° Drifting Identity Station | 12 Oktober – 5 November 2011

Eröffnung: 11 Oktober, 19.00 Uhr

Projektkurator: Stefan Rusu

Teilnehmende KünstlerInnen:

Marina Naprushkina Kristaps Gulbis Stefanos Tsivopoulos Société Réaliste (Ferenc Gróf und Jean-Baptiste Naudy) Tilmann Mayer-Faje

Seminar und Workshop: DRIFTING IDENTITY STATION von Gülsen Bal und Stefan Rusu. Ort: Institut für Kunst und Gestaltung, TU Wien. 11-18 Oktober 2011

Gespräch am runden Tisch/Diskussion: De-linking, de-coloniality von Marina Gržinić Ort: Open Space Open Systems 3 November 2011, 19.00 – 20.30 Uhr Das Ausstellungsprojekt Drifting Identity Station basiert auf dem Modell ehemaliger sowjetischer Polarstationen. In den 1950er Jahren war die Erkundung der arktischen Umgebung und die damit verbundene extreme Kälte ein Trend. Die Station operiert in einem rauen Klima, assoziiert mit „politischem Winter”, während die ForscherInnen, die sich für das sozio-politische Umfeld interessieren, verschiedene Geräte und Methoden einsetzen, um die im aktuellen Kontext relevanten Daten zu sammeln und zu überprüfen. Während der Erkundung der gefrorenen Landschaft analysieren sie alte Trajektorien (aus dem Land des ehemaligen politischen Konstrukts – der UdSSR) und die Europäische Union (eine neue, in Entwicklung begriffene Formation) im Hinblick auf Staatenbildungen und Entwicklung von Identitäten. Sie versuchen, Intensität, Klima und Temperatur der politischen Diskussionen zu bestimmen, die mit dem gegenwärtig fortdauernden Prozess der EU-Erweiterung einhergehen. Denn der Prozess der Bildung der Europäischen Union hat sowohl die Identität von Staaten als auch die ihrer Angehörigen in bestimmten Kontexten polarisiert.

Die zugrundeliegende Idee der Arbeit Nationaltracht der Europäischen Union, entwickelt von Kristaps Gulbis, ist Ausgangspunkt einer Diskussion, welche das Thema Identität in einem europäischen Kontext verhandelt und die Anpassungsfähigkeit der EU-Direktiven und Richtlinien an ihre historisch und mental sehr unterschiedlichen Regionen. Weißrussland in Zahlen von Marina Naprushkina hingegen ist Teil der größeren Initiative „Office for Anti-Propaganda“ und befasst sich kritisch mit der Gegenwart des Staates Weißrussland, der autoritär von Alexander Lukaschenko regiert wird. Die Opposition wird unterdrückt und marginalisiert, die Medien vereinheitlicht. Aufgrund dieser Tatsachen steht Weißrussland exemplarisch dafür, wie eine moderne Diktatur etabliert wird und wie sich die westlichen Demokratien damit auseinandersetzen. Verlorenes Denkmal von Stefanos Tsivopoulos basiert auf einem umstrittenen Denkmal, der Statue des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman, die im Zentrum Athens steht. Sie wirkt wie ein noch immer nicht identifiziertes, archäologisches Fundstück. Die Truman Doctrine verlagerte die amerikanische Außenpolitik auf die Sowjetunion, und HistorikerInnen datieren mit ihr oft den Beginn des Kalten Krieges. Société Réaliste (Ferenc Gróf und Jean-Baptiste Naudy) zeigen zwei Karten, die der Sammlung „ View” entnommen sind. Auf der einen Karte werden politische Grenzen eingefügt, die an der Wende eines jeden Jahrhunderts zwischen dem Jahr 0 und 2000 auf der europäischen Halbinsel und in ihrer Umgebung existiert haben. Die andere Grafik zeigt eine kolorimetrische Karte europäischer Segmentierungen, auf der jeder Landesteil, der zwischen diesen Grenzen liegt, mit einer spezifischen Färbung assoziiert wird, wodurch umliegende transhistorische Grenzen verdeutlicht werden. Versüßungsmaßnahme von Tilmann Mayer-Faje untersucht, wie Menschen heutzutage in einem kolossalen Skelett des industrialisierten Urbanen leben, das noch in sowjetischen Zeiten entstand. Er analysiert, wie die Funktionen des Mikrodistrikts in das gegenwärtige Leben und die Bedürfnisse der EinwohnerInnen übertragen werden. Während die Arbeit die Ornamente reproduziert, die in die Häuser geprägt wurden, um eine lokale Identität zu indizieren, spielt der Künstler mit dem Versagen dieser Maschinerie.

Das Ausstellungsprojekt Drifting Identity Station wurde als Forschungsplattform ins Leben gerufen, um Daten zu examinieren und zu erhalten, die Bezug nehmen auf eine sich entwickelnde Identität in einem gegebenen Kontext - hier im Kontext der Europäischen Union, der Ostseeregion und der benachbarten Länder der Östlichen Partnerschaft (Weißrussland, Ukraine, Moldawien, Georgien, Armenien und Aserbaidschan).

Visuelle Kunstprojekte und andere Beiträge, die in der Station ausgestellt werden, kommentieren die Entwicklung des Social-Engineering-Projekts der Europäischen Union als politisches Konstrukt „in progress“ und die gegenwärtige politische Identität der Nachbarländer. Gleichzeitig nehmen die KünstlerInnen die Haltung von FeldforscherInnen ein. Sie sammeln Beispiele, Proben, Nachweise um die noch existierenden Spuren der post-sozialistischen Strukturen der jüngsten EU-Mitglieder zu bewahren und zu re-artikulieren. Zuletzt wurde der Forschungsbereich auf das Gebiet um das Mittelmeer erweitert, das in jüngster Zeit zum fruchtbaren Boden für den Export europäischer Demokratie geworden ist.

Informationen über die KünstlerInnen:

Marina Naprushkina Belarus in Zahlen, Installationen, verschiedene Medien (Wandintervention), 2010

Belarus in Zahlen beinhaltet eine Reihe von Diagrammen, die auf Zahlen des jährlich erscheinenden Nachschlagewerkes „Belarus in Zahlen“ basiert. Dieses Buch enthält Informationen über die sozio- wirtschaftliche Situation der Republik Weißrussland und wird vom Nationalen Komitee für Statistik erstellt. Einer Institution die Teil des autoritären Systems der weißrussischen Regierung ist. Die Zahlen sollen korrekte und nachweisbare Informationen über landwirtschaftliche Erzeugnisse, industrielle Produkte, Bildung, Beschäftigte und die Bevölkerungsgröße liefern – kurz, den BürgerInnen ein stabiles Bild des weißrussischen Staates vermitteln. Die Diagramme Naprushkinas geben vor, die wirklichen und offiziellen zu sein, also Teil der Staatspropaganda. Sie zeigen jedoch die gefälschten Ergebnisse und wie der Staat seine Institutionen manipuliert. Die Serie gehört zum Archiv des „Office for Anti-Propaganda” und besteht aus ca. 40 Teilen, jedes Jahr wird sie auf den neuesten Stand gebracht. Das „Office” erstellt ein Archiv von Videos, Texten und Bildmaterial über das Thema der politischen Propaganda. Das politische Modell Weißrusslands lässt sich auf einige andere osteuropäische und lateinamerikanische Länder übertragen, die es unterstützen. Weißrussland steht exemplarisch dafür, wie eine moderne Diktatur etabliert wird und wie sich die westlichen Demokratien damit auseinandersetzen.

Kurzbiografie: Marina Naprushkina lebt und arbeitet in Minsk und . Ihre Arbeiten waren an folgenden Orten zu sehen: Biennale Lodz in Polen, 2010; MMOMA Moskau, Russland, 2010; 11. Biennale von Istanbul, Türkei, 2009; 3. Biennale von Moskau, 2009; Kalmar Konstmuseum, Schweden, 2008; Biennale von Wien, 2008. Naprushkina arbeitet mit verschiedenen Medien, darunter Malerei, Video und Installationen, und entwickelt damit kritische Untersuchungen staatlicher Macht und Strukturen, die zeigen, inwiefern die Autorität des Staates die Gesellschaft berührt und Demokratie zu einer Illusion all jener werden lässt, die unter der rigorosen Hegemonie des Regierungsnetzes arbeiten.

Kristaps Gulbis Nationaltracht der Europäischen Union, gedrucktes Magazin und 9 Drucke, 2009

Ziel der Initiative ist die Schaffung eines neuen Attributs der Europäischen Union – einer Nationaltracht, die für alle EU-BürgerInnen entworfen wurde. Die Europäische Union weist bereits einige Eigenschaften eines souveränen Staates auf: ein Parlament, eine Zentralbank, eine Währung, eine Gesetzgebung, eine Fahne und eine Nationalhymne. Genauso wie die Vorderseite der Euromünzen in ganz Europa bekannt ist, hat auch die Nationaltracht ein allen gemeinsames Element – gelbe Sterne auf einem blauen Hintergrund aus Stoff. Ähnlich der Rückseite der Münzen, die an wichtige Symbole eines jeden Mitgliedsstaates erinnern sollen, basiert auch die Nationaltracht der Europäischen Union auf unterschiedlichen Designs für jedes Land, wobei die historischen Nationaltrachten eines jeden Landes als Basis verwendet wurden. Die Details der Kleidungsstücke sind auf stilisierte Weise den Nationaltrachten entlehnt und an die Rhythmen des modernen Lebens angepasst. So verweisen sie auf das Land des/der TrägerIn. Die Trachten eignen sich für unterschiedliche Klimazonen und können bei wichtigen offiziellen, feierlichen Anlässen auf europäischer Ebene getragen werden. Eine freiwillige Union unterschiedlicher, historisch unabhängiger Staaten und BürgerInnen hat auf dem europäischen Kontinent nie existiert, und dieser Aspekt macht sie einzigartig. Wirtschaftlich und politisch funktioniert die EU als ein Organismus. Die verschiedenen Kulturen und Traditionen der europäischen Länder jedoch, genauso wie die unterschiedlichen Mentalitäten, bestimmen die Multi-Nationalität dieses geopolitischen Kulturraums. Angehörige der europäischen Länder waren immer stolz auf ihre nationale Zugehörigkeit und auf ihre kulturellen Traditionen. Letztere beinhalten auch die Nationaltrachten. Auch wenn deren Aktualität und Gebrauch sich mit der Zeit verändert haben, bleiben sie doch bei verschiedenen kulturellen Aktivitäten und Ereignissen bedeutsam und dienen auch heute noch in manchen europäischen Regionen als feierliche Bekleidung. Die offizielle Tracht der Europäischen Union, also die Nationaltracht der Europäischen Union, wird ein weiteres Symbol für die Union dieser Länder sein. Geplant ist, der Europäischen Kommission einen Gesetzesentwurf vorzulegen, um den Gebrauch dieser Nationaltrachten zu regeln und ihr Design und ihre Muster rechtlich anzuerkennen.

Kurzbiografie: Kristaps Gulbis ist Bildhauer. Er lebt und arbeitet in Lettland und hat an zahlreichen zeitgenössischen Kunstprojekten in mehr als 20 Ländern teilgenommen, darunter an einer Einzelausstellung im Leitrim Sculpture Centre in Irland und an Gruppenausstellungen wie der Lodz Biennale in Polen und im Newhouse Center for Contemporary Art, Staten Island. Er war außerdem mit einem Künstlerstipendium in , . Sein Projekt „Pink House" (zusammen mit A. Bikse) wurde bei der 51. Biennale in Venedig präsentiert. Gulbis produziert zeitgenössische Interventionen im öffentlichen Raum, die vor allem die Zugänglichkeit der Kunstwelt und das Verschwimmen der Grenzen zwischen öffentlichen und privaten Bereichen hervorheben. Seine Projekte beinhalten schlicht humoristische, soziale Interaktionen. Stefanos Tsivopoulos Verlorenes Denkmal, 2009, Einkanalvideo, HD Cam, 16:9 Farbe, 27 Min.

Die Arbeit Verlorenes Denkmal bezieht sich auf ein umstrittenes Denkmal, die vier Meter hohe Statue des amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman. Das Denkmal befindet sich im Zentrum Athens in Griechenland, neben dem historischen Dreieck der Akropolis, dem griechischen Parlament und dem Panathinaiko Stadium. Seit seiner Errichtung 1963 zum Gedenken der Truman Doctrine ist das Denkmal beliebtes Ziel jener BürgerInnen, die ihren Protest äußern wollen, in Opposition gegen die Statue eines US Präsidenten, die ausgerechnet in der Hauptstadt eines Landes steht, dessen Bürgerkrieg mittels der Intervention eben dieses Präsidenten entschieden wurde. Im Film wird die Statue von zwei Bauern in einem Feld entdeckt. Es ist scheinbar unmöglich zu identifizieren, wen sie darstellt. Außerdem ist sie wertlos, weswegen sie ganz offensichtlich weggeworfen wurde. Von diesem Augenblick an beginnt die Figur eine Reise, fast wie ein zweiter Odysseus, welche sie in mehrere unterschiedliche Szenarien in Griechenland und der Türkei führt, wo die Menschen nichts über sie wissen und sie zuletzt loswerden wollen. Die Menschen und die Landschaften, die wir in Trumans homerischen Wanderungen erleben, sind absolut und grenzen an Stereotype. Sie markieren die metaphysische Dimension der Dislokation, welche die vier Sichtweisen, die den Film ausmachen, antreibt und schließlich wieder miteinander verbindet. Verlorenes Denkmal bezieht sich nicht nur auf eine Schlüsselperiode in der griechischen Geschichte, sondern auch in einem weiteren Sinn auf einen Augenblick nach dem Krieg in Europa, welcher zweifellos immer noch mit der Gegenwart verbunden ist. Der symbolische Beginn des Kalten Krieges durch die Intervention von Truman 1947 und seine Historisierung, nicht einmal zwanzig Jahre später, durch den Bau eines Denkmals, das ihm auf einem öffentlichen Platz in Athen gewidmet ist, beides begünstigt die Intention, antagonistische Erinnerungen sich überlagern zu lassen. Dies geschieht in einem Areal des Diskurses, in dem der Konflikt intakt und offen bleibt, und wo, per definitionem, das Artefakt der Macht die Zeichen seiner visuellen Ineffizienz zeigt.

Kurzbiografie: Der griechische Künstler Stefanos Tsivopoulos lebt und arbeitet in Athen und . Seine Arbeit wurde bei Ausstellungen wie der Manifesta 8 in Murcia, der 1. Bienniale in Athen, im Witte de With Rotterdam, in der BFI Southbank London, im Friedericianum Kunstverein Kassel, bei der ev+a Bienniale in Limerick, im Centre Pompidou , im Museum of Contemporary Art Belgrade, im Museum of Contemporary Art Heidelberg, im Centre Photographique d’Isle Paris sowie in der Essl Stiftung Klosterneuburg gezeigt. Er war Artist-in-Residence an der Rijksakademie Amsterdam, Platform Garanti Istanbul, IASPIS Stockholm und 2011 Artist-in-Residence am ISCP NY.

Société Réaliste (Ferenc Gróf und Jean-Baptiste Naudy, HU/FR) Transitioners: Blick auf London, 2 große Drucke, 2009

2006 rief die Société Réaliste „Transitioners” ins Leben, eine „Trend-Design-Agentur”, die auf politische Übergänge spezialisiert ist. Sie transferiert die Prinzipien der Trendvorhersage, die von der Modeindustrie verwendet werden, auf den Bereich der Politik und hinterfragt so in ihrem Projekt die „Revolution” als zentrale, operative Kategorie westlicher Gesellschaften. Mit Blick auf die gegenwärtige politische Atmosphäre, und um ihre Effizienz zu steigern, definiert „Transitioners” formale Klimata, in denen soziale Transformationsbewegungen stattfinden werden. Jedes Jahr basiert so eine aktuelle Trendsammlung auf einem bestimmten historischen Ereignis als Bezugspunkt. 2009 entwickelte „Transitioners” die Sammlung „London View” für Ausstellungen in London, Berlin und Novi Sad. Angeregt durch die europäischen Revolutionen von 1848 nähert sich diese Sammlung dem „Revolutionsjahr” und dem neuen politischen Paradigma, welches damals erlebbar war: dem Schema eines synchronen, kontinentalen, revolutionären Vorstoß. Von den ersten Studenten- und Arbeiterdemonstrationen in Paris im Februar 1848 bis zum Ende des ungarischen Bürgerkriegs im Dezember 1849 fanden überall in Europa Revolutionen statt. Vierzig europäische Städte waren die Schauplätze kollektiver Ereignisse, mit denen auch heute in ähnlicher Form der politische Kontext hinterfragt wird: kollektive Spontanität, polyzentrische Organisation, internationale Zusammenarbeit durch Kommunikation und horizontal organisierte Strategien. Im Februar 1848 publizierten Marx und Engels das „Manifest der Kommunistischen Partei”, einen Essay, welcher den Beginn der theoretischen Führungsrolle des hegelianischen Marxismus der europäischen revolutionären Kräfte markierte. Das Projekt „Transitioners: Blick auf London" hinterfragt spezifische Analysen der politischen Situation von Marx & Engels, besonders die mangelnde Präzision ihrer Londoner Sichtweise im Hinblick auf die komplexe Multiplizität der Revolutionen, die zeitgleich auf dem europäischen Kontinent statt fanden. Kurzbiografie: Société Réaliste ist eine Pariser Kooperative, die von Ferenc Gróf und Jean-Baptiste Naudy im Juni 2004 ins Leben gerufen wurde. Die Kooperative arbeitet mit politischem Design, experimenteller Wirtschaft, territorialer Ergonomie und Social Engineering Consulting. Auf einer polytechnischen Basis werden durch Ausstellungen, Veröffentlichungen und Konferenzen Produktionsschemata entwickelt. Die Société Réaliste wird von der Galerie Martine Aboucaya (Paris) und Kisterem () vertreten. 2010 präsentierte sie ihre Arbeit im Rahmen verschiedener Gemeinschaftsausstellungen (Rennes Bienniale, FR; Fondazione Pistoletto,Biella, IT; Mŭcsarnok/Kunsthalle, Budapest, HU; Walter und McBeanGalleries, SFAI, San Francisco, USA). Derzeit arbeiten die KünstlerInnen an einer Reihe von Einzelausstellungen, die im September in der Platform3 in München und in der Škuc Gallery in Ljubljana eröffnet werden.

Tilmann Mayer-Faje Versüßungsmaßnahme, Installation, verschiedene Medien (Tisch, Cookies, Ofen, Plasma-Monitor), 2011

Tilmann Meyer-Faje sucht nach individuellen Ausdrucksformen innerhalb dominanter Strukturen. Er erforscht, wie Menschen heutzutage in dem kolossalen Skelett des industrialisierten Urbanen leben, das noch zu Sowjet-Zeiten entstand. Er analysiert, wie die Funktionen des Mikrodistrikts in das gegenwärtige Leben und die Bedürfnisse der EinwohnerInnen übertragen wurden. So entdeckt er eine Menge Ähnlichkeiten, vor allem aus jüngster Zeit, selbst wenn es schon einige Zeit her ist, dass das dominante System versagte. Er unterhält eine Bilderdatenbank mit einer eindrucksvollen Anzahl austauschbarer Aufnahmen vom Territorium der ehemaligen Sowjetunion (wie Menschen sich verhalten, was sie tragen, die Werbetafeln, die Mikrogeschäfte, die Garagen und so weiter). Er selbst hat für dieses Phänomen keine Erklärung. Vielleicht wirkt die sowjetische Doktrin noch immer in den Genen der Menschen, oder eine neue souveräne Macht übernahm sie, um für die Alltagsinfrastruktur zu sorgen? In seinen Performances und Installationen verbindet Tilmann Meyer-Faje den Alltag mit der Massenproduktion vorgefertigter Wohnungen. Er reproduziert die Ornamente, die den Häusern appliziert wurden, um auf etwas wie eine lokale Identität zu verweisen. Er spielt mit dem Versagen dieser Maschinerie. Diese Dekorationen, die Identität produzieren sollten, werden zum austauschbarsten Teil des Gebäudes, die Risse, die von den Baumeistern stammen, dominanter als das tatsächliche Design. Im European Ceramic Work Centre EKWC in Den Bosch stellte er eine ganze Manufaktur aus, in der ArbeiterInnen standardisierte Wohnungen produzierten.

Kurzbiografie: Tilmann Mayer-Faje wurde in Deutschland geboren. Er lebt und arbeitet in Amsterdam. Dort studierte er audiovisuelle Kunst an der Gerrit Rietveld Academy und bildende Kunst am Sandberg Institut. Meyer-Faje untersucht, inwiefern Versprechen des Marktes eingehalten werden, und lässt diese in seinen Performances Gestalt annehmen. Seine Arbeit fokussiert die Ironie die aus der Diskrepanz zwischen der Sprache des Marketing und der tatsächlichen Erfahrung resultiert. Er verzerrt bewusst Fiktion und Realität. So präsentiert er die sezierten Stücke seiner genauen Untersuchungen aus Archiven oder dem Internet. Seine Mischung aus Realem und Fiktion enthält jedoch weniger Fiktives, als der/die BetracherIn erwartet. Einige wichtige Projekte sind: Universität Ulrichsberg, eine Ein-Personen-Universität in einem Dorf, Installation und Performance, Festival der Regionen, Ulrichsberg, Österreich 2005. Rembrandt thuis, ein Magazin, das den Geburtstag Rembrandts feiert, im Rahmen der Mercury in Retrograde/CTP Ausstellung in De Appel, Amsterdam, Niederlande 2006. Portrait of an exciting city, Video-Collage austauschbarer Werbungsphrasen, Museum Abteiberg, Mönchengladbach, Deutschland 2007. Portrait of an exciting country, Video-Collage austauschbarer Werbungsphrasen, RO-MD/Moldova in Two Scenarios, organisiert vom KSAK Center for Contemporary Art, Chisinau, Moldawien 2008. Huisstijl de luxe, Inneneinrichtung einer Heilanstalt, RGC Doetinchem beauftragt von SKOR, Amsterdam, Niederlande 2009.

Seminar und Workshops: DRIFTING IDENTITY STATION Institut für Kunst und Gestaltung, TU Wien. 11-18 Oktober 2011.

Dr Gülsen Bal und Stefan Rusu Sprache: English

Ort: Institut für Kunst und Gestaltung, Karlsgasse 11, Hochparterre, Seminarraum 2, 1040 Wien „Based on collaborative project work, Dr Gülsen Bal and Stefan Rusu will offer a joint course in the Visual Culture programme at University of Technology. In the first leg of the course, Bal, the founding director of Open Space will introduce the current field of contemporary artistic engagement with changing spatial and cultural realities. The second leg will comprise a four-days workshop with the artist/curator Rusu, including lectures, discussions and conceptual designs.

Bal's contention resides in line with Deleuzian reading by exploring the problem posed by an insistence on the productive nature of theory in an understanding in which “the concept is not given, it is created, or to be created; it is not formed, it posits itself in itself [...] The two imply each other, since what is truly created, from the living thing to the work of art [...] The more the concept is created, the more it posits itself. What depends on a free creative activity is also what posits itself in itself.” This introduces perhaps a call for an expanded notion of what art practice is.

Along side, Rusu aims to explore the residual traces that re-articulates the post-socialist condition of the societies that are EU members (, Lithuania, , etc.) as well as very recently integrated ones (Romania, Bulgaria) to EU in which what happened after the fall of the Berlin Wall and the dissolution of Soviet Union within the given context. His approach is based on his recent artist and curatorial projects that explores the political dimention oft he public space as wellt he use of habitat as a platform for democratisation oft he cultural discurse in the post socialist societies in the public sphere.“

Ein Projekt unterstützt von:

bm:ukk MA 7 - Interkulturelle und internationale Aktivitäten ERSTE Foundation European Cultural Foundation (ECF), STEP beyond Mondriaan Foundation

Mit freundlicher Teilunterstützung von:

Institut für Meteorologie und Geophysik, IMGW Wien cyberlab - Digitale Entwicklungen GmbH

In Kooperation mit dem Institut für Kunst und Gestaltung, TU Wien

Über uns: Geöffnet Freitag, Samstag 13.00 – 18.30 Uhr und an den übrigen Wochentagen nur nach Vereinbarung. Freier Eintritt.

Open Space, Open Systems Zentrum für Kunstprojekte Lassingleithnerplatz 2 A – 1020 Wien Österreich

(+43) 699 115 286 32

Für mehr Information: [email protected] http://www.openspace-zkp.org Open Space - Zentrum für Kunstprojekte will einen Ort grundlegender, zeitgenössischer Kunstpraxis schaffen, der sich als Beitrag zu einer neuartigen und ständig weiterentwickelten Modellstrategie für grenzüberschreitende, interregionale Projekte begreift.