Roma Volkshochschule Burgenland 2020 Romacajtung 02 Romacajtung
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Herbst Roma Volkshochschule Burgenland 2020 RomaCajtung 02 RomaCajtung Vorwort Liebe Leserinnen und Leser! Das Coronavirus hat natürlich auch die Arbeit der Roma Volkshochschule Burgenland stark eingeschränkt. Fast alle für das Frühjahr vorgesehenen Veranstaltungen, Kurse und Projekte mussten abgesagt oder verschoben werden. Das ist bedauerlich, aber kein Weltuntergang. Für viele Roma in Europa hatte die Krise aber viel einschneidendere Auswirkungen. Vor allem in einigen Balkanländern mussten sie wieder – wie seit Jahrhunderten – als Sündenböcke für eine verfehlte Politik herhalten und wurden beschuldigt, das Virus zu verbreiten. In einer Zeit, in der weltweit gegen Rassismus demonstriert und protestiert wird, ist es daher absolut notwendig, lautstark auch auf das grassierende und weit verbreitete Virus des Rassismus gegenüber Roma hinzuweisen und ein wirksames Schutzprogramm einzufordern. Nicht lautstark, aber immer sehr punktgenau, hat INHALT sich unser lieber Freund, Ludwig Horvath, zu Wort gemeldet, wenn es um die Rechte der Roma ging. Zuletzt war das bei unserem Podiumsgespräch 02 Vorwort am 30. Jänner dieses Jahres - „Erinnerungen - Bewältigung - Veränderung“ anläßlich 25 Jahre 04 Ungarn - Segregation in der Schule Romaattentat in der Arbeiterkammer Oberwart der Fall. Ludwigs Stimme ist im Juni für immer verstummt. 08 „EINFACH WEG!“ Die Roma Volkshochschule Burgenland hat einen Romasiedlungen im Burgenland sehr guten Freund verloren. Unsere Aufgabe wird es sein, Ludwigs Botschaft weiter zu verbreiten. Einen 10 Nachruf Ludwig Horvath Nachruf, den wir gerne in unserer RomaCajtung veröffentlichen, hat die langjährige Wegbegleiterin 12 kurzmeldungen Monika Scheweck verfasst. - Christian Drobits stellt Anfrage an den Bundeskanzler - Vernetzungstreffen Spracherhalt - Ehrung Eirka Thurner - Ehrung Terezija Stoisits 14 Programm 2020 Herbst 2020 03 Seit Jahrzehnten weist die Volksgruppe der Roma dem Thema „Gewalt gegen Roma“ widmet. Der und natürlich auch die Roma Volkshochschule Journalist Stephan Ozsváth, ein Kenner der Situation Burgenland auf die unbeschreiblichen Verbrechen in Ungarn, wird einer der Vortragenden sein. Einen hin, die in der Zeit des Nationalsozialismus an Beitrag schrieb er uns auch für diese Ausgabe der den Roma im Burgenland begangen wurden. Als RomaCajtung. Tausende von ihnen deportiert wurden, gab es keinen Widerstand, ja nicht einmal Widerworte. Weil uns Zusammenarbeit besonders wichtig ist, Und als man nach Kriegsende gefahrlos seine veranstalten wir einen Teil unseres Programmes in Meinung äußern konnte, gab es auch da kaum Kooperation mit den Vereinen HANGO und Roma Worte des Bedauerns oder des Trostes für die Service. Auch zum Thema Spracherhalt arbeiten wenigen Überlebenden, sondern es gab weiterhin wir mit diesen Volksgruppenvereinen und der UNI- Ausgrenzung, Diskriminierung, Vorurteile sowie Graz, Institut für Sprachwissenschaft - „treffpunkt Behinderung von schulischen und beruflichen sprachen“, an gemeinsamen Projekten eng Entfaltungsmöglichkeiten. Wo es möglich war, wurde zusammen. seitens der Politik und der Bürokratie verhindert – oder verzögert –, dass die ohnehin beschämend Die Präsentation von Publikationen von und über niedrigen Entschädigungszahlungen bei den Roma Roma ist uns seit jeher ein großes Anliegen und ankamen. Gerhard Baumgartner und Herbert Brettl spiegelt sich auch im Herbstprogramm 2020 wider. haben recherchiert, wo überall im Burgenland vor 1938 Roma lebten und unter welchen Verhältnissen. Wir würden uns freuen, Sie/Dich bei einer der Was wir schon seit zwei Jahrzehnten bei der Veranstaltungen begrüßen zu können! Auswertung der Fotos von Roma-Siedlungen für die Ausstellung Brummer 2000 vermuteten, erhärten die Andreas Lehner Horst Horvath beiden Wissenschaftler nun, dass nämlich neben der Vorsitzender Geschäftsleitung Deportation und der fast vollkommenen Vernichtung der burgenländischen Roma nicht unerheblicher Weitere Vorstandsmitglieder: Ferry Janoska, Cindy Besitz geraubt wurde. Pereira da Silva, Indira Rani Gussak, Susanne Horvath, Günter Polster, Werner Kaitan, Peter Liszt, Die im Frühjahr geplanten Buchpräsentationen Erich Schneller, Johanna Polster-Csecsinovits, werden wir im Herbst nachholen ebenso wie die Stefanie Moor, Alexander Gussak, Eva Schwarzmayer Tagung zum „Internationalen Romatag“, die sich Roma Volkshochschule Burgenland Gefördert aus Mitteln der Volksgruppenförderung des 04 RomaCajtung Die Kleinstadt Gyöngyöspata liegt etwa eine Autostunde nordöstlich von Budapest. Foto: BR | Clemens Verenkotte | www.ard-wien.de werden, so wie es ihnen ein Gericht zugesprochen Ungarn - Segregation hatte. „Wir durften nicht auf das Klo in der oberen Etage gehen“, erzählt die Tochter des Vorsitzenden der Roma-Selbstverwaltung von Gyöngyöspata in der Schule im Nordosten Ungarns über ihre Schulzeit. Diese Toiletten waren nämlich für die „weißen“ Kinder Oberstes Gericht bestätigt Urteil. vorgesehen. Für die Romakinder gab es eine Toilette Roma aus Gyöngyöspata bekommen in erbärmlichem Zustand, sagt sie. „Wenn wir dann Entschädigungszahlungen für doch hoch gegangen sind, haben die Lehrer mit uns die Segregation in der Schule gestritten“, erzählt sie dem Privatsender RTL Klub, „mit welchem Recht wir oben auf die Toilette gehen“. Februar 2020. Demonstration für Roma-Rechte Auch über den Unterricht weiß die junge Romnja nichts Gutes zu berichten. In einem Raum seien Auch Nikola Csemer steigt auf das Rednerpodest vor gleichzeitig die fünfte bis siebte Klasse unterrichtet dem Budapester Parlament, schließlich geht es auch worden, berichtet die 21-Jährige. „Deshalb konnte um ihr Recht. Tausende Roma sind zur Demonstration ich nach der Schule nicht weiter lernen“, pflichtet in der ungarischen Hauptstadt gekommen. „Niemand ihr Mann Dávid Berki in schlechtem Ungarisch bei. steht über dem Gesetz“, steht auf dem Transparent Deswegen finde er rare Jobs auch nur im Ort, etwa an der Spitze des Demonstrationszuges und meint bei der Weinlese. damit auch den ungarischen Ministerpräsidenten, „das Leben der Roma zählt auch“ appelliert ein Jahrelanger Streit vor Gericht anderes Plakat. Die Demonstranten wollen, dass die Benachteiligung von Roma-Kindern in der Schule Als sie das erzählen, sollten die beiden längst für endlich aufhört und etwa 60 Schulkinder aus dem ihre Zeit als Schüler zweiter Klasse entschädigt Nordosten für jahrelange Diskriminierung entschädigt sein. Denn die Stiftung Chancen für benachteiligte Herbst 2020 05 Kinder (CFCF) hatte gegen die Trennung von Roma László Horváth erklärte, die Gemeinde könne das und Nicht-Roma in der Schule geklagt und 2015 vor Geld nicht aufbringen, wegen der Entschädigungen Gericht in einem Grundsatzurteil Recht bekommen. müssten die anderen Einwohner leiden, für Derartig ermuntert hatten Dávid und Nikola sowie die entstandene Situation seien „die Roma andere ehemalige Schulkinder aus Gyöngyöspata verantwortlich“. Der Regierungspolitiker schlug vor, auf Entschädigung geklagt, insgesamt etwa 60 ihnen statt Geld Bildungsgutscheine zu geben. Beide Roma. Im Herbst 2019 hatte ein Gericht in Debrecen Fidesz-Politiker betonten immer wieder, das Urteil sei dann entschieden: Die Roma-Familien sollen für „ungerecht“. Solche Kommentare seien ein Angriff die Segregation in der Demeter-Nekcsei-Schule im auf die Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn, so Jenö Zeitraum 2004 bis 2017 entschädigt werden. Nach Setét, Obmann der Nichtregierungsorganisation Zeugenaussagen der Kinder mussten die Roma Idetartozunk (Wir gehören hierher) in einer Petition. in eigene Klassen gehen, sie durften nicht mit zu Schließlich entschied das Oberste Gericht (Kurie) Ausflügen, ins Schwimmbad oder zum Faschingsball. erst im Frühjahr 2020 abschließend – und zwar im Auch die Informatik-Stunden seien ihnen verwehrt Sinne der Roma von Gyöngyöspata. Außerdem worden, berichteten ungarische Medien. Hundert stellten die Richter klar: Die derart benachteiligten Millionen Forint – umgerechnet etwa 280.000 Euro Roma könnten nur mit Geld entschädigt werden. – so hoch sollte die Entschädigung sein. Viel Geld in Ungarn. Zuviel Geld für eine verhasste Minderheit Wieder gab es Empörung auf der Regierungsbank: offenbar. „Rechtmäßig, aber nicht gerecht“, bewertete der Regierungschef in seinem freitäglichen Interview Regierungspolitiker hetzen gegen Roma im staatlichen Kossuth-Radio die Entscheidung der Kurie. In der Radiosendung polterte Orbán Ungarische Regierungspolitiker schäumten vor gegen die „Minderheit, die sich ein Netzwerk Wut, Ministerpräsident Viktor Orbán selbst erklärte aufgebaut“ habe, „das der Mehrheit ihren Willen Anfang 2020 in seiner Jahres-Pressekonferenz: aufzwingt“. Im Hintergrund stünden „hochbezahlte „Viele schuften den ganzen Tag, während andere – Anwälte“. Er drohte, als Ministerpräsident werde er die Zigeuner – ohne Arbeit zu Geld kommen“. Der das nicht zulassen, „denn das ist schließlich unser für Gyöngyöspata zuständige Fidesz-Abgeordnete Land, das der Hier-Geborenen“. Diese Aussage Unterhalb der historischen Dorfkirche zur Jungfrau Maria liegt die Grund- und Hauptschule von Gyöngyöspata. Foto: BR | Clemens Verenkotte | www.ard-wien.de 06 RomaCajtung des Ministerpräsidenten unterstellt den seit vielen Jahrhunderten in Ungarn ansässigen Roma, dass sie Fremde seien. Kein Frieden in Gyöngyöspata Was Orbán im Radio gesagt habe, sei eine rassistische Argumentation, die eines europäischen Regierungschefs unwürdig sei, urteilt auch Roma- Aktivist Jenö Setét auf Anfrage, er hatte die Klage der Roma mitunterstützt. Die nebulösen Drohungen Orbáns waren letztlich leer, denn die