Kultur Helmut von Gottberg Hans Fritzsche † 11.3.1998 (83) † 8.6.1999 (85) Ferdinand Freiherr von Lüninck Hauptmann d.R. Name † 14.11.1944 (56) † Todesdatum (Alter) Oberpräsident a.D. Ewald-Heinrich von Friedrich Klausing Paul von Hase Kleist-Schmenzin † 8.8.1944 (24) Oswald Wiersich † 8.8.1944 (59) † 8.3.2013 (90) Hauptmann, Adjutant Generalleutnant Axel von Oberleutnant Stauffenbergs † 1.3.1945 (62) Maschinenbauer, dem Bussche Ludwig Freiherr Gewerkschafter, † 26.1.1993 (73) von Hammerstein Sozialdemokrat Ewald von Major † 26.2.1996 (76) † 4.9.1944 (57) Kleist-Schmenzin Oberleutnant General † 9.4.1945 (55) Heinrich Graf von Politiker Carl-Hans Graf Lehndorff-Steinort Friedrich Heinz Georg-Sigismund von Hardenberg † 4.9.1944 (35) Carl-Heinrich von Oppen † 24.10.1958 (67) Oberleutnant d.R. Fritz Voigt † 26.2.1968 (68) von Stülpnagel † 22.2.2008 (85) Oberstleutnant d.R. † 1.3.1945 (62) † 30.8.1944 (58) Heinrich Graf zu Bauarbeiter, General Albrecht Ritter Dohna-Schlobitten Gewerkschafter, Mertz von Quirnheim Sozialdemokrat † 14.9.1944 (61) Friedrich Olbricht † 21.7.1944 (39) d.R. † 21.7.1944 (55) Jakob Kaiser General † 7.5.1961 (73) Erwin von Buchbinder, Werner von Haeften Paul Lejeune-Jung Politiker Witzleben Schulenburg † 21.7.1944 (35) Georg Hansen 8.9.1944 (62) † 8.8.1944 (62) † 10.8.1944 (41) Oberleutnant d.R. † General- Claus Schenk Graf † 8.9.1944 (40) Verbandsfunktionär, von Stauffenberg Oberst i.G. Politiker feldmarschall 21.7.1944 (63) † 21.7.1944 (36) † Oberst i.G. Bernhard Wilhelm Leuschner Generaloberst Cäsar von Hofacker Letterhaus † 29.9.1944 (54) Ulrich Graf Schwerin 14.11.1944 (50) Gewerkschaftsführer von Schwanenfeld † 20.12.1944 (48) † † 21.7.1944 (43) Oberstleutnant d.R. Gewerkschafter † 8.9.1944 (41) Generalmajor Max Habermann Hauptmann d.R. 30.10.1944 (59) † 2.2.1945 (60) † Oberbürgermeister Peter Graf Berthold Gewerkschaftsführer Yorck von Wartenburg Schenk Graf von Hans Oster † 8.8.1944 (39) Stauffenberg † 9.4.1945 (57) Jurist, Oberregierungsrat, Oberleutnant d.R. † 10.8.1944 (39) Nikolaus Graf von Generalmajor Üxküll-Gyllenband Ernst Freiherr Marineoberstabs- von Weizsäcker Helmuth James Graf Adam von richter † 14.9.1944 (67) Ulrich von Moltke Trott zu Solz Oberst † 4.8.1951 (69) † 5.1.1945 (53) von Hassell Staatssekretär Politiker † 23.1.1945 (37) † 26.8.1944 (35) Eugen † 8.9.1944 (62) Jurist, Kriegs- Jurist, Diplomat Josef Wirmer Jurist, Diplomat verwaltungsrat Gerstenmaier † 8.9.1944 (43) Jens Jessen † 13.3.1986 (79) Rechtsanwalt Alexander Freiherr Karl Freiherr von Theologe, Politiker von Falkenhausen † 30.11.1944 (48) und zu Guttenberg Hauptmann d.R. † 31.7.1966 (87) † 23.4.1945 (43) Hjalmar Schacht General Johannes Popitz Albrecht Publizist, † 3.6.1970 (93) † 2.2.1945 (60) von Kessel Sonderführer Reichsminister Preußischer † 15.4.1976 (73) Finanzminister Diplomat Gotthard Freiherr Hermann Kaiser von Falkenhausen † 23.1.1945 (59) Gottfried von † 1.11.1982 (83) Hauptmann d.R. Nostitz Rittmeister d.R. Hans Bernd Eduard Brücklmeier † 13.4.1976 (73) Kontakt zur Diplomat von Haeften kommunistischen † 20.10.1944 (41) † 15.8.1944 (38) Widerstandsgruppe Erich Kordt Jurist, Diplomat Diplomat um † 11.11.1969 (65) Albrecht Haushofer Gesandter im † 23.4.1945 (42) Auswärtigen Dienst Geograf

Verbindungen des Widerstandskämpfers Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg Alte Militärs Reserveoffiziere Sozialdemokraten und Gewerkschafter Netzwerkanalyse: Junge Militärs Kreisauer Kreis Diplomaten und Beamte Linda von Keyserlingk

116 DER SPIEGEL LI / KIJM DAS VERGESSENE DEUTSCHLAND An diesem Montag vativer Militärs aus dem Adel oder ferngesteuerter werden die Bundesregierung und die Stiftung 20. Juli Kommunisten. Und sie berichten auch vom Umgang 1944 an die Verschwörer um Claus Schenk Graf von mit dem Widerstand nach dem Ende des Weltkriegs Stauffenberg erinnern und an den Widerstand wäh - und vom Schicksal seiner Überlebenden, die zusam - rend der Nazidiktatur. 71 Jahre nach dem gescheiter - men mit den Verfolgten des Naziregimes der Kern ten Attentat auf hält der DGB-Vorsitzende hätten sein können für das neue Deutschland, aber es Ruge Geyken Reiner Hoffmann die Gedenkrede. Viele Gewerkschaf - nicht wurden. Geyken, 51, ist Historikerin an der Uni - ter hatten zum Widerstand gehört, ihr Schicksal und versität Göttingen, zuletzt erschien von ihr im Verlag ihr Engagement wurden wie das vieler anderer, die es gewagt hatten, C. H. Beck das Buch „Wir standen nicht abseits. Frauen im Widerstand gegen die Nazis aufzubegehren, lange vergessen. Die Historikerin Frauke gegen Hitler“. Ruge, 55, lebt in . Die frühere Verlegerin und Enkelin Geyken und die Literaturagentin und Autorin Elisabeth Ruge nehmen des Widerstandkämpfers Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg, der als die diesjährige Gedenkfeier zum Anlass, das ganze Spektrum des Wider - einer der Verschwörer um Stauffenberg am 10. August 1944 hingerich - stands zu beschreiben, der mehr war als nur der Aufstand konser - tet wurde, ist auch im Vorstand der Stiftung 20. Juli 1944 aktiv. Die Untoten Zeitgeschichte In den Netzwerken des Widerstands fanden sich während der Nazizeit die anderen, besseren Deutschen. Doch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wollte niemand mehr etwas von ihnen wissen. Von Frauke Geyken und Elisabeth Ruge

ie Sonne scheint in Berlin am 8. besorgten ihnen falsche Papiere. In den halten, dass es das wirklich gegeben hat: Juni 1945, genau einen Monat nach letzten Tagen des Krieges zogen sie nachts ein anderes Deutschland. „Tausende und Ddem Ende des Krieges. „Mit jedem durch Berlin und malten große Neins an Abertausende, die Leben und Freiheit da - Tag wird es heißer“, schreibt Ruth Andre - Häuserwände und Mauern. für eingesetzt hatten, der Menschlichkeit as-Friedrich in ihr Tagebuch. „Junihitze Andreas-Friedrich führte ein Tagebuch zu dienen. Ohne Hilfe fremder Staaten, glüht über der Stadt, brütet auf ihren zahl - von 1938 bis 1948, es wurde nach dem ohne Unterstützung irgendeiner Organisa - reichen frisch aufgeworfenen Gräbern. Un - Krieg zuerst in den USA und dann auch tion oder mächtiger Parteistellen.“ ter der dünnen Staubdecke regen sich die in Deutschland veröffentlicht. Vollkom - Ähnlich wie „Onkel Emil“ hatten sich Toten. Wie eine Giftwolke hängt der Ge - men unverschlüsselt hat sie über all die ab Mitte der Dreißigerjahre unterschied- ruch ihres Sterbens in der Luft.“ Jahre ihre Beobachtungen aufgeschrieben, liche Widerstandsgruppen gebildet. Freun - In der Stadt, so berichtet sie, werden in allein der Fund der Tagebücher hätte sie de, die zusammenfanden, Arbeitskollegen, Vorgärten, Parkanlagen und Grünstreifen das Leben kosten können. Sie wollte fest - Kommilitonen, Verwandte. Gruppen wie die vielen Gräber aufgerissen, in denen die sogenannte Rote Kapelle oder die die Leichen während des Krieges notbe - Europäische Union in Berlin um Georg erdigt wurden. Nun bringt man sie auf den Groscurth und Robert Havemann, die Friedhöfen erneut unter die Erde, bei im - Edelweißpiraten in Köln oder auch der von provisierten Trauerfeiern, in Schächten, Helmuth James Graf von Moltke und Peter schmal und lang wie Schützengräben. Dies - Graf Yorck von Wartenburg geführte Kreis - mal für immer. Die Toten kehren zurück auer Kreis. Es gab die Verschwörer um in diesem ersten Sommer des Friedens. Stauffenberg, den Widerstandskreis Hen - Aber nicht nur sie. Die Überlebenden ning Graf von Tresckows in der Heeres - aus den KZ und die Verfolgten aus dem gruppe Mitte, der 1943 mehrere Attentate Untergrund sind plötzlich wieder in Berlin, auf Hitler plante, und auch die kommunis - auch davon schreibt Ruth Andreas-Fried - tische Untergrundorganisation um Anton rich, Menschen, die anders gedacht, anders Saefkow. gehandelt haben in den Jahren der Dikta - Tatsächlich verknüpften die Überleben - tur. Diese Untoten stellen nun für die Mit - den des Widerstands mit dem nun greif - läufer und Parteigenossen, für die Täter, baren Neuanfang große Hoffnungen. In Denunzianten und Mörder des Regimes Berlin kam es am 9. September 1945, am eine Bedrohung dar. Deutschland im Som - vom Magistrat ausgerufenen „Tag der ) . U (

mer 1945, das war keine Stunde null, wie Opfer des Faschismus“, zu einer ersten L E I

H es in den Geschichtsbüchern heißt. Die großen Kundgebung: 30 Demonstrations - T

N A

I Tage und Wochen flossen ineinander: Das züge bahnten sich einen Weg durch T S I

R Alte war nicht vorbei, das Neue hatte noch trümmerumstandene Straßen. Sie trafen H C

:

O nicht begonnen, eine Atmosphäre voller in Neukölln zusammen, auf der Werner- R P

E Angst und Gewalt und Ungewissheit. Seelenbinder-Kampfbahn, benannt nach R

; ) . L

Ruth Andreas-Friedrich war in jenem dem Ringer und kommunistischen Wider - . O (

N Sommer 43 Jahre alt, sie hatte als Journa - standskämpfer, der im Oktober 1944 im R E

G listin für eine Frauenzeitschrift gearbeitet Zuchthaus Brandenburg enthauptet wor - S E

M und während der Nazidiktatur zusammen den war. M I N

N mit ihrem Freund, dem Dirigenten Leo Ein Zug der Gerechten durch feindseli - A F E

T Borchard, eine Widerstandsgruppe gegrün - ges Gebiet. Die Untoten. Sie waren nicht S

:

S det. Sie nannten sich „Onkel Emil“, ver - Netzwerker Schulenburg um 1940 zu übersehen – und sie gemahnten an jene, O T O

F steckten Verfolgte des Naziregimes und „Ich bereue meine Tat nicht“ die dem Tod nicht entkommen waren. Und

DER SPIEGEL LI / KIJM 117 daran, dass jeder Einzelne in Nazideutsch - land eine Wahl gehabt hatte. 100 000 Menschen versammelten sich schließlich in dem vom neu eingesetzten Stadtbaurat Hans Scharoun gestalteten Sta - dion. Fahnen der von Deutschland über - fallenen Länder säumten den weiten Platz mit einem Mahnmal in der Mitte: Auf einem überdimensionierten roten Winkel, den die Nazis benutzt hatten, um poli- tische Häftlinge zu kennzeichnen, ruhten die riesigen Buchstaben „KZ“. Für einen kurzen, aufregenden Moment schien es möglich, dass die Repräsentanten des Widerstands, ob ihr Handeln nun poli- tisch, konfessionell oder weltanschaulich motiviert gewesen war, ob sie sich als Lin - ke oder Konservative verstanden, gemein - sam in die Zukunft wirken könnten. Und Gedenkfeier in Berlin-Neukölln im September 1945 : „Was habt ihr Deutschen gegen Hitler getan?“ tatsächlich gab es bis 1948 in Berlin und anderen deutschen Städten weitere solcher Im Nebel der Nachkriegszeit sind diese Weisenborn, selbst Mitglied der Roten Gedenkfeiern und Kundgebungen. Netzwerke der anderen Deutschen verlo - Kapelle, war 1943 zu drei Jahren Zucht - Doch das Land war im Griff der Alliier - ren gegangen, Netzwerke, die so etwas haus verurteilt worden. Nach dem Krieg ten und ihrer Interessen. Die Fronten des hätten sein können wie ein positiver Grün - gründete er das Hebbel-Theater, wo er Kalten Krieges waren bereits gezogen. In dungsmythos für den neuen, demokrati - 1947 den Ersten Deutschen Schriftsteller - Westdeutschland waren bald schon viele schen Staat. Vergessen wie die Tagebücher kongress organisierte – einen „Kongress der alten Nazirichter wieder im Amt. In von Ruth Andreas-Friedrich. der Gehirne, ein Orchester der Tempera - der Sowjetischen Besatzungszone funktio - mente“, wie er es nannte. 1953 erschien nierte der stalinsche Polizeiapparat KZ wie ie Schriftstellerin Ricarda Huch hat - sein Buch „Der lautlose Aufstand“, als Er - Buchenwald und Sachsenhausen zu soge - te schon im Frühjahr 1946 in deut - innerung an seine toten Freunde und an nannten Speziallagern um, in denen auch Dschen Tageszeitungen einen ganz - den deutschen Widerstand: „Die Welt Tausende politisch Verdächtige verschwan - seitigen Aufruf veröffentlicht, in dem sie draußen aber fragt täglich: Was habt ihr den. Und überall, in beiden sich heraus- Angehörige und Überlebende des Wider - Deutschen gegen Hitler getan? Wo sind bildenden Teilen Deutschlands, wurde ver - stands bat, ihr Material für ein Buchprojekt die Berichte?“ drängt und vergessen. zukommen zu lassen. Sie plante „Lebens - Doch die Welt fragte nicht. Die Alliierten In der Silvesternacht 1947 sitzt Ruth An - bilder dieser für uns Gestorbenen aufzu - versuchten, das Thema in Deutschland zu dreas-Friedrich vor dem Kaminfeuer in ih - zeichnen und in einem Gedenkbuch zu unterdrücken, und beschlagnahmten Quel - rer wegen Stromsperre ansonsten dunklen sammeln, damit das deutsche Volk daran lenmaterial zum Widerstand. Nur wenige Wohnung in Steglitz und notiert: „Die einen Schatz besitze, der es mitten im Bücher zum Thema durften in den ersten strahlende Beschwingtheit von 1945, der Elend noch reich macht“. Jahren nach dem Krieg in Deutschland er - Rausch, aus der Kraft unseres Glaubens Die Dichterin und Philosophin hatte am scheinen. Sie hätten auch ans Licht gebracht, einen neuen Aufschwung zu schaffen, ist 9. April 1933 ihren Austritt aus der Preu - dass aus dem Ausland wenig Unterstützung einer flügellahmen Enttäuschung gewi - ßischen Akademie der Künste erklärt und gekommen war. Die Sowjetunion, Groß - chen. Schon längst haben wir begriffen, sich in die innere Emigration zurückgezo - britannien und die USA hatten keinen Un - dass es gar nicht mehr um uns, sondern gen. Sie hatte Kontakt zu Nazigegnern ge - terschied gemacht zwischen „guten Deut - um den Machtstreit zweier Weltanschau - habt und war nun überrascht, dass diese schen“ und „bösen Nazis“. Sie wollten die ungen geht.“ Inmitten des Naziterrors Menschen, ein Jahr nach Kriegsende, Deutschen, die schon einmal einen Krieg hatte Ruth Andreas-Friedrich sich nie „nicht als Helden gefeiert, ja den meisten angezettelt hatten, endgültig besiegen. entmutigen lassen. Jetzt, da der Terror Deutschen nicht einmal bekannt waren“. Weisenborn wollte das große Vergessen endlich vorbei war, verließ sie allmählich In dem Buch sollte ein Panorama des nicht zulassen: „Die Machthaber des Drit - der Mut. deutschen Widerstands aufscheinen. Huch ten Reiches ließen die Kämpfer der Wider - Der deutsche Widerstand erfuhr in die - unterschied nicht zwischen „guten“ und standsbewegung mit schmutzigen Händen sen Jahren nach dem Ende des Krieges sei - „bösen“ Widerstandskämpfern, sie wollte verbrennen und verscharren. Was aber hat ne nächste große Niederlage, er starb sie nicht für links oder rechts instrumenta - die heutige Regierung zu ihrer Ehre, zu gleichsam erneut. So ist er heute, von den lisieren: Für sie stand der Einsatz der so - ihrer Anerkennung getan? Es ist Zeit, daß jährlichen Gedenkfeiern abgesehen, nahe - genannten Roten Kapelle gleichberechtigt eine deutsche Regierung sich rührt und das zu vergessen, die Breite des Widerstands neben dem der Weißen Rose. Andenken an den Opfermut eines großen genauso wie seine gesellschaftliche Veran - Huch hatte allerdings nicht mit so vielen Volkes nicht verkommen läßt.“ 6 7

kerung. Diskreditiert als „Grafenclique“, Reaktionen gerechnet. Ohnehin seit Kriegs - Vor allem bewies Weisenborns detail - / 5 6 als Aufstand undemokratischer Militärs ende von der Kälte und der schlechten Ver - liertes Werk die Vielfalt des deutschen Wi - 4 1

-

1 oder als Stoßtruppe moskaugesteuerter sorgung im Hungerwinter 1946/47 ausge - derstands, auch innerhalb der weitver - Y D L I

Agenten. Und sogar heute scheint da noch zehrt, konnte sie nur noch eine Skizze über zweigten Netzwerke, die sich im Laufe der B

, H immer dieses Gefühl mitzuschwingen, mit die Münchner Studenten, wie man die Wei - Zeit gebildet hatten. Nur durch das Zu - C R A B

dem die Deutschen Ende der Vierziger- ße Rose damals nannte, fertigstellen. Sie sammenwirken der unterschiedlichsten /

O M

und Anfang der Fünfzigerjahre auf den starb am 17. November 1947 – kurz zuvor Menschen und Kreise hatte es eine wirk- P A S

Widerstand blickten: alles irgendwie Va - hatte sie Teile des Materials dem Schrift - liche Chance gegeben, Deutschland und : O T O terlandsverräter. steller Günther Weisenborn übergeben. den Rest der Welt von Hitler zu befreien. F

118 DER SPIEGEL LI / KIJM Kultur

nahme eines Kontakts zu den Kommunis - ten ausdrücklich befürwortete. Der Vor - schlag ging vor allem auf den Pädagogen und Sozialdemokraten zurück, ein Mitglied des Kreisauer Kreises. Über einen Mittelsmann wurde im Juni ein konspiratives Treffen Reichweins und Lebers mit Vertretern des kommunisti - schen Untergrundnetzwerks organisiert. Es ging nicht um die Bildung einer Ein - heitsfront, und Ulbricht war keinesfalls der Strippenzieher im Moskauer Exil, aber al - len Beteiligten war klar, dass das Militär keinen Umsturz ohne die Arbeiterschaft wagen konnte. Aber auch auf der anderen Seite herrschte mittlerweile die Einsicht, dass die Beseitigung Hitlers die Vorausset - zung war für die Befreiung Deutschlands Offizier Stauffenberg um 1935: Kontakt zu Kommunisten befürwortet und ein Attentat nur aus den Reihen der Armee durchgeführt werden konnte. ritz-Dietlof Graf von der Schulenburg sagte er: „Wir haben diese Tat auf uns ge - war einer von jenen, die die Men - nommen, um Deutschland vor einem na - m kommunistischen Widerstand war Fschen zusammenbrachten, und somit menlosen Elend zu bewahren. Ich bin mir Anton Saefkow eine zentrale Figur. Der im Urteil einiger der eigentliche Motor der klar, dass ich daraufhin gehängt werde, be - Igelernte Schlosser, 1903 in Berlin ge - Verschwörung. Schon 1932 war er in die reue meine Tat aber nicht und hoffe, dass boren, wurde für die KPD in Berlin, aber NSDAP eingetreten. Als junger Mann sie ein anderer in einem glücklicheren Mo - auch in , Essen und wurde er der „rote Graf“ genannt – er ment durchführen wird.“ Noch am selben tätig. 1933 verschwand er wie Tausende mokierte sich über den Dünkel seiner Nachmittag wurde er hingerichtet. andere Kommunisten und Sozialdemokra - Standes genossen und zitierte gern Marx. Diesem Netzwerk der Verschwörer, das ten in Zuchthäusern und Konzentrations- Das Denken des preußischen Aristokraten bei Weitem nicht nur aus Militärs bestand, lagern. Während der Haft organisierte er und Verwaltungsjuristen war „national“ gehörten auch Mitglieder des Kreisauer Schulungen und gründete kommunistische und „sozialistisch“ geprägt. Ein Idealist, Kreises und der Gruppe um Carl Goerdeler Zellen. 1939 wurde er aus dem Moorlager wie seine Witwe Charlotte später sagte, an, den ehemaligen konservativen Bürger - Schülp in Holstein entlassen, kehrte nach der sich schließlich von der Nazi-Ideologie meister von Leipzig. Der Zirkel um die Berlin zurück und nahm sofort Kontakt löste und bereits 1938 einen Umsturzver - Familien Bonhoeffer, Schleicher und Doh - zu Freunden und politischen Ver bündeten such unterstützte, er ging vor allem von nanyi zählte dazu, aber auch Diplomaten, auf. Aus diesem Freundeskreis um ihn und dem nationalkonservativen Widerstands - Beamte, Gewerkschafter und Sozialdemo - seine Frau Aenne entstand mit der Zeit kreis um Ludwig Beck aus, der wegen Hit - kraten. Geeint durch die Gegnerschaft zu eine der größten und effektivsten Wider - lers Kriegstreiberei als Generalstabschef Hitler und auch in Freundschaft miteinan - standsorganisationen, insgesamt etwa 500 des Heeres zurückgetreten war. der verbunden, wie der zwischen Stauffen - Menschen, darunter viele Frauen. Der Durch seinen Vater, der im Ersten Welt - berg, dem Attentäter des 20. Juli, und dem kommunistische Kern hatte sich um Leh - krieg als General gedient hatte, besaß Sozialdemokraten Julius Leber, der erst - rer, Ärzte, Ingenieure und Künstler, um Schulenburg gute Kontakte zum Militär. mals am 23. März 1933 beim Betreten des Angestellte und Kleinunternehmer erwei - Richard von Weizsäcker, damals junger Reichtags verhaftet worden war, als er ge - tert – etwa die Hälfte der Mitstreiter war Soldat, sagte über Schulenburgs Bedeu - gen das „Ermächtigungsgesetz“ stimmen parteilos oder hatte einen sozialdemokra - tung für die Jüngeren unter den Verschwö - wollte, und anschließend mehrere Jahre im tischen Hintergrund. rern: „Er war unser erster Ansprechpart - Gefängnis und im Konzentrationslager ver - Ihre Arbeit war nicht „von Moskau ge - ner und hatte ein ganz klares Urteil. Er brachte. Nach seiner Freilassung war er steuert“, ein Vorurteil, das nach dem Krieg war es, der letzten Endes die gestaltende nach Berlin gegangen, wo er mit früheren allen kommunistischen oder vermeintlich und auch moralische Kraft hatte, so etwas Freunden und Mitstreitern Kontakt aufneh - kommunistischen Gruppen entgegenge - anzupacken.“ Und der erst kürzlich ver - men konnte. In Schöneberg wurde Leber bracht wurde und das erst nach Öffnung storbene jüngste Verschwörer Ewald-Hein - Teilhaber einer kleinen Kohlenhandlung, der Archive 1990 widerlegt werden konnte. rich von Kleist, der spätere Gründer der die vor allem als Ort für konspirative Tref - Saefkow hat sich nie von Moskau losge - Münchner Sicherheitskonferenz, bezeich - fen diente. Schulenburg suchte ihn erstmals sagt, aber den Umständen geschuldet, galt nete Schulenburg als seinen Mentor. im November 1943 auf und brachte ihn mit für ihn: „Solange wir keinen Kontakt zum T

R Im Mai 1944 besuchten Kleist und Schu - Stauffenberg zusammen. ZK in Moskau haben, müssen wir unser A G T

T lenburg den Prozess gegen den Verleger Der Staatsstreich war sorgfältig geplant. eigenes ZK sein.“ Betriebsgruppen wurden U T S

, August Bonnes am Volksgerichtshof, der Das Machtvakuum nach einem geglückten gebildet, Sabotage sollte die Rüstungs- B L W

erwartungsgemäß mit einem Todesurteil Attentat hätte, so die Befürchtung, zu ei - produktion schwächen, Flugblätter sollten R E D

endete. Sie wollten sich, wie sie es aus - nem Bürgerkrieg führen können. Leber Aufklärung leisten, in einem Staat, der das N I

V

I drückten, „vorbereiten“. Nach dem Pro - beispielsweise wäre nach diesen Plänen Informationsmonopol beanspruchte und H C

R zess sagte Schulenburg: „Siehst du, eines Innenminister geworden, Beck Staatsober - das Hören ausländischer Nachrichtensen - A

E G

R haben wir gelernt, man darf nichts zu - haupt und Goerdeler Kanzler. der mit schweren Strafen belegte. Und na - O E G

geben, unter keinen Umständen.“ Am Der Pragmatismus der Verschwörer türlich ging es auch darum, Kommunisten N A F

E 10. August, 20 Tage nach dem missglückten führte zu Überlegungen, die noch kurz zu - und Juden bei der Flucht zu helfen. T S

: Attentat, stand er selbst vor dem Nazi- vor undenkbar gewesen wären. Im Som - Gemeinsam mit Franz Jacob und Bern - O T O

F Blutrichter Freisler. In seinem Schlusswort mer 1944 war es Stauffenberg, der die Auf - hard Bästlein, die 1942 und 1944 dazuge -

DER SPIEGEL LI / KIJM 119 1234 stoßen waren, baute Saefkow das Netz - brachte. Aber auch dessen Bruder Klaus, trupp gewesen. Zwar hatte es einen zu - werk kontinuierlich aus. Bernhard Bäst - der Ende April zusammen mit Albrecht nächst in Brüssel aufgebauten Spionagering lein, ehemaliger KPD-Abgeordneter des Haushofer, Karl Ludwig Freiherr von und gegeben, der von den Nazis Rote Kapelle Preußischen Landtags und Redakteur ver - zu Gut tenberg und 15 weiteren Häftlingen genannt und tatsächlich von Moskau ge - schiedener kommunistischer Zeitungen, von einem -Sonderkommando führt wurde, aber der hatte mit den Berli - hatte nach langer Haft und einem Selbst - nahe dem Berliner Gefängnis Lehrter Stra - ner Widerstandskreisen um mordversuch aus der Gefängnisanstalt ße erschossen und verscharrt wurde. Nur und Harro Schulze-Boysen nichts zu tun. Plötzensee fliehen und untertauchen kön - wenige Tage später kam der Gestapo-Chef Als 1942 die Brüsseler Funksta tionen auf - nen. Franz Jacob war ein gelernter Schlos - Heinrich Müller unter ungeklärten Um - flogen, schlug die Gestapo die gleichzeitig ser, der ebenfalls lange in Haft gewesen ständen ums Leben. Die anderen Verant - enttarnten Berliner einfach zu den Brüs - war, in Hamburg ab 1940 illegale Betriebs - wortlichen der Aktion tauchten unter und seler Agenten dazu, um auch sie wegen gruppen gründete und sich schließlich nach konnten nie gefasst werden. Landesverrats verurteilen zu können. Man - Berlin absetzte, wo er von Saefkow und Man hat nach dem Krieg wohl auch fred Roeder hieß der Chefankläger in dem seinen Freunden in mindestens 30 Quar - nicht nach ihnen gefahndet. Denn je weiter Prozess gegen die Rote Kapelle. Nach dem tieren versteckt wurde. Jacob war der die Zeit voranschritt, desto mehr gewan - Krieg nannte er sich Generalrichter zur Theoretiker der Gruppe, entwarf Pläne für nen jene alten Seilschaften Oberwasser, Wiederverwendung und tat alles, um die ein freies sozialistisches Deutschland und die nun die Widerstandskämpfer als Lan - Legende aufrechtzuerhalten. Auch dies der verfasste Flugblätter sowie Soldatenbriefe, desverräter verunglimpften, vor allem den Versuch einer Reinwaschung, sie funktio - die zur politischen Aufklärung an die Front Attentäter Stauffenberg und dessen an- nierte erstaunlich lange. Zwar hatten nach geschickt wurden. Der Sozialdemokrat Le - geblich ausschließlich militärische Mitver - 1947 Mitglieder der Roten Kapelle, darun - ber war ihm im Konzentrationslager Sach - schwörer. Die Militärs hätten ihren Eid ge - ter Günther Weisenborn und seine ehema - senhausen begegnet, die beiden kannten brochen, so hieß es, während die anderen ligen Mitstreiter Adolf Grimme, der spätere sich und hatten Vertrauen zueinander ge - Soldaten weiterhin ihre Pflicht taten. Auch Generaldirektor des Nordwestdeutschen fasst. Doch zu mehr als einem ersten Tref - das ein Versuch, all jene zu entlasten, die Rundfunks, und die Widerstandskämpferin fen zwischen Sozialdemokraten und Kom - nicht aufbegehrt hatten gegen Hitler. , Roeder angezeigt, aber munisten am 22. Juni 1944 kam es nicht. Der 20. Juli als vermeintlicher Aufstand das daraufhin eingeleitete Ermittlungsver - Am 4. Juli verhaftete die Gestapo Saefkow adliger Militärs war auch für die kommu - fahren wurde 1951 wieder eingestellt. und Jacob gemeinsam mit dem Sozial- nistische Propaganda ein dankbares The - Die Medien der Bundesrepublik verbrei - demokraten Reichwein, Leber wurde am ma. Geradezu genüsslich desavouierten teten lange noch Roeders Version. Im April ) 4

Tag danach festgenommen. SED-Funktionäre schon 1947 die Staats - 1951 beschrieb die „Frankfurter Allgemei - (

E N

Es kam zu einer Verhaftungswelle, mehr streichpläne von 1944 als „Fleisch vom ne“ die Geschichte der Roten Kapelle als O T S Y als 300 Männer und Frauen wurden ver - Fleische des deutschen Imperialismus“. einen Agententhriller, den das Leben E K

; ) 3

hört, 200 verurteilt, viele hingerichtet. Der Das Attentat sei von Offizieren geplant schrieb. Die Illustrierte „Stern“ betitelte (

K E

kommunistische Untergrund sollte auf - worden, die ein sinkendes Schiff verließen, einen Monat später eine Serie über die H T O T

gerollt werden. Und kaum zwei Wochen dessen Kapitän sie bis dahin treu gedient Rote Kapelle: „Rote Agenten unter uns“. O F

E später folgten die vielen Festnahmen nach hätten. Erst als die Niederlage im Krieg so Und selbst 1968 noch veröffentlichte der H C S T

dem gescheiterten Attentat. Der Volksge - offensichtlich gewesen sei, dass ein „Blin - "!  eine Serie über die Rote Kapelle U E D

/ richtshof führte nun unter der mit dem Krückstock“ sie hätte vorher - unter dem Titel „Kennwort Direktor“, die K E R

zwei parallel laufende Prozess-Serien sagen können, seien sie zur Tat geschritten. auch als Inspiration für jeden James-Bond- A S I P durch. Und das große Morden begann – in Sie hätten die faschistische Diktatur nicht Bösewicht hätte dienen können und später M A H

einem brutalen Furor wollte man dafür beseitigen, sondern nur das „militärisch- tatsächlich zu einer Fernsehserie umgear - A R B A sorgen, dass noch der letzte Gegner aus - imperialistische System“ retten wollen. beitet wurde. Erst die Öffnung der Archive ; ) 2 ( gemerzt wurde. Sogar in den Tagen und nach dem Ende des Ostblocks brachte die P M A

Stunden vor Kriegsende wurden Hinrich - ie das Andenken des Wider - Wahrheit ans Licht. K R H tungen vorgenommen. Zu den letzten stands zwischen den Fronten des Die Legende von den Berliner Spionen U S

; ) 1

Opfern gehörten Hans von Dohnanyi, der Kalten Krieges zerrieben wurde, aber wurde auch in der DDR gepflegt. (

G

W K A

in Sachsenhausen ermordet wurde, Georg lässt sich besonders an der Widerstands - Dort waren sie keine Landesverräter, son - /

N

Elser, der als einer von wenigen Wider - gruppe Rote Kapelle erzählen. Sie war dern heldenhafte Kundschafter, die einen E H C S

ständlern ein Attentat im Alleingang ver - nach dem Krieg im Westen so verhasst, wie bedeutsamen Anteil an der Befreiung E

Z T I

sucht hatte und in Dachau getötet wurde, sie im Osten verklärt wurde, beide Male Deutschlands gehabt hätten. Greta Kuck - R F

: sowie der Theologe Dietrich Bonhoeffer, ausgehend von derselben falschen Behaup - hoff, die zusammen mit ihrem später hin - S O T O den man am 9. April in Flossenbürg um - tung, sie sei ein kommunistischer Späh - gerichteten Ehemann Adam zur Roten Ka - F

120 DER SPIEGEL LI / KIJM Im Widerstand 1 Schriftstellerin Ricarda Huch um 1946 2 Journalistin Ruth Andreas- Friedrich 1938 3 Schriftsteller Günther Weisenborn 1946 4 Politiker um 1938 5 Sozialdemokrat Julius Leber mit Ehefrau Annedore um 1930 6 Kommunist Anton Saefkow mit Tochter Bärbel 1944 7 Ehemalige Übersetzerin Greta Kuckhoff um 1965 56 7

pelle gehörte und von 1954 bis 1958 Abge - Archivar des Widerstands, dass die deut - verständliche Haltung auch Ignoranz und ordnete der Volkskammer und Chefin der sche Vertreterin, eine spätere CDU-Politi - Dünkel: Stauffenberg beispielsweise habe DDR-Notenbank war, versuchte mehrfach kerin, während des Weltfrauenkongresses seine mutige Tat durch ebenso große Feig - Einfluss zu nehmen auf die Darstellung in New York gegenüber der „New York heit gleichsam entwertet, als er sich nach der Roten Kapelle, aber sie wurde nicht Times“ bemerkte, es habe keine Wider - dem Abstellen der Bombe „für ein paar gehört. Die Tochter eines katholischen standsbewegung in Deutschland gegeben, Stunden gerettet“ habe – als wäre Stauf - Musikinstrumentenmachers aus Frankfurt das sei eine Tatsache, und dies müsse man fenberg von der Wolfschanze in den Bend - (Oder) hatte Volkswirtschaft und Soziolo - zugeben. Weisenborn schrieb: „Ich bin ge - lerblock geflüchtet. gie studiert, zuerst in Deutschland, später neigt zu glauben, dass sie nicht im Bilde Verleumdungen und regelrechte Schmutz - auch in Wisconsin in den USA, wo sie den war, aber ihre Feststellung ist in vertikaler kampagnen musste auch der spätere Bun - deutschen Juristen Arvid Harnack und Verlängerung die gleiche Feststellung Hit - deskanzler Willy Brandt immer wieder dessen Ehefrau, die amerikanische Litera - lers, der die Existenz der Widerstandsbe - erleben, als er 1947 aus der Emigration turwissenschaftlerin Mildred Fish, kennen - wegung in Deutschland stets knapp und zurückgekehrt war. Wahlweise wurde er lernte. Zurück in Deutschland hatte Kuck - apodiktisch abgestritten hatte.“ als kommunistischer Agent, Vaterlands- hoff als Übersetzerin gearbeitet, sie über - Auch Bundespräsident Theodor Heuss ver räter oder auch Gestapo-Spitzel be - trug sogar „Mein Kampf“ ins Englische, weigerte sich noch 1950, im Rundfunk schimpft. Tatsächlich aber liegt die Stärke weil sie wollte, dass Hitlers Vorstellungen über den 20. Juli zu sprechen. 1954, zum und Ausstrahlung dieses ersten sozialde - international wahrgenommen wurden. zehnten Jahrestag des Attentats, hielt er mokratischen Bundeskanzlers vor allem Es war das Ehepaar Kuckhoff, das den dann als höchster Repräsentant des Staa - in jenen Lebensjahren begründet, die er aus den USA zurückgekehrten Arvid Har - tes die Gedenkrede, immer sorgsam be - im Widerstand verbracht hatte. Gleich nack und den ehemaligen Journalisten müht, die Mehrheit der Deutschen nicht 1933 war er in Lübeck als Sozialist in den Harro Schulze-Boysen zusammenbrachte. zu kränken und doch eine vorsichtige Untergrund gegangen, auch unter dem Diese zwei Freundeskreise und weitere Würdigung des „anderen Deutschlands“ Einfluss seines großen Vorbilds Julius Le - bildeten schließlich in einer losen Ver- zu versuchen. ber. Sein Sohn Peter Brandt, ein Historiker, bindung die sogenannte Rote Kapelle. Sie Noch Jahre nach dem Ende der Nazi - hat einmal gesagt, dieses Mit-sich-selbst- bestand aus über 150 Menschen, darunter diktatur mussten Überlebende und Ange - im-Reinen-Sein vor allem habe seinem Va - Christen und Künstler, Ärzte, Arbeiter, hörige des Widerstands in oft langwierigen ter den legendären Kniefall von Warschau Wissenschaftler, Offiziere sowie Sozialis - Verfahren um offizielle Anerkennung, Ent - ermöglicht. Heute gilt Willy Brandt als ei - ten und Kommunisten. Schulze-Boysen schädigung oder Hinterbliebenenrente ner der größten Politiker der Nachkriegs - war schon einmal von den Nazis verhaftet kämpfen. Der Witwe eines Verschwörers, geschichte Deutschlands. worden, arbeitete inzwischen aber im der sich nach dem 20. Juli in den Freitod Der Blick auf all diese Menschen, die Reichsluftfahrtministerium, Harnack war hatte retten können, wurde dazu von Amts sich im Untergrund, im Staatsapparat oder ) 7 (

im Wirtschaftsministerium tätig. Beide wegen mitgeteilt, ihr Mann habe gar kein in privaten Zusammenhängen gegen die A P D

wollten aus dem System heraus den Wi - Unrecht erlitten, er habe sich „vielmehr Nazis auflehnten, zeigt ein anderes /

K E derstand organisieren. selbst erschossen und ein erledigendes Deutschland. Jetzt, da die ideologischen H T O T Tatsächlich hatten Harnack und Schul - nationalsozialistisches Unrecht nicht ab - Verkrustungen gesprengt und die verschie - O F

E

H ze-Boysen 1941 die sowjetische Botschaft gewartet“. Und noch jahrzehntelang galten denen Stadien der gesellschaftlichen Auf - C S T über den bevorstehenden deutschen An - die meisten der Todesurteile des Volksge - arbeitung durchschritten sind, gilt es, das U E D

/ griff informiert, weil sie der Meinung wa - richtshofs als rechtskräftig: Erst mit dem vollständige Bild des Widerstands zur An -

N R

E ren, der Krieg im Osten müsse unbedingt Gesetz zur Aufhebung nationalsozialisti - schauung zu bringen. Und all jene vor dem T S N

E verhindert werden. Schulze-Boysen ak - scher Unrechtsurteile im Jahr 1998 wurden Vergessen zu bewahren, die damals die G R

O zeptierte auch das Angebot der Sowjets, diese endgültig kassiert. Die Urteile wegen „kategorische Ablehnung der Mutlosig - M

A

R per Funk weitere Informationen nach Mos - „Kriegsverrats“ wurden sogar erst 2009 keit“ praktizierten, wie der jüdische A B R

A kau zu übermitteln, gesendet aber wurde aufgehoben. Schriftsteller und Totalitarismus-Kritiker B

; ) 5

( schließlich nur ein einziger Testspruch: Auch die 68er führten seltsame Verren - Manès Sperber es an anderer Stelle tref -

L E I „Tausend Grüße allen Freunden“. kungen vor, wenn es um den Widerstand fend gesagt hat. H T

N

A ging. Man fürchtete, dass die Aufmerk - Die einfache Botschaft dieser Menschen I T S I

R s sollte lange dauern, bis sich samkeit für jene, die sich dem Terror wi - lautete: Man kann immer etwas tun. Es H C

: Deutschland der eigenen Geschichte dersetzt hatten, ablenke von Deutschlands waren nicht viele, aber viel mehr, als wir O R P

E und der eigenen Widerstandsbewe - großer Schuld, sie verharmlose und die bislang wahrhaben wollten. Wir sollten sie R

: E S gung stellte. Im Dezember 1946 jedenfalls Falschen freispreche. Manchmal mischten alle für unsere Zeit, für unsere Zukunft O T O

F berichtete Günther Weisenborn, der frühe sich in diese aus der Zeit heraus vielleicht entdecken. n

DER SPIEGEL LI / KIJM 121