Alliierter Luftkrieg Und Novemberpogrom in Lokaler Erinnerungskultur Am Beispiel Dresdens
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
TU Dresden Philosophische Fakultät Institut für Geschichte Magisterarbeit im Hauptfach Neuere und Neueste Geschichte Alliierter Luftkrieg und Novemberpogrom in lokaler Erinnerungskultur am Beispiel Dresdens Angefertigt von Thomas Fache geb. 20. August 1975 Matrikelnummer: 2697145 Betreuer: Prof. Dr. Hartmut Voit Zweitgutachter: Dr. Clemens Vollnhals Eingereicht am 27. März 2007 1 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung.......................................................................................................................1 1.1. Gegenstand .................................................................................................................... 1 1.2. Forschungsüberblick..................................................................................................... 4 1.3. Zielstellungen .............................................................................................................. 10 1.4. Genutzte Quellen.........................................................................................................11 2. Die historischen Ereignisse und die nationalsozialistische Propaganda ...........13 2.1. Der Novemberpogrom in Dresden.............................................................................13 2.2. Dresden im Luftkrieg..................................................................................................20 2.2. Dresden im Luftkrieg..................................................................................................20 3. Die öffentliche Erinnerung in der Sowjetischen Besatzungszone ......................33 3.1. Die neue Tauglichkeit der Chiffre.............................................................................. 33 3.2. Pogromgedenken als Protest im Schatten neuer Helden ..........................................40 4. Die Staatsgründung und geschichtspolitische Aggression...................................47 4.1. Spätstalinistischer Antisemitismus und die Abwesenheit der Erinnerung..............47 4.2. Die „Entfaltung eines echten nationalen Hasses“ – Anklage und Integration ........ 54 5. Internationale Anerkennung und erinnerungspolitische Entspannung...........72 5.1. Vom Nutzen und Ausdienen eines Jahrestages.........................................................72 5.2. Eine „wahre Heimstatt“ – Loyalität und Gedenkspuren .......................................... 83 6. Von der Erinnerungskonkurrenz zum Staatsakt .................................................91 6.1. Die (Selbst-)Entdeckung der Schwindenden – Annäherungen und Vereinnahmungen...................................................................... 91 6.2. „Leidenschaftliches Bekenntnis“ und „Stilles Gedenken“ – Konkurrenz und Gleichklang ...................................................................................108 7. Resümee .....................................................................................................................134 8. Anhang.......................................................................................................................142 8.1. Abkürzungen und Siglen ..........................................................................................142 8.2. Archive.......................................................................................................................144 8.3. Periodika ....................................................................................................................144 8.4. Literaturverzeichnis...................................................................................................145 8.4.1. Primärliteratur und Quellenverzeichnisse...................................................... 145 8.4.2. Sekundärliteratur............................................................................................. 146 2 1. Einleitung 1.1. Gegenstand Im Blickpunkt der vorliegenden Studie soll mit den Novemberpogromen des Jahres 1938 und dem alliierten Luftkrieg gegen deutsche Städte im Verlauf des Zweiten Weltkriegs die Position zweier historischer Ereignisse der Zeit des Nationalsozialismus in der lokalen Erinnerungskultur Dresdens stehen.1 Wenn Erinnerungskultur als „formale[r] Oberbegriff für alle denkbaren Formen der bewußten Erinnerung an historische Ereignisse, Persönlichkeiten und Prozesse [...] ästhetischer, politischer oder kognitiver Natur“ verstanden werden kann, so würden „Textsorten aller Art, Bilder und Fotos, Denkmäler, Bauten, Feste [und] Rituale“2 eine ebenso relevante wie unüberschaubare Menge von Artefakten für eine solche Annäherung bilden. Es lohnt sich folglich, eine Unterscheidung Peter Reichels aufzugreifen und unter Ausschluß anderer erinnerungskultureller Handlungsbereiche den Schwerpunkt auf eine Analyse der öffentlichen Memorialkultur zu legen.3 Angesichts einer besonderen Attraktivität der kalendarischen Wiederkehr von Ereignissen und Geschichte „für einen Augenblick“,4 die einen bevorzugten Rahmen für explizite Veranstaltungen erstellt, fiel die Entscheidung, den Untersuchungsgegenstand weitestgehend auf eine Betrachtung des gesellschaftlichen Stellenwertes und der Ausgestaltung der Jahrestage in der Dresdner Erinnerungskultur einzugrenzen.5 1 Der Begriff „Novemberpogrom“ bzw. seine Pluralform findet hier Verwendung in Abgrenzung zur euphemistischen Formulierung der „Reichskristallnacht“, die zeitgenössisch entstand, wobei deren konkrete politisch-soziale Herkunft entgegen aller Thesen bisher im unklaren verblieben ist. So wie diese Bezeichnung sich in den 1950er Jahren durchsetzten konnte, etablierte sich ab 1978 als „Verschlimmbesserung“ (Michael Kinne) in begriffskritischer Intention „Reichspogromnacht“ im öffentlichen Sprachgebrauch der BRD. Beide Begriffe betonen implizit die Ereignisse der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 als einen kurzen, heftigen und im Verborgenen ablaufenden Ausbruch antisemitischer Gewalt; ersterer hebt zudem in erster Linie auf die materiellen Schäden der Verfolgungswelle ab. Dagegen nimmt „Novemberpogrome“ stärker die mehrtätige und vielschichtigere Dimension der Verfolgungswelle in den Blick; siehe dazu Kapitel 2.1. Zur Begriffsgeschichte siehe Schmid, Harald: Erinnern an den „Tag der Schuld“. Das Novemberpogrom von 1938 in der deutschen Geschichtspolitik, Hamburg 2001, S. 81ff. 2 So Cornelißen, Christoph: Was heißt Erinnerungskultur? Begriff – Methoden – Perspektiven, in: GWU 10/2003, S. 555. 3 Weitere Felder, die in ihrer Verknüpfung, aber auch Abgrenzung voneinander im Interesse stehen könnten, wären nach Reichel Ausdrücke einer künstlerisch-ästhetischen Erinnerungskultur, der wissenschaftliche Diskurs und eine vergangenheitsbezogene politisch-juristische Auseinandersetzung; siehe ebd., S. 556. 4 Reichel, Peter: Politik mit der Erinnerung. Gedächtnisorte im Streit um die nationalsozialistische Vergangenheit, Wien 1995, S. 273. Dazu auch Schmid, Erinnern, S. 43 – 49. 5 Als Bezugsdatum für einen „Jahrestag“ des „Alliierten Bombenkrieges“ fungiert in Dresden der 13. Februar 1945, da an dessen Abend zwar nicht der einzigste, jedoch der Beginn des folgenreichsten Luftangriffes stand; siehe dazu ausführlicher Kapitel 2.2. 1 Nach einem ersten Blick in die bereits vorliegende Sekundärliteratur und der Einarbeitung in die genutzten Quellen wurde vom ursprünglichen Ansinnen Abstand genommen, in einem bestimmten Zeitmuster einige wenige Jahrestage exemplarisch zu betrachten, also etwa dem „Mythos der runden Zahl“6 zu erliegen. Als zu vielschichtig erweist sich Art, Ausmaß und v.a. Wandel der über die Jahrestage erfolgten Bezüge unterschiedlicher Akteure und Akteursgruppen, daß ein solch starres Schema einer genauen Betrachtung gerecht werden könne. Um den begrenzten Umfang einer Magisterarbeit dennoch für eine detaillierte Beschreibung fruchtbar machen zu können und sich nicht mit allzu groben Strichen aus „sehr großer Flughöhe“7 zu begnügen, wurde daher eine weitere, nun temporäre Abgrenzung des Themas vorgenommen: So soll der Untersuchungszeitraum mit den Jahrestagen nach dem 8. Mai 1945 beginnen und sich auf die Zeit der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und des politischen Systems der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) beschränken. Als Endpunkt der Analyse soll dabei nicht der 2. Oktober 1990 als der letzte Tag formaler Existenz des ostdeutschen Staates begriffen werden, sondern der Herbst 1989 als Anfang vom Ende der politischen Alleinherrschaft der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).8 Damit ist ein Zeitrahmen abgesteckt, für den der herrschaftsetablierende und -stabilisierende Zugriff auf Geschichte als „kostengünstige Ressource“9 durch die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) bzw. der SED mangels anderer Legitimationsbasen von der historischen Wissenschaft gründlich durchleuchtet worden ist.10 Ein zweites Bedürfnis der Mobilisierung von Historie ergab sich aus der notwendigen 6 Reichel, Politik, S. 272. 7 So eine Kritik am Blickwinkel Assmanns in ihrer Monographie „Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik“; Frei, Norbert: Ich erinnere mich. Aleida Assmanns Gedächtnisdiskurs gefällt sich in seinen eigenen Konstruktionen, in: Die Zeit, 28.9. 2006, Nr. 40. 8 Der 9. November 1988 bzw. der 13. Februar 1989 stellen somit die letzten zu verortenden Jahrestage dar. 9 Reichel, Politik, S. 37. 10 So konnte sich die staatstragende Partei ausreichende Legitimität nie durch materielle Zufriedenheit oder politische Zustimmung breiter Bevölkerungsteile sichern. Ebensowenig war die DDR in ihrer politischen Struktur aus einer breiten Bewegung entstanden oder verfügte