiter zu verschärfen, rung bekommen. weil uns die Zeit davonrennt. Wenn wir bei den 2030-Klimazielen bleiben, wie sie gerade vorlie- Gleichermaßen im Kontext der Marktmechanis- gen, dann landen wir bei 3 Grad Erwärmung. men könnten die Industrieländer Zugeständnisse Dann werden wir auch 2030 kaum noch eine hinsichtlich der Weiternutzung der Kyoto-Mecha- Chance haben, so nachzusteuern, dass überhaupt

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2 oder 1,5 Grad noch erreichbar werden. Dazu keinen IPCC-Bericht gebraucht, um zu merken, dient der Talanoa-Dialog, insbesondere also der dass es einen sehr gefährlichen Klimawandel gibt, Dialog über die Klimaschutzbeiträge der Län- der Entwicklung verhindert sowie Armut und der – auch das Thema von Sofortmaßnahmen für Hunger jetzt schon verschärft. In vielen Teilen der 2020 wird noch einmal auf der Agenda stehen. Welt schlägt der Klimawandel jetzt schon so bru- tal zu, dass die Menschen die Grenzen der Anpas- Der zweite Punkt ist dann die Finanzierung – ver- sung an den Klimawandel erreicht haben. Sie er- lässlichere Finanzierung für die Entwicklungslän- leiden jetzt schon klimabedingte Schäden und der, damit eine Ambitionssteigerung überhaupt Verluste. Sie kommen vor allen Dingen nicht möglich ist. Das war ja auch die Verständigung in mehr auf die Beine. Sie schaffen es nicht mehr, Paris, zu sagen: Die Entwicklungsländer akzeptie- sich zwischen den extremen Wetterschocks zu er- ren, dass auch für sie dieselben Regeln gelten, holen, zu rehabilitieren. dass auch sie sich Klimaschutzziele setzen, die in- ternational überprüfbar sind. Im Gegenzug wird Wir erleben das z. B. in Äthiopien oder in Bangla- ihnen zugesichert, dass es technologische und fi- desch. Aber auch die langfristigen Klimaverände- nanzielle Unterstützung gibt. Da muss jetzt gezeigt rungen machen den Partnerorganisationen in den werden – auch wenn Herr Trump ankündigt, Projektgebieten sehr zu schaffen. Allein in Fidschi nicht mehr dazu beizutragen –, dass dieses Ver- hat die Regierung 800 Dörfer kartiert, die als hoch- sprechen gilt und dass diese Finanzierung verläss- risikogefährdet gelten und jetzt akut umgesiedelt lich fließen wird. Das betrifft den Grünen Klima- werden müssen; die ersten Dörfer wurden auch fonds, wo unsere Erwartung ist, dass die Indust- schon umgesiedelt. Ich habe diese Projektgebiete rieländer ihre Beiträge jetzt in der kommenden besucht. Wir haben auch eine Publikation [Study ersten Wiederauffüllungsrunde verdoppeln im „Limiting Global Warming to 1,5 Grad] – wer es Vergleich zur Erstauffüllung. Und es betrifft insge- ganz genau wissen will, in Englisch verfügbar. samt die Frage, zu zeigen, dass die 100 Milliarden, Wir sind von daher froh, dass das Thema klimabe- die die Industrieländer zugesagt haben, jährlich dingte Schäden und Verluste endlich auf der zu erreichen, ab 2020 erreicht werden. Agenda des UNFCCC verankert worden ist, seinen Eingang im Pariser Klimaabkommen gefunden hat Der dritte Punkt sind dann Regeln. Da hat Herr Dr. und auch in der Arbeitsgruppe Warschau-Mecha- Michaelowa ja schon einiges zu gesagt. Dieses Re- nismus für klimabedingte Schäden und Verluste, gelbuch – das ist jetzt nicht so abstrakt, dass man kurz WIM, besprochen wird. Also politisch hängt sagt, man braucht irgendwie Regeln, das ist ir- das noch ganz tief. Wir wollen natürlich, dass gendwie kompliziert. Sondern es geht um die Re- diese Arbeitsgruppe, diese WIM aufgewertet wird, geln, die Ambitionssteigerungen in den Berei- auf eine höhere Agenda gehievt wird. Sie wurde ja chen – die ich gerade genannt habe – auch lang- vor fünf Jahren in Warschau gegründet, d. h. jetzt fristig ermöglichen; also mehr Klimaschutz und bei der COP24 wäre es auch ein gutes Momentum, mehr Klimafinanzierung zu ermöglichen und zu die fünfjährige Geburtstagsparty, die da ausgerich- ermöglichen, dass Länder sich darauf verlassen tet werden soll, auch dafür zu nutzen, mal zu se- können – weil es verlässlich und nachvollziehbar hen, was hat denn eigentlich diese Arbeitsgruppe ist. bis jetzt geleistet. Sie hängt politisch komplett im Dieses Dreierpaket, also aus stärkeren Klima- Keller. Das muss viel mehr nach oben verankert schutzzielen sofort, 2020 und 2030, aus einer hö- werden, natürlich auch mit finanziellen Ressour- heren und vor allem auch verlässlicher geregelten cen ausgestattet werden, weil es gibt keinen einzi- Klimafinanzierung und aus Regeln, die ein Re- gen Cent, der für die Entschädigung von klimabe- gime schaffen, was dann über Jahrzehnte funktio- dingten Schäden und Verlusten vorgesehen ist – niert und uns noch eine Chance gibt, die globale bis jetzt gibt es nur Geld für Minderungsmaßnah- Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, steht bei men und recht wenig für Anpassung. Auch der COP auf der Agenda. Deutschland gibt nur 24 Prozent seiner gesamten Klimafinanzierungsausgaben für Anpassung aus. Sabine Minninger (BfdW): Die Partnerorganisatio- Das ist zu wenig. Wir brauchen hier wesentlich nen von Brot für die Welt, die jetzt schon in der mehr Mittel, damit die Menschen es schaffen, Frontlinie des Klimawandels arbeiten, die hätten

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nach Klimakatastrophen wieder auf die Beine zu richtet sich auf das Paris-Abkommen. Wie sind kommen. die Erwartungen von Seiten der Wirtschaft an das Abkommen? Sie sagten vorhin im Eingangsstate- Wir erleben eine Zunahme von ökonomischen ment: Sie sind nicht zu hoch. Dennoch ist ja dort Schäden durch den Klimawandel. Die deutsche das Ziel, ein Rulebook, ein Regelbuch festzulegen, Bundesregierung hat die Weltbank beauftragt, das die Vergleichbarkeit und die Transparenz so- dazu auch einmal Zahlen zu liefern, die im letzten wie die Kontrolle letztendlich auch gewährleistet. Jahr im Rahmen der G20-Präsidentschaft präsen- Deswegen meine Frage in die Richtung: Was er- tiert wurden. 300 Milliarden US-Dollar jährlich warten Sie bezüglich Vergleichbarkeit und Trans- erleben wir global durch Vermögensverluste parenz? Und warum ist das wichtig für die Wirt- durch den Klimawandel. Die Münchener Rückver- schaft? sicherungs-Gesellschaft sagt, dass sich seit 1980 die Klimaschäden verdreifacht haben und immer Holger Lösch (BDI): Ich habe es so formuliert, dass mehr Menschen Vertriebene und auf der Flucht die Erwartungen nicht hoch sind, weil wir natür- durch den Klimawandel sind. lich den Vorlaufprozess auch beobachten. Aber gleichwohl, wenn es gelänge, dieses Rulebook tat- Wir haben dazu im nächsten Jahr zwei große Auf- sächlich zu verabschieden – und Herr Dr. Axel gaben, die wir erfüllen müssen. Zum einen wer- Michaelowa hat ja noch ein paar andere Hürden, den wir nach Quellen schauen für klimabedingte die vor dieser Konferenz liegen auch angespro- Schäden und Verluste, um einen Fonds zu schaf- chen –, wäre es ein weiterer kleiner Schritt zu ei- fen. Zum anderen wird man sich mehr mit dem ner ganz wichtigen Währung im gesamten Kontext Thema klimabedingte Vertreibung/Migration be- Klimaschutz. Alle gucken, was macht der andere. schäftigen. Dazu gibt es jeweils zwei Arbeitsgrup- Und das ist ein riesiges Vertrauensspiel. Und pen, zwei Arbeitsprozesse, in denen das behan- wenn auch nur der Hauch eines Zweifels daran delt wird. Der UN-Migrationspakt ist der einzige, besteht, dass die Absichten und die Selbstver- der Klimawandel als Migrationsgrund anerkennt pflichtungen des Gegenübers nicht sehr lauter und in Marrakesch im Dezember gleichzeitig zur sind, dann werden wir auch in Zukunft dieses COP24 angenommen wird. Wir hoffen natür- Spiel erleben, dass ständig gesagt wird: Wieso sol- lich – und das ist eigentlich eine Selbstverständ- len wir, wenn die anderen nicht verlässlich ma- lichkeit –, dass Deutschland diesen UN-Migrati- chen? Und da ist das Kleingedruckte von essenzi- onspakt annimmt. eller Bedeutung. Weil in der Tat da ganz viele Fra- Vorsitzende: Ihnen allen noch einmal vielen Dank gen auch offen sind. Was ist z. B. eine Tonne CO2 für Ihre Eingangsstatements. Wir kommen jetzt in tatsächlich? Was rechnen wir da mit ein? Wie die Fragerunden. Das heißt, die Abgeordneten ha- wird es kontrolliert? Also dieses Monitoring, Re- ben bis zu 2 Minuten Zeit, gerne auch kürzer, eine viewing und Verification, das sind einfach drei Frage an einen bestimmten Sachverständigen zu zentrale Dinge. Das mag wie Kleingedrucktes klin- formulieren und die/der Sachverständige hat gen, aber es ist tatsächlich das Herz, um dieses dann wieder 3 Minuten Zeit, diese Frage zu beant- Klimaabkommen wirklich zum Leben zu erwe- worten. Die erste Frage kommt von Frau Dr. Weis- cken, weil sonst dieses Misstrauen dauerhaft be- gerber von der Fraktion der CDU/CSU und sie stehen bleibt. Und es wurde ja auch angespro- richtet sich an Herrn Lösch. Bitteschön! chen, dass es jetzt wieder Versuche gibt, zurück zu dem Kyoto-Verfahren zu gehen. Das hielte ich Abg. Dr. (CDU/CSU): Herr auch für dramatisch, weil Paris konnte nur ein Er- Lösch, Klimaschutz ist eine globale Aufgabe und folg werden, weil man sich von Kyoto getrennt gelingt nur gemeinsam – und auch die Wirtschaft hat. Der Top-Down-Ansatz von Kyoto – dass quasi hat natürlich da eine wichtige Aufgabe, spielt eine von oben beschlossen wird, was Einzelne zu redu- wichtige Rolle bei der Erreichung der Klimaziele. zieren haben –, der war in Kopenhagen krachend Insofern finde ich es gut, wie Sie es formuliert ha- gescheitert und man ist dann mit einem Bottom- ben. Es geht nicht nur darum, das Bestehende zu Up-Ansatz an die Sache herangegangen. Und der bewahren, sondern auch künftige Erfolgsgeschich- heißt natürlich, dass jeder sagt: Ich werde, ich ten zu schreiben – auch was Modernisierung und will, ich möchte dies und jenes tun und da kommt Technologiefortschritt angeht. Meine erste Frage es eben zentral darauf an, dass das auch verifiziert

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wird. Sodass das, was gesagt wird, auch wirklich Wir müssen überall die Strukturen so setzen, dass getan wird. Und damit wäre insbesondere natür- wir auf Null kommen. Und das müssen wir tat- lich für die Wirtschaft bei Fragen der Wettbe- sächlich in allen Sektoren machen. Ich denke im- werbsfähigkeit, der Vergleichbarkeit von Ambitio- mer, wir geben ein Geschenk an die Wirtschaft, nen ein großer Schritt getan, wenn dieses erreicht indem wir eine multidekadische Vorhersage ha- werden könnte. ben. Wann bekommen Sie das schon einmal, dass Ihnen jemand sagt, in 30 Jahren muss irgendetwas Abg. Dr. (SPD): Herr Prof. Lever- ganz Großes verändert werden? Denn das ist ja ein mann, Sie hatten ja auch hervorgehoben, dass es Innovations-Demand, der enorm ist. Alles, was um die Null-Emissionen gehen muss. Ich denke, Herr Prof. Shaviv gesagt hat, ist Quatsch – es tut Deutschland kommt da auch eine sehr wichtige mir total leid, so einfach muss ich das sagen. Wir Vorbildfunktion zu – als Industrienation ganz klar sind lange darüber hinweg und ich bin froh, dass und unmissverständlich den Weg der Energie- wir heute über die Lösung des Klimaproblems re- wende insoweit voranzuschreiten und auch die den und nicht mehr darüber, ob es Klimawandel anderen Sektoren in den Blick zu nehmen, um gibt. Ich kenne Herrn Prof. Shaviv schon seit eben diesen Wandel auch als Industrienation dar- 10 Jahren, ich habe meinen Doktor im Weizmann- zustellen. Soweit vorab ein Statement. Institut für Wissenschaften in Israel gemacht – wir Meine Frage jetzt aber an Sie: Inwieweit halten sind lange darüber hinweg, wir brauchen da ein- Sie eine sektorspezifische politische Rahmenset- fach nicht mehr drüber reden. zung für förderlich? Diese Null-Emission bis 2050, Abg. Dr. Heiko Wildberg (AfD): Herr Prof. Shaviv, heißt das vielleicht auch so viel Minderung in je- zunächst eine Frage zur Begrenzung der Tempera- dem Sektor wie nur möglich? turerhöhung auf maximal 2, besser 1,5 Grad, wie Wenn dann noch Zeit verbleibt, weil Sie ja als es in der Pariser Klimaübereinkunft festgelegt Physiker auch unterwegs sind, wäre mir auch sehr wurde. Wenn ich eine Temperaturerhöhung von daran gelegen, wenn Sie noch einmal kurz auf Ih- x Grad festlege und begrenzen möchte, muss ich ren Nachbarkollegen eingehen könnten und wie natürlich auch wissen, von welcher Bezugstempe- Sie zu den Äußerungen stehen, die Herr Prof. ratur ich ausgehe. Und im Pariser Übereinkom- Shaviv vorgetragen hat. men ist diese Bezugstemperatur nie quantifiziert. Es ist immer nur die Rede von vorindustriellen Prof. Dr. Anders Levermann (PIK): Die Null-Emis- Zeiten, in denen eine solche Temperatur ge- sionen sind tatsächlich eine sehr, sehr harte Zahl, herrscht haben soll. Und ob ich jetzt nun Befür- weil wir tatsächlich nur die Temperatur stabilisie- worter einer anthropogen gemachten Klimahypo- ren können, wenn wir auf Null-Emissionen kom- these bin oder auch ein Skeptiker, wenn ich eine men – und das ist so fest, wie nur irgendetwas. Temperaturerhöhung um eine gewisse Gradzahl Weil die CO2-Moleküle, also wenn Sie zwei in die erreichen möchte und eine Begrenzung, dann Atmosphäre bringen, dann wird eins sofort im muss ich ja wissen, von welcher Bezugstempera- Ozean gelöst und erzeugt dort Kohlensäure, das tur ich ausgehe. Ich hätte gern gewusst, wie hoch ist schlecht für die Umwelt dort, und das andere diese Bezugstemperatur ist, was dort die Klimafor- bleibt für Jahrhunderte bis Jahrtausende in der At- schung vorschlägt? Und ich hätte auch gern ge- mosphäre und erhöht die Temperatur des Plane- wusst, wann diese genau aufgetreten ist? Und wa- ten. Diese Null-Emissionen sagen Ihnen eigentlich rum diese gewählt wurde? Es ist ja eine ganze schon alles, was Sie wissen müssen. Wenn Sie Reihe von vorindustriellen globalen Durch- dann noch die 2 Grad dazu nehmen, sagt es Ihnen, schnittstemperaturen bekannt – und dann würde wann Sie auf Null kommen müssen. Die Null- ich Sie bitten, auch noch kurz auf die Äußerungen Emissionen sagen Ihnen, Sie brauchen einen Ihres Vorredners einzugehen. Danke. Strukturwandel, d. h. erst einmal aus der Kohle heraus. Die Leute reden immer erst einmal über Prof. Nir Shaviv (Hebräische Universität Jerusa- Autos, wenn ich auf eine Party komme. Ich sage: lem, Racah Institut für Physik): Lassen Sie mich Ich bin Klimaforscher. Alle antworten: Ich fahre zunächst auf die Bemerkungen meines Kollegen auch schon viel weniger Auto. Mit weniger funkti- eingehen, wonach es alles Unsinn ist. oniert es nicht.

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Wie ich Ihnen zeigte, gibt es ein Diagramm, das stufung unterschiedlicher Länder auf unterschied- vom IPCC und von Leuten wie meinen Kollegen lichen Reporting-Standards wieder aufgegriffen schlicht ignoriert wird –, das aber zeigt, dass die wird. Meine erste Frage: Wir unterteilen ja meis- Sonne große Auswirkungen auf das Klima hat. tens noch einmal in LDC (Least Developed Count- Nach der Veröffentlichung dieser Forschungsar- ries) und sozusagen Schwellenländern/ BRICS- beit im Jahr 2008 zeigten weitere Forschungen auf Staaten – oder wie auch immer man das nennen der Grundlage von Satellitenbildern genau das will. Bei gerade letzteren, also den Schwellenlän- Gleiche: dass die Sonne einen beträchtlichen Ein- dern, wieviel Prozent der weltweiten Emissionen fluss auf das Klima hat. Solange also der IPCC und machen die denn aus? Das wäre schon interessant Personen wie mein geschätzter Kollege hier nicht zu wissen, inwiefern die eingestuft werden müs- die Tatsache berücksichtigen, dass die Sonne ei- sen. Und würden Sie denn sagen, es sollte zu den nen großen Einfluss auf die Klimamodelle hat, Least Developed Countries eine andere Reporting- werden diese Klimamodelle fehlerhaft sein. Und pflicht, einen anderen Standard geben? alle Vorhersagen, die auf der Grundlage dieser Frage zwei dazu aufgreifend: Sie hatten ja Artikel Klimamodelle getroffen werden, werden schlicht 6 angesprochen – mich würde noch einmal insbe- falsch sein. Da die Sonne einen großen Einfluss sondere interessieren, wie Sie die aktuelle Situa- auf das Klima hat, gibt es auch über längere Zeit- tion zu den CDM-Maßnahmen (Clean Develop- räume hinweg große Temperaturschwankungen, ment Mechanism) einschätzen und wie da der ak- z. B. die Kleine Eiszeit oder die mittelalterliche tuelle Stand in den Verhandlungen ist? Auch Warmzeitperiode. Dies könnte eine Antwort auf gerne, wie Europa oder Deutschland sich dazu Ihre Frage sein kann. Beispielsweise könnten wir aufstellen – weil, das ist ja schon ein ganz zentra- die heutigen Temperaturen mit den Temperaturen ler Teil da zu reduzieren, wo es am effizientesten im Hochmittelalter vergleichen, als sie wahr- ist, und auch, wo man das Beste für sein Geld her- scheinlich fast so hoch waren wie heute – oder ausbekommt? Und wenn Sie dann noch Zeit ha- vielleicht während einiger Zeitabschnitte so hoch ben, gerne auch nochmal ganz kurz auf Artikel 6.2 waren. In dieser Hinsicht ist es also etwas proble- eingehen – und wie da Markt-Mechanismen ver- matisch. handelt werden –, aber nur, wenn es zeitlich Die heute verwendeten Klimamodelle sind we- passt. sentlich darauf ausgerichtet, zu erklären, was sich Dr. Axel Michaelowa (UZH): Zur Frage der im 20. Jahrhundert ereignet hat. Und wenn man Schwellenländer: China hat ja bereits im Jahr relevante Strahlungsantriebe ausschließt, erhält 2007 die USA als größten Emittenten weltweit man Modelle, die auf signifikante Weise überemp- überholt. Indien wächst im Augenblick emissions- findlich sind. Wenn man in die IPCC-Berichte mäßig um 5, 6 Prozent pro Jahr. D. h., wir haben hineinschaut und auf diese Bandbreite von 1,5 bis mehr als ein Drittel der Weltemissionen von den 4,5 Grad stößt, dann stellt man nach Milliarden richtig großen Schwellenländern. Und wenn man investierter Dollar oder Euro fest, dass wir nicht die zweite Garde, wie Indonesien, Pakistan, die wissen – oder dass zumindest die Gemeinschaft südostasiatischen Tigerstaaten noch mit dazu der Klimaforscher als Ganzes nicht weiß –, was nimmt, kommen wir dann schon in Richtung die Klimasensitivität ist. Und dies geht bis auf das Hälfte. Und das nimmt signifikant weiter zu. Inso- Climate Committee 1979 in den USA zurück. Die fern muss man dafür sorgen, dass die Schwellen- Modelle sind somit fehlerhaft und ich könnte hier länder dieselben Berichtspflichten haben wie die die gleichen Wörter gebrauchen, die mein Kollege Industrieländer. Und die haben auch die Ressour- benutzte. Aber das werde ich nicht tun. cen dafür. Für die Least Developed Countries Abg. Dr. Lukas Köhler (FDP): Ich habe jetzt keine müsste man die Finanzierung bereitstellen, damit Frage an die beiden Physiker, ob es jetzt einen Kli- die eben ihre Emissionsinventare vernünftig füh- mawandel gibt oder nicht. Weil es geht ja eigent- ren. Man kann jetzt z. B. von Benin nicht verlan- lich um die COP – da hätte ich zwei Fragen: Sie, gen, dass sie im selben Maßstab berichten wie Herr Dr. Michaelowa, hatten erwähnt in Ihrem China. wunderbaren Statement, dass die Frage der Ein-

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Zur zweiten Frage der Marktmechanismen: Der Fonds, so wie der Anpassungsfonds z. B. für CDM hat ja im Kyoto-Kontext Tausende von Pro- Klimaschäden oder z. B. ein neues Fenster beim jekten in über 100 Entwicklungsländern finanziert Green Climate Fund. Der Grüne Klimafonds sieht und fast zwei Milliarden Emissionszertifikate er- bis jetzt nur die Fenster vor für Minderungen/ An- zeugt – ist in den letzten Jahren aber in sich zu- passungsprojekte. Da könnte ein weiteres Fenster sammengebrochen, weil die Nachfrage nach den geöffnet werden – aber natürlich mit zusätzlichen Zertifikaten fehlte. Die Europäische Union fordert Mitteln, denn die Klimaschäden sind so teuer, die jetzt in den Verhandlungen, den CDM überhaupt würden ja das ganze Budget für Minderungen, An- nicht in die Marktmechanismen des Pariser Ab- passungsprojekte auffressen. Das darf es nicht kommens zu überführen. Das ist aus meiner Sicht sein. verfehlt, man sollte gerade für die ärmeren Länder Die Klimarisikoversicherungen – ich rede jetzt nur in Afrika einen direkten Übergang des CDM in die von denen, die die deutsche Bundesregierung sub- Pariser Marktmechanismen zulassen. Bei den ventioniert und da Geld eingezahlt hat –, das ist Schwellenländern natürlich müsste man schauen, keine Antwort auf Klimagerechtigkeit, weil das inwiefern die diese Reduktion nicht selber brau- sind souveräne Risikopools, die z. B. die afrikani- chen, wenn sie ambitionierte Klimaziele haben. schen Staaten gemeinsam auf die Beine gestellt Bezüglich der dritten Frage: Artikel 6.2, das ist der haben. Jeder muss dort für eine Versicherungspo- Marktmechanismus, der nur relativ geringe inter- lice Prämien zahlen und die Mittel, die aus nationale Aufsicht haben soll. Da stellt sich jetzt Deutschland kommen, machen das Ganze mehr eben die Schlüsselfrage – kann auf internationaler bezahlbar. Die Preise sinken und damit können Ebene darauf verzichtet werden, z. B. die Zusätz- mehr an diesem Risikopool teilhaben. Wenn man lichkeit der Minderung unter diesem Mechanis- die Atmosphäre kaputt macht – und egal, was mus nicht zu prüfen? Ich denke, man braucht dort man kaputt macht –, muss man dafür auch gerade- Mindestmaßstäbe, sonst könnte sich dieser Me- stehen – das ist logisch. Und deshalb brauchen chanismus zu einem Schlupfloch entwickeln. Wir wir einen Fonds und keine Versicherung, wo die haben in der Vergangenheit genügend Erfahrun- ärmsten Staaten selbst auch noch einzahlen müs- gen entwickelt – zu sehen, wie man die schwar- sen. Bei steigendem Klimawandel – und da glaube zen Schafe aus diesen Marktinstrumenten heraus- ich nun mal Herrn Prof. Levermann eher –, dann hält. wird es auch so sein, dass die Schäden natürlich auch zunehmen. D. h., wir brauchen hier verläss- Abg. Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE.): Sie haben liche Geldquellen. Die Versicherungen allerdings, ja eben sehr eindrücklich dargelegt, wie wichtig die greifen zu kurz. Die gehen nur ein auf Wetter- die Frage des Loss and Damage der Klimafolgenfi- extremereignisse. Aber hier in diesen Bereich nanzierung ist. In dem Kontext zur Konkretisie- funktionieren sie sehr, sehr wirksam und sie ver- rung nochmal: Wie sieht es denn aus – welche hindern humanitäre Katastrophen in der Folge Einschätzung haben Sie bezüglich der Klimarisi- von einem Wetterextremereignis. Und das ist ja koversicherung und ob diese ausreichend ist? das, was wir erleben, dass eben in Folge von einer Und die zweite Frage bezieht sich auf die Frage Dürre die Hungersnot folgt. Oder bei einer Über- der sogenannten Klimaflüchtlinge – ich bin mir schwemmung – die Menschen schaffen es nicht immer unsicher, ob dass das richtige Wort da ist. mehr auf die Beine zu kommen – Vertreibung und In dem Kontext hatten Sie ja den Migrationspakt Flucht ist die Folge. Und die Versicherungen, die auch erwähnt. Warum ist gerade für die Frage der funktionieren – innerhalb von 48 Stunden ma- Migration in Folge von Klimawandel dieser Mig- chen die eine Auszahlung von Geld oder Nah- rationspakt wichtig? Und gibt es darüber hinaus- rungsmitteln, sodass die Menschen es schaffen, gehende Maßnahmen, die die Weltgemeinschaft dort in ihrer Heimat zu bleiben und sich dort zu eigentlich ergreifen müsste? rehabilitieren. Von daher: Klimagerechtigkeit? Nein. Wirksames Instrument der humanitären Sabine Minninger (BfdW): Finanzierung für Hilfe? Ja, auf jeden Fall. Und deshalb begrüße ich Klimaschäden und Verluste ist eine sehr wichtige es auch ausdrücklich, dass die deutsche Bundes- Sache und bis jetzt gibt es keinen Cent dafür. regierung weiterhin in diese bestehenden souverä- D. h., was wir eigentlich bräuchten, wäre ein nen Risikopools finanziert – das ist sehr gut.

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Flüchtlinge: Nein, Klimaflüchtlinge, den Begriff gesagt, genauso wie auch von anderen gesell- gibt es nicht. Der Flüchtlingsbegriff der Genfer schaftlichen Seiten: Wir brauchen Planungssicher- Flüchtlingskonvention ist sehr begrenzt auf politi- heit. Und das ist das, worum es jetzt in Kattowitz sche Flüchtlinge, religiös verfolgt und weitere. geht. Es geht darum, dass wir den Weg weiterge- Aber Klimawandel taucht nicht auf. D. h., den Be- hen und dass es klar wird, dass wir nicht umdre- griff Klimaflüchtlinge gibt es nicht. Und es gibt hen. Das ist wie gesagt keine Forderung, die ich keinen Schutzstatus international, der vom Klima- stelle – als Klimaforscher stelle ich keine Forde- wandel Vertriebene oder Menschen, die aufgrund rung –, das ist mir sehr, sehr wichtig. Ich sage des Klimawandels migrieren müssen, schützt. Ihnen nur, was wir machen müssen, wenn Sie das Beim UN-Migrationspakt ist der Klimawandel ent- erreichen wollen, was die Staatengemeinschaft, halten – ein absolutes Novum. Es ist sehr gut. Es was die Politik, was die Gesellschaft verlangt. stärkt die internationale Zusammenarbeit und D. h., wir müssen jetzt auf dem Kurs bleiben und sendet natürlich auch ein starkes Signal an die müssen uns hier auch nicht nur auf kurzfristige ärmsten und verletzlichsten Staaten – auch in CO2-Emissionsreduktionen fokussieren, sondern dem Prozess der Klimaverhandlungen, dass nie- müssen auf lange Sicht Null-Emissionen im Blick mand in der Klimakrise zurückgelassen wird und haben. D. h., es geht nicht so sehr darum, dass die dass man selbstverständlich Verantwortung über- kurzfristigen Ziele mit allen Mitteln eingehalten nimmt. werden, wenn sie dem Strukturwandel widerspre- chen. Es geht darum, die Strukturen so zu verän- Und dann ist es auch übrigens egal, ob ein Klima- dern, dass wir in 30 Jahren auf Null sind, darum wandel menschengemacht ist oder nicht – man geht es. muss ja so oder so Verantwortung übernehmen, wenn man in der Lage ist, es zu tun und Men- Lutz Weischer (Germanwatch): Es ist natürlich so, schen eben in einer Notsituation sind. Aber wenn dass das der Kern des Klimaproblems ist, dass die dann auch noch die Verantwortung hinzukommt, allermeisten Emittenten für sich genommen sagen: dann wird man selbstverständlich auch finanziell Mein Anteil ist ja gar nicht so groß. Und das ist ja dafür Verantwortung übernehmen müssen. genau das Problem, was wir mit dem Paris-Ab- kommen lösen wollen. Insofern ist natürlich der Abg. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): deutsche Anteil an den CO2-Emissionen signifi- Ich würde gerne die Fragezeit splitten und Herrn kant. Deutschland ist sechstgrößter Emittent. Na- Weischer auch noch etwas fragen. türlich ist es richtig, wenn Deutschland das ein- Zuerst aber an Herrn Levermann: Sie haben ja die zige Land wäre, das handeln würde, dann würde Herausforderung skizziert, vor der wir stehen und das den Klimawandel nicht stoppen, aber deswe- gestern kam ja der Emissions Gap Report der UN gen haben wir ein Abkommen, was von 195 Staa- auch heraus, in dem es hieß: Wir haben noch nie ten unterschrieben worden ist und deswegen ha- so viel CO2 ausgestoßen wie 2017. Angesichts die- ben wir auch die COP in Kattowitz – damit es ser gewaltigen Herausforderung – welchen Beitrag eben eine größere Verlässlichkeit gibt, dass jeder kann die Klimakonferenz leisten? Welche Rolle seinen Teil beiträgt. Insofern ist der deutsche Bei- kann sie spielen – muss sie spielen? trag – würde ich sagen – entscheidend. Und auch das Gewicht, das Deutschland in diesen Verhand- Und dann habe ich noch die Frage an Herrn Wei- lungen hat, ist groß. Deutschland ist eine wichtige scher: Wir haben ja häufiger die Diskussion, dass Stimme, die von vielen Verhandlungspartnern der Anteil der deutschen CO2-Emissionen an den sehr ernst genommen wird. Die Europäische weltweiten CO2-Emissionen gar nicht so hoch Union mit einer starken deutschen Rolle in der wäre. Wie ist Ihre Einschätzung dazu? Und wel- EU-Delegation hat diese Rolle eines Brückenbau- che Rolle kann Deutschland spielen – wieviel kli- ers auf den Verhandlungen immer wieder gespielt mapolitisches Gewicht hat Deutschland bei dieser und zu ambitionierteren Ergebnissen damit beige- Klimakonferenz? tragen – auch in Paris z. B. Und diese Rolle wird Prof. Dr. Anders Levermann (PIK): Seit ich diese dadurch geschwächt, dass Deutschlands Emissio- Vorträge halte, seit ich in der Klimaforschung bin, nen seit 2009 nicht mehr sinken – wird dadurch wird mir von Industrieseite gesagt und zu Recht geschwächt, dass wir den Kohleausstieg nicht hin- bekommen – wird dadurch geschwächt, dass

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sozusagen im eigenen Land die Klimapolitik ge- kein Thema. Es schadet, seitdem er es angekün- rade sehr lahmt und das auch Verhandlungs- digt hat, weil es genau das Gefühl eines gemein- partner wissen und lesen und das ansprechen und sam beschrittenen Weges einfach massiv in Frage das natürlich die Kräfte innerhalb der Verhand- stellt. Wir erleben die amerikanischen Kolle- lungen auch ansprechen, um so Nutzen zu su- gen – ich bin auch regelmäßig in den USA und chen, die eher der Meinung sind, es sollte ein rede mit allen möglichen – von eher progressiv bis bisschen langsamer vorangehen. Dann sagen sie: auch sehr konservativ. Ich glaube, das wird dort Die Deutschen, die erzählen hier immer Netto- weitergehen. Sie werden weiterhin sehr viele Sa- Null-Emissionen, 1,5 Grad, Decarbonisierung ha- chen tun, die CO2 reduzieren. Ich glaube nicht, ben sie irgendwie – der Begriff ist ja von der Bun- dass die Amerikaner sehr stark Revers-Pfade ein- deskanzlerin quasi geprägt im G7-Ergebnis von El- schlagen werden, weil das die Ökonomie auch gar mau 2015 –, die erzählen immer, aber die machen nicht hergibt. Aber natürlich trüben sie massiv die ja selber nichts, dann müssen wir auch nicht. Und Stimmung. Was ich eigentlich noch für viel dra- da ist es tatsächlich so, dadurch, dass Deutsch- matischer halten würde, wäre, wenn Brasilien un- land solange so eine wichtige Rolle gespielt hat ter dem neuen Präsidenten sich jetzt davon nach- und in der Klimadiplomatie auch so eine progres- haltig verabschiedet, weil die anderen Schwellen- sive Kraft immer gewesen ist, richten sich die Au- länder für solche Denkweisen wesentlich anfälli- gen natürlich auch noch mehr auf Deutschland ger sind. Wir haben ja gerade gehört, dass gerade und darauf, ob hier wirklich im eigenen Land die großen Schwellenländer diejenigen sind, die auch ambitioniert gehandelt wird. tatsächlich auch die großen Zuwächse bei den Emissionen haben – Indien, der ganze asiatische Vorsitzende: Herzlichen Dank! Damit steigen wir Bereich. in die zweite Fragerunde ein und es beginnt wie- der Frau Dr. Weisgerber und die Frage richtet sich Die zweite Frage: Natürlich, deswegen war ja der erneut an Herrn Lösch. Clean Development Mechanism auch eigentlich ein Erfolg – er hat nur zu einer ziemlichen Zertifi- Abg. Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Zunächst katsschwemme geführt, weil er so erfolgreich war. möchte ich sagen, dass es nicht stimmt, dass Aber natürlich gibt es schon heute sehr viele Mög- Deutschland nichts tut. Wir waren in Marrakesch lichkeiten, auch in Schwellen- und vor allen Din- wegen unseres langfristigen Klimaschutzplans gen in Entwicklungsländern Technologien zu im- sehr anerkannt; diesen setzen wir jetzt Stück für plementieren. Den einen oder anderen Weg, den Stück um und liefern die Maßnahmen dazu. wir heute ex post betrachten – wir sind ja diese Zum internationalen Kontext: Was bedeutet es aus Wege auch nicht von Anfang an als Irrwege gegan- Ihrer Sicht, Herr Lösch, wenn US-Präsident gen – sondern wir fanden sie ja erst gut und fin- Trump jetzt ankündigt, aus dem Pariser Abkom- den sie heute nicht mehr gut. Von daher glaube men auszusteigen? Lassen sich daraus auch Fol- ich, dass man ihnen einige Umwege an der Stelle gen für die Wirtschaft und die restlichen Indust- ersparen kann. riestaaten ableiten? Da wäre es natürlich sehr wichtig, dass der Arti- Im internationalen Kontext würde ich gern noch kel 6 vom Pariser Abkommen so zur Geltung kom- eine Frage anschließen: Wie kann es aus Ihrer men würde, weil er genau diese Möglichkeiten Sicht gelingen, dass die Entwicklungs- und über Kooperationen eröffnet, Technologien – ins- Schwellenländer ihre Wirtschaft von Anfang an besondere Effizienz- und Energietechnologien und CO2-freundlich, klimafreundlich aufbauen? anderes – in der Form von Kooperationen im Rah- men der eigenen Klimaschutzanstrengungen in Was halten Sie davon, solche Klimaschutzprojekte andere Länder zu exportieren. Das liegt natürlich auch verstärkt im Ausland zu machen – neben der im Interesse der deutschen oder europäischen In- Tatsache, dass wir natürlich Vorreiter bleiben dustrie, denn die Formel ist eigentlich ganz ein- müssen? fach: Wenig Nachfrage heißt wenig Absatz, heißt Holger Lösch (BDI): Zu Ihrer Frage zum US-Präsi- wenig Ertrag, heißt in der Summe wenig Klima- denten Trump: Natürlich schadet das, das ist ja schutz. Je größer die Nachfrage nach solchen Technologien weltweit ist, desto stärker ist auch

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der Impuls, solche Technologien zu entwickeln, wir über 200 Autoren, in jedem Kapitel über weiterzuentwickeln und in die Märkte zu bringen. 20 – das sind wahrscheinlich doch eher 300/400 Autoren. Wir treffen uns dann regelmäßig über ei- Abg. (SPD): Prof. Levermann, Sie nen Zeitraum von 3/4 Jahren, um diesen Bericht haben zurecht gesagt und gefordert, dass ein Milli- zu verfassen, arbeiten viel per E-Mail. arden-Business beendet werden muss: nämlich die Gewinnung und Verbrennung von Fossi- Das Entscheidende ist aber, dass dieser Bericht len – Erdöl, Kohle und Erdgas. Es gibt jetzt viele nicht in irgendeiner Form von Politikern korri- Unternehmen, die das akzeptieren und den Weg giert wird. Es ist ausschließlich ein wissenschaft- der Transformationen gehen. Der BDI hat sich ja licher Prozess. Ich behaupte mal, es ist der meist- damit auch auseinandergesetzt und ist da, denke begutachteste Prozess in der Wissenschaft, den es ich, auf einem guten Weg. Es gibt andere, die tun überhaupt gibt, denn wir schreiben sozusagen ei- das nicht, die wollen von den Folgen des Klima- nen Nullten Order Draft. Dieser geht dann erst wandels sogar profitieren, indem sie z. B. Roh- einmal an befreundete Wissenschaftler, die sagen: stoffgewinnung machen in Bereichen, in denen Das fehlt, das fehlt nicht, das ist Zuviel. Dann dies im Augenblick aufgrund der klimatischen kommt ein First Order Draft, der geht an alle Wis- Verhältnisse nicht möglich ist – in arktischen Be- senschaftler der Welt, die sich dort einschreiben reichen. Genau in dieser Situation, wo es hier und Kommentare machen können. Wir müssen doch heftige Konflikte gibt, sind sowohl das PIK alle diese Kommentare beantworten und diese als auch das IPCC massiven Denunziationen aus- Antworten werden alle im Internet veröffentlicht, gesetzt. nachdem der Bericht rausgegangen ist. Ich möchte Sie bitten, dass Sie hier die Chance Dann kommt eine dritte Stufe, wo sich quasi jeder wahrnehmen, etwas zu der Arbeitsweise des IPCC mit einer E-Mail-Adresse auf der Erde einschrei- zu sagen, zu der Qualifikation ihrer Wissenschaft- ben kann. Also jeder, der nicht ein Roboter ist, ler und zur Qualitätskontrolle, die dort stattfindet. kann Fragen stellen und wir müssen diese wieder Denn manchmal hat man den Eindruck, dass so beantworten. Ich sage Ihnen das einmal als Bei- getan wird, als würden Sie da einfach nur erfinde- spiel: Wir bekommen pro Kapitel gelegentlich bis risch tätig sein. zu 10 000 Fragen, die wir alle beantworten und die Sie nachlesen können, jetzt für die letzten Be- Prof. Dr. Anders Levermann (PIK): Das mache ich richte. Alles geht durch diesen Prozess. Wir kön- gerne, auch wenn ich es schade finde, dass ich es nen auch nicht einfach sagen, das ist Quatsch machen muss. oder das geht nicht, sondern wir müssen sagen, Was in Deutschland immer der Weltklimarat ge- warum das nicht geht oder warum es geht. Am nannt wird, das ist der Intergovernmental Panel Ende dieses Prozesses ist der Bericht fertig. Zwi- on Climate Change, bei dem ich beim letzten schendurch dürfen die Regierungen – genauso wie Sachstandsbericht dabei war und jetzt im nächs- der Rest der Welt – auch Fragen stellen und wir ten auch wieder dabei bin. Das ist kein Gremium, müssen sie beantworten. Aber es ist ein wissen- das sich irgendwann einmal in einem dunklen schaftliches Produkt, das beste oder stärkste Peer- Raum trifft, sondern das sind Klimaforscher aus Review-Produkt der Welt. allen Ländern, die durch einen Auswahlprozess Dann wird eine Zusammenfassung geschrieben – gehen, der sich national ergibt. Erst einmal schickt 2 000 Seiten pro Buch. Damit mehr Leute diese man eine Bewerbung an einen nationalen focal Ergebnisse lesen können, machen wir eine Zusam- point. Das ist bei uns das Bundesministerium für menfassung. Diese Zusammenfassung wird dann Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. tatsächlich von allen Regierungen der Welt gele- Dann werden die Bewerbungen, die valide sen und auch besprochen – Satz für Satz. Aber sind – d. h. man schaut, ist man wirklich ein Kli- auch da gilt wieder, dass nicht ein Land sagen maforscher – an das Büro des IPCC weitergereicht, kann: Ich möchte jetzt aber das und das darin ste- das ist eine UN-Institution. Dort wird dann ein hen haben. Es geht nur auf der Grundlage des Autorenteam zusammengestellt. Wir schreiben 2 000 Seiten-Berichtes, dass irgendetwas in der immer drei Bücher alle vier Jahre. Bei dem ersten Summary for Policymakers verändert wird. Das Buch „Die Grundlagen des Klimawandels“ sind Ding steht wirklich fest im Raum. Es steht auf den

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Schultern von Max Planck und Ludwig Boltz- globale Erwärmung nicht einmal relevant oder je- mann und nicht von irgendwelchen anderen Leu- denfalls nicht notwendigerweise relevant. Die Flä- ten. Stefan-Boltzmann heißt das Gesetz – das wa- chenbrände, wie wir sie in Kalifornien gesehen ren zwei Wissenschaftler. haben, sind auf östliche Winde zurückzuführen. Die Sommer sind dort jedes Jahr sehr trocken – Abg. Dr. Rainer Kraft (AfD): Zunächst möchte ich daraus resultieren eben Flächenbrände. Den meis- mich entschuldigen für die unglaublichen Entglei- ten Flächenbränden liegen Brandstiftungen oder sungen von Herrn Abg. Lenkert, der hier dem Ex- Stromleitungen zugrunde oder Dinge, die mit perten Käuflichkeit vorwirft. Ich finde es schade, menschlichen Aktivitäten in Zusammenhang ste- dass es nicht von der Versammlungsleitung gerügt hen. Ganz offenkundig wird es mehr derartige wird. Also Entschuldigung dafür. Brände geben, wenn es mehr Menschen gibt. Vorsitzende: Ich habe es nicht gehört. Was die 97 Prozent angeht – so ist Wissenschaft Abg. Dr. Rainer Kraft (AfD): Interessant ist natür- keine Demokratie, wie ich früher bereits bemerkte. lich zu schauen – nach dem Motto Follow the Mo- Wissenschaft hat es immer schon gegeben und die ney, wer die Hauptprofiteure des Klima-Dogmas Leute dachten zum Beispiel, dass es so etwas wie sind, welche Institutionen und NGOs. Kontinentaldrift nicht gibt. Und nur eine Person sagte etwas Gegenteiliges. Wissenschaft ist keine Unruhe im Saal Demokratie – und mich kümmert es nicht, wenn Herr Prof. Shaviv, es werden immer sehr oft kurz- 97 Prozent aller Menschen glauben, dass die Erde fristige Ergebnisse, wie Trockenheiten, Dürren, eine Scheibe ist. Hierdurch wird diese Behaup- aber auch das genaue Gegenteil, wie Kälten oder tung nicht „wahrer“. Worauf es ankommt, ist, die auch die Absenz von Extremen, sehr häufig als Wissenschaft in den Blick zu nehmen und sich Argument für die Existenz des menschengemach- die Befunde anzusehen und solche Befunde nicht ten Klimawandels hergenommen. Inwiefern ist zu ignorieren, die für das Standardmodell unbe- das zutreffend? Respektive, inwiefern ist das nicht quem sind. Und es gilt, auch andere Dinge zu be- so ganz zutreffend? rücksichtigen, wie den Umstand, dass die Tempe- ratur in den letzten 20 Jahren tatsächlich deutlich Zweite Frage: Wie oft ist die Häufigkeit dieser weniger stark angestiegen ist als von den IPCC- Phänomene auch in Bezug auf die heutigen Infor- Modellen vorhergesagt wurde. Dies sollte uns auf- mationstechniken zu betrachten? Und wenn wir merken lassen. auf den Punkt von den 97 Prozent kommen: Ist es nicht so, dass vor 40 Jahren ungefähr 97 Prozent Prof. Dr. Anders Levermann (PIK): Wir ignorieren der Wissenschaftler der Meinung waren, dass wir natürlich nicht, dass die Sonne einen Einfluss auf auf eine Eiszeit zusteuern? die Temperatur des Planeten hat. Das ist selbstver- ständlich in den Modellen mit drin. Die Tempera- Falls noch Zeit wäre, würde ich gerne Herrn Prof. tur hat sich erwärmt, gerade in den letzten Jahren Levermann fragen: Was ist denn nun die vorin- um 0,2 Grad – innerhalb kürzester Zeit. Wir haben dustrielle Durchschnittstemperatur, auf die sich alle diese Aspekte drin, wir haben alle Skeptiker- die +1, +1,5 oder +2 Grad denn exakt beziehen? Argumente beiseite geräumt. Wir machen das die Prof. Nir Shaviv (Hebräische Universität Jerusa- ganze Zeit, ich mache das seit 15/16 Jahren, an- lem, Racah Institut für Physik): Lassen Sie mich dere Kollegen machen das noch länger. Wir su- zunächst auf Stefan Boltzmann eingehen. Laut chen, wir suchen, wir suchen danach – nach dem dem Stefan-Boltzmann-Gesetz wird die Tempera- Grund, warum es nicht zu einer Katastrophe tur bei einer Verdoppelung der CO2-Menge um 1,2 kommt. Es wird einfach nicht so sein. Wir wissen Grad ansteigen. Alles andere ist weitere Physik, es sehr, sehr sicher und wir wissen es auch schon die wir nicht besonders gut verstehen. mit der Physik von 100/110 Jahren zuvor. Was nun kurzfristig auftretende Ereignisse betrifft: Die angefragte Temperatur ist die mittlere Tempe- Die ganze Zeit über passiert irgendetwas, und na- ratur um 1850, die wissen wir relativ genau. Sie türlich haben wir ein ausgeprägtes Kurzzeitge- ist im Bereich von 15 Grad. Aber es geht tatsäch- dächtnis. Aber viele dieser Ereignisse sind für die lich um die Änderung, denn das ist das Entschei- dende. Wir können natürlich die Änderungen

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auch in Bezug auf die Eiszeit sehen, usw. Alle aussteigen oder nicht. Wie würden Sie das aus Ih- diese Dinge, die Sie gerne anbringen, sind aber rer Sicht einschätzen, bewerten: Zählt bei den Korrelationen und keine Verständnissachen. Ich Schwellen- und Entwicklungsländern eher die habe damit die Frage beantwortet. Frage, ob wir aus der Kohle aussteigen oder ob wir eine Energiewende hinbekommen, Wirtschafts- Wenn ich diesen Kugelschreiber loslasse, fällt er wachstum und decoupling, also das Entkoppeln herunter – und das ist die Gravitation, und ge- von CO2-Ausstoß und Wirtschaftswachstum hin- nauso fest im Raum steht die Thermodynamik, bekommen? Da würde mich interessieren, was da und genauso fest im Raum steht die Quantenme- für diese Leute interessanter ist. chanik, die dieses Handy möglich macht, die un- sere Autos möglich macht. Und die sagen uns: Zweite Frage an Herrn Lösch ganz kurz: Wir ha- CO2 erhöht die Temperatur des Planeten. ben ja jetzt viel über Netto-Null gesprochen. Die IPCC-Sonderberichte haben vier Pfade aufgezeigt. Das war übrigens selbstverständlich nicht das Ste- Der BUND folgt dem ersten, wo ein deutlicher An- fan-Boltzmann-Gesetz, was Sie da gesagt haben, stieg der Atomenergie darin steckt, aber keine Herr Prof. Shaviv, das ist wirklich fundamental al- sozusagen backs, keine zusätzlichen Technologien les ein Mist, was Sie hier geredet haben. Es tut mir wie carbon capture and storage oder removable. wirklich leid. Wie würden Sie denn bewerten, welche der Pfade Wir wissen aus den Emissions- und Absorptions- sollten wir folgen? Bzw. sollten wir jetzt nicht ver- spektren tatsächlich, dass wir 1,1 Grad Erwär- stärkt in Technologie, Entwicklung, Fortentwick- mung bekommen für eine Verdoppelung des CO2. lung von Abscheidungen, Speicherung, Nutzung Dann bekommen wir aber mehr Wasserdampf in von CO2 setzen oder eben doch mehr Atomener- die Atmosphäre, das wissen wir seit Ludwig gie? Boltzmann. Das weiß auch jeder, der mit einer Dr. Axel Michaelowa (UZH): Bezüglich der ersten Brille im Winter nach draußen geht, wenn die be- Frage: Das decoupling selbst ist natürlich viel schlägt: Das ist nämlich das Gesetz von Clausius wichtiger als die Kohle-Frage allein – Kohle ist ja Clapeyron, 1843. Wir wissen, dass eine wärmere nur ein Aspekt. Es kommt z. B. darauf an: Können Atmosphäre mehr Wasserdampf hält, Wasser- Technologien für energieeffizientere Gebäude von dampf ist wieder ein Treibhausgas. Wir kennen deutschen Unternehmen so gestaltet werden, dass die Emissions- und Absorptionsspektren. Da sind sie für die Tausenden von Hochhäusern, die ge- wir wieder bei der Quantenmechanik. Und zack rade in Indien und China gebaut werden, relevant sind Sie bei 3 Grad Erwärmung für eine Verdop- sind? pelung des CO2. Es gibt über die Marktmechanismen jetzt einen Das ist die Klimasensitivität, die im Zentrum der Transmissionsriemen, mit dem solche Technolo- Berichte steht, um die wir aber eine Unsicherheit gien in die Schwellenländer und auch die ärme- erlauben, trotzdem steht die felsenfest im Raum. ren Länder übertragen werden können und gleich- Ich habe die Frage beantwortet. zeitig Erlöse für die und der Wirtschaft zustande Vorsitzende: Also, da die Frage immer wieder kommen. Insofern kann es nicht nur um die Koh- kommt: Es geht um 1850. lefrage gehen, sondern es muss darum ge- hen – wie auch schon gesagt wurde –, in allen Abg. Dr. Lukas Köhler (FDP): Ich würde die Frage Sektoren alle Technologien, die kostengünstige splitten. Minderung ermöglichen, in die Schwellen- und Es tut mir leid, dass ich jetzt nicht wieder in die Entwicklungsländer zu transferieren. Diskussion einsteige, ob es jetzt einen Klimawan- Holger Lösch (BDI): Ich möchte das gerne so be- del gibt oder nicht. antworten: Wenn die Politik sich für die ganz ho- Wir haben ja relativ viel gehört zur kommenden hen Grade der CO2-Reduktion entscheidet, wird es COP und darüber, welche Rolle Deutschland völlig unumgänglich sein, Technologien einzuset- spielt und welche Rolle Deutschland sozusagen in zen, die zum Teil nicht von allen gleichmäßig ge- seiner Prominenz spielt, ob wir jetzt aus der Kohle mocht werden. Ich will jetzt hier keine Kernener- giedebatte führen. Ich stelle nur fest, dass andere

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Länder und auch andere Betrachter das Thema dass auch die Erderwärmung nach 2000 exponen- Kernenergie ausdrücklich als einen Teil der Lö- tiell nach oben geht, also sehr stark nach oben sung betrachten. Für Deutschland ist der Weg aus geht. D. h. diese Grafik ist einfach unvollständig meiner Sicht politisch vollkommen versperrt und und erweckt einen falschen Eindruck. deswegen diskutieren wir den Weg auch nicht. Ich will aber gern Frau Minninger fragen: Wir hat- Es gibt in unserer Studie weitere Technologien, ten eine gemeinsame Veranstaltung, konkret ging die wir für unumgänglich halten in diesen Graden es dort um die Klimawandelfolgen für die Insel- der Reduktion. Dazu gehören natürlich sämtliche gruppe Tuvalu. Vielleicht könnten Sie das noch Methoden, die in irgendeiner Form CO2 abschei- einmal plastisch schildern, weil es für mich ein den oder CO2 in anderer Form nutzen, also CCU sehr beeindruckendes Erlebnis war. Ich glaube, nennt man das – Carbon Capture and Usage. Zu für die Zuschauerinnen und Zuschauer dürfte das letzterem gibt es einige industrielle Versuche, mit auch interessant sein, was denn unsere Art zu Kohlendioxid etwas zu machen. Das Zeug ist ja wirtschaften dann dort konkret tatsächlich anrich- leider wahnsinnig träge, aber es gibt durchaus in- tet. teressante Ansätze. Hier arbeiten u. a. die Sabine Minninger (BfdW): Tuvalu ist sehr stark Stahl- und die Chemieindustrie sehr erfolgreich in vom Meeresspiegelanstieg betroffen und auch von einem Projekt Carbon2Chem zusammen. intensiver auftretenden Stürmen. Es gibt kein Wir werden uns mit einer dritten Sache beschäfti- Frischwasser mehr – die Frischwasserquellen sind gen müssen. Das sind flüssige Kraftstoffe, die CO2- versalzen. Für uns ist Tuvalu ein sehr gutes Bei- neutral erzeugt werden. Ich denke, daran kann es spiel, an dem wir jetzt lernen können: Wie gehen keinen Zweifel mehr geben, dass wir uns langfris- wir in der Zukunft mit klimabedingter Vertrei- tig mit dieser Frage beschäftigen müssen. Wir ha- bung um? Aus einem Grund, weil es sehr einfach ben in unserer Studie einen Importbedarf für das ist, Tuvalu hat nur einen Migrationsgrund: Das ist 95 Prozent-Szenarium 2050 von 340 Terawatt- der Klimawandel. Da spielen keine anderen Fak- stunden (TWh) errechnet. Warum Importbedarf? toren hinein, wie es z. B. in anderen Regionen der Weil die Mengen erneuerbarer Strom, die wir für Welt der Fall ist, wo noch andere Konflikte, z. B. die Herstellung dieser Materialien brauchen, in politische, eine Rolle spielen können. Zum ande- Deutschland nicht einmal ansatzweise in der not- ren hat es geschlossene Grenzen, es ist ein Insel- wendigen Menge zu erzeugen sind. Hier wird es staat mitten im Pazifik. Das macht es jetzt für uns dringend eine globale Kooperation brauchen. Das sehr einfach zu sehen: Wie kann das ablaufen? Sie heißt, wir müssen Länder finden, die bereit sind, müssen bedenken – 85 Prozent aller Flüchtlinge entsprechend für Erneuerbare Energien anzu- sind in den letzten Jahren nur aufgrund von Um- bauen und die dann entsprechend in synthetische weltkatastrophen geflohen. Das war der primäre fuels umzusetzen, die wiederum dann in anderen Fluchtgrund. Die meisten Vertriebenen bleiben in- Ländern der Erde für die Mobilität gebraucht wer- nerhalb der Landesgrenzen, also alleine im Jahr den. 2017 hatten wir 18 Millionen Menschen, die zu internen Vertriebenen wurden. Sie sind nicht über Abg. Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE.): Ich will die Landesgrenzen hinausgeflohen. Am aller- eine Vorbemerkung vorausschicken. Der Klima- schlimmsten trifft es natürlich die Menschen, die wandelskeptiker, der als Experte für die AfD auf- aus eigener Kraft überhaupt gar nicht mehr gehen tritt, hat ja hier die Korrelation von Sonnenaktivi- können. tät und Meeresspiegelanstieg vorgelegt [Anlage 2]. Ich will auf zwei Punkte aufmerksam machen. Der Da sprechen wir von entrapped-communities, die erste zentrale Punkt ist: Selbst wenn man hier die sind sozusagen gefangen. Das trifft vor allen Din- Null-Linie zieht, sieht man hier, dass es tendenzi- gen auf die Allerärmsten oder marginalisierten Be- ell einen Meeresspiegelanstieg auch in dieser Gra- völkerungsgruppen zu. Die Konsequenz ist natür- fik gibt. Zweiter Punkt: Diese Grafik hört im Jahre lich dann auch großes Leid und hohe Sterbezah- 2000 auf. Wenn man sich aktuelle Statistiken an- len in Folge. Tuvalu ist sozusagen eine Blaupause, schaut, kann man sehen, dass nach 2000 bis heute an der wir jetzt lernen können: Wie kann man das ein Meeresspiegelanstieg festzustellen ist und geordnet angehen? Denn niemand möchte die Hei- mat verlieren – die Menschen in Tuvalu möchten

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auf gar keinen Fall weg, aber sie müssen sich da- zwölf europäischen Unternehmen gehört, die sa- mit auseinandersetzen. Für uns ist natürlich auch gen, sie wollen einen europäischen CO2-Mindest- wichtig, in der humanitären Zusammenarbeit zu preis, weil sie sich davon auch neue Technologie- sehen – wir möchten keine unkoordinierte Ver- förderungen erhoffen. treibung und Flüchtlingsbewegungen. Sondern Vor diesem ganzen Hintergrund: Für wie wichtig wenn es so ist – worst comes to worst, dann muss halten Sie es, dass die Weltgemeinschaft bei die- es eine koordinierte, international abgestimmte ser COP ambitioniert für ein gutes Ergebnis zu- Migration geben, die gut geplant ist, um auch sozi- sammenarbeitet, wo wir ja gehört haben, dass ale Folgewirkungen, die damit einhergehen kön- Deutschland auch keine unwesentliche Rolle da- nen, die nicht erwünscht sind, auszuschließen. In bei spielen wird? In der Hinsicht, dass Ihre Mit- Tuvalu selbst hat man jetzt auch schon Work- gliedsunternehmen häufig auch weltweit unter- shops dazu zusammen mit der Regierung ge- wegs sind und entsprechend wettbewerbsfähig macht, um zu überlegen, wie das ablaufen kann. sein wollen. Für keinen Politiker in Tuvalu ist es ratsam zu sa- gen: Ok, wir siedeln um. Das ist politisch nicht ge- Holger Lösch (BDI): Ich glaube, das hatte ich auch wünscht. Die Menschen möchten nämlich ganz schon mehrfach angesprochen. Selbstverständlich klar, dass die Regierung weiterhin dafür einsteht, ergeben sich über einen effizient gemachten und dass die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad ge- global vergleichbar ambitionierten Klimaschutz halten wird und die Menschen ihre Heimat behal- natürlich für Staaten, die entsprechende Techno- ten. Tatsächlich wäre es eine Möglichkeit jetzt im logiemöglichkeiten haben und wo entsprechende Rahmen des UN-Migrationspakts, ob es eben Völ- Technologien zur Verfügung stehen, Chancen. Das kerrecht gibt, das diesen Menschen Schutz gibt. haben wir in unserer Studie auch berechnet, die Sie lehnen ein Tuvalu II ab, sie wollen nicht um- am Ende des Tages bei Einrechnung aller Effekte siedeln irgendwo nach Australien oder Neusee- auf eine – das muss ich allerdings auch sa- land, weil sie nicht zu Menschen zweiter Klasse gen – knappe schwarze Null in 2050, was die werden wollen. Tuvalu selbst hat Land gekauft in Volkswirtschaft betrifft, kommt. D. h. die gegen- Fidschi, genauso wie Kiribati, die haben auch in laufenden Effekte werden quasi davon aufge- Fidschi Land gekauft und hoffen, dass sie eventu- braucht, sodass wir keinen volkswirtschaftlichen ell dorthin umziehen können. Völkerrecht ist Schaden nehmen. Das Problem an der ganzen Sa- nach wie vor nicht da, also es ist nicht klar: Sind che ist immer die betriebswirtschaftliche Perspek- sie dann die Tuvalu-People of Fidschi? Wie sieht tive, weil eine Volkswirtschaft steht ja immer auf dieser Reisepass aus? der Grundlage von betriebswirtschaftlichen Ent- scheidungen. Da haben wir die Herausforderung, Von daher ist es jetzt für uns wichtig, diese Men- dass sich sehr viele der notwendigen Investitio- schen zu begleiten und zu sehen, wie man das or- nen in einem global eben nicht gegebenen ver- dentlich umsetzen kann, ohne dass es negative gleichbaren Wettbewerbsumfeld für den jeweili- Folgewirkungen für die Gastländer gibt, aber auch gen Entscheider betriebswirtschaftlich nicht rech- für die Menschen, die akut davon betroffen sind nen. Es gibt bei vielen dieser Entscheidungen, die und umsiedeln müssen, obwohl sie das nicht notwendig wären – und das sind nicht nur Unter- möchten. nehmen übrigens, das sind Bürger wie Sie und Abg. Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ich, das sind Staaten, das sind diejenigen, die Herr Lösch, ich möchte kurz auf Ihre Homepage staatliche Immobilien verwalten etc., etc. –, …die zu sprechen kommen, da schreiben Sie nämlich: meisten dieser Maßnahmen, die notwendig wären, ‚Erfolgreiche Klimaschutzbemühungen wären mit rechnen sich nicht 100prozentig. Und dieses gap umfangreichen Erneuerungen von Sektoren der zu überbrücken, ist die große Herausforderung der deutschen Volkswirtschaft verbunden und könn- Klimapolitik; das ist in einigen Maßnahmen grö- ten deutschen Exporteuren weitere Chancen in ßer, in anderen Maßnahmen kleiner. Es gibt auch wachsenden „Klimaschutzmärkten“ eröffnen.‘ Sie Maßnahmen, die haben überhaupt kein gap, da- haben auch von der Planungssicherheit gespro- rum lohnt es sich schon heute. chen, die für die Wirtschaft natürlich elementar wichtig ist. Wir haben gestern die Initiative von

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Ich würde da z. B. das Thema Gebäude anspre- der Politik? Sie haben die steuerliche Förderung chen und gerne auch auf einen Zielkonflikt hin- angesprochen, für die ich immer noch kämpfe. weisen. Vergangene Woche hat dieses Haus einen Und wenn sie nicht im Haushalt ist, heißt das ja Haushalt beschlossen, wo es keine zusätzliche nicht, dass man sie nicht trotzdem verabschieden Förderung für Gebäudeenergieeffizienz gibt. Das kann. Da habe ich die Hoffnung noch nicht aufge- sind die Zielkonflikte, auf die wir alle zulaufen. geben. Also, wo sehen Sie in Deutschland von Da ging es, glaube ich, um 2 Milliarden Euro Steu- Seiten des Gesetzgebers Handlungsbedarf, was die erausfälle pro Jahr. Angesichts der Zahlen, die wir Anreize und was die Weichenstellungen um die sonst hören, eigentlich ein relativ kleiner Anteil richtigen Maßnahmen angeht, die man fürs 80- von dem, was notwendig ist. Prozent-Ziel oder mehr braucht, auch in die Wege zu leiten? Also noch einmal – natürlich gibt es Chancen in diesem ganzen Thema, aber ich bleibe dabei: Je Holger Lösch (BDI): Lassen Sie mich mit dem größer die vergleichbare Ambition weltweit und Letzten beginnen. Ich denke, ich hatte das am An- dafür wäre Paris – realistisch und echt umge- fang angesprochen. Was ich sehr schmerzlich ver- setzt – ein ganz, ganz großer und wichtiger Hebel, misse – und nicht nur ich –, ist eine gewisse Ko- desto größer auch die Chancen für uns – je kleiner härenz in der Klimapolitik. Also, ich bin jetzt je- die vergleichbare Ambition, desto gefährlicher na- mand, der dann dummerweise auch noch in zwei türlich die Wettbewerbsverzerrungen. Kommissionen sitzt und erlebe natürlich eine re- lativ unverbundene Silo-Betrachtung in diesen Vorsitzende: Dankeschön! Wir haben jetzt noch zwei Kommissionen. Ich will jetzt nicht nur im- Zeit für eine letzte Runde. Ich bedanke mich an mer unsere Studie nennen, auch die dena (Deut- der Stelle schon einmal für die doch recht gute sche Energie-Agentur), auch die acatech (Deutsche Disziplin bei der Zeiteinhaltung. Ich bitte aber Akademie der Technikwissenschaften), auch an- verstärkt darum, für die letzte Runde, wenn die dere haben sich sehr in diesem Sinne geäußert – Fragesteller/innen vielleicht ihre Fragen in einer man muss die Sache ganzheitlich betrachten und Minute formulieren und sich auch auf einen Sach- man muss auch möglicherweise akzeptieren, dass verständigen konzentrieren könnten – also nicht einzelne Sektoren andere Geschwindigkeiten ha- splitten –, dann haben die Sachverständigen noch ben und andere vielleicht mit geschickten Anrei- einmal drei Minuten Zeit für die Antwort und alle zen etwas mehr auch machen könnten. Das sind Fraktionen haben somit die Möglichkeit, noch schwierige politische Verteilungsfragen, das ist einmal eine Frage zu stellen. Frau Abg. Dr. Weis- richtig, aber ich glaube, der Wunsch nach einer et- gerber, Sie beginnen wieder und Ihre Frage geht was kohärenteren und ganzheitlichen Betrachtung an Herrn Lösch. beim Thema Klimapolitik – das wäre ein ganz, Abg. Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Herr ganz großer Fortschritt, weil ich glaube, wir könn- Lösch, ich wollte nochmal zurückkommen auf ten hier sehr viele Effizienzprobleme auch auf den Artikel 6 im Entwurf des Abkommens, wo diese Weise lösen. Und jetzt habe ich die erste auch über die Vernetzung der Emissionshandels- Frage vergessen. systeme gesprochen wird – wo Sie auch gemeint Abg. Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Da ging es haben, wenn man international investiert, dass noch mal um CO2-Bepreisungssysteme und inter- über Marktmechanismen eine gewisse Anrech- nationale Vernetzung. nung erfolgen könnte. Was ist notwendig, um den Emissionshandel wirklich zu exportieren und Holger Lösch (BDI): Ah ja, eins meiner Lieblings- wirklich weltweit zu vernetzen als CO2-Beprei- themen. CO2-Bepreisung ist natürlich in der volks- sungssystem oder zumindest auf der Ebene der wirtschaftlichen oder in der ökonomischen Theo- G20-Staaten? Dazu gab es ja auch schon mal beim rie eigentlich der Königsweg, weil alles, was einen G8-Gipfel Initiativen. Preis hat, der eine Lenkungswirkung entfaltet, führt auch zu dem entsprechenden Verhalten der Und zu Deutschland nochmal – Sie haben ja von Akteure. Nun haben wir das Problem – das wir der Studie gesprochen. Welchen Beitrag kann schon heute mehrfach besprochen haben –, dass Deutschland leisten? Auch was die Erreichung der wir nicht vergleichbare Ambitionslevel haben. Klimaziele angeht? Was ist notwendig von Seiten

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Wir haben auch sehr unterschiedliche Volkswirt- eine große Palette von Angriffen auf den Fakt, schaften und deswegen ist – glaube ich – diese dass CO2 die Temperatur des Planeten signifikant Forderung, die man früher mal erhoben hat, man erhöht. Wie man die zusammenfassen kann? Das bräuchte einen globalen CO2-Preis – ich glaube, sind immer in irgendeiner Form Korrelationen. die ist surreal. Aber was real wäre, wären in der Und zwar, das bedeutet, etwas trifft mit etwas an- Tat insbesondere bei den G20-Staaten, die nun derem zusammen. Also, z. B. heißt Grönland mal 80 Prozent von fast allem emittieren und fast Grönland, weil es grün war und Erik, der Wikin- 85 Prozent des globalen Wirtschaftsproduktes er- ger, da schon mal war. Nun war Erik, der Wikin- wirtschaften – wenn wir dort zu einer stärkeren, ger, da vor tausend Jahren, plus minus. Damals gleichgerichteten Ambition kommen und auch zu hatte Grönland genauso ein Eisschild wie jetzt, Systemen der Anreizung oder der Bepreisung von weil dieser Eisschild ist 3 km hoch und der ver- CO2, die miteinander koppelbar und auch ver- schwindet nicht innerhalb von tausend Jahren. gleichbar sind. Das würde aus meiner Sicht, also Das wird er auch in der Zukunft nicht tun und hat da bin ich dann aber auch echt Hobbyökonom, er auch in der Vergangenheit nicht getan. Da gibt aber das können Prof. Dr. Ottmar Edenhofer und es halt so eine kleine, grüne Kante am Rand und andere immer noch viel besser beschreiben. Ich da kann man auch tatsächlich Grünes finden auf glaube, hier würden wir eine ökonomische, aber Grönland. Das ist so ein Beispiel, wo einfach ir- auch eine ökologische Dynamik erzeugen, die gendein Ort, irgendein Ereignis, irgendetwas Klei- viele der jetzt aus unserer Sicht wahnsinnig nes hergenommen wird und gesagt wird: Deswe- schwierig sich darstellenden Herausforderungen gen kann das ja alles gar nicht stimmen – Klima- möglicherweise ein Stück weit einfacher machen wandel gab es schon immer. Es gibt diese Sachen: würde. Aber auch hier muss man klar sagen, alle Klimawandel gab es schon immer – es ist nicht Staaten, die ich besucht habe, regulieren dieses menschengemacht – es wird nicht so schlimm. Thema CO2, wenn sie es regulieren, sehr eng ent- Alle diese Argumente basieren immer auf solchen lang ihrer nationalen Interessenlinien. Korrelationen. Ich sag Ihnen etwas über Korrelati- onen, das kennen Sie alle, aber nur, weil jeder, Abg. Dr. Nina Scheer (SPD): Ja, auch wenn es aus der heroinabhängig ist, irgendwann mal in seiner verständlichen Gründen sehr schwer fällt auf Kindheit Milch getrunken hat, ist Milch keine die – ja ich sag jetzt mal, nehme ich mir her- Einstiegsdroge für Heroin. Das ist eine Korrela- aus – fake news von Seiten der AfD einzugehen. tion. Und diese Korrelation, die würden wir nie- Ich erlebe doch, dass es immer wieder bei uns ein mals benutzen, um zu sagen: Klimawandel gibt es, Thema ist, wenn wir Klimaschutzdebatten haben weil es gibt eine Korrelation in der Vergangenheit. im , dass einfach Dinge infrage gestellt Das tun die sogenannten Skeptiker oder Vernei- werden, die die Öffentlichkeit – glaube ich – mehr ner. Wir – und deswegen habe ich das heute im- als verwirren. Und deswegen ist es – glaube mer wieder gesagt – verstehen Klimawandel. Wir ich – auch wichtig, wenn fachkundig aufgeräumt verstehen, was das CO2-Molekül, was das Methan- wird mit diesen Behauptungen. Insofern wäre ich molekül, was die mit Licht machen. Wir wissen, Ihnen sehr dankbar, Herr Prof. Levermann, wenn was die für Emissions- und Absorptionsspektren Sie einfach nur an wenigen Beispielen mal haben und deswegen wissen wir: – und das ist vor exemplarisch herausgreifen können – weil für die 100 Jahren schon ausgerechnet worden, das war Gesamtheit fehlt ja hier die Zeit –, aber exempla- die Zahl, die Herr Prof. Shaviv einmal kurz er- risch rausgreifen können, woran macht sich das wähnt hat – 1,1 Grad Erwärmung bekommen Sie, fest, dass diese Haltung, die Leugnung, die dahin- wenn Sie nur diesen radiativen Effekt hereinneh- ter steckt, nicht haltbar ist? men. Dann kommt aber die Thermodynamik. Und Prof. Dr. Anders Levermann (PIK): Ja, wie gesagt, die Thermodynamik steht genau so fest wie die ich war so froh, dass wir anfangen über die Lösun- Quantenmechanik im Raum und sagt Ihnen: Eine gen zu sprechen. Jetzt tun wir es nicht mehr und wärmere Atmosphäre kann mehr Wasserdampf es ist auch meine Rolle hier und das sehe ich auch halten. Und dann müssen Sie wieder das Wasser- ein. Ich würde auch viel lieber über CO2-Beprei- molekül hernehmen und da wissen Sie wieder die sung sprechen – muss ich Ihnen sagen. Es ist wie Emissions- und Absorptionsspektren. Und dann folgt: Ich kann das zusammenfassen. Also, es gibt wissen Sie, dieses Grad Erwärmung – und das ist

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die Clausius-Clapeyron-Gleichung – bringt Ihnen dieser Untersuchung verfügbar waren, die mehr so und so viel mehr Wasserdampf in die Atmo- als ein Jahrzehnt zurückliegt, bis dahin galten. sphäre und das bringt Ihnen noch mal etwa Seitdem gab es eine Fortsetzung mit Satellitenauf- 2 Grad Erwärmung. Und dann haben Sie diese nahmen, die noch bessere Daten liefern. Satelli- 3 Grad globale Erwärmung und da kommen Sie tenaufnahmen zeigen Ihnen genau den gleichen nicht drum herum. Da können Sie tausend Mal Sachverhalt: Sie sehen, dass der Meeresspiegel nach Grönland fahren, da können Sie in die Ant- mit der Sonnenaktivität steigt und sinkt. Es arktis fahren und irgendwelche Korrelationen her- stimmt, dass die durchschnittliche Meeresspiegel- nehmen. Zum Beispiel wie Herr Prof. Shaviv das anstiegsrate über Null liegt, und zwar deshalb, gemacht hat auf einen Zeitraum von rund 500 weil der Meeresspiegel steigt. Teils deswegen, Millionen Jahren mit einer Zeitauflösung von 1 weil sich die Erde erwärmt hat, teils wegen der Million Jahre – einfach mal über alle Eiszeiten Sonne und teilweise aufgrund menschlicher Akti- hinüber gesprungen. Sie können das Alles herneh- vitäten und weil der Meeresspiegel als Reaktion men. Das sind die Argumente, die immer wieder auf das letzte Gletschermaximum steigt. An die- genommen werden, die im Internet kursieren und sem Diagramm ist somit nichts seltsam – alles ist die alle Leute gerne aufsaugen, die das Ganze konsistent. Und es zeigt wiederum, dass die nicht glauben wollen. Aber der Klimawandel ist Sonne einen großen Einfluss auf das Klima hat. so felsenfest, wie das ist, dass dieses Handy her- Jetzt zu den Kommentaren von Professor Lever- unterfällt, wenn ich es loslassen würde. So fest mann: Sie sagen, die Wissenschaft sei grundso- steht das im Raum – weil das ist Quantenmecha- lide. Zutreffend ist: Wenn wir Stefan Boltzmann nik und Thermodynamik. einfach nur ausdifferenzieren, dann ergibt sich als Abg. (AfD): Herr Professor Shaviv, Effekt der CO2-Verdoppelung ein Temperaturan- Herr Abg. Beutin ist ja auf Ihr Diagramm eingegan- stieg von 1,2 Grad. Aber dies würde den Wasser- gen. Ich gehe davon aus, dass Ihr Diagramm ei- dampfgehalt der Atmosphäre erhöhen, die milder gentlich nur einen Zusammenhang bzw. Ursache- werden würde, was eine viel größere Zunahme er- Wirkung-Prinzip zwischen solaren Aktivitäten geben würde. Aber es gilt da noch einen weiteren und dem Meeresspiegel zeigen sollte. Ich gehe da- Umstand zu berücksichtigen: Mehr Wasserdampf von aus, dass Sie ganz kurz nochmal darauf einge- in der Atmosphäre führt zu mehr Wolken, und all hen – auch, warum das gerade im Jahr 2000 endet. diese Klimamodelle wissen nicht, wie man mit Wolken richtig umgehen soll. Sie werden als Re- Ich würde Sie bitten, dann nochmal kurz darauf zeptur in die globalen Zirkulationsmodelle einge- einzugehen. Herr Prof. Levermann hat gesagt, die geben. Wenn Sie mit dieser Präzision spielen, vorindustrielle Zeit wäre 15 Grad gewesen. Nun können Ihnen die Modelle also grundsätzlich eine erinnere ich daran, dass 2016 die WMO (Weltor- beliebige Klimasensitivität geben. Hierin liegt der ganisation für Meteorologie), die NASA (National Grund, weshalb der IPCC keine Klimasensitivität Aeronautics and Space Administration) und die geben kann, die besser ist als ein Bereich von 1,5 NOAA (National Oceanic Atmospheric Administ- bis 4,5 Grad. ration) angegeben haben, dass 14,8 Grad die mitt- lere Temperatur war im Jahre 2016 – und be- Auf der anderen Seite gibt es Zeiträume, für die schrieben als höchste jemals gemessene Tempera- man zeigen kann, dass große Variationen der CO2- tur. Und wenn das so wäre und sie Recht hätten, Werte zu keinen Temperaturunterschieden führ- Herr Levermann, dann wäre die Temperatur um ten. Beispielsweise erwähnten Sie die halbe Milli- 0,2 Grad gefallen. Herr Prof. Shaviv, es wäre arde Jahre geologischer Zeitskalen. Bei den CO2- schön, wenn Sie darauf mal kurz eingehen. Werten gibt es Veränderungen um einen Faktor größer als zehn. Aber man sieht keine damit ein- Prof. Nir Shaviv (Hebräische Universität Jerusa- hergehenden Temperaturkorrelationen, die man lem, Racah Institut für Physik): Lassen Sie mich nutzen könnte, um eine Obergrenze von 1,5 Grad versuchen, auf die Kommentare einzugehen. festzulegen. Deshalb meine ich, dass es grundso- Zunächst zum Diagramm selbst: Zwar endet es tat- lide ist. Es gibt keinen einzigen Beweis dafür, dass sächlich im Jahr 2000 – aber dies liegt daran, dass große Veränderungen im CO2-Gehalt zu großen die Daten, die zum Zeitpunkt der Durchführung

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Temperaturveränderungen führen. Wenn Sie an- sonst kann der Preis nicht steigen und seine steu- derer Meinung sind, kann ich gern auf jeden Kom- ernde Wirkung entfalten. Hinsichtlich G20 – wir mentar eingehen. haben natürlich in den G20-Ländern einige schwierige Kandidaten, wie z. B. Saudi-Arabien –, Abg. Karsten Hilse (AfD): Die letzte Frage war, da muss man schauen, ob sie bereit sind, Emissi- dass Herr Prof. Levermann gesagt hat, die vorin- onshandelssysteme einzuführen. Aber auch dustrielle Zeit wäre 15 Grad gewesen und im Saudi-Arabien hat z. B. am CDM teilgenommen. Jahre 2016 hat die NASA, die WMO und die Insofern ist eine Verknüpfung von Emissionshan- NOAA 14,8 Grad als die höchste jemals gemes- delssystemen mit projektbasierten oder pro- sene Durchschnittstemperatur angegeben. Ich grammbasierten Emissionszertifikatsmechanismen wollte Sie auf den Widerspruch hinweisen bzw. immer möglich – vorausgesetzt, man prüft die das Sie kurz darauf eingehen können. Umweltintegrität der verschiedenen Maßnahmen. Prof. Nir Shaviv (Hebräische Universität Jerusa- Abg. Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE.): Ich lem, Racah Institut für Physik): Es gibt ein Prob- wollte Herrn Prof. Levermann noch einmal kurz lem damit, wie der Bezugsrahmen zu definieren fragen. Und zwar haben wir seit 1960 eine abneh- ist – bezogen worauf? Und es gibt ein weiteres mende Sonnenenergie/Sonneneinstrahlung. Problem, das meiner Meinung nach dem Problem Gleichzeitig haben wir aber trotzdem einen anstei- zugrunde liegt, dass die Temperatur in den letzten genden Meeresspiegel tendenziell und eine anstei- 20 Jahren fast gar nicht angestiegen ist, oder je- gende Temperatur. Das heißt, hier stimmt offen- denfalls deutlich weniger als alle Klimamodelle sichtlich etwas nicht. Hier fallen diese beiden vorhergesagt haben. Dies ist ein Warnsignal, das Kurven auseinander, insbesondere seit dem Jahr uns zu denken geben sollte. Die Weltgemeinschaft 2000, und seit 2010 hatten wir diverse weltweite der Klimaforscher versucht zu verstehen, warum Temperaturrekorde. Das heißt, an dieser These, es nicht passt. die hier geäußert wird von Herrn Prof. Shaviv, Vorsitzende: Wir müssen uns jetzt ein bisschen muss irgendetwas falsch sein. disziplinieren, sonst geht das zulasten der letzten Prof. Dr. Anders Levermann (PIK): Ja, daran ist fragestellenden Fraktionen. wie gesagt, alles falsch und deswegen danke ich Abg. Dr. Lukas Köhler (FDP): Das Thema ETS war nochmal für die Frage. Ich sage das jetzt nochmal. angesprochen. Die Ausweitung des ETS – würde Ich bin tatsächlich auch auf diese einzelnen As- mich nochmal Ihre Einschätzung zu interessieren. pekte nicht eingegangen – weil man sich da in ei- Und dann auch nochmal die Frage: würden wir nem unendlichen Wirrwarr verliert –, die aber alle einen linkage der zumindest mal G20 hinkriegen? auf wissenschaftlicher Ebene geklärt sind und Wäre dann eine Ausweitung von CDM-Maßnah- auch sehr intensiv in wissenschaftlichen Publika- men noch sinnvoll oder sollte man dann lieber sa- tionen geklärt sind. Die Sonne spielt eine Rolle für gen, dann schaffen wir es auch, die restlichen Ent- die Temperatur des Planeten. Aber die Sonnenva- wicklungsländer/Schwellenländer mit einzubezie- riationen – die wir in den letzten 100 Jahren, tat- hen? sächlich in den letzten 10 000 Jahren, seit wir un- sere Zivilisation auf dieser Erde aufbauen, seit Dr. Axel Michaelowa (UZH): Eine Ausweitung dem Holozän –, die wir da gesehen haben, sind so von Emissionshandelssystemen ist dann möglich, klein, dass wir sie zwar in unseren Klimamodel- wenn die teilnehmenden Länder die Zuteilung len sehen, aber lange, lange überschrieben werden der Emissionszertifikate zu Anfang stringent ge- von den CO2-Signalen, die wir seit etwa 100 Jah- nug machen. Bisher haben wir leider in einigen ren, 150 Jahren in die Atmosphäre schicken. Da- Ländern mit Emissionshandelssystemen gesehen, ran liegt es eben auch – genau das, was Sie jetzt dass sie eben auf den Druck von Industrielobbys gerade sagen –, dass wir keine Korrelation mehr so reagiert haben, dass zu viele Zertifikate ausge- sehen zwischen der Sonnenaktivität, die herunter geben wurden und insofern hat es dann keine geht, und dem Temperaturanstieg, der im Gegen- Knappheit gegeben. Das heißt, für alle Kombinati- satz zu dem, was hier immer wieder gesagt wird, onen von Emissionshandelssystemen braucht es tatsächlich da ist. Wir haben auch in der letzten in allen teilnehmenden Ländern eine Knappheit – Zeit einen Temperaturanstieg gesehen. Und das

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liegt an dieser ganz fundamentalen Physik, aus COP, die ja sehr bald beginnen wird. Wir als Par- der das Ganze erwächst. lament kontrollieren ja die Bundesregierung. Des- wegen meine Frage an Herrn Weischer. Was kann, Deswegen kann ich auch so fest stehen und sagen: was muss die Bundesregierung tun, um diese Kli- Nicht, ich habe mal zwei Kurven gesehen, die ha- makonferenz in Katowice zu einem Erfolg zu füh- ben das gezeigt und deswegen möchte ich jetzt die ren? ganze Weltwirtschaft umdrehen. Nein, es ist wirk- lich fundamentale Physik, auf deren Grundlage Lutz Weischer (Germanwatch): Ich würde das wir sagen: Wir müssen das machen, damit wir wieder anhand der drei Bereiche machen, die ich nicht wirkliche Probleme bekommen. Denn wir in meinem Eingangsstatement auch aufgeführt sind jetzt bei 1,1 Grad globale Erwärmung – hatte, die zentral sind für den Erfolg der Klima- 2 Grad wollen wir halten nach dem Pariser Klima- konferenz. Das erste war ja das Themenfeld hö- abkommen. Das möchte ich nicht persönlich, son- here Klimaziele. Also sozusagen Sofortmaßnah- dern das möchte die Staatengemeinschaft. Und men als Reaktion jetzt auch auf den IPCC-Sonder- wir haben den ersten Kipppunkt im Klimasystem bericht. Die Bundesregierung – ich muss leider beobachtet. Das ist die Westantarktis mit einem den Konjunktiv verwenden – müsste eigentlich, Meeresspiegelanstieg, der sich über Jahrhunderte weil wir auch nochmal einen hochrangigen Dialog jetzt entfalten wird von dreieinhalb Metern. Das zu den 2020-Klimazielen haben, mit einer Erläute- wird ein wahnsinniges Problem für Tuvalu – das rung, warum Deutschland das verpasst und dem wird aber auch ein wahnsinniges Problem für Aktionsprogramm, dem Sofortprogramm, wie das Hamburg. Ganz banal – denn in Hamburg können noch möglichst schnell, möglichst umfassend er- Sie die Deiche noch 80 cm aufstocken. Das krie- reicht werden kann, dort auftreten. Aber wir ha- gen wir bis zum Ende des Jahrhunderts mit großer ben ja neben der 2020-Zieldiskussion eben auch Wahrscheinlichkeit, wenn wir mit dem CO2-Aus- die 2030-Diskussion und den Talanoa-Dialog. Hier stoß so weitermachen wie bisher und danach ist es sehr wichtig, dass die EU sich eindeutig geht’s weiter. Nach 2100 geht’s weiter, das heißt, dazu bekennt, dass das EU-NDC nachgeschärft die Wetterextreme kommen jetzt noch hinzu. Von wird – also das 2030-Klimaziel der EU – weil das denen werden wir in gewissem Sinne als Gesell- wichtig wäre, auch eine Dynamik, auch die ande- schaft ständig wieder überrascht. Wir sind gerade ren Schwellenländer mit an Bord zu holen, wo in der längsten Dürre in Deutschland, die es seit teilweise die Bedingungen ganz gut dafür sind, den Aufzeichnungen gibt – seit 140 Jahren. Diese die NDC zu erhöhen. Aber die Frage ist: gehen sie Wetterextreme können wir nicht im Einzelfall auf darauf ein? Machen sie das auch – sozusagen: Das den Klimawandel zurückführen – wissen aber, ist ja schön, wenn sich das im eigenen Land posi- dass dadurch, dass wir mehr CO2 in die Atmo- tiv entwickelt –, aber mache ich das nochmal in- sphäre geben, kriegen wir mehr Wasserdampf in ternational verbindlich und überprüfbarer? Ist ein die Atmosphäre und deswegen erhöhen wir den Schritt, den sicherlich die Schwellenländer nicht Energiegehalt der Atmosphäre. Und das passiert gehen werden, wenn keine großen Industrieländer in verschiedenen Arten und Weisen – und das den auch gehen. Deswegen richten sich die Augen führt dazu, dass wir eine Verschiebung bekom- da sehr stark auf die EU. men. Der Fakt, dass wir das in Einzelfällen nicht Bei der Klimafinanzierung müsste Deutschland auf dem Klimawandel zurückführen können, soll seinen Beitrag zum GCF (Green Climate Fund) nicht davon ablenken, dass wir mittlerweile phy- verdoppeln unserer Meinung nach und Deutsch- sikalisch verstehen, warum z. B. das Mäandern land müsste da auch wiederum im Rahmen der des Jetstreams, was uns diese extremen Wetter- EU dafür sorgen, dass die Berichterstattungsregeln schwankungen in Nordeuropa, in Nordamerika für die Klimafinanzierung auch solide und ambiti- bringt, dass das wahrscheinlich unter Klimawan- oniert und streng werden. Das ist ein Problem, wo del stärker wird. die Industrieländer da immer strenge Regeln Abg. Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): wollen – dass man nachvollziehen kann, was im Wir haben ja jetzt heute viel gehört und müssen Bereich Klimaschutz/Emissionsminderung pas- uns jetzt wieder ein bisschen fokussieren auf die siert –, aber nicht unbedingt bei dem Bereich, wie

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viel Finanzierung geleistet wird. Wenn man da ei- was – das von Herrn Dr. Köhler geäußerte Bedau- nen Kompromiss haben will auf einem hohen ern, dass wir jetzt nicht wirklich die zwei Stun- Ambitionsniveau, – also strenge Regeln haben den dazu verwenden konnten, uns auszutauschen, will für Klimaschutz –, dann sollte man sich auf wie denn die COP24 zu einem weiteren Meilen- relativ strenge Regeln für Klimafinanzierung auch stein für den Klimaschutz gemacht werden kann. einlassen, sonst kriegt man wahrscheinlich eher Aber wir haben nun mal eine Fraktion im Bundes- ein Kompromissniveau auf einem kleinsten ge- tag, die die Frage des Klimawandels anders sieht meinsamen Nenner in beiden Bereichen. Das wäre als andere, sowohl, was der menschengemachte sehr misslich. Da sind eine Reihe von anderen In- Anteil daran, – ob es den überhaupt gibt –, wie dustrieländern sehr hart aufgestellt in ihren Posi- auch, was die Auswirkungen des Klimawandels tionen und sagen: das kommt überhaupt nicht in- sind. Auch unter den anderen Fraktionen gibt es frage, dass wir vorab Berichte abgeben, wieviel dadurch unterschiedliche Einschätzungen, aber es Klimafinanzierung wir gewillt sind zu leisten. Es ist jetzt so wie es ist. Wir müssen die Fragen, die kommt überhaupt nicht infrage, dass das beson- im Bundestag/im Parlament aufgeworfen werden, ders detailliert aufgeschlüsselt wird, wieviel wir beantworten. Mit denen müssen wir uns befassen. geleistet haben. Da muss die EU den Brücken- Das haben wir jetzt heute gemacht. Wir sehen uns bauer spielen und dafür kann sich Deutschland dann bei der COP und schauen, wie es da voran- innerhalb der EU einsetzen. Genau, das war es ja geht. Und ansonsten ganz herzlichen Dank an die eigentlich auch schon zum Regelbuch. Also zum Sachverständigen. Es war eine spannende Debatte, dritten Teil meines Eingangsstatements, das, was auch in diesem Streitpunkt, von dem wir schon gemacht werden muss. mal gedacht hatten, wir hätten den hinter uns. Sehr spannend. Sehr interessant. Vielen Dank Vorsitzende: Dankeschön auch für diese nochmal Ihnen allen und meinen Kolleginnen und Kolle- Hinführung zum eigentlichen Thema. Ich teile et- gen weiterhin einen guten Tagesverlauf.

Schluss der Sitzung: 12:54 Uhr

Sylvia Kotting-Uhl, MdB Vorsitzende

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In Physics we trust

Prof. Anders Levermann, PhD Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Columbia University, New York, USA Die Erde erwärmt sich …und wir verstehen warum +1.3 2016 1.2 ± 0.1oC Temperaturanstieg seit 1900 2017 2015 +1.0 2014 2010 +0.7 2013 2005 Max Planck 2009 +0.4 1998 2003 +0.1 2002 2006 2007 Temperaturunterschied (C) Temperaturunterschied -0.2 2012 2004 Ludwig Boltzmann 2001 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 2020 Jahr Eis schmilzt und Meeresspiegel steigt

West-Antarktis ist destabilisiert.

Ost-Antarktis kann noch

Feldmann & Levermann, destabilisieren. PNAS, 2015. Mengel & Levermann, Nature CC, 2014. Wetterextreme werden intensiver Stabilisierung der Temperature geht physikalisch nur mit Null Emissionen Business-as-usual

Paris Abkommen

World Meteorological Organization, 2014.

פרופ׳ ניר שביב יושב ראש מכון רקח לפיסיקה بروفيسور نير ﺷﺎڨيڨ November 24,Jan 2018 1, 2017 رئيس معهد الفيزياء Prof. Nir Shaviv To the Committee on the Environment, Chairman Nature Conservation and Nuclear Safety, Racah Inst ofTo: Physics PostdoctoralDeutscher Fellowship Bundestag in Astrophysics Selection Committee,

פרופ' ניר שביב Subject: Statement letter for the committee discussion on יושב ראש ”COP24 in Katowice – Another milestone for global climate protection“ מכון רקח לפיסיקה Letter of recommendation for David Benyamin Prof. Nir Shaviv Chairman It is with pleasureDear Sirs, that I write this letter of recommendation for David Benyamin. I have Racah Inst of Physics known DavidBelow since please his undergraduate find a detailed studies,statement as about he has the taken fact that 3 courses there is withno substantial me. He later finished a very nice master's thesis, which I co-advised, together with Prof. Tsvi Piran (while evidence to support the idea that most of the global warming is anthropogenic and also collaborating with Prof. Ehud Nakar from Tel-Aviv University). And he has since continued workingthat climate with sensitivity us on the is necessarilytopic of cosmic high. Inray fact, propagation the evidence in pointsthe Milky to the Way. Recently, hecontrary. submitted This his should PhD be theses seriously which considered summarizes before his allocating interesting, substantial productive public and important research.resources. During the present year he is a post-doc in our group and he plans moving to the US for a more prolonged post-doc in the summer. Sincerely, As an undergraduate, David was an active participant in class. He was above average and his enthusiasm was very much apparent (enough, that I knew him already in the first basic mechanics and relativity course, among 150 students!), which is why when he approached and asked for a master's project, I was happy that we found a interestingNir Shaviv one.

For his masters, David developed from scratch a Monte Carlo simulation describing the diffusion of cosmic rays, from an inhomogeneous and dynamic source distribution in the Milky Way, Summarywhile allowing for inhomogeneous diffusion parameters. This was the first fully 3D model which included the effects of inhomogeneities in the source distribution as well as the dynamics1. ofThere the sources.is no direct The evidence inhomogeity demonstrating was later that incorporated large CO2 variations to the two cause other large main models in the community,temperature variations. but not the There dynamics is evidence aspect, for the making opposite. David's numerical model still unique. 2.DuringThe two his arguments masters, theused model by the included IPCC to “prove”all the nuclearthe catastrophic spallation AGW chains picture up to קרית אדמונד י׳ ספרא Oxygen, and the various hadronic interaction withth the interstellar medium. Thus, the model are flawed—warming over the 20 century is not unique, while the claim that גבעת רם was suitable to theredescribe is nothing secondary else to cosmic explain rays the 20 formedth century while warming interacting is simply with wrong. the interstellarירושלים 91904 טלפון: .02-6585807medium There are many other pseudo-arguments which are simply irrelevant. This .3 נייד: 054-4738555 main resultsincludes of that thework often were heard to show appeal that to the authority observed (the behavior 97% claim) of the as secondary well as to פקס: 02-6584606The Edmond J. Safraprimary ratio inarguments cosmic rays, based as ona functionevidence offor energy warming, (e.g., which as exemplifiedis not evidence with for thewarming boron to Campus, Giv’atcarbon Ram [B/C] ratio),by humans can. naturally be explained given the fact that most cosmic rays are Jerusalem 91904,formed Israel in dynamic spiral arms. Specifically, standard models predict that the B/C ratio Tel: 972-2-6585807should decrease4. The with sun energy has a large(because but ignoredhigher eenergyffect on cosmic the climate. rays Withdiffuse it, onefaster obtains out of a the Cell: 972-54-4738555 consistent picture for 20th century climate change, one in which more than half Fax: 972-2-6584606galaxy, producing less secondaries). However, the observed B/C ratio appears to be an increasing functionof the of 20th energy century at energies is due to below solar activity1GeV. increaseThis is often and in explained which climate through David has shown various assumptionssensitivity (some is low of (andwhich consistent are quite with ad empirical hoc). In data). his simulation, קרית אדמונד י' ספרא that just by considering that cosmic rays are primarily formed in the vicinity of dynamic The low climate sensitivity implies that future climate warming will be benign .5 גבעת רם spiral arms, one automatically recovers a B/C which increases at energies below about 1 ירושלים 91904 and within the goals set by the Copenhagen and Paris summits without having GeV, as is observed. This provides a natural solution to a 30 year old riddle. (see טלפון: 02-6585807 http://dx.doi.org/10.1088/0004-637X/782/1/34to take particular steps. One has ) to rethink how much resources we wish to נייד: 054-4738555 .spend on the problem which is much more benign than commonly believed פקס: 02-5611519 For his PhD, david continued by generalizing and extending the work he did for his masters. Edmond J. Safra campus Givat Ram First, David extended the spallation network up to Iron and Nickel. With it we could make Jerusalem 91904, Israel additional predictions for the ratio of secondary to primary particles. We could show that Tel. 972-2-6585807 the discrepancy between the grammage needed to explain the B/C ratio and the grammage Cell. 972-54-4738555 needed to explain the sub-Iron to Iron ratio is naturally explained once source Fax. 972-2-5611519 [email protected] inhomogeneity is considered. These results were published recently. (see http://dx.doi.org/10.3847/0004-637X/826/1/47 )

Second, David added the description of electron capture isotopes, which are unstable in the lab as they capture their bound electrons. However, as cosmic rays, they are stripped and What’s wrong with the present day view of climate change? Let me start by asking a question, one which you should either ask yourself or ask the experts you rely on. What is the evidence proving that anthropogenic global warming will lead to a catastrophic climate change? As I demonstrate below, this idea is in fact a misconception, and the so called evidence that we constantly hear is simply based on various fallacious arguments. Moreover, critical evidence that proves that it is wrong is actually blatantly ignored by the IPCC and alike. The first and foremost argument that should simply be ignored is the appeal to authority or to a majority. Science is not a democracy and the fact that many believe one thing does not make them correct. If people have good arguments to convince you, let them stick to scientific arguments, not logical fallacies. Other irrelevant arguments may appear scientific, but they are not. Evidence for warming is not evidence for warming by humans. Seeing a poor polar bear floating on an iceberg does not mean that humans caused warming. The same goes to receding glaciers. Sure, there was warming and glaciers are receding, but the logical leap that this warming is because of humans is simply an unsubstantiated claim, even more so when considering that you can find Roman remains under receded glaciers in the Alps or Viking graves in thawed permafrost in Greenland. Other fallacious arguments include using qualitative arguments and the appeal to gut feelings. The fact that humanity is approaching 10 billion people does not prove that we caused a 0.8°C temperature increase. We could just as well caused an 8°C increase or an 0.08°C.

The simple fact is, there is no single piece of evidence that proves that a given amount of CO2 increase should cause a large increase in temperature. As a matter of fact, there is evidence to the contrary! For example, over geological time scales, there were huge variations in the atmospheric

CO2 levels (by as much as a factor of 10) and they show no correlation whatsoever with the 1 temperature . 450 million years ago there was 10 times as much CO2 in the atmosphere but more extensive glaciations. When you throw away the chaff of all the fallacious arguments and try to distill the climate science advocated by the IPCC and alike, you find that there are actually two arguments which appear as legitimate scientific arguments, but unfortunately don’t hold water. The first is that the warming over the 20th century is unprecedented, and if so, it must be human. This is the whole point of the hockey stick so extensively featured in the third assessment report of the IPCC in 2001. The “climategate” e-mails demonstrate that this is a result of shady scientific analysis - the tree ring data showing that there was little temperature variation over the past millennium showed a decline after 1960, so, they cut it off and stitched thermometer data. The simple truth is that in the height of the medieval warming period, it could have been just as warm as the 20th century, while the little ice-age was at least a degree cooler. You can even see it directly with temperature measurements in boreholes2.

1 N. J. Shaviv, J. Veizer, “Celestial driver of Phanerozoic climate?”, GSA Today, July 2003, p. 4.

2 Huang et al. “A late Quaternary climate reconstruction based on borehole heat flux data, borehole temperature data, and the instrumental record”, Geophys. Res. Let. 35, L13703, 2008. The second argument is that there is nothing else to explain the warming, and if there is nothing else it must be the only thing that can, which is the anthropogenic contribution. However, as I mention below, there is the sun. Before explaining why the sun completely overturns the way we should see global warming and climate change in general. It is worth while to say a few words on climate sensitivity and why it is impossible to predict ab initio the anthropogenic contribution. The most important question in climate science is climate sensitivity, by how much will the

average global temperature increase if you say double the amount of CO2. Oddly enough, the

range quoted by the IPCC, which is 1.5 to 4.5°C per CO2 doubling was set in the Charney US federal committee in 1979. All the IPCC scientific reports from 1990 to 2013 state that the range is the same. The only exception is the penultimate report which stated it is 2 to 4.5. The reason they returned to the 1.5 to 4.5 range is because there was virtually no global warming since 2000 (the so called “hiatus”), which is embarrassingly inconsistent with a large climate sensitivity. What’s more embarrassing is that over almost 4 decades of research and billions of dollars (and euros) invested in climate research, we don’t know the answer to the most important question any better. The body of evidence however clearly shows that the climate sensitivity is on the low side, about

1 to 1.5 degree increase per CO2 doubling. People in the climate community are scratching their heads trying to understand the so called hiatus in the warming. Where is the heat hiding? While in reality it simply points to a low sensitivity. The “missing” heat has actually escaped Earth already! If you look at the average global response to large volcanic eruptions, from Krakatoa to Pinatubo, you would see that the global temperature decreased by only about 0.1°C while the hypersensitive climate models give 0.3 to 0.5°C, not seen in reality3. Over geological time scales,

the aforementioned lack of correlation between CO2 and temperature places a clear upper limit of

a 1.5°C per CO2 doubling sensitivity. Last, once we take the solar contribution into account, a much more consistent picture for the 20th century climate changes arises, one in which the climate drivers (humans AND solar) are notably larger, and the sensitivity notably smaller, around 1

to 1.5°C per CO2 doubling. So, how do we know that the sun has a large effect on climate? Fig. 1 below is probably one of the most important graphs to the understanding of climate change4, but which is simply ignored by the IPCC and alarmists. You can see that over more than 80 years of tide gauge records there is an extremely clear correlation between solar activity and sea level rise - active sun, the oceans rise. Inactive sun - the oceans fall. On short time scales it is predominantly heat going to the oceans and thermal expansion of the water. This can then be used to quantify the radiative forcing of the sun, and see that it is about 10 times larger than what the protagonists of the IPCC view are willing to admit there is. The IPCC only considers changes in the irradiance, while this (and other such data) unequivocally demonstrate that there is an amplifying mechanism linking solar activity and climate. Although extremely interesting, the details of the mechanism (actually 3 separate microphysical effects) are beyond the scope of this summary. They are related to the amount of atmospheric

3 R. S. Lindzen, and C. Giannitsis, “On the climatic implications of volcanic cooling”. J Geophys. Res. 103, 5929, 1998.

4 N. J. Shaviv, “Using the oceans as a calorimeter to quantify the solar radiative forcing”, J. Geophys. Res., 113, A11101, 2008. ionization which is governed by solar activity. Basically, when the sun is more active, we have less clouds that are generally less white. The main conclusion is therefore that climate is not sensitive to changes in the radiative forcing. There are in fact several red flags that people do their best to ignore. For example, the temperature failed to rise according to the predictions made in previous IPCC scientific reports. In Paris and Copenhagen it was agreed upon that we should ensure the warming will be less than 2°C. It will be less than 2°C even if we do nothing.

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Fig. 1: Quantifying the solar forcing: Plotted are the sea level change rate (blue, with 1σ error) and reconstructed solar constant (red, dashed). The clear correlation indicates that sea level change rate is affected by solar activity. The size implies that the peak to peak variation over the solar cycle in the radiative flux corresponds to about 1 W/m2. This is almost an order of magnitude larger than changes in the total solar irradiance.

Fig. 2: Changes in the radiative forcing since the beginning of the industrial revolution, taken from the IPCC AR5 report. According to the IPCC, the changes in the solar irradiance correspond to 0.05 W/m2 (0 to 0.10 uncertainty). The tide gauge based forcing indicates that solar forcing is much larger, about 1.8±0.5 W/m2 from the Maunder Minimum (little ice-age). 24. November 2018

An den Ausschuss für Umwelt,

Naturschutz und nukleare Sicherheit,

Deutscher Bundestag

Betreff: Stellungnahme für die Ausschussdiskussion zum Thema

„COP24 in Katowice – Ein weiterer Meilenstein für den globalen Klimaschutz“

Sehr geehrte Damen und Herren, nachfolgend finden Sie eine detaillierte Erklärung dazu, dass es keine substanziellen Beweise dafür gibt, dass der Großteil der globalen Erwärmung anthropogen ist und dass die Klimasensitivität notwendigerweise hoch ist. Tatsächlich gibt es Beweise für das Gegenteil. Dies sollte ernsthaft geprüft werden, bevor umfangreiche öffentliche Mittel bereitgestellt werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Nir Shaviv

Zusammenfassung

1. Es gibt keine direkten Beweise dafür, dass große CO2-Schwankungen zu großen Temperatur- schwankungen führen. Es gibt Beweise für das Gegenteil.

2. Die beiden Argumente, die der IPCC verwendet, um das katastrophale Bild der menschen- gemachten globalen Erwärmung zu „beweisen“, sind fehlerhaft: die Erwärmung im Verlauf des 20. Jahrhunderts ist nicht singulär, und die Behauptung, nichts anderes könne die Erwärmung im 20. Jahrhundert erklären, ist schlicht falsch.

3. Viele andere Pseudoargumente sind einfach irrelevant. Dazu gehören der häufig gehörte Verweis auf Autoritäten (die „97 %“-Behauptung) sowie Argumente, die auf Beweisen für die Erwärmung beruhen, aber keine Erwärmung durch den Menschen belegen.

4. Die Sonne hat einen großen, aber vernachlässigten Einfluss auf das Klima. Wenn dieser Faktor einbezogen wird, erhält man ein konsistentes Bild des Klimawandels im 20. Jahrhundert. Damit ist die Erwärmung über mehr als die Hälfte des 20. Jahrhunderts auf zunehmende Sonnenaktivität zurückzuführen und die Klimasensitivität ist gering (und stimmt mit empirischen Daten überein).

5. Die geringe Klimasensitivität bedeutet, dass die zukünftige Klimaerwärmung gutartig und innerhalb der Ziele der Gipfeltreffen von Kopenhagen und Paris sein wird, ohne dass besondere Maßnahmen ergriffen werden müssen. Es sollte überlegt werden, wie viele Mittel wir für ein Problem ausgeben wollen, das deutlich gutartiger ist als allgemein angenommen.

Was stimmt nicht mit der heutigen Sichtweise des Klimawandels?

Lassen Sie mich zunächst eine Frage stellen, die Sie entweder sich selbst oder den Experten an Ihrer Seite stellen sollten. Welche Beweise gibt es dafür, dass die anthropogene globale Erwärmung zu einem katastrophalen Klimawandel führen wird?

Wie ich weiter unten darstelle, ist diese Vorstellung in der Tat ein Missverständnis, und die so genannten Beweise, die wir ständig hören, basieren einfach auf verschiedenen falschen Argumenten. Darüber hinaus werden kritische Belege, die das Gegenteil beweisen, vom IPCC und ähnlichen Organisationen vorsätzlich missachtet. Das erste und wichtigste Argument, das einfach ignoriert werden sollte, ist der Verweis auf Autoritäten oder eine Mehrheitsmeinung. Wissenschaft ist keine Demokratie, und wenn viele Menschen eine Sache glauben, muss sie deswegen nicht richtig sein. Wenn Menschen überzeugende Argumente haben, müssen es wissenschaftliche Argumente sein und keine logischen Täuschungen.

Andere irrelevante Argumente mögen wissenschaftlich erscheinen, doch sind sie es nicht. Beweise für die Erwärmung belegen keine Erwärmung durch den Menschen. Einen bedauernswerten Eisbären auf einem Eisberg treiben zu sehen, bedeutet nicht, dass die Erwärmung durch den Menschen verursacht wurde. Das Gleiche gilt für abschmelzende Gletscher. Es gab natürlich eine Erwärmung und die Gletscher ziehen sich zurück, aber der logische Fehler, dass diese Erwärmung auf den Menschen zurückzuführen sei, ist einfach eine unbegründete Behauptung; dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass man in den Alpen Überreste aus römischer Zeit unter geschmolzenen Gletschern oder Wikingergräber im aufgetauten Permafrost in Grönland finden kann.

Andere trügerische Argumente sind die Verwendung qualitativer Argumente und der Appell an Bauchgefühle. Die Tatsache, dass sich die Weltbevölkerung der Zahl von 10 Milliarden Menschen nähert, beweist nicht, dass wir einen Temperaturanstieg von 0,8 °C verursacht haben. Genauso gut hätte der verursachte Anstieg auch 8 °C oder 0,08 °C sein können.

Die einfache Tatsache ist die, dass es keinen einzigen Beweis dafür gibt, dass ein bestimmter CO2- Anstieg einen starken Temperaturanstieg verursachen sollte. Tatsächlich gibt es Beweise für das Gegenteil. So gab es beispielsweise über geologische Zeitskalen hinweg große Schwankungen der atmosphärischen CO2-Werte (bis zu einem Faktor von 10), die keinerlei Korrelation mit der Temperatur zeigen1. Vor 450 Millionen Jahren gab es 10-mal so viel CO2 in der Atmosphäre, aber ausgedehntere Vergletscherungen.

Wenn man all die trügerischen Argumente verwirft und versucht, der vom IPCC und ähnlichen Institutionen befürworteten Klimawissenschaft auf den Grund zu gehen, stellt man fest, dass es eigentlich nur zwei Argumente gibt, die als legitime wissenschaftliche Argumente erscheinen, aber nicht korrekt sind. Das erste Argument ist, dass eine Erwärmung wie im Laufe des 20. Jahrhunderts noch nie da gewesen ist, und daher müsse sie menschlichen Ursprungs sein. Das ist der Kern des „Hockeyschläger-Kurvenverlaufs“, der im dritten Sachstandsbericht des IPCC im Jahr 2001 so stark herausgestellt wurde. Die „Climategate“-E-Mails zeigen, dass dies das Ergebnis einer fragwürdigen wissenschaftlichen Analyse ist – die Baumring-Daten, die zeigen, dass es im vergangenen Jahrtausend nur geringe Temperaturschwankungen gab, zeigten einen Rückgang nach 1960, und daher wurden die Daten abgeschnitten und Thermometerdaten angesetzt. Die einfache Wahrheit ist, dass es auf dem Höhepunkt der mittelalterlichen Erwärmungszeit genauso warm hätte sein können wie im 20. Jahrhundert, während die kleine Eiszeit zumindest um ein Grad kühler war. Dies lässt sich sogar direkt bei Temperaturmessungen in Bohrlöchern feststellen2.

Das zweite Argument besteht darin, dass es keine andere Erklärung für die Erwärmung gibt, und daher müsse die Erklärung die einzige in Betracht kommende sein, nämlich der anthropogene Beitrag. Wie ich jedoch nachstehend darlegen werde, gibt es auch noch die Sonne.

Bevor ich erkläre, warum die Sonne unsere Sichtweise vollkommen ändert, sollten wir die globale Erwärmung und den Klimawandel im Allgemeinen betrachten. Ich möchte ein paar Worte über

1 N. J. Shaviv, J. Veizer, „Celestial driver of Phanerozoic climate?“, GSA Today, Juli 2003, S. 4. 2 Huang et al. „A late Quaternary climate reconstruction based on borehole heat flux data, borehole temperature data, and the instrumental record“, Geophys. Res. Let. 35, L13703, 2008. Klimasensitivität sagen und warum es unmöglich ist, von vornherein den anthropogenen Beitrag vorherzusagen.

Die wichtigste Frage in der Klimaforschung ist die nach der Klimasensitivität, also wie stark die durchschnittliche globale Temperatur ansteigt, wenn man zum Beispiel die CO2-Menge verdoppelt. Bemerkenswerterweise wurde der vom IPCC angegebene Bereich von 1,5 bis 4,5 °C pro CO2- Verdopplung im Jahr 1979 im Charney-Kongressausschuss in den USA festgelegt. Alle wissenschaft- lichen Berichte des IPCC von 1990 bis 2013 enthalten den gleichen Bereich. Die einzige Ausnahme ist der vorletzte Bericht, in dem von 2 bis 4,5 Grad die Rede ist. Der Grund, warum man zum Bereich von 1,5 bis 4,5 Grad zurückgekehrt ist, liegt darin, dass es seit 2000 praktisch keine globale Erwärmung mehr gab (die so genannte „Pause“), was sehr schlecht vereinbar mit einer hohen Klimasensitivität ist. Noch peinlicher ist, dass wir nach fast vier Jahrzehnten Forschung und Milliarden von Dollar (und Euro), die in die Klimaforschung investiert wurden, keine bessere Antwort auf die wichtigste Frage haben.

Die Beweislage zeigt jedoch deutlich, dass die Klimasensitivität eher niedrig ist, und zwar etwa 1 bis 1,5 Grad pro CO2-Verdopplung. Die Beteiligten in der Klimaforschung können sich die so genannte Pause in der Erderwärmung nicht erklären. Wo verbirgt sich diese Wärme? In Wirklichkeit weist dies einfach nur auf eine geringe Sensitivität hin. Die „fehlende“ Wärme hat die Erde längst verlassen! Betrachtet man die durchschnittliche globale Reaktion auf große Vulkanausbrüche, vom Krakatau bis Pinatubo, so sieht man, dass die globale Temperatur nur um etwa 0,1°C gesunken ist, während hypersensible Klimamodelle 0,3 bis 0,5 °C ergeben, was mit der Realität nicht übereinstimmt3. Über geologische Zeitskalen hinweg ergibt sich durch die erwähnte fehlende Korrelation zwischen CO2 und Temperatur eine klare Obergrenze der Empfindlichkeit von 1,5 °C pro CO2-Verdoppelung. Schließlich ergibt sich unter Berücksichtigung des solaren Beitrags ein viel konsistenteres Bild für die Klimaänderungen des 20. Jahrhunderts, bei dem die Klimafaktoren (Mensch UND Sonne) deutlich größer und die Empfindlichkeit deutlich geringer sind, nämlich etwa 1 bis 1,5 °C pro CO2- Verdopplung.

Woher wissen wir also, dass die Sonne einen großen Einfluss auf das Klima hat? Die Abb. 1 unten enthält einen der wahrscheinlich wichtigsten Graphen für das Verständnis des Klimawandels4, der aber von IPCC und Schwarzsehern einfach ignoriert wird. Wie man erkennt, besteht über mehr als 80 Jahre Gezeitenmessungen ein äußerst klarer Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Meeresspiegelanstieg – bei aktiver Sonne steigen die Meeresspiegel an, bei inaktiver Sonne fallen die Meeresspiegel. Auf kurzen Zeitskalen gelangt in erster Linie Wärme in die Ozeane und das Wasser dehnt sich aus. Damit lässt sich der Strahlungsantrieb der Sonne quantifizieren, und wie sich herausstellt, ist dieser etwa zehnmal größer ist als das, was der IPCC zugesteht. Der IPCC berücksichtigt nur Änderungen der Bestrahlungsstärke, während diese (und andere derartige Daten) eindeutig zeigen, dass es einen Verstärkungsmechanismus zwischen der Sonnenaktivität und dem Klima gibt.

Die äußerst interessanten Details des Mechanismus (eigentlich 3 separate mikrophysikalische Effekte) gehen über den Rahmen dieser Zusammenfassung hinaus. Sie beziehen sich auf das Ausmaß der atmosphärischen Ionisation, die durch die Sonnenaktivität bestimmt wird. Einfach ausgedrückt: wenn die Sonne aktiver ist, haben wir weniger Wolken und damit eine allgemein geringere weiße Oberfläche.

3 R. S. Lindzen, and C. Giannitsis, „On the climatic implications of volcanic cooling“. J Geophys. Res. 103, 5929, 1998. 4 4 N. J. Shaviv, „Using the oceans as a calorimeter to quantify the solar radiative forcing“, J. Geophys. Res., 113, A11101, 2008. Die wichtigste Schlussfolgerung ist daher, dass das Klima nicht empfindlich auf Veränderungen im Strahlungsantrieb reagiert. Es gibt in der Tat mehrere wichtige Punkte, die gern ignoriert werden. So ist beispielsweise die Temperatur nicht entsprechend den Vorhersagen früherer wissenschaftlicher Berichte des IPCC angestiegen.

In Paris und Kopenhagen wurde vereinbart sicherzustellen, dass die Erwärmung weniger als 2 °C betragen wird. Der Anstieg wird aber bereits dann weniger als 2 °C betragen, wenn nichts getan wird.

Abb. 1: Quantifizierung des solaren Beitrags zum Strahlungsantrieb: Aufgetragen sind die Änderungsrate des Meeresspiegels (blau, mit Fehler von 1σ) und die rekonstruierte Solarkonstante (rot, gestrichelt). Die klare Korrelation zeigt, dass die Änderungsrate des Meeresspiegels von der Sonnenaktivität beeinflusst wird. Aus den Werten ergibt sich, dass die Schwankung von Spitze zu Spitze im Sonnenzyklus beim Strahlungsfluss etwa 1 W/m2 entspricht. Dies liegt fast eine Größenordnung über den Veränderungen der gesamten Sonneneinstrahlung.

Abb. 2: Veränderungen des Strahlungsantriebs seit Beginn der industriellen Revolution, entnommen aus dem AR5-Bericht des IPCC. Nach Angaben des IPCC entsprechen die Veränderungen der Sonneneinstrahlung 0,05 W/m2 (Unsicherheit 0 bis 0,10). Aus dem auf Gezeitenmessungen basierenden Strahlungsantrieb ergibt sich, dass der solare Beitrag viel größer ist, und zwar etwa 1,8 ± 0,5 W/m2 vom Maunderminimum (kleine Eiszeit). The main problem with the IPCC view of climate change

Statement for Committee on the Environment, Nature Conservation and Nuclear Safety, Deutscher Bundestag, before COP24 in Katowice

Prof. Nir Shaviv Chair, Department of Physics, Hebrew University of Jerusalem

November 2018 Quantifying the solar forcing

Shaviv, 2008 Forcing according to the IPCC AR5

IPCC Real solar contribution (from Maunder Minimum) – ignored by IPCC COP 24 in Kattowitz: Schlüsselthemen

– Pflicht-Aufgabe der Konferenz – Verabschiedung des “Pariser Regelwerks” zur Operationalisierung des Pariser Abkommens – Bestandteile des Pariser Regelwerks – Robuste Berichterstattung über die nationalen Selbstverpflichtungen – Minderung, Anpassung, Finanzierung – Generelle Sicherstellung der Transparenz (Art. 13) – Detailregeln für die Marktmechanismen unter Art. 6 – Berichterstattung über Klimafinanzierung (Geber und Empfänger) – Globale Bestandsaufnahme alle 5 Jahre zur Ambitionssteigerung www.perspectives.cc | [email protected] Dr. Axel Michaelowa, [email protected] Hauptkonfliktpunkte der COP 24

– Zweigeteilte (à la Kioto) oder fein ausdifferenzierte Welt für nationale Minderungszusagen und Berichterstattungsregeln? – Nationale Selbstbestimmung vs internationale Regeln? – Fristen für Minderungszusagen und “Wechselkurse” (GWPs) – Mindestregeln für die Marktmechanismen hinsichtlich Umweltintegrität und nachhaltiger Entwicklung? – Verlässlichkeit der öffentlichen Klimafinanzierung? – Verbindlicher ex-ante Finanzierungspfad? – Detaillierte Ex-Post-Analyse? – Rolle des Grünen Klimafonds? www.perspectives.cc | [email protected] Dr. Axel Michaelowa, [email protected] Deutschlands Optionen in Kattowitz

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