Notholaena marantae (CR) Merkblätter Artenschutz – Blütenpflanzen und Farne (Stand Oktober 1999)

CR Notholaena marantae (L.) DESV. – Pelzfarn – Sinopteridaceae

Synonym: Cheilanthes marantae (L.) DOMIN

Ökologie und Pflanzengesellschaften Nächste Fundstellen: Ardèche (F); zerstreut in Der Pelzfarn besiedelt – als Pionier und oft in den grenznahen Tälern südlich vom Wallis Südexposition – trockene, sonnige und heisse, (Aostatal, V. Gressoney, Ivrea, V. Sesia, V. kalkarme Felsen, steinige, felsige Abhänge, Antrona, V. Divedro, V. Bognanco, V. d’Ossola), Schuttfluren und seltener (Trocken-)Mauern. Er bei Maccagno am Lago Maggiore, Como, wächst meist auf Serpentinit und anderen Chiavenna, im Veltlin (Ardenno, Morbegno, Grüngesteinen (seltener auch auf Gneis, Gra- Sassella und Triasso) und zerstreut im oberen nit und Porphyr) und ist eine ausgesprochen Etschtal und Vintschgau (z. B. Meran, Latsch, lichtliebende und konkurrenzschwache Art. Galsaun) (I). Sie ist in der Schweiz kollin bis montan von 550 Gefährdung: durch Zerstörung von Trocken- (früher ab 300) bis 880 m Höhe verbreitet (in mauern, Siedlungs- und Strassenbau ist die Art Italien bis 1200 m Höhe). lokal bedroht, im Mittelmeerraum ist sie aber Notholaena marantae kann in den Südalpen noch ungefährdet. zum Asplenion serpentini BR.-BL. ET TX. 43 ge- rechnet werden. Bei uns ist sie an Mauern auch Schutzstatus in anderen, anthropogen beeinflussten Gesell- CH: Rote Liste. schaftsfragmenten vorgekommen. Sie wächst teils in der Nachbarschaft weiterer seltener Verbreitung und Gefährdung Farne wie Asplenium adulterinum MILDE, in der Schweiz A.␣ cuneifolium VIV. und A. onopteris L. Der Pelzfarn ist in der Schweiz auf das Tessin Lebensraumtyp: 3.4.2.3 westlich von beschränkt gewesen: im Ökolog. Zeigerwerte: F2R3N1H2D2L5T5K3. Val , im bei Cavigliano, oberhalb von Verdasio, zwischen Borgnone Ausgewählte Kenntnisse zur Art und an der Strasse bei «Tries» sowie Dieser Hemikryptophyt kann an günstigen Stel- angesiedelt bei der Madonna del Sasso ob Lo- Abbildung aus HESS & AL. 1976-1980 len bis einen Quadratmeter grosse «Polster» carno. Sehr zweifelhafte, alte und nie bestätigte entwickeln. Die Vermehrung dieser Art in bo- Fundangaben stammen auch vom Monte San tanischen Gärten ist zwar möglich, aber sehr Salvatore und von Bellinzona (beide in der aufwendig. Karte nicht berücksichtigt). 1997 konnte nur noch die Fundstelle ob Verdasio bestätigt wer- Allgemeine Verbreitung den. Bei Camedo dürfte die Art noch in weni- Beschreibung und Gefährdung gen Exemplaren vorkommen. Im Val Onser- Pflanze 10-20(50) cm hoch. Blattstiel dunkelbraun, ± Die Art, ein mediterran-südwestasiatisches Flo- none bei Auressio scheint sie seit längerem so lang wie die Spreite und unten locker mit haar- renelement, ist disjunkt in drei Teilarealen ver- verschollen zu sein (da präzise Angaben zur ähnlichen Spreuschuppen besetzt. Blätter 3-6 cm breit, breitet: im Mittelmeergebiet und auf den at- früheren Fundstelle fehlen, ist eine gezielte 2-fach gefiedert, ledrig und überwinternd. Oberseits dunkelgrün, unten dachziegelartig und mit braunen lantischen Inseln; von Persien bis zum Himala- Kontrolle erschwert). Spreuschuppen bedeckt. Sori rund, sich oft berührend, ja und nach Südwestchina; Äthiopien. In Euro- Gefährdung: durch Strassenbau, Sammeln und durch Schuppen verdeckt und erst zur Zeit der Sporen- pa wächst sie zerstreut und oft isoliert an we- Beschattung ist die Art zurückgegangen und reife z. T. sichtbar. Sporenreife 6-8. Chromosomenzahl: nigen Stellen der Spanischen Mittelmeerküste gilt als vom Aussterben bedroht. 2n = 58. (Costa del Sol, Valencia, Katalonien), in Frank- Bestandesentwicklung: starke Abnahme, heute reich (Cevennen, Zentralmassiv, Alpes Mariti- nur noch ein bis zwei kleine Fundstelle(n). mes und auf Korsika), in Nord- und Mittelitali- en und vereinzelt in Österreich (Kärnten, Stei- Verantwortlichkeit ermark), Tschechien und Ungarn. Sie kommt Das Vorkommen ist von nationaler Bedeutung. etwas verbreiteter auf der Balkanhalbinsel von Die Schweiz hat eine geringe internationale Slowenien bis Griechenland vor und geht iso- Verantwortung. liert bis nach Rumänien und auf die Krim. ᪚ Christoph Käsermann

208 © BUWAL/SKEW/ZDSF/PRONATURA 1999 Merkblätter Artenschutz – Blütenpflanzen und Farne (Stand Oktober 1999) Notholaena marantae (CR)

Gefährdungsursachen Massnahmen

• Verbuschung, Beschattung • unbedingt entbuschen und etwas auslichten (Verdasio und Camedo) • Strassenbau, Umwandlung bzw. «Reinigung» von Trockenmauern • Trockenmauern als potentielle Fundstellen erhalten (z. B. Camedo), Schonung bei Strassenbauten • Siedlungsbau • wegen Wiederansiedlungen Rücksicht auf ehemalige oder potentielle Fundstellen nehmen • Sammeln • Farnliebhaber über Problematik informieren; Koordinaten nur den zuständigen Stellen melden • wenige, isolierte Populationen • Schutz (z. B. Ortsplanung); regelmässige Bestandeskontrollen; evtl. Wiederansiedlung bei Camedo (Sporen); Erfolgskontrolle der Massnahmen gewährleisten

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CR Notholaena marantae (L.) DESV. – Pelzfarn – Sinopteridaceae

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᭹ aktuell bestätigt [indigen] Total: 5 nach 1966: 2 (40 %) ᭾ wahrscheinlich aktuell [indigen] aktuell: 1 (20 %) ୯ 1966-1998 [indigen] e vor 1966 [indigen] ? unsicher/fraglich ᭿ aktuell bestätigt [angesiedelt] ᮂ wahrscheinlich aktuell [angesiedelt] i 1966-1998 & vor 1966 [angesiedelt] (Flächen = aktuell im Verbreitungsatlas)

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Y = 075 © CRSF/ZDSF 1999 Reproduziert mit Bewilligung X = 480 ᮀ = 015 des Bundesamtes für Landestopographie (BA 4599)

© BUWAL/SKEW/ZDSF/PRONATURA 1999 209