Die Der Rheinsteig – Von Koblenz Bis Zum Drachenfels (2)
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SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen - Manuskriptdienst Die Der Rheinsteig – Von Koblenz bis zum Drachenfels (2) Autor: Helmut Frei Redaktion: Udo Zindel Regie: Maria Ohmer Sendung: Dienstag, 28. September 2010, 8.30 Uhr, SWR2 Wissen ___________________________________________________________ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Wissen/Aula (Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr) sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für 12,50 € erhältlich. Bestellmöglichkeiten: 07221/929-6030 Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. 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Sie erzählt mit leisem Schmunzeln, wie sie und ihre Eltern es geschafft haben, aus einem einst mittelmäßigen Gasthaus ein angesehenes Hotel zu machen. Früher seien übers Wochenende die Kegelclubs gekommen, die es möglichst billig haben wollten, heute bewirte sie viele Wanderer, die auf dem Rheinsteig unterwegs sind und sich nicht mit Schnellverpflegung abspeisen lassen. Gleich hinter dem Hauptgebäude des Hotels mit schön herausgeputztem Fachwerk der bewaldete Steilhang, auf dem die Marksburg thront, die große Attraktion des Städtchens. Wie ein sichelförmiger Kranz schmiegt sich Braubach um den Burgberg. ATMO Tor zur Marksburg wird geöffnet. So, guten Tag meine Damen und Herren. Ich darf Sie hier begrüßen auf der Marksburg. Die Marksburg ist die einzige Höhenburg entlang des Mittelrheins, die man nie zerstört hatte. Sprecher: Zum letzten Mal beginnt Dieter Laszig eine Burgführung. Dann ist Schluss bis morgen. Ansage: Der Rheinsteig – Folge 2: Von Koblenz bis zum Drachenfels. Von Helmut Frei. Sprecher: Genau dort an der Marksburg, hoch über dem Städtchen Braubach, beginnt die zweite Etappe unserer Rheinsteig-Wanderung, ein paar Kilometer stromauf von Koblenz. ATMO – Burgführung Das ist ein Bett wie man damals schon hatte. Darüber Himmel, Gardinen, um die Wärme hier drin zu halten. Die Gardinen, um das Paar zu schützen. Und auch wenn die Gräfin Ärger mit dem Grafen hatte, dann stritt sie nicht vor der Dienerschaft, sehr unhöflich so was. Sie ging mit ihm zu Bett, schloss die Gardinen. Er bekam ne sogenannte Gardinenpredigt. Erzähler: So, genau so stellt man sich eine mittelalterliche Burg vor. Mit Kemenate und Rittersaal, Kapelle und Waffenkammer. Ein massiger Gebäudekomplex mit bulligen Mauern auf einer Bergkuppe. Überragt von einem Turm, der wie ein Bajonett herausragt. Von einer vorgelagerten Bastion aus der Blick über den in der Sonne aufblitzenden Rhein hinweg auf Schloss Stolzenfels, das gerade generalsaniert wird. 2 Als handele es sich um ein Werk des Verhüllungs-Künstlers Christo: Eingerüstet und verpackt in hellgrün leuchtende Plastikplanen erhebt sich das Schloss aus dem dunkelgrün gefleckten Wald. Sozusagen das Gegenstück zur Marksburg. Sprecher: Sie ist im Grunde genommen ein Zweckbau, von dem aus die Burgherren ihre Stadt Braubach beschützten und den Handel auf dem Rhein überwachten. Ganz ähnlich begann die Geschichte von Schloss Stolzenfels. Im 13. Jahrhundert war sie als Zollburg entstanden. Später wurde sie zerstört und niemand interessierte sich für die Ruine. Erst recht nicht die Franzosen, die unter Napoleon die Rheinlande eroberten. Bis dann im 19. Jahrhundert die Preußen kamen und die französische Herrschaft am Rhein beendeten. Deutsche Nationalisten triumphierten und ein gewisser Nikolaus Becker stimmte sein Rheinlied an, das Robert Schumann vertonte: Zitator: Sie sollen ihn nicht haben, Den freien deutschen Rhein! Ob sie wie gier´ge Raben Sich heiser danach schrein! Sprecher: Alfred de Musset, der französische Dichter, konterte: Zitator: Wir hatten ihn, euren deutschen Rhein. Wir haben sein Wasser getrunken, Die Schmach wir brannten euch ins Herz hinein, Euer Hochmut war tief gesunken. Sprecher: Euch – das heißt den Deutschen und vor allem den Preußen, die Koblenz, wo die Mosel in den Rhein mündet, zu einer Festungsstadt ausbauten. Preußens oberster Statthalter dort war Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere preußische König Friedrich Wilhelm III. Er war ein glühender Verehrer mittelalterlicher Gothik und Ritterherrlichkeit und ließ Stolzenfels wieder aufbauen – als Kunstwerk. Dabei war er überraschend unbekümmert, was den Stil betraf, mischte ungeniert deutsche Gotik mit Elementen der maurischen Alhambra. Und er engagierte mit dem Architekten Friedrich Schinkel und dem Gartenbaumeister Peter Joseph Lenné zwei berühmte Künstler in preußischen Diensten, um seinen Traum eines Sommersitzes zu verwirklichen. 1842 wurden die Bauarbeiten abgeschlossen. Feierlich zog der Preußenprinz, der inzwischen zum König aufgestiegen war, in sein neues Domizil ein, flankiert von mittelalterlich kostümierten Begleitern. Natürlich wollte der Hausherr nicht auf zeitgemäßen Komfort verzichten, genauso wenig wie die englische Königin Victoria, als sie auf Stolzenfels logierte. Das Schloss war also letztlich nur neugotische Staffage und hatte mit der gegenüberliegenden, echt mittelalterlichen Marksburg nur sehr wenig zu tun, sagt Gerhard Wagner, der Geschäftsführer der Deutschen Burgenvereinigung. Er residiert standesgemäß im Palast der Marksburg. Erzähler: Von seinem Arbeitszimmer auf der Marksburg hat der Historiker Schloss Stolzenfels im Blick. Es riecht es leicht muffig nach Archiv und altem Gemäuer. Nur eine Treppe 3 höher befindet sich Gerhard Wagners Dienstwohnung. Er ist froh, sich bei Bedarf dorthin zurück ziehen zu können: OT Gerhard Wagner Weg von den Menschen in der Stadt, aber mitten unter den Touristen (lacht). Weil, wenn man hier aus unserem Wohngebäude, dem romanischen Pallas heraustritt, dann gucken einen gleich dreißig Leute an und sagen: Sind Sie der Ritter, sind Sie das Burgfräulein? Sprecher: Interessante Burgen gibt es natürlich auch in anderen Gegenden. Aber nirgends sonst in Deutschland haben sie das Abziehbild einer Landschaft so stark bestimmt wie am romantischen Mittelrhein. Obwohl etliche dieser Burgen, die so trutzig über dem Fluss thronen, raffinierte Rekonstruktionen sind, als seien sie eigens für ein großes Freilichtmuseum geschaffen. OT Gerhard Wagner Man kann natürlich schon sagen, dass das hier so das Disneyland des 19. Jahrhunderts war, allerdings ist das ja nicht deswegen umgebaut worden, um also irgendwelche Massen anzuziehen und Eintritt zu nehmen, sondern das lag daran, dass eben im 19. Jahrhundert die Romantik eine verbreitete Stilrichtung war, ne Geisteshaltung, die ja in England auch zu der Entstehung der „gothic novels“ geführt hat, also einer romantischen Literatur, die Geister und Vampire und ich weiß nicht, was sich alles so in Burgen rumtreiben könnte, zum Thema gemacht hat und dann eben die Ruinen als etwas Romantischeres empfand als eine fertige oder erhaltene Burg. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts ging dann die Restaurierungswelle los, wo sich reiche Leute, Adelige, aber auch Fabrikanten zum Beispiel, sich eine Burgruine gekauft haben, um sie eben nach eigenen Vorstellungen, teilweise phantasievoll, oft nach englischem Vorbild wieder aufzubauen. Erzähler: Ein schmaler Pfad schlängelt sich von der Marksburg hinunter in die engen Gassen von Braubach, erlaubt Einblicke in Hinterhöfe, die irgendwie lebendiger wirken als die adrett hergerichteten Fassaden der alten Häuser. Im Garten des Hotels, das Carolin König-Kunz betreibt, gediegene Gastronomiemöbel und eine Hollywood-Schaukel für Gäste. Seit Rheinsteigwanderer bei ihr logieren, verzeichne sie gute Übernachtungszahlen, sagt die Wirtin: OT Carolin König-Kunz In Deutschland reist man in der Saison, also von Ostern bis Allerheiligen. Wobei, wenn man sich jetzt mal das Rheinland ansieht und auch die Romantik des Rheintals: das ist eigentlich die Herbstzeit, das sind die Nebelschwaden, wenn sie so aus dem Tal hochziehen. Ein vernebeltes Rheintal, das ist das mystischste Bild, was man sich überhaupt nur vorstellen kann. (Erich Kunz) Ja, wenn man dann noch ein bisschen Richard Wagner „Rheingold“ dazu hört (Frau König-Kunz seufzt), dann ist das ganze Bild perfekt.(Lachen) Sprecher: Erich Kunz ist von Beruf Restaurator. 1972 kauften er und seine Frau die alte, etwas verlotterte Gastwirtschaft und Metzgerei unmittelbar vor den Toren der Stadt. Das Fachwerk-Haus hätte sonst einem Supermarkt Platz machen müssen. Braubach war 4 auf dem besten