An Hans Niessl Landeshauptmann Peter Kaiser Landeshauptmann Erwin Pröll Landeshauptmann Josef Pühringer Landeshauptmann Wilfried Haslauer Landeshauptmann Franz Voves Landeshauptmann Günther Platter Landeshauptmann Markus Wallner Landeshauptmann Micheal Häupl

Wien, am 19.02.2015

Betreff:

Offener Brief an die Landeshauptleute von , Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, , Steiermark, Tirol, und Wien bezüglich der unzulänglichen Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

Sehr geehrte Landeshauptleute!

Mit Bedauern und Sorge müssen wir seit längerer Zeit feststellen, dass der Umgang mit Flüchtlingen sowie deren Versorgung und Unterbringung im Rahmen der ihnen zustehenden Grundversorgung in Österreich unzufriedenstellend ist. Dringender Handlungsbedarf ist derzeit insbesondere bezüglich der inadäquaten Versorgung und Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMFs) gegeben, denen ein besonders hohes Maß an Schutz und Hilfe zusteht.

Es ist beschämend, dass der von allen Bundesländern gemeinsam vereinbarte Quotenmechanismus zur bundesweiten Aufteilung der zur Flucht gezwungenen Menschen nicht eingehalten wird. Dies hat zur Folge, dass Flüchtlinge in inadäquaten, überfüllten und schlecht versorgten sowie schlecht betreuten Massenunterkünften ohne eine Perspektive für die Zukunft verharren müssen. Für die Gruppe der UMFs ist die Situation nochmals eine schlimmere, da in den vereinbarten Quotenregelungen keine festgelegten Kapazitäten für sie festgehalten sind und es folglich an entsprechender Versorgung für UMFs besonders mangelt.

Es ist augenscheinlich, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufgrund ihres jungen Alters sowie der unbegleiteten Flucht, also der dauerhaften Trennung von ihren Eltern bzw. Bezugspersonen, ein besonderes Maß an Schutz und Hilfe und folglich auch eigene Unterkünfte inklusive professioneller Betreuung benötigen.

Auch die von Österreich bereits 1992 unterzeichnete Kinderrechtskonvention der UNO (KRK) greift die besondere Schutzbedürftigkeit von Flüchtlingskindern auf und hält in Artikel 22 fest:

„Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ein Kind, das die Rechtstellung eines Flüchtling begehrt oder (…) als Flüchtling angesehen wird, angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe bei der Wahrnehmung der Rechte (dieser Konvention) erhält, (…) und zwar unabhängig davon, ob es sich in Begleitung seiner Eltern oder einer anderen Person befindet oder nicht.“

Aktuell verharren rund 750 junge Menschen unter 18 Jahren in verschiedenen Bundesbetreuungsstellen ohne entsprechende Unterbringung und Betreuung und warten – teilweise bereits seit mehreren Monaten – auf eine Zuweisung in eine entsprechende Grundversorgungseinrichtung der Länder. Darüber hinaus sind manche dieser provisorisch eingerichteten Zwischenunterkünfte für UMFs aktuell in Auflösung begriffen. Der bereits jetzt akute Mangel an Betreuungsplätzen für UMFs wird sich dadurch weiter dramatisch verstärken und aller Voraussicht nach den Druck auf die bereits überfüllten Bundesbetreuungsstellen weiter erhöhen.

Die geschätzten 300 neuen Grundversorgungsstellen für UMFs, die in den kommenden Wochen in den Ländern geschaffen werden sollen, sind zwar ein erstes positives Zeichen, können allerdings den Mangel an Betreuungsplätzen für UMFs bei weitem nicht decken, besonders wenn die Anzahl an UMFs angesichts zahlreicher Krisenherde (Afghanistan, Syrien, Somalia, Algerien…) weiterhin hoch bleibt. Die Unterbringung von Jugendlichen in Erwachsenenquartieren, wie dies momentan in Vorarlberg und Tirol gehandhabt wird, ist keine adäquate Lösung, da es an der notwendigen kinder- und jugendgerechten Betreuung mangelt.

Angesichts der aktuell dramatischen Lage und im Sinne der Rechte der Kinder sowie zur Wahrung des Kindeswohls dieser hunderten jungen Menschen fordern wir Sie dazu auf, für die Schaffung von ausreichenden und adäquaten Grundversorgungseinrichtungen für UMFs zu sorgen. Einen wichtigen Schritt sehen wir in der Aufnahme von eigenen Kapazitäten für UMFs in die bestehende Quotenregelung aller Bundesländer sowie deren entsprechende Erfüllung. Jugendliche müssen in den Betreuungseinrichtungen eine Infrastruktur vorfinden, die ihnen eine optimale Versorgung bietet und ein jugendfreundliches Leben erlaubt. Hierzu zählen neben der erreichbaren Lage vor allem Bildungsmöglichkeiten wie z.B. Deutschkurse in realistischer Nähe.

Abgesehen vom Funktionieren des Grundversorgungssystems, sehen wir es als Pflicht der ebenfalls auf Länderebene angesiedelten Kinder- und Jugendhilfen an, Verantwortung für UMFs zu übernehmen und unterstützend tätig zu werden. Dass hierfür die Angleichung der Tagsätze an jene der Kinder- und Jugendhilfe unbedingt notwendig ist, ist augenscheinlich (und wird von uns in einem zeitgleich versandten, offenen Brief an Bundesministerin Mikl- Leitner gefordert!).

Wir fordern Sie daher dringend auf, die prekäre Situation der UMFs bei der bevorstehenden Landeshauptleutekonferenz zu behandeln und gemeinsam mit dem Bund eine Lösung im Sinne der Kinderrechte herbeizuführen.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung!

Wir verbleiben mit vorzüglicher Hochachtung,

Die UnterzeichnerInnen:

Aktion kritischer Schüler_innen Christina Götschhofer [email protected]

Bundesjugendvertretung Mag. Magdalena Schwarz, David Neuber [email protected] , 01/2144499

Bundesweites Netzwerk Offene Jugendarbeit - bOJA Mag.a Daniela Kern-Stoiber [email protected]

Don Bosco Flüchtlingswerk Mag.a Eva Kern [email protected]

ECPAT Österreich Mag.a Astrid Winkler [email protected]

Jugend Eine Welt Ing. Reinhard Heiserer [email protected]

Jugendsprecher der NEOS Dr. Nikolaus Scherak [email protected]

Katholische Jugend Österreich Matthias Kreuzriegler [email protected]

Kinder- und Jugendanwaltschaft Tirol Mag.a Elisabeth Harasser [email protected]

Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien DSAin Monika Pinterits, Mag. Ercan Nik Nafs [email protected]

Kinderbüro - Die Lobby für Menschen bis 14 Dipl. Päd. Wolfgang Pfeifer, Bakk. phil. [email protected]

Kindernothilfe Mag. Gottfried Mernyi [email protected]

Kinderordination Alsergrund PD Dr. Nicole Grois, Leiterin der Arbeitsgruppe "Medizinische Versorgung von Flüchtlingskindern" der Politischen Kindermedizin [email protected]

Kolping Österreich Mag.a Christine Leopold [email protected] lobby4kids - Kinderlobby Dr.in Irene Promussas [email protected]

Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte Mag. Helmut Sax [email protected]

Naturfreundejugend Österreich Dipl.Ing. Irene Raffetseder [email protected]

Netzwerk Flüchtlingskinder Maria Ramskogler M.Ed.; Peter Ramskogler [email protected]

Netzwerk Kinderrechte Mag.a Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez [email protected]

NÖ Armutsnetzwerk Mag.a (FH) Barbara Bühler [email protected]

Österreichisches Jugendrotkreuz Mag.a Renate Hauser [email protected]

Österreichische Kinderfreunde LAbg. Mag. Jürgen Czernohorszky 01 / 512 12 98

Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs Dr. Franz Stelzer [email protected]

Prim. Olaf Arne Jürgenssen [email protected]

Sozialistische Jugend Österreich Julia Herr [email protected]

Univ. Prof. Dr. med. Ernst Berger [email protected]