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Von Wildgänsen und PMCs.

Der Wandel in der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Söldnern in Film und Fernsehen.

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Karl-Franzens-Universität Graz

Eingereicht von David Christopher Jaklin, Mag. phil.

am Institut für Geschichte

Erstbegutachter: Dieter-Anton Binder, Ao. Univ.-Prof. Dr.phil. tit. Univ.-Prof. Zweitbegutachter: Helmut Konrad, O.Univ.-Prof. Dr.phil. Dr.h.c.

2017

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort 5 I. Einleitung 6 A. Vorgehensweise 8 B. Aufbau der Arbeit 9 C. Verwendete Quellen und Literatur 10 II. Die Problematik der Terminologie 13 D. Definitions- und Differenzierungsversuche 14 1. Völkerrecht und internationale Organisationen 14 2. Die Problembeurteilung des UN Special Rapporteur on the use of 19 E. Wissenschaftlicher Diskurs – ein Abwägen der Grauzonen 19 1. Differenzierung von Söldnern und PMCs 19 2. Das Artikulieren der definitorischen Grauzonen 21 3. Tim Spicer – aus den Augen und dem Mund eines Beteiligten 22 4. Die Rückkehr zum alten Söldnerbegriff 23 5. Die moralische Bewertung der “Söldner” 24 F. Exkurs: Die historische Genese der Söldner 25 1. Die Condottieri 26 2. Die Reisläufer 28 3. Die Landsknechte 29 4. Der Krieg im Wandel – der 30-jährige Krieg als Zäsur 29 G. Zwischenfazit – Das Spannungsfeld der Definition 31 H. Die für diese Arbeit verwendete Definition 33 I. Vorgehensweise und Methode 33 J. Forschungsfragen 37 III. Narrative und Stereotypen 38 K. Die weißen Söldner 40 1. – The Mercenaries – Katanga 42 2. und Daniel Carneys Blick auf die Weißen Söldner seiner Zeit 49 3. The Dogs of War und Frederick Forsyths Beitrag zum Genre 56 4. The – die irische Aufarbeitung einer vergessenen Schlacht 67 L. Zwischenfazit – Abenteurer und Antihelden im Männlichkeitskult 74 M. Der Historische Kontext der „Weißen Söldner“ 76 1. Der Kongo Konflikt 1961-1963 – Die Sezession Katangas 77 2. Die Simba-Rebellion 1964-1965 87 3. Die politische Zäsur 1965 – General Mobutus unblutiger Staatstreich 94 4. Das ambivalente Verhältnis der Medien zu den Kongo Söldnern 95 N. Zwischenfazit – Stellvertreterkriege im Schatten postkolonialen Chauvinismus 97 O. Die Südafrikaner 98 1. Blood Diamond – Südafrikanische Söldner und Konfliktdiamanten 99 2. Die Gesichtslosen Akteure – diverse Filme und Serien 105 P. Zwischenfazit – professionelle Bösewichte und anonyme Lückenfüller 108

3 Q. Der historische Kontext der „Südafrikaner“ 110 1. Das Ende der Apartheid und die Gründung von Executive Outcomes 110 2. Executive Outcomes – das Betreten der internationalen Bühne 112 3. Der erste Auftrag als PMC und die resultierende Berichterstattung 112 4. Der Vertrag mit Sierra Leone 115 5. Die ambivalente Berichterstattung während des Sierra Leone Auftrags 117 6. Die Medienkampagne vonseiten Executive Outcomes 118 7. Bekannte Hintergründe der gegen Executive Outcomes gerichteten Medienkampagne 119 R. Zwischenfazit – PMCs im Kampf gegen historische Altlasten 120 S. Der Söldnerputsch 122 1. The Wild Geese und The Dogs of War 123 2. The Expendables – Sylvester Stallones Interpretation des Söldnerputsches 124 3. Chris Ryans Strike Back 125 T. Zwischenfazit – ein teils verwässertes Klischee im Wandel der Zeit 126 U. Der Historische Kontext zum Narrativ des Söldnerputsches 127 1. Die Söldnerrevolte im Kongo – Sommer 1967 127 2. Operation Anvil - Mike Hoares Söldnerputsch auf den Seychellen 136 V. Zwischenfazit – das Ende einer Ära 146 IV. Die Instrumentalisierung des Söldnerbildes 148 W. Das Bild des Söldners und die Verwendung als Mittel der Delegitimierung 148 1. Kontemporäre Beispiele für politische Delegitimierungsversuche 149 X. „Der lachende Mann“ – die Personifikation des Neokolonialismus durch die Linse der DDR 152 1. Das Medium Film in der DDR – Das Duo Heynowski und Scheumann 152 2. Vorgeschichte – Die Thematisierung des Kongo Konflikt in der BRD und DDR 153 3. Die Produktion des „Lachenden Mannes“ 155 4. Die Rezeption des Films „Der lachende Mann“ 157 5. Der Kongo-Müller zwischen Anspruch und Realität 157 6. Weitere Dokumentationen von H&S zum Thema Weiße Söldner 159 Y. Zwischenfazit 161 V. Resümee 163 Z. Formeln der Darstellung von Söldnern 164 AA. Männlichkeitssymbole 165 BB. Einfluss von Söldnern und historischen Ereignissen 166 CC. Einfluss auf historische Ereignisse durch Filmproduktionen 167 DD. Die Instrumentalisierung von Söldnern zur politischen Delegitimierung 168 EE. Ausblick 168 Abkürzungsverzeichnis 170 Literatur- und Quellenverzeichnis 172

4 Vorwort

Die Erkenntnis, dass diese Dissertation zehn Jahre nach meiner ersten wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Söldnern verfasst wurde, lädt zu einer entsprechenden Selbstreflexion ein. Mein Entschluss das Doktorat zu beschreiten, fiel schon im ersten Semester, denn bei einem Magister aufzuhören, kam für mich nie in Frage. Insofern bedeutet mir das hier vorliegende Werk mehr, als so manchem bewusst sein mag. Mit einer derartigen Arbeit gehen leider dementsprechende Ansprüche einher: Unrealistische Vorhaben niemanden zu enttäuschen, vor allem nicht sich selbst. Pläne, ein Standardwerk zu schreiben, wohlwissend, dass dies nur den Wenigsten gelingt. Je länger man darüber nachdenkt, desto schwieriger wird es. Selbstgesetzte Ziele werden zum Fluch und man sieht sich plötzlich Problemen gegenübergestellt, die man vorher nicht erwartet hat – die klassische Situation von „Anspruch und Realität“. Ohne eine Vielzahl von Menschen wäre es mir nicht möglich gewesen diese Arbeit zu verfassen und voranzutreiben. Zuallererst sei meiner Familie und im speziellen meinen Eltern Dank ausgesprochen. Ohne ihre Aufopferung und Liebe, wäre ich nicht dort wo ich bin. Gleiches gilt meiner zweiten Familie, Michael und Iris, deren Tür immer für mich offenstand. Zahlreiche Freunde und Kollegen haben mir immer wieder Mut zugesprochen oder mich tatkräftig unterstützt: Fariza, mit ihrer Positivität. Hubert, der mich wie kaum ein anderer aktiv unterstützte. Livia und Maria, die mir sprichwörtlich in den Hintern traten, als ich aus dem Alltag nicht ausbrechen und mich der Dissertation widmen konnte. Paul, der mir immer wieder Literaturtipps sandte und aufbauende Worte fand. Sowie Velina, die mich regelmäßig auf den Boden der Tatsachen zurückholte, und gleichzeitig in den Wahnsinn trieb. Besonderer Dank gilt auch Arnold, der mir dann Zeit für meine Dissertation gab, als es am Nötigsten war. Nicht zuletzt möchte ich meinen Professoren an der Universität Graz danken. Prof. Eduard Staudinger, dessen Ausbildung zum wissenschaftlichen Arbeiten immer noch seines Gleichen sucht, Prof. Helmut Konrad, der mir als Zweitgutachter zur Seite stand und nicht zuletzt Prof. Dieter A. Binder, der mit seiner Kombination aus trockenem Humor und eindrucksvollen Vorträgen immer ein Highlight meiner Studienzeit war und sich dazu bereit erklärte, diese Dissertation zu betreuen.

5 I. Einleitung

"And Caesar’s spirit, ranging for revenge, With Ate by his side come hot from hell, Shall in these confines with a monarch’s voice Cry 'Havoc!', and let slip the dogs of war, That this foul deed shall smell above the earth

With carrion men, groaning for burial" - Julius Cäsar – William Shakespeare -

Und Cäsars Geist, nach Rache jagend, wird, Zur Seit’ ihm Ate, heiß der Höll’ entstiegen, In diesen Grenzen mit des Herrschers Ton Mord rufen und des Kriegers Hund’ entfesseln, Daß diese Schandtat auf der Erde stinke Von Menschenaas, das um Bestattung ächzt. - Julius Cäsar – William Shakespeare -1

Ursprünglich aus dem Werk Julius Cäsar von Shakespeare stammend, nutzte Frederick Forsyth den Satzteil „Cry 'Havoc!', and let slip the dogs of war“, um einerseits sein zweites literarisches Werk einzuleiten und andererseits demselben einen markanten Titel zu geben: The Dogs of

War.2 Auch wenn William Shakespeare in seinem Werk keinen Bezug auf Söldner im eigentlichen Sinne herstellte, und mit diesen Worten viel mehr Antonius die Rache Cäsars aus dem Grabe, unmittelbar nach dessen Ermordung beschwören ließ, so entstand durch die Verwendung dieses einprägsamen Satzes eine dominante Metapher und in weiterer Folge ein regelmäßig benutzter Terminus, sobald eine normative Kategorisierung von Söldnern unternommen wird.

Die Verwendung von Söldnern zieht sich wie ein roter Faden durch sämtliche Epochen der menschlichen Kriege und ihrer Geschichtsschreibung. Auch wenn mit der Konsolidierung des staatlichen Gewaltmonopols eine Zurückdrängung mitsamt einer gezielten Delegitimierung dieser speziellen gesellschaftlichen Gruppe einsetzte (letzten Endes zeichnet sich das staatliche

1 William Shakespeare, Julius Caesar. Akt 3, Szene 1. 2 Frederick Forsyth, The Dogs of War. London 2011 (1974), S. 6. 6 Gewaltmonopol durch eine Verdrängung nichtstaatlicher Gewaltakteure aus)3, so war sie nie ganz wegzudenken. Mit der Verwendung und Wahrnehmung von Söldnern ging auch eine literarische Rezeption einher, sei es unmittelbar von Zeitzeugen, oder in Retrospektive von Autoren, die sich der Faszination dieses Aspektes der Kriegsführung nicht entziehen konnten. Hierbei entstanden zahlreiche Werke, die bis in die heutige Zeit ihre Bekanntheit und ihren Einfluss nicht verbüßt haben. Sei es die Anabasis des antiken Schriftstellers Xenophon, mit seiner Schilderung des Zugs der Zehntausend, also dem Rückzug griechischer Söldner aus Persien,4 oder das Portraitieren der neuzeitlichen Landsknechte im Schelmenroman Simplicius Simplicissimus von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen.5 Friedrich Schillers Trilogie Wallenstein thematisiert nicht nur den zeitlichen Höhepunkt des Söldnertums in Form des 30-Jährigen Krieges, sondern vor allem einen der bekanntesten Vertreter der Zunft, Wallenstein selbst.6 Als zusätzlich das Medium Film für die breite Öffentlichkeit verfügbar wurde, entwickelte sich eine weitere Möglichkeit Geschichten, Eindrücke oder Nachrichten über Söldner zu vermitteln. Filme wie The Wild Geese (1978)7 oder das bereits erwähnte Werk Frederick Forsyths, das unter demselben Titel The Dogs of War (1980)8 verfilmt wurde, gelten als Klassiker des Action Film Genres und als die Söldnerfilme schlechthin.9

In diesem Sinne sind zweierlei Thesen aufzustellen, die es in weiterer Folge in dieser Dissertation zu beweisen gilt: Filme und deren literarischen Vorlagen, haben maßgeblich in sinnstiftender Weise dazu beigetragen die kollektive Wahrnehmung von Söldnern zu bilden. Sei es auf positive, negative, romantisierende oder verteufelnde Art und Weise. Vor allem im Kontext des sich auszubildenden Gewaltmonopols und der dazu nötigen Delegitimierung von nichtstaatlicher Gewalt, aber auch der gezielten Desavouierung politischer Gegner, ist dies ein nicht zu unterschätzender Faktor im Falle des kollektiven Gedächtnisses, der öffentlichen Meinungsbildung und auch der Propaganda. Weiters ist zu beobachten, dass dieses Portraitieren vonseiten der Autoren, der Gesellschaft

3 David Jaklin, Das Dilemma des staatlichen Gewaltmonopols. Download: http://www.shabka.org/2013/08/12/das-dilemma-des-staatlichen-gewaltmonopols/, eingesehen am 15.04.2015. 4 Xenophon, Anabasis. Download: http://www.gutenberg.org/files/1170/1170-h/1170-h.htm, eingesehen am 23.07.2017. 5 Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen, Simplicius Simplicissimus. München 1975. 6 Friedrich Schiller, Wallensteins Lager. Download: http://www.gutenberg.org/ebooks/6518, eingesehen am 05.08.2017. Friedrich Schiller, Die Piccolomini. Download: http://www.gutenberg.org/ebooks/6525, eingesehen am 05.08.2017. Friedrich Schiller, Wallensteins Tod. Download: http://www.gutenberg.org/ebooks/6549, eingesehen am 05.08.2017. 7 Andrew V. McLaglen (Regie), The Wild Geese (1978). 8 John Irvin (Regie), The Dogs of War (1980). 9 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. Mercenaries: Thirty Years 1976-2006, Oxford 2006. S. 55. 7 oder der Staaten selbst, zu einer Identitätsbildung innerhalb des gesellschaftlichen Mikrokosmos der Söldner geführt hat, was sich in deren Auftreten und Agieren widerspiegelt. In dieser Hinsicht kommt es zu einer Interdependenz, bzw. viel mehr einer gegenseitigen Beeinflussung, da Medien wie Literatur und Film ihren jeweiligen Impuls aus tatsächlichen Begebenheiten ziehen. So beruhen beispielsweise Frederick Forsyths Romane maßgeblich auf realen Ereignissen, die nach ihrer literarischen und filmischen Aufbereitung ihrerseits wieder Menschen in Ihrer Wahrnehmung und Verhalten beeinflussten.

Diese Arbeit untersucht deshalb die Darstellung von Söldnern in visuellen Medien wie Film und Fernsehen, inklusive der Literaturvorlagen, und stellt Verbindungen und Einfluss von Wirklichkeit und Fiktion her, sowie deren beider Einwirken auf die gesellschaftliche Perzeption.

A. Vorgehensweise Um diese Thesen zu erarbeiten und zu beweisen werden im vorliegenden Text die folgenden Schritte unternommen: • Zunächst muss eine für diese Arbeit brauchbare Definition des „Söldners“ als solchen formuliert werden. Obwohl der Beruf so alt wie die Kriegsführung selbst ist, zeigt der wissenschaftliche, völkerrechtliche und gesellschaftliche Diskurs keine übereinstimmende Definition desselben. Einig ist man sich nur in seiner abwertenden moralischen Einschätzung – ein Resultat jahrhundertealter und erfolgreicher Bestrebungen diesen zu delegitmieren. • Als nächster Schritt muss die methodische Herangehensweise erläutert werden, anhand derer nachgewiesen wird, wie das Bild des Söldners im kollektiven Gedächtnis maßgeblich geprägt werden konnte. • Sobald diese beiden notwendigen theoretischen und methodischen Problembereiche abgedeckt sind, wird sich diese Arbeit auf konkrete Fallbeispiele aus Film und Literatur beziehen und wie diese ihren Einfluss ausgeübt haben.

Der zeitliche Rahmen hierfür umfasst im weitesten Sinne das 20. Jahrhundert, legt jedoch primär das Augenmerkt auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere die Phase der Dekolonisation, den Kalten Krieg sowie die jüngere Vergangenheit. Die Begründung hierfür ist im Bestreben zu finden, das aktuelle Bild des Söldners in der Gesellschaft kritisch zu hinterfragen.

8 Weiters setzt die Natur der untersuchten Medien (seien es nun Film, Fernsehen, oder die dafür notwendigen Literaturvorlagen) voraus, dass ein Teil dieser Arbeit dem Inhalt dieser Werke gewidmet ist. Da man als Autor nicht voraussetzen kann, dass der Leser mit jedem der erwähnten Werke vertraut ist, wurde eine Synopsis in der Arbeit inkludiert. Um den Lesefluss nicht zu unterbrechen und die unternommene Analyse sofort der Darstellung der identifizierten Narrative gegenüberzustellen, wurde zudem der Entschluss gefasst, die Zusammenfassungen im Haupttext zu belassen, anstatt sie im Anhang anzuführen.

B. Aufbau der Arbeit Somit gliedert sich die Arbeit in fünf Teile. Neben dieser Einleitung als erstem Kapitel, werden in einem Zweiten die methodischen und theoretischen Herangehensweisen erörtert und nach einem Überblick in den wissenschaftlichen Diskurs zum Begriff des „Söldners“, eine für diese Arbeit verwendete Definition formuliert. Ein zusätzlicher Exkurs in die historische Genese des Söldnertums, soll den nötigen Kontext über die Jahrhunderte hinweg sicherstellen. Dabei wird sich zeigen, dass trotz jahrzehntelanger Auseinandersetzung mit der Thematik kein rechtlicher, wissenschaftlicher oder gesellschaftlicher Konsens gefunden wurde, um eine ganzheitliche Definition von Söldnern zu formulieren. Kapitel III stellt den Hauptteil der Arbeit da und identifiziert mehrere stereotypische Narrative, die im Zuge der Erforschung der Materie identifiziert wurden: a) Die Weißen Söldner, mit ihrem Ursprung im Kalten Krieg, insbesondere deren Verwendung in den Stellvertreter Kriegen der verschiedenen Kongo-Konflikte. b) Die Südafrikaner, als „Inbegriff“ der verabscheuungswürdigen, ehemaligen Apartheidsoldaten. c) Der Söldnerputsch, der ein zeitloses Narrativ darstellt, jedoch in seiner heutigen Verwendung ebenfalls seine Ursprünge in den Stellvertreterkriegen Afrikas wiederfindet.

Neben einer Beschreibung der diesen Narrativen zugrundeliegenden Filmen und Literatur, wird ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der Darstellungen geworfen und dieser anschließend in einen historischen Kontext gestellt, mit dem Ziel, die Ursprünge und deren Einfluss auf die Portraits zu identifizieren. Dabei wird sich zeigen, das Fiktion und Realität enger miteinander verbunden sind, als es zunächst erscheinen mag. In einem vierten und vor der Conclusio letzten Kapitel, werden Beispiele für die Verwendung des kollektiven Gedächtnisses von Söldnern, im Zuge der politischen Delegitimierung

9 angeführt. Dieser Teil der Arbeit wird zunächst auf Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit eingehen, um darauffolgend einen detaillierteren Blick auf die Verwendung des Mediums Film in der DDR zu werfen, und wie man mithilfe von Dokumentationen versuchte die Bundesrepublik Deutschland und mit ihr den Westen, eines Neoimperialismus zu bezichtigen.

C. Verwendete Quellen und Literatur Der interdisziplinäre Charakter dieser Arbeit spiegelt sich maßgeblich in den verwendeten Quellen und der Literatur wider. In Anbetracht dessen, dass rechtliche Definitionen und historische Betrachtungen mit Filmanalyse und Literaturkritik kombiniert werden, sollen hier einige Worte dazu gefunden werden. In Fragen der Definition von Söldnern, wurden die Original Dokumente internationaler Organisationen wie der UNO, dem Roten Kreuz oder der Afrikanischen Union verwendet, sowie die völkerrechtliche Genfer Konvention.10 Auch wenn in Bezug auf die Söldnerthematik laufend neue Publikationen veröffentlicht werden, müssen an dieser Stelle drei Forscher und ihre Werke genannt werden, die nach wie vor als Standardwerke gehandelt werden und vor allem die Frage der Definition im wissenschaftlichen Diskurs eingegrenzt haben: Deborah Avant11, David Shearer12 und Peter Singer.13 In Anbetracht dessen, dass sich die wissenschaftliche Sekundärliteratur in den letzten Jahren durch den Irak Krieg (2003-2011) primär mit den rechtlichen Implikationen und den Missbrauch sowie der Privatisierung von Sicherheit auseinandergesetzt hat, kann man mittlerweile eine Trendwende feststellen, die sich darin äußert, dass auch andere Aspekte beleuchtet werden. Besonders hervorzuheben ist die Monographie Klaas Voß’, der die Verwendung von Söldnern in den Stellvertreterkriegen der USA anhand umfassender Analysen von CIA Dokumenten aufarbeitete.14

10 International Convention against the Recruitment, Use, Financing and Training of Mercenaries. United Nationes, A/RES/44/34, 72nd plenary meeting, 4 December 1989. Download: http://www.un.org/documents/ga/res/44/a44r034.htm, 3.10.2016. OAU Convention for the Elimination of Mercenarism in Africa. Libreville, 3rd July 1977. Download: https://ihl- databases.icrc.org/applic/ihl/ihl.nsf/Treaty.xsp?documentId=0C24F4AAE67230CAC12563CD002D6D42&actio n=openDocument, zuletzt eingesehen am 18.08.2017. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I), (Stand am 18. Juli 2014). 11 Deborah D. Avant, The market for force. The consequences of privatizing security, New York 2005, erg. Auflage 2007. 12 David Shearer, Private Armies and Military Intervention. Adelphi Paper (316), New York 1998. 13 Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. Über den Aufstieg der privaten Militärfirmen, Frankfurt am Main 2006. 14 Klaas Voß, Washingtons Söldner. Verdeckte US-Interventionen im Kalten Krieg und ihre Folgen, Hamburg 2014. 10 Die Vorgänge in der Demokratischen Republik Kongo, während der 1960er Jahre, wurden primär von dem Historiker und Guardian Korrespondenten Anthony Mockler aufgearbeitet. Wenngleich sich mittlerweile aufgrund der Freigabe von amerikanischen und britischen Dokumenten neue Erkenntnisse ergeben haben, büßen seine Arbeiten nicht an Bedeutung ein, was sich nicht zuletzt darin zeigt, dass Mockler nach wie vor in der relevanten Literatur zitiert wird.15 In Bezug auf Film- und Kulturgeschichte sind im angelsächsischen Raum Elisabeth Bronfen16 und J. David Slocum17 zu nennen, während im deutschsprachigen Bereich Lars Karl18 für diese Arbeit herangezogen wurde. Für die Herausarbeitung der identifizierten Narrative wurden folgende Filme und Fernsehproduktionen herangezogen: Dark of the Sun (1968)19, The Wild Geese (1978)20, The Dogs of War (1980)21, Blood Diamond (2006)22, R.E.D. (2010)23, Jadotville (2016)24 sowie die Fernsehserie Strike Back (2010-2015).25 Es gäbe noch zahlreiche andere Produktionen, dies würde jedoch den Platz sprengen, weshalb sich die Auswahl auf die hier genannten Produktionen beschränkt. Für die Untersuchung der filmischen Delegitimierungsversuche der DDR wurde besonderes Augenmerk auf die Produktionen von Walter Heynowski und Gerhard Scheumann gelegt: Kommando 52 (1965)26, Der lachende Mann (1966)27, PS zum Lachenden Mann (1966)28, Der Fall Bernd K. (1967)29 und Immer wenn der Steiner kam (1967)30. Vor allem in diesem Bereich – der DDR Propaganda zu Söldnern – findet sich nach wie vor nur wenig brauchbare Sekundärliteratur, die sich mit der Thematik umfassend auseinandersetzt. Zum Duo Heynowski und Scheumann sei hier jedoch der Artikel von Roman Deckert, Cord

15 Anthony Mockler, The New Mercenaries. London 1986. Sowie: Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. Mercenaries: Thirty Years 1976-2006, Oxford 2006. 16 Elisabeth Bronfen, Hollywoods Kriege. Geschichte einer Heimsuchung, Frankfurt am Main 2013. 17 J. David Slocum (Hg.), Hollywood and War. The film reader, New York, London 2006. 18 Lars Karl (Hg.), Leinwand zwischen Tauwetter und Frost. Der osteuropäische Spiel- und Dokumentarfilm im Kalten Krieg. Berlin 2007. 19 (Regie), Dark of the Sun (1968). 20 Andrew V. McLaglen (Regie), The Wild Geese (1978). 21 John Irvin (Regie), The Dogs of War (1980). 22 Edward Zwick (Regie), Blood Diamond (2006). 23 Robert Schwentke (Regie), R.E.D. (2010). 24 Richie Smyth (Regie), Jadotville (2016). 25 Michael J. Bassett, Daniel Percival, Julian Holmes, u.a. (Regie), Strike Back (2010-2015). 26 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), Kommando 52 (1965). 27 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), Der lachende Mann – Bekenntnisse eines Mörders (1966). 28 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), PS zum lachenden Mann (1966). 29 Peter Voigt, Walter Heynowski (Regie), Der Fall Bernd K. (1967). 30 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), Immer wenn der Steiner kam (1971-76). 11 Eberspächer, Gerhard Wiechmann31 erwähnt, der mehr als nur detailliert ein genaues Bild der Vorgänge zeichnet.

Weitere Quellen finden sich in Autobiographien und Erlebnisberichten beteiligter Akteure wie Mike Hoare32, Frederick Forsyth33 u.a. Wohlwissend, dass diese kritisch hinterfragt werden müssen, liefern sie dennoch wertvolle Einblicke in den Zeitgeist ihrer Entstehung und der persönlichen Perspektiven der Autoren. Die Erkenntnisse aus diesem Material wurden zudem mit zahlreichen Zeitungsartikeln aus diversen Medien ergänzt. Neben den alltäglichen Onlineportalen diverser Printmedien, wurde auch auf digitalisierte Ausgaben zurückgegriffen, die in Archiven wie dem Google News Archive34 verfügbar sind. Nicht zuletzt sind auch Quellensammlungen von britischer Seite35 zu nennen, aber auch das Archiv der CIA36, dass laufend neue Dokumente und somit wichtige Primärquellen in digitalisierter Form öffentlich zugänglich macht.

31 Roman Deckert, Cord Eberspächer, Gerhard Wiechmann, Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg: „Der lachende Mann. Bekenntnisse eines Mörders“ und „Immer wenn der Steiner kam“. Sternstunden des Films oder demagogische Demontage? In: Lars Karl (Hg.), Leinwand zwischen Tauwetter und Frost. Der osteuropäische Spiel- und Dokumentarfilm im Kalten Krieg. Berlin 2007. S. 171-202. 32 Mike Hoare, . London 1984. Sowie: Mike Hoare, The Road to Kalamata. A Congo Mercenary’s Personal Memoir, London 1989. 33 Frederick Forsyth, Outsider. München 2015. 34 Google News Archive: https://news.google.com/newspapers?hl=de, eingesehen am 23.07.2017. 35 British Documents On The End of Empire, S.R. Ashton (Gen. Ed.), Series B Volume 9, Central Africa, Philip Murphy (Hg.), Part I, Closer Association 1945-1958. London 2005. 36 CIA Library - Freedom of Information Act (FOIA) Electronic Reading Room, Download: https://www.cia.gov/library/readingroom/advanced-search-view, eingesehen am 23.07.2017. 12 II. Die Problematik der Terminologie

„The fact that what „mercenary“ refers to has changed over time is interesting for what it tells analysts about the shifts in what are considered legitimate uses of force, but makes the word less useful as an analytical term.“ - Deborah D. Avant - 37

Einer der wohl bemerkenswertesten Faktoren dieser schriftlichen Arbeit – sei es in Bezug auf Differenzierung, Perzeption sowie Bedeutungswandel –, ist der Terminus „Söldner“ selbst. Wie so viele Begriffe die im Alltag verwendet werden, resultiert die Verwendung des Begriffes zwar in einem sofortigen normativen Bild der Wahrnehmung, ist jedoch bei weitem nicht so präzise im Falle einer deskriptiven Erklärung, wie man im ersten Moment denken und hoffen würde. Deborah Avant formulierte die Problematik wie folgt: „It turns out that everyday terms like „mercenary“, „public“, „private“, „privatization“, and “the state“, have a variety of meanings that do not always travel well – across time or space.”38 Die Problematik hierbei ist die Tatsache, dass obgleich sich die Tätigkeit des Söldners wie ein roter Faden durch die Geschichte der Menschheit zieht, ihre Bedeutung und Funktion in der Kriegsführung einem steten Wandel der Zeit unterlegen war und nach wie vor ist. Somit wird der Terminus für eine Vielzahl von Umständen verwendet, innerhalb einer thematischen Bandbreite, die vom einzelnen Individuum bis hin zu modernen Sicherheits- und Militärfirmen reicht.39 Hierbei darf nicht vergessen werden, dass mit der laufenden Herausbildung des staatlichen Gewaltmonopols seit dem Westfälischen Frieden, jegliche nichtstaatliche Form der Gewaltanwendung kriminalisiert und an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wurde. In diesem Kontext ist das negative Konnotieren des Söldnerbegriffes zu betrachten, und wie die bloße Nennung des Terminus von Staatsspitzen als Delegitimierung andersartiger Formen von nichtstaatlicher Gewalt verwendet wurde.40 Dies ist nur einer von zahlreichen Gründen, weshalb in der heutigen Gesellschaft „Söldner“ als pejorativer Begriff in Verwendung ist,

37 Deborah D. Avant, The market for force. The consequences of privatizing security, New York 2005, erg. Auflage 2007. S. 23. 38 Vgl. Deborah D. Avant, The market for force. S. 22. 39 Ebda. 40 David Jaklin, Das Dilemma des staatlichen Gewaltmonopols. Download: http://www.shabka.org/2013/08/12/das-dilemma-des-staatlichen-gewaltmonopols/, 15.04.2015. 13 obwohl nichtstaatliche Kräfte laufend von staatlicher Seite für militärische und sicherheitspolitische Zwecke verwendet werden.41 Es überrascht somit nicht, wenn von wissenschaftlicher Seite, aufgrund der zahlreichen Umstände und Facetten, teilweise Abstand von einer Katalogisierung dieses speziellen Personenkreises genommen wird.42 Für die methodische Eingrenzung dieser Arbeit ist es jedoch vonnöten, zumindest eine gewisse Auswahl der Umstände sowie der Spezifika dieses Phänomens zu treffen. Aus diesem Grund wird im Folgenden eine Darstellung der bisherigen Definitionsversuche der Forschung und Rechtsprechung unternommen – aber auch eine Differenzierung innerhalb des Spektrums der Söldner und PMCs –, um dann in weiterer Folge eine eigenständige, auf die Bedürfnisse dieser Arbeit zugeschnittene Begrenzung vorzunehmen.

D. Definitions- und Differenzierungsversuche

1. Völkerrecht und internationale Organisationen Aufgrund der Natur der Profession überrascht es nicht, wenn die Mehrheit der Definitionen, bzw. der Definitionsversuche vor allem im juristischen Diskurs zu finden sind. Immerhin lag die Wichtigkeit eines Eingrenzungsversuchs nie primär in der sozialen oder sogar semantischen Ebene, sondern vielmehr im rechtlichen Bereich, da es zu ermitteln galt, wer in den Augen des Gesetzes ein „Söldner“ ist, und wie demnach mit den betreffenden Personen in einem rechtlichen Rahmen, aber auch in einer politischen Situation im Zuge von diplomatischen oder völkerrechtlichen Verhandlungen zu verfahren ist.

Vor allem die Kriege und Konflikte des sich im Dekolonisationsprozess befindlichen Afrikas führten zu einer Vielfalt an Definitionsversuchen. David Shearer weiß zu berichten, dass vor allem der Kongo-Konflikt (1960-65) zu einer Reihe von UN-Resolutionen führte, die obgleich nicht rechtlich bindend, doch als Grundstein für darauffolgende Regulierungsversuche dienten.43

41 Siehe hierzu: Michael Scheimer, Separating private military companies from illegal mercenaries in international law: proposing an international convention for legitimate military and security support the reflects customary international law. In: American University International Law Review, Vol 24, No. 3 (2009), S. 609- 646. Scheimer spricht hier dezidiert an, dass die internationale Staatengemeinschaft seit jeher die Verwendung von Söldnern akzeptiert und ein Wandel erst in den letzten Jahrzehnten stattgefunden hat, da sich die Rechenschaftspflicht der Herkunftsländer geändert hätte (S.614). Gleichzeitig würden auch heute noch Staaten, welche „Söldner“ grundsätzlich ablehnen und verurteilen, PMCs engagieren (S. 637). 42 Deborah D. Avant, The market for force. S. 23. 43 David Shearer, Private Armies and Military Intervention. Adelphi Paper (316), S. 16. 14 Die Vorkommnisse in Afrika der 1960er und 1970er Jahre, führten im Vereinigten Königreich Großbritanniens zu einer Reihe von Berichten, deren bekanntester der sogenannte „Diplock Report“ ist (aufgrund des Leiter Lord Diplock, damaliger Vorsitzender der Security Commission44), welcher dem britischen Parlament im August 1976 vorgelegt wurde und eine Reaktion auf die Rekrutierung von rund 160 britischen Staatsbürgern für den bewaffneten Kampf in Angola gegen die MPLA [Movimento Popular de Libertação de Angola] war.45 In diesem Kontext erfolgte die Eingrenzung von Söldneraktivitäten ebenso vage, wie man sie in Wörterbüchern und Lexika vorfinden kann. Dem Bericht zufolge werden Söldner allgemein zunächst wie folgt definiert: „‚Mercenaries‘ in the broad sense are persons who serve voluntarily for pay in armed forces other than the regular forces of their own country.“46 Faszinierenderweise gehen die Verantwortlichen des Berichts schon von Beginn an davon aus, dass Söldner nicht dadurch definiert werden können warum sie als solche agieren (also welche Motivation sie antreibt), sondern viel mehr was sie im Zuge ihrer Aktivitäten de facto machen (also die reinen Taten, seien sie moralisch und juristisch rechtfertigbar oder nicht). Der Grund hierfür war, dass man eingestehen musste, dass selbst bei genauen Eingrenzungen der Motive immer noch die Möglichkeit bestünde, neben Glücksrittern auch Idealisten in derselben Gruppe aufzufinden.47 Als Arbeitsdefinition entschied man sich letzten Endes für eine leicht abgeänderte, und an britische Verhältnisse angepasste Version der oben genannten: „‘Any person who serves voluntarily and for pay in some armed force other than that of Her Majesty in the right of the ‘.“48

Mit Blick auf das Völkerrecht gelten drei verschiedene Versuche zur Erlangung eines Regulativs als bedeutend. Dies wäre zunächst der Artikel 47 des Zusatzprotokolls der Genfer Konvention, der sich in erster Linie dem Kombattanten- und Kriegsgefangengenstatus sogenannter „Söldner“ widmet und nach wie vor der weitestgehend akzeptierte und zitierte Definitionsversuch ist:49

44 , House of Commons Statement [British Mercenaries (Angola)], 1976 February 10. Download: http://www.margaretthatcher.org/document/102956, zuletzt eingesehen am 18.05.2017. 45 Report of the Committee of Privy Counsellors appointed to inquire into the recruitment of mercenaries. London, Her Majesty’s Stationary Office, Cmnd. 6569. S. 1. [Im Folgenden zit. als “Diplock Report, 1976”] 46 Ebda 47 Diplock Report, 1976. S. 2. 48 Ebda. 49 David Shearer, Private Armies and Military Intervention. Adelphi Paper (316), S. 16. 15 Art. 47 Söldner 1. Ein Söldner hat keinen Anspruch auf den Status eines Kombattanten oder eines Kriegsgefangenen. 2. Als Söldner gilt, a) wer im Inland oder Ausland zu dem besonderen Zweck angeworben ist, in einem bewaffneten Konflikt zu kämpfen, b) wer tatsächlich unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt, c) wer an Feindseligkeiten vor allem aus Streben nach persönlichem Gewinn teilnimmt und wer von oder im Namen einer am Konflikt beteiligten Partei tatsächlich die Zusage einer materiellen Vergütung erhalten hat, die wesentlich höher ist als die den Kombattanten der Streitkräfte dieser Partei in vergleichbarem Rang und mit ähnlichen Aufgaben zugesagte oder gezahlte Vergütung, d) wer weder Staatsangehöriger einer am Konflikt beteiligten Partei ist noch in einem von einer am Konflikt beteiligten Partei kontrollierten Gebiet ansässig ist, e) wer nicht Angehöriger der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei ist und f) wer nicht von einem nicht am Konflikt beteiligten Staat in amtlichem Auftrag als Angehöriger seiner Streitkräfte entsandt worden ist.50

Hierbei muss erwähnt werden, dass es zu dieser Definition erst kam, nachdem mehrere afrikanische Länder unter der Führung Nigerias ausdrücklich darauf bestanden hatten, sie zu inkludieren. Die internationale Staatengemeinschaft war während der Verhandlungen zum Zusatzprotokoll bezüglich der Notwendigkeit nämlich geteilter Meinung. Nicht zuletzt wollten ehemalige Kolonialmächte keinesfalls in eine juristische Rechenschaftspflicht gerückt werden51 Letzten Endes stimmten jedoch diese, bzw. „der Westen“ widerwillig zu, weshalb auch die endgültigen Formulierungen recht weit gegriffen, bzw. kaum anwendbar sind, da hier sechs verschiedene Kriterien für Personen gleichzeitig greifen müssen, damit sie unter diese spezielle Definition fallen.52 Shearer zitiert in seiner Arbeit den Juristen Geoffrey Best mit den Worten: „Any Mercenary who cannot exclude himself from this definition deserves to be shot – and his lawyer with him.”53

50 Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I), (Stand am 18. Juli 2014). 51 Michael Scheimer, Separating private military companies from illegal mercenaries in international law. S. 616. 52 Vgl. hierzu: Report on the question of the use of mercenaries as a means of violating human rights and impeding the exercise of the right of peoples to self-determination, submitted by Mr. Enrique Ballesteros, Special Rapporteur, pursuant to Commission resolution 1995/5 and Commission decision 1996/113. E/CN.4/1997/24, 20 February 1997. S. 27. Sowie: David Shearer, Private Armies and Military Intervention. 16f. 53 David Shearer, Private Armies and Military Intervention. S. 18. 16 Gleichzeitig werden aus dieser Definition Personenkreise ausgeschlossen, die von ideologischen, religiösen oder moralischen Gründen geleitet werden, was zumindest eine grobe Eingrenzung in Bezug auf die zahlreichen Facetten der sich an Konflikten beteiligenden Personen zulässt.54 Nicht zuletzt ist die Forschung zu dem Schluss gekommen, dass mit dem Art. 47 des Genfer Zusatzprotokolls eine maßgeschneiderte Lösung für das afrikanische Söldnerphänomen gefunden und aufgrund seiner mangelnden Ratifizierung kein starkes Bekenntnis zum Völkerrecht abgelegt wurde.55 Da es jedoch an dieser Stelle nur um die Definition als solches, und nicht die rechtlichen Implikationen geht, soll folgend nicht auf diese speziellen Schwächen des Artikel 47 sowie der fehlenden Ratifikation vonseiten einzelner Staaten eingegangen werden.56

Der zweite Versuch kam ebenfalls von der afrikanischen Staatenwelt: Die Organisation für Afrikanische Einheit [Organisation of African Unity, OAU; Organisation de l’Unité Africaine, OUA] erließ im Jahr 1977 – gleichzeitig zum Art. 47 des Zusatzprotokolls – die „Convention for the Elimination of Mercenarism in Africa“57, welche sich von der Definition her an die der Genfer Konvention orientiert, selbige jedoch um einen Faktor – nämlich die gezielte Destabilisierung einer Regierung – ergänzt. In Artikel 1 „Definition“ ist somit unter Punkt Zwei zu lesen, dass

2. The crime of mercenarism is committed by the individual, group or association, representative of a State or the State itself who with the aim of opposing by armed violence a process of self-determination stability or the territorial integrity of another State, practises any of the following acts: a) Shelters, organises, finances, assists, equips, trains, promotes, supports or in any manner employs bands of mercenaries;

54 Jose L Gómez del Prado, Mercenaries, Private Military and Security Companies and International Law. UN Working Group on the use of mercenaries. S. 7. 55 Vgl hierzu: Michael Scheimer, Separating private military companies from illegal mercenaries in international law. S. 617 (Fn) und 632. 56 Die Literatur hierzu ist mannigfaltig genug, und das bereits zitierte Werk von David Shearer liefert einen mehr als brauchbaren Zugang zu der Materie. Weitere Ausführungen zu Artikel 47 des Zusatzprotokolls und wie leicht man die angeführten Kriterien umgehen, bzw. unbrauchbar machen kann, findet man bei: Jose L Gómez del Prado, Mercenaries, Private Military and Security Companies and International Law. S. 8f. 57 OAU Convention for the Elimination of Mercenarism in Africa. Libreville, 3rd July 1977. Download: https://ihl- databases.icrc.org/applic/ihl/ihl.nsf/Treaty.xsp?documentId=0C24F4AAE67230CAC12563CD002D6D42&actio n=openDocument, zuletzt eingesehen am 18.08.2017. 17 b) Enlists, enrols or tries to enrol in the said bands; c) Allows the activities mentioned in paragraph (a) to be carried out in any territory under its jurisdiction or in any place under its control or affords facilities for transit, transport or other operations of the above mentioned forces.58

In der im Jahr 1989 erlassenen Konvention gegen die Rekrutierung, Verwendung, Finanzierung und des Trainings von „Söldnern“, bauten die Vereinten Nationen auf den in Artikel 47 erlassenen sowie den von der OAU ergänzten Definitionen auf. Diese stellt somit den dritten der hier angeführten völkerrechtlichen Versuche da. So wird in Punkt 1 des ersten Artikels zunächst Bezug auf die im Genfer Zusatzprotokoll angeführten Charakteristika a-f genommen, um dann in Punkt 2 in ähnlicher Formulierung die von der OAU hinzugefügten Aspekte der territorialen Integrität aufzunehmen:

Article 1 For the purposes of the present Convention, […] 2. A mercenary is also any person who, in any other situation: (a) Is specially recruited locally or abroad for the purpose of participating in a concerted act of violence aimed at: (i) Overthrowing a Government or otherwise undermining the constitutional order of a State; or (ii) Undermining the territorial integrity of a State; (b) Is motivated to take part therein essentially by the desire for significant private gain and is prompted by the promise or payment of material compensation; (c) Is neither a national nor a resident of the State against which such an act is directed; (d) Has not been sent by a State on official duty; and (e) Is not a member of the armed forces of the State on whose territory the act is undertaken.59

58 Art. 1. OAU Convention for the Elimination of Mercenarism in Africa. Libreville, 3rd July 1977. International Committee of the Red Cross. Download: https://ihl- databases.icrc.org/applic/ihl/ihl.nsf/Article.xsp?action=openDocument&documentId=A8AB2D0B83BD8AA5C 12563CD0051EB19, eingesehen am 03.10.2016. 59 International Convention against the Recruitment, Use, Financing and Training of Mercenaries. United Nationes, A/RES/44/34, 72nd plenary meeting, 4 December 1989. Download: http://www.un.org/documents/ga/res/44/a44r034.htm, eingesehen am 03.10.2016. 18 Insofern wurde im Laufe der Jahrzehnte der prägende Definitionspunkt des Konfliktes als solchen, um den des Umsturzversuchs, bzw. Putschversuches ergänzt. Mit Blick auf die reichhaltige Geschichte von Coups d’État in Afrika im Zeitraum der letzten Jahrzehnte, ein nachvollziehbarer Umstand.

2. Die Problembeurteilung des UN Special Rapporteur on the use of mercenaries Den Bogen spannend und wieder zu internationalen Organisationen zurückkehrend, lässt sich berichten, dass im Zuge einer Untersuchung der Vereinten Nationen der designierte Sonderberichterstatter für „Söldner“ Enrique Bernales Ballesteros zu dem Schluss kam, dass aufgrund der Bandbreite nichtstaatlicher Akteure in diesem speziellen Bereich (sämtliche Protagonisten nichtstaatlicher Gewalt, von ordinären Kriminellen, bis hin zu Söldnern und PMCs) so mannigfaltig ist, dass selbst im Bereich der „Söldner“ und der privaten Sicherheits- und Militärfirmen eine derartige Vielfalt besteht, dass die vorhandenen und eng gezogenen Richtlinien in internationalen Konventionen und Gesetzestexten kaum brauchbar sind.60 In seinem Abschlussbericht kommt er deshalb zu dem Schluss, dass “the contracts which private military advisory, training and security companies […] cannot be strictly considered as coming within the legal scope of mercenary status as defined in the reference material.“61

E. Wissenschaftlicher Diskurs – ein Abwägen der Grauzonen Der wissenschaftliche Diskurs baut auf diesen juristischen Ansätzen auf, versucht aber seinerseits die verschiedenen Ausprägungen von Söldnern zu definieren – da sich deren Erscheinungsform über die Jahre und je nach sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen änderte.

1. Differenzierung von Söldnern und PMCs Bei genauerem Blick erweist sich nicht nur die Eingrenzung des Typus „Söldner“ als problematisch. Auch die Differenzierung innerhalb der Profession und wie selbige auftritt, sich rechtlich repräsentiert sowie ihre Arbeit verrichtet, stellt die Forschung vor Schwierigkeiten.

60 David Shearer, Private Armies and Military Intervention. S. 20. 61 Report on the question of the use of mercenaries as a means of violating human rights and impeding the exercise of the right of people to self-determination, submitted by Mr. Enrique Bernales Ballesteros, special Rapporteur, pursuant to Commission resolution 1995/5 and Commission decision 1996/113. E/CN.4/1997/24, 20 February 1997. S. 32. 19 So differenzierte bereits David Shearer fünf Jahre vor Beginn des derzeitig laufenden PMC- und Söldner Diskurses – welcher mit der US-Invasion des Iraks im Jahr 2003 und der darauffolgenden massiven Teilnahme von Sicherheitsfirmen während der Okkupation begann –, zwischen Privaten Sicherheits- und Militärfirmen [PMC] und Söldnern als Individuen.62 Hierbei sah er vor allem drei maßgebliche Aspekte, welche der privatisierten Sicherheit sowie der Bereitstellung paramilitärischer Dienstleistungen nicht nur eine neue Qualität gaben, sondern auch eine dementsprechende Unterscheidung zum eigentlichen, bis dahin von staatlicher Seite verpönten Individuum des Söldners mit sich brachten: Dies wären zum einen die offizielle Registrierung der PMCs sowie das aktive, nicht klandestine Bewerben der Firmenkompetenzen. Zum anderen unterscheiden sich private Sicherheits- und Militärfirmen dadurch, dass ihr Personal innerhalb einer Struktur in der Firma selbst angestellt ist und somit eine dementsprechende Rechenschaftspflicht gegenüber dem Arbeitgeber – in Form der PMC – hat. Letzten Endes, und dies ist auch ein wesentlicher Aspekt der nicht unterschätzt werden darf, bestehen zwischen einer PMC und ihren Kunden rechtlich bindende Verträge, mitsamt allen juristischen Konsequenzen im Falle eines Vertragsbruches oder sonstigen rechtlichen Auseinandersetzungen.63 Peter W. Singer führt die Überlegungen Shearers fort und konstatierte, dass es mittlerweile kaum noch eine Vergleichsbasis moderner PMCs und der Söldner bzw. Einzelkämpfer der 1960er Jahre gibt. Für ihn sind die Unterschiede „unübersehbar“ und vor allem die schon von Shearer beschriebene Evolution der „Söldner“, in Form einer Konzernbildung, gelte als qualitative Neuerung.64 Auch Singer sieht hierin einen markanten Unterschied; vor allem in der hierarchischen Struktur, mitsamt einer Verwaltung und in offiziellen Registern eingetragenen Besitzverhältnissen der modernen Sicherheits- und Militärfirmen. Diese neue Konzeption resultiert auch darin, dass finanzielles Potential für Vorfinanzierungen von Projekten möglich ist und sich somit der Handlungsspielraum vergrößert. Dies wird durch den finanziellen Gewinn des Unternehmens, und nicht dem des Individuums ermöglicht. Dementsprechend ist also nicht die Einzelperson, sondern die Struktur von Relevanz. Selbige ist in den heutigen Wirtschafts- und Rechtssystemen als legale Körperschaft vertreten und agiert somit im Offenen.65

62 David Shearer, Private Armies and Military Intervention. S. 21. 63 Ebda. 64 Peter W. Singer, Die Krieg AGs. S.84. 65 Peter W. Singer, Die Krieg AGs. S. 85f. 20 Singer unterscheidet in dieser Hinsicht sehr klar zwischen PMCs und Söldnern: „Während Söldnertruppen wenig mehr als eine Ansammlung von Individuen darstellen, organisieren PMFs [Anm. PMCs] ihr Personal gemäß den vordefinierten Strukturen eines Wirtschaftsunternehmens.“66

2. Das Artikulieren der definitorischen Grauzonen Der Forscher Christopher Kinsey folgt diesen Gedankengängen ebenso und führte sie in seinem Buch Corporate Soldiers and international Security67 weiter aus, indem er noch die Kategorie der „private combat companies“ dem Diskurs hinzufügte; also Firmen, die nicht nur einen Staat in der der Sicherung von Objekten und im Schutz von Individuen unterstützen, sondern aktiv am Kampfgeschehen teilnehmen sowie direkt in Offensiven involviert sind. Ihm zufolge gäbe es also neben „freelance operators“ (also den klassischen „Söldnern“), „Private Security Companies“ (PSCs) und „Private Military Companies“ (PMCs) auch noch PCCs – Private Combat Companies.68 Im Diskurs kann man hier deutlich erkennen, dass teilweise unterschiedlich differenziert wurde. Während einige Forscher wie Singer und Shearer Sicherheits- und Militärfirmen in einem Atemzug nennen, unterscheidet Kinsey hier noch differenzierter, da laut seinen Ausführungen PCCs direkt für Kampfeinsätze konzipiert sind und den Fokus auf derartige Aufträge legen. Im Grunde ist dieses „Geschäftsmodell“ nicht sehr weit verbreitet und die einzigen Beispiele, die hierfür genannt werden können, sind Executive Outcomes und Sandline International, die in den 1990er Jahren aktiv waren.69 Dass die Kategorisierung eine problematische ist, gesteht auch Kinsey ein, indem er pointiert festhält: „Acceptable definitions are hard to find, and the different entities tend to merge into one another.“70 Nichtsdestotrotz kategorisiert auch er PMCs als private Militärfirmen, als force multiplier neben staatlichen Armeen, welche eine aktive Rolle einnehmen und de facto aus ehemaligen Militärangehörigen bestehen, die nun im Privatsektor in Firmenform agieren.71 PSCs würden sich nur in der Art des angebotenen „Service“ unterscheiden, welcher sich auf Sicherungsaufgaben konzentriere. Vor allem hier ist der Graubereich noch größer, da es unklar

66 Peter W. Singer, Die Krieg AGs. S. 87. 67 Christopher Kinsey, Corporate Soldiers and international Security. The Rise of private Military companies. New York 2006. 68 Christopher Kinsey, Corporate Soldiers and international Security. S. 9. 69 Christopher Kinsey, Corporate Soldiers and international Security. S. 13f. 70 Christopher Kinsey, Corporate Soldiers and international Security. S.9. 71 Christopher Kinsey, Corporate Soldiers and international Security. S. 14. 21 ist, inwieweit private Wachdienste wie z.B. Group 4 in diese Kategorisierung miteinzubeziehen sind.72

In Bezug auf „Söldner“ bzw. „freelance operators“ (um seine Worte zu verwenden) werden die Ausführungen zu einer eigentlichen Definition klarer. Hier spricht Kinsey von einer „traditionellen Auffassung“73, dass ein „Söldner“ „a soldier willing to sell his military skills to the highest bidder, no matter what the cause“ ist. Hierbei wird auch die Vorstellung Anthony Mocklers zitiert, dass es eine „Hingabe zum Krieg der Sache wegen“ gäbe. Vor allem der Punkt der Hingabe, bzw. der „devotion“ (wie es im englischen verwendet wird) wird hierbei unterstrichen. Der Unterschied zum staatlichen – und somit legitimen Soldaten – wäre stattdessen die Hingabe zur militärischen Profession.74 Kinsey geht auch soweit, Timothy Spicer direkt zu zitieren, den Gründer und Hauptverantwortlichen der Firma Sandline International, indem er Söldner als Individuen definiert, die für spezielle militärische Zwecke rekrutiert werden und im Zuge dessen keiner permanenten Struktur unterliegen, keine Gruppenzusammenhalt besitzen, oder jegliche Doktrin sowie Sicherheitsüberprüfung.75

Letzten Endes findet man auch bei Kinsey die Überzeugung, dass PMCs und PSCs der aktuellen Sicherheitslandschaft nicht repräsentativ für das klassische „Söldnerbild“ der 1960er und -70er Jahre sind.76 Vielmehr ist eine genaue Definition der privatisierten Sicherheit und der Gewaltanwendung in den vergangenen Dekaden markant diffiziler geworden. Nicht zuletzt wird laufend auf die Definition des bereits erwähnten Art. 47 der Zusatzprotokolle der Genfer Konvention zurückgegriffen, obwohl dieser zugleich in seiner Zweckmäßigkeit kritisiert wird.

3. Tim Spicer – aus den Augen und dem Mund eines Beteiligten Mehrmals von Kinsey und anderen zitiert, findet sich auch bei einem direkt Beteiligten – in Form von Lt. Col. Tim Spicer – eine Einordnung von „Söldnern“. In seinen Augen folgen „Söldner“ und PMCs einer jahrhundertealten historischen Tradition, in einer Vielfalt von Kulturen. Insofern differenziert er zwischen dem „traditionellen Söldner“, einem ehrenhaften

72 Christopher Kinsey, Corporate Soldiers and international Security. S. 16ff. 73 Im engl. Original: “traditional notion”. Christopher Kinsey, Corporate Soldiers and international Security. S. 19. 74 Anthony Mockler, The New Mercenaries. London 1986. S. 36. Vgl hierzu: Christopher Kinsey, Corporate Soldiers and international Security. S. 19. 75 Ebda. 76 Christopher Kinsey, Corporate Soldiers and international Security. S. 32. 22 Soldaten, der auf Vertragsbasis für eine legitime Regierung operiert, und den Abenteuer- suchenden Kriminellen [im engl. Original: „excitement-seeking thug“].77 Der Personenkreis im letzteren Falle habe laut Spicer das zeitgenössische Bild des „Söldners“ geprägt, das der von Peter Tickler formulierten Definition entspricht, der zufolge ein „Söldner“ „a freelance soldier of no fixed abode or loyalty, ruthless, undertaking short contracts for large amounts of money“ ist.78 Hierbei ist hervorzuheben, dass obwohl die Definition kurz und wertend formuliert ist, mehrere prägnante Charakteristika vorzufinden sind, die eine präzise Einordnung zulassen. Dies sei zum einem der Bezug auf das einzelne Individuum, in Form des „freelance soldier“, dessen Unabhängigkeit, welche durch die Wörter „freelance“ „no fixed abode“ [Anm.: Bleibe, Wohnsitz] impliziert wird, wie auch zum anderen, die Kurzlebigkeit der Auftragsarbeit, welche in den Worten „undertaking short contracts“ zu finden ist. Die pejorativen Charakteristika, die durch die Beschreibung „no [...] loyalty,“ oder „ruthless“ transportiert werden, sind ein Sinnbild der normierenden Charakterisierung von „Söldnern“ seit den 1960er und -70er Jahren.

4. Die Rückkehr zum alten Söldnerbegriff Während im wissenschaftlichen Diskurs die Suche nach einer prägnanten und eng greifenden Definition nach wie vor diskutiert wird, gibt es auch Strömungen von Forschern mit dem Wunsch eine breitere Definition zu finden, da in ihren Augen vorhandene Definitionen zu eng gegriffen sind. So schlägt beispielsweise Uwe Steinhoff in seinen Arbeiten die folgende Eingrenzung vor: „A mercenary is a person who is contracted to provide military services to groups other than his own (in terms of nation, ethnic group, class etc.) and is ready to deliver this service even if this involves taking part in hostilities. Which groups are relevant depends on the nature of conflict.”79 Mit dieser Definition als Basis, geht Steinhoff sogar soweit, die hier beschriebenen Unterschiede zwischen “Söldnern“ als Einzelindividuen und PMCs als „übertrieben“ einzustufen, mit der Argumentation, dass Letztere im Endeffekt nur „Söldner“ in einer organisierten Form sind.80

77 Tim Spicer, An unorthodox Soldier. Peace and War and the Sandline Affair, Edingburgh, London 2000, S. 38 78 Tim Spicer, An unorthodox Soldier. S. 35. 79 Uwe Steinhoff, What are mercenaries? In: Andrew Alexandra, Deane-Peter Baker, Marina Caparini (Hg.), Private Military and Security companies. Ethics, Policies and civil-military relations, New York 2008, S. 28. 80 Uwe Steinhoff, What are Mercenaries? S. 19. 23 Nicht zuletzt zitiert er auch Francoise J. Hampson mit den Worten: „Mercenaries appear to have three essential characteristics. They are foreign, motivated principally by financial gain and use force, but not as regular members of the armed forces of a state.“81

5. Die moralische Bewertung der “Söldner” Das Problem der Definition wird im wissenschaftlichen Diskurs wie folgt gesehen: „Das Problem ist, dass es sich bei solchen Charakterisierungen nicht um analytische Bewertungen, sondern um normative Urteile handelt, die noch dazu nicht stichhaltig sind.“82 Zahlreiche Forscher widmeten sich der Rezeptionsgeschichte des Söldnerbegriffs und vor allem dem negativen Konnotieren, das scheinbar nie ein Ende nimmt. Tony Lynch und A.J. Walsh zufolge, ziehen viele Schreiber eine Analogie mit der Prostitution vor, wenn es um die Bewertung von Söldnern geht. Vor allem der Aspekt der Bezahlung für Kriegsdienste ist hier der ausschlaggebende Punkt und wirft die Frage des „gerechten“ Tötens auf. Personen in Söldnerdiensten werden insofern als bösartig eingestuft, da sie „Blutgeld“ für ihre Dienste erhalten.83 Lynch und Walsh identifizieren drei Mechanismen in der Literatur, um zwischen Soldaten und Söldnern zu differenzieren: a) dies wären zum einen monetäre Motive, b) die richtige Intention für die Berufung c) und zum anderen der Widerwille Krieg zu führen. Diese Aspekte werden jedoch als mangelhaft eingestuft, da sie kein Indikator für eine moralische Schwäche seien.84 Nach wie vor ist die öffentliche Meinung stark von den Ausführungen Niccoló Machiavellis geprägt, der in seinem Opus Der Fürst die damaligen Condottieri kritisierte und ein Bild von militärischer Inneffizienz prägte, die aus einer angeblich fehlenden Blutrünstigkeit resultierte. So schreibt er in Kapitel XII: „Söldner und Hilfstruppen sind unnütz und gefährlich. Ein Fürst, der sich auf sie verlässt, ist nie sicher. Sie sind uneins, ehrgeizig, undiszipliniert, treulos, tapfer unter Freunden, feig gegen Feinde und haben weder Gottesfurcht noch Redlichkeit, [...]. In Friedenszeiten bist du von ihnen, im Krieg von den Feinden geplündert. [...] nur der Sold knüpft

81 Zit. Nach: Uwe Steinhoff, What are Mercenaries? S. 19f. 82 Peter W. Singer, Die Krieg AGs. S. 84. 83 Tony Lynch, A.J. Walsh, The good mercenary? In: The Journal of Political Philosophy, Vol. 8 (2), 2000, S. 134f. 84 Tony Lynch, A.J. Walsh, The good mercenary? S. 142. 24 sie an den Dienst und dieser ist nicht groß genug [...].“85 Gleichzeitig stellte er deren Loyalität in Frage, und leitete daraus eine Gefahr für den Staat her, mit der endgültigen Schlussfolgerung, dass die Tätigkeit als „Söldner“ den menschlichen Charakter korrumpieren würde.86 Anzumerken ist hierbei, dass Machiavelli seine Angaben verfälschte und somit auch das von ihm kreierte Bild.87 Lynch und Walsh ziehen ihre eigenen Schlussfolgerungen aus ihrer Durchsicht der Literatur: Im Endeffekt hätte die wertende Beurteilung von Söldnern nie eine tatsächliche moralische oder vernünftige Position vertreten: „The case against mercenarism is not moral, or in the general sense prudential, it is in essence political.“88

F. Exkurs: Die historische Genese der Söldner Niccoló Machiavelli wurde soeben angesprochen. Als Kind seiner Zeit hatte er konkrete Vorstellungen über die Art und Weise, wie Kriegsführung durchzuführen sei, und kommentierte die Vorgänge seiner Schaffenszeit dementsprechend. Italien war in der Neuzeit und während der Renaissance von zahlreichen, wohlhabenden Stadtstaaten geprägt, die untereinander regelmäßige Konkurrenzkämpfe abhielten. Somit ist es keine Überraschung, dass hier die Ausbildung des neuzeitlichen Söldnertums seinen Schwerpunkt fand.89 Den Konflikten um die regionale Vorherrschaft, einzelnen Einflusszonen, sowie der Bedrohung durch größere Territorialstaaten wurde vonseiten der Stadtstädte durch mehrere Strategien begegnet. Zum einen versuchte man das vorhandene Territorium zu konsolidieren, indem man es mit zur Verfügung stehenden Truppen sicherte, und zum anderen strebte man eine Expansion an, um dadurch das eigene Hinterland zu kontrollieren und somit den regionalen Einfluss zu wahren. Um dies durchzuführen, benötigte man mehr Truppen als städtische Milizen zur Verfügung stellen konnten.90 Generell stellte sich das feudale Militärwesen zunehmend als ineffizient und nicht ausreichend heraus, da man lediglich nicht spezialisierte Truppen zur Verfügung hatte, und dies auch noch in zu geringen Zahlen. Hinzu kam, dass oftmals gerade jene Personenkreise, welche man im Bedarfsfall rekrutierte, das eigentlich zu bekämpfende Problem waren. Insofern waren oftmals

85 Niccolló Machiavelli, Vom Fürsten. In: Niccolló Machiavelli, Gesammelte Werke in einem Band (hg. Alexander Ulfig), Frankfurt am Main 2008. S. 342f. 86 Tony Lynch, A.J. Walsh, The good mercenary? S.143f. 87 Ebda. 88 Tony Lynch, A.J. Walsh, The good mercenary? S. 150. 89 Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. S. 54. 90 Heinrich Lang, Condottieri im Italien des 15. und 16. Jahrhundert. Politik und Ökonomie des Krieges der Republik Florenz zu Beginn der Frühen Neuzeit, In: Stig Förster, Christian Jansen und Günther Kronenbitter (Hg.), Rückkehr der Condottieri? Krieg und Militär zwischen staatlichem Monopol und Privatisierung: Von der Antike bis zur Gegenwart. Paderborn, München, Wien, Zürich 2010. S. 93. 25 fremde Truppen notwendig, weshalb mit Ende des 14. Jahrhunderts feudale Heere von Söldnern abgelöst wurden.91 Dieser Niedergang des städtischen Milizsystems und das Ende der Feudalherrschaft gingen eng mit der wachsenden Bedeutung von Geld einher, das seit dem Mittelalter durch die fortgeschrittene Wirtschaft der Neuzeit wieder stärker in Umlauf kam und somit das Anwerben und Verwenden militärischer Dienstleistungen erst möglich machte.92 Dies spiegelt sich nicht zuletzt in der Bezeichnung „Söldner“ selbst wider – stammt das Wort doch vom Begriff „Sold“ ab, also dem Lohn, den die Kämpfer für ihre Tätigkeit bekamen. Dies gilt ebenso für Soldaten, wobei sich hier die Formen der Worte in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben, ebenso wie ihre gesellschaftliche Bewertung.93 Die enge Verknüpfung zwischen der Herausbildung des Bankenwesens, des Ausbaus des staatlichen Steuersystems sowie dessen Rationalisierung und Effektivierung, in Kombination mit dem Aufstieg des Söldnertums, ist hier besonders hervor zu streichen. Auf keine andere Art und Weise wäre nämlich eine Finanzierung dieser Art der Kriegsführung möglich gewesen.94

1. Die Condottieri Die Ursprünge der Söldnertruppen in Italien und demzufolge der Condottiere selbst, gehen auf den Zusammenbruch der Kreuzfahrerstaaten zurück und den daraus resultierenden, beschäftigungslosen Kriegern, die durchs Land zogen.95 Das Fehlen einer Zentralmacht überließ den Söldnern einen nötigen Freiraum, um ein Betätigungsfeld zu finden, weshalb diese seit Mitte des 14. Jahrhunderts das Kriegsgeschehen in Italien bestimmten. Dabei entwickelte sich diese Tätigkeit auch zu einer Möglichkeit des gesellschaftlichen Aufstieges, wie er von historischen Figuren wie Francesco Sforza vorgelebt wurde, der zum Herzog Mailands aufsteigen konnte. Dabei kamen nicht alle Söldnerführer aus bescheidenen Verhältnissen. Einige entstammten guten und wohlhabenden Häusern und hatten es somit nicht nötig auf diese Art und Weise aufzusteigen und zu Reichtum zu gelangen. Ein Beispiel hierfür wäre Giovanni de`Medici.96 Ähnliches kann man zu deren Charaktereigenschaften bemerken. Hier lassen sich Personen finden, die als grausam und brutal in Erinnerung geblieben sind (z.B. Sigismondo Malatesa),

91 Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. S. 50. 92 Herfried Münkler, Marina Münkler, Lexikon der Renaissance. München 2005. S. 60f. 93 Christina von Braun, Der Preis des Geldes. Eine Kulturgeschichte, 2. Auflage, Berlin 2012. S. 376. 94 Ebda. 95 Herfried Münkler, Marina Münkler, Lexikon der Renaissance. S. 61. 96 Herfried Münkler, Marina Münkler, Lexikon der Renaissance. S. 58f. 26 aber auch jene, denen sprichwörtlich Denkmäler gebaut wurden (John Hawkwood) und die als „Sinnbild des Berufsethos“ galten.97 Die Condottieri markierten laut Heinrich Lang eine „Tendenz zur Professionalisierung und Spezialisierung der Kriegsführung“. Mittels genauen Verträgen, die aufgrund ihrer Bezeichnung „Condotta“ den italienischen Söldnern ihren Namen gaben, wurden in verschiedenen Kapiteln [ital. capitoli] die durchzuführenden Leistungen genauestens festgelegt.98 Arbeit gab es grundsätzlich zur Genüge und einzelne Söldner fanden problemlos eine Anstellung. In Friedenszeiten sah dies jedoch anders aus und dementsprechend kam es zu Überlebensstrategien, die sich beispielsweise in der Formierung größerer Kompanien äußerten, in denen man sich zusammentat. Bezeichnenderweise lässt sich das Wort „Kompanie“ auf „cum pane“ [lat. mit Brot] zurückführen, was nicht nur die Gemeinsamkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit impliziert.99 Mit Ende des 14. Jahrhunderts ist eine Italianisierung des Söldnerwesens zu beobachten. Hier konzentrierten sich die Tätigkeiten zunächst geographisch und in Kombination mit dem Finanzsystem kam es zu einer Rationalisierung und Humanisierung der Kriegsführung. Unter der Prämisse „Maneggiare la Guerra“, also der Handhabung bzw. Organisation des Krieges änderte sich diese dahingehend, dass man auf Fernwaffen verzichtete, Kämpfe Mann gegen Mann durchführte und somit auf die Gefangennahme des feindlichen Gegenübers abzielte. Somit ergab sich die Möglichkeit Lösegeld zu fordern und zusätzliche Geldmittel zu lukrieren.100 Münkler schrieb hierzu: „Sold, Beute und Lösegeld war die triadische Motivation der Condottieri und ihrer Soldaten, und dies hat die Schlachten <> werden lassen.“101 Dies resultierte auch in dementsprechenden Spekulationsgeschäften der italienischen Banken, deren Bankiers kräftig von dieser Art der Kriegsführung profitierten, indem sie Kredite für die Aufstellung der Truppen vergaben, für Geldtransfers zuständig waren, Luxusgüter zur Verfügung stellten und nicht zuletzt Beutegut übernahmen.102 Die angehäuften Reichtümer, in Kombination mit der kulturellen Epoche der Renaissance und der damit einhergehenden Rezeption antiker Texte, hatten einen Wandel in der Wahrnehmung und Bewertung der Condottiere zur Folge. Die Wirkungskraft von Kunst und Literatur richtig

97 Ebda. 98 Heinrich Lang, Condottieri im Italien des 15. und 16. Jahrhundert. S. 94. 99 Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. S. 52. 100 Herfried Münkler, Marina Münkler, Lexikon der Renaissance. S. 62f. 101 Ebda. 102 Heinrich Lang, Condottieri im Italien des 15. und 16. Jahrhundert. S. 101. 27 einschätzend, nutzten einige der Söldnerführer ihre Mittel um mittels eines exzessiven Mäzenatentums das öffentliche Bild zu beeinflussen. So schaffte es beispielsweise Frederico von Montefeltro als Friedensfürst in Erinnerung zu bleiben. Andere machten es ihm gleich und schufen heroische Darstellungen ihrer Errungenschaften und eine positive politische Ikonographie.103 Mit dem Wandel der Kriegsführung und dem Auftreten anderer Gewaltakteure, wurde dieser Vorgehensweise der Condottieri jedoch ein jähes Ende gesetzt und ihr Abstieg besiegelt.

2. Die Reisläufer Spätestens mit den Kriegen gegen Burgund und Habsburg hatten schweizerische Söldner einen gefürchteten Ruf erworben, der auf ihre Kampftaktiken zurückzuführen ist. In sogenannten Gewalthaufen rieben sie in kleinen Gruppen, mit Lanzen und Hellebarden bewaffnet, die feindliche Reiterei auf und pflegten keine Gefangenen zu nehmen. Lösegeld spielte somit keine Rolle mehr, sondern Beute. Für diese Art des Kampfes waren Disziplin und Koordination wichtig, was durch dementsprechendes Exerzieren ermöglicht wurde. Aus diesem Grunde konnten die Reisläufer zahlreiche Schlachten gewinnen und entwickelten sich zu einem erfolgreichen Exportprodukt der Schweiz.104 Das „Reislaufen“ stand unter politischer und finanzieller Kontrolle der schweizerischen Kantone, die gleichzeitig eine Vermarktung vorantrieben, da man hierin eine Lösung für die Überbevölkerung des Landes und der damit einhergehenden Arbeitslosigkeit sah. Die Reglementierung versuchte auch zu verhindern, dass Schweizer gegen Schweizer kämpften. Sollten sich also Kompanien von Reisläufern auf dem Schlachtfeld gegenüberstehen, hatte diejenige mit dem älteren Vertrag den Vorteil, während die anderen abziehen musste. Dabei wurde keine Rücksicht auf die Auftragsgeber genommen.105 Das Konzept der Reisläufer war so erfolgreich, dass diese Truppen bis zu den napoleonischen Kriegen in den französischen Streitkräften zu finden waren, aber auch, dass es bald Nachahmer in Zentraleuropa fand.

103 Heinrich Lang, Condottieri im Italien des 15. und 16. Jahrhundert. S. 96 und 104. 104 Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. S. 56. 105 Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, 2. Durchgesehene Auflage, München 2000. S. 346. Vgl. hierzu auch: Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. S. 57. 28 3. Die Landsknechte Im Heiligen Römischen Reich entwickelte sich das Söldnerwesen in Form der Landsknechte, deren Aufbau und Kampfweise die Schweizer Reisläufer zum Vorbild hatte. In ihrer Aufstellung waren diese Söldner heterogener und hatten auch Adelige unter ihren Reihen. Von den Schweizern wurden die Landsknechte verachtet, da man sie als eine schlechte Nachahmung betrachtete. Zwischen diesen Gruppen herrschten aufgrund zahlreicher Konfrontationen so starke Animositäten, dass bei einem Aufeinanderprallen keine Gefangenen gemacht wurden.106 Die Landsknechte erfreuten sich einer ähnlichen Beliebtheit, wenn es um ihre Rekrutierung ging, weshalb sie nicht nur aufseiten der Habsburger kämpften. Die vertragliche Regelung erfolgte ähnlich der Condotta und wurde „Kapitulation“ genannt, in der ebenso wie im italienischen Falle genaue Vorgaben zu Leistungsumfang, Versorgung etc. gestellt wurden.107 Im Verlauf der Zeit passten sich die Landsknechte den Bedingungen des Schlachtfeldes eher an und spezialisierten sich in den verschiedensten Waffengattungen. Damit konnten sie in weiterer Folge die Reisläufer in ihrer Vorrangstellung ablösen und sich im Wandel der Kriegsführung behaupten.108

4. Der Krieg im Wandel – der 30-jährige Krieg als Zäsur Mit Beginn des 17. Jahrhunderts hatte sich die Organisation militärischer Gewalt in ein kapitalistisches Wirtschaftsunternehmen gewandelt. Adelige und Bürgerliche fungierten als Militärunternehmer, die Söldner rekrutierten, ausstatteten und in weiterer Folge vermieteten. Beispiele hierfür sind Graf Ernst von Mansfeld und noch viel mehr Albrecht von Wallenstein, dessen Unternehmen als das größte und am besten organisierte der Neuzeit gehandelt wird.109 Diese Öffnung des Militärwesens bedeutete, dass das Tragen der Waffe seit langem kein Privileg des Adels mehr war, sondern dass jeder fähige Mann dazu herangezogen werden konnte. Die Arbeit als Söldner bot somit eine der wenigen Möglichkeiten des sozialen Aufstieges, wie bereits anhand des Beispiels der Familie Sforza gezeigt wurde.110 Der Krieg wurde zu einem Auftragsgeschäft während dem ein freier Unternehmer für die Dauer des Konfliktes einen offiziellen, staatlichen Status erhielt und als Offizier fungierte. Nach Abschluss des Vertrages, in dem das Werbepatent und Kriegsartikel verliehen wurden,

106 Peter W. Singer. Die Kriegs-AGs. S. 58. 107 Herfried Münkler, Die neuen Kriege. 2. Auflage Hamburg 2005. S. 92. 108 Peter W. Singer. Die Kriegs-AGs. S. 58. 109 Peter W. Singer. Die Kriegs-AGs. S. 58-59. 110 Herfried Münkler, Die neuen Kriege. S. 93. 29 begannen eigens für diesen Zweck angestellte Personen mit der Werbung nach Soldaten. Die Söldner brachten anfangs ihre gesamte Ausstattung und Ausrüstung selbst mit.111 Unterschiedliche Bedürfnisse resultierten auch in dementsprechenden Zusammenstellungen der Heere. Die europäischen Armeen waren ein sprichwörtliches Mosaik diverser Söldner Kompanien. Spezialisierungen gingen oft mit heterogenem, nationalem Hintergrund einher. Während man für die leichte Kavallerie gerne „Albaner“ einsetzte (Südosteuropäer und Griechen), waren Schotten und Gascogner als Infanterie gern gesehen. Die Schweizer blieben als Pikeniere weiterhin gefragt, während die Landsknechte oftmals als Reiter eingesetzt wurden.112 Diese unterschiedlichen Waffengattungen deuten gleichzeitig auf den sich vollziehenden Wandel in der Kriegsführung hin. Die Condottieri wurden als reine Reiterheere sehr bald von den Reisläufern und Landsknechten verdrängt. Selbige waren ihrerseits nur durch eine Kombination mehrerer Waffengattungen zu bewältigen (Artillerie, Kavallerie und Infanterie). Dies hatte zur Folge, dass Kriege immer teurer wurden und nur noch von Staaten geführt werden konnten, die finanzielle Mittel durch ein effizientes Steuerwesen aufbringen konnten.113

Diese ersten Entwicklungen hin zu einer Herausbildung der Staatlichkeit wurden durch die Ereignisse des 30-Jährigen Krieges verstärkt. Dieser fungierte als Katalysator einer historischen Wende – denn der anschließende Westfälische Frieden läutete nicht nur eine Phase der Staatenbildung ein, sondern auch die Verdrängung ausländischer Heere. Es begann somit eine Entwicklung, die sich von Söldnerheeren hin zu stehenden, nationalen Armeen ausdrückte und ihre Vollendung in den Napoleonischen Kriegen fand.114

111 Wolfgang Reinhard. Geschichte der Staatsgewalt. S. 347. 112 Peter W. Singer. Die Kriegs-AGs. S. 59. 113 Herfried Münkler, Die neuen Kriege. S. 93. 114 Peter W. Singer. Die Kriegs-AGs. S. 60f. 30 G. Zwischenfazit – Das Spannungsfeld der Definition Der Söldnerbegriff ist, wie die Profession selbst, einem steten Wandel unterzogen und ein Spiegelbild der Kriegsführung seiner Zeit. Während das Söldnertum als klassische Organisationsform des Krieges in der Neuzeit gilt115, ist dies für die Kriege und Konflikte der Zeitgeschichte definitiv nicht mehr der Fall. Insofern muss eine Definition diesen Wandel miteinbeziehen und die historischen Umstände inkorporieren. Gleichzeitig kann man von einem epochalen Terminus ausgehen und muss dementsprechend differenzieren. Ebenso ist auch des Öfteren der methodologische Fehler zu erkennen, dass durch die Brille der heutigen Zeit und des persönlichen Verständnisses der Forscher eine nationale Zugehörigkeit impliziert wird, obwohl es sie in gewissen historischen Umfeldern noch nicht in der von uns heute gelebten Form des Nationenverständnisses gegeben hat. So argumentieren Forscher wie Uwe Steinhoff die Eingrenzung von „Söldnern“ auf „ausländische“ Kräfte sei falsch, mit der Begründung, dass die antiken Söldner verschiedener griechischer Stadtstaaten ja allesamt „Griechen“ waren, obwohl das nationale Verständnis zu diesem Zeitpunkt, wie auch das Zugehörigkeitsgefühl zu einer administrativen Entität ein anderes war.116 Gleichzeitig werden auch treffendere Beispiele erbracht, welche die Problematik des „ausländischen Faktors“ sehr wohl unterstreichen, wie beispielsweise die gemischten Condottieri Truppen der Great Company Fra‘ Moriale‘s, die Italiener und Schweizer umfasste.117

In Anbetracht dessen wird die eigentliche Problematik der Debatte, wie auch der erfolglosen Definitionsversuche ersichtlich: Nämlich die fehlende Kontextualisierung der Historie und ihres Einflusses auf die Profession der Söldner. Forscher nehmen zwar den Prozess des Wandels war, und beschreiben diesen. Oft fehlt jedoch der nötige historische Kontext und die Fähigkeit diesen kritisch in die Beurteilung, wie auch die Definition des Terminus „Söldner“ miteinzubeziehen. Nicht zuletzt muss der Wissbegierige auch differenzieren, zu welchem Zweck eine Definition erfolgt. Wird eine rechtliche Eingrenzung benötigt, die in einem potentiellen gerichtlichen Verfahren standhält, oder geht es um eine rein semantische Beschreibung, die nicht zu hundert Prozent präzise sein muss, da man sich des thematischen Graubereichs bewusst ist und eine

115 Lothar Hobelt, Götterdämmerung der Condottieri. Der Dreißigjährige Krieg, In: Stig Förster, Christian Jansen und Günther Kronenbitter (Hg.), Rückkehr der Condottieri? Krieg und Militär zwischen staatlichem Monopol und Privatisierung: Von der Antike bis zur Gegenwart. Paderborn, München, Wien, Zürich 2010. S. 127. 116 Uwe Steinhoff, What are mercenaries? S. 20. 117 Ebda. 31 gewisse kontextuelle Intelligenz voraussetzt, anhand der formulierten Definition im Einzelfall differenzieren zu können? Rechtliche Definitionen von „Söldnern“ dienen immerhin in erster Linie dazu, stichfeste Kriterien zur Verfügung zu haben, um potentielle Verletzungen des Völkerrechts und der Menschenrechte zu ahnden. Die Mängel dieser Kriterien und die problematische Findungsgeschichte einer konsensbasierten Definition spricht Bände in Bezug auf die internationale Staatenwelt und erschwert eine greifbare Arbeitsgrundlage zum Thema – von den rechtlichen und moralischen Implikationen ganz zu schweigen.118 Wie aufgrund der völkerrechtlichen Definition der Genfer Zusatzprotokolle, und der sich darauf beziehenden vergleichbaren Dokumente klar ersichtlich wird, ist die gängige Begriffsbestimmung von Söldnern maßgeblich vom Bild der einschlägigen und „berühmt, berüchtigten“ Personenkreise in den afrikanischen Konflikten und Kriegen der 1960er und 1970er Jahre begründet.119 Nicht zuletzt die Tatsache, dass afrikanische Nationen darauf insistierten, diese Definition in die Zusatzprotokolle aufzunehmen und in weiterer Folge ihrerseits noch zu ergänzen, spricht Bände für den Einfluss, den relativ kleine Personengruppen auf die in den Jahren darauffolgenden Wahrnehmungen von „Söldnern“ nehmen konnten. Diese Perzeption wurde nicht zuletzt aufgrund von Fernsehberichten, Dokumentationen, Filmen, aber auch Fernsehsendungen maßgeblich beeinflusst und einem dementsprechend großen Publikum zugänglich gemacht.

118 Vgl. hierzu: Report on the question of the use of mercenaries as a means of violating human rights and impeding the exercise of the right of peoples to self-determination, submitted by Mr. Enrique Ballesteros, Special Rapporteur, pursuant to Commission resolution 1995/5 and Commission decision 1996/113. E/CN.4/1997/24, 20 February 1997. S. 24. 119 Michael Scheimer, Separating private military companies from illegal mercenaries in international law. S. 617 (Fn) und 632. 32 H. Die für diese Arbeit verwendete Definition Im Zuge dieser Arbeit ist somit eine eigenständige Arbeitsdefinition vonnöten, aber auch eine spezielle Differenzierung innerhalb der breiten Palette an Ausprägungen, die mit der Profession einhergeht. Aus diesem Grunde sollen Söldner per se und Private Military Contractors voneinander unterschieden werden.

Söldner Ein Söldner ist ein Individuum und nichtstaatlicher Akteur, der von einem Staat, einer internationalen Organisation oder nichtstaatlichen Entität (Unternehmen, Organisation) angeworben wird, um gegen Bezahlung und fernab jeglicher ideologischen, nationalen oder religiösen Zugehörigkeit, direkt an Kampfhandlungen in einem Krisen- bzw. Kriegsgebiet teilzunehmen.

Private Military Contractor Ein Private Military Contractor ist ein ehemaliger Soldat oder Polizist bzw. ein Individuum mit gleichwertiger Ausbildung, welcher bei einer Firma vertraglich angestellt ist, die in Krisen- bzw. Kriegsgebieten Sicherheits- oder Beratungstätigkeiten durchführt und im Extremfall an Kampfhandlungen neben regulären Kräften teilnimmt.

I. Vorgehensweise und Methode

“Ich behaupte, dass das Kino als ein privilegierter Ort der Erinnerung fungiert, an dem die amerikanische Kultur kontinuierlich die traumatischen Spuren ihrer historischen Vergangenheit wiederverhandelt und dabei zeitgenössische soziale und politische Fragen im Lichte vergangener militärischer Konflikte neu zu fassen versucht.” - Elisabeth Bronfen - 120

Mit diesen prägnanten Worten erörtert Elisabeth Bronfen ihre These eines “geteilten Denkraumes”, der sich in Form des Kinos wiederfindet: einem kollektiven Ort der Gesellschaft einer Nation, für eine Reflektion der Vergangenheit. Das „Reimaginieren“ ist Teil eines Auseinandersetzungsprozesses der versucht, vergangenen Ereignissen einen Sinn zu geben bzw. diese von Neuem, aus einem anderen Blickwinkel heraus, anzusehen und einzuordnen.

120 Elisabeth Bronfen, Hollywoods Kriege. Geschichte einer Heimsuchung, Frankfurt am Main 2013, S. 9. 33 Filme – so Bronfen – dienen somit als nachträgliche Rekonzeptualisierung des tatsächlichen Konflikts, entsprechend der wissenschaftlichen Einschätzung von Ereignissen durch Wissenschaftler, Journalisten etc., welche ihrerseits eine Reinszenierung ermöglichen. 121 Mit ihren Ausführungen von Rekonzeptualisierung, Reimaginierung und der Weitergabe von Reflektionen der Vergangenheit, greift Bronfen Elemente des kollektiven Gedächtnisses auf, wie sie von Maurice Halbwachs und Jan Assmann formuliert wurden. Bronfen führt aus, dass „Hollywoods beständige imaginäre Rekonzeptualisierung vergangener und gegenwärtiger Kriege [.] Teile unseres kulturellen Besitzes [sind] und fungieren als eine unserer markantesten Maßeinheiten nationaler Identitäten.“122 Die Aufarbeitung von historischen Perioden, wie der des Kalten Kriegs, passiert somit auch mittels des Mediums Film, dass sich hierbei nicht nur kultur- sondern auch gesellschaftshistorisch als relevant erweist. Das Konzept der „ Culture“ muss hierbei angesprochen werden, das mit Blick auf die Geschichtsschreibung zwar noch relativ jung ist, aber konsequent vorangetrieben wird.123 In diesem Kontext ist die Funktion des Films als eine Projektionsfläche von Emotionen zu sehen, die kollektive Erinnerungen transportiert und in dieser Rolle auch eine ideologische Einflussnahme vollzieht. Weiters muss in Betracht gezogen werden, dass dadurch Rückschlüsse auf soziale und politische Rahmenbedingungen in den jeweiligen Staaten gezogen werden können.124 Lars Karl schreibt hierzu treffend: „Film und Fernsehen [haben] das Wissen und die Deutung von gesellschaftlichen Vorgängen entscheidend geprägt und die (Selbst-)Wahrnehmung der Akteure permanent beeinflusst.“125

Bezugnehmend auf diese Ausführungen soll demnach in dieser Arbeit gezeigt werden, dass der von Bronfen definierte „kulturelle Besitz“ nicht nur für übergeordnete Bereiche wie der nationalen Identität anwendbar ist, sondern auch hierarchisch tiefer liegende Ebenen und Einzelbereiche betreffen kann. Es stellt sich die Frage, warum man diese Gedanken nicht auch für Akteure, bzw. eine Akteurs-Gruppe – in diesem speziellen Fall Söldner und ihre zahlreichen Erscheinungsformen – durch diese „Schablone“ greifbar machen soll. Diese Überlegung weiterspinnend, soll das Medium Film also nicht als Maßeinheit einer nationalen Identität

121 Elisabeth Bronfen, Hollywoods Kriege. S. 9-11. 122 Elisabeth Bronfen, Hollywoods Kriege. S. 14. 123 Lars Karl, Einleitung. Leinwand zwischen Tauwetter und Frost: Der osteuropäische Spiel- und Dokumentarfilm im Kalten Krieg, In: Lars Karl (Hg.), Leinwand zwischen Tauwetter und Frost. Der osteuropäische Spiel- und Dokumentarfilm im Kalten Krieg. Berlin 2007. S. 8. 124 Lars Karl, Einleitung. Leinwand zwischen Tauwetter und Frost. S. 9. 125 Ebda. 34 herangezogen werden, sondern als Maßeinheit einer zugeschriebenen Identität bestimmter Stereotypen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der von Bronfen aufgegriffen wird, ist die Frage der Rezeption. Vor allem die Voreingenommenheit, welcher der Betrachter des Mediums Film unterliegt, darf nicht unterschätzt werden. Es erfolgt immer eine Reaktion vonseiten des Individuums, ungeachtet seiner politischen Positionierung oder historischen Bewertung.126 Speziell im Falle der in dieser Arbeit zu thematisierenden Interdependenz von portraitierten und tatsächlichen Stereotypen, Perzeptionen und reellen Erscheinungsformen von Söldnern, sei dieser Aspekt von größter Wichtigkeit.

Es stellen sich somit folgende Fragen im Zuge dieser Arbeit: Welche Formeln und Narrative entwickeln Filmschaffende, um anhand ihrer persönlichen Wahrnehmung - welche wiederum vom Forschungsdiskurs, medialer Berichterstattung und persönlichen Gesprächen geprägt ist – „Söldner“ zu begreifen und in ihren Produktionen darzustellen? Denn diese Darstellung, bzw. ihre „Reimaginierung“, um die Wortwahl Bronfens aufzugreifen, ist in weiterer Folge das Spiegelbild der Wahrnehmung der Produzenten, aber gleichzeitig auch ein manifestiertes Bild, welches direkten Einfluss auf die Reaktion des sozialen Individuums ausübt. Somit gilt es Narrative zu identifizieren, ihren faktischen Hintergrund sowie eine Analyse der Interpretation der Thematik durchzuführen. Vor allem in Hinblick auf Genres ist der Blick auf die historischen Umstände ein wichtiger, denn nicht zuletzt ist, Jerome S. Bruner, zufolge das narrative Verstehen der Menschen von deren historisch-kulturellen Umständen geprägt.127

In diesem Zusammenhang ist das Kino eine wichtige und ernstzunehmende Institution. J. David Slocum konstatiert in seinem Sammelband Hollywood and War,128 dass es seit dem späten 19. Jahrhundert „wichtige, leitende und manchmal definierende Verbindungen“ gibt; vor allem was die Mobilisierung der Bevölkerung und die technische Entwicklung anbelangt und insbesondere die Evolution des Kinos als „repräsentative Technologie, kommerzielles Unternehmen, aber auch als kulturelle Institution.“129 Slocum spricht aber nicht nur diese Verbindungen an, sondern hebt zudem die Wichtigkeit einer wissenschaftlichen

126 Elisabeth Bronfen, Hollywoods Kriege. S. 16. 127 Jerome S. Bruner. Vergangenheit und Gegenwart als narrative Konstruktionen. Was ist gewonnen und was verloren, wenn Menschen auf narrative Weise Sinn bilden. In: Jürgen Straub (Hg.), Erzählung, Identität und Historisches Bewusstsein. Die psychologische Konstruktion von Zeit und Geschichte (Erinnerung, Geschichte, Identität 1), Frankfurt am Main 1998. S. 67. 128 J. David Slocum (Hg.), Hollywood and War. The film reader, New York, London 2006. 129 J. David Slocum, General Introduction: Seeing through American War Cinema. In: J. David Slocum (Hg.), Hollywood and War. The film reader, New York, London 2006. S. 1. 35 Auseinandersetzung mit der Thematik hervor: „By examining these cinematic, historical, and institutional relations, the contributions [.] illuminate how the tensions pervading more than a century of war cinema have consistently constructed and contested our predominant cultural „way of seeing“ war on screens and in the actual world.“130 Hierbei sei es vor allem wichtig, nicht nur die Repräsentation historischen Kontextes und dessen allfälliger Komplexität zu beachten, sondern auch den Symbolcharakter bzw. Grad der Repräsentation und wie durch diese das Kino das Verständnis der Zuseher prägt.131 Nicht nur der Spiel-, sondern auch der Dokumentarfilm spielt in dieser Hinsicht eine tragende Rolle. In seiner Funktion und Eigenschaft sehen Rüdiger Steinmetz und Tilo Prase diesen nämlich als eine „Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit [...] und im Rückblick [einen] Ausdruck des Zeitgesprächs einer Gesellschaft.“132

Da bereits mehrmals der Terminus der „Konstruktion“ verwendet wurde, sei an dieser Stelle erwähnt, dass in der hier vorliegenden Arbeit der Einfluss des Sozial-Konstruktivismus nicht zu leugnen ist, welcher gesellschaftliche Umstände und Phänomene als sozial, kulturell und historisch konstruiert erklärt. Die Bedeutungen für einzelne soziale Phänomene wachsen somit im gesellschaftlichen Diskurs, durch kulturelle Normen und technologische Fortschritte. Von besonderem Interesse sind die Ausführungen John R. Searles, welcher nicht zuletzt in seinem Buch „Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit“133 die Rolle der Sprache als „Institution“ hervorhebt, um „institutionelle Tatsachen“ zu schaffen.134 So werden ihm zufolge Sachverhalte durch Sprechakte geschaffen und weiters durch die von ihm definierte Regel „x zählt als y im Kontext k“135 erklärt, wie durch einen kollektiv anerkannten Status (der mit einer Funktion verbunden ist) die oben erwähnten institutionellen Tatsachen erschaffen werden. Dies bedarf der ebenfalls erwähnten natürlichen bzw. historischen Evolution.

Abschließend zu diesem Kapitel, und gleichzeitig überleitend zum nächsten, soll Jürgen Straub zitiert werden, der in seinem Sammelband „Erzählung, Identität und Historisches Bewusstsein“ treffend formulierte: „Das im vorliegenden Band interessierende Denken der menschlichen Zeit und die daran gekoppelten Wirklichkeitskonstruktionen, Argumentations- und

130 J. David Slocum, General Introduction. S. 2. 131 J. David Slocum, General Introduction. S. 13. 132 Rüdiger Steinmetz, Tilo Prase, Dokumentarfilm zwischen Beweis und Pamphlet. Heynowski & Scheumann und Gruppe Katins, Leipzig 2002. 133 John R. Searle, Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Zur Ontologie sozialer Tatsachen, Berlin 2011 (3. Auflage 2013). 134 Derselbe S. 37. 135 Derselbe S. 38 und 52. 36 Begründungsleistungen sind in Struktur- und Formaltheoretischer Hinsicht wohl allein durch eine Analyse der Struktur oder Form erzählter Geschichten zu klären.“136 Ergänzend hierzu sei auch nochmals J. David Slocum erwähnt, der in Bezug auf die hier vorliegende Thematik klarer formulierte, dass: „Indeed, the wider assumption here is that the cinema is a social institution that both reflects and shapes the way we see and understand the world and our role and place in it.“137

J. Forschungsfragen Im Zuge der Forschung zu dieser Thematik haben mich die folgenden Forschungsfragen stets begleitet bzw. wurden im Zuge der Betrachtung für diese Arbeit relevant: • Wie wurden „Söldner“, bzw. wie werden sie nach wie vor, im Medium Film im Laufe des 20. Jahrhunderts dargestellt? • Welchen Einfluss hatten die Textvorlagen auf die Darstellung im Film? • Inwieweit wurden die fiktiven Darstellungen von „Söldnern“, von tatsächlichen historischen Ereignissen beeinflusst und inspiriert? • Hatten Personen, die sich selbst als „Söldner“ definieren, oder unter eine dementsprechende Definition fallen, Einfluss auf die Produktion der Filme und Textvorlagen. • Inwieweit hat das Medium der Fernsehdokumentation dazu beigetragen, die Darstellung von „Söldnern“ zusätzlich zum Medium Film zu beeinflussen?

136 Jürgen Straub, Vorwort. In: Jürgen Straub (Hg.), Erzählung, Identität und Historisches Bewusstsein. Die psychologische Konstruktion von Zeit und Geschichte (Erinnerung, Geschichte, Identität 1), Frankfurt am Main 1998. S. 10. 137 J. David Slocum, General Introduction. S. 3. 37 III. Narrative und Stereotypen

„Sometimes I wonder: Will God ever forgive us for what we've done to each other? Then I look around and I realize... God left this place a long time ago.“ - (fiktiver Charakter) Danny Archer, Blood Diamond (2006) -

Vor allem wenn es um den sogenannten „schwarzen Kontinent“ geht und seine zahlreichen Konflikte, ist das Narrativ und der Stereotyp des Söldners nicht wegzudenken – vor allem, wenn man das Medium Film, aber auch das kollektive Bewusstsein in Betracht zieht. Beginnend mit den zahlreichen Konflikten und Kriegen während des Prozesses der Dekolonisation, entwickelte sich früh eine spezielle Wahrnehmung weißer, militärischer Effizienz, die nicht nur ihre Spuren in den tatsächlichen Konflikten und der Erinnerungskultur in afrikanischen Gesellschaften hinterließ, sondern auch in zahlreichen Filmen wiedergegeben wurde.138 Timothy Spicer, der sich selbst als ehemaliger britischer Offizier und Leiter einer privaten Sicherheits- und Militärfirma einen Namen machte, formulierte es prägnant wie folgt: „[...]these incidents left a legacy: the belief in the Third World that a few well-trained, white, professional soldiers – though a large number of Congo and Angolan mercenaries were in fact black - could make a real difference to the outcome of any Third World campaign.“139 Dieses Vermächtnis verfestigte den Glauben afrikanischer Regierungen, dass ohne „Söldner“ keine ernsthafte Militäroperation gewonnen werden könne, sei es nun wahr oder nicht.140 An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass diese Wahrnehmung „weißer Effizienz“ tiefere Wurzeln zugrunde liegen und in der Kolonialgeschichte Afrikas zu finden sind: Denn nach der eigentlichen Eroberung und Konsolidierung der Kolonien, konnten die Kolonialmächte aufgrund der technologischen und organisatorischen Überlegenheit die indigene Bevölkerung erfolgreich kontrollieren und somit Sicherheit erzeugen, die auf dem Glauben gründete, dass die Kolonialherren machtvoll seien. Dieser Mythos hielt sich bis weit nach Ende der Kolonialzeit, wenn nicht sogar bis heute.141

138 Als Beispiele seien hier Frederick Forsyths „The Dogs of War“ verfilmt von John Irvin (Regie), The Dogs of War (1980), oder Daniel Carney’s „The Wild Geese“, verfilmt von Andrew V. McLaglen (Regie), The Wild Geese (1978) genannt. 139 Tim Spicer. An unorthodox Soldier. Peace and war and the Sandline affair, Edingburgh, London 2000, S. 37. 140 Ebda. 141 Vgl. hierzu. Christopher Clapham, African Security Systems: Privatisation and the Scope for Mercenary Activity. In: Greg Mill, John Stremlau (eds.) The Privatisation of Security in Africa. 1999, S. 26. 38 Hinzu kommt, dass die „westliche“ Afrika-Romantik sich auch in einem kulturellen Chauvinismus widerspiegelt, der im Zuge der Dekolonisation den alten Kolonien die Überlebenschance absprach und auch in den Gesellschaften Europas und Nordamerikas den Eindruck vermittelte, dass ohne die Hilfe des „Westens“ keine friedliche Lösung für die afrikanischen Völker und die am Kontinent befindliche Flora und Fauna zu erzielen sein. Diese Sichtweise fand einen ihrer Höhepunkte in der im Jahr 1966 erschienenen, italienischen Dokumentation „Africa Addio“.142

Die folgend beschriebenen, kinematografischen Narrative lassen sich chronologisch anhand der Spannungen während der Dekolonisation festlegen und nach Abschluss der selbigen, in den Konflikten des späten 20. Jahrhunderts auf afrikanischen Boden, während des Kalten Krieges und unmittelbar danach. Für die Phase der Dekolonisation und den frühen Stellvertreterkriegen des Kalten Krieges, kann man somit vom literarischen und filmischen Stereotypen des „weißen Söldners“ sprechen: Gruppen ad hoc rekrutierter, teils krimineller und meist höchst zweifelhafter Persönlichkeiten, die aufgrund des angesprochenen Mythos „weißer Effizienz“ ihre Legitimität aufrechterhalten konnten und traurige Berühmtheit erlangten. Passend zur Stimmung der Zeit und der Tendenz der Romantisierung, findet man eine große Bandbreite an Charakteren: Seien es die romantisierten Antihelden in The Wild Geese (1977)143 oder die Mischung von ehrbaren und verabscheuungswürdigen Personen in The Dogs of War (1980).144 Hierbei muss erwähnt werden, dass aufgrund der kinematografischen Genres und auch der Art und Weise wie Filme im Laufe der Zeit inszeniert wurden, sich die Text- oder Romanvorlagen oft sehr stark von den eigentlichen Filmen unterscheiden. Die Stellvertreterkriege kurz vor Ende des Kalten Krieges sowie die Zäsur des Jahres 1991 mit dem Zerfall der UdSSR, brachten den nächsten Typus, bzw. das nach wie vor auffindbare Narrativ „der Südafrikaner“ hervor. Soldaten des südafrikanischen Apartheid-Staates, die in den südafrikanischen Border Wars ihre Erfahrung sammelten und nach Ende des Regimes und der Neuaufstellung der Streitkräfte in den privaten Sektor wechselten. Diese hochspezialisierten Soldaten sind im Medium Film nicht nur als Randnotiz auffindbar, wie

142 Gualtiero Jacopetti, Franco Prosperi, (Regie), Africa Addio (1966). 143 Andrew V. McLaglen (Regie), The Wild Geese (1978). 144 John Irvin (Regie), The Dogs of War (1980). 39 beispielsweise im Jahr 2010 erschienenen Film R.E.D.145, sondern auch als Hauptcharaktere in Blockbuster Filmen wie Blood Diamond (2006).146 Das letzte Narrativ ist ein Metathema, welches sowohl während der Dekolonisation, des Kalten Krieges, als auch in der jüngeren Vergangenheit auffindbar ist: Der Söldnerputsch. Dieser letzte Punkt ist wohl einer der faszinierendsten, da er einerseits in regelmäßigen Abständen auf dem afrikanischen Kontinent (nach wie) vorzufinden ist, und andererseits viele Überschneidungen zwischen Fiktion und Realität bestehen.

Im Folgenden wird speziell auf diese genannten Narrative eingegangen werden: Wie sie im Film dargestellt werden, welche Unterschiede zu etwaigen Textvorlagen markant hervorstechen und inwieweit die Filme und Produktionen im historischen Kontext einzuordnen sind und Einfluss auf die Produktionen genommen haben.

K. Die weißen Söldner

We halted a few miles from the Lomami. Now the drums were both loud and near. Hans Germani asked an A.N.C. Lieutenant if he knew what they were saying. The officer consulted a fundi in his ranks. ‚The White Giants are coming,’ he said. - Mike Hoare -147

Das Eingreifen nichtstaatlicher Akteure in bewaffnete Konflikte des postkolonialen Afrika aufseiten verschiedenster Konfliktparteien – seien es Regierungs- oder Oppositionsgruppen in ihren zahlreichen Formen – war und ist ein beliebtes Thema im Genre des Kriegsfilms. Dabei findet man eine große Bandbreite von fiktiven Geschichten, bis hin zu auf historischen Tatsachen basierenden Anekdoten, welche die jeweiligen Filmproduktionen sowie deren literarische Vorlagen inspirierten. Die Einflussnahme der ehemaligen Kolonialmächte, aber auch die von nichtstaatlichen Interessensgruppen, lange nach der Transition in die Unabhängigkeit, resultierte in einer breiten Verwendung von Söldnern, die sich zunächst zum Großteil aus Europäern und Amerikanern zusammensetzten und in mehreren afrikanischen Konflikten der 1960er und 1970er Jahre zum

145 Robert Schwentke (Regie), R.E.D. (2010). 146 Edward Zwick (Regie), Blood Diamond (2006). 147 Mike Hoare, Mercenary. S. 156. 40 Einsatz kamen. Die darauffolgende mediale Aufmerksamkeit resultierte nicht nur in einer Sensibilisierung der Öffentlichkeit in Bezug auf die Thematik, sondern auch in einer literarischen Aufarbeitung und Inspiration zahlreicher Autoren, die nicht zuletzt persönliche Einblicke in die Materie gewinnen konnten.148 Es dauerte nicht lange bis diese Vorlagen verfilmt wurden – teils näher am Original, teils weniger und auch unterschiedlich in der Qualität der Produktion. Im Folgenden wird in chronologischer Reihenfolge ein Blick auf vier ausgewählte Kinofilme geworfen, die in ihrer Darstellung den Stereotypen und das Narrativ des „Weißen Söldners“ transportieren. Damit prägten sie nicht nur die Art und Weise, wie die Gesellschaft diese Personen und die thematisierten Konflikte sehen und verstehen, sondern demonstrieren zudem, wie Produzenten und Regisseure die Thematik wahrgenommen und dementsprechend präsentiert haben.

Zunächst wird eine Analyse des Filmes Dark of the Sun149 durchgeführt, der zeitnah zum Konflikt im Kongo gedreht wurde und dementsprechend den Regisseur Jack Cardiff beeinflusste. Darauf folgt der von Andrew V. McLaglen gedrehte Blockbuster The Wild Geese150, der nach wie vor als der Söldnerfilm schlechthin gilt und dessen Romanvorlage als realistischste Beschreibung von Söldnern gehandelt wird.151 Vergleichbare Aussagen können zu The Dogs of War152 getätigt werden, ein unter der Regie von John Irvin entstandener Film, der stark abgeändert von der Romanvorlage Frederick Forsyths, große Aufmerksamkeit erregte und nach fast 40 Jahren seines Entstehens immer noch Bekanntheit genießt. Von weiteren Interesse ist zudem ein aktueller Film, der nicht nur von realen Ereignissen inspiriert wurde, wie die zuvor genannten Produktionen, sondern auf tatsächlichen historischen Begebenheiten basiert: (The Siege of) Jadotville,153 unter der Regie von Richie Smyth.

148 Hierbei seien unter anderem Frederick Forsyth genannt, der in seiner Berichterstattung über den Biafra Konflikt (1967-70) und auch danach immer wieder persönlichen Kontakt zu Söldnern erlebte und für seine schriftlichen Werke, seien es fiktive oder reale Abhandlungen, verwendete; aber auch Daniel Carney, der sich mit seinem Roman „The Thin White Line“ nahe an der Realität bewegte. 149 Jack Cardiff (Regie), Dark of the Sun (1968). 150 Andrew V. McLaglen (Regie), The Wild Geese (1978). 151 Anthony Mockler, The new Mercenaries. S. 484. 152 John Irvin (Regie), The Dogs of War (1980). 153 Richie Smyth (Regie), Jadotville (2016). Auch unter dem Titel Richie Smyth (Regie), The Siege of Jadotville (2016) geführt. 41 1. Dark of the Sun – The Mercenaries – Katanga 154

Der Bestseller Autor verfasste bis dato 38 Romane, die allesamt ihre Handlung in Afrika verorten. Dark of the Sun ist sein zweiter Roman und erschien im Jahr 1965, als der Konflikt im Kongo auf einem seiner Höhepunkte war. Als Sohn britischer Eltern, die nach Südafrika ausgewandert und sich in weiterer Folge in Rhodesien niedergelassen hatten, wurde er als Kind seiner Zeit von den Vorgängen in der Region stark geprägt.155 Seinen Wehrdienst bei den rhodesischen Sicherheitskräften der Polizei ableistend, war er persönlich nicht nur in diverse Schusswechsel verwickelt – was eine realistische Beschreibung selbiger in seinen Werken zur Folge hatte –, sondern musste auch Tatorte von Überfällen und Morden säubern.156 Diese Erfahrungen drücken sich in seinen Büchern aus, die laut eigener Aussage primär von den Erfahrungen Weißer in Afrika handeln: „My books are about white experience in Africa, because I am a white African“.157 Der Erfolg seiner Bücher resultierte auch in dem Interesse Hollywoods, weshalb drei Jahre nach der Veröffentlichung des Buches dessen Verfilmung, unter der Regie von Jack Cardiff erschien.

Zum Film – Synopsis und Analyse Auf einem von Flüchtlingen überfüllten Flugplatz im Kongo landet ein Flugzeug, das nur zwei Passagiere beförderte: Captain Curry und dessen kongolesischen Kollegen Ruffo. Ein UN- Soldat versucht Curry daran zu hindern einzureisen und gibt ihm zu verstehen, dass keine Söldner mit Waffen, durch den Kontrollpunkt passieren dürfen. Sich als Angehöriger der Congo Special Forces identifizierend sowie mit Hilfe eines schriftlichen Befehls des Präsidenten, kann Curry die Sperre durchqueren, nicht jedoch ohne sich vorher die klassischen Vorwürfe zu Söldnern anhören zu müssen. Schon von Anbeginn, wird die Sonderrolle Captain Curry’s klar veranschaulicht. Auch wenn er direkt in die Streitkräfte des Kongos eingebunden zu sein scheint, wird ihm vorgeworfen nur

154 Jack Cardiff (Regie), Dark of the Sun (1968). 155 Michele Field, A golden life crafted from a troubled land. In: Canberra Times, May 13 1995. S.51. Download: http://trove.nla.gov.au/newspaper/article/130550241, eingesehen am 07.06.2017 156 Tim Adams, Wilbur Smith: ‚Poor Cecil the Lion was going downhill fast – that dentist probably did his pride a favor. In: The Guardian, 3. October 2015: Download: https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2015/oct/03/wilbur-smith-cecil-the-lion-going-downhill-fast-dentist- did-pride-a-favour, eingesehen am 07.06.2017. vgl. hierzu: Michele Field, A golden life crafted from a troubled land. S.51. 157 Michele Field, A golden life crafted from a troubled land. S.51. 42 aus egoistischen Gründen (Geld und Abenteuer) vor Ort zu sein und sich nicht um das Wohl der Zivilbevölkerung zu kümmern. Bei seinem Termin mit dem Präsidenten, wird die volle Pracht der kolonialen Gärten und Architektur gezeigt. In diesem Ambiente wird auch sein Auftrag vorgestellt: Curry soll binnen drei Tagen Menschen aus einer von den revoltierenden Simbas bedrohten Stadt evakuieren und dabei Diamanten im Wert von 15 Mio. US-Dollar sicherstellen. Letztere sind auch der Grund, wieso ein Vertreter des zuständigen Bergbauunternehmens anwesend ist und die Rettungsaktion überhaupt unternommen werden soll.158 In diesem Gespräch werden klar die Macht- und Interessenverhältnisse demonstriert. Während die Diamanten dafür gedacht sind, die Unterstützung der Staatenwelt zu mobilisieren, wird Curry als Söldner für die Durchführung der Operation engagiert und gleichzeitig die Interessen der Förderindustrie gewahrt. Als dieser die Priorisierung der Diamanten gegenüber den zu rettenden Bewohnern der Stadt kritisiert und auch die Kurzfristigkeit der Mission, gibt man ihm zu verstehen, dass sein Beruf als Söldner ihn zu einem Geschäftsmann machen würde, genau wie seine Auftragsgeber, und er dementsprechend die Lage zu bewerten habe. Diese Charakterisierung erweist sich kurz darauf als zutreffend, als Curry die ihm für die Mission gebotenen 25.000 US-Dollar auf den doppelten Geldbetrag hochhandelt. Die Ambivalenz der Person Captain Currys wird somit von Beginn an unterstrichen. Einerseits zeigt er sehr wohl moralische Qualitäten und weiß diese auch explizit auszudrücken, andererseits macht er kein Geheimnis daraus, für seine Dienste ein entsprechendes Honorar zu erwarten. Diese Charakterzüge werden kurze Zeit später abermals zur Schau gestellt, als er einen Reporter (der ihn unumwunden fragt, ob Curry tatsächlich für Geld töten würde) brüskiert indem er dessen rassistische Tiraden gegen Ruffo nicht unterbricht und ihn sprichwörtlich „auflaufen lässt“. Es stellt sich nämlich heraus, dass Curry’s kongolesischer Kollege jedes Wort verstanden und sich der Reporter somit in eine unangenehme und peinliche Situation manövriert hatte. Auf dessen Protest hin, wieso er ihn so bloßstellen würde, kommentiert Curry, dass Ruffo als Austauschstudent Zeit in den USA verbrachte und zudem vier Sprachen sprechen würde, also fernab der primitiven Eigenschaften sei, die ihm der Reporter zusprach.159 Die emanzipatorische Lektion dieser Szene ist in Anbetracht der zeitlichen Komponente des Films (dieser erschien im Jahr 1968) nicht zu unterschätzen. Curry sieht seinen Kollegen Ruffo

158 Dark of the Sun (1968). 159 Ebda. 43 als ebenbürtig an und zeigt dies mehrere Male während des Films. Gleichzeitig wird der Kongolese eindeutig moralischer dargestellt als der Söldner, da er nicht zuletzt in einem persönlichen Gespräch mit Curry darauf verzichtet, einen Teil des Honorars für die Mission anzunehmen und dabei hervorhebt, für seine Heimat zu kämpfen und nicht für Geld. Vor allem dieser monetäre Aspekt ist ebenfalls ein Beispiel für die Gleichbehandlung, die ihm der Söldner als Zeichen seiner Wertschätzung zuteilwerden lässt, auch wenn die Geste nicht angenommen wird.

Die Zugfahrt und Rettung der Geiseln Der Plan die Stadt und deren Bewohner zu erreichen, manifestiert sich in Form eines Zuges, der mit Sandsäcken verstärkt und mit Waffen ausgerüstet werden soll. Zusätzlich nimmt man mehrere Trupps afrikanischer Soldaten mit, die unter dem Kommando eines Deutschen namens Henlein (gespielt vom deutschen Schauspieler Peter Carsten) stehen.160 Henlein trägt neben einer deutschen Feldmütze aus dem Zweiten Weltkrieg ein klar erkennbares Swastika-Emblem auf seiner Brust. Es kommt zu einem Streitgespräch zwischen ihm und Curry, nicht zuletzt deshalb, da dieser ihm während der Mission hierarchisch übergeordnet wurde. Letzterer äußert zudem explizit Kritik wegen dem von Henlein getragenen Hakenkreuz, da es laut ihm in den europäischen Medien portraitiert wurde und keinen guten Eindruck hinterlassen hatte, weshalb er Henlein dazu auffordert, es zu entfernen.161 Es wird klar, dass zwischen den beiden keine Sympathien herrschen und Curry erscheint durch seine explizite Verurteilung Henleins abermals in einem positiven Licht. Zusätzlich dazu demonstriert der Film auch die bunte Mischung an Persönlichkeiten, die im Zuge des Kongo Konfliktes rekrutiert und unter ein Kommando zusammengefasst wurden, inklusive derer die zuvor auf gegensätzlichen Seiten im Zweiten Weltkrieg gekämpft hatten.162 Der Charakter Henleins entspricht dem gängigen Hollywood Klischee des deutschen Soldaten, der in seinem Verhalten stramm und streng ist. Er steht im krassen Gegensatz zum Habitus von Curry, der sich im Alltag entspannt und leger gibt, was wiederum die stereotype Darstellung amerikanischer Soldaten zeigt.

Die Zugfahrt ist von mehreren Zwischenfällen gezeichnet: Zunächst wird der Zug von einem Kampfflieger der UN-Truppen unter Beschuss genommen. Einige der Soldaten werden getötet und deren Leichen auf Befehl von Captain Curry vom Zug geworfen. Ein junger Söldner, der

160 Dark of the Sun (1968). 161 Ebda. 162 Mehr hierzu im Kapitel zum historischen Kontext. 44 während des Angriffes panisch geworden war und sich versteckt hatte, wird von Curry mit den Worten kritisiert, dass getötet werden soll, wenn es darum geht zu töten. Noch dazu kommt es zu einem Streit mit dem Arzt der Truppe, welchem Curry die Whisky Vorräte entzogen hatte. Dieser beschimpft ihn, dass er aufgrund seines Verhaltens und Charakters tatsächlich ein Söldner sei.163 Diese Szenen suggerieren ein Bild des harten Kämpfers, der kompromisslos seinen Auftrag durchführt und dem alle Mittel recht sind, dies zu erreichen. Sei es die Einforderung von Disziplin oder das Vernichten der Alkoholvorräte, um den sichtlich alkoholkranken Arzt auszunüchtern. Curry erscheint hierbei nicht als sympathisch, sondern strikt und konsequent, wenn nicht sogar kaltblütig. Während eines Stopps auf der Strecke kommt es zur Eskalation mit Henlein. Zwei junge kongolesische Kinder, die man in der Umgebung einer verlassenen Eisenbahnstation aufgespürt hatte, werden von Henlein mit der Argumentation erschossen, dass es sich um Spione der Simbas handle. Hierauf kommt es zu einer Schlägerei zwischen Curry und Henlein, der dabei beinahe getötet wird.164 Die kaltblütige Logik hinter der Ermordung der beiden Kinder und die entschlossene Ausführung derselben, zeichnet ein deutliches Bild des deutschen Söldners und rundet das für den Film und die Figur entworfene Bild und Klischee ab. Gleichzeitig demonstriert die Brutalität des Kampfes und die Bereitschaft Currys Henlein zu töten, dass auch die Hauptfigur glaubt, sich fernab jeglicher geltenden Rechtsbereiche zu bewegen.

Als man am Ziel ankommt, verzögert sich die Rückfahrt, da die Diamanten in einem per Zeitschloss versehenen Tresorraum gelagert werden. Gleichzeitig muss Curry zu einer nahgelegenen christlichen Mission fahren, um die dort tätigen Priester und Nonnen zu einer Abreise zu überreden.165 Damit kreiert der Film eine Nebenhandlung, welche sich an die regelmäßigen Befreiungen von Geistlichen während des Kongo Konflikts anlehnt, die zu diesem Zeitpunkt häufig in den Medien portraitiert wurden.166 Während Currys Abwesenheit überredet Henlein den alkoholkranken Arzt der Truppe in der Hotelbar der Stadt zu einem Trinkspiel, mit dem Resultat, dass die beiden Schießübungen im Gebäude durchführen. Der zurückkehrende Curry entreißt den Arzt dieser Situation, da er ihn

163 Dark of the Sun (1968). 164 Ebda. 165 Ebda. 166 In weiterer Folge wird hierauf noch gesondert darauf eingegangen werden. Siehe: Anthony Mockler, The new Mercenaries. S.101. 45 für eine Operation in der Mission der Geistlichen benötigt. Dort angekommen, führt der Arzt eine Notoperation an einer Schwangeren aus und findet sich selbst in seiner medizinischen Berufung wieder. Trotz der Proteste Captain Currys entscheidet er sich deshalb mit den Priestern und Nonnen in der Mission zu verbleiben – wohl wissend, dass dies den sicheren Tod für alle bedeutet.167 Der Zwischenfall in der Bar ist ein weiterer Eskalationsfaktor mit Henlein. Gleichzeitig zeigt die Hilfe für die Missionare die Hilfsbereitschaft Currys und den eigentlichen Grund der gesamten Reise – die Rettung der eingeschlossenen Bevölkerung. Nichtsdestotrotz ist die Darstellung der Zügellosigkeit der weißen Söldner sehr explizit: Trunkenheit, Vandalismus, und fahrlässiger Schusswaffengebrauch zeichnen ein Bild von Vagabunden und Taugenichtsen.

Die Konfrontation mit den “Wilden“ und die Flucht Kurz vor der Abreise überrascht ein Angriff der Simba-Rebellen die Rettungsaktion. Die Söldner kontern zwar erfolgreich, jedoch trennt die Explosion einer Granate kurz nach Abfahrt den hinteren Teil des Zuges ab und die Insassen des zurückrollenden Waggons werden von den Simbas bestialisch ermordet. Dabei fallen außerdem die Diamanten in die Hände des Feindes.168 Auch die Lokomotive wird im Zuge des Kampfes irreparabel beschädigt und Curry sieht sich dazu gezwungen mit einem Trupp die Stadt zu infiltrieren, um dort Fahrzeuge zu stehlen und im selben Zug die Diamanten zu sichern. Dies gelingt nicht ohne einem dramatischen Gefecht, während dem der für die Flucht wichtige Tanklaster zerstört wird. Als Resultat sieht sich Curry am Rückweg dazu gezwungen, den verbleibenden Treibstoff in einen Jeep zu füllen und bei der verlassenen Eisenbahnstation, welche man auf dem Weg zur Stadt passiert hatte, per Telegraf Luftunterstützung anzufordern. Ähnlich wie im Falle der Rettung Geistlicher, werden auch die Massaker der Rebellen thematisiert, teils so überspitzt, dass für die Endfassung des Filmes einige Szenen entfernt werden mussten. Die Darstellung der Simbas entspricht dem Klischees des spärlich bekleideten Schwarzen Wilden mit Speer und Bemalung. Nur deren Anführer wirkt gebildet und ist demensprechend gekleidet.

Aufgrund der vergangenen Kämpfe, Streitgespräche und dem Verlust von Kameraden, ist die Stimmung denkbar schlecht und Misstrauen kommt auf, als Curry Hilfe holen will. Die Truppe befürchtet, dass Curry sie mit den Diamanten im Gepäck im Stich lassen könnte. Um die Lage

167 Ebda. 168 Dark of the Sun (1968). 46 zu entschärfen fährt dieser, sowohl die Diamanten als auch seine auf der Reise neu gefundene Geliebte zurücklassend, mit einem der kongolesischen Unteroffiziere zur rettenden Bahnstation. Abermals wird hier dem Söldner die Charaktereigenschaft der Unberechenbarkeit, Unverlässlichkeit und des alleinigen Strebens nach Reichtum angeheftet. Obwohl sich die Figur Currys bis zu diesem Zeitpunkt im Film mehrmals charakterlich beweisen hatte, wird ihm immer noch Misstrauen entgegengebracht, das tief verwurzelt ist und in Extremsituationen hervorbricht.

Die letzte Eskalation und der Charakterwandel Captain Currys In weiterer Folge kann der benötigte Nachschub angefordert werden. Doch während Currys Abwesenheit tötet Henlein auf der Suche nach den Diamanten Ruffo und verletzt Currys Geliebte. Zurück bei der Truppe und realisierend, dass Ruffo ihm doch vertraut und die Diamanten auf die Fahrt mitgegeben hatte, macht sich Curry getrieben von Schuldgefühlen auf, um den Tod seines Freundes zu rächen. In einer letzten Verfolgungsjagd holt er Henlein ein und tötet diesen auf bestialische Art und Weise, so dass einer der kongolesischen Unteroffiziere sich enttäuscht von ihm abwendet. Auf der Rückfahrt ist Curry in sich vertieft und reflektiert seine Taten. Er hält die Fahrzeugkolonne an, lässt sich von seinem kongolesischen Unteroffizier wegen des Mordes an Henlein in Haft nehmen und will sich einem Kriegsgericht stellen. Als er in einen Truppentransporter am Ende der Kolone steigt, salutiert der Unteroffizier vor ihm, als Zeichen seiner wiedergefundenen Loyalität zu Curry.169

Hintergründe zum Film Dark of the Sun folgt in seiner Erzählung dem klassischen Narrativ des Söldners, der sich und seine Arbeit ausschließlich anhand des Geldes identifiziert. Nur das Honorar ist ihm zu Beginn wichtig und dementsprechend wird der Charakter Captain Currys von seinem Umfeld kritisiert, eingeschätzt und/oder verurteilt. Im Laufe des Films vollzieht sich ein klassischer Wandel in seinem Charakter – eine sprichwörtliche Läuterung – und er stellt sich letzten Endes seiner Verantwortung und seinen Taten. Als weißer Antiheld zahlt er in dieser, von Roderick Heath

169 Ebda. 47 als „post-kolonialen Fantasie“ bezeichneten, Geschichte den Preis für das Plündern und die Grausamkeiten der politischen Elite, von der er engagiert wurde.170 Von den in dieser Arbeit besprochenen Filmen ist Dark of the Sun zeitlich am nächsten zum tatsächlichen Geschehen im Kongo, da noch während der Dreharbeiten und der Veröffentlichung des Films der junge Staat von Konflikten erschüttert war. Dass der Film zeitnah entstanden ist, zeigt auch der Gegenspieler Currys in Form des deutschen Söldners Henlein, der so nicht in der Romanvorlage vorzufinden ist. Tatsächlich ist dieser für den Film eigens kreierte Charakter an den zum Zeitpunkt des Geschehens äußerst medienpräsenten Siegfried Müller angelehnt, der in der Truppe des Söldnerführers Mike Hoare diente.171 Ein weiterer relevanter Aspekt ist auch die deutsche Version des Filmes, die unter dem Namen „Katanga“ veröffentlich wurde.172 In dieser wurde der Charakter von Captain Curry kurioserweise ebenfalls zu einem ehemaligen Wehrmachtssoldaten umgestaltet und dementsprechend synchronisiert. Aus diesem Grund verändert sich nicht nur der ideologische Konflikt zwischen Curry und Henlein (der in dieser Version der Vergangenheit nachtrauert), sondern stellt die Söldner allgemein als ehemalige deutsche Soldaten und Nazis dar. Als Produkt seiner Zeit ist der Film ein später Beitrag zum Genre des Actionfilms der 1960er Jahre, und neben Produktionen wie Major Dundee (1965), The Good, The Bad, The Ugly (1966) oder The Dirty Dozen (1967) einzuordnen.173 Die Dreharbeiten dazu fanden in Jamaika statt, da man in Afrika keinen geeigneten Drehort finden konnte, der einerseits über die benötigte Landschaft und Infrastruktur (man benötigte immerhin eine Bahnlinie im Dschungel) verfügte und gleichzeitig sicher genug war. Der Regisseur Jack Cardiff verfolgte auch die Ereignisse im Kongo selbst und war ob der Gräueltaten schockiert. Hierzu meinte er später: „Although it was a very violent story, the actual violence happening in the Congo at that time was much more than I could show in my film; in my research I encountered evidence so revolting I was nauseated. The critics complained of the violent content, but today it would hardly raise an eyebrow.“174 Auch wenn dieser Film als ein Klassiker der Söldnerfilme gilt und Kultregisseure wie oder stark beeinflusste, so ist er bei weitem nicht so bekannt, wie

170 Roderick Heath, Dark of the Sun, aka The Mercenaries [1968], Ferdy on Films, Download: http://www.ferdyonfilms.com/2012/dark-of-the-sun-aka-the-mercenaries-1968/12951/, eingesehen am 07.06.2017. 171 Siegfried Müller war bekannt dafür, einen Orden aus seiner Zeit als Wehrmachtssoldat zu tragen: das Eiserne Kreuz erster Klasse. 172 Katanga (1968), Original: Jack Cardiff (Regie), Dark of the Sun (1968). 173 Roderick Heath, Dark of the Sun, aka The Mercenaries [1968]. 174 Dark of the Sun / The Mercenaries (1968), Download: http://www.rodtaylorsite.com/darkofthesun.shtml, eingesehen 07.06.2016. 48 die beiden folgenden Filme, die eine weitaus größere Reichweite erzielten und anhand der Literaturvorlagen noch mehr Menschen erreichten: The Wild Geese (1978) und The Dogs of War (1980).175

2. The Wild Geese und Daniel Carneys Blick auf die Weißen Söldner seiner Zeit

Der britische Diplomatensohn Daniel Carney lieferte mit seinem Manuskript The Thin White Line176 die Literaturvorlage für den im Jahre 1978 erschienenen Film The Wild Geese, welcher internationale Filmstars wie , Roger Moore und Hardy Krüger in den Hauptrollen besetzen konnte.177 Das dem Film zugrunde liegende Manuskript, welches zuvor keine Abnehmer unter den Verlagshäusern finden konnte, wurde zeitgleich zum Film und mit gleichnamigen Titel vom Verlagshaus Corgi Books veröffentlicht. Der Autor Daniel Carney selbst, hatte sich nach einer Erziehung in und zahlreichen Reisen letzten Endes im Jahr 1963 in Rhodesien niedergelassen, wo er der British Police beitrat und dort für dreieinhalb Jahre Dienst versah.178

Zum Film – Synopsis und Analyse In The Wild Geese179 wird der ehemalige britische Soldat und nunmehrige Söldner Colonel Allen Faulkner vom mächtigen Banker Sir Edward Matherson unter strengster Geheimhaltung per Concorde nach London geflogen, um ihn für einen Auftrag zu gewinnen. Dieser umfasst die Befreiung des internierten ehemaligen Präsidenten des (fiktiven) Staates Zembala, Julius Limbani. Im Gegenzug erhofft man sich lukrative Förderkonzessionen für Kupfer.180 Um diesen Auftrag erfolgreich ausführen zu können, besteht Colonel Faulkner auf die Beteiligung zweier Personen, die ihm schon bei früheren Aufträgen zur Seite gestanden sind: Shaun Fynn, ein ehemaliger Pilot der Royal Airforce sowie Rafer Janders, der laut Faulkner ein Genie in Sachen militärischer Planung sei.181

175 Ebda. 176 Später als Daniel Carney, The Wild Geese. London 1977. veröffentlicht. 177 Die Wildgänse kommen. Lexikon des Internationalen Films. URL: http://www.zweitausendeins.de/filmlexikon/?sucheNach=titel&wert=11979, zuletzt eingesehen am: 11.01.2017. 178 Daniel Carney, The Wild Geese. London 1977, S.1. 179 Andrew V. McLaglen (Regie), The Wild Geese (1978). 180 The Wild Geese (1978). 181 Ebda. 49 Von besonderem Interesse ist dabei, wie nicht nur Faulkner selbst, sondern auch Fynn und Janders im Film charakterlich dargestellt werden, sei es durch ihre persönlichen Handlungen, oder die verbale Beurteilung untereinander. Während Faulkner als kalt und berechnend portraitiert wird und von sich selbst behauptet, für jeden zu arbeiten der für seine Dienste zahlen könne, so werden seine Partner anders charakterisiert: Janders, als ein alleinerziehender Vater und nebenbei Kunsthändler, der die wenigen Momente mit seinem im Internat lebenden Sohn auskostet und von Faulkner als Idealist bezeichnet wird, der nicht für Geld sondern für das Gute kämpft; und Fynn, ein Lebemann, der zwar als Kurier in zweifelhaften Kreisen kursiert, aber von Prinzipien geprägt ist und den Drogenhandel ablehnt.

Die Präsentation und Planung der Operation Dass nicht nur ein reicher Industrieller in die Pläne involviert ist, sondern auch die britische Regierung, erweist sich, als der eigentliche Plan für die Operation von Faulkner und Janders vorgestellt wird. Der Präsentation wohnt nämlich auch ein Angehöriger der Regierung bei, der bezeichnender Weise nicht seinen Namen nennt, sondern nur die Machbarkeit abschätzen und eventuell anfallende Informationen geben soll. Dieser gibt auch klar zu verstehen, dass die derzeitige Regierung mit einem Machtwechsel in Zembala einverstanden sei.182 Die von Janders vorgestellten Pläne sind detailliert, militärisch professionell und gliedern die „Söldnertruppe“ in eine strenge Hierarchie, die dem britischen Militär entspricht – Offiziere und NCO’s183 sollen die „Söldner“ anführen; diese werden zuvor von einem Sergeant Major für die Mission gedrillt. Hiermit wird klar gezeigt, dass es sich bei dem Unternehmen nicht um ein dilettantisches Projekt handelt, sondern dass Faulkner in Kombination mit Janders eine Operation durchführen kann, die einer staatlichen Armee ebenbürtig ist. Diese Professionalität spiegelt sich auch im Rekrutierungsprozess wieder, der ausschließlich ehemalige Soldaten heranzieht, die aufgrund mannigfaltiger Lebensumstände, aber primär aus Nostalgie zum Soldatenleben zurück in den Einsatz wollen, weil sie sich in dem Leben, dass ihnen von der zivilen Gesellschaft geboten wird, nicht zurechtfinden können. Das eigentliche Training geht in seiner Härte sogar noch weit über dem eines gewöhnlichen Heeres hinaus. Mit den Worten „There are no Queen’s regulations here.”184 werden die Söldner auf einem Truppenübungsplatz geschunden und in Form gebracht. Dabei tragen sie britische Uniformen und selbst die Offiziere werden während der Ausbildung nicht vom Sergeant Major

182 Ebda. 183 Non Commissioned Officers, Anm. 184 The Wild Geese (1978). 50 verschont. Im Gegensatz zur Romanvorlage, verwendet der Film hier jedoch mehr ein Element des Klamauks, welches sonst nur selten anzutreffen ist. Ernsthafter wird die Darstellung der Operationseinweisung für die Beteiligten, die einerseits moralische, aber auch rassistische Motive aufgreift. So kritisiert der südafrikanische Söldner Peter Coetze (gespielt von Hardy Krüger), dass es einen Unterschied mache, ob man gegen Terroristen kämpft, oder fremde Soldaten töten soll, die man nicht kennt. Während er das Geld des Auftrages nur dafür bräuchte, endlich seinen Traum einer Farm zu erfüllen, würden die anderen in der Gruppe der Menschheit ihren Stempel aufdrücken wollen.185 Auch wenn er selbst die Moralität der anderen in Frage stellt, wird Coetze nicht als perfekter Mensch dargestellt, benutzt er doch laufend die rassistisch abwertenden Wörter „Nigger“ und „Kaffir“.

Die Wildgänse fliegen Der eigentliche Einsatz wird immer wieder vorverlegt, aber trotz der verkürzten Trainingszeit kann die gesamte Truppe inklusive des Sergeant Major, der sich weigert zurückzubleiben, erfolgreich die eigentliche Operation abschließen. Man kann in einer Überraschungsaktion die Soldaten des Gefängnisses im Schlaf liquidieren oder in den Aufenthaltsräumen überraschen. Ex-Präsident Limbani wird befreit und medizinisch versorgt und während der Aktion lassen die Söldner auch andere Inhaftierte frei.186 Im Zuge des Vorgehens, werden die einzelnen Söldner als professionell und diszipliniert dargestellt. Die feindlichen Soldaten im Lager haben keine Chance gegen die Söldnertruppe und leisten nur minimalen Widerstand. Shaun Fynn wird in diesen Szenen dem soldatischen Männlichkeitsbild187 Hollywoods entsprechend dem Publikum mit Zigarre im Mundwinkel und der mit Schalldämpfer ausgestatteten Waffe im Hüftanschlag präsentiert. Am Flughafen angekommen, wird das für die Flucht vorgesehene Flugzeug kontaktiert. Bezeichnenderweise wird als Codewort für die Söldnertruppe der Begriff Wild Goose verwendet.188 Zeitgleich ändert sich die Lage in London: Sir Matherson und sein Vertrauter der Regierung, konnten sich mit der Staatsführung, die sie mit der Söldnertruppe eigentlich stürzen wollten,

185 Ebda. 186 The Wild Geese (1978). 187 Das internationale Filmlexikon beurteilt den Film dementsprechend einen „fragwürdigen Männlichkeitskult“ zu huldigen. Vgl hierzu: Die Wildgänse kommen. Lexikon des Internationalen Films. 188 Eine Anspielung auf die Emigration der irisch, jakobitischen Armee unter Patrick Sarsfield aus Irland, aber auch der Verwendung Mike Hoares. Mehr dazu weiter unten. 51 auf Förderkonzessionen einigen und befehlen der Flugzeugbesatzung umzukehren und die Söldner zurückzulassen.189

In dieser scheinbar aussichtslosen Situation entschließen sich die Söldner den Auftrag dennoch durchzuführen und mit Limbani als zukünftigen Präsidenten die Staatsspitze von Zembala zu stürzen. Damit wollen sie nicht nur Rache an Sir Matherson üben, sondern auch dem Land helfen, da Faulkner und seine Kollegen wissen, dass Limbani die beste Option für das Land sei und auch dementsprechenden Rückhalt in der Bevölkerung besitzt.190 Der nun erforderliche Rückzug durch das Hinterland, ist in mehrerlei Hinsicht interessant. Denn nach einem Luftangriff werden die Söldner nicht nur getrennt, sondern Faulkner erschießt auch einen Verletzten der eigenen Truppe, damit dieser nicht in die Hände der Simbas fällt – der Elite Truppe des zu stürzenden Regimes. Anschließend wird der Südafrikaner Coetze zusammen mit Limbani und ein paar anderen vom Rest der Truppe abgeschnitten und muss den schwachen Ex-Präsidenten, während der Flucht durch die Steppe, tragen. Dabei kommt es zu einem interessanten Streitgespräch zwischen den beiden, da Coetze Limbani ständig als „Kaffir“ bezeichnet und sich letzterer verbal wehrt und Coetze zu verstehen geben will, dass sich sowohl Weiße als auch Schwarze gegenseitig helfen und an das Morgen denken müssen. Im Zuge dessen argumentieren beide, wer wen am meisten benötigen würde. Letzten Endes dringt aber Limbani zu Coetze durch und überzeugt ihn davon, dass ein gleichberechtigtes Zusammenleben möglich ist – für beide Seiten. In dieser Hinsicht kann man den Film als stark antirassistisch und emanzipatorisch einstufen, was nicht zuletzt auf die Romanvorlage Daniel Carneys zurückzuführen ist.191 Der Plan Faulkners geht letzten Endes nicht so auf, wie er es sich vorgestellt hatte. Denn nachdem die Truppe getrennt wurde, geraten Coetze und Limbani in einen Hinterhalt, in dem bis auf Limbani alle anderen der Gruppe getötet werden (Coetze opfert sich dabei für Limbani). Als Faulkners Gruppe den schwachen Ex-Präsidenten in ein nahes Dorf bringen, werden die Söldner von einem weißen Pfarrer konfrontiert und als gottlose Mörder beschimpft. Dieser weist sie aber auch auf ein altes Flugzeug hin, welches auf einem nahen Flugfeld steht und mit dem sie vor haben zu entkommen – nicht jedoch ohne vorher noch ein letztes Gefecht mit den nahenden Simbas schlagen zu müssen. Im Zuge dessen werden die feindlichen Afrikaner als

189 The Wild Geese (1978). 190 Ebda. 191 Für eine tiefergehende Auseinandersetzung zu Daniel Carney und seinem Einfluss auf das „World Cinema“ siehe: Ivo Ritzer, Postkolonialer Genrediskurs, politischer Thriller und der Simbabwer Daniel Carney im World Cinema. In: Ivo Ritzer, Harald Steinwender (Hg.), Transnationale Medienlandschaften: Populärer Film zwischen World Cinema und postkolonialen Europa. München 2017. S. 41. 52 anonyme Masse zuhauf getötet, aber auch die „Söldner“ tragen schwere Verluste davon. Als das von Fynn gelenkte Flugzeug endlich startet, ist Janders zu weit abgeschlagen und kann nur noch hoffnungslos der startenden Maschine hinterherrennen. Als er verwundet wird, erlöst ihn Faulkner mit einem gezielten Schuss vor der sicheren Folter der Simbas.

Der rettende Flug und die persönliche Rache Faulkners Der Flug nach Rhodesien ist von Selbstreflexion und der Suche nach dem Sinn für die Mission geprägt. Nachdem man den Flughafen in Salisbury mit dem Notruf kontaktiert, dass an Bord eine Söldnertruppe sei und Hilfe benötige, wird die Landung zunächst verweigert. Erst als man angibt, dass sich der ehemalige Präsident Limbani mit an Bord befindet (welcher zu diesem Zeitpunkt seinem Herzleiden erlegen ist) wird die Landung freigegeben.192 Der Schluss des Filmes steht im starken Kontrast zur Romanvorlage, welche mit einer dramatischen Landung in Rhodesien endet. Faulkner sucht Sir Edward Matherson in London auf, wobei der Charakter des „Söldners“ an zusätzlicher Tiefe gewinnt. Zunächst auf das Schachbrett in Mathersons Zimmer anspielend, erklärt ihm Faulkner wie er mit einem Zug aus einer kniffligen Lage kommen könnte. Auf die Drohungen des Bankers nicht reagierend, offenbart Faulkner weiters, dass er eine lange Rede vorbereitet hatte, die sogar über die philosophischen Feinheiten des Arbeitsverhältnisses zwischen Söldner und Auftragsgeber handeln würde. Er geht aber nicht soweit diese zu halten, sondern erschießt Matherson und kommt dem Wunsch Janders nach, indem er sich um im Anschluss um dessen Sohn kümmert.193

Hintergründe zum Film Wie so oft bei einem direkten Vergleich zwischen Romanvorlage und der eigentlichen Verfilmung, kann man feststellen, dass Carneys Buch nicht nur viel näher an der Realität ist, als die Verfilmung von Regisseur Andrew W. McLaglen, sondern auch vielmehr Details in Bezug auf die thematisierten „Söldner“ und deren Operation vermittelt. Nicht zuletzt Anthony Mockler – der als eine Instanz in Bezug auf die weißen Söldner der afrikanischen Konflikte gilt – weißt in seinem Buch The New Mercenaries darauf hin, dass es sich bei Carneys Buch um die spannendste, und realistischste Söldnergeschichte handelt, die ihm bekannt ist.194 Dabei wäre das Manuskript beinahe im persönlichen Archiv Daniel Carneys in Vergessenheit geraten, wäre es nicht durch Zufall beim britischen Filmproduzenten Euan Lloyd vorgelegt

192 The Wild Geese (1978). 193 Ebda. 194 Anthony Mockler, The New Mercenaries. London 1986. S. 484. 53 worden, der sich umgehend die Filmrechte daran sicherte.195 Als Regisseur setzte sich der für seine Wildwest Filme bekannte Andrew V. McLaglen durch.196 Die Suche nach einem potentiellen Drehort gestaltete sich schon schwieriger und nachdem man Kenia und Tansania aufgrund der dort vorherrschenden Korruption ausschloss, fiel die endgültige Entscheidung auf das damalige noch unter dem Apartheid-System regierte Südafrika, was der Filmproduktion starke Kritik vonseiten Bürgerrechtsbewegungen einbrachte.197 Gleichzeitig eröffnete sich dadurch aber auch eine andere Facette für den zu drehenden Film. Während der Suche nach einem idealen Ort für die Produktion, wurde in Südafrika bekannt, dass ein Söldnerfilm gedreht werden soll. Als Resultat nahm ein in Johannesburg lebender, ehemaliger Fallschirmjäger und Special Air Service Veteran mit dem Namen Ian Yule Kontakt mit den Filmproduzenten auf. Yule hatte nicht nur selbst als Söldner im Kongo Konflikt gekämpft, er stellte auch den Kontakt zu Colonel „Mad Mike“ Hoare her, der als Anführer von 5 Commando im Kongo auf Befehl Moise Tshombés die dort operierenden Söldner befehligte.198 Hoare wurde in weiterer Folge der „technical adviser“ des Films und sorgte auch dafür, dass Ian Yule in die Produktion als Waffenexperte involviert war. Yules Beteiligung ging sogar so weit, dass er als Nebendarsteller die Rolle des „Söldners“ „Tosh Donaldson“ spielte. Die beiden ehemaligen Söldner nahmen ihre Aufgaben offensichtlich sehr ernst: Die Schauspieler wurden an den im Film verwendeten Waffen ausgebildet und Hoare sah laut diverser Aussagen ein paar von ihnen sogar als „imaginäre Rekruten“ an.199 Mike Hoares Funktion während der Filmproduktion wurde in weiterer Folge von seinem Verlag auch am Umschlag seiner Kongo Memoiren angepriesen, welcher – eine gewisse Theatralik nicht unterschlagend – verkündete: „The classic true-life account of mercenary warfare by Mike Hoare, technical adviser for the film THE WILD GEESE“.200

195 Anthony Earnshaw, The Wild Geese. URL: https://antonyearnshaw.wordpress.com/journalism/the-wild- geese/, Zuletzt eingesehen am 14. 01. 2017. 196 McLaglen fühlte sich laut eigenen Aussagen nie in dem Genre wohl, obwohl er unter anderem für die bekannte Western Serie „Have Gun – Will Travel“ 116 Episoden als Regisseur diente. Vgl. hierzu: Wheeler Winston Dixon, Andrew v. McLaglen: Last of the Hollywood Professionals. In: Senses of Cinema, April 2009, Download: http://sensesofcinema.com/2009/conversations-on-film/andrew-v-mclaglen-interview/, zuletzt eingesehen am 14.01.2017. Als interessante Fußnote sei hier auch erwähnt, dass die Western Serie „Have Gun – Will Travel“, mit ihrem Kopfgeldjäger als Hauptcharakter, als Einfluss für das Logo von Executive Outcomes, einer südafrikanischen Private Military Company (tätig in den 1990er Jahren), gehandelt wird – wenn auch nur spekulativ. Siehe hierzu: David Jaklin, Executive Outcomes. Firmengeschichte und Rezeption der Mutter aller Private Military Companies, In: Journal for Intelligence, Propaganda and Security Studies, Vol. 3, No.1/2009, S.125. 197 Anthony Earnshaw, The Wild Geese. 198 Ebda. 199 Ebda. 200 Mike Hoare, Mercenary. London 1984. Das Buch wurde zunächst im Verlagshaus Robert Hale im Jahre 1967 publiziert. Danach von Corgi Books, unter deren Wirken das Buch neben der Erstauflage sage und schreibe 8. Auflagen erfuhr. 54 Sir Roger Moore zufolge waren sogar weitere „Söldner“ am Filmset, die er als „rather terrifying“ – also als „eher furchteinflößend“ – bezeichnete.201 Die Beteiligung dieses Personenkreises und vor allem jene von Mike Hoare resultierte dementsprechend in einer erhöhten Aufmerksamkeit für die Produktion und laut Anthony Earnshaw sogar in einem gewissen Prestige.202 Ähnliches konnte man im „Making of“ des Filmes beobachten, das mit einem Postskriptum endete, welches nicht nur einen Realitätsbezug des Films herstellen sollte, sondern gleichzeitig ein Mysterium etablierte: „In 1968 a mysterious Dakota landed at Kariba in in the middle of the night carrying dead and battle-scarred mercenaries. The fact was reported in some papers the next day and there was speculation that a famous black President was on board. But to this day nobody knows. The whole incident has been shrouded in a mysterious silence.“203 Tatsächlich ist an diesem Postskriptum ein Körnchen Wahrheit, wenngleich sich die dafür Verantwortlichen um ein Jahr geirrt hatten. Am 7. Juli 1967 landete nämlich in Kariba, Rhodesien eine DC-3 Dakota, die von 6 Commando unter der Führung von entführt und mit Verwundeten an Bord aus dem Kongo geflogen wurde. Die Aktion war ein Resultat eines missglückten Aufstandes, der als Reaktion auf die Entführung und Verbringung Moise Tshombés nach Algerien begonnen hatte.204 Es zeigt sich somit, dass der Film The Wild Geese tatsächlich näher an der Realität angesiedelt ist, als es auf ersten Blick zu sein scheint. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Verwendung des Namens „Simbas“ für die Eliteeinheit, welche die Söldner im Film verfolgt, sondern auch im Titel selbst, da Hoare in seinen Memoiren versucht, sich und seine Männer in die Tradition dieser irischen Soldaten, die während der Neuzeit in verschiedenen Heeren Europas kämpften, einzuordnen.

201 Clark Collins, Roger Moore talks ‚Wild Geese’. Entertainment Weekly, 10. Dezember 2012, URL: http://ew.com/article/2012/12/10/wild-geese-sir-roger-moore-blu-ray/, Zuletzt eingesehen am 14.01.2017. 202 Anthony Earnshaw, The Wild Geese. 203 The Wild Geese, Making of. Download: https://youtu.be/sWT9haZ__xw, eingesehen am 07.06.2017. 204 Eine ausführlichere Schilderung dieser Umstände findet sich im Kapitel zum Historischen Kontext des Söldnerputsches. Für einen zeitgenössischen Bericht siehe: Wounded Congo Rebels flown into Rhodesia (AP), In: Toledo Blade, 8. Juli 1967. Digitalisiert: https://news.google.com/newspapers?id=-- lOAAAAIBAJ&sjid=eAEEAAAAIBAJ&hl=de&pg=4151%2C5097293, eingesehen am 07.06. 2017. Vgl hierzu auch die Ausführungen von Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 142. Sowie ein Kommentar von Ivan Smith, Mad Dog Killers. The story of a Congo Mercenary, Solihull, Pinetown 2012, S.125. 55 3. The Dogs of War und Frederick Forsyths Beitrag zum Genre

Frederick Forsyths Zugang zum Themenbereich „Söldner“ ist – ebenso wie der Daniel Carneys – ein auf persönlichen Erfahrungen basierender. Ersterer hatte im Vergleich sogar engeren Kontakt zu diesem Personenkreis unterhalten, da er nicht zuletzt als Reporter für die BBC und in weiterer Folge selbstständig, den Biafra Konflikt vor Ort dokumentierte und dadurch zahlreiche Netzwerke bilden konnte.205 Nichtsdestotrotz wird Forsyths Name in erster Linie mit seinen Politthrillern verbunden und nicht mit seiner journalistischen Tätigkeit in jungen Jahren, welche ihn als Auslandskorrespondent nach Paris, Ost-Berlin und, wie bereits erwähnt, nach Afrika – genauer genommen Biafra – verschlug.206 Diese Erlebnisse führten dazu, dass Forsyth wie schon in seinem ersten Buch Der Schakal, persönliche Erfahrungen und Erinnerungen in seine Romane einfließen ließ. In Bezug auf The Dogs of War geht dieser reelle Einfluss sogar soweit, dass das Anfangskapitel der Romanvorlage eine explizite Nacherzählung eines persönlichen Erlebnisses Forsyths ist.207 Konkret handelte es sich dabei um den letzten Flug des nigerianischen Politikers und Staatschef aus Biafra, Chukwuemeka Odumegwu Ojukwu, mit dem er das Land nach seiner Niederlage verlassen musste.208

Zum Film – Synopsis und Analyse Der Film209 selbst wird dramatisch eingeleitet, indem William Shakespeare mit den Worten „Cry havoc, and let slip the dogs of war“ zitiert und kurz darauf die Hauptcharaktere bei ihrer Flucht aus einem zentralamerikanischen Staat gezeigt werden. Mit der Verwendung dieses Zitats wurde eine immer wiederkehrende Formulierung geschaffen, die nach wie vor in der Literatur und den Medien verwendet wird, seien es nun akademische Werke oder Popkultur. Anders verortet als in der Romanvorlage, jedoch ebenso aus einem kollabierenden Staat flüchtend, erzwingt sich das Team einen Platz im letzten, das Land verlassenden Flugzeug. Gleich zu Beginn wird der Hauptcharakter Shannon als kalt und berechnend dargestellt, der sich auf alle Eventualitäten vorbereitet. Auch seine Kameraden scheuen sich nicht vor extremen

205 Siehe hierzu: Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 185, S. 194-198. 206 Über sein durchaus abenteuerliches Leben berichtet er in seiner Autobiographie, die nicht zuletzt seine Tätigkeit für den Secret Intelligence Service (MI6) offenbarte. Siehe hierzu: Frederick Forsyth, Outsider. München 2015. 207 Frederick Forsyth, Outsider. S. 267. 208 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 196. 209 John Irvin (Regie), The Dogs of War (1980). 56 Handlungen: Als die Flugbegleiter ein traumatisiertes Mitglied der Truppe aus dem Flugzeug verweisen wollen, wird selbigen eine scharfe Handgranate in die Hand gegeben, um zu demonstrieren, dass man keine Leiche an Bord gebracht hat.210 Die Bereitschaft, sich über alles hinwegzusetzen und Stärke zu demonstrieren, wird somit von Anfang an deutlich dargestellt. Auch der Charakter von Shannon wird sehr explizit präsentiert: In seiner privaten Wohnung liegen an mehreren Stellen Waffen bereit und er neigt dazu, sich sprichwörtlich über die Schultern zu sehen. Zurück in der Heimat wird Shannon spät nachts, während eines unangekündigten Besuches, ein Auftrag angeboten in einem kleinen afrikanischen Land namens Zangaro die Sicherheitslage einzuschätzen. Laut der Aussage seines mysteriösen Besuchers, gäbe es Interessen von Firmen in das Land zu investieren und man wolle zuvor wissen, ob ein Coup dort immanent oder zumindest möglich wäre. Die Implikationen des Auftrags richtig einschätzend, stimmt Shannon widerwillig zu, jedoch nicht ohne vorher den Preis dementsprechend in die Höhe zu treiben.211 Die Szene zeigt Shannon als getriebenen Charakter. Nachdem er zunächst seinen Besucher nicht in die Wohnung lassen wollte und bereits eine Waffe bereithielt, wird dem Zuseher deutlich vor Augen geführt, dass es sich um einen Menschen mit Feinden handelt. Auch das spätere Feilschen um ein besseres Honorar für die Aufklärungsmission, demonstriert nicht nur die Ambivalenz seines Charakters,212 sondern auch seine Arroganz.

Die Aufklärungsmission als Demonstration Shannon’s Fähigkeiten Sich als Ornithologe ausgebend, reist Shannon nach Zangaro und versucht dort trotz zahlreicher lokaler Hürden die Lage aufzuklären. Neben eigenen Versuchen die Stadt und das umliegende Gebiet zu erforschen, kann er noch zusätzliche Informationen von einem britischen Reporter erlangen, der auch vor Ort ist und seinerseits (erfolglos) versucht, über die Lage im Land zu berichten. Als Shannon nach einer nächtlichen Spionageaktion am Morgen verhaftet wird, trifft er im Gefängnis auf einen inhaftierten Arzt, der aus der Sicht des Reporters der einzige Kandidat für eine potentielle Nachfolge des regierenden Generals Kimba wäre.213 Shannon wird im Zuge der folgenden Ereignisse des Landes verwiesen und deportiert. Am Flughafen gelingt es dem befreundeten Reporter ihm noch schnell eine Filmrolle zuzustecken.

210 Ebda. 211 Ebda. 212 Hierbei sei zu Bedenken, dass Söldnern vor allem der finanzielle Aspekt ihrer Tätigkeit meist negativ und moralisch verwerflich ausgelegt wird. Die Vergleiche zu Prostituierten wurden schon an anderer Stelle in dieser Arbeit erläutert. Siehe hierzu Kapitel II.E.5. 213 The Dogs of War (1980). 57 Während der Aufklärungsmission wird Shannon als einfallsreich, professionell und ausdauernd dargestellt. Es gelingt ihm die Beobachter des Regimes abzuschütteln, um seine Informationen einzuholen, er bewegt sich während seiner nächtlichen Ausflüge militärisch professionell und kann auch demonstrativ seine Tarnung als Ornithologe in einer Konfrontation mit einem Vertreter des Regimes aufrechterhalten. Trotz allem wird sein Verhalten vom Reporter jedoch als konspirativ eingeschätzt, wenngleich dieser jedoch vermutet Shannon würde für die CIA arbeiten.214 Anhand der gesammelten Informationen, sowie der Fotos des Reporters, kann Shannon den Bericht für seinen Auftraggeber abschließen. Da die Mission mitsamt Shannons Festnahme und dessen Folter die dementsprechenden gesundheitlichen Auswirkungen auf ihn hatte, ist der Auftrag in seinen Augen beendet und er zeigt kein Interesse weitere Schritte zu unternehmen. Sein Auftraggeber hegt jedoch andere Pläne: Nachdem er Shannon auf eine konkrete Antwort gedrängt hat, ob eine gut trainierte Streitkraft aus Söldnern die Staatsführung vor Ort entmachten könnte, bietet er ihm 100.000 US Dollar, um genau dies durchzuführen. An diesem Abend lehnt Shannon den Auftrag ab – nachdem er jedoch in den darauffolgenden Tagen einen privaten Rückschlag erleidet, sagt er wider Erwarten zu und ruft seine Kameraden für die Mission zusammen.215 Hier wird das einzige Mal und auch nur ansatzweise ein Motiv für die Tätigkeit Shannons als Söldner angedeutet. Seine Ex-Frau wirft ihm vor, stets die Kriege anderer geführt zu haben und nicht seine eigenen Kämpfe. Es wird somit impliziert, dass er seinen Lebensstil als Flucht vor seinem Privatleben gewählt hat. Gleichzeitig nimmt er diesen Auftrag erst in Kauf, als sein Versuch einen Neuanfang mit seiner Ex-Frau zu unternehmen scheitert.

Von der Planung zur Durchführung der Mission Die Planung der Kommandoaktion erfolgt von einem Londoner Hotel aus, in dem sich das Team einquartiert und mithilfe der vorhandenen Fotos und einem detaillierten Plan der Garnison das Vorgehen detailgetreu eruiert. Allfällige Scherze werden von einem ernsten Shannon unterbrochen, der eindeutig als Anführer akzeptiert ist und einzelne Aufgaben an die Beteiligten delegiert. Es wird ins kleinste Detail diskutiert, welche Waffen benötigt werden, welche Händler dafür zurate gezogen werden sollen und vor allem, dass man gute Preise aushandeln soll, da man das Restgeld des Budgets für sich selbst beanspruchen will. Nachdem

214 Ebda. 215 Ebda. 58 alles besprochen wurde, toastet sich die Gruppe mit dem französischen Spruch „Vive la mort, vive la guerre, vive le sacre mercenaire.“ zu.216 Der Trinkspruch deutet das an, was in der Romanvorlage deutlicher kommuniziert wird; nämlich, dass ein Mitglied der Truppe ein ehemaliger Fremdenlegionär ist. Des Weiteren zeigt sich schnell, dass die Söldner über zahlreiche Kontakte verfügen und sich der Netzwerke am Schwarzmarkt bewusst sind. Dementsprechend ist klar, wo welche Materialien zu welchen Preisen verfügbar und dass selbige verhandelbar sind. Abermals kommt die finanzielle Komponente und mit ihr ein Faktor der Motivation der Charaktere ins Spiel.

Die Vorbereitungen laufen zunächst wie geplant: Man organisiert erfolgreich Waffen und Munition sowie ein Schiff, um das Material zum Bestimmungsort zu transportieren und koordiniert sich mit den Auftraggebern. Letztere planen, den Bruder General Kimbas als neuen Präsidenten zu installieren und rufen hierfür ein Treffen mit Shannon ein. Im Laufe des Gesprächs zeigt sich dieser als konfrontativ und nicht gewillt, genauer auf seine Pläne einzugehen. Auch das Angebot zusätzliche Soldaten des zukünftigen Präsidenten als Hilfestellung miteinzubeziehen, wird von ihm abgelehnt. Als Resultat wird Shannon explizit darauf hingewiesen, dass es ratsam wäre, sich mit der zukünftigen Führung des Landes Zangaro gut zu stellen. Nach Beendigung des Briefings und als Shannon gegangen ist, wird er von seinen Auftraggebern als entbehrlich bezeichnet.217 Vor allem die Eigenschaft der Entbehrlichkeit ist ein immer wieder identifizierbares Element in Bezug auf Söldner, sei es im Film oder der Literatur. Dieses Charakteristikum geht mit dem vermeintlichen Graubereich der Tätigkeit einher und ist nicht zuletzt einer der Gründe warum Shannon als vorsichtig und stets bewaffnet dargestellt wird (sogar in seinen eigenen vier Wänden). Gleichzeitig ist dies auch ein Ausdruck der im Vergleich zu regulären, staatlichen Armeen schwachen Bande zwischen Auftraggeber und Truppe. Im Falle der Söldner sind hier keine Faktoren auffindbar, die eine reguläre Armee ausmachen und an den Staat binden (wie beispielsweise Patriotismus, Loyalität und Pflichtbewusstsein den Mitbürgern zu dienen). Stattdessen ist der Vertrag und das damit verbundene Geld die einzige Garantie für Loyalität – ein Faktor, der die Entbehrlichkeit bestimmt, aber auch das gegenseitige Vertrauen und schon seit jeher einer der größten Kritikpunkte des Söldnertums war.218

216 The Dogs of War (1980). Anm.: Der Trinkspruch ist eine Abänderung einer ähnlichen Version der Fremdenlegion: "Vive la mort, vive la guerre, vive la Légion Etrangère". 217 Im englischen Original „expendable“, Anm. The Dogs of War (1980). 218 Die ersten Bedenken hierzu finden sich schon bei Machiavelli. Siehe hierzu die Ausführungen im Kapitel zu Definition und Rezeption des Begriffs „Söldner“: Kapitel II. D und E. 59 Die Vorbereitungsphase ist aber auch von Zwischenfällen und Problemen gezeichnet. Zunächst wird der Reporter, mit dem Shannon in Zangaro eine Freundschaft geschlossen hatte, in London auf die Operation aufmerksam und fordert als Gegenleistung für seine vorherige Hilfe Informationen ein. Gleichzeitig wird Shannon von seinen Auftraggebern beschattet – eine Situation die eskaliert, als diese im Reporter eine Gefahr sehen und ihn mit einer Autokollision tödlich verletzen. Als Antwort darauf foltert und tötet Shannon mit seinen Männern den für den Tod des Reporters verantwortlichen Mann und bringen dessen Leiche in das Anwesen seiner Auftraggeber.219 Sofern es bis zu diesem Zeitpunkt noch Zweifel gab, ob Shannon ein ambivalenter Charakter sei, so wird spätestens hiermit demonstriert, dass er keine Skrupel scheut, um eine klare Botschaft an seine Widersacher zu schicken. Mittel zur Abschreckung, wie diese, kennt man zumeist nur aus kriminellen Kreisen. Weitere Probleme zeichnen sich bei der Lieferung der Munition ab, die nur knapp vor der Abreise beim Schiff eintrifft und fast durch eine Zollüberprüfung aufgebracht wird.220 Die Schifffahrt nach Afrika selbst wird dazu genutzt, um die vorhandene Ausrüstung und Waffen zu testen. Erstaunt von der Feuerkraft stellt der Schiffskapitän die Frage, wessen Krieg die Truppe führt, ohne jedoch eine Antwort zu bekommen. Bald darauf trifft auch die Verstärkung des Söldnertrupps ein – bei einem Rendezvous mit einem weiteren Boot, kommen zahlreiche afrikanische Soldaten an Bord. Zunächst herrscht eine nüchterne Skepsis gegenüber den Fähigkeiten dieser Soldaten. Das Team Shannons befürchtet, dass man viel Zeit mit dem Training grundlegender Kenntnisse des Waffengebrauchs verschwenden wird. Zur Überraschung seiner Kollegen, sind die Soldaten jedoch gut ausgebildet und treffen ihre Ziele auf Anhieb. Die Situation wird mit einer ironischen Geste erklärt: Der Offizier der afrikanischen Soldaten gibt jenem Söldner der Kritik übte, eine Zigarre und sagt lapidar: „kubanisch“.221 Die hier implizierten Aspekte sind mehr als nur interessant. Einerseits die Frage des Kapitäns, welche die schon fast philosophische Debatte des Söldnertums aufwirft und andererseits die afrikanischen Soldaten, die eindeutig eine Ausbildung von kubanischen Militärberatern erfahren haben. Vor allem der letztere Punkt dürfte einem Publikum von heute fast gar nicht auffallen – immerhin ist die kubanische Beteiligung in den Bürgerkriegen Afrikas im heutigen Geschichtsbewusstsein „westlicher“ Bürger kaum wahrnehmbar. Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Films, waren diese Kriege jedoch voll im Gange und dementsprechend in den Medien vertreten.

219 The Dogs of War (1980). 220 Ebda. 221 Ebda. 60 Kurz vor dem Einsatz erfolgt die Einweisung der Truppe im Schiffsbauch, wo man ein detailliertes Briefing für die Soldaten vorbereitet hat. Dabei wird auf das kurze Zeitfenster hingewiesen und auch, dass Shannon und sein Team nur als taktische Unterstützung tätig sein werden. Laut seinen Aussagen, ist es der Kampf der Soldaten und dass sie im Endeffekt für den Ausgang und die Zukunft Zangaros verantwortlich sind. Nicht zuletzt weist er sie auch darauf hin, dass nur die Lebenden bezahlt werden.222 Erst mit diesen Aussagen Shannons wird unterstrichen, dass es sich um einheimische Soldaten handelt, die den Angriff unternehmen werden. Damit wird zum ersten Mal verdeutlicht, dass das Team unter Umständen nicht einfach nur einen Staatsstreich verübt, sondern tatsächlich einer guten Sache dienen könnte. Da die Situation jedoch nicht weiter ausgebaut wurde, bleibt der Zuseher diesbezüglich im Dunkeln und kann nur spekulieren.

Die Durchführung der Mission mit einem unerwarteten Ende Der Angriff selbst ist der dramatische Höhepunkt des Films und findet bei Nacht statt. Die Truppe landet mittels Schlauchbooten an der Küste. Die „Söldner“ sind mit Nachtsichtgeräten ausgestattet und gehen gezielt und leise vor. Einzelne Wachen werden lautlos ausgeschaltet und Shannon positioniert sich in einem Turm, der die Garnison überblickt. Von dort wird die Kaserne mit Granatwerfern unter Beschuss genommen und das Gelände im Anschluss gestürmt. Ein Mitglied aus Shannons Team wird im Zuge des Gefechts getötet, als er einen Raum stürmt und dabei eine Frau mit Kindern vorfindet und diese verschont. Als er sich umdreht, um den Raum zu verlassen, wird er von ihr in den Rücken geschossen.223 Ebenso wie in der Romanvorlage wird das Sterben einiger Charaktere dafür verwendet, die Sinnlosigkeit des Tötens zu unterstreichen. Sei es durch die Ironie im Film, dass ein Teammitglied Shannons von jener Person erschossen wird, die zuvor von ihm verschont wurde, oder der versehentliche Tod durch eine Granate im Roman. Zusätzlich werden hierbei auch die menschlichen Züge der einzelnen Personen gezeigt und der Zuseher in einem Zwiespalt zurückgelassen, wie man die Situation moralisch einzuordnen hat.

Währenddessen findet Shannon General Kimba in seinen Schlafgemächern vor, panisch sein Vermögen zählend. Er erschießt diesen, ebenso wie den ebenso anwesenden Offizier, der Shannons Folter während der vorangegangenen Aufklärungsmission geleitet hatte.224

222 The Dogs of War (1980). 223 Ebda. 224 The Dogs of War (1980). 61 Das Nachspiel des Angriffs spiegelt ein zerstörerisches Bild wider. Die Garnison ist stark beschädigt und die Söldner haben die toten Soldaten sowie die Gefangenen aufgereiht. In der Stadt stehen bereits Wachposten und es finden Patrouillen statt – der Staatsstreich war erfolgreich. Das Team von Shannon vertreibt sich mit Banalitäten die Zeit und beobachtet das Szenario unbeteiligt.225 Während all dies passiert, trifft der neue Präsident mit den Auftraggebern des Coups ein und findet Shannon im Büro des toten Generals Kimba vor. Zu ihrer Überraschung finden sie den zuvor inhaftierten Arzt vor, der mittlerweile von Shannon als neuer Präsident eingesetzt wurde und seinen Konkurrenten sofort verhaften lässt. Als Shannons Auftraggeber protestieren, erschießt er den betrogenen Nachfolger und verlässt den Raum.226 Mit dieser plötzlichen Wende der Ereignisse offenbart sich, dass Shannon seit seiner Rückkehr von der Aufklärungsmission offensichtlich seine eigenen Pläne verfolgt hatte und seine Auftragsgeber hinterging. Hierbei ergibt sich ein interessantes Dilemma: Einerseits hat der Söldner seine Geldgeber betrogen und hinter das Licht geführt und somit das klassische Klischee der Unverlässlichkeit und Heimtücke erfühlt. Andererseits hat er sich dazu entschlossen, das Richtige zu unternehmen und einen Staatsführer einzusetzen, der Rückhalt in der Bevölkerung genießt und nur das Beste für sein Volk will. Das Resultat ist ein Antiheld, wie er im Buche steht.

Der Film endet, wie er beginnt: Shannon und sein Team machen sich in ihrem Jeep auf den Weg, um das Land zu verlassen. Ihren toten Freund nehmen sie mit und man kann ihre Gesichter als desillusioniert und ausgebrannt bezeichnen.

Hintergründe zum Film Auch im Fall von The Dogs of War sind die Unterschiede zwischen Film und Romanvorlage markant: Während das Buch in erster Linie fast enzyklopädisch die Vorbereitungsphase des thematisierten Staatsstreichs darstellt und ausschließlich in Europa und Afrika spielt, wird im Film der amerikanische Kontinent ergänzt (die anfängliche Flugzeugepisode spielt in Zentral- Amerika konträr zur afrikanischen Verortung im Buch) und die Hauptfigur wird als US- Amerikaner dargestellt. Gleichzeitig liegt im Film der Fokus nur zum Teil auf den Vorbereitungen und viel mehr auf der Aufklärungsmission und der eigentlichen Durchführung des Plans. Des Weiteren fällt eine tiefergehende Erklärung der Biografien der einzelnen Söldner

225 Ebda. 226 Ebda. 62 aus. Es werden keine befriedigenden Details zu deren Motivation oder persönlichen Geschichte genannt – Details, die man in der Romanvorlage Forsyths sehr wohl vorfindet. Lediglich dem Charakter von Shannon wird im Film mehr Tiefe verliehen, wenn auch mehr in Bezug auf seine private Seite, als seine berufliche. Hier sei vor allem erwähnt, dass er sich eines afroamerikanischen Jungen auf der Straße annimmt, nachdem ihm kurz zuvor untersagt wurde, sich aufgrund seines Charakters um sein Patenkind zu kümmern. Dieses Engagement geht soweit, dass er von anfänglichen erzieherischen Ratschlägen und kleinen bezahlten Aufträgen sich dazu entschließt den Jungen als Erben zu nennen, falls er selbst im Kampf getötet werden sollte.227

Die Romanvorlage bietet im Gegensatz dazu genaue Biographien der Personen, und zeichnet ein viel deutlicheres Bild: Sei es die britische Abstammung Shannons, mitsamt seiner Vergangenheit im Dienste der Royal Marines und im Anschluss daran (nach einem gescheiterten Versuch eines zivilen Lebens) seine Teilnahme an Mike Hoares Kongo Mission sowie später Jacque Schrammes Söldnertätigkeiten; oder seine Weggefährten: Jan Dupree, ein Bure, Marc Vlaminck, ein flämischer Deserteur, der seine Berufung im Soldatenleben fand und nicht zurück in die Heimat wollte, und nicht zuletzt der Korse Jean-Baptiste Langarotti, ein ehemaliger Fallschirmjäger und Algerienveteran.228 Allesamt Personen, die sozusagen ihre Berufung gefunden haben und in den regulären Rahmenbedingungen des zivilen Lebens nicht funktionieren können. Ein Grund für diese detaillierten Biografien liegt in der Nähe zu realen Personen, die offensichtlich die Wege Forsyths kreuzten. So konnte Anthony Mockler, ein langjähriger Experte zu in Afrika tätigen Söldnern, anhand der Beschreibungen im Buch zumindest drei der Charaktere ihren lebendigen Vorlagen zuordnen: Marc Vlaminck wird als Marc Goosens identifiziert (wie seine fiktive Gestalt im Roman, wurde auch er im Zuge von Gefechten getötet), der Korse Langarotti als Armand Ianarelli und Cat Shannon entspricht laut Mockler dem Profil des Walisers Taffy Williams.229 Für die Recherchen ging Forsyth soweit, dass er (nachdem er einige potentielle afrikanische Staaten identifiziert hatte, in denen dies möglich wäre) mit ehemaligen Einwohnern der vormalig spanischen Kolonie Äquatorial-Guineas Kontakt aufnahm und sehr detailliert erklärt bekam, wie man das Land mit einer schnellen Eingreiftruppe übernehmen könne. Vor allem von spanischen Bürgern, welche die Kolonie damals verlassen mussten, wurden hier

227 The Dogs of War (1980). 228 Frederick Forsyth, The Dogs of War. Neuauflage London 2011. S. 17-19. 229 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S.194f. 63 enthusiastische Meinungen kundgetan. Die gewonnenen Erkenntnisse führten dazu, dass sogar die Ähnlichkeiten im Verhalten des realen Präsidenten Francisco Macias Nguema für den fiktiven Staatsführer im Buch – General Kimba – übernommen wurden: sei es das Misstrauen gegenüber den eigenen Soldaten oder die Verschanzung in einer ehemaligen Kaserne, mitsamt Waffenarsenal und Staatskasse.230 Vor allem die Vorbereitungsphase für die Operation wird im Roman explizit dargestellt und ist ebenfalls ein Resultat gründlicher Nachforschungen Forsyths. Laut eigenen Aussagen gab er sich als Südafrikaner aus,231 um in Hamburg Kontakte zum Händlern am Schwarzmarkt aufzunehmen und Waffen zu erwerben. Als Vorwand gab er hierbei an, Jonas Savimbi und dessen Gruppierung UNITA [União Nacional para a Independência Total de Angola] unterstützen zu wollen.232

Ein Roman als Drehbuch für einen realen Coup? Unterschiedlichen Recherchen zufolge, sollen diese Erkundigungen für einen potentiellen Coup d'Ètat jedoch nicht nur für ein rein fiktives Werk gewesen sein. Forsyth wird unterstellt, dass es tatsächlich zu einem Putsch in Äquatorial-Guinea kommen sollte.233 So erzählte der Drehbuchautor George Malko in einem Interview, dass Frederick Forsyth Mike Hoare für einen Coup engagiert hatte und dafür 800.000 USD Dollar finanzierte. Das im Anschluss publizierte Buch wertete er als Versuch ein, das verlorene Geld wieder zurück zu gewinnen.234 Über die tatsächlichen Umstände kann nur spekuliert werden, jedoch versuchen sich die Autoren Stewart Purvis und Jeff Hulbert an einer Rekonstruktion, trotz der Dementis vonseiten Forsyths.235 Letzterer soll hierbei einem schottischen „Söldner“ namens Alexander Ramsey Gay finanziell geholfen haben (wie im Buch beschrieben) Waffen in Hamburg zu organisieren und dann per Schiff in Richtung Afrika zu senden. Dieses wurde jedoch von spanischen Behörden abgefangen und die Operation dadurch frühzeitig beendet. Anthony Mockler führt ihn seinem Buch ähnliche Überlegungen an, wohlwissend, dass von den betroffenen Personen keine

230 Frederick Forsyth, Outsider. S. 290. 231 Interessanterweise nutzte er hier die Identität des Piloten, den er bei seiner Evakuierung aus Biafra kennenlernte. Siehe hierzu Fn30 und Fn32. 232 Frederick Forsyth, Outsider. S. 291ff. 233 Entweder im Jahr 1972 oder 1973, man findet hierzu unterschiedliche Angaben: z.B.: Mike Pflanz, ‚dogs of war’ author Frederick Forsyth in Guinea-Bissau as president assassinated. In: The Telegraph, 04. März 2009, URL: http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/africaandindianocean/guineabissau/4938164/Dogs-of-War- author-Frederick-Forsyth-in-Guinea-Bissau-as-president-assassinated.html, zuletzt eingesehen am 29.01.2017. 234 Paul Rowlands, An Interview with George Malko (Part 1 of 2), In: Money Into Light, May 26 2016, URL: http://www.money-into-light.com/2016/05/an-interview-with-george-malko-part-1.html, eingesehen am 13.02.2017. 235 Stewart Purvis, Jeff Hulbert, When Reporters Cross the Line: The Heroes, the Villains, the Hackers and the Spies. London 2013. 64 Informationen diesbezüglich zu erwarten wären und nur Indizien vorliegen. Selbige seien jedoch mannigfaltig und lassen ihm zufolge diese „Episode“ als durchaus plausibel erscheinen. Als Motiv wird hier die für den Biafra Konflikt wichtige Insel Fernando Poo angeführt, über deren Flughafen wichtige Flüge des Roten Kreuzes nach Biafra geleitet wurden. Nach der Unabhängigkeit Äquatorial-Guineas, wurde die Abwicklung dieser Hilfsflüge laufend von der neuen Regierung behindert. Ein durchaus plausibles und starkes Motiv für einen engagierten Aktivisten, wie Forsyth, der nach der Beendigung seiner Tätigkeit für die BBC de facto im Public Relations Team des Politikers Ojukwu war.236 Das von den spanischen Behörden aufgebrachte Schiff konnte Mockler hingegen als die „Albatross“ identifizieren. Ihm zufolge kann man die Stelle im Buch, als ein spanischer Zollbeamter beinahe die Lieferung der Munition unterbindet, als Anspielung auf die Ursachen der Aufdeckung des Coups sehen.237 Weitere Gründe, in dieser Geschichte einen realen Hintergrund zu vermuten, liegen im Tagebuch eines in London, im Zuge einer Polizeiaktion erschossenen Söldners, in welchem von besagten Ereignissen berichtet wird und was als eigentlicher Impuls der Untersuchungen diente.238 Ein Repräsentant Forsyths leugnete jedoch dessen Beteiligung, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass er zu diesem Zeitpunkt die kolportierten 240.000 US Dollar nicht hätte bereitstellen können.239 Nichtsdestotrotz konstatiert Mockler: „Real life was the blueprint for The Dogs of War, and the fact that the assault never took place in real life explains too the structure of the fictional thriller.“240

Tatsächlich waren die literarischen Ausführungen von Forsyth so ausführlich, dass das Buch in zwei Fällen als Vorlage für tatsächliche Coups d'Ètat diente. Einerseits erfolgreich auf den Komoren im Jahr 1975 durch Bob Denard, mit Wissen und Unterstützung der französischen Staatsführung. Und andererseits ohne Erfolg auf den Seychellen im Jahr 1981, als Mike Hoare versuchte, die dortige Staatsspitze abzusetzen.241 Wie sehr das Buch nach wie vor Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, konnte man in den Nachwehen eines weiteren gescheiterten Putschversuches in Äquatorial-Guinea im Jahr 2004

236 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 196 und 185. 237 Derselbe. S. 197. 238 Derselbe. S. 198. 239 Stewart Purvis, Jeff Hulbert, When Reporters Cross the Line. 240 Anthony Mockler, The New Mercenaries, S. 198. 241 Frederick Forsyth, Outsider. S. 290. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen von Anthony Mockler, The New Mercenaries, S. 315ff in welchen nahegelegt wird, dass Bob Denard von Forsyths Buch unterstützt wurde. 65 sehen, als im Zuge der Gerichtsverhandlungen der Südafrikanische „Söldner“ Nick du Toit vom Staatsanwalt als „dog of war“ bezeichnet wurde.242 Der Bekanntheitsgrad, wie auch die Symbolwirkung des Romans waren scheinbar auch Grund genug, im Zuge eines vorherigen Putschversuches im Jahr 1988, den Besitz des Buches bei Soldaten als ausreichenden Anlass für eine Anklage zu sehen.243 Auch für James Jay Carafano war der Film maßgeblich an einer Meinungsbildung in Bezug auf Söldner beteiligt. Ihm zufolge hätte Hollywood vor allem die öffentliche Perzeption der US- amerikanischen Bevölkerung in Bezug auf Söldner geprägt, wenn auch die dargestellten Vorgänge im Film nicht mehr der Realität der 1980er Jahre entsprachen.244

242 John Reed, Africa’s dogs of wars have lost the plot. In: Financial Times, 5. September 2004, Download: https://www.ft.com/content/1629e210-ff5d-11d8-be93-00000e2511c8, zuletzt eingesehen am 29.01.2017. Vgl. hierzu: Ellen Knickmeyer, Forsyth’s coup fiction close to the facts. In: Mail&Guardian, 30. August 2004, Download: http://mg.co.za/article/2004-08-30-forsyths-coup-fiction-close-to-the-facts, zuletzt eingesehen am 29.01.2017. 243 Ellen Knickmeyer, Forsyth’s coup fiction close to the facts. 244 James Jay Carafano, Private Sector, Public Wars. Contractors in Combat – , Iraq, and Future Conflicts, London 2008. S. 59f. 66 4. The Siege of Jadotville – die irische Aufarbeitung einer vergessenen Schlacht

Im Gegensatz zu den vorhergehenden Beispielen dieser Arbeit, handelt es sich im Falle des Films Jadotville245 (oftmals auch gelistet als The Siege of Jadotville) nicht um eine Romanverfilmung und somit um eine fiktive Handlung eingebettet in historischen Episoden, sondern um eine filmische Aufbereitung tatsächlicher Ereignisse im Jahr 1961. Möglich wurde diese Produktion durch die von Declan Power verfasste Monographie The Siege of Jadotville, in welcher der zeitliche Ablauf der Ereignisse dokumentiert wurde.246 Ein weiterer Aspekt der im Vergleich zu den hier untersuchten Filmen hervorsticht, ist die Tatsache, dass nunmehr Söldner nicht mehr die Hauptakteure sind, sondern als Nebendarsteller und Kontrahenten fungieren. Der Hauptstrang des Filmes fokussiert sich auf die Entsendung der „A“ Company des 35. Bataillon der irischen Armee, unter dem UN Mandat der ONUC Mission (Organisation des Nations Unies au Congo) in den Kongo, sowie deren sechstägigen Belagerung des Stützpunktes in Jadotville.

Zum Film – Synopsis und Analyse Schon sehr früh im Film werden Söldner als Akteure erwähnt, wenn auch nicht explizit der Terminus als solcher verwendet wird: In einem Telefonat zwischen dem Präsidenten der sich für unabhängig erklärten Provinz Katanga – Moise Tshombé – und seinem französischen Counterpart , weist ersterer daraufhin, dass es in Frankreichs wirtschaftlichen Interessen sei, die Rohstoff fördernde Industrie in Katanga zu schützen. De Gaulle verspricht daraufhin, eintausend ehemaliger Fremdenlegionäre zu entsenden, die von den Förderfirmen als Sicherheitsleute angestellt, jedoch unter direktem Befehl Tshombés stehen würden.247 Die hierdurch implizierten wirtschaftspolitischen Zusammenhänge werden unverblümt angeführt. Einerseits das bedenkenlose Intervenieren des französischen Staates zum Wahren der eigenen wirtschaftlichen Interessen (keine Überraschung in Anbetracht der Sicherung von Einflusssphären im sich zu dem Zeitpunkt emanzipierenden Afrika) und andererseits, die für diese Arbeit viel substanziellere Bemerkung der französische Staat verfüge über die Möglichkeit eintausend ehemalige Fremdenlegionäre zu „entsenden“.

245 Richie Smyth (Regie), Jadotville (2016). Auch unter dem Titel Richie Smyth (Regie), The Siege of Jadotville (2016) geführt. 246 Declan Power, The Siege at Jadotville. The 's Forgotten Battle, Dublin 2005. 247 Jadotville (2016). 67 Die Ankunft der Iren im Kongo – der erste Kontakt mit den Söldnern Als das irische Bataillon vor Ort eintrifft, bezieht es Stellung in einem Gebäudekomplex nahe Jadotville, der sich als relativ unbefestigt herausstellt. Gleichzeitig beginnt der irische UN- Gesandte Connor O’Brien im Auftrag der UNO gegen die sezessionistischen Bestrebungen Moishe Tshombés vorzugehen, indem er das an der ONUC Mission beteiligte, indische Kontingent damit beauftragt militärische Stärke zu zeigen. Parallel dazu, beginnt die „A“ Company in Jadotville ihre Stellung zu befestigen und Schützengräben auszuheben. Im Zuge dieser Vorbereitungen fallen den Soldaten bereits erste Beobachtungsversuche von fremden Kräften auf.248 Im Zuge einer dringend benötigten Versorgungsfahrt in die nahegelegene Stadt wird der Kommandant der irischen Kompanie von einer belgischen Frau darauf hingewiesen, dass die UN-Soldaten im Land unerwünscht seien und man die im Kongo tätigen Förderkonzerne besser nicht vor den Kopf stoßen sollte. Während die Soldaten Vorräte besorgen, treffen der Kommandant und sein Stellvertreter in einer örtlichen Bar auf die in der Gegend stationierten Söldner. Dabei kommt es zu einem ersten gegenseitigen Abschätzen, das nicht ohne subtiles Konfliktpotential vonstattengeht.249 In dieser Schlüsselszene lädt Roger Faulques, der Hauptmann der ehemaligen Fremdenlegionäre, Commander Quinlan zu einem französischen Cognac ein. Während die beiden diesen gemeinsam trinken, versuchen sie sich gegenseitig einzuschätzen. Auf die Frage, was das irische Kontingent vor Ort machen würde, antwortet Quinlan, dass man hier ist, um das kongolesische Volk vor Tshombé zu beschützen, welcher die Macht des legitim gewählten Premier Lumumba gestohlen hätte. Auf die sofortige Gegenfrage, weshalb die Truppe Faulques’ hier sei, antwortet dieser, dass die Interessen der Minen von ihnen beschützt würden und bemerkt dazu spitzbübisch, dass Paris außerdem zu dieser Zeit eiskalt wäre. Daraufhin fragt er Quinlan, ob die von ihm beschützen Bevölkerungsgruppen überhaupt mit der UN-Präsenz einverstanden seien. Der Ire bringt hierzu seinen Zweifel zum Ausdruck, aber auch, dass er gedenke als Soldat seine Befehle zu befolgen.250 Auch wenn Faulques, ebenso wie Quinlan, durch die Hitze und den Staub gezeichnet dargestellt werden, wahren beide ihre Form. Der irische Kommandant demonstriert die Führungsqualitäten und den Befehlsgehorsam, also die Qualitäten die von einem Soldaten in seiner Position erwartet werden und stellt sich furchtlos der schwer einschätzbaren Lage inmitten der Bar, die voller Söldner ist. Letztere werden bei weitem nicht so uniform gekleidet

248 Jadotville (2016). 249 Ebda. 250 Ebda. 68 dargestellt wie die Iren, und weisen Narben und Tätowierungen auf, die sie Militärgattungen wie den Fallschirmjägern zuordnen, oder ihre Kriegserfahrung widerspiegeln. Im Zuge des Gespräches werden die Worte schnell provozierend und Faulques scherzt nicht nur über die irische Armee und deren fehlende Kriegserfahrung, sondern auch über Quinlan, der ebenfalls nicht über diese Expertise verfüge. Dieser kontert mit dem Zitat des deutschen Generalfeldmarschall Rommel, dass kein Plan einen Feindkontakt überleben würde. Faulques ordnet das Zitat richtig zu und spricht seine Missgunst gegenüber der Person Rommels aus, worauf Quinlan trocken und berechnend antwortet, dass es verständlich sei, dass Franzosen deutsche Strategen hassen würden – immerhin hätten diese das Land binnen zweier Wochen erobert.251 Mit diesem verbalen Schlagabtausch endet das Gespräch, nicht jedoch bevor Faulques mit einem gezielten Kommentar offenbart, dass die Iren unter Beobachtung stehen. Die beiden verabschieden sich respektvoll mit einem Handschlag und nachdem Quinlan mit seinen Leuten die Bar verlassen hat, muss er diesen gegenüber zugestehen, dass die „Mercs“252 nicht zu unterschätzen sind. Im Laufe des Gesprächs wird der Anführer der Söldner – Faulques – sehr selbstbewusst und erfahren dargestellt. Gleichzeitig tritt er betont maskulin auf, bietet Quinlan französischen Cognac als „richtiges“ Getränk an, während er leger und zurückgelehnt eine Zigarette raucht. In dieser Situation ist er bis auf einen kurzen Moment – nach Quinlans Bemerkung zur deutschen Eroberung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg – in totaler Kontrolle.

In weiterer Folge erfährt der Kommandant des irischen Bataillons von der geopolitischen Wichtigkeit des Kongo, als ihm eine ortsansässige Belgierin erzählt, dass das Uran der US- Atombomben des Zweiten Weltkrieges aus den Vorkommen des Kongos stammte. Nachdem er die Bedeutung seines Operationsraumes begriffen hat, schickt Quinlan seinen Company Sergeant nach Elisabethville, um seine Vorgesetzten über die Söldner in Jadotville zu informieren und weitere Informationen einzuholen.253 Dort angekommen berichtet dieser dem UN-Beauftragten O’Brien, dass Jadotville exponiert sei und die Anwesenheit der Söldner auf einen zukünftigen Plan Tshombè’s hindeuten würde. Diese Befürchtungen werden von O’Brien ignoriert, da seiner Meinung nach die für die Sicherheit der Minen angestellten Söldner es nie wagen würden eine UN-Kompanie anzugreifen.

251 Jadotville (2016). 252 Die umgangssprachliche Abkürzung für Mercenaries – also „Söldner“. 253 Jadotville (2016). 69 Operation Morthor und die Eskalation In weiterer Folge entscheidet sich das lokale UN-Kommando mit der Operation Morthor zu beginnen: einer offensiven „Peace Enforcing“ Mission, mit welcher die sezessionistischen Bestrebungen Tshombè’s gestoppt werden sollen – dabei kommt es zu einem Massaker in der Radiostation „Katanga“, bei der zahlreiche Unbewaffnete von indischen UN-Soldaten getötet werden.254 Als Reaktion darauf fordert der Kontaktmann Faulques’ – welcher im Film namentlich unerwähnt bleibt, aber stets in weißen Anzügen auftritt – selbigen dazu auf, die Einnahme des Radiosenders und der Regierungsgebäude in Elisabethville durch die UN- Truppen militärisch zu beantworten. Faulques antwortet darauf lediglich: „Well, since you are paying our wages...“ und gibt ihm damit zu verstehen, dass man einschreiten wird, wenn auch ungern.255 Diese kurze Szene ist in zweierlei Hinsicht interessant. Zum einen, da der Mann im weißen Anzug explizit einen Angriff als Vergeltung auf die UN-Operation fordert und somit einen offensichtlichen Entscheidungsraum besitzt, den man ihm zuvor nicht zugeordnet hätte; und zum anderen, das Faulques nur widerwillig dem Angriff zustimmt und somit ein Bild von Söldnern transportiert wird, dass sich seit Machiavelli finden lässt: Der Unwille zum Kampf da man sich der Risiken und Konsequenzen bewusst ist. Nichtsdestotrotz ist der französische Söldner gewohnt, Befehle auszuführen, auch wenn er die Situation mit dem oben genannten Satz quittiert.

Damit beginnt eine Serie von Angriffen der Söldner auf das Lager der irischen „A“ Company. So wird zunächst versucht einen Überraschungsangriff zu starten, während die irischen Soldaten ihren morgendlichen Gottesdienst begehen. Aufgrund der errichteten defensiven Stellungen und der Reaktion der Iren, muss dieser erste Angriff jedoch sehr bald abgebrochen werden.256 Da der Angriff auf freier Fläche erfolgt, bietet sich den Söldnern kaum Schutz. Faulques führt seine Männer von vorne an, postiert an einem Maschinengewehr, das auf einem Jeep angebracht ist. Als die Verluste zu hoch werden, signalisiert er den Rückzug. Somit wird der Anführer der Söldner als tapferer Kämpfer dargestellt, der nicht von hinten delegiert, sondern seine Männer selbst anführt und das Risiko mit ihnen teilt.

254 Ebda. 255 Ebda. 256 Jadotville (2016). 70 Von der Defensive der UN-Soldaten überrascht, spricht Faulques seinen Männern Mut zu: Man sei über die Vorbereitungen der Iren nicht im Bilde gewesen, aber dies passiere kein zweites Mal. Zahlenmäßig wäre die eigene Truppe überlegen und werde den Stützpunkt mit der zwanzigfachen Masse an Soldaten überrennen. Abermals werden die Führungsqualitäten von Faulques als positiv dargestellt, trotz dieser ersten Niederlage. Die Art und Weise, mit der er versucht seine Männer zu bestärken, ist überzeugend und selbstsicher. Er akzeptiert die Fehleinschätzung der Lage und macht klar, daraus gelernt zu haben. Gleichzeitig versuchen die Iren Nachschub anzufordern, stoßen jedoch auf taube Ohren, da alle verfügbaren Mittel in der Operation Morthor gebunden sind. Vor allem Connor O’Brien nimmt die Funksprüche des irischen Außenpostens nicht ernst.257 Die Lage der UN-Kompanie sieht somit bei weitem nicht so positiv aus, wie die der Söldner.

Weitere Angriffe Auch der zweite Angriff der Söldner ist nur von kurzer Dauer. Captain Quinlan sichtet den Kontaktmann Faulques’ im weißen Anzug am Rande des Schlachtfeldes und bemerkt, dass von ihm Befehle ausgehen. Auf seine Anordnung hin, tötet der Scharfschütze der Kompanie den Mann mit einem gezielten Schuss, woraufhin die Söldner ihren Angriff abrechen. Mit dem Tod des Mannes im weißen Anzug bricht Quinlan das Momentum des Söldners Faulques, der nun umdisponieren und eine andere Taktik versuchen muss: Die beiden treffen sich ein weiteres Mal – im Niemandsland, nach den zwei erfolglosen Angriffen auf das Lager der Iren. Faulques versucht Quinlan von der Aussichtslosigkeit eines Sieges zu überzeugen, da die Söldner in der Überzahl sind und bietet ihm „Hilfe“ an, indem er die Kapitulation der irischen Kompanie akzeptieren würde. Durch die zwei erfolgreichen Abwehraktionen in seinem Selbstvertrauen bestärkt, lehnt Quinlan mit den Worten ab, Faulques wäre nicht dazu legitimiert Kapitulationen anzunehmen, er jedoch schon und fordert seinerseits, dass sich die Söldner ergeben sollen. In dem Wissen, dass der Kampf weitergehen wird, einigt man sich zumindest darauf, dass die Söldner ihre Verletzten und Toten vom Schlachtfeld transportieren dürfen. Diese Gelegenheit nutzen sie jedoch dazu, getarnte Granatwerfer und Maschinengewehre direkt im Feld zu positionieren, woraufhin ein weiterer Feuerkampf ausbricht, der abermals zugunsten des irischen Bataillon ausgeht.258 Auch wenn sich Faulques als ehrwürdig und fair präsentiert, indem er den Iren eine Kapitulation anbietet, führt er gleichzeitig einen hinterlistigen „Plan B“ aus, als sein Angebot

257 Ebda. 258 Ebda. 71 abgeschlagen wird. Ob er dieses Manöver im Gespräch gut hinter einer müden Miene versteckt, oder tatsächlich der Situation phlegmatisch gegenübersteht, ist dem Zuseher überlassen. Was jedoch klar im Film kommuniziert wird ist, dass er gedenkt seine Befehle zu erfüllen, koste es was es wolle.

Ein Nebenstrang mit schwerwiegenden Implikationen Während die Iren in ihrer Situation ausharren, kommt es im UN-Hauptquartier zu politischen Gesprächen sowie Versuchen der Schadensbegrenzung aufgrund des erwähnten Massakers. Um die Lage diplomatisch zu beruhigen, trifft sich O’Brien mit Moise Tshombé, der die Bedingung stellt, Katanga als eigenständigen Staat per UN-Resolution anzuerkennen und dabei das Massaker als Druckmittel verwendet.259 Zusätzlich droht er auf subtile Weise den irischen Soldaten in Jadotville mit ihrer Vernichtung. Denn dort gehen die Kämpfe mittlerweile weiter und die Söldner zerstören mit einem gezielten Mörserangriff große Teile der Munitionsvorräte der irischen Kompanie.260 Auf UN Ebene sieht man UN-Generalsekretär Hammarskjöld mit den Großmächten der USA und der Sowjetunion diskutieren, die ihrerseits die Lage im Kongo politisch instrumentalisieren wollen und dementsprechend ihre Hilfe anbieten. Hammarskjöld entscheidet sich persönlich in den Kongo zu fliegen, um dort die Lage diplomatisch zu lösen.261

Die Lage der irischen Soldaten wird von Tag zu Tag schlimmer, dennoch erhalten die Soldaten von ihrem Hauptquartier in Elisabethville den Befehl die Stellung zu halten. Dies wird jedoch zunehmend schwerer, da die Söldner inzwischen Luftunterstützung erhalten. Mittlerweile sind zudem einige Verletzte zu beklagen und sogar Captain Quinlan wird von einem Scharfschützen in der Schulter verwundet. Versuche die Truppe per Hubschrauber zu unterstützen schlagen fehl. Dieser wird im Zuge eines Landemanövers zerstört und der Funkkontakt zum Hauptquartier bricht ab.262 In weiterer Folge stürzt das Flugzeug von UN-Generalsekretär Hammarskjöld auf den Weg in den Kongo ab. Kurz vor dem Absturz sieht man ein Kampflugzeug desselben Typs wie er auch beim Angriff auf den Stützpunkt des irischen Bataillons verwendet wurde. Die Implikationen hierbei sind bemerkenswert, da die Darstellung des Absturzes der Theorie eines Abschusses folgt, die nach wie vor trotz mehrerer Untersuchungen nicht belegt werden

259 Jadotville (2016). 260 Ebda. 261 Ebda. 262 Ebda. 72 konnte.263 Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die Armee Katangas zu diesem Zeitpunkt kaum Piloten hatte und auf ausländische Piloten zurückgriff lässt die Spekulation der Filmproduzenten im Raum stehen, dass Söldner am Abschuss beteiligt waren; nicht zuletzt deshalb, weil dasselbe Flugzeug Faulques Luftunterstützung leistete.

Ein unerwarteter Ausgang In Jadotville sehen sich die irischen Soldaten ihrem letzten Angriff gegenüber. Die „Söldner“ versuchen die Soldaten mit schieren Menschenmassen zu überrennen und greifen von mehreren Seiten an. Die Iren müssen sich immer wieder zurückziehen und es kommt zu einer weiteren Feuerpause in der sich Quinlan ein weiteres Mal mit Faulques trifft. Letzterer fragt den Iren, ob sie nun endlich den Kampf beenden können, wobei er diesem gleichzeitig mit einer Pistole direkt ins Gesicht zielt. Die beiden geben sich die Hand und Quinlan entschließt sich zu kapitulieren, obwohl seine Soldaten weiterkämpfen wollen.264 Dass die Söldner nur durch ihre Überzahl und nach mehreren Tagen den Stützpunkt der Iren erobern können, demonstriert sowohl im Film als auch der Realität keine militärische Überlegenheit. Was in diesem Falle jedoch bemerkenswert ist, ist das wiederholte Angebot der Kapitulation. Dabei tritt man sich fast gleichberechtigt gegenüber, wohl wissend, dass die Soldaten und Söldner vor Ort nur die sprichwörtlichen Schachfiguren am Brett der Großmächte sind.

In weiterer Folge liegt der Fokus auf den irischen Soldaten, ihrer einmonatigen Gefangenschaft und der Rückkehr in die Heimat, die aufgrund der Kapitulation ambivalent ausfällt und das irische Bataillon auf Lebzeiten hinweg als Schande verfolgen wird. Im Abspann wird „Rene“ Faulques als einer der höchst dekorierten Fremdenlegionäre Frankreichs bezeichnet, der in militärischen Coups in Afrika und dem Nahen Osten beteiligt war.265

Abschließende Bemerkungen Der Film Jadotville zeigt die Söldner in einem nüchternem Licht und lenkt den Blick gleichzeitig auf deren Verbindung zu europäischen Nationen, sowie ihrer Verwendung als Stellvertreter in den postkolonialen Konflikten Afrikas. Einmal mehr wird das Narrativ des

263 Zu detaillierteren Informationen siehe: Susan Williams, Who Killed Hammarskjöld? The UN, The Cold War and White Supremacy in Africa, aktualisierte Ausgabe, London 2016. 264 Ebda. 265 Jadotville (2016). 73 Kampfes gegen den Kommunismus bedient, das in enger Verbindung mit den Interessen der Industrie und der in den afrikanischen Ländern vorkommenden Rohstoffen steht. Dabei werden die „Söldner“ nicht unbedingt als militärisch effizient, jedoch als fair dargestellt – ein soldatisches Ethos lebend, durch welches das feindliches Gegenüber – hier in der Form der irischen Soldaten – respektvoll behandelt und im Endeffekt verschont bleibt. Im Sinne von „Der Zweck heiligt die Mittel“ werden dabei zwar als hinterlistig einzustufende Taktiken verwendet, aber letzten Endes gibt man Captain Quinlan die Möglichkeit sich zu ergeben. Der Film vermittelt den Eindruck gleichberechtigter Kämpfer auf unterschiedlichen Seiten. Das Einzige, was die Söldner von den Iren unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie nicht mehr als reguläre Soldaten gelten, auch wenn sie de facto dieselbe Tätigkeit durchführen, mit denselben Mitteln, befehligt von einer anderen Regierung.

L. Zwischenfazit – Abenteurer und Antihelden im Männlichkeitskult In Anbetracht der hier angeführten Beispiele lassen sich mehrere Schlussfolgerungen in einem Zwischenfazit ziehen. Zunächst stellt sich heraus, dass diese Filme wenngleich in unterschiedlichen Abstufungen, in jedem Fall über einen realen historischen Hintergrund verfügen. Sei es der Kongo Konflikt im Falle von Dark of the Sun, The Wild Geese und Jadotville, oder der Krieg in Biafra, der eine Grundlage für The Dogs of War geliefert hat. Dies wird auch immer wieder versucht anzudeuten. Sei es die explizite Erwähnung der historischen Umstände, die Andeutung auf ominöse und ähnliche Ereignisse (z.B. der Flug verletzter Söldner nach Rhodesien), oder die immer wiederkehrende Verwendung des Begriffs „Simbas“ für die Feinde. Die Motive der Charaktere, mit Ausnahme des Films Jadotville (2016), sind immer in der Suche nach Profit zu finden, der sie entweder zu Vasallen der Großmächte oder der Großkonzerne macht. Nichtsdestotrotz findet man (abermals mit Ausnahme des Films Jadotville (2016)) einen typisch an das Stilmotiv des Antihelden angepassten Charakterwandel vor, bzw. stellt sich heraus, dass die Figuren letzten Endes einen eigenen, persönlichen Plan verfolgen und die Machenschaften ihrer Auftragsgeber sabotieren: Während Kommandant Curry in Dark of the Sun (1968) einen Gesinnungswandel erfährt und sich seiner Verantwortung stellt, wenden sich in The Wild Geese (1978) und The Dogs of War (1980) die Söldner gegen ihre Auftragsgeber, jeweils mit unterschiedlichem Erfolg. Im Falle von Jadotville (2016) ergibt sich eine andere Perspektive. Hier sind die Söldner Akteure in einem Stellvertreterkrieg, um die staatlichen Interessen der nationalen Wirtschaft

74 durchzusetzen. Es wird zwar dem zahlenden Auftragsgeber Gehorsam gezollt, jedoch im Auftrag der Nation. Die Auswahl der Charaktere spiegelt ebenso die historischen Vorbilder wider. Es sind in erster Linie ehemalige Soldaten, die nicht dazu in der Lage waren den Schritt in die zivile Welt zu vollbringen und sich nach der Einfachheit des Krieges sehnen. Auch andere Erklärungsmodelle werden thematisiert, seien es die Lust nach Abenteuer, die Suche nach dem schnellen Geld oder der Mangel an Alternativen. Nur im Falle des Films Jadotville (2016), wird nicht näher auf die Motive der Söldner eingegangen – aus dem simplen Grund, dass sie nicht die Hauptcharaktere sind. Welche Beweggründe die verschiedenen Charaktere in den Darstellungen auch haben mögen, eines ist ihnen gemein: Der Status des Antihelden und ein Zelebrieren der Männlichkeit. Sei es beispielsweise der Zweikampf zwischen Curry und Henlein in Dark of the Sun (1968), oder die Rolle Roger Moores als Shaun Fynn in The Wild Geese (1978), der im zivilen Leben ein Lebemann ist und als Söldner mit Zigarre im Mundwinkel und der Waffe im Hüftanschlag seine Feinde sprichwörtlich niedermäht. Dies wird von Tom Berenger in The Dogs of War (1980) sogar noch überboten, als dieser den Söldner „Drew“ spielend, vom Schiff aus mit durchtrainierten, nackten Oberkörper, Totenkopf Tattoo und Blue Jeans tragend, einen Granatwerfer testet. An dieser Stelle seien nicht zuletzt die Beweggründe Drews genannt, der im Film ohne Hinterfragen den „Job“ annimmt, da er seiner schwangeren Frau nicht beim „Fett werden“ zusehen will. Weniger als Antihelden und vielmehr als hartgesottene Kämpfer, werden die Söldner in Jadotville (2016) dargestellt. Hier profitieren die Charaktere vom selbsterklärenden und romantisierten Bild der Fremdenlegion, welches von Geschichten ehemaliger Krimineller, von zuhause Geflüchteten oder Verzweifelten geprägt ist. Dass der Charakter Faulques’ zudem in einer der hier erwähnten Schlüsselszenen Cognac, im Vergleich zu dem von den irischen Soldaten bestellten Bier, als „richtiges bzw. ordentliches Getränk“ bezeichnet, kultiviert zudem ein spezielles Bild des französischen Haudegens.

Ein weiterer zu nennender Aspekt ist der direkte und indirekte Einfluss von Söldnern, auf die Filmproduktionen selbst. Dabei sei zunächst die Person Siegfried Müllers genannt, die derart polarisierend in den Medien diskutiert und thematisiert wurde266, dass in das Drehbuch der Produktion Dark of the Sun (1968) ein ehemaliger deutscher Soldat in der Figur Henleins eingearbeitet wurde. Um die Symbolik der Medaille für das amerikanische Publikum

266 Siehe hierzu Kapitel IV.X. 75 verständlicher zu machen, wurde lediglich das Eiserne Kreuz gegen ein Hakenkreuz ausgetauscht. Dies in Kombination mit der im Dialog erwähnten europäischen Presse, die an dem Auftreten Anstoß genommen habe, lässt erahnen, wie groß die Wirkung der Berichterstattung über Siegfried Müller tatsächlich war. Einen noch direkteren Einfluss kann man für den The Wild Geese (1978) verzeichnen. Die weiter oben beschriebene beratende Tätigkeit Mike Hoares während der Produktion des Filmes und auch die Verwendung von ehemaligen Söldnern als Schauspielern, zeichnet ein deutliches Bild, wie diese Personen aktiv daran teilnehmen durften, sich und ihre ehemalige Tätigkeit verklärt darzustellen.

Aber wie fällt nun die Darstellung der Söldner zusammengefasst aus? Mit der Ausnahme des deutschen Söldners Henlein, der als eingefleischter Nazi den Inbegriff des Bösen darstellt, werden alle anderen, als Antihelden dargestellt und nicht als Bösewichte. Im Falle von Jadotville (2016) sind sie maximal Antagonisten, jedoch letzten Endes faire Gegenspieler. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie unbescholten und friedfertig sind. In allen Fällen sind die dargestellten Söldner dazu bereit alle verfügbaren Mittel zu verwenden, um das ihnen aufgetragene Ziel zu erreichen. Dabei schrecken sie auch nicht davor zurück extreme Maßnahmen zu ergreifen. Hier seien nur der Giftgaseinsatz in The Wild Geese (1978) und die Exekution und Übersendung der Leiche an den Auftragsgeber in The Dogs of War (1980) genannt.

M. Der Historische Kontext der „Weißen Söldner“ Wie schon die Auswahl der Filme eindeutig demonstriert, sind der historische Kontext und die Ursprünge des kollektiven Konstruktes der „weißen Söldner“ primär in der konfliktreichen Geschichte der heutigen Demokratischen Republik Kongo zu finden – hier vor allem im Sezessionskrieg der Provinz Katanga, unter dem selbsternannten Präsidenten Moise Tshombé, und danach während des Simba-Aufstandes – abermals unter der politischen Führung des zu diesen Zeitpunkt als Premierminister agierenden Tshombé –, sowie dem letzten Aufbegehrens seiner Unterstützer im Machtkampf gegen den durch einen Militärputsch an die Macht gekommenen Präsidenten Mobuto Sese Seko. Der Kalte Krieg und der Prozess der Dekolonisation war vor allem in Afrika ein – um die Worte Musahs und Fayemis zu nehmen – „goldenes Zeitalter für Söldner“.267 Im Zuge der 1960er und

267 Musah, Fayemi: Africa in Search of Security, S. 17. 76 1970er Jahre erlangten einige Persönlichkeiten ambivalente Berühmtheit. Teils durch eigenes Handeln, teils durch die Berichterstattung der Medien und deren Instrumentalisierung im Kalten Krieg selbst, im Zuge der Propagandaschlacht des „Osten“ gegen den „Westen“. Als Personen sind hier vor allem „Mad“ Mike Hoare, Jacques Schramme und Bob Denard als die Berühmtesten zu nennen.268 Weitere bekannte und immer wieder portraitierte „Söldner“ sind Siegfried „Kongo-Müller“, welcher vor allem wegen seiner Vergangenheit im Zweiten Weltkrieg und der DDR Dokumentation Der lachende Mann (1966)269 kritisch wahrgenommen wurde, sowie Rolf Steiner, der aufgrund seines Dienstes in der französischen Fremdenlegion im persönlichen Umfeld von Roger Faulques anzusiedeln ist. Um nicht nur ein auf Individuen bezogenes Bild zu zeichnen, kann man überblicksmäßig auch eine geographische Verortung durchführen. So sind „Söldneraktivitäten“ nicht nur im Kongo (1960er Jahre), dem Biafra-Konflikt (1967-70), auf den Komoren (1970er-90er), oder Benin (1970) zu lokalisieren, sondern auch ihre Beteiligung in der Destabilisierung von Angola und Mozambique, sowie in mehreren Coups d’Ètat.270 In weiterer Folge soll nun auf mehrere dieser historischen Episoden eingegangen werden, um mit besonderen Blick auf die Personen und der Berichterstattung zu demonstrieren, wie sich das Bild der „Weißen Söldner“ etablieren konnte.

1. Der Kongo Konflikt 1961-1963 – Die Sezession Katangas

Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Die Kolonie Belgisch-Kongo271 durchlief eine Serie von Krisen im Zuge ihres Dekolonisationsprozesses, nicht zuletzt aufgrund der überstürzten Entscheidung zur Transition vonseiten des belgischen Königshauses. Obwohl man für lange Zeit das Entstehen einer schwarzen Mittelschicht und Offiziersklasse zu verzögern gewusst hatte, äußerte man ab dem Jahr 1959 vage Versprechungen einer Unabhängigkeit, um aufkeimende Unruhen zu beruhigen. Ein Jahr später siegte die MNC [Mouvement National Congolais] in demokratischen Wahlen und wurde zum ersten Premierministers der Demokratischen Republik Kongo, mit Joseph Kasavubu [Alliance des Bakongo - ABAKO] als Präsidenten ernannt.272

268 Ebda. 269 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), Der lachende Mann – Bekenntnisse eines Mörders (1966). 270 Musah, Fayemi: Africa in Search of Security, S. 17. 271 In weiterer Folge wird der Einfachheit halber dieses Land – heute als Demokratische Republik Kongo bekannt – nur unter der Bezeichnung „Kongo“ geführt. 272 British Documents On The End of Empire, S.R. Ashton (Gen. Ed.), Series B Volume 9, Central Africa, Philip Murphy (Hg.), Part I, Closer Association 1945-1958. London 2005. S. lxxxvii 77 Lumumba erbat zunächst von den USA Hilfe, um die junge Republik in ihrer Loslösung von Belgien zu unterstützen, galt dort jedoch als ein kommunistischer Sympathisant und wurde dementsprechend als gefährlich eingestuft. Dies ging so weit, dass Präsident Eisenhower in einer Sitzung des National Security Council die Tötung Lumumbas befahl, mit der die CIA beauftragt wurde.273 Der krasse Gegensatz zu Premierminister Lumumba wurde in Moise Tshombé gesehen, der in Katanga, der südöstlichen Provinz des Kongos, als Anführer der Confédération des Associations Tribales du Katanga [KONAKAT] agierte.274 Diese Region des Kongos ist nicht nur reich an Bodenschätzen, sondern war auch ein Knotenpunkt wirtschaftspolitischer Interessen. Das belgische Bergbauunternehmen Union Minière du Haut-Katanga [UMHK] kontrollierte die Förderung der Rohstoffe und war dementsprechend an einer Wahrung des Einflusses interessiert. Bereits im Jahr 1906 gegründet, fanden sich auch britische Direktoren bis in die 1960er im Vorstand des Unternehmens.275 Aufgrund der Geographie Afrikas war Katanga in Fragen des Imports und Exports auf die Infrastruktur der Nachbarländer angewiesen. Diese erfolgten auf der britischen Eisenbahnlinie durch die Zentralafrikanische Föderation (Central African Federation: CAF, bestehend aus Nord- und Südrhodesien, sowie Njassaland276) sowie durch Angola. Mit der CAF unterhielt die Provinz Katanga bis ins Jahr 1899 zurückgehende wirtschaftliche Verbindungen. Dies, in Kombination mit den Investitionen der britischen und belgischen Unternehmerkreise, führte zu der Bildung einer Interessensgruppe aus Politikern und Unternehmern, die auf einen Erhalt ihres Einflusses abzielten.277 Schon im Vorfeld der Unabhängigkeit des Kongos hatte dieser Personenkreis Fühler zur CAF ausgestreckt und sich beim Premierminister der Föderation – Roy Welensky – erkundigt, ob im Falle gewisser politischer Entwicklungen eine Aufnahme Katangas möglich wäre.278 In Anbetracht der Tatsache, dass Lumumba als Kommunist eingestuft wurde und die reichen Vorkommen an Bodenschätzen im westlichen Einflussbereich verbleiben sollten, sammelten sich hinter Moise Tshombé die antikommunistisch orientierten Nachbarstaaten, während Großbritannien sich abwartend verhielt und keine offensichtliche Hilfe anbot.279

273 Tim Weiner, CIA. Die Ganze Geschichte, Frankfurt am Main 2008, S. 225-227 und 739f (Fn) 274 Philip Murphy, Central Africa. S. lxxxviii. 275 Matthew Hughes, Fighting for White Rule in Africa: The Central African Federation, Katanga, and the , 1958-1965. In: The International History Review, XXV.3, S. 595. 276 Nach der Unabhängigkeit wurden aus diesen Ländern Malawi, Sambia und Simbabwe. 277 Matthew Hughes, Fighting for White Rule in Africa. S. 594ff. 278 Philip Murphy, Central Africa. S. lxxxviii. Vgl. hierzu: Matthew Hughes, Fighting for White Rule in Africa. S. 598. 279 Matthew Hughes, Fighting for White Rule in Africa. S. 609. 78 Mit dem Inkrafttreten der kongolesischen Unabhängigkeit erfolgte innerhalb der Armee – der Force Publique – eine Meuterei gegen die belgischen Offiziere. Die restlichen der noch im Land verbliebenen belgischen Truppen intervenierten, um die Lage zu befrieden, erzeugten jedoch im Zuge dessen den Eindruck, dass es sich um einen Eingriff gegen das Regime Lumumbas handelte. Inmitten dieser Unruhen, die sich durch gewaltsame und sexuelle Übergriffe auf die europäisch stämmige Bevölkerung auszeichneten, erklärte Moise Tshombé die Sezession Katangas.280 Aufgrund der prekären Sicherheitslage baten Premierminister Lumumba und Präsident Kasavubu abermals die USA vergeblich um Hilfe und wandten sich danach an die UdSSR, die Unterstützung zusicherte. Bevor dies jedoch geschehen konnte, wurde im UN-Sicherheitsrat die Resolution 143 erlassen, mit der der UN-Generalsekretär dazu autorisiert wurde, die nötigen Schritte zu unternehmen, um dem Kongo dabei zu helfen die Sicherheit im Lande wiederherzustellen. In dieser Resolution wurde auch der Abzug der belgischen Truppen gefordert.281 Somit wurde der rechtliche Rahmen für die UNO Friedensmission ONUC [Opération des Nations Unies au Congo] geschaffen, die in weiterer Folge zunehmend offensiver ihr Mandat durchsetzte. Da Tshombé als prowestlicher Alliierter gesehen wurde, bat Welensky die Regierung Großbritanniens darum, der Föderation zu erlauben Truppen nach Katanga zu entsenden, um Tshombé zu unterstützen. Da er sich im Klaren war, dass dies abgelehnt werden würde, änderte er seinen Kurs und wechselte zu einer indirekten und geheimen Hilfe aus Angst, die Föderation zu diskreditieren. In weiterer Folge leistete die CAF nicht nur wirtschaftliche, politische und militärische Hilfe für Katanga, sondern entwickelte sich – gemeinsam mit Südafrika – zu einem Aufmarsch- und Rekrutierungsland für Söldner, die in weiterer Folge von Tshombé als Privatarmee eingesetzt wurden.282

280 Dies geschah auf Druck Godefroid Munongo’s, Stellvertreter Tshombé’s, der in Elisabethville als „der einzige Schwarze mit einem europäischen Hirn“ galt und der gemeinsam mit Moise Tshombe ein untrennbares Duo bildete. Siehe hierzu: Christopher Othen, Katanga 1960-63. Mercenaries, Spies and the African Nation that waged war on the world, Gloucestershire 2015. S. 50-53. 281 143 (1960). Resolution of 14 July 1960 [S/4387]. Download: https://undocs.org/S/RES/143(1960), eingesehen am 30.06.2017. Während es sich hier um einen der seltenen Fälle handelte in denen die USA und die UdSSR in ihrer Wahl übereinstimmten, enthielten sich Frankreich, Großbritannien und die VR ihrer Stimme. 282 Matthew Hughes, Fighting for White Rule in Africa. S. 603. 79 Die französische Komponente Bevor jedoch in Südrhodesien und Südafrika Söldner rekrutiert wurden, suchte Tshombé und sein Stab um direkte Hilfe bei der französischen Regierung an. Charles de Gaulle ergriff diese Chance den französischen Einfluss in Afrika zu vergrößern und delegierte Colonel Trinquier – Kommandant des 3. Fallschirmjäger Regiments – sich der Angelegenheit anzunehmen.283 Dieser verfasste für Tshombé einen Bericht, in dem er die Lage analysierte, volle Kontrolle über die Streitkräfte Katangas forderte, sowie auf die Unterstützung der belgischen Offiziere und Präsident Tshombé pochte. Zudem erbat er die Erlaubnis an die 20 französische Offiziere zu rekrutieren, die mit moderner Kriegsführung vertraut seien.284 Hiermit sollte die französische Unterstützung gesichert werden.285 Auch wenn Präsident Tshombé dem enthusiastisch zustimmte, da hiermit der belgische Einfluss in der Region potentiell zurückgedrängt werden konnte, war diese Entwicklung nicht im Sinne der belgischen Militärberater vor Ort, die nach Bekanntwerden des Treffen Gerüchte verbreiteten, dass französische Söldner unter Munongo eine Diktatur einrichten sollten.286 Während die Regierung in Brüssel jedoch die potentielle Einflussnahme Frankreichs aufgrund der wegfallenden eigenen Verantwortung auf der Weltbühne in einem positiven Licht sah (vorausgesetzt, dass die UMHK ihre Unternehmen fortsetzen könne), intervenierten die belgischen Offiziere direkt bei Tshombé – erfolglos. Trinquier begann mit der Rekrutierung Freiwilliger in Paris und konzentrierte sich dabei auf ehemalige Soldaten, wie den befreundeten Algerien-Veteran Roger Faulques.287 Das französische Unternehmen wurde jedoch jäh unterbrochen, als die Ermordung Patrice Lumumbas international bekannt wurde, und die französische Regierung eine Zusammenarbeit mit den Drahtziehern in Katanga als politisch unmöglich einstufte. Somit wurde Trinquier zurückgerufen, während einige der französischen Freiwilligen in Katanga verblieben, inklusive Roger Faulques. Als zudem im April 1961 das französische 1er Regiment der Fallschirmjäger in Algerien, aufgrund seiner Beteiligung im Putsch der Generäle gegen die Regierung de Gaulles, aufgelöst wurde, strömten viele ehemalige Soldaten nach Katanga. Dort sammelten sie sich unter Faulques’ Führung.288

283 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 64f. 284 Darin sind im Speziellen die französischen Erfahrungen in Algerien zu sehen, die Trinquier in seiner Funktion als Kommandant der Fallschirmjäger, dem 3e Regiment de Parachutistes Coloniau, sammeln konnte. Siehe hierzu Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 65. Sowie Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 96- 98. 285 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 65. 286 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 99. 287 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 102. 288 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 68. 80 Die englischsprechende Fraktion Gleichzeitig bildeten sich neben den Gruppen der Franzosen und Belgier auch solche aus englischsprechenden Ländern, was in diversen Rivalitäten mündete. Es fanden sich zudem noch andere Nationalitäten unter den Freiwilligen, jedoch wurden die meisten davon in Rhodesien oder Südafrika rekrutiert und konnten einen militärischen Hintergrund vorweisen.289 Dabei handelte es sich oft um ehemaliges Personal der rhodesischen Armee. Die Rekrutierung in diesen Ländern ging so weit, dass man oft aus Hotelbars heraus Interessenten anwarb und sogar aktive Soldaten für einen Einsatz überzeugen konnte. Selbige erhielten für ihre Tätigkeit eine Beurlaubung und wurden auch nicht an der Ausreise gehindert. Dies führte zu Beschwerden vonseiten der UNO, die sehr wohl von den Aktivitäten auf rhodesischer Seite Bescheid wusste.290 Trotz der amerikanischen und britischen Bitten an Welensky, verhinderte dieser die Rekrutierungsaktivitäten zunächst nicht, da er in Tshombé die Garantie für eine weiße Vorherrschaft in der Region sah.291 Als in weiterer Folge der Druck jedoch zunahm, gab es immer wieder Pausen, in denen die Anwerbung von neuem Personal nach Südafrika wechselte. Von südafrikanischer und rhodesischer Seite wurden zudem die Visakontrollen zwischen den Ländern kaum wahrgenommen. So war eine Reise durch die CAF bis nach Ndola in Nordrhodesien problemlos möglich, von wo aus die Söldner über die Grenze nach Katanga verlegt wurden.292 Zu diesem Zeitpunkt kam auch Mike Hoare zum ersten Mal in den Kongo und übernahm dort gemeinsam mit Alastair Wicks eine Gruppe, die er 4 Commando taufte und die in einer separaten Mission eine unbedeutende Nebenrolle im Kongo Konflikt des Jahre 1961 spielte. Seine persönlichen Ausführungen zeichnen jedoch ein deutliches Bild von der Eingliederung der Söldner in die Streitkräfte Katangas sowie deren Ausrüstung. Denn nach Ankunft von 4 Commando in Katanga, wurden die Freiwilligen vom belgischen Stab vor Ort komplett ausgerüstet und glichen danach mit Ausnahme der Hüte den Gendarmen Katangas.293

Die UN-Operationen Rumpunch und Morthor Da trotz der UN-Resolution 143 weder die belgischen Truppen, noch die Söldner aus dem Kongo abgezogen worden waren, erweiterte die UNO die Befugnisse der ONUC Präsenz im

289 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 69. 290 Matthew Hughes, Fighting for White Rule in Africa. S.604. 291 Ebda. 292 Matthew Hughes, Fighting for White Rule in Africa. S. 605. 293 Mike Hoare, The Road to Kalamata. A Congo Mercenary’s Personal Memoir, London 1989. S. 4. Diese Qualität der Ausrüstung stand auch im krassen Gegensatz zu den Ressourcen, die den Söldnern 3 Jahre später im Kongo zur Verfügung gestellt werden konnten. 81 Land mit Beginn des Jahres 1961. Ausschlaggebender Grund war das Bekanntwerden der Ermordung Premierminister Lumumbas. Somit wurde in der UN-Resolution 161 verkündet, der Sicherheitsrat „Urges that measures be taken for the immediate withdrawal and evacuation from the Congo of all Belgian or other foreign military and paramilitary personnel and political advisors not under the United Nations command, and mercenaries;“294 Dass diese Resolution zustande kam, war nicht zuletzt dem Wechsel in der US-Administration zuzuschreiben, in welcher John F. Kennedy als neu gewählter Präsident die Politik in Bezug auf den Kongo maßgeblich änderte. Somit entstand auf UN-Ebene eine endgültige Ablehnung gegenüber der belgischen Präsenz im Kongo, und vor allem gegen die dort eingesetzten Söldner.295

Operation Rumpunch Am 28. August 1961 startete somit die Operation Rumpunch unter Sonderbeauftragten Conor Cruise O’Brien, die zum Ziel hatte alle ausländischen Soldaten sowie Söldner zu entfernen. Dies ging blutlos vonstatten und im Zuge dessen wurden nicht nur zahlreiche belgische Militärberater verhaftet, sondern auch viele Söldner, bis auf einen harten Kern von knapp über hundert Personen.296 Nachdem die UNO 338 Ausländer festgenommen, das indische Kontingent den Gebäudekomplex von Radio Katanga eingenommen und schwedische Soldaten das Haus von Tshombés Stellvertreter Munongo umstellt hatten, endete die Operation frühzeitig.297 Der Sonderbeauftragte O’Brien hatte nämlich den Bitten der diplomatischen Vertretung Belgiens zugestimmt, dass sich diese selbst um die Deportation des Militärpersonals kümmern wolle, um international nicht das Gesicht zu verlieren. Wie sich im Nachhinein herausstellte, handelte es sich dabei um ein leeres Versprechen der Belgier.298 Operation Rumpunch resultierte darin, dass nun die Söldner die Führung in der Gendarmerie Katangas übernehmen konnten. Hierfür blieb ein harter Kern von etwa hundert Mann im Land. Faulques war nicht verhaftet worden und mobilisierte nun den Rest der Söldner, um die Streitkräfte wiederaufzubauen. Aber selbst die gefangen genommenen Söldner fanden teilweise wieder ihren Weg zurück. Bob Denard, der mit seiner Gruppe vom UN-Kontingent Ghanas

294 161 (1961). Resolution of 21 February 1961 [S/4741]. Download: https://documents-dds- ny.un.org/doc/RESOLUTION/GEN/NR0/171/68/IMG/NR017168.pdf?OpenElement, eingesehen am 30.06.2017. 295 Philip Murphy, Central Africa. S. xc. 296 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 73f. 297 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 127. 298 Jane Boulden, Peace Enforcement. The United Nations Experience in Congo, Somalia, and Bosnia, Westport 2001. S. 35. 82 interniert und in weiterer Folge deportiert worden war, konnte nach einem kurzen Heimaturlaub wieder über Salisbury einreisen.299 Rhodesien bot somit weiterhin Rückhalt für die Söldneraktivitäten, konnte jedoch von einem Aufmarsch an der Grenze zum Kongo vom britischen Premierminister Macmillan abgehalten werden, mit dem Argument, dass dies als falsches Signal gewertet werden könnte. Großbritannien zeigte sich zudem skeptisch gegenüber Operation Rumpunch, da man fürchtete, dass das UN-Mandat überschritten werde.300

Operation Morthor und der Tod Hammarskjölds Auch wenn die ersten Versuche der UN als erfolgreich galten, eskalierte die Lage kurz nach Operation Rumpunch erheblich. Die Hintergründe für die Planung und Durchführung der darauffolgenden Operation Morthor sind umstritten und verworren. Einerseits kann sie im Kontext zum vorherigen Vorgehen gesehen werden, sozusagen als Versuch eines Abschlusses unvollendeter Aufgaben; in diesem Falle die Verhaftung des übergebliebenen militärischen Personals und der restlichen Söldner.301 Andererseits übte Präsident Kasavubu Druck auf die UNO aus, endlich die Sezession Katangas zu beenden. Zudem sah der sich vor Ort befindliche Sonderbeauftragte O’Brien einen guten Zeitpunkt angelangt, da das Militär Katangas scheinbar stark geschwächt war. Er übermittelte einen Plan an UN-Generalsekretär Hammarsköjld, in welchem eine Übernahme von Elisabethville vorgeschlagen wurde. Während Hammarsköjld zögerte und sich auf den Weg in den Kongo machte, zeichnete sich im Sicherheitsrat eine Unterstützung der Pläne vonseiten der USA und Großbritannien ab.302 Ohne den Auftrag des Generalsekretärs startete O’Brien Operation Morthor und abermals begannen UN-Truppen damit Personen zu verhaften und strategische Orte einzunehmen. Dieses Mal war die Gegenwehr jedoch weitaus größer und es kam zu mehreren Gefechten. Als nach der Einnahme Radio Katangas die dort stationierten Gendarmen von den indischen UN- Truppen massakriert wurden, sprachen sich diese Neuigkeiten in Windeseile herum und erreichten auch Tshombé.303 Die Lage wurde durch die frühzeitige Erklärung O’Briens nicht verbessert, in der er die Sezession Katangas als beendet bescheinigte. Die Bevölkerung interpretierte dies als aufgezwungene Lösung der UNO und die Lage eskalierte zusehends.304

299 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 127-131. 300 Philip Murphy, Central Africa. S. xci. 301 Jane Boulden, Peace Enforcement. S. 35. 302 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 131. 303 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 135. 304 Jane Boulden, Peace Enforcement. S. 35. 83 Faulques bekam nun den Befehl zurückzuschlagen und ging an mehreren Fronten gegen die UN-Truppen vor. Einer seiner Pläne war den UN-Stützpunkt in Jadotville einzunehmen – eine Belagerung, die von einem seiner Untergebenen namens Michel de Clary geleitet wurde und nach drei Tagen und mehreren Angriffen gelang.305 Gleichzeitig infiltrierten Faulques’ Männer Elisabethville und legten zahlreiche Hinterhalte auf die UN-Truppen. Alles in allem wendete sich rasch das Blatt gegen die UNO vor Ort, nicht zuletzt deshalb, da diese keine Luftunterstützung hatte und ein einzelnes Kampflugzeug der Luftwaffe Katangas Angriffe in der gesamten Region flog und die internationalen Verbände regelrecht vorführte.306 Als Generalsekretär Hammarsköjld vor Ort eintraf, war er aufgrund der Eskalation überrascht und entschied sich aufgrund dessen für ein persönliches Gespräch mit Tshombé, das in Ndola in Nordrhodesien stattfinden sollte. Auf dem Weg dorthin stürzte seine Maschine jedoch kurz nach Mitternacht am 18. September 1961, während des Landeanfluges, ab und alle Insassen starben an ihren Verletzungen. Aufgrund der überstürzten Ereignisse konnte am 20. September dennoch ein Waffenstillstand verhandelt werden.307 Diese Waffenruhe wurde in Katanga als Sieg gegen den Westen gefeiert. Gleichzeitig hatten der Tod Hammarskjölds und die Durchführung der Operation Morthor dementsprechende politische Konsequenzen. Die USA stärkten nun ihre Unterstützung für die UNO, aber auch für die ONUC Mission im Kongo selbst und vertraten von nun an eine weitaus aggressivere Position gegen eine Sezession Katangas.308

Trotz der Vereinbarungen kam es in weiterer Folge immer wieder zu gewaltsamen Ausschreitungen und Übergriffen auf die ONUC Mission oder die Truppen der ANC. Als Reaktion erließ der UN-Sicherheitsrat im November die bis dahin stärkste Resolution 169 (1961). Darin wurde die anhaltende Verschlechterung der Lage vor Ort angesprochen und einmal mehr auf die Beibehaltung der territorialen Integrität des Kongo insistiert. Vor allem in Bezug auf letzteren Aspekt wurde die Sezession Katangas „komplett zurückgewiesen“ und die Verwendung externer Ressourcen und Söldnern missbilligt und abgelehnt. Die UNO rief

305 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 75. Vgl hierzu: Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 136. 306 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 139f. u. 146. 307 Philip Murphy, Central Africa. S. xci. Siehe auch: Jane Boulden, Peace Enforcement. S. 36. Der Tod Hammarsköjlds war seitdem Thema zahlreicher Verschwörungstheorien und dementsprechender Anschuldigungen. Auch wenn eine rhodesische Untersuchung keine Fremdeinwirkung feststellen konnte, kamen immer wieder neue Details ans Tageslicht. Zuletzt löste eine Publikation von Susan Williams eine Neuaufnahme von Untersuchungen aus, obwohl auch sie keine definitive Antwort auf die genauen Gründe geben konnte. Siehe hierzu: Susan Williams, Who Killed Hammarskjöld? The UN, The Cold War and White Supremacy in Africa, aktualisierte Ausgabe, London 2016. 308 Jane Boulden, Peace Enforcement. S. 36. Vgl. hierzu: Philip Murphy, Central Africa. S. xci. 84 einmal mehr dazu auf, dass andere Staaten die Unterstützung für die abtrünnige Provinz unterlassen sollten sowie, dass ausländisches Militärpersonal und Söldner das Land zu verlassen haben.309 Gleichzeitig wurde in dieser letzten substanziellen Resolution auch die Autorisation von Gewalt vonseiten des Sicherheitsrats erteilt.310 Trotz dieser Entwicklungen auf UN-Ebene eskalierte die Lage weiterhin in Form von Angriffen, Straßensperren oder der Verhaftung von UN-Personal. Im Dezember 1961 deutete für die UNO alles auf einen Angriff auf die ONUC Mission hin.311 Der Grund hierfür war ein Verteidigungsplan Katangas aus der Feder von Faulques, der in die Hände der ONUC Mission kam. Darin wurde die Provinz in fünf Militärzonen unter der Führung von französischen Söldnern aufgeteilt und vorgesehen, dass im Falle eines Angriffes die Garnisonen der UN- Truppen angegriffen werden sollten.312 Ein weiteres Mal kam es zu einer größeren militärischen Eskalation. Mittlerweile hatte sich jedoch die UNO mithilfe der äthiopischen und schwedischen Luftwaffe die Lufthoheit über dem Kongo gesichert. Zudem übernahmen die USA nun eine Schlüsselfunktion in der Unterstützung und mit der Operation UNOKAT führte man ab 15. Dezember 1961 einen Angriff auf Elisabethville durch. Dort wurden die stationierten Söldner jedoch von der Bevölkerung unterstützt und die UN-Truppen sahen sich einem erbitterten Straßenkampf gegenübergestellt. Als dabei das Hauptquartier der UMHK eingenommen wurde, zeichnete sich sehr schnell ein weiterer Waffenstillstand ab, der binnen 48 Stunden einsetzte. Enttäuscht von den Ereignissen, verließ Faulques im Anschluss den Kongo und schwor, nie wieder nach Afrika zu kommen. Die Söldner Puren und Denard blieben jedoch weiterhin in den Diensten Tshombés.313 Dieser musste sich dem Druck beugen und begann Verhandlungen, die in der Unterzeichnung der Kitona Deklaration am 21. Dezember 1961 mündeten und ein Ende der Sezession versprachen. Tshombé nutzte dies jedoch lediglich um auf Zeit zu spielen.314

309 169 (1961). Resolution of 24 November 1961 [S/5002]. Download: https://documents-dds- ny.un.org/doc/RESOLUTION/GEN/NR0/171/76/IMG/NR017176.pdf?OpenElement, eingesehen am 01.07.2017. 310 Jane Boulden, Peace Enforcement. S. 29. 311 Jane Boulden, Peace Enforcement. S. 37. 312 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 78. 313 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 79. 314 Jane Boulden, Peace Enforcement. S. 37. 85 Operation Grandslam und das Ende der Sezession Ein weiteres Jahr verstrich, dass sich durch Verzögerungen und einem weiteren Eskalationskreislauf auszeichnete. Wie im Vorjahr deuteten die Vorgänge in Katanga wieder auf eine militärische Auseinandersetzung hin und die Streitkräfte Tshombés gaben der ONUC Mission die Legitimation für eine weitere Operation, als äthiopische UN-Truppen am 24. Dezember 1962 angegriffen wurden und sich betont zurückhielten. Somit war der Weg frei für die UN-Operation Grandslam, die am 28. Dezember begann und in zwei Phasen zunächst Elisabethville einnahm und in weiterer Folge eine Expansion in der gesamten Provinz vorsah. Dabei konnten die UN-Truppen so erfolgreich vorankommen, dass es für die UNO selbst eine Überraschung darstellte und teilweise die örtlichen Kommandanten sprichwörtlich über das Ziel hinausschossen, da sie weiter als geplant vorstoßen konnten.315 Tshombe versuchte noch in den letzten Tagen der Sezession mit Drohungen einer Politik der verbrannten Erde das Blatt zu kehren. Während er selbst davon abgebracht werden konnte – der britische Konsul Derek Dodson und die Belgier Joachim Frankiel und René Clemens konnten hier auf ihn einwirken – bereitete Bob Denard in der bis zuletzt von Söldnern kontrollierten Region Kolwezi alles vor, um den Damm mitsamt dem hydroelektrischen Werk zu sprengen.316 Aufgrund der sich abzeichnenden Lage in Katanga, wich die UMHK von ihrer Unterstützung der Sezession ab und begann ihrerseits mit der Regierung des Kongos neue Verträge auszuhandeln. Das Unternehmen versuchte dies zunächst noch geheim zu halten, da man befürchtete, dass die Söldner im Falle eines Bekanntwerdens den Damm in Kolwezi, sowie mehrere Gebäude der UMHK sprengen würden.317 Mitte Jänner verbrachte Tshombé mit intensiver Diplomatie. Einerseits musste er die UNO davon überzeugen, dass er sich und Katanga zu ergeben dachte, andererseits galt es die Söldner zu überzeugen, dass ihre Gehälter gezahlt würden. Mit den UN-Truppen im Vormarsch galt es Schadensbegrenzung zu betreiben. Jacques Schramme wurde befördert und bekam den Auftrag sich mit seinen Männern über die Grenze nach Angola zurückzuziehen und dort bereit zu stehen. Jeremy Puren sollte die Überbleibsel der Flugzeuge sichern. Während der Organisation des Rückzugs konnte Tshombe Denard zudem noch davon überzeugen, die geplanten Sprengungen nicht durchzuführen.318

315 Jane Boulden, Peace Enforcement. S. 39. 316 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 212ff. 317 Ebda. 318 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 215. Siehe auch: Anthony Mockler, The new Mercenaries. S. 81f. 86 Das von den Portugiesen kontrollierte Angola hatte sich während des Konflikts immer wieder als treuer Unterstützer erwiesen und bot auch jetzt den Söldnern wieder die Möglichkeit sich zu gruppieren und auf weitere Befehle zu warten. Während Denard nach dem Rückzug im Bürgerkrieg im Jemen tätig war, verblieb Schramme gemeinsam mit ca. 1000 Gendarmen Katangas in Angola.319 Auch die CAF zeichnete sich mit einer grenzüberschreitenden Kooperation mit Angola und Katanga aus. Mit Hilfe des rhodesischen Federal Intelligence and Security Bureau [FISB] wurden die Gold Reserven nach Salisbury geschmuggelt, während die Geldreserven von Tshombés Gefolge nach Angola geflogen wurden.320

Mit 21. Jänner 1963 endete offiziell die Sezession, als Tshomé eine dementsprechende Deklaration unterschrieb. Während seine Truppen, mitsamt Gerät und seinen finanziellen Ressourcen bereits im Ausland waren, oder sich auf den Weg dorthin befanden, wartete er in Elisabethville die sich neu ergebende politische Lage ab. Während einige seiner Minister wie Èvariste Kimba oder Godefroid Munongo Regierungsposten erhielten, entschied sich Tshombé letztendlich mithilfe des FISB das Land zu verlassen und ins Exil zu gehen.321

2. Die Simba-Rebellion 1964-1965

Als im Frühjahr 1964 eine kleine Revolte von der Kwilu Provinz ausging, befand sich Moishe Tshombé noch in seinem spanischen Exil und die Ereignisse im Kongo wurden weltweit nicht weiter beachtet. Binnen weniger Monate, breitete sich jedoch ein weiter, von einer kommunistischen Ideologie unterstützter Aufstand aus, der in weiterer Folge als „Simba- Rebellion“ in die Geschichtsbücher einging. Ideologisch geführt von , dem ehemaligen Bildungsminister des Landes, löste dieser Aufstand markante Flüchtlingsbewegungen aus und überraschte die internationale Staatenwelt mit der Ausrufung der Volksrepublik Kongo im . Als Präsident wurde berufen und die besetzte Stadt Stanleyville im Nordosten des Kongo, als Hauptstadt gewählt.322 Die Rebellen wurden von der Volksrepublik China mit Material unterstützt, welches mithilfe der chinesischen Botschaften in den Nachbarländern über die Grenze in das Land verbracht wurde. Die Chinesen sahen Anthony Mockler zufolge im Aufbegehren der Simba eine „primitive

319 Matthew Hughes, Fighting for White Rule in Africa. S. 612. 320 Ebda. Vgl. hierzu. Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 215. 321 Matthew Hughes, Fighting for White Rule in Africa. S. 612. 322 Anthony Mockler, The new Mercenaries. S.85f. 87 Kulturrevolution“ und nützten die Gelegenheit, um den eigenen Einfluss in Afrika zu forcieren.323 Damit zeichnete sich ein Stellvertreterkrieg des Ost-West-Konfliktes ab, wobei sich der „Westen“ auf die Seite der DR Kongo stellte. Mit der Involvierung der VR China engagierten sich die Vereinigten Staaten von Amerika verstärkt im Konflikt, ebenso wie die ehemalige Kolonialmacht Belgien. Beide Staaten sendeten Material oder Militärberater.324

Aufgrund der Entwicklungen im Land war Moishe Tshombé kurz zuvor eine Rückkehr in den Kongo erlaubt worden und wurde am 30. Juni 1964 als Premierminister eingesetzt, mit dem Auftrag des Präsidenten Kasavubu, der Rebellion Einhalt zu gebieten.325 Hierfür wandte er sich sofort an Jeremia „Jerry“ Puren, der seinerseits Mike Hoare (welchen er von der Kampagne des Jahres 1961 kannte) und Alastair Wicks aus Südafrika einfliegen ließ. Dabei dürfte die Wahl Hoares Puren zu verdanken sein, da Ersterer zu diesem Zeitpunkt relativ unbekannt war, während Puren als „Graue Eminenz“ galt, und als Kontaktmann zwischen Südafrika und dem Kongo fungierte.326 Gemeinsam sollten sie dem neu ernannten Premierminister Tshombé dabei helfen, die Rebellion zu beenden. Hierfür wurde Puren beauftragt die Luftwaffe zu kommandieren, während Hoare damit betraut war Soldaten für den Bodenkampf zu trainieren und in weiterer Folge auch zu führen.327

Den heiklen Aspekt der Rekrutierung führte Alastair Wicks durch, der zunächst in Johannesburg, Südafrika nach Freiwilligen warb, die Suche dann an Patrick O’Malley abgab und selbst nach Rhodesien reiste, um in Salisbury ebenfalls nach potentiellen Kandidaten zu suchen. Obwohl man versuchte diskret vorzugehen und die Interessenten zu Stillschweigen aufrief328, wurden die Medien aufgrund der Annoncen auf die Aktion aufmerksam und die beiden fanden sich in diversen Zeitungs- und Fernsehnachrichten wieder. Diese ungewollte Werbung resultierte jedoch auch in rund 1000 Freiwilligen für die Mission im Kongo.329 Währenddessen versuchte Mike Hoare in einer ersten Mission die Kampagne gegen die Simba- Rebellen in Gang zu bringen und plante einen amphibischen Angriff auf die besetzte Stadt Albertville, über den See . Dabei musste er aber mit mehreren Problemen kämpfen: Zunächst waren keine geeigneten Boote für diese Operation verfügbar und sogar das ihm zur

323 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 86. 324 Ebda. 325 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 21. Vgl. hierzu Mike Hoare, Mercenary. S.11f. 326 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S.84. 327 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 17. Vgl. hierzu: Mike Hoare, Mercenary. S. 18. 328 Ivan Smith, Mad Dog Killers. The Story of a Congo Mercenary, Solihull, Pinetown 2012. S. 27f. 329 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 21. 88 Verfügung stehende Personal ließ zu wünschen übrig. Von den erwarteten 100 angeworbenen Männern erreichten nur 38 die Ausgangsbasis im Kongo und nach einer ersten Selektion, wie auch dem Umdenken einiger von der Realität des Krieges eingeholten Abenteurer, standen nur mehr 29 Freiwillige zur Verfügung. Unter diesen ersten Mitstreitern Hoares befand sich auch der deutsche Weltkriegs-Veteran Siegfried Müller, der sofort mit einem Kommando bedacht wurde.330 Tatsächlich bestand die erste Truppe hauptsächlich aus deutschsprachigen Söldnern, die aus Südwest Afrika, dem heutigen Nambia, gekommen waren und sich unter das Kommando von Müller begaben.331 Für Hoare wurde die eigentliche Operation zur Eroberung Albertvilles jedoch von mehreren Problemen zunichtegemacht. Sei es das Fehlen angeforderter Funkgeräte, die Sabotage eines der Boote durch einen der Söldner (welcher zudem eine Meuterei initiieren wollte), technische Probleme mit den Booten selbst im Zuge der Überfahrt und letzten Endes noch eine ad hoc Planänderung aufgrund eines priesterlichen Hilfegesuchs. Albertville wurde somit von der nationalen Armée Nationale Congolaise (ANC) eingenommen und die Söldner dementsprechend blamiert.332 Nichtsdestotrotz war die Truppe im Zuge ihrer ersten Operation in mehrere Feuergefechte verwickelt und musste erste Verluste erfahren: die Deutschen Nestler und Köhlert.333 Aus diesem primär persönlichen Niederschlag, zog Mike Hoare Konsequenz und begann damit, die neuangekommenen Rekruten einer Grundausbildung zu unterziehen. Dies war nicht zuletzt deshalb notwendig, da relativ wenig ehemalige Soldaten unter den Freiwilligen anzufinden waren, sondern viel mehr Drogensüchtige, soziale Problemfälle und Abenteurer. Dennoch waren unter diesen Anwärtern die Staatszugehörigkeiten ebenso vielfältig wie die persönlichen Motive in den Krieg für den Kongo zu ziehen. Aus aller Welt waren 19 Nationalitäten unter den Söldnern zu finden, angetrieben durch Geld und Abenteuer, aber auch aus ideologischen Gründen, und dem damit einhergehenden Interesse im Kampf gegen den Kommunismus einen Beitrag zu leisten.334 Die Söldner wurden ihrerseits als „Freiwillige“ bezeichnet und mussten detaillierte Verträge unterzeichnen, die Gehalt, Urlaub, Abfindungen und dergleichen regelten. Das Training erfolgte in der von den Belgiern während der Kolonialzeit erbauten Basis Kamina, während die hierarchische Struktur der Truppe sich an der britischen Armee orientierte.335 Die Erfahrungen

330 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 23. 331 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 89. 332 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S.24f. 333 Anthony Mockler, The New Mercenaries. 89. 334 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 27-29. 335 Ebda. 89 aus den Kampagnen des Jahres 1961 miteinbeziehend, versuchte Hoare (erfolglos) eine Disziplin in Bezug auf die Uniformen durchzusetzen, um in den Augen der internationalen Presse einen besseren Eindruck zu hinterlassen.336 Die erste Zeit in Kamina wurde von mehreren Seiten als chaotisch beschrieben. Die Unterkünfte waren desolat, es fehlte zunächst an Uniformen, Ausrüstung und Waffen. Viele Freiwillige entschlossen sich zudem kurz nach ihrer Ankunft wieder die Heimreise anzutreten.337 Nach zwei Monaten Grundausbildung wurde aus den ersten 300 verfügbaren „Freiwilligen“ 5 Commando gebildet, und in weitere Untergruppen mit den Bezeichnungen 51, 52, 53, [...] und 58 Commando unterteilt. Diese bestanden jeweils aus rund 30 Mann mit je zwei Offizieren. Trotz alldem waren jedoch nie mehr als 300 Mann gleichzeitig im Kongo tätig.338 Aufgrund der drängenden Ereignisse wurden diese Gruppen auch ohne die absolvierte Grundausbildung eingesetzt und konnten erste Erfolge erzielen. Für den Marsch auf die Rebellenhochburg Stanleyville wurde 5 Commando dann in weiterer Folge als Speerspitze eingesetzt, gemeinsam mit der ANC unter dem Kommando eines belgischen Offiziers. Als zusätzliche Unterstützung diente 6 Commando, das aus afrikanischen Truppen der ANC und französisch sprechenden Söldnern zusammengesetzt war.339 Die typische Angriffstaktik während des Vormarsches war auf die Gegebenheiten des afrikanischen Kontinents angepasst: Zunächst wurden die besetzten Städte mit Luftschlägen angegriffen und unmittelbar danach von den Bodentruppen überrannt.340 Die Kombination aus Geschwindigkeit und Feuerkraft erwies sich effektiver als konventionelle Vorgehensweisen, da die Simba-Rebellen sich schnell einschüchtern ließen und in den meisten Fällen aufgrund ihrer mangelnden militärischen Ausbildung ein leichtes Ziel waren. Zu unterschätzen waren die Gegner der Söldner jedoch keinesfalls, da sie Training oft mit schierer Masse und ihren Waffen ausgleichen konnten und für zahlreiche Verlusten unter den Söldnern sorgten.341 Auf dem Weg nach Stanleyville konnte man die Stadt erobern, was sich sowohl für die Moral der Truppen, als auch für den Ruf der Söldner im Allgemeinen bezahlt machte. Die Befreiung der europäischen Geiseln vor Ort und das Bekanntwerden der Gräueltaten der Simba- Rebellen trugen das Ihrige dazu bei. Der weitere Vormarsch verzögerte sich jedoch, da der Rebellenanführer Christophe Gbenye damit drohte, die in Stanleyville eingeschlossenen Bürger zu ermorden, sollten sich die Truppen

336 Ebda. 337 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 89. 338 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 92. 339 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 95. 340 Tickler, S. 33. 341 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 93f. 90 des Kongos weiterhin der Stadt nähern. Dies rief ein verstärktes belgisches Engagement auf den Plan und Hoare sollte zeitgleich mit dem Abspringen belgischer Fallschirmjäger vom Boden her die Stadt angreifen. Da aufgrund verzögerter Befehle jedoch der Vormarsch auf die Stadt zum Stillstand kam, wären zum zeitlichen Aufholen Nachtmärsche vonnöten gewesen, die schon zuvor zu fatalen Gefechten mit den Simba-Rebellen geführt hatten. Dies war nun wieder der Fall und man musste starke Verluste hinnehmen, unter anderem einen Reporter des CBS Radio, der die Kolonne begleitet hatte. Als Konsequenz nahm man eine Verzögerung in Kauf und unterbrach die Fahrt bei Nacht mit dem Resultat, dass Stanleyville von den belgischen Fallschirmjägern eingenommen wurde und im Zuge dessen der Großteil der Geiseln von den Simba-Rebellen getötet wurde.342 Nichtsdestotrotz wurden die Truppen von Hoare in den angrenzenden Gebieten von Stanleyville eingesetzt, um Siedlungen und Missionen weißer Siedler und Geistlicher zu befreien. Im Zuge dessen konnten zahlreiche Menschen direkt aus den Händen der Rebellen befreit, oder aus deren Einflussbereich gerettet werden. Dies trug dazu bei, dass in der internationalen Presse das Bild der Glücksritter mit dem der „heldenhaften Retter“ ausgetauscht wurde. Tickler schreibt hierzu: „As they rescued priests, nuns, and other European civilians held by the Simbas throughout the neighbouring district, so they were portrayed in the press and on television as heroic rescuers rather than the ruthless paid killers which had previously been their public persona.“343

Die Verträge der „Söldner“ waren inklusive Hoare’s auf sechs Monate anberaumt. Nach dem Verstreichen dieser Zeit, kam für den Kommandeur der Söldnertruppen der Zeitpunkt den Kongo hinter sich zu lassen. Laut eigenen Aussagen, gingen die ständigen Probleme und Monate des Kämpfens an die Substanz. Administrative Probleme bis hin zu ausbleibenden Abfindungen für gefallene Söldner, aber auch die hierarchische Unterstellung unter den ebenfalls im Kongo kämpfenden und das Kommando innehabenden belgischen Truppen, waren für ihn Grund genug dem zuständigen General Mobutu ein Ausscheiden anzukündigen.344 Letzterer war sich der Probleme durchaus bewusst und konnte Hoare mit zahlreichen Zugeständnissen zu einem Erneuern des Vertrages überzeugen. Hierfür gab ihm der General das vollständige Kommando über 5 Commando, welches zuvor mit seinen Unterkommandos über das gesamte Land verteilt war. Des Weiteren wurden ihm zwei Ärzte versprochen, die seiner Truppe ständig zur Verfügung standen sowie pünktliche Zahlungen. Während Hoare

342 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 100. Vgl. hierzu auch: Tickler, S. 36f. 343 Tickler, S. 39. 344 Mike Hoare, Mercenary. S. 171f. 91 einen zweiwöchigen Heimaturlaub antrat, begann die Rekrutierung weiterer Freiwillige, welche das neue 5 Commando bilden sollten (viele Söldner hatten den Vertrag nämlich nicht verlängert, waren verwundet worden und dadurch ausgefallen oder schlichtweg desertiert).345

Mit der Intensivierung des Konfliktes, involvierten sich zunehmend weitere Staaten. Neben der bereits erfolgenden materiellen Unterstützung vonseiten der UdSSR und der VR China, waren auch algerische und ägyptische Militärberater aufseiten der Rebellen tätig. Zusätzlich wurden vonseiten Ugandas und des Sudans Nachschubrouten über den Landweg aufgebaut.346 Der Auftrag für 5 Commando lag nun darin, die Grenze zu den letztgenannten Nachbarländern zu schließen. Hierfür wurde Hoare die Befehlsgewalt über den Nordosten des Landes übergeben, um in weiterer Folge die Nachschubwege der Simba-Rebellen zu unterbrechen.347 Immer wieder musste Hoare jedoch in den eigenen Reihen für Ruhe sorgen, da vor allem das Problem der verspäteten Honorare sich nicht gelöst hatte. Trotz dieser internen Konflikte, konnte 5 Commando erfolgreich die Grenzen schließen. Dennoch waren immer noch Rebellenaktivitäten im Einsatzgebiet zu verzeichnen, weshalb sich 5 Commando ohne Rücksprache mit General Mobutu für eine heikle und diplomatisch äußerst gefährliche Operation entschloss, die über die Grenzen hinwegging, die Rückzugsgebiete im Sudan und die dort residierenden Rebellen zerstörte und letztendlich Frieden in den Nordosten des Kongos brachte. Die gesamte Kampagne für die Sicherung dieser kongolesischen Provinzen wurde in einem Zeitraum von sieben Wochen durchgeführt.348

Die militärischen Erfolge und das generelle Auftreten von 5 Commando hatte für die Söldner eine Bezeichnung zur Folge, die sie von nun an Begleiten sollte: Die weißen Riesen – the white giants.349 In Anbetracht dieses Fortschritts und dem erfolgreichen Erfüllen der Mission müsste der Eindruck entstehen, dass es Großteils ohne Zwischenfälle vonstattenging. Dem war jedoch nicht so und die „weißen Söldner“ machten ihrem schlechten Ruf alle Ehre, als bei einem Zwischenfall in der Stadt Paulis im Zuge eines Streites zwischen den Söldnern und einigen ANC Soldaten der kongolesische Adjutant der dort stationierten Truppen erschossen wurde.350

345 Ebda. Siehe hierzu auch: Anthony Mockler, The New Mercenaries. S.105. 346 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 106. Vgl hierzu auch: Mike Hoare, Mercenary. S.175. 347 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 44. 348 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 47. Vgl. hierzu: Mike Hoare, Mercenary. S.212. 349 Mike Hoare, Mercenary. S. 156. Hoare erzählt hier, wie er zum ersten Male von diesem Namen erfuhr, als ihm ein ANC Soldat mithilfe eines Eingeborenen die Trommelsignale der Simba Rebellen übersetzte. Vgl. hierzu: Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 107. 350 Mike Hoare, Mercenary. S. 220-222. 92 Dies hatte maßgeblichen Einfluss auf das Verhältnis zwischen den Truppen der ANC und den Söldnern. Die afrikanischen Truppen, welche in der Stadt Paulis stationiert waren, weigerten sich in einer kommenden Mission zusammen mit 5 Commando zu kämpfen und aufgrund der Befehlskette und der damit einhergehenden Verantwortung der befehlshabenden Offiziere, musste Hoare einen seiner besten Kommandanten aufgrund des Fehlverhaltens der Untergebenen vom Dienst suspendieren.351 Trotz all dieser Animositäten, konnte man die militärische Kampagne gegen die Simba- Rebellen in der Operation Violettes Imperiales fortsetzen. Diese wurde in vergleichbarer Geschwindigkeit wie zuvor durchgeführt und befreite die beiden letzten von den Rebellen im Norden gehaltenen Städte Bondo und Buta. Mittlerweile hatte sich jedoch auch das Vorgehen der Rebellen gegenüber ihren Geiseln markant geändert. Da diese nicht mehr mit einem militärischen Sieg rechneten, wurden Gefangene auf grausame Art und Weise getötet, bevor die Söldner intervenieren konnten. Diese Gräueltaten wurden mit einer dementsprechend unbarmherzigen Behandlung von gefangen genommenen Rebellen beantwortet, die oftmals an Ort und Stelle hingerichtet oder auf der Flucht erschossen wurden.352

Die zweite Vertragslaufzeit näherte sich nach der Sicherung des Nordostens dem Ende zu und abermals konnte Hoare nur mühsam von General Mobutu für eine dritte Verlängerung gewonnen werden. In dieser Etappe sollte 5 Commando die Grenze zu Burundi schließen, von der aus über den See Tanganyika Unterstützung an die Rebellen geliefert wurde. Für diese Mission stand sich Hoare mit seinen Männern komplett anderen Bedingungen gegenüber als im Nordosten des Landes. Zum Einem musste er sich nun im Bergland des Südens behaupten, was in einem Guerilla-Krieg viele taktische Probleme mit sich brachte, und zum anderen fanden sich in dieser Region nicht nur zahlreiche Unterstützer der Rebellen unter der Bevölkerung, sondern handelte es sich bei dieser auch noch um einen Krieger Stamm, der von kubanischen Militärberatern unterstützt wurde.353 Zudem hatte man mittlerweile auch mit anderen Schwierigkeiten zu kämpfen: der Rekrutierung. Aus Südafrika und Rhodesien blieben die Freiwilligen aus und es gestaltete sich zunehmend schwieriger, Personal zu lukrieren. Ein Grund hierfür waren die Einschränkungen des Kongos in Bezug auf europäische Freiwillige, für die man nicht die Reisekosten übernehmen wollte.354 Einige Europäer kamen auf eigenen Kosten in den Kongo, und Hoare

351 Ebda. Vgl. hierzu: Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 47. 352 Peter Tickler, The Modern Mercenary. 47-49. 353 Ebda. 354 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 109. 93 konnte nach einiger Zeit an die 300 „Freiwillige“ für 5 Commando auswählen und trainieren. Zuvor hatte er jedoch noch vorgeschlagen, kurzfristig 200 Soldaten aus den Rängen der SADF zu rekrutieren, da er dementsprechende Kontakte nach Südafrika hatte. Aus unbekannten Gründen wurde dieser Vorschlag jedoch nicht realisiert. 355 Zu diesem Zeitpunkt hatte Hoare zusätzlich das Kommando über zwei Bataillone der ANC, sowie einige Flugzeuge und Schiffe. Diese Flugzeuge wurden von Kubanern geflogen, die ihrerseits behaupteten, Anti-Castro Aktivisten zu sein – in mehreren Wochenschauen und Pressevideos der 1960er Jahre ist jedoch auch von Rhodesiern die Rede, die aus persönlichen Gründen als Kampfpiloten anheuerten.356 Vor allem die Hilfe der kubanischen Militärberater aufseiten der Simba-Rebellen bereitete Hoare für eine gewisse Zeit große Probleme. Sobald diese jedoch aufgrund der eigenen Verluste ihr Engagement reduzierten, konnte 5 Commando erst die Stadt Baraka und dann die anderen Ortschaften Fizi, Lubondja sowie Lulimba einnehmen. Bald danach fielen auch die Bastionen Kasimia, Kavumbe und die Halbinsel Ubware. Mit einer belgisch geführten ANC Kampagne weiter im Süden konnte die letzte von Rebellen gehaltene Stadt Yungu genommen werden, was die Simba-Rebellion offiziell beendete.357

3. Die politische Zäsur 1965 – General Mobutus unblutiger Staatstreich

Nachdem die Simba-Rebellion als effektiv niedergeschlagen galt, war auch die politische Legitimation von Premierminister Moise Tshombé an ihrem Ende angelangt. Da er von Präsident Kasavubu mit dem ausdrücklichen Ziel eingesetzt worden war, den Aufstand zu beenden, war es in Retrospektive gesehen keine große Überraschung in dem von Machtkämpfen geplagten Land, dass dieser Tshombé kurz danach absetzen ließ. Aber auch General Mobutu zog seine Konsequenzen aus dem Ende der Rebellion und konnte sich mit einem unblutigen Staatsstreich an die Macht putschen und als Präsident einsetzen. Am 24. November 1965 wendete er sich an den Kongress und erklärte: „During the last five years the national politicians have not been able to put an end to the anarchy gripping the Congo. This situation has been deliberately maintained by the politicians and has been exploited by certain foreigners, despite the watchfulness of the

355 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 108. 356 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 49. Im Falle der rhodesischen Piloten siehe: White mercenaries fighting in the Congo 1964, Download: https://youtu.be/pP9B-2Ce6Nk, eingesehen 28. 05.2017. 357 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 54. 94 Army Headquarters. As a result the Army High Command has taken upon itself the conduct of the state.“358

Damit übernahm das Militär als einzig funktionierendes System im Kongo die Administration des Landes, mit Mobutu an der Staatsspitze und Moishe Tshombé kehrte wieder in sein spanisches Exil zurück.359 Auch für Mike Hoare war der Abschluss der Kongo Episode eingetroffen. Er gab das Kommando an John Peters ab und traf sich vor seiner Heimreise noch mit dem neuen Präsidenten Mobutu, der ihm für seine Arbeit dankte und es sich in einem Brief auch nicht nehmen ließ, darauf hinzudeuten, dass im Falle des Falles wieder die Dienste von Hoare in Anspruch genommen werden würden – sofern es die Lage erfordere.360 Auch wenn der Abschied amikal gewesen zu sein schien, das Kalkül dahinter war berechnend. Präsident Mobutu entließ zusammen mit Hoare, Wicks und Puren alle Kommandanten der weißen Söldner, die Moise Tshombé gegenüber positiv eingestellt waren. Als Ersatz wurden nun Bob Denard und John Peters eingesetzt, die neutraler in ihrer Gesinnung waren und mit ihren Truppen für Mobutu eine Absicherung gegen andere politische und militärische Kräfte im Lande darstellten.361

4. Das ambivalente Verhältnis der Medien zu den Kongo Söldnern

Wie bereits in mehreren Aussagen in dieser Arbeit ersichtlich wurde, hatten die Medien ein durchaus ambivalentes Verhältnis zu den im Kongo tätigen Söldnern. Der Konflikt erregte weltweit Aufsehen und aus aller Welt trafen Reporter ein, die das Treiben der verschiedenen Commandos dokumentieren wollten. Dabei fielen die Reaktionen situationsbedingt unterschiedlich aus, wenngleich Mike Hoare für einen Moment in der Geschichte das Söldnertum als eine respektable Tätigkeit darstellen konnte.362 Respektabel oder nicht, es wurde in dieser Zeit zumindest ein Mythos geschaffen, der über den Konflikt hinaus bestehen blieb. Ivan Smith – seines Zeichens ein ehemaliger Söldner des 51

358 Mike Hoare, Mercenary. S. 278. 359 Brian Urquhart, Mobutu and Tshombe: Two Congolese Rogues. UN News Centre, Download: http://www.un.org/apps/news/infocus/joseph-mobutu.asp#.WSrdHcmkJ0s, eingesehen am 28.05.2017. 360 Peter Tickler, The Modern Mercenary. S. 54. Vgl. hierzu: Mike Hoare, Mercenary. S. 280f. 361 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 115. 362 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 83. 95 Commando während des ersten Vertrages – schrieb hierzu: „If there ever was an aura of toughness connected to ‚Congo Mercenaries’, it was fabricated by reports such as that one.“363 Smith bezieht sich hierbei auf einen Artikel eines New York Times Reporters, der die Truppe in der Anfangszeit begleitete und die Söldner nach ihrem ersten Feuergefecht beim Durchsuchen und Plündern der getöteten Simba-Rebellen fotografierte. In Anlehnung an den kommandierenden Offizier Gary Wilson, lautete der Titel der Reportage: „Wilson and his mad dog killers“. Die Söldner im Umfeld Smiths fühlten sich nicht beleidigt, sondern genossen vielmehr ihre neu errungene Berühmt- und Verruchtheit.364 Vor allem die Anfangszeit bot der Presse reichlich Material, um zahlreiche Klischees zu bemühen. Sei es der französische Söldner, der immer von politischen Intrigen umsponnen war, oder der „Brite“, der als Offizier und Gentleman auf Abwegen galt, aber auch andere wie z.B. der „Südafrikaner“, der in seiner stupiden Art und Weise nur angereist sei um „Kaffir“365 zu töten. Im gleichen Atemzug wurden auch die Deutschen genannt, die als düstere und ehemalige SS-Soldaten dargestellt wurden und letzten Endes die belgischen Söldner, die in ihrer Darstellung vage und unsympathisch waren.366 Das sprichwörtliche Körnchen Wahrheit war in all diesen Darstellungen zu finden, wenngleich das Beispiel Mocklers anhand der Person Siegfried Müllers nicht ganz korrekt war, wenn es um dessen Vergangenheit im Zweiten Weltkrieg ging.367

Mit dem Fall von Stanleyville und der Befreiung der dort festgehaltenen Geiseln, änderte sich dieses Bild der berüchtigten Abenteurer. Wie schon weiter oben mit dem Zitat Peter Ticklers angedeutet, schwenkte die Berichterstattung um und die Titelseiten wurden nun von Bildern gekrönt, die weiße Söldner zusammen mit geretteten Nonnen und Geistlichen zeigten. Dies machte die Söldner nicht nur zu Helden, es verfestigte auch das rassistische Vorurteil in der westlichen Welt, dass man kultivierte Weiße vor den schwarzen „Wilden“ gerettet habe.368

363 Ivan Smith, Mad Dog Killers. S. 57f. 364 Ebda. 365 Abwertendes Schimpfwort für Schwarze. 366 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 88. 367 Ebda. Siegfried Müller war zwar berühmt dafür, sein Eiserners Kreuz erster Klasse bei jeder Gelegenheit zu tragen, aber er war nicht in der Schutzstaffel aktiv. 368 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 101. 96 N. Zwischenfazit – Stellvertreterkriege im Schatten postkolonialen Chauvinismus Dass der Kalte Krieg nicht nur in Asien mittels Stellvertretern geführt wurde, sondern auch in Afrika, zeigt sich sehr deutlich am Beispiel der DR Kongo während der 1960er Jahre. Im Zuge des Dekolonisationsprozesses kam es hier sehr zügig zu einem Wettrennen der ideologischen Blöcke, und einem dementsprechenden Eingreifen der USA, aber auch der ehemaligen Kolonialherren, um den oft zitierten Dominoeffekt zu verhindern. Offensichtlich ging es dabei nicht nur um reinen Idealismus, sondern auch um den Zugang zu natürlichen Ressourcen und letzten Endes auch den Machterhalt der weißen Eliten vor Ort. Hier spielte vor allem die Zentralafrikanische Union mit Rhodesien eine ausschlaggebende Rolle, da sie nicht nur ihren regionalen Einfluss zu erhalten gedachte, sondern zugleich auch mit Interessensgruppen wie der Union Minière du Haut-Katanga direkt auf die Ereignisse eingriff. Die Entscheidung, Söldner als Stellvertreter für diesen Kampf zu wählen, mag zunächst bizarr wirken, dennoch war es für Staaten wie Frankreich ein effektiver Weg, um ehemalige Soldaten zu beschäftigen und gleichzeitig den nationalen Einfluss zu wahren. Der Kampf gegen den Kommunismus zog viele Idealisten an, die es als ihre persönliche Aufgabe sahen, ihren Beitrag zu leisten. Gleichzeitig wirkte die Möglichkeit, schnelles Geld zu verdienen und „Soldat zu spielen“, ebenso verführerisch auf zahlreiche zweifelhafte Charaktere, die maßgeblich dazu beitrugen das mediale Bild der Söldnertruppe negativ zu prägen. Dabei neigten die Medien nicht nur dazu reißerische Berichte zu schreiben, sondern auch nationale Klischees zu bedienen. Interessant ist vor allem der Wandel in der Wahrnehmung, der sich von den „Weißen Riesen“, Abenteurern und zwielichtigen Persönlichkeiten, hin zu den Rettern weißer Nonnen und Priestern vollzog. In Anbetracht der Gräueltaten afrikanischer Konflikte, setzte ein postkolonialer Chauvinismus ein, der sich darin bestätigt sah, dass die „schwarzen Wilden“ ohne die westliche Zivilisation verloren seien und wieder zu ihren Ursprüngen zurückkehren würden. Die Vereinten Nationen zeichneten sich in dieser Phase ihrer Geschichte nicht durch Konfliktbewältigung aus und galten mehr als Symbol der Friedenserzwingung, als -bewahrung. Dabei konnte auch nicht verhindert werden, dass man selbst zum Spielball der Machkämpfe wurde, und im Zuge dessen hochrangige Persönlichkeiten ihr Leben verloren. Ein Todesfall im Speziellen – der von UN-Generalsekretär Hammarskjöld – wird Historiker und Forscher noch in den kommenden Jahren beschäftigen.

97 O. Die Südafrikaner

Sometimes I wonder: Will God ever forgive us for what we've done to each other? Then I look around and I realize... God left this place a long time ago. - (fiktiver Charakter) Danny Archer, Blood Diamond (2006) -

Kontextuell in den frühen 1990er Jahren verortet und somit das wohl jüngste Narrativ, welches im Kontext der Filmproduktion in Bezug auf Söldner zu identifizieren ist, personifiziert sich in Form der „Südafrikaner“. Nach einer kurzen Phase, in der Söldner nicht markant in den Medien in Erscheinung getreten waren, änderte sich dies mit dem Ende des Kalten Krieges wieder. Denn aufgrund der daraus folgenden Transformation zahlreicher staatlicher Armeen und der plötzlich verfügbaren Masse an ehemaligen Soldaten, manifestierten sich neue Dimensionen der privatisierten Sicherheit. Vor allem auf dem afrikanischen Kontinent wurde zu diesem Zeitpunkt das Potential der privat verfügbaren Kampfkraft der Weltgemeinschaft direkt vor Augen geführt, und zwar in Form einer der ersten privaten Militärfirmen, die nicht nur beratend für staatliche Armeen fungierte, sondern auch aktiv im Kampfgeschehen teilnahm: der südafrikanischen Firma Executive Outcomes [EO].369 Vor allem die historische Last des kurz zuvor aufgelösten Apartheid- Regimes und die Verbindung zu Rohstoff fördernden Konzernen, resultierte in einer stark polarisierten Medienberichterstattung und der Entstehung eines dementsprechenden öffentlichen Bildes in Bezug auf die Firma und ihrer Angestellten.370 Dies hatte zur Folge, dass die Thematik ein attraktives Material für filmische Auseinandersetzungen darstellte, nicht zuletzt deshalb, da es sich mit aktuellen Problemen kombinieren ließ, mit denen sich die Zivilgesellschaft zu diesem Zeitpunkt auseinandersetzte, wie zum Beispiel Konfliktdiamanten. Dies kulminierte vor allem in dem folgend beschriebenen Hollywood Blockbuster Film, der eindeutige Bezüge zu realen Ereignissen verarbeitete und im Zuge dessen einen weiteren Mythos aufnahm, konstruierte und konsolidierte.

369 Zur Geschichte, den Operationen und der medialen Rezeption der Firma siehe: David Jaklin, Executive Outcomes. Firmengeschichte und Rezeption der Mutter aller Private Military Companies, In: Journal for Intelligence, Propaganda and Security Studies, Vol. 3, No.1/2009. S. 113-132. 370 Ebda. 98 1. Blood Diamond – Südafrikanische Söldner und Konfliktdiamanten371

Im Gegensatz zu den bis jetzt angeführten Filmen, verfügt Blood Diamond372 über keine literarische Vorlage. Stattdessen wurde das Skriptum direkt für eine Verfilmung konzipiert. Anfangs war das Drehbuch auf den Diamantenschmuggel und die Figur des Solomon Vandy konzentriert, eines Eingeborenen des Mende Stammes, welcher in den Konflikt eines amerikanischen Schmugglers und der Diamanten fördernden Industrie gerät.373 Diese erste Version wurde jedoch im Auftrag der Produktionsfirma Warner Brother von Charles Leavitt überarbeitet und in weiterer Folge abermals von den Autoren Edward Zwick und Marshall Herskovitz umgeschrieben, bis es das Format hatte, das letzten Endes verfilmt wurde.374

Zum Film – Synopsis und Analyse Die Handlung des Films findet im Jahr 1999 in Sierra Leone statt, als die Revolutionary United Front [RUF] neu erstarkt durch das Land marodierte und dabei die Bevölkerung durch Plünderungen, gezielte Tötungen und Verstümmelungen terrorisierte. Der Hauptcharakter Danny Archer – neben Solomon Vandy – wird zunächst als gut organisierter Waffenschmuggler vorgestellt, der im Hinterland Sierra Leones und den angrenzenden Staaten mit Satellitentelefon und Leichtflugzeug operiert und gewieft mit Rebellen und Warlords interagieren kann. Für seine Fracht, die im Film nicht gezeigt wird, erhält er als Bezahlung Diamanten, die er wiederum per Landweg über die Grenze zu schmuggeln versucht. Hierbei wird er jedoch sprichwörtlich von Grenzsoldaten auf frischer Tat ertappt und interniert.375 Im Gefängnis trifft er auf den bereits erwähnten Solomon Vandy, der von der RUF als Sklavenarbeiter zum Diamanten schürfen eingesetzt wurde und im Zuge eines Angriffes der Regierung, zusammen mit seinen Peinigern, festgenommen wurde. Während dieses Angriffes konnte er zwar einen zuvor gefundenen Diamanten außergewöhnlichen Ausmaßes verstecken, jedoch nicht vor einem der Anführer der Rebellen verheimlichen. Durch einen Streit zwischen diesem Kommandanten der Rebellen und Solomon, wird Archer auf letzteren aufmerksam. Als die Größe des Diamanten erwähnt wird, zeigt sich unverblümt

371 Im Folgenden soll der Fokus vor allem auf die Darstellung der Söldnerkomponente im Film liegen. 372 Edward Zwick (Regie), Blood Diamond (2006). 373 Cathy Dunkley, WB leaving ‘Okavango’ to Leavitt. In: Variety 24.02. 2004. Download: http://variety.com/2004/film/markets-festivals/wb-leaving-okavango-to-leavitt-1117900672/, zuletzt eingesehen am 18.05.2017. 374 Ebda. 375 Blood Diamond (2006). 99 das plötzliche Interesse Archers an Solomon. Gleichzeitig wird im Zuge des Gefängnisaufenthaltes Archers Charakter zum ersten Mal in den Kontext der südafrikanischen Streitkräfte gerückt, als der Blick auf seinen tätowierten Oberarm fällt, der das Emblem des 32. „Büffel“ Bataillon trägt – einer Eliteeinheit die im „Border War“ vor allem in Angola eingesetzt wurde. In weiterer Folge wird ersichtlich, dass Archer als Mittelsmann für einen südafrikanischen Colonel namens Coetzee376 agiert, der im Waffenhandel tätig ist. Archers Einfluss reicht deshalb aus, um sich selbst aus dem Gefängnis freizukaufen und in weiterer Folge auch Solomon.377

Der erste Kontakt mit der Journalistin Maddy Wieder in Freiheit, sucht Archer in einer Strandbar einen lokalen Kontakt auf, um sich neu zu bewaffnen. Dort trifft er die amerikanische Journalistin „Maddy“, der er sich – unwissend in Bezug auf ihre Profession – als geborener Rhodesier vorstellt und damit beginnt, ihr die Probleme Afrikas, mit all dem Nepotismus, der Putschversuche und diversen Mentalitäten zu erklären, nur um letzten Endes mit den Worten „TIA“ zu schließen: „This is Africa“.378 Auf die Frage nach seinem Beruf hin, spielt er mit dem Begriff des „Glücksritters“. Im englischen Original verwendet er hierfür den bekannten Begriff „soldier of fortune“ und erkundigt sich anschließend, ob dies nicht zu sehr einem Klischee entspräche. Zumindest hier, wird sogar im Film der Bedeutungswandel und die öffentliche Wahrnehmung direkt impliziert, was grundsätzlich nicht auf derart reflektierte Art und Weise in anderen Filmen anzufinden ist.

Die Firma des und Archers Vergangenheit Im weiteren Verlauf kommt es zum Treffen zwischen Archer und dem Colonel auf dessen privaten Ländereien, welche nahe Kapstadt gelegen und umgeben von Weingärten sind. Diese sind im gesamten Bereich von bewaffneten Sicherheitskräften bewacht. Die beiden unterhalten sich über die allgemeine Sicherheitslage in Afrika und es stellt sich heraus, dass der Colonel nicht nur Waffen liefert, sondern auch eine Private Sicherheits- und Militärfirma betreibt. Letztere sei gut im Geschäft, da laut dem Colonel zurzeit elf Kriege am Kontinent stattfinden und es dementsprechend laufend Aufträge gäbe.379 Bei einem Spaziergang durch seine Weingärten erzählt der Colonel Archer, dass die Regierung

376 Die Namenswahl ist in diesem Fall von besonderem Interesse, da in The Wild Geese (1978) der südafrikanische Charakter ebenfalls den Nachnahmen Coetzee trägt. 377 Blood Diamond (2006). 378 Ebda. 379 Ebda. 100 von Sierra Leone ihn damit beauftragt habe, die Diamantenminen im Landesinneren zurück zu erobern. Auf diese Information antwortet Archer pragmatisch anerkennend, dass vom Colonel zuerst Waffen an die Rebellen verkauft werden, nur um selbige in weiterer Folge im Auftrag der Regierung zu bekämpfen. Als zudem erwähnt wird, dass die Regierung des Landes die militärische Intervention mit Förderkonzessionen entgelten würde, ist das in dieser Szene konstruierte Bild des konspirativen Kriegsprofiteurs perfekt.380 Während des Gesprächs werden dem Zuseher aber nicht nur die Machenschaften des Colonels vor Augen geführt, sondern auch der Charakter Archers ausgebaut, indem seine persönliche Vita genauer beleuchtet wird: So wurde er im Alter von 19 Jahren in die südafrikanischen Streitkräfte [SADF] aufgenommen und erlernte dort unter dem Colonel das Kriegshandwerk. Damit aber nicht genug, denn gleichzeitig wird nach Archers Kommentar, dass er Afrika verlassen würde, wenn er nur könnte, die spezifische, afrikanische Identität der dort geborenen weißen Bevölkerung unterstrichen, indem der Colonel bemerkt, dass Afrika die Heimat Archers wäre und dieser sie deshalb nie verlassen würde. Um diese Aussage symbolisch zu untermauern, wird die rote Erde Afrikas in dieser Szene verwendet, verbunden mit den Legenden der Shona, dass die Farbe vom Blut herrührt, das für das Land vergossen wurde.381

Zurück in Sierra Leone trifft Archer wieder auf die Journalistin, die ihrerseits eine potentielle „Story“ für ihre Zeitung wittert und Archer auf seine Vergangenheit im 32 „Büffel“ Bataillon sowie dessen Einsatz in Angola hin anspricht. Dies trifft einen wunden Punkt und eine Konfrontation folgt, in welcher Archer hervorstreicht, dass er sich persönlich als Dienstleister sieht, der einen Service anbieten würde. Trotz dieser Spannungen entsteht ein Zweckverhältnis zwischen den beiden, da Archer die Journalistin benötigt, um gemeinsam mit Solomon zum versteckten Diamanten im Landesinneren zu gelangen. Dabei kommt es in weiterer Folge zu einer Schlüsselszene in einer für Kindersoldaten angelegten Rehabilitationsschule: Hierbei wird nicht nur der Charakter von Danny Archer für den Zuseher vervollständigt, sondern auch ein wiederkehrendes Narrativ der ehemaligen Soldaten des Apartheid-Regimes wiedergegeben, dass in seiner Relevanz an den „Dolchstoß Mythos“ des Ersten Weltkrieg im deutschsprachigen Raum erinnert: Zunächst wird Archers Tätigkeit im angolanischen „Border War“ in seiner ehemaligen Einheit unterstrichen. Dabei betont er, dass es im 32 Bataillon, aber auch in der südafrikanischen Armee keine Apartheid gegeben hätte [eine Meinung, die man regelmäßig bei SADF Veteranen vorfindet382].

380 Ebda. 381 Blood Diamond (2006). 382 Eeben Barlow, Exectuive Outcomes. S. 14. 101 Gleichzeitig wird der Kampf gegen den Kommunismus betont, der im Gegensatz zu anderen Teilen der Welt in Afrika heiß ausgefochten wurde. Archer kommt letztlich zu dem Schluss, dass er erkennen musste, dass im Endeffekt alle beteiligten Akteure nur auf den persönlichen Profit aus waren und er sich nun resigniert den Profiteuren angeschlossen hätte.383 Seine persönlichen Beweggründe in die Armee zu gehen, war die Suche nach einer Ersatzfamilie, da seine leibliche in Rhodesien gewaltsam ums Leben gekommen war. Hier wird einmal mehr die vorherrschende Brutalität des afrikanischen Kontinents – speziell in Form der sogenannten Farm Killings – unterstrichen. Dabei wird Archer zum ersten Mal auch verletzlich dargestellt, als er eines der markantesten Zitate des Films von sich gibt: „Sometimes I wonder: Will God ever forgive us for what we've done to each other? Then I look around and I realize... God left this place a long time ago.384 Für nicht informierte Zuseher schwer greifbar, jedoch sehr wohl vorhanden, werden in dieser Szene die sozialen Risse und Probleme in Südafrika und dem ehemaligen Rhodesien (dem heutigen Simbabwe) thematisiert – in erster Linie der Kampf um die Selbstbestimmung der afrikanischen Bevölkerung, und welche Opfer er auf beiden Seiten gefordert hat.

Der Auftrag für die Firma des Colonels Als in weiterer Folge die Offensive gegen die RUF bevorsteht und die PMC des Colonels tatsächlich dafür beauftragt wird, trifft Archer gemeinsam mit Solomon und der Reporterin in deren Feldlager ein. Der Aufbau des Komplexes, die Abläufe darin sowie die dort tätigen Menschen erinnern in dieser speziellen Situation vielmehr an eine reguläre Armee: Es handelt sich nämlich um eine gut organisierte Basis mit Wachen, umfassender Infrastruktur und dementsprechenden Auftreten.385 Zu diesem Zeitpunkt zeichnet sich ab, dass sich die Wege von Archer und der Reporterin trennen müssen, da Journalisten in der kommenden Offensive, die als „dreckiger Job“ beschrieben wird, unerwünscht sind.386 Die Söldner der PMC sind vollends ausgerüstet und von Soldaten einer regulären staatlichen Armee nicht zu unterscheiden. Die Kommandozentrale im Lager ist zudem ein Abbild militärische Professionalität. In dieser trifft Archer auf den Colonel, der ihn auf den neuesten Stand bringt und für seine Sache gewinnen will. Zuvor hört man ihn jedoch über ein Satellitentelefon sowie dem Funk in Afrikaans sprechen. [Afrikaans wurde nachgewiesener

383 Blood Diamond (2006). 384 Blood Diamond (2006). 385 Ebda. 386 Ebda. 102 Weise von EO ebenfalls für Funksprüche verwendet um mithilfe der Sprachbarriere neben der üblichen Verschlüsselung eine operative Sicherheit herzustellen.387 Gleichzeitig unterstreicht es in diesem Fall als Sprache der unterdrückenden Minderheit in Südafrika das Bild der negativ konnotierten Elite. Anm.] Um den Charakter Colonel Coetzees umso mehr im skrupellosen Spektrum anzusiedeln, wird von ihm die geplante Vorgehensweise wie folgt beschrieben: „First we snuff everything that‘s out there and then we‘ll find your diamond.“388 Archer verfolgt jedoch seine eigenen Pläne und stielt sich aus dem Lager davon. Dabei hilft ihm Maddy, indem sie eine Wache ablenkt. Hierbei kommt es zu einer weiteren Anspielung, der eine besondere Bedeutung zuzuordnen ist: Archer bittet sie, die Wache mit dem Versprechen abzulenken, ihn auf das Titelblatt des Soldier of Fortune Magazins zu bringen. Damit wird einmal mehr eine Fußnote der Söldner Popkultur im Film erfolgreich als Randnotiz ins Spiel gebracht. 389

Die nun folgende Flucht porträtiert mehrere Prozesse: Zunächst den Wandel in der menschlichen Interaktion zwischen den beiden Charakteren, aber auch eine weitere Einsicht in die Seele Danny Archers. In einer Schlüsselszene bringt Solomon sich und Archer ungewollt in Gefahr, als er bei einem Konvoi der RUF versucht, seinen entführten und nun als Kindersoldat eingesetzten Sohn zu finden. Die beiden können nur knapp einer Konfrontation entkommen. Am nächsten Morgen wacht Solomon auf und sieht wie Archer einen erlegten Affen zerlegt. Währenddessen beginnt ihm dieser zu erzählen, wie er in seiner Jugend regelmäßig auf die Jagd ging und in weiterer Folge diese Expertise im Buschkrieg anwenden konnte. Er spricht auf explizite Art und Weise an, wie er sowohl seine Beute, als auch die afrikanischen Soldaten der Gegenseite am Geruch ihrer Exkremente finden konnte. Im Anschluss an diese Anekdote, warnt er Solomon, sie nie wieder dermaßen in Gefahr zu bringen, wie zuvor mit dem Konvoi.390 Abseits dieser Episode, die Archer als abgebrüht und skrupellos darstellt, entsteht zwischen den

387 Al J. Venter, Privatising War. Download: http://www.sandline.com/pdfs/ajventerprivatsingwar.pdf, eingesehen am 18.05.2017. 388 Blood Diamond (2006). 389 Dieses Magazin ist sprichwörtlich „berühmt und berüchtigt“ für seine antikommunistische, rechts- konservative Berichterstattung, die von Artikeln aus Konflikten, bis hin zu Waffenreportagen reicht. Dabei war das Magazin auch in einige Kontroversen verwickelt, nicht zuletzt aus dem Grund, dass über die Annoncen Rubrik Auftragsmorde initiiert wurden. Die Geschichte um das Magazin und seinen Gründer Robert K. Brown, kann ein eigenes Buch füllen. Klaas Voß geht in seiner Monographie an mehreren Stellen auf die Zeitschrift ein. Siehe hierzu: Klaas Voß, Washingtons Söldner. Verdeckte US-Interventionen im Kalten Krieg und ihre Folgen, Hamburg 2014 390 Blood Diamond (2006). 103 beiden während der Reise langsam, aber doch eine Art freundschaftliches Verhältnis. Auch die konstanten rassistischen Bemerkungen Archers gegenüber seinem schwarzen Begleiter nehmen mit der Zeit ab und gehen ihn eine moderatere Ansprechweise über. Der letzte Teil und somit der Punkt zu dem sich der Spannungsbogen hinzieht, ist die Ankunft im RUF Lager, und der Stelle, wo Solomon nicht nur den gesuchten Diamanten vergraben hatte, sondern wo die beiden ebenfalls seinen Sohn vermuten. An dieser Stelle kontaktiert Archer wieder die PMC und übermittelt anhand von High-Tech Geräten wie Satellitentelefon und GPS die Koordinaten des Camps, um einen Angriff zu initiieren.391 Im Zuge des kurz darauffolgenden Gefechts, kommt nicht nur schweres Gerät zum Einsatz, sondern dieses wird auch skrupellos gegen alle am Boden befindlichen Individuen eingesetzt. Die Möglichkeit, dass Archer und Solomon vor Ort und im Lager aktiv sind, werden vom Colonel missachtet, der klar zum Ausdruck bringt, dass es ihm egal ist und alle vor Ort befindlichen Menschen getötet werden sollen. Letzten Endes nimmt die PMC das Lager ein und Archer zwingt in einem letzten Versuch an den Diamanten zu kommen Solomon dazu, diesen Preis zugeben. Auch wenn er Solomon anfänglich an den Colonel verrät, so wendet er das Blatt sobald der Diamant gefunden ist. In einer plötzlichen Kehrtwende kommt es zu einem Schusswechsel und der Anführer der PMC wird tödlich verwundet. Es folgt eine letzte Aussprache zwischen den beiden und wieder fallen die Worte „TIA“, mit denen sowohl Archer als auch der Colonel zu akzeptieren scheinen, dass man sich am schwarzen Kontinent seinem Schicksal ergeben muss.392 Solomon und Archer sind nun zur Flucht gezwungen während der Archer, tödlich verletzt, den Ausweg per Flugzeug für Solomon und dessen Sohn sichert. Während dieser in weiterer Folge die Diamantenbranche mithilfe der Reporterin Maddy aufrüttelt, stirbt Archer noch vor Ort – mit der roten Erde Afrikas in seinen Händen.

Hintergründe zum Film Auch wenn der Film primär von Konfliktdiamanten handelt, werden Söldner als Haupt und Nebencharaktere verwendet, wofür sich die Schauspieler dementsprechend vorbereiten mussten. In mehreren Interviews erwähnte der Schauspieler Leonardo di Caprio, dass ihm eine Literaturrecherche nicht ausreichte, um den Charakter von Danny Archer zufriedenstellend zu spielen.393 Aus diesem Grund traf er sich mit ehemaligen südafrikanischen Soldaten, die als

391 Ebda. 392 Blood Diamond (2006). 393 Jeffrey Ressner, Q&A with Leonardo DiCaprio. In: Time, 22. November 2006, Download: http://content.time.com/time/arts/article/0,8599,1562640-1,00.html, eingesehen am 16.06.2017. 104 Söldner tätig waren und unterhielt sich mit ihnen über ihre Vergangenheit und Anekdoten aus ihren Aufträgen.394 Die Inspiration für die Firma Colonel Coetzees ist aufgrund der Wahl des Konflikts und den Erkenntnissen der jüngeren Geschichte Afrikas klar einzuordnen. Hier wurde die südafrikanische Firma Executive Outcomes als Beispiel herangezogen, zu der es zum Zeitpunkt der Produktion des Filmes genügend Literatur und Dokumentationen gab.395

2. Die Gesichtslosen Akteure – diverse Filme und Serien

Der Stereotyp der „Südafrikaner“ wird nicht nur für Hauptcharaktere von Blockbuster Filmen wie Blood Diamond (2006) verwendet, sondern ist auch in mehreren Abstufungen in Film und Fernsehen zu finden. Hierbei reicht die Bandbreite von der bloßen Erwähnung eines südafrikanischen Hintergrundes bei kurzen Szenen von Nebencharakteren, oder der Verwendung von Personengruppen, die im Laufe mehrerer Episoden den Erzählstrang begleiten und denen im Zuge dessen diese spezifische Biografie zugewiesen wird. Im Folgenden soll auf einige dieser Beispiele eingegangen werden, um zu zeigen, dass der hier vorgestellte Stereotyp dermaßen ausgeprägt ist, dass er für gewisse Situationen in Film und Fernsehen keiner weiteren Erklärung mehr bedarf und von Seiten der Drehbuchschreiber und Produzenten davon ausgegangen wird, dass der Zuseher sich den Umständen dieser Personenkreise entweder bewusst ist, oder zumindest die negativen Konnotationen, die damit einhergehen, kennt.

R.E.D. (2010) – Retired Extremely Dangerous In dieser Verfilmung396 einer Graphic Novel aus dem Jahr 2010, wird der Hauptcharakter – ein ehemaliger CIA Agent – zu Beginn von einer Todesschwadron in seinem Zuhause aufgesucht. Die namenslosen Individuen gehen dabei professionell ausgerüstet und gut ausgebildet vor. Im Zuge des Attentat Versuchs werden alle beteiligten Söldner getötet, jedoch weniger aufgrund eigener Inkompetenz, sondern vielmehr um die Effizienz des Hauptcharakters zu unterstreichen. Erst im weiteren Verlauf des Filmes, wird der Zuseher davon informiert, dass es sich um angeworbene Südafrikaner handelte.397

394 'Blood Diamond' film premiere: Red carpet arrivals. Gettyimages, ITN, Clip Nr. 690560750SD, Download: http://www.gettyimages.at/detail/video/blood-diamond-film-premiere-red-carpet- nachrichtenfilmmaterial/690560750, eingesehen am 16.06.2017. 395 Siehe hierzu das Kapitel zum historischen Kontext der „Südafrikaner“. Kapitel II.O. 396 Robert Schwentke (Regie), R.E.D. (2010). 397 R.E.D. (2010). 105 Chris Ryan’s Strike Back398 Hierbei handelt es sich um eine aus mehreren Staffeln bestehende Fernsehserie aus der Feder eines ehemaligen Soldaten des britischen Special Air Service [SAS]. Die Akteure sind hierbei Mitglieder einer geheimen Sonderheit namens Section 20, die mit Missionen höchster Priorität beauftragt werden, welche die staatliche und internationale Sicherheit betreffen. Im Zuge dessen, treffen sie immer wieder auf nichtstaatliche Akteure, die unter anderem auch Söldner für ihre Zwecke verwenden. Aufgrund der persönlichen Erfahrung des Autors im Militär- und Sicherheitsbereich, zeichnet sich die Serie durch erstaunliche Authentizität und einem dementsprechend gut recherchierten Hintergrund der Erzählstränge und den dargestellten Akteuren aus.399 Insofern ist der Stereotyp des südafrikanischen Söldners immer wieder anzutreffen, vor allem, wenn Missionen der Hauptcharaktere in afrikanischen Ländern durchgeführt werden.

Ein Beispiel hierfür wäre die zweite Staffel der Serie, während der ein pakistanischer Terrorist und seine Netzwerke weltweit verfolgt werden und die Hauptakteure im Zuge dessen im Sudan einen britischen Waffenhändler dingfest machen, der südafrikanische Söldner als Sicherheitskräfte mittels eigener PMC anstellt.400 Dabei wird auf die jeweiligen Biografien der Südafrikaner nicht näher eingegangen – der Zuseher wird lediglich über etwaige Familiennamen und die militärischen Hintergründe in den Streitkräften Südafrikas informiert. Die südafrikanischen Söldner zeichnen sich dabei in weiterer Folge durch Professionalität und martialischen Auftreten aus, können den Hauptcharakteren jedoch aus offensichtlichen Gründen des Erzählstranges der Serie nichts entgegensetzen, obwohl sie als Gegner charakterisiert werden, bei denen man auf alles gefasst sein muss.401 Dies zeigt sich vor allem während einer Schlüsselszene, in welcher eine Geldübergabe stattfinden soll und die Söldner einen Hinterhalt für die Hauptcharaktere und Soldaten der Section 20 legen. Dabei postieren sich diese an den idealsten Stellen, die auch die Hauptcharaktere für einen Angriff gewählt hätten und liefern diesen einen schweren Kampf.402

398 Michael J. Bassett, Daniel Percival, Julian Holmes, u.a. (Regie), Strike Back (2010-2015). 399 Zur Biographie Chris Ryan’s siehe: The Author – Chris Ryian. Download: http://www.chrisryanadventures.co.uk/the-author/, eingesehen am 16.06.2016. 400 Alex Holmes (Regie), Strike Back, Staffel 2, Episode 5 (2011). 401 Ebda. 402 Ebda. 106 Dass die PMC des Waffenhändlers auch generell gut ausgerüstet ist, zeigt sich gegen Ende der darauffolgenden Episode, in der sich herausstellt, dass diese im Land einen bemannten Hubschrauber, für eine Evakuierung zur Verfügung hatte.403 Wie schon zuvor in Bezug auf den Film R.E.D. (2010) erwähnt, wird hier ein Grundwissen des Zusehers vorausgesetzt, bzw. davon ausgegangen, dass dieser eine gewisse Wahrnehmung in seinem kollektiven Gedächtnis mit sich trägt. In ihrer Verwendung als Akteure bzw. Stereotype in Strike Back, sind die südafrikanischen Söldner beinahe in einem wertneutralen Bereich, da sie von allen Akteuren letzten Endes verwendet werden – sei es vom gesuchten Waffenhändler mit seinen Verbindungen zu einem Terroristen, oder sei es am Ende der Episode, als der Hubschrauber, mitsamt seinem Piloten für die Evakuierung des Teams Section 20’s verwendet wird.404 Generell ist in der TV-Serie der „private Sektor“ eine gemeinhin akzeptierte Berufssparte für ehemalige Soldaten, auch wenn zwischen PMCs und Freelancern differenziert wird.405 Dass Söldner in all ihren Nuancen in der Serie portraitiert werden, zeigt auch die dritte Staffel, während derer vonseiten des Hauptantagonisten der Section 20 ein ehemaliger Fremdenlegionär namens „Matlock“ als Sicherheitsberater und de facto Söldner verwendet wird, und die illegitimen Geschäfte und paramilitärischen Aktivitäten übernimmt.406 Im weiteren Verlauf der Staffel gehen diese Aktivitäten sogar soweit, dass eine kleine Armee von Söldnern für einen geplanten Staatsstreich in Simbabwe rekrutiert, und grenznah vor Ort in mehreren Lagern kaserniert wird.407 Der Coup wird letzten Endes von Section 20 verhindert und eines der Lager von der britischen Sondereinheit angegriffen. Auch hier werden wieder zugunsten der Geschichte die Söldner von den Helden der Geschichte übervorteilt und militärisch geschlagen. Dennoch werden sie hochprofessionell und effektiv dargestellt.408

403 Alex Holmes (Regie), Strike Back, Staffel 2, Episode 6 (2011). 404 Ebda. 405 Michael J. Bassett, Daniel Percival, Julian Holmes, u.a. (Regie), Strike Back (2010-2015). 406 Bill Eagles (Regie), Strike Back, Staffel 3, Episode 2 (2012). 407 Michael J. Bassett (Regie), Strike Back, Staffel 3, Episode 7 (2012). 408 Michael J. Bassett (Regie), Strike Back, Staffel 3, Episode 8 (2012). 107 P. Zwischenfazit – professionelle Bösewichte und anonyme Lückenfüller Ähnlich wie im Falle der „Weißen Söldner“, wird mit dem Stereotypen des „Südafrikaners“ die jüngere sicherheitspolitische Geschichte Afrikas reflektiert. Dabei ist zwar nach wie vor das enge Zusammenspiel von Privatwirtschaft und militärischer Einflussnahme ein relevantes Thema, aber viel mehr kommt in diesem Fall der Wandel der Söldner, vom Einzelkämpfer zu in Firmen zusammengefassten Militärprofis, zum Ausdruck. Es wird somit der globalisierten Welt Rechnung getragen, in der Private Military Companies einzelne Söldner in einer Firmenstruktur zusammenfassen und im Extremfall wie reguläre Armeen agieren können. Dies wird in Blood Diamond eindrucksvoll zur Schau gestellt, als Danny Archer im Lager der PMC Colonel Coetzee’s ankommt und selbiges dem einer staatlichen Streitmacht in nichts nachsteht. Der Fokus wird zudem auf die militärische Professionalität der Söldner gelenkt und ein dementsprechender Verweis auf (oder besser gesagt, Beweis für) die Vergangenheit in einer Eliteeinheit ist durch die Bank anzutreffen, sei es in Blood Diamond, Strike Back oder anderen Produktionen. Mit diesem Hintergrund wird nicht nur ein Bild der Elite, sondern auch der menschlichen Härte transportiert, ohne der die Charaktere in solchen Einheiten nicht hätten bestehen können. Dies äußert sich im zielgerichteten und schnellen Töten in Extremsituationen, oder dem Tragen von tätowierten Insignien ehemaliger Truppenverbände. Im Falle der Figur Danny Archers zeichnet sich dies im Besonderen durch zwei Schlüsselszenen aus: Zum einen zu Beginn des Filmes, als er aus dem Gefängnis entlassen wurde und in seinem Hotelzimmer einen hohlen Zahn in Eigenregie mithilfe eines Messers und Alkohol aus seinem Kiefer zieht; und zum anderen als er auf der Reise in das Hinterland Sierra Leones auf schnelle und effektive Weise mehrere RUF Soldaten erschießt. Im Laufe des Films wird er als erfahrener, listiger Mann dargestellt, der stets mit Zigarette und offenem Hemd anzutreffen ist. Auf selbstbewusste, fast arrogante Art und Weise pflegt er auch mit Frauen zu reden und scheint dem weiblichen Geschlecht auch dementsprechend zu gefallen. Vor allem die sich wandelnde Beziehung zur Reporterin Maddy ist Ausdruck seiner ambivalenten Person als zynische Alpha-Persönlichkeit.

Eine weitere Änderung in den genannten Darstellungen ist der Schritt weg vom Antihelden, hin zum Antagonisten. Während Danny Archer noch eine klassische Wandlung im Film durchläuft und seine Person als ein Antiheld bezeichnet werden kann, so kann dies von der PMC Colonels Coetzees nicht behauptet werden. Hier spielt die negative Konnotation der realen PMC Executive Outcomes eine definitive Rolle, wie noch weiter unten erörtert werden wird. In den Produktionen die Blood Diamond (2006) zeitlich folgen, sind die Stereotypen der

108 „Südafrikaner“ stets die Gegner der Hauptcharaktere, oder gesichtslose bzw. neutrale Akteure am Rand. Gleichzeitig wird ihre Darstellung immer dünner, je weiter man in die Zukunft rückt: In den jüngsten Produktionen wie Strike Back, wird kaum noch eine erklärende Information hinzugefügt und somit ein Grundwissen bzw. eine spezielle Wahrnehmung als Bösewicht vorausgesetzt. Die Relevanz der hiermit geschaffenen Popkultur Referenz, zeigte sich in einem im Jahr 2015 erschienenen Artikel der Financial Times, in welchem neun Jahre nach Erscheinen des Films Blood Diamond und über 17 Jahre nach der Schließung Executive Outcomes’, die Zusammenhänge des Films mit der Firma in der Einleitung erwähnt wurden.409 Da die Verantwortlichen von EO von Nigeria engagiert wurden, um der Terrororganisation Boko Haram Einhalt zu gebieten, bot sich der Verweis auf Film und Firma offensichtlich an, um innerhalb eines Absatzes genügend Kontext herzustellen, um potentielle Leser zu fesseln: „A cast resembling the South African guns for hire who inspired the Hollywood thriller Blood Diamond is starring in Nigeria’s offensive against Boko Haram terrorists, according to fellow military contractors and former colleagues.“410 Des Weiteren ist auch auf den Einfluss des Spielfilmes The Wild Geese hinzuweisen. Die Verwendung desselben Nachnamens Coetzee ist eine subtile Hommage an den Klassiker aus dem Jahr 1978.

409 William Wallis, Katrina Manson, Africa’s soldiers of fortune join fight against Boko Haram. In: Financial Times, 26 March 2015, Download: https://www.ft.com/content/4cda876e-d2e8-11e4-a792- 00144feab7de?mhq5j=e2, eingesehen am 16.06.2017. 410 Ebda. 109 Q. Der historische Kontext der „Südafrikaner“ Wie bereits eingangs erwähnt, lässt sich der Ursprung des Stereotyps des südafrikanischen Söldners – vor allem in der hier analysierten Figur des „Südafrikaners“ – auf eine spezielle Private Military Company [PMC] zurückführen, die in den frühen 1990er Jahren in Subsahara- und Westafrika aktiv war und eine dementsprechende Berichterstattung erfuhr: Executive Outcomes [EO]. Der wissenschaftliche Diskurs bezüglich dieser Firma ist ausgesprochen vielfältig, da sie vor allem im Verlaufe der US-Invasion des Iraks und der danach erfolgten Okkupation laufend als Fallbeispiel herangezogen wurde, um die fortschreitende Privatisierung der Sicherheit während der frühen 2000er Jahre und auch die exponentielle Ausbreitung von PMCs im Krieg gegen den Terror zu erklären.411 Im Folgenden soll deshalb nur ein prägnanter Überblick bezüglich der Geschichte und Hintergründe der Firma gegeben werden [auf detailliertere Analysen sei in den Fußnoten verwiesen, Anm.], um ein Grundverständnis zu ermöglichen, bevor in weiterer Folge auf die Berichterstattung über EO eingegangen wird, und wie diese das mediale Bild nach außen trug und letzten Endes ein verzerrtes Bild der Firma fabrizierte.

1. Das Ende der Apartheid und die Gründung von Executive Outcomes Für die Gründung der PMC Executive Outcomes waren zwei Grundvoraussetzungen maßgeblich, welche das Entstehen dieser Firma überhaupt erst möglich machten: Zum einen war ein im privaten Sektor befindliches Fundament nötig, auf welchem man die Firma aufbauen konnte. Zum anderen, bedurfte es an menschlichen Ressourcen mit einer dementsprechenden Kompetenz, um sich in einem derartigen Feld überhaupt erst behaupten zu können. Diese beiden Voraussetzungen, wurden in der letzten Phase bzw. dem Ende des Apartheid- Regime in Südafrika erfüllt. Bereits im Jahr 1989, wurde die Firma Executive Outcomes [EO] – vermutlich als eine Scheinfirma des Civil Cooperation Bureau412 [CCB] – gegründet und primär für die Ausbildung von südafrikanischen Spezialeinsatzkräften herangezogen.413

411 Siehe hierzu: Deborah D. Avant, The market for force. The consequences of privatizing security, New York 2005, erg. Auflage 2007; Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. Über den Aufstieg der privaten Militärfirmen, Frankfurt am Main 2006; Herbert M. Howe, Ambiguous Order. Military Forces in African States, London 2001. S. 187 - 241. 412 Hierbei handelte es sich um einen südafrikanischen Nachrichtendienst, der speziell für verdeckte Operationen gegründet und als eine erste Verteidigungslinie gegen die Feinde des Apartheidstaates verstanden wurde. Auf das Konto dieses Dienstes gingen Sabotageakte, Liquidationen und Aktionen, um das Embargo zu umgehen. Siehe hierzu: James Sanders, Apartheid’s Friends. The Rise and Fall of South African Secret Service, London 2006, S. 152ff. 413 Kevin A. O’Brien, Private Military Companies and African Security 1990-98. In: Abdel-Fatau Musah, J. ’Kayode Fayemi (Hg.), Mercenaries. An African Security Dilemma, London 2000, S. 49ff. 110 Zunächst für die Kompetenzerweiterung der südafrikanischen Special Forces in Fragen der Spionageabwehr zuständig, wurde die Firma in weiterer Folge auch von privaten Konzernen wie De Beers für Aufklärungsoperationen engagiert und eingesetzt.414 Für den letztgenannten Diamantenproduzenten optimierte EO auch die Sicherheit in zahlreichen Anlagen.415 Um der steigenden Nachfrage an den Diensten der Firma und der daraus folgenden Notwendigkeit an Personal gerecht zu werden, konnte man auf ein Netzwerk ehemaliger Soldaten der südafrikanischen Streitkräfte [South African Defense Forces – SADF] zurückgreifen; was die weiter oben erwähnte, zweite Grundvoraussetzung erfüllte.416 Die politische Zäsur in Südafrika hatte zur Folge, dass eine markante Anzahl von Soldaten in das Zivilleben entlassen wurden, bzw. nicht mehr in den neu transformierten South African National Defense Forces [SANDF] ab dem Jahr 1994 dienen wollten. Vor allem den Mitarbeitern der militärischen Nachrichtendienste wurde von der Goldstone Commission417 empfohlen, den Dienst in den SADF zu quittieren.418 Aufgrund der Tätigkeit in diversen Eliteeinheiten des Apartheid Regimes, wurden diese Personenkreise auch von der neuen ANC- Regierung kritisch gesehen und Befürchtungen eines potentiellen Staatsstreiches während der richtungsgebenden Wahlen im selben Jahr, standen im Raum.419 Dass die Lebenssituation im sich transformierenden Staat keine leichte war, zeigt sich in einer Wortmeldung Eeben Barlows, dem Gründer EOs, der konstatierte, dass man vor die Wahl gestellt war die eigenen soldatischen Fähigkeiten wirtschaftlich zu vermarkten, oder in die Kriminalität abzudriften.420

414 Kevin A. O’Brien, Private Military Companies. S. 50. 415 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S. 80f. 416 Herbert M. Howe, Private Security Forces and African stability: the case of Executive Outcomes. In: The Journal of Modern African Studies, 36, 2 (1998), S. 310. 417 Die Kommission wurde in den Jahren 1991 bis 1994 eingesetzt, um politische Gewalt und Einschüchterung in Südafrika zu untersuchen und die angespannte Stimmung in der Gesellschaft zu entschärfen. 418 Roelf van Heerden, Four Balls One Tracer. Commanding Executive Outcomes in Angola and Sierra Leone. Pinetown 2012. S. 31f. 419 Eeben Barlow, der Gründer von EO, relativierte diese Befürchtung, da in seinen Augen die betreffenden Personen in erster Linie Soldaten waren und keine Politiker. Ein Coup hätte somit nicht bestehen können und wäre von der Armee auch nicht unterstützt worden. Siehe hierzu: Interview: Eeben Barlow, www.therrightperspective.com, 27.01.2008. . 420 Interview Eeben Barlow, www.therightperspective.com, 27.01.2008. 111 2. Executive Outcomes – das Betreten der internationalen Bühne Die südafrikanische Firma erregte erstmals internationales Aufsehen, als ihre Tätigkeit im von einem Bürgerkrieg heimgesuchten Angola bekannt wurde. Das Land befand sich seit seiner Unabhängigkeit von der portugiesischen Kolonialherrschaft im ständigen Krisenzustand und wurde während des Kalten Krieges zum Opfer der internationalen Stellvertreterkriege der Großmächte. Um eine kommunistische Machtübernahme zu verhindern, wurde das Land gezielt von Südafrika destabilisiert421 und aus diesem Grund die Rebellenorganisation UNITA [União Nacional para a Independência Total de Angola - Nationale Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas] unterstützt. Eben diesen Rebellen gelang es im Laufe der frühen 1990er Jahre im Zuge ihres Vormarschs Erdölförderanlagen zu erobern, welche der staatlichen Firma Sonangol sowie der britischen Fördergesellschaft Branch-Heritage Oil gehörten. Nachdem die Streitkräfte Angolas [Forças Armadas Angolanas – FAA], nicht in der Lage waren, die Anlagen zurück zu erobern, kontaktierte der britische Geschäftsmann Anthony Buckingham Eeben Barlow, um in dieser Angelegenheit tätig zu werden. Der Auftrag für EO bestand darin, die Gebiete zu sichern, nachdem diese von den Truppen der FAA wieder unter staatliche Kontrolle gebracht wurden.422

3. Der erste Auftrag als PMC und die resultierende Berichterstattung Um diese erste Operation der Firma durchführen zu können, mussten zusätzliche Kräfte angestellt werden, weshalb man damit begann auf alte Netzwerke zurückzugreifen. Im Zuge der ersten Einstellungsgespräche und Vorträge, wurden bereits erste Misstöne laut und einige der Soldaten sahen den Auftrag in Angola als Söldnerarbeit an.423 Durch einen der Teilnehmer wurden diese anfänglichen Gespräche aufgezeichnet und an eine lokale Zeitung weitergegeben. Als Resultat begann somit die Berichterstattung über diese Operation schon bevor EO den Auftrag überhaupt antreten konnte.424 Am 28. Februar 1993 publizierte die Sonntagszeitung Rapport den Artikel „SA Fighters in Angola“, in welchem berichtet wurde, dass EO von der Movimento Popular de Libertação de Angola [MPLA]425 engagiert wurde, um die UNITA zu bekämpfen. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch von einem derartigen offensiven Auftrag noch keine Rede, auch wenn zumindest feststand, dass die Operation zur Sicherung der Erdölanlagen stattfinden könne. Als Resultat

421 Peter W. Singer, Die Kriegs-AGs. S. 173. 422 Interview: Eeben Barlow, 27.01.2008. 423 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S. 100. 424 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S.101. 425 Volksbewegung zur Befreiung Angolas, Anm. d. Verf. 112 wurde der Firma sofort das Söldnerstigma angehaftet und Spekulationen von Verhaftungen und Polizeiverhören kolportiert.426 Andere Printmedien beteiligten sich in weiterer Folge an dieser Berichterstattung und veröffentlichten de facto Informationen des Auftrags der Firma, mit der Konsequenz, dass EO nun mit einer verstärkten Präsenz der UNITA im betroffenen Gebiet rechnen musste. Zusätzlich wurden auch noch die südafrikanischen Behörden, welche unterschiedliche Interessen in Angola hatten, auf das Unterfangen aufmerksam. Am 10. März 1993 wurde von der in Afrikaans verfassten Zeitung Beeld unter der Überschrift „100 SA Fighters stand ready to murder Savimbi“ berichtet, dass EO Teil einer CIA-Operation sei und ein in Kürze stattfindender Angriff in der Stadt Jamba erfolgen sollte. Tatsächlich war das geplante Einsatzgebiet Soyo jedoch 1400 km von dieser Ortschaft entfernt und EO hatte zu diesem Zeitpunkt, aber auch während der stattfindenden Operation bei weitem nicht so viel Personal rekrutiert – von einer CIA-Verbindung ganz zu schweigen.427

Wie befürchtet, sah man sich im Zuge der ersten Mission einer markant größeren Präsenz von UNITA-Rebellen gegenübergestellt, da selbige durch die Berichterstattung über die Pläne einer Rückeroberung der Erdölförderanlagen informiert worden waren. Gleichzeitig entpuppten sich die Truppen der angolanischen Streitkräfte als zu unerfahren, um den für sie vorgesehen Teil der Mission – die eigentliche Rückeroberung des Gebiets – durchzuführen. Aufgrund der Ereignisse vor Ort, ergriff das Personal von EO die Initiative und konnte die UNITA zurückdrängen und die Anlage sichern. Im Zuge dessen musste man aber einen hohen Preis mit mehreren Toten und Verwundeten zahlen.428 Die Vorgänge vor Ort wurden mit dementsprechenden Interesse der südafrikanischen Medien verfolgt. So berichtete am 19. März 1993 die bereits erwähnte Zeitschrift Beeld: „Mercenary shot dead in Angola“; Tags darauf erschien ein weiterer Artikel mit dem Titel „Mercenaries in Angola held over secret, Chief Recruiter knows foreign front organisations“. Darin wurde berichtet, dass: „Fourteen South Africans who were recruited to participate as ‚security guards‘ in the and who refused to fight when they learnt that they would actually be fighting for the MPLA, are being held back in Angola for fear of them speaking out...“ sowie in Bezug auf den Gründer EO’s Eeben Barlow: „According to a document in

426 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S.101. 427 Eeben Barlow Executive Outcomes. S. 104. 428 Für eine detaillierte Beschreibung der Operation und der Vorgänge vor Ort siehe: Roelf van Heerden, Four Balls One Tracer. S. 41 – 53. 113 possession of Beeld, he was a member of the disbanded Civil Cooperation Bureau (CCB) international division or cell 5.“429 Vor allem das letzte Detail – die nachrichtendienstliche Tätigkeit des Firmengründers im Rahmen des CCB – ließ letzteren zu der Annahme kommen, dass direkt von öffentlichen Stellen sensible Informationen über seine Vergangenheit an die Presse weitergegeben wurden. Grund hierfür war – aus seiner persönlichen Perspektive –, die Firma gezielt zu diskreditieren.430 Das Argument für diese Vermutung lag vor allem in der Natur und Beschaffenheit des CCB, welches – wie bereits erwähnt – als offensiver Dienst des Apartheid-Regimes agierte und als eine der ersten Verteidigungslinien des damaligen Systems galt.431 Soviel zur Natur der Organisation; die Beschaffenheit äußerte sich darin, dass aufgrund eines Zellennetzwerkes nicht einmal einzelne Mitglieder voneinander Kenntnis hatten. Insofern konnte die Tätigkeit Barlows nur von dementsprechend hohen Hierarchien an die Presse preisgegeben worden sein. Das Resultat äußerte sich in einer Medienkampagne, die Barlow zufolge gezielt gegen die Firma Executive Outcomes gerichtet war.

Als die Firma auf Ansuchen der angolanischen Regierung im Anschluss einen weiteren Auftrag annahm, dem krisengeschüttelten Staat dabei zu helfen die UNITA militärisch zu besiegen, führte dies auch zu weiteren Reaktionen in Südafrika selbst. Die SADF begannen damit, Presseaussendungen zu publizieren, in welchen die Rekrutierung südafrikanischer Soldaten für derartige Missionen verurteilt und die Möglichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung in den Raum gestellt wurde. Die Situation eskalierte sogar soweit, dass die Streitkräfte versuchten, die Firma gezielt an der Ausführung des Auftrages zu hindern. Dies nahm teilweise skurrile Formen an, wie ein Bericht aus der Zeitung The Star vom 18. Oktober 1993 mit dem Titel „SADF smear campaign alleged“ vor Augen führt: „The conflict between Executive Outcomes and the SADF was brought to a head ten days ago when the SADF grounded a plane at Lanseria Airport as it was about to take off for Angola with 18 ex-SADF soldiers and technicians on board. [...] Tom Robertse of Lowex Air Cargo, the Swiss company that owns the Russian Antonov, said the SADF‘s claim that it had grounded the plane because the Russian crew had not paid their bill at a South African Air Force mess was ‚one hell of a lie‘.“432

429 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S.117. 430 Ebda. 431 James Sanders, Apartheid’s Friends. S. 153. 432 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S. 156. 114 In dieser Hinsicht kann man somit von einer Medienkampagne reden, die im April 1994 einen weiteren Höhepunkt erreichte, als die Sunday Tribune unter der Überschrift „Claim: MK hit squads being trained in Angola“ berichtete, dass EO in Angola Truppen des ANC ausbilden würde, um politische „Troublemaker“ in Südafrika auszuschalten.433 Vonseiten des Department of Foreign Affairs wurde im August 1994 der Druck auf die südafrikanische PMC noch weiter erhört, als der Generaldirektor des Amtes wie folgt zitiert wurde: „We have to come down on them. I just cannot accept that there are about 500 South Africans fighting in Angola.“434 Trotz dieser erschwerten Verhältnisse, bildete die Firma Soldaten und Piloten der angolanischen Streitkräfte aus und fungierte neben diesen in mehreren Operationen als sogenannte Force Multiplier.435 Nachdem die Mitarbeiter EOs das anfängliche Misstrauen der FAA beseitigt hatten (immerhin war man im Zuge der Buschkriege auf gegensätzlichen Seiten), konnten sie sehr schnell eine gemeinsame Strategie entwickeln und mit einer Kombination aus für die UNITA unbekannten Vorgehensweisen (Nachtangriffe und mit diversen Waffengattungen konzertierte Angriffe) die Rebellen an den Verhandlungstisch zwingen.436 So kam es zu einem Friedensprozess mit Verhandlungen, die am 20. November 1994 zur Unterzeichnung des Lusaka Protokolls führten. Trotz des ausdrücklichen Wunsches eines Verbleibens der Firma im Lande, musste EO dieses aufgrund internationalen Drucks verlassen. Vor allem von US-amerikanischer Seite wurde hier gezielt interveniert, da man einerseits die südafrikanische Firma als Hindernis für den Friedensprozess sah, aber auch, weil man eine amerikanische Sicherheitsfirma in Angola bevorzugte.437

4. Der Vertrag mit Sierra Leone Das westafrikanische Land Sierra Leone ist seit dem frühen 20. Jahrhundert primär auf die Förderung seiner Bodenschätze angewiesen. Um den damit verbundenen Schmuggel zu unterbinden, der von jeher ein Problem darstellte, wurden immer wieder Sicherheitsfirmen engagiert. Mit Beginn der 1990er Jahre eskalierte die Sicherheitslage im Land jedoch in einen Bürgerkrieg, so dass die Regierung auf weitreichendere Mittel zurückgreifen musste.438

433 Diese Behauptung konnte man in weiterer Folge auch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Firma Executive Outcomes wiederfinden – basierend auf diesen genannten Artikel der Sunday Tribune. 434 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S. 276. 435 Herbert M. Howe, Private Security Forces and African stability. S. 312. 436 Kevin A. O’Brien, Private Military Companies and African Security 1990-98. S. 50. 437 Herbert M. Howe, Private Security Forces and African stability. S. 313. 438 Charles Dokubo, ’An Army for Rent’, Private Military Corporations and Civil Conflicts in Africa: The Case of Sierra Leone. In: Civil Wars Vol.3. (2) 2000, S. 54. 115 Zuvor im Land tätige Sicherheitsfirmen waren der in allen Schichten der Gesellschaft tätigen Revolutionary United Front [RUF] – einer vom liberischen Präsidenten unterstützten Rebellenorganisation – nicht gewachsen oder weigerten sich, Operationen im militärischen Ausmaß durchzuführen.439 Als die Hauptstadt Freetown durch einen Vormarsch der RUF im Jahr 1995 kurz vor der Einnahme der Rebellen stand, entschloss sich Präsident Valentine Strasser – ein junger Offizier der Armee – Executive Outcomes zu kontaktieren.440 Die Vermittlung und der Vertrag selbst kamen durch Partner EOs zustande, die seit der Tätigkeit der Firma in Angola mit EO in Kontakt standen: Anthony Buckingham und Michael Grumberg. Aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Landes handelte man Bedingungen aus, die der Firma der beiden (der Branch-Heritage Gruppe) Förderkonzessionen in der diamantenreichen Region Kono sicherten und im Gegenzug dazu eine Vorschusszahlung Buckinghams an EO garantierten. Dies resultierte in Vorwürfen (die in weiterer Folge vom International Monetary Fund verworfen wurden), dass Executive Outcomes Förderkonzessionen als Bezahlungsmittel akzeptieren würde.441

Für den Auftrag flog EO an die 160 Mann sowohl aus Südafrika als auch direkt von der Operation in Angola ein und führte abermals eine Ausbildungsfunktion aus, die in weiterer Folge von der Tätigkeit als Force Multiplier ergänzt wurde. Innerhalb kürzester Zeit wurde die RUF aus der näheren Peripherie der Hauptstadt Freetown verdrängt. Als diese Region gesichert war, widmete man sich in einer weiteren Offensive der Region Kono und im Anschluss darauf der Rebellen Hochburg, die in den Kangari –Bergen situiert war.442 Für den letztgenannten Angriff flog man eine Verstärkung von weiteren 700 Mann aus Südafrika ein und konnte nach Erfolg der Mission die Rebellen dermaßen schwächen, dass diese zu diplomatischen Verhandlungen bereit waren. In den darauffolgenden Wahlen, kam es zu einem Machtwechsel und der neu gewählte Präsident Ahmed Tejan Kabbah, ließ sich davon überzeugen, den Vertrag mit EO nicht zu verlängern, obwohl kurz zuvor die RUF einen weiteren Versuch unternommen hatte, an die Macht zu kommen. Dieser konnte von EO durch eine weitere Offensive, die mit der Zerstörung des RUF Hauptquartier endete, unterbunden werden. Bei den darauffolgenden Verhandlungen

439 David J. Francis, Mercenary Intervention in Sierra Leone: Providing National Security or International Exploitation? In: Third World Quaterly, 20, (2) 1999, S. 326. 440 Herbert M. Howe, Private Security Forces and African stability. S. 313. 441 David Shearer, Private Armies and Military Intervention. S. 52. Siehe auch: Herbert M. Howe, Private Security Forces and African stability. S. 313. 442 Peter Singer, Die Kriegs-AGs. S. 188f. 116 bestand die Rebellenorganisation jedoch auf einen Abzug der südafrikanischen Firma und Präsident Kabbah stimmte dem zu, mit dem Vertrauen in die UNO, Friedenstruppen zu entsenden.443 Damit verließ Executive Outcomes Sierra Leone, trotz Warnungen eines bevorstehenden Putsches und dem Angebot eines weiteren Vertrages, der nicht mehr zustande kam. Die UNO war in weiterer Folge nicht dazu in der Lage eine Mission zustande zu bringen und die ECOMOG Truppen, die als Ersatz mobilisiert wurden, standen dem kurz darauffolgenden Staatsstreich ohnmächtig gegenüber.444

5. Die ambivalente Berichterstattung während des Sierra Leone Auftrags Bereits die Ankunft der südafrikanischen Firma in Sierra Leone wurde im Zuge der Berichterstattung dramatisierend beschrieben – wie im folgenden Falle von Pratap Chatterjee im Periodikum Covert Action Quaterly: „The Executive Outcomes‘ mercenaries arrived in Sierra Leone better equipped than most armies in Africa, with Russian helicopter gunships, a radio intercept system, two Boeing 727s to transport troops and supplies, an Andover casualty- evacuation aircraft, and fuel explosives. Used with devastating results by the US in the , fuel air explosives – one step below nuclear weapons in power – suck out all available oxygen upon detonation, killing all life within a one mile radius.“445 Erklärend muss hier beigefügt werden, dass Executive Outcomes als Firma nie in der Lage war, derartige Waffensysteme zu besitzen, sondern immer auf die vor Ort verfügbaren militärischen Gerätschaften angewiesen war.446 Im Großen und Ganzen kann im Falle der Sierra Leone Kampagne konstatiert werden, dass die mediale Berichterstattung ausgeglichener ausfiel und auch die hearts and minds Kampagnen im Zuge der Counterinsurgency [COIN] Strategie der Firma erwähnt wurden. Gleichzeitig entstand das mediale Narrativ, dass die Firma nur wegen der vor Ort auffindbaren natürlichen Ressourcen im Land tätig war und Sierra Leone somit finanziell ausbeuten wolle. Die Zeitung The Star, untermauerte dieses Argument mittels dem Artikel „How SA policy can help Sierra

443 David J. Francis, Mercenary Intervention in Sierra Leone. S. 327. Vgl hierzu: David Shearer, Private Armies and Military Intervention. S 68. 444 Herbert M. Howe, Private Security Forces and African stability. S. 317. 445 Pratap Chatterjee, Mercenary Armies and Mineral Wealth. In: Covert Action Quarterly, No. 62 (Fall 1997), Download: http://www.thirdworldtraveler.com/New_World_Order/Mercenaries_Minerals.html, zuletzt eingesehen am 14. 05. 2017. Siehe hierzu auch: Eeben Barlow, Executive Outcomes. S. 331. 446 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S. 332. 117 Leone“ und kam darin zu dem Schluss, dass EO der eigentliche Grund für die Probleme in Sierra Leone sei.447 Diese primär finanziellen Aspekte des Auftrages von EO, wurden in weiterer Folge gezielt hervorgehoben. So wurde in einem Artikel der Janes Defence Weekly im November 1996, unter dem Titel „Mercenaries capitalise on mineral ressources“, folgende Schlussfolgerung gefasst: „Executive Outcomes sells its services ‚mainly in exchange for concessions relating to mining and energy‘.448

Wie erwähnt erfolgte die Berichterstattung in Bezug auf diesen Konflikt ausgeglichener. So konnte man durchaus positive Stimmer, wie die des Harpers Magazine finden, in welchem Elizabeth Rubin schrieb: „Privately, some diplomats and Africa experts believe that one force – a mercenary army – might be able to contain the rebels‘ killing spree in Sierra Leone, because it has done so before.“ Rubin ging sogar so weit, den Vereinten Nationen, der Organisation für Afrikanische Einheit und internationalen Konfliktlösungsexperten Unfähigkeit vorzuwerfen den Konflikt zu beenden, als im Jahr 1995 die RUF Rebellen bis zu 20 km nahe der Stadtgrenze Freetowns vorstoßen konnten. In Bezug auf EO wusste sie zu berichten: „The company [EO] was willing to do what the United Nations cannot: take sides, take casualties, deploy overwhelming force and fire preemptively. [...] Dabei ließ sie auch die Minister des Landes zu Wort kommen, die sich explizit für die Notwendigkeit und die souveräne Entscheidung der Regierung die Firma zu engagieren, aussprachen: “ ‚Our people have died, lost their limbs, lost their eyes and their properties for these elections‘, the Sierra Leonian Defense Minister said to me at the time. ‚If we employ a service to protect our hard-won democracy, why should it be viewed negatively?‘“449

6. Die Medienkampagne vonseiten Executive Outcomes Um den negativen Berichten entgegen zu wirken, forcierte EO eine eigene Medienkampagne während der Jahre 1994 und 1997. Im Zuge dessen wurden Pressemitteilungen herausgegeben, Medientouren in den Operationsgebieten von Angola organisiert und auch lokale sowie internationale Fernsehsender, inklusive CNN, SKY und der BBC vor Ort gebracht. Dabei wurden ausländische Korrespondenten und Journalisten direkt von Johannesburg nach Angola geflogen und dort von Barlow sowie anderen Mitarbeitern der Firma über die laufenden

447 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S. 333. 448 Deen, Talif, Mercenaries ‚Capitalise on Mineral Resources’. In: Jane’s Defence Weekly, No. 13, November 1996. Siehe hierzu auch: Eeben Barlow, Executive Outcomes. S. 387. 449 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S. 387. 118 Vorgänge unterrichtet. Weiters wurde das Training der angolanischen Streitkräfte [FAA] präsentiert und zwei Korrespondenten im Speziellen – Jim Hooper und Al J. Venter – sogar bis zu den Frontlinien mitgenommen. Abgesehen davon herrschte jedoch ein strikt kontrollierter Zugang. Zusätzlich stellte man eigene Broschüren und Videos (von einer dafür eigens gegründeten Firma produziert – Gemini Video Productions) zur Verfügung. Ein ähnliches Programm führte man in Sierra Leone durch.450 Khareen Pech schrieb hierzu: „News coverage of its activities in Angola, Sierra Leone and even Papua New Guinea [sic] ensured that EO remained highly visible for four years and that it was seen to operate in several war theatres.“451 Die Resultate waren unterschiedlich. Während einige Reporter sich für die kostenlose Reise und Verpflegung mit negativen Schlagzeilen „revanchierten“, verfasste beispielsweise Al Venter durchaus objektive Berichte in der Jane‘s Intelligence Review oder in weiterer Folge in seinem Buch: War Dog. Fighting other peoples wars.452 Bezeichnenderweise ließ er es sich nicht nehmen, den Titel an Frederick Forsyths Buch The Dogs of Wars anzulehnen.

7. Bekannte Hintergründe der gegen Executive Outcomes gerichteten Medienkampagne Rund eine Dekade nach der medialen Offensive gegen die Firma, änderte sich der Ton vonseiten der Printmedien und einige Details wurden in einem dem Thema gewidmeten Artikel bekannt. Unter dem Titel „Bullets, Bombs and Business...“ druckte die Zeitung The Star eine explizite Entschuldigung gegenüber Eeben Barlow, in welcher man sich für die negative Berichterstattung rechtfertigte.453 Dabei stellte sich heraus, dass man zugespielte Informationen nicht verifizierte, da man die Meinung vertrat, dass solche „Söldner“ sprichwörtlich nichts Gutes im Schilde führen könnten. Da EO vor allem in Angola den ehemaligen Feinden Südafrikas geholfen hatte, war man laut The Star der Meinung, dass es einzig und allein um finanzielle Beweggründe gehen konnte. Der Artikel ging sogar so weit, die aktive Rolle der PMC in der Formulierung des Foreign Military Assistance Act454 – einer Gesetzesnovelle, die das Ziel hat das Söldnertum in Südafrika einzuschränken und dem Konsens der Forschung zufolge der Todesstoß für EO war –

450 Khareen Pech, Executive Outcomes - A Corporate Conquest. In: Jakkie Cilliers, Peggy Mason (Hg), Peace, Profit or Plunder? The Privatisation of Security In: War-torn African Societies, Pretoria 1999, S. 89. 451 Ebda. 452 Eeben Barlow, Executive Outcomes. S. 372. Khareen Pech war Eeben Barlow zufolge unter den Journalisten, die nach einem kostenlosen Flug nach Sierra Leone fragten, und auch tatsächlich bekamen. 453 Brendan Seery, Bullets, Bombs and Business... In: The Star, Nov 5, 2007, S.11. 454 Regulation of Foreign Military Assistance Act, 1998 (Act No. 15 of 1998). Download: https://www.acts.co.za/regulation-of-foreign-military-assistance-act-1998/index.html, eingesehen am 14. 05. 2017. 119 einzugestehen. Diesem Irrglauben konträr, war EO jedoch die einzige staatlich legitimierte Firma in Südafrika für derartige ausländische Militärdienste.455 Vielen Sicherheitsexperten sind mittlerweile der Auffassung, dass Executive Outcomes ohne die problematische Vergangenheit der Firma im Kontext des Apartheid-Regimes bei weitem nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte. Immerhin gab es zu diesem Zeitpunkt mehrere andere Firmen, die ähnlich brisante Aufträge erfüllten. Hier sei nur MPRI am Balkan erwähnt.456 Vonseiten des Firmengründers Eeben Barlow, kommt jedoch der Vorwurf, dass der südafrikanische Militärnachrichtendienst maßgeblich an der negativen Berichterstattung beteiligt war. Zu Beginn, um der neuen ANC-Regierung zu demonstrieren, dass man eine Daseinsberechtigung habe [Hierzu sei die Tätigkeit der bereits erwähnten Goldstone Commission erwähnt, welche viele Militärs in den Ruhestand zwang, Anm.] und in weiterer Folge auch, um wirtschaftliche Interessen der Waffenlobby zu schützen. Am Krieg in Angola sollen sich Barlow zufolge einige hochrangige Vertreter der Militär- und Nachrichtendienstkreise eine „goldenen Nase“ verdient haben. In einem selbst verfassten Buch geht er darauf ausführlich ein und formuliert seine Ausführungen spannend und plausibel. Dennoch sollten seine Behauptungen nicht leichtfertig unterschätzt werden, da bedacht werden muss, dass er lange Zeit im Rahmen seiner Tätigkeiten im CCB für Desinformation zuständig war.

R. Zwischenfazit – PMCs im Kampf gegen historische Altlasten Die Privatisierung von Sicherheit und die Herausbildung von Private Military Companies stellt in Bezug auf Südafrika einen Sonderfall dar. Keine der damals international operierenden Firmen war einer derartig fokussierten, medialen Berichterstattung ausgesetzt. Dass im Zuge politischer Zäsuren immer auch Massen an Soldaten in das Zivilleben entlassen werden, lässt sich über die Jahrhunderte hinweg beobachten und wurde auch in dieser Arbeit mehrmals angeführt. Südafrika war mit seiner Transition vom Apartheid-Regime zur jetzigen Demokratie keine Ausnahme. Zahlreiche Soldaten fanden sich selbst in der Privatwirtschaft wieder und boten dort ihre Expertise an. Dies kann auch für die PMC Executive Outcomes konstatiert werden, inklusive ihrer Mitarbeiter. Diese mussten im Zuge ihrer Aufträge aber nicht nur Terroristen und Aufständische bekämpfen, sondern auch eine mediale Kampagne, die sich auf den historischen

455 Brendan Seery, Bullets, Bombs and Business... S.11. 456 Siehe hierzu David Shearer, Private Armies and Military Intervention. S. 56-63 120 Altlasten des Apartheid-Regimes aufbaute sowie fest eingesessenen Stereotypen, die von vergangenen afrikanischen Konflikten bekannt waren. Die unmittelbare Nähe der PMC Besitzer zu südafrikanischen Geheimdiensten und rohstofffördernden Firmen, goss hierbei das sprichwörtliche Öl in das Feuer und resultierte in einer Medienkampagne, in welcher die Betreiber und Mitarbeiter Executive Outcomes‘ in die Nähe von Kriminellen sowie neokolonialen Konspirationen gestellt wurden. All dies geschah auf eine derart nachwirkende Art und Weise, dass selbst Hollywood die Thematik aufgriff und in Blood Diamond (2006) verewigte. Dabei bediente man sich einer derartigen Detailtreue, dass Motive wie aus Rhodesien geflohene, in der SADF dienende, Afrikaans sprechende und militärisch auftretende PMCs, verwendet und dementsprechend filmisch dargestellt wurden.

121 S. Der Söldnerputsch

"So wie mich die Jahre in Frankreich davon überzeugt hatten, dass es der OAS nie gelingen würde, Charles de Gaulle zu stürzen, hatte mich meine Zeit in Afrika etwas Anderes gelehrt. Nämlich, dass es in den unmittelbaren Nachwehen der Kolonialzeit mehrere so kleine, so chaotische, so schlecht regierte und verteidigte unabhängige Republiken auf dem afrikanischen Kontinent gab, dass sie von einer kleinen Gruppe Berufssoldaten mit der richtigen Bewaffnung und ein paar Dutzend loyaler Hilfstruppen gestürzt und übernommen werden konnten.“ - Frederick Forsyth - 457

Das Narrativ des „Söldnerputsch“ bzw. des durch Söldner initiierten Coup d'État, kann seit The Wild Geese (1978) über die Jahrzehnte hinweg in Literatur und Filmen identifiziert werden. Zuletzt war dieses Narrativ in The Expandables (2010) zu sehen, wenngleich in dieser Produktion keine historischen Bezüge mehr festzustellen sind und der Söldnerputsch lediglich als verwässerte Rahmenhandlung verwendet wird, um die die restliche Geschichte konstruiert wurde. Zu erwähnen ist, dass es sich bei diesem Narrativ nicht alleinig um die klassische Form des Staatsstreiches – also dem plötzlichen militärischen Eingreifen und Austauschen eines Staatsoberhauptes, inklusive der Einsetzung einer alternativen Führungsinstanz –, sondern auch im weitesten Sinne, um eine Unterstützung von abtrünnigen Bewegungen bzw. sich für unabhängig erklärenden Provinzen, handelt. Man kann es somit als Metathema sehen, dass zeitgleich mit dem bereits besprochenen Stereotypus der „Weißen Söldner“ entstand, und somit in enger Korrelation steht. Insofern, soll an dieser Stelle nur in aller Kürze auf die Repräsentation in Filmen eingegangen werden (nicht zuletzt deshalb, weil einige Produktionen bereits besprochen wurden), bevor der historische Kontext genauer erläutert werden wird.

457 Zitiert aus: Frederick Forsyth. Outsider. S. 289. Hierbei sei zu ergänzen, dass im englischen Original nicht wie in der deutschen Übersetzung von „Berufssoldaten“ die Rede ist, sondern von „professional soldiers“, was im Kontext von „Söldnern“ mehr Sinn macht. 122 1. The Wild Geese und The Dogs of War

Die Filme The Wild Geese (1978) und The Dogs of War (1980) wurden bereits ausführlich in dieser Arbeit beschrieben.458 Diese beiden Filme trugen mit ihrer Darstellung nicht nur dazu bei das Narrativ der „Weißen Söldner“ zu schaffen, sondern etablierten auch jenes des „Söldnerputsches“. Ohne bereits geschilderte Darstellungen zu wiederholen, sei darauf hingewiesen, dass im Falle von The Wild Geese (1978) der Auftrag der Söldner darin besteht, einen internierten, afrikanischen Staatschef aus seiner Gefangenschaft zu befreien. Dieser Auftrag soll ermöglichen, dass ein Regimewechsel durchgeführt wird und die Auftraggeber dadurch lukrative Förderlizenzen erhalten. Nach einer Lageänderung, werden die Söldner fallengelassen, und dem sicheren Tod preisgegeben, weshalb sie sich dazu entschließen, Rache an ihren Auftraggebern zu nehmen.459 Von besonderem Interesse ist dabei die im Film dargestellte Flucht der Söldner per Flugzeug, in Kombination mit der in der Making of Dokumentation erwähnten Andeutung eines tatsächlichen Fluges von verletzten Söldnern nach Rhodesien im Jahr 1968.

Ein ähnlicher Plot ist ebenfalls in The Dogs of War (1980) zu finden: Ein Söldner wird damit beauftragt ein Regime auf einer Insel zu stürzen, damit eine Interessensgruppe einen ihnen wohlgesonnen Politiker einsetzen kann, um die Bodenschätze der Republik gewinnbringend zu fördern. Die Söldner wenden sich gegen ihre Auftragsgeber und setzen nach erfolgreichem Sturz des Herrschers einen anderen Politiker ein, dem das Wohlergehen der Bevölkerung mehr am Herzen liegt, als ertragreiche Förderlizenzen.460 Beide Filme haben mehrere Aspekte gemein, die für das Narrativ des „Söldnerputsches“ relevant sind: • Eine wohlhabende Interessensgruppe, die es sich zum Ziel gemacht hat, einen Regierungswechsel durchzuführen, um an Bodenschätze zu gelangen. • Ein inhaftierter Politiker der im Zuge des Erzählstrangs befreit wird, um einen anderen Machthaber zu ersetzen. • Ein Aufbegehren der angeheuerten Söldner, die sich gegen ihre Dienstherren stellen. • Anspielungen auf eine nachrichtendienstliche Involvierung einer Großmacht.

458 Siehe hierzu das Kapitel III.K.2 und III.K.3. 459 Andrew V. McLaglen (Regie), The Wild Geese (1978). 460 John Irvin (Regie), The Dogs of War (1980). 123 2. The Expendables – Sylvester Stallones Interpretation des Söldnerputsches

Mit The Expendables (2010)461 produzierte Sylvester Stallone nicht nur einen klassischen Actionfilm, der sich einer Schauspieler-Generation bediente, die in den 1980er und 1990er Jahren ihren Zenit erlebt hatte, sondern verwendete dabei auch einen Plot, der noch viel älter war. Eine Gruppe von Söldnern muss eine Schuld bei der CIA einlösen und auf einer Karibikinsel den dortigen Staatschef stürzen, da er die Drogengeschäfte des Nachrichtendienstes verhindert. Nach einer ersten Aufklärungsmission, während der es bereits zu ersten Scharmützeln kommt, erfahren die Söldner, dass sie von der CIA als Werkzeug eingesetzt werden sollen, um ehemalige Agenten auszuschalten, die sich auf der Insel selbstständig gemacht haben. Obwohl man aus diesem Grund den Auftrag ablehnt, kehren die Söldner auf die Insel zurück, um eine Geisel aus den Fängen der Ex-Agenten zu befreien. Dem Genre entsprechend, können die Söldner dies in einer aufsehenerregenden Mission erfolgreich durchführen und ihren Lebensstil fortsetzen, der voller amerikanischer Männlichkeitssymbole strotzt (Motorräder, Rock `n Roll und Tattoos).

The Expendables (2010) bedient sich dem klassischen Narrativ des Söldnerputsches und verknüpft ihn zudem noch mit obskuren Drogengeschäften amerikanischer Geheimdienste. In seinem Aufbau erinnert der Film an The Dogs of War (1980), ist in seiner Ausführung jedoch entscheidend simpler konzipiert. Der Film geht auf keine historischen Episoden ein und es gibt keine Verbindungen zu realen Figuren oder einen Einfluss von Söldnern auf die Produktion. Vielmehr haben sich die Produzenten des bereits etablierten Narrativs des Söldnerputsches bedient, um entlang bereits bestehender gesellschaftlicher Perzeptionen einen Erzählstrang aufzubauen, der keiner weiteren Erklärung bedarf. Eine Rezension des Spiegels bringt es prägnant auf den Punkt: „Die Geschichte der Söldner, die eine fiktive Bananenrepublik aufmischen und einem korrupten CIA- Mann das Handwerk legen, ist Nebensache. Viel spannender ist, wie ein B-Movie sich dank kinogeschichtlich aufgeladener Charaktere zum Alterswerk mausert.“462

461 Sylvester Stallone (Regie), The Expendables (2010). 462 Daniel Haas, Action-Film „The Expendables“. Alte Säcke machen Laune, In: Der Spiegel Online, 25.08.2010. Download: http://www.spiegel.de/kultur/kino/action-film-the-expendables-alte-saecke-machen- laune-a-713317.html, eingesehen am 23.07.2017. 124 3. Chris Ryans Strike Back463

Wie bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnt, wird auch in der TV Serie Strike Back das Narrativ des von Söldnern getragenen Staatsstreich als Handlungsstrang verwendet. Hierbei wird in Folge sieben der dritten Staffel ersichtlich, dass ein südafrikanischer Magnat seinen Einfluss und seine Mittel dafür verwendet hat, einen simbabwischen Dissidenten aus einem Gefängnis zu befreien und diesen, mithilfe einer Söldnerarmee, als neuen Regierungschef Simbabwes einsetzen will.464 Hierbei ist von mehreren hundert Mann die Rede, die jeweils über das Training von Spezialeinsatzkräften verfügen [im engl. Original: „special forces trained“, Anm.]465 Die Darstellung dieser Truppe ist das Spiegelbild einer regulären Armee. Die Söldner sind einheitlich ausgerüstet und das Lager entsprich einem militärischen Feldlager. Wie schon im Falle des Filmes Blood Diamond (2006), könnte man hier dem Zuseher ebenso den Eindruck vermitteln, dass es sich um eine reguläre staatliche Streitmacht handelt. Lediglich durch den Kontext und die sprachliche Identifizierung, wird hier deutlich gemacht, dass dem nicht so ist. Interessanter wird es jedoch in einer der darauffolgenden Episoden, in welcher der Nebencharakter „Matlock“ (der bereits im vorigen Kapitel erwähnte, ehemalige Fremdenlegionär der für die Organisation der Truppe verantwortlich ist), in einer Diskussion den Konflikt mit seinem Auftraggeber sucht, da selbiger eine Linie überschreitet, die sein Angestellter nicht mehr bereit ist zu übertreten [Dieser will mithilfe einer Nuklearwaffe Johannesburg zerstören, Anm]: „I signed up for a coup. That’s soldiers work! But blowing up a city, for some personal grievance... I don’t know who you are trying to pay back!“466 Es werden von den Produzenten somit zwei Aspekte dargestellt: Zunächst, dass sogar Söldner ein Gewissen und ihre persönlichen Grenzen haben, und weiters, dass die Tätigkeit eines Söldners direkt mit der eines Soldaten gleichgestellt und durch die Aussage Matlocks explizit ausformuliert wird.467 Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, wird der geplante Coup von den Soldaten der Sondereinheit Section 20 verhindert und die „Söldner“ aufgerieben.

463 Michael J. Bassett, Daniel Percival, Julian Holmes, u.a. (Regie), Strike Back (2010-2015). 464 Michael J. Bassett (Regie), Strike Back, Staffel 3, Episode 7 (2012). 465 Ebda. 466 Bill Eagles (Regie), Strike Back, Staffel 3, Episode 10 (2012). 467 Ebda. 125 Auch in diesem Bezug geht die TV Serie Strike Back auf reelle Rahmenbedingungen ein und thematisiert sicherheitspolitische und militärhistorische Themen auf prägnante Weise. Dabei werden „Söldner“ zwar als Antagonisten dargestellt, moralische Bewertungen bleiben jedoch aus. Vielmehr sind sie ein ideales Stilmittel, um sofort Tiefe in die Handlung der Serie zu bringen ohne jedoch auf größere Erklärungen eingehen zu müssen.

T. Zwischenfazit – ein teils verwässertes Klischee im Wandel der Zeit Wie bereits erwähnt wurde, zeichnet sich das Narrativ des Söldnerputsches dadurch aus, dass es ein Metathema ist, das in Kombination mit anderen Handlungssträngen verknüpft werden kann. Während in The Wild Geese (1978) und The Dogs of War (1980) ein Staatsstreich noch im Mittelpunkt stand, stellten sich in diesen Filmen die Söldner ebenso gegen ihre Dienstherren. Somit findet man in gewisser Weise jeweils zwei Revolten in der Erzählung. Das sich dieses Motiv über die Jahre auf ein Mindestmaß reduzierte, zeigt sich im Falle von The Expendables (2010), wo lediglich ein Destillat des Konzeptes als Rahmenhandlung dient.

Andere Kombinationen finden sich im Falle von Strike Back (2010-2015). Reale Begebnisse als Inspiration nehmend, findet man hier die Thematik des Söldnerputsches in Verbindung mit den bereits besprochenen Stereotyp der Südafrikaner. Hier werden Söldner als professionelle Soldaten in privater Anstellung dargestellt, was auch ihre Selbstdarstellung in den Produktionen anbelangt. Zumindest Strike Back (2010-2015) geht soweit, die Grenzen zwischen Soldaten und Söldnern noch mehr zu verwischen, als ein ehemaliger Fremdenlegionär auf sich selbst anspielend die Behauptung aufstellt, dass ein Coup Soldatenhandwerk darstellt. Besonders hervorzuheben ist in diesem Falle, dass die angeführten Beispiele entweder in Afrika, oder wie im Falle von The Expendables (2010), in der Karibik stattfinden. Dies legt ein eindeutiges Zeugnis davon ab, wo vonseiten der Drehbuchautoren solche Ereignisse verortet und als möglich erachtet werden.

126 U. Der Historische Kontext zum Narrativ des Söldnerputsches Ebenso wie im Falle der „Weißen Söldner“, kann das entstandene Narrativ des „Söldnerputsches“ nicht nur auf die Konflikte in Afrika, sondern ebenso auf eine spannende historische Episode im indischen Ozean, mit aus den afrikanischen Konflikten bekannten Persönlichkeiten, zurückverfolgt werden. Darauf Bezug nehmend, soll im Folgenden auf die Söldnerrevolte im Kongo im Sommer 1967 und danach auf den erfolglosen Putschversuch von Söldnern im November 1981 auf den Seychellen eingegangen werden, um den historischen Kontext verständlich zu machen und wie diese Ereignisse das kollektive Gedächtnis geprägt haben.

1. Die Söldnerrevolte im Kongo – Sommer 1967

Die Entwicklungen im Vorfeld Mit dem Ende der Simba-Rebellion und der darauffolgenden Machtübernahme durch General Mobutu,468 änderte sich nicht nur die innenpolitische Landschaft, sondern auch die Lage für die Söldnertruppen, die nach wie vor im Kongo unter Waffen standen. Für die militärische Eskalation im Sommer 1967 gab es somit mehrere Aspekte, die in Betracht gezogen werden müssen. Einerseits die politische Dimension, mit den Versuchen des nunmehr neuen Präsidenten Mobutu die eigene Macht zu konsolidieren; und im Gegenzug dazu, die Versuche des sich im Exil befindlichen Moise Tshombé, wieder an politischen Einfluss zu gewinnen. Andererseits die militärische Komponente, die verständlicherweise den Aspekt der Macht bzw. des Einflusses mit sich bringt und in diesem Falle die Aufrechterhaltung des aufgebauten Status der Söldner. Hierzu muss erwähnt werden, dass nach dem Ende der Sezession Katangas, Personen aus dem Umfeld Moise Tshombés kurzfristig Ämter unter Präsident Kasavubu bekleideten, aber mit dem plötzlichen Putsch Mobutus auf die eine oder andere Art und Weise beseitigt wurden. Dies geschah ebenso mit politischen Funktionsträgern, denen misstraut wurde. Während also der ehemalige Präsident Kasavubu unter Hausarrest gestellt wurde, hatten andere Politiker wie Évariste Kimba469 weniger Glück und wurden nach einem Schauprozess hingerichtet. Godefroid Munongo, der enge Vertraute Tshombés, wurde seinerseits inhaftiert. Moise Tshombé selbst, konnte mit Hilfe des rhodesischen FISB das Land verlassen und ging abermals

468 Siehe hierzu die Kapitel III.M.3. 469 Außenminister Katangas, während der Sezession und danach Premierminister unter Präsident Kasavubu, nach der Absetzung Moise Tshombés. 127 in das spanische Exil – mitsamt der Goldreserven Katangas, die nach Salisbury verbracht wurden.470 Von seinem spanischen Exil aus, plante er die Rückkehr in den Kongo und stand in regen Kontakt mit zahlreichen Unterstützern, die nach wie vor in westlichen Regierungskreisen, der kongolesischen Armee, aber auch der Wirtschaft zu finden waren. Vor allem die UMHK sah in Tshombé nach wie vor einen potentiellen Partner, nicht zuletzt deshalb, da Präsident Mobutu eine Verstaatlichung des Unternehmens im Kongo vorantrieb und sich einer zunehmend antiimperialistischen und antiweißen Propaganda bediente.471 Wie bereits erwähnt, hatte Mike Hoare – ein Freund und Unterstützer Tshombés – das Land Richtung Südafrika verlassen und John Peters übernahm fortan 5 Commando. Dies geschah nicht zuletzt um den Einfluss Südafrikas und Belgiens zurückzudrängen, denn Peters war aufseiten Mobutus und pflegte ein Naheverhältnis mit der CIA, die im Auftrag der US- Regierung das Mobutu Regime unterstützte.472 Gegenüber den restlichen Söldnern demonstrierte Mobutu reichlich Misstrauen und machte keinen Hehl aus seinen Plänen diese zu entwaffnen. Dies traf vor allem auf jene mit Verbindungen zu Südafrika (Mike Hoare, Alastair Wicks, Jerry Puren) und Belgien (Jacques Schramme) zu. Ein weiterer Söldnerführer Bob Denard – Kommandant von 6 Commando – mit Verbindungen zum französischen Nachrichtendienst, spielte eine ambivalentere Rolle, vor allem da er direkte Befehle aus Frankreich hatte, nicht als störender Faktor zu agieren.473 Denard war seinerseits zu regelmäßigem Taktieren gezwungen. Auch wenn er ein Unterstützer Tshombés war, versuchte er diesen in der unmittelbaren Folgezeit Mobutus Machtübernahme von einem Gegenputsch abzubringen, da seiner Meinung nach der Zeitpunkt ungelegen war. Trotz dieser Warnungen unternahm Tshombé mithilfe der Finanzierung der UMHK einen ersten Versuch im Juli 1966, der jedoch schlecht geplant war und von der ANC mithilfe amerikanischer und israelischer Unterstützung niedergeschlagen wurde. Obwohl dieser Putschversuch nur die Gendarmerie Katanga‘s umfasste, sah sich Denard gezwungen Mobutu seiner Treue zu versichern, um ein Massaker an den eigenen Leuten zu verhindern, was ihm nachträglich den Ruf einbrachte, kurzfristig die Seiten gewechselt zu haben.474 Der Aufstand der Gendarmerie hatte dementsprechende Auswirkungen. Obwohl Mobutu eine Amnestie versprochen hatte, wurden die beteiligten Katangesen massakriert, was von den

470 Mattew Hughes, fighting for White Rule in Africa. S. 612. 471 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 224. Vgl. hierzu: Klaas Voß, Washingtons Söldner. S. 189. 472 Klaas Voß, Washingtons Söldner. S. 189. 473 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 223. 474 Klaas Voß, Washingtons Söldner. S. 189. Vgl. hierzu: Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 224. 128 weißen Söldnern kritisch beobachtet wurde und noch mehr Misstrauen gegen den neuen Staatschef erzeugte.475 Vor allem Schramme sah Mobutu äußerst negativ – manche Beobachter gehen sogar soweit von Hass zu reden. Jedenfalls hatte sich der Belgier in der Provinz einen eigenen, sprichwörtlichen Staat im Staate geschaffen, in welchem er gemeinsam mit anderen weißen Siedlern die Infrastruktur wiederaufgebaut hatte und auf seiner eigenen Plantage gefangen genommene Simba-Rebellen unter Zwang als Arbeiter einsetzte. Die Lage im Land genau beobachtend, baute er zudem die Verteidigung vor Ort zunehmend aus.476 Es überrascht somit nicht, dass sich Schramme und Denard weiterhin aufseiten Tshombés wiederfanden, der wiederum Jerry Puren als Mittelsmann einsetzte, um im Kongo Verbündete zu suchen.477 Die Lage spitzte sich im Dezember 1966 zu, als Mobutu Schramme dazu aufforderte, das von diesem geführte 10 Commando aufzulösen und zu entwaffnen. Interessanterweise hätte Schramme einer Demobilisierung von 10 Commando sogar zugestimmt, war aber nicht dazu bereit, seine Männer ohne Waffen der Willkür der ANC zu überlassen. Anthony Mockler zufolge, wäre Schramme sogar auf Wunsch Mobutus ausgereist, wozu es aber nicht kommen sollte.478

Nachdem Präsident Mobutu im April 1967 Bob Denard den Befehl gegeben hatte, Schramme zu entwaffnen, warnte der Franzose seinen belgischen Kollegen und unternahm nichts weiter in dieser Hinsicht. Die Nervosität stieg somit in 10 Commando und gemeinsam mit Puren wurden konkrete Pläne entwickelt, wie man gemeinsam mit Denard einen effektiven Aufstand durchführen und Moise Tshombé wieder an die Macht bringen konnte.479 Es bestand somit ein indirekter Kontakt zu Tshombé, der zusätzlich noch John Peters involvieren wollte. Selbiger lehnte jedoch ab und verließ bald darauf das Land, mit der Konsequenz, dass 5 Commando nach einem kurzen Interregnum von George Schroeder in der Bedeutungslosigkeit verschwand und aufgelöst wurde. Obwohl es zwischen Denard und Schramme starke Animositäten gab (Schramme verdächtigte Denard des Mordes an einem Freund), sahen sich beide mit dem potentiellen Schicksal konfrontiert, dass 6 und 10 Commando ebenfalls aufgelöst werden sollten und bereiteten sich dementsprechend vor.480

475 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 131f. 476 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 132. Vgl. hierzu auch Klaas Voß, Washingtons Söldner. S. 191. Der Autor spricht hier von einem „kolonialen Feudalstaat“, den sich Schramme in der Region aufgebaut hatte und dementsprechend auch erhalten wollte. 477 Klaas Voß, Washingtons Söldner. S. 191. 478 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 133. 479 Klaas Voß, Washingtons Söldner. S. 191. 480 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 224. 129 Der Plan der Söldnerrevolte und Moise Tshombés Entführung Am 27. Juni 1967 kamen Denard und Schramme während eines Treffens zu der Übereinkunft, eine koordinierte Revolte zu starten und Moise Tshombé wiedereinzusetzen. Der Plan sah vor, dass Schramme in einer Initialzündung des Aufstandes Stanleyville einnehmen und dort von Denard unterstützt werden sollte. Gleichzeitig sollten zwei Untergebene von Denard die Städte und Kindu einnehmen. In einer zweiten Phase wollte man mit einer Verstärkung von weiteren Katangesen in einem gemeinsamen Stoß gegen den Militärstützpunkt Kamina vorrücken und, sobald Elisabethville eingenommen war, Moise Tshombé aus Spanien einfliegen sowie die Abdankung von Präsident Mobutu verlangen.481 In diese Pläne war auch Jerry Puren involviert, der dafür sorgte, dass genügend Ausrüstung und Munition eingeflogen und an die Söldner verteilt wurde.482

Diese Pläne wurden jäh durch die Entführung Moise Tshombés am 30. Juni 1967, während eines Fluges von Madrid nach Ibiza, unterbrochen. Der Entführer, ein Franzose namens Francis Bodenan, der innerhalb kürzester Zeit von einem Kriminellen zu einem erfolgreichen Geschäftsmann aufgestiegen war, wird gemeinhin in die Nähe des französischen Nachrichtendienstes SDECE gerückt.483 Dieser hatte es kurzfristig geschafft, sich in die inneren Zirkel Tshombés vorzuarbeiten und diesen mittels falscher Versprechungen in sein Privatflugzeug zu locken. Der ehemalige Premier des Kongos dachte, er würde nach Ibiza geflogen werden, um dort das Hauptquartier einer Weltjugendbewegung zu besichtigen, deren Leiter er werden sollte.484 Bodenan zwang das Flugzeug nach Algerien abzudrehen, wo alle Insassen von überraschten algerischen Behörden in Gewahrsam genommen wurden. Wer letzten Endes für diese Entführung verantwortlich war, ist nach wie vor ungeklärt. Tshombé selbst erklärte unmittelbar nach seiner Befragung vor einem algerischen Gericht, dass er das Opfer einer CIA- Verschwörung sei.485 Die Spekulationen über eine CIA Involvierung wurden von Vermutungen einer SDECE Operation ergänzt.486 Selbst wenn man über eine französische Beteiligung wenig sagen kann, so zeigen zumindest freigegebene Dokumente der CIA, dass man innerhalb des amerikanischen Nachrichtendienstes selbst von der Entführung überrascht war und ebenfalls nach Erklärungsmöglichkeiten suchte. In internen Dossiers ging man von einem

481 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 135 und 137. 482 Ebda. 483 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 225. 484 Brian Urquhart, Mobutu and Tshombe: Two Congolese Rogues. 485 CIA is suspect in Tshombé case, July 21 1967. CIA-RDP75-0014912000700580014-0. 486 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 224. 130 Präventivschlag vonseiten Mobutus aus, dessen Berater den Flug Tshombés als Zeichen für einen bevorstehenden Putsch im Land interpretiert haben könnten. Selbst für die CIA waren die Gründe des Fluges unklar, aber man ging davon aus, dass Tshombe „by agents of the Congolese Government“ entführt worden war.487 Anthony Mockler, der die Ereignisse zeitnah verfolgte, sah ebenfalls einen sauberen „Counter- Plot“ in der Aktion, vermutete aber zum damaligen Zeitpunkt und ohne den heutigen Wissensstand, ebenfalls die CIA hinter der Entführung, mit dem Argument, dass Agenten Mobutus keinen Umweg über Algerien genommen hätten, und auch die Algerier selbst nicht in Frage kämen, da sie absolut von der Situation überrascht waren.488 Weitere kritische Zeitzeugen gingen medial davon aus, dass die CIA zumindest von den Plänen gewusst haben musste und diese vom Mobutu Regime durchgeführt wurden. Die Argumentation hierfür lautete, dass bekannt war, dass Tshombé nicht tatenlos im Exil verharren würde. Die Landung in Algerien wäre somit lediglich eine Zwischenstation auf den Weg in den Kongo gewesen, aber die Geheimaktion wurde publik, da der Co-Pilot ein „Mayday“ absenden konnte und zudem ein junger algerischer Offizier am Flughafen nicht diskret genug war. Somit konnte Algerien nicht mehr vorgeben, keine Kenntnisse über die Ereignisse zu besitzen. Um das Gesicht zu wahren, verlangte man einen hohen Preis für die Auslieferung Tshombés. Da Mobutu weder mit dem Westen, noch wie gefordert, mit der israelischen Unterstützung brechen wollte, geschweige denn daran dachte die kommunistischen Simba-Rebellen zu begnadigen, entwickelte sich eine ausweglose Situation.489 Inwieweit die UMHK dazu beitrug, eine Auslieferung Tshombés zu verhindern, lässt sich nur erahnen. Zumindest waren Repräsentanten des Unternehmens emsig damit beschäftigt, algerische Schlüsselfiguren zu bestechen, um entweder eine Freilassung zu erwirken, oder zumindest eine Auslieferung zu verhindern. Diese Aktivitäten, inklusive eventueller Pläne für eine Übergabe Tshombés an die UMHK, plus offizieller Bekanntgabe einer Flucht, wurden an die CIA herangetragen.490 Es kam jedenfalls weder zu einer Flucht, noch zu einer Auslieferung des kongolesischen Politikers. Er verbrachte den Rest seines Lebens unter algerischem Hausarrest.

487 Directorate of Intelligence, Weekly Summary, 7 July 1967, No 0297/67. CIA-RDP79-00927A005900030001- 6. S. 26. 488 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 137. 489 Anthony Lejeune, Was the CIA Involved in Tshombe Incident? August 25 1967. CIA-RDP75- 00149R000700580004-1. 490 CIA, Intelligence Information Cable, Dist 23 August 1967. DOC_0000242571. 131 Die Söldnerrevolte Die Frage, wieso die Söldner – wohlwissend, dass Tshombé entführt worden und in Algerien interniert war –, dennoch ihre Revolte starteten, sorgte nicht nur unmittelbar, sondern auch einige Zeit danach für Verwirrung. Auf amerikanischer Seite war man sich seit Längerem bewusst, dass Tshombé an einem Masterplan für seine Rückkehr arbeitete und hierfür seine alten Partner verwenden würde. Insofern sah man es als unlogisch an, dass die Meuterei Teil eines größeren Konzeptes war, sondern stufte sie viel mehr als eine Reaktion auf die Entführung des Politikers ein. Als Gründe für einen nicht stattfindenden großen Plan Tshombés sah man die fehlenden Truppen, nicht bestätigte Hinweise auf ein Camp in Angola, aber auch die Tatsache, dass dieser unmittelbar nach der Entführung passierte. Insofern schätzte man die Lage richtig ein, als man konstatierte, dass die Söldner seit Monaten unbezahlt und sich der sicheren Auflösung durch das Mobutu Regime bewusst waren. Somit sei die Gefangennahme Tshombés Wasser auf den Mühlen der Söldner gewesen, was zum Ausbruch des Aufstandes führte.491

Der Auslöser für die Revolte war letzten Endes eine Kombination aus den Konsequenzen der Entführung und den bereits erwähnten Demobilisierungsplänen Mobutus. Durch den Flug Tshombés alarmiert, vermutete der Präsident des Kongos einen Zusammenhang mit den Söldnern und entschloss sich dazu endlich durchzugreifen. Am 3. Juli kontaktierte Denard Schramme und informierte ihn, dass in den nächsten zwei Tagen die ANC nach Stanleyville verlegt werden sollte, um mit der Entwaffnung Schrammes Truppen zu beginnen. Damit fiel der Entschluss die vorhandenen Pläne ohne Moise Tshombé durchzuführen. Zwei Tage später erfolgte somit ein koordinierter Angriff auf Stanleyville, Kindu und Bukavu.492 Die US-Administration geriet dadurch unter Druck. Hatte man doch selbst tatkräftig den Aufbau der Söldnertruppen unterstützt, musste man sich nun gegen selbige wenden, da man Mobutu als Partner in der Region benötigte.493 Dabei schätzte man die Situation für den kongolesischen Präsidenten und vor allem für seine Streitkräfte als äußerst gefährlich ein. In einer ersten Information für US-Präsident Johnson (am 5. Juli 1967) wurde von der CIA bereits die ernsthafte Gefahr für das Regime unterstrichen, die von den Söldnern ausging.494 Am Folgetag wurde noch detaillierter ausgeführt, dass im Osten des Kongo wenig fähige Truppen vorhanden und dass diese unwillig wären, gegen die Söldner zu kämpfen. Des Weiteren würden Transportmöglichkeiten fehlen, um dementsprechend zeitnah andere Truppen zu verlegen. Die

491 Directorate of Intelligence, Intelligence Memorandum, The Mercenary Mutiny and the Tshombe Plot, 25 July 1967. CIA-RDP79T00826A002400290001-8. 492 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 140. 493 Klaas Voß, Washingtons Söldner. S. 45. 494 The Presidents Daily Brief. CIA, 5 July 1967. DOC_0005973890. 132 Lage erschien umso prekärer, da man von Kontaktmännern vor Ort erfahren hatte, dass die Söldner mit Verstärkung von katangesischen Truppen rechneten.495

Die Revolte entwickelte sich jedoch anders, als von Denard und Schramme geplant war. Letzterer konnte zwar problemlos Stanleyville einnehmen, während eine andere Söldner- Gruppe jedoch in Kindu zurückgeschlagen wurde. Auch in Bukavu wendete sich das Blatt, da die Verstärkung von Denard ausblieb, weil dieser seine Männer zu spät mobilisiert hatte. Somit schlug bereits die erste Phase der Meuterei fehl.496 Schramme konnte seine Position nicht aufgeben, weshalb sich die anderen Truppen ungeordnet zurückziehen mussten. Bukavu wurde somit von der ANC zurückerobert. Denard, der letzten Endes Schramme in Stanleyville mit Verspätung verstärken konnte, wurde gemeinsam mit anderen Männern verwundet und musste in einem gekaperten Flugzeug ausgeflogen werden.497 Hierzu gibt es unterschiedliche Angaben. Sicher ist jedoch, dass der Flug nach Kariba in Rhodesien bereits am 7. Juli erfolgte, und dass dort die Verwundeten Söldner ärztlich versorgt wurden.498 Die Lage begann zunehmend chaotischer zu werden. Präsident Mobutu forderte daher Hilfe von den USA an, während er sich gleichzeitig einer antiweißen Propaganda bediente, um eine negative Stimmung gegen die Söldner zu generieren, die trotz allem einen Ruf der Unbesiegbarkeit genossen. Das Resultat waren jedoch Ausschreitungen, die sich gegen die weißen Siedler im Land richteten, und den Söldnern und ihren Plänen gegen Mobutu somit mehr Legitimität gaben. Präsident Johnson genehmigte die Entsendung von drei C-130 Transportflugzeugen, um der ANC bei der Truppenverlegung zu helfen. Damit setzte er nicht nur ein Zeichen gegen die Söldner, sondern brach auch mit den Unterstützern Moise Tshombés.499

Nach circa einer Woche begann sich Schramme aus Stanleyville zurückzuziehen, da man vor Ort nicht länger verharren konnte. Die Berichte über die genaue Route gehen auseinander. Die CIA konnte zumindest feststellen, dass Teile von Schrammes Truppen sich zu dessen Plantage

495 Directorate of Intelligence, Intelligence Bulletin, 6 July 1967. CIA-RDP79T00975A010100040001-4. 496 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 141. 497 Directorate of Intelligence, Intelligence Bulletin, 8 July 1967. CIA-RDP79T00975A010100060001-2. 498 Bei diesem Flug dürfte es sich auch um den Ursprung für die Grundlage zum Film The Wild Geese (1978) handeln. Wounded Congo Rebels flown into Rhodesia. White mercenaries, Africans aboard plane reported hijacked after big battle. In: Toledo Blade, 8. Juli 1967. Download: https://news.google.com/newspapers?id=-- lOAAAAIBAJ&sjid=eAEEAAAAIBAJ&hl=de&pg=4151%2C5097293, eingesehen am 22.07.2017. vgl. hierzu auch: The Presidents Daily Brief. CIA, 8 July 1967. DOC_0005973896. 499 Klaas Voß, Washingtons Söldner. S. 192. 133 in Punia begaben. Die ANC war ihrerseits unentschlossen, was zu tun sei und versuchte so gut es ging die Rückzugswege abzuschneiden.500 Für einige Zeit gelang es den Söldnern alle Beobachter zu verwirren und im Osten hier und dort kleinere Gefechte zu initiieren, bis Schramme mit seiner gesamten Truppe überraschend die Stadt Bukavu einnahm. Die an der Grenze zu Ruanda gelegene Stadt war geographisch ideal gelegen und verfügte zudem über eine starke Funkstation, die nicht nur zur Kommunikation, sondern auch für Desinformation verwendet werden konnte. Bukavu wurde in weiterer Folge von den Söldnern besetzt und war für die folgenden 12 Wochen ein Schauplatz der globalen Medien. Schramme war schlagartig berühmt geworden und nutzte zahlreiche Interviews, um sein eigenes Narrativ an die Weltöffentlichkeit zu transportieren. So erklärte er mitunter, dass die weißen Siedler in seiner Kolonne keine Geiseln wären, sondern von den Söldnern zur Grenze Ruandas eskortiert worden waren, um sie vor den Übergriffen der ANC zu schützen. Gleichzeitig drohte er damit, gegen Katanga zu marschieren oder sogar gegen die Hauptstadt Léopoldville, sofern Mobutu nicht in Verhandlungen einwilligte.501 Von der CIA als „anmaßend“ bzw. “eingebildet“ beschrieben [im engl. „cocky“], kündigte er an, dass sich Mobutu den Frieden erkaufen müsse. Hierzu sei eine Freilassung Moise Tshombés notwendig [was demonstriert, dass Schramme Mobutu hinter der Entführung vermutete, Anm.] sowie eine politische Position in der Regierung für selbigen.502 Schramme wurde von Colonel Leonard Monga begleitet, einem Offizier aus Katanga, der in Bukavu eine provisorische Regierung ausrief und im selben Atemzug General Moshe Dayan aufforderte, die israelische Unterstützung des Mobutu Regimes zu beenden.503 Die Folge war eine Reihe von Ultimaten, die sprichwörtlich die Runde machten: Mobutu setzte Schramme unter Druck, Schramme seinerseits noch zusätzlich den Nachbarstaat Burundi, um diesen von einer Unterstützung der ANC abzubringen. Burundi spielte wiederum den Ball an Belgien weiter, und erinnerte die ehemalige Kolonialmacht, dass man sich nicht aus der Verantwortung ziehen konnte. Dies hatte zur Folge, dass sich die belgische Regierung von den Söldnern distanzierte.504 Zwischenzeitlich wurde Bukavo von den Truppen der ANC belagert und mit Hilfe der CIA und israelischen Beratern kam es immer wieder zu kleineren Scharmützeln in Form von Mörserangriffen, aber auch Luftschlägen, die von Anti-Castro Kubanern der CIA durchgeführt

500 Directorate of Intelligence, Weekly Summary, 21 July 1967, No. 0299/67. CIA-RDP79- 00927A005900050001-4. 501 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 144. 502 The Presidents Daily Brief. CIA, 10 August 1967. DOC_0005973952. 503 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 145ff. 504 Ebda. 134 wurden. Da letztere jedoch mit den Söldnern schon zusammengearbeitet hatten, warnte man sich gegenseitig per Funk vor, wann und wo ein Luftschlag zu erwarten sei.505 Dazwischen kam es immer wieder zu Versorgungsflügen für die Söldner, die von Jerry Puren organisiert wurden und der auch selbst für ein obskures Treffen einflog. Auch Bob Denard blieb nicht untätig und versuchte seinerseits mit 6 Commando den inhaftierten Godefroid Munongo erfolglos zu befreien. Dieser wäre als Abkömmling eines örtlichen, tribalen Königsgeschlechts ein geeigneter Ersatz für Moise Tshombé gewesen. Nach diesem weiteren Fehlschlag zog sich Denard über die Grenze nach Angola zurück und versuchte von dort eine zweite Front zu öffnen, um Schramme in Bukavu zu entlasten. Nachdem er jedoch keine nennenswerte Hilfe von den portugiesischen Behörden bekam, musste er mit Fahrrädern die Grenze passieren und sich selbst um Transportmittel im Süden des Kongos kümmern. Dass seine Invasion bei weitem nicht so lächerlich war, wie sie oft dargestellt wird, zeigt sich darin, dass er mit 110 Söldnern und 50 Katangesen diese Operation begann, jedoch sehr bald Unterstützung von der Bevölkerung erhielt und sich an die 2-3000 Freiwillige um ihn scharten.506 Die Problematik für Denard äußerte sich jedoch darin, dass er nicht über genügend Waffen und Munition für eine derartige Masse von Menschen verfügte und deshalb aufgrund von fehlender Entscheidungsfreudigkeit und anderen Verzögerungen im Süden des Kongo Zeit und das Überraschungsmoment verlor. Als Konsequenz schlug der Plan einer zweiten Front fehl und er musste sich zurückziehen.507 Damit blieb nur noch Schramme in Bukavu zurück. Nach insgesamt 12 Wochen in denen man regelmäßig Angriffe der ANC zurückgeschlagen hatte, mussten sich die Söldner aufgrund von Munitionsmangel über die Grenze nach Ruanda absetzen, wo sie von belgischen Soldaten interniert wurden.508 Denard wurde seinerseits in Angola von den Portugiesen entwaffnet. Hierfür dürfte der Druck der USA verantwortlich gemacht werden, die sowohl Portugal als auch Südafrika deutlich zu verstehen gaben, dass sie keine Hilfe mehr leisten sollten.509 Fast ein gesamtes Jahr über, war die Diplomatie damit beschäftigt eine Lösung für die internierten Söldner und die zahlreichen katangesischen Gendarmen zu finden. Die USA erwarteten ein bevorstehendes Massaker und fühlten sich aufgrund der eigenen Verwicklung in

505 Ebda. 506 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 150-152. 507 Ebda. 508 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 226. 509 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 156. 135 deren Entstehen für die Söldner und deren Rettung verantwortlich. Insofern versuchte man über das Rote Kreuz eine Repatriierung in die Herkunftsländer zu initiieren.510

Im April 1968 wurden die weißen Söldner ausgeflogen und zum großen Teil nicht weiter strafrechtlich verfolgt. Die Gendarmen aus Katanga konnten von der kongolesischen Regierung zu einer Repatriierung überzeugt werden und wurden in weiterer Folge massakriert.511 Auch das Schicksal Moise Tshombés fand ein frühes Ende. Er erlag einem Herzinfarkt in Algerien, wo er nach wie vor unter Hausarrest stand. Obwohl die Behörden anhand einer ärztlichen Obduktion ein Fremdverschulden ausschließen wollten, ranken sich um seinen Tod nach wie vor mehrere Verschwörungstheorien.512

2. Operation Anvil - Mike Hoares Söldnerputsch auf den Seychellen

Kontext - Die Bedeutung der Seychellen im Kalten Krieg Der Inselgruppe der Seychellen wurde im Laufe des Kalten Krieges eine zunehmend strategisch wichtige Rolle zugeordnet, da sie aufgrund der geographischen Lage im indischen Ozean – nordnordöstlich von Madagaskar und östlich von Tansania und Kenia –, nicht nur entlang der Schifffahrtsroute der Supertanker gelegen war, die Erdöl vom Persischen Golf in Richtung Kap der Guten Hoffnung transportierten, sondern auch in relativer Nähe zur Insel lag, auf welcher der wichtigste Marinestützpunkt der US-Streitkräfte angelegt war, und somit eine elektronische Überwachung technisch möglich machte. Von Diego Garcia aus koordinierte das US-Militär die eigenen Aktivitäten im Persischen Golf, und der indische Ozean selbst war Operationsgebiet für amerikanische U-Boote, die von dort aus im nuklearen Ernstfall die sowjetischen Industriegebiete attackieren konnten.513 Als die Inselgruppe noch der britischen Kolonialherrschaft unterstand, wurde dort eine Satelliten Tracking Station der US Air-Force errichtet, die große Wichtigkeit für die USA hatte.514 Deren Betrieb stellte sich mit der Entlassung der Seychellen in die Unabhängigkeit zunehmend schwieriger dar. Denn der demokratisch gewählte Präsident verlor rasch durch seinen extravaganten Lebensstil den Rückhalt in der Bevölkerung, da er einzelne

510 Klaas Voß, Washingtons Söldner. S. 194. 511 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S.157-159. 512 Christopher Othen, Katanga 1960-63. S. 226. 513 The Island Paradise that’s becoming a communist stronghold. In: Business Week, 19 November 1984. CIA- RDP88B00443R001604270064-5. 514 Directorate of Intelligence, : The mellowing of President René. An Intelligence Assessment. October 1983. CIA-RDP84S00897R000100070005-6. S. iv. 136 Inseln an wohlhabende Araber und den persischen Schah verkaufte.515 Binnen eines Jahres erfolgte mit Hilfe von Tansania ein blutloser Coup während eines Auslandsaufenthaltes Mancham’s, woraufhin dessen Premierminister Albert René im Juni 1977 sich selbst zum neuen Präsidenten ernannte. Nachdem er die verkauften Inseln ohne Kompensation wieder verstaatlicht hatte, baute er nicht nur eine Sozialversicherung, Kliniken und Bildungseinrichtungen auf, was ihn schnell populär machte; er installierte gleichzeitig ein repressives System, in dem die Pressefreiheit eingeschränkt und eine Armee gebildet wurde, um seine Regierung zu schützen. Hierfür holte er tansanische Soldaten ins Land, die als Militärberater fungieren sollten, aber de facto seine persönliche Leibgarde stellten. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es auf der Inselgruppe lediglich eine britisch ausgebildete Polizeikraft.516 In den frühen 1980er Jahren wurde den Seychellen in amerikanischen Lageeinschätzungen eine chronische Instabilität attestiert. So fanden seit der Machtübernahme René’s bis zum Jahr 1983 ein halbes Dutzend vermeintliche Staatsstreiche, der hier behandelte Söldnerputsch sowie eine Meuterei der Armee statt.517 Bereits im November 1979 verkündete Präsident René, dass ein Coup vereitelt worden war, was zunächst wie ein Vorwand wirkte, um weitere repressive Schritte zu setzen. Hinter diesem Versuch vermutete er französische Pläne, was in der Verhaftung eines Polizeiberaters und der Besatzung eines Patrouillenbootes resultierte, welches den Seychellen von Frankreich inklusive Besatzung zur Verfügung gestellt worden war.518 In Folge dieser Ereignisse, wurden außerdem mehrere Seychellois ausgewiesen, die im Exil eine Oppositionsbewegung mit Sitz in London gründeten: die Mouvement pour La Résistance.519

Die Anfänge von Operation Anvil In den frühen 1970er Jahren war Mike Hoare nicht mehr als Söldner aktiv und verbrachte seine Zeit damit, im Mittelmeer zu segeln und seine Erlebnisse literarisch festzuhalten. Als er im Jahr 1974 nach Südafrika zurückkehrte, begann er damit, wieder Kontakte zu den Nachrichtendiensten zu knüpfen, da er aufgrund finanzieller Nöte in Betracht zog abermals in das Söldnergeschäft einzusteigen. Auch wenn er mit Nachrichtendienstmitarbeitern wie Martin Dolinchek rege Unterhaltungen führte, wurde ihm bald von der Chefetage des zu diesem

515 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. Mercenaries: Thirty Years 1976-2006, Oxford 2006. S. 51. 516 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 52. 517 Directorate of Intelligence, Seychelles: The mellowing of President René. S. iii. 518 Directorate of Intelligence, Seychelles: The mellowing of President René. S. 2. 519 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 56 und 63. 137 Zeitpunkt noch BOSS genannten Nachrichtendienstes mitgeteilt, dass er sich bitte aus Staatsaffären herauszuhalten habe.520 Nichtsdestotrotz startete Hoare einen regen Briefverkehr mit dem ehemaligen Innenminister der Seychellen – Gonzague D’Offay –, um Möglichkeiten für eine Wiedereinsetzung James Manchams abzuwägen. Die Seychellen waren ein Ort, an den sich Hoare seit den 1950er Jahren wohlwollend zurückerinnerte, als er die Inseln mit seiner Yacht und einer Kamera besuchte, um eine Dokumentation vor Ort zu drehen. Nun begab er sich wieder dorthin, um die politische und militärische Lage aufzuklären und erste Pläne für einen Regimewechsel zu formulieren.521

Im Jahr 1978 war Hoare als technischer Berater für den Hollywood Film The Wild Geese (1978) tätig,522 der in Südafrika gedreht wurde. Dort traf er auf den Schauspieler Tullio Moneta, der sich zu einem Freund entwickelte und seinerseits über die Bekanntschaft mit William Dunlop Paul Kontakte zu den südafrikanischen Aufklärungseinheiten der SADF hatte. Hoare muss Moneta bereits während der Dreharbeiten in seine Pläne für die Seychellen eingeweiht haben, denn fortan war dieser aktiv in die Planung involviert und traf sich gemeinsam mit Dunlop Paul in Kapstadt mit dem letzten Kommandeur von 5 Commando – George Schroeder (dieser hatte für kurze Zeit nach John Peters die Einheit geführt) – ohne jedoch zu einer Übereinkunft zu kommen.523 Hoare war seinerseits mit den exilierten Seychellois in regem Kontakt, die untereinander ihre eigenen konkurrierenden Vorstellungen hatten. Nichtsdestotrotz konnte der Söldnerführer bis Juli 1980 von diesen eine schriftliche Autorisierung für seine Pläne verhandeln.524 Ab diesen Zeitpunkt kam ein weiterer staatlicher Akteur ins Spiel, der für den Erfolg der Operation Anvil entscheidend war – Kenia. Das Land war aufgrund seiner Rivalität zu Tansania sehr daran interessiert den eigenen Einfluss im indischen Ozean auszudehnen. Der kenianische Justizminister Charles Njonjo sah diesen potentielle Staatsstreich auch als eine Möglichkeit sein Prestige im eigenen Land zu vergrößern, weshalb er die brisante Entscheidung traf, hierfür in den Apartheidstaat Südafrika zu reisen.525

520 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 53. 521 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 54. 522 Siehe hierzu Kapitel III.K.2.b 523 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 55. Schroeder hatte eigenen Pläne für die Seychellen, die Moneta und Dunlop Paul nicht überzeugen konnten. Mockler stellt hier lediglich Vermutungen an, weist aber darauf hin, dass es in Retrospektive als wahrscheinlich gilt, dass der vereitelte Coup im November 1978 von Schroeder geplant gewesen war und durch die Franzosen eingeleitet wurde. Dabei dürfte auch Bob Denard eine Rolle gespielt haben, da er zuvor erfolgreich die Komoren eingenommen hatte – in der unmittelbaren Nachbarschaft der Seychellen, und zudem ein ehemaliger Söldner aus Denards 6 Commando der Bodyguard von Albert Rene war. 524 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 63f. 525 Ebda. 138 Ein Aspekt der nicht weniger schwierig zu handhaben war, materialisierte sich in der Finanzierung. Der geschätzte Mindestbetrag für die Operation lag bei umgerechnet 5 Mio. US Dollar, den die Exilopposition nicht aufbringen konnte. Hoare versuchte deshalb mehrere Geldgeber anzusprechen. Frankreich und Großbritannien kamen nicht in Frage, da sie den Umsturz aus jeweils unterschiedlichen Gründen abgelehnt und die Operation an Albert René verraten hätten.526 Die USA waren grundsätzlich an einer politischen Änderung auf den Seychellen interessiert, wollten aber keine aktive Rolle einnehmen. Insofern ging ein Treffen mit Repräsentanten der CIA in Pretoria ebenfalls negativ für Hoare aus.527 Letzterer ging sogar so weit den Autor Robin Moore zu kontaktieren, um ihn für eine Finanzierung zu gewinnen. Da dieser jedoch nicht in die vermeintlichen Fußstapfen von Frederick Forsyth treten wollte, musste Hoare auf anderen Wege die Finanzierung sicherstellen. Letzten Endes musste das von der Exilopposition gesammelte Geld ausreichen und der Coup unterfinanziert vonstattengehen, auch wenn in der Folgezeit südafrikanische Zeitungen über eine CIA Finanzierung spekulierten und dafür ehemalige Söldner aus Rhodesien zitierten.528

Nicht nur die Geldfrage, spielte eine entscheidende Rolle. Für den Staatsstreich benötigte Hoare auch die nötigen Söldner und eine dementsprechende Ausrüstung und Logistik. Hier kam wieder Martin Dolinchek ins Spiel, dessen Vorgesetzte Hoare schon im Jahr 1978 deutlich gemacht hatten, dass er keine Unterstützung zu erwarten hatte. Mittlerweile hatte sich jedoch aufgrund interner Machtverschiebungen nicht nur der Name des Nachrichtendienstes geändert. Vom umbenannten National Intelligence Service [NIS] wurde dem Söldnerführer mitgeteilt, dass man zwar nach wie vor keine Unterstützung für irgendwelche Operationen zur Verfügung stellen könne, jedoch die Angelegenheit an den Militärnachrichtendienst [MI] weiterleiten würde.529 Wie sich später im Zuge der Gerichtsverhandlungen und der Untersuchungen einer UN- Kommission530 herausstellen sollte, fand ein Treffen mit zwei hochrangigen Vertretern der MI statt, in dem zunächst eine schriftliche Autorisierung des Premierministers PW Botha verlangt wurde, ehe man mit einer Unterstützung begänne. Als diese von Hoare organisiert worden war,

526 Die Regierung Großbritanniens war nicht gut auf James Mancham zu sprechen und Frankreich hätte jegliche Aktion englischsprechender Söldner in dieser Region abgelehnt, und jene vorgezogen, die im französischen Einflussbereich tätig waren, wie Bob Denard. Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 66. 527 Joseph Lelyveld, Trial gives Peek at South Africa Intelligence Web. In: New York Times, 10 May 1982, S. A-2. CIA-RDP90-00552R000302680002-2. 528 Ellen Ray, The Indian Ocean: Seychelles beats back Mercenaries. In: Covert Action, No 16 (March 1982). CIA-RDP90-00845R000100180006-2, S. 6. Vgl hierzu: Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 66. 529 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 67. 530 Report of the Security Council Commission of Inquiry established under Resolution 496 (1981), Security Council Official Records. Thirty-Seventh Year Special Supplement No. 2. United Nations, New York 1982. 139 startete der Dienst mit einer vollen Unterstützung für Operation Anvil.531 Damit begann eine umfassende Involvierung der südafrikanischen Nachrichtendienste, mit Wissen hochrangiger Regierungsvertreter, die zwar keine Verantwortung für die Planung und Ausführung des Staatsstreiches übernehmen wollten, diesen jedoch im Stillen billigten und unterstützten.532

Hoares erste konkrete Vorstellungen bestanden darin, an die 150 Mann von den SADF „auszuleihen“ und mit Ostblockwaffen auszustatten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Personal und Waffen sollten in mehreren Phasen auf die Seychellen geschmuggelt werden, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Während die Waffen per Boot separat von den Männern einträfen, sah der Plan für letztere so aus, dass sie als Touristen getarnt einreisen, mehrere Tage vor Ort verbringen und dann in einer kurzen Operation die Macht an sich reißen sollten. Sofern dies gelänge, würde die neue Regierung von Kenia eingeflogen werden, mitsamt kenianischer Polizeikräfte, sofern dies nötig sei. Die gesamte Aktion würde wie ein Aufstand der Bevölkerung wirken, die Söldner wieder ihre Tarnung als Touristen aufnehmen und dementsprechend nach einigen Tagen, in denen sich die Lage stabilisiert hatte, wieder abreisen.533 Die Vertreter der MI konnten vom Plan überzeugt werden und stimmten zu, Waffen und logistische Hilfe zu leisten. Nachdem man in militärischen Operationen in Südwestafrika zahlreiche kommunistische Beutewaffen gesammelt hatte, konnte man diese in großem Umfang zur Verfügung stellen.534 Für Übungszwecke und das Training der Söldner wurde ein Gelände in Nord Transvaal zur Verfügung gestellt, wo sich Hoares Team ungestört vorbereiten konnte.535 Nur in Bezug auf die Anzahl der Soldaten wurde dem Söldnerführer mitgeteilt, dass 75 Soldaten ausreichen müssten. Des Weiteren fand hier keine direkte Vermittlung oder Zuteilung statt. Das nötige Personal musste Hoare selbst rekrutieren – wenngleich der MI laut Anthony Mockler zumindest die betroffenen Dienststellen informiert haben musste.536 Für die Kontaktaufnahme zu den benötigten Soldaten, zeichneten sich die bereits erwähnten Mitstreiter Tullio Moneta und Dunlop Paul aus. Letzterer stellte über seine persönlichen Kontakte die Verbindung her und Moneta organisierte ein Zusammenkommen. Dabei traf sich

531 Joseph Lelyveld, Trial gives Peek at South Africa Intelligence Web. 532 James Khatami, Trial reveals S. Africa’s role in Seychelles Coup. In: The Guardian (U.S.) 19. May 1982. S. 17. CIA-RDP90-00552R000302680001-3. Vgl. hierzu: Joseph Lelyveld, South Africa tied to abortive Coup. In: New York Times, 22 April 1982. S. A-5. CIA-RDP90-00552R000201400032-1. 533 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 69. 534 Joseph Lelyveld, South Africa tied to abortive Coup. S. A-5. 535 James Khatami, Trial reveals S. Africa’s role in Seychelles Coup. S. 17. 536 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 69-72. 140 Hoare mit einem Major und Sergeant der renommierte südafrikanischen Reconnaissance Kommandos. Diese zeigten sich zunächst sehr enthusiastisch als sie die Pläne für die Seychellen hörten, jedoch änderte sich dies sehr schnell, als klar wurde, dass kein Notfallplan zur Verfügung stand für den Fall, dass während der Operation etwas schieflaufen sollte. Somit konnte Hoare nur einen der beiden überzeugen, seine Männer zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig zeichnete sich ein weiteres Problem ab: Die geplante Schmuggelaktion der Waffen konnte nicht per Schiff stattfinden, da der MI konkrete Informationen über die Zollabläufe in den Häfen der Seychellen vorlagen und Hoare dringendst davon abriet. Somit sah sich dieser vor mehrere Probleme gestellt. Für seine unterfinanzierte Operation hatte er plötzlich zu wenig Männer zur Verfügung, und gleichzeitig seinen geplanten Waffentransport verloren.537

Operation Anvil – Rekrutierung und Vorbereitung Schenkt man den Ausführungen Ellen Rays Glauben, so war der Coup auf den Seychellen bereits 18 Monate vor seiner Durchführung ein offenes Geheimnis in einschlägigen Kreisen und wurde in den von Söldnern und Soldaten besuchten Bars in heiß diskutiert. Im berühmt berüchtigten Soldier of Fortune Magazine wurden Quellen zitiert, die etwas Großes in Afrika ankündigten und das Konkurrenz-Magazin Gung Ho inserierte Anzeigen für Arbeit „östlich von Suez“.538 Mit Blick auf das tatsächliche Team, erscheinen diese Aussagen spekulativ, versuchte Hoare doch viel mehr nur ihm bekannte Personen für die geplante Operation zu rekrutieren, bzw. auf ihm bekannte Netzwerke zurück zu greifen. Daraus resultierend baute sich die Gruppe aus drei Personenkreisen auf. Einerseits frühere Weggefährten Hoares aus seinen Zeiten der Kongo Kampagne und 5 Commando, die aus unterschiedlichen Nationalitäten bestanden und versucht hatten in Südafrika ein Zivilleben zu führen, manche besser, manche schlechter. Unter ihnen abermals die ambivalente Person Jerry Puren. Andererseits stand immer noch ein Teil der südafrikanischen Soldaten zur Verfügung, die nicht davor zurückgeschreckt waren, eine derartige Operation ohne einen Evakuierungsplan durchzuführen. Diese Gruppe bestand hauptsächlich aus Afrikaanern (Buren), die teils aktive Soldaten in der SADF waren oder Reservisten der Citizen Force. Und nicht zuletzt konnte Hoare noch auf ein Netzwerk ehemaliger teils hochdekorierter Soldaten aus Rhodesien zurückgreifen, die alle nach der

537 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 69-72. 538 Ellen Ray, The Indian Ocean: Seychelles beats back Mercenaries. S. 6. 141 Unabhängigkeit des Landes nach Südafrika emigriert waren, weil sie im neugeborenen Simbabwe die Rache der an die Macht gekommenen Patriotic Front539 fürchten mussten.540

Da der ursprüngliche Plan die Waffen per Schiff auf die Insel zu schmuggeln kurzfristig geändert werden musste, machte sich Hoare die oberflächlichen Kontrollen auf dem Flughafen der Seychellen zu Nutzen und entschied sich dafür, die Waffen im Reisegepäck in einem versteckten Fach zu transportieren. Um die Erfolgschancen zu testen, ließ er nicht weniger als vier Testflüge durchführen, in denen Sturmgewehre ins Land geschmuggelt wurden. Der erste Flug wurde durch den Bruder von Hoares Ehefrau und dessen Lebensgefährtin durchgeführt, die als Vorauskommando einige organisatorische Dinge erledigen sollten, wie etwa eine Villa anzumieten und Geldtransfers durchzuführen. Mit dabei war ein Söldner und Freund Hoares aus der Kongo Kampagne. Der zweite Flug wurde von Martin Dolinchek durchgeführt, der vor Ort die Lage genauer erkunden sollte. Ihm gab Hoare die Waffe erst im letzten Moment, sehr zu dessen Missfallen – dies stellte einen Probelauf für den Söldnerführer dar, ob man die beteiligten Personen kurzfristig vor vollendete Tatsachen stellen konnte.541 Zwei weitere Testflüge wurden unternommen, einerseits um zusätzliche Männer vor Ort zu positionieren und andererseits, um mehr Waffen auf die Insel zu transportieren. All diese Testläufe passierten problemlos die Kontrollen und in einem Fall sogar eine Zolluntersuchung.542 Insgesamt bestand die Truppe aus 45 Mann, plus Hoare und Puren. Um eine solch große Gruppe ohne Aufsehen zu erregen in das Land zu bringen, erfand man die Geschichte, dass es sich bei den Männern um Rugby Teams handelte, die in Form eines Biertrinker Clubs Urlaub auf den Seychellen machen wollten. Hiermit wurde kurioserweise Ye Ancient Order of the Frothblowers, also der „Altehrwürdige Orden der Bierschaumbläser“, gegründet.543 Am 23. November 1981 traf sich das gesamte Team, um von Hoare in die genauen Abläufe eingeweiht zu werden. Am ursprünglichen Plan hatte sich wenig geändert. Die Söldner sollten als Touristen unerkannt einreisen, ein paar Tage vor Ort ihre Tarnung ausbauen und nach der Operation wieder in ihre Hotels zurückkehren, um den Schein zu wahren. Der Coup selbst, war auf drei Gruppen aufgeteilt: Das bereits vor Ort tätige Vorauskommando sollte die Radiostation auf der Insel einnehmen und nach dem Putsch eine Tonbandaufnahme des neu eingesetzten

539 Die politische Bewegung die sich nach einem Zusammenschluss der Zimbabwe African Peoples Union (ZAPU) und der Zimbabwe African National Union (ZANU) gebildet hatte und nach dem Bürgerkrieg an die Macht kam. 540 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 375-378. 541 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 371-373. 542 Ebda. 543 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S.76ff. 142 Präsidenten James Mancham abspielen. Eine zweite Gruppe sollte den Flughafen und die nah gelegenen Armeeunterkünfte einnehmen und außer den zwei kenianischen Flugzeugen, die den Präsidenten und die eventuell eingesetzte Polizei transportierten, keine weiteren Landegenehmigungen erteilen. Die dritte und letzte Gruppe sollte das Hauptquartier der Armee, den Präsidentschaftspalast und das Regierungsgebäude einnehmen und dort das Kabinett festnehmen. Ziel war es, sowenig Blut wie möglich zu vergießen, da die neue Regierung die Unterstützung der Bevölkerung benötigte.544

Operation Anvil – der gescheiterte Putsch Am Abend des 25. Novembers 1981 trafen die Söldner mit einem Flugzeug der Royal Swazi Airline in Mahé auf den Seychellen ein. Während das Vorauskommando am Parkplatz des Flughafens wartete, um im Falle einer unerwarteten Entdeckung Hilfe zu leisten, konnten die Söldner zunächst unproblematisch durch die Abfertigung in der Ankunftshalle einreisen. Ein Mitglied der Gruppe machte zu diesem Zeitpunkt jedoch einen entscheidenden Fehler und wählte den Ausgang für Einreisende, die etwas zu verzollen hatten. Die Gründe hierfür sind unklar, jedenfalls wurde im Zuge der Zollkontrolle das mitgebrachte Sturmgewehr entdeckt. Während der erste Zollbeamte die zerlegte Kalaschnikow zunächst für ein Harpunengewehr hielt, dass zwar verboten, jedoch nicht problematisch gewesen wäre, identifizierte ein dazukommender Offizier die Waffe richtig und versuchte die restlichen Söldner ebenfalls aufzuhalten. Diese hatten die Verzögerung bereits bemerkt und damit begonnen ihre Waffen zusammenzusetzen. Jerry Puren eröffnete in der Folge das Feuer und im anschließenden Feuergefecht wurde nicht nur der Zollbeamte verletzt, sondern auch einer der Söldner im entstehenden Chaos durch eine verirrte Kugel seiner Kollegen getötet.545 Während die Söldner den Flughafen einnahmen und die sich dort befindlichen Personen als Geiseln nahmen, konnte einer der Zollbeamten entkommen und die örtliche Polizei alarmieren. Auf Hoares Kommando hin, wurde das vor dem Gebäude wartende Vorauskommando zu den nahen Armeeunterkünften geschickt, um ein Ausrücken der Soldaten zu verhindern. Dort angekommen wurden die Söldner nach einem ersten Moment des Schreckens aufseiten der dort stationierte Soldaten bald zurückgeschlagen, verwundet und mussten sich in die umliegenden Hügel zurückziehen und verstecken.546

544 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 384ff. 545 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 390-392. Vgl hierzu auch den Bericht der UN Kommission: Report of the Security Council Commission of Inquiry established under Resolution 496 (1981). S. 42f. 546 Report of the Security Council Commission of Inquiry established under Resolution 496 (1981). S. 43. 143 Ein darauffolgender Angriff der Armee konnte von den Söldnern zurückgeschlagen werden. Mit der einbrechenden Dunkelheit entstand jedoch eine Pattsituation, da beide Seiten nicht über die erforderlichen Mittel für Nachtkampffähigkeiten verfügten.547 Puren und Hoare versuchten die sich bereits im Hotel befindlichen Piloten der Royal Swazi Airline zu überzeugen, die Truppe außer Landes zu fliegen, wurden von diesem jedoch abgewiesen.548 Die Rettung kam in Form des Air Fluges 224, der für den späten Abend erwartet wurde und nun von den Söldnern, die den Kontrollturm der Flugleitung übernommen hatten, zur Landebahn gelotst wurde. Nach der Landung, enterten die Söldner das Flugzeug und forderten die nichtsahnende Besatzung zum Verbleib in der Maschine auf.549 In der Zwischenzeit begann die Armee damit, auf Befehl Präsident René’s den Flughafen unter Beschuss zu nehmen, um den Druck auf die Söldner zu erhöhen, wissend, dass die Söldner das Leben der Geiseln und der Passagiere in der nun ebenfalls kontrollierten Air India Boeing nicht gefährden wollten.550 Es wurde in weiterer Folge ein Waffenstillstand ausgehandelt, für den Hoare garantieren musste, dass die Söldner vor Ort bleiben, damit das Flugzeug der Air India wieder abheben durfte.551 Mittlerweile gab es bereits Unstimmigkeiten zwischen den Söldnern der Kongo Kampagne und den südafrikanischen Soldaten, die für diese Söldneroperation rekrutiert wurden. Während Erstere einen Überraschungsangriff durchführen wollten, realisierten die Soldaten die Ausweglosigkeit der Situation und plädierten für den Rückzug. Die Entscheidung für die Flucht fiel und man konnte sich unbemerkt in das Flugzeug zurückziehen; inklusive Hoare, der bis zuletzt am Telefon verblieben war.552

Die Söldner konnten somit fast vollzählig das Land verlassen und befahlen dem Piloten Durban anzusteuern. Dieser aktivierte kurz vor der Landung das Transmittersignal, welches signalisierte, dass das Flugzeug entführt wurde. Somit wurden die Söldner auf einem geräumten Flughafen, der für die Presse gesperrt war, vom Militär in Empfang genommen und inhaftiert.553

547 Ellen Ray, The Indian Ocean: Seychelles beats back Mercenaries. S. 8. Vgl hierzu: Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 90. 548 Report of the Security Council Commission of Inquiry established under Resolution 496 (1981). S. 43. 549 Ebda. 550 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 400. 551 Report of the Security Council Commission of Inquiry established under Resolution 496 (1981). S. 43 552 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 402-406. 553 Ebda. 144 Auf den Seychellen hatten sich Teile des Vorauskommandos abgesetzt und versuchten die Tarnung als Touristen wiederaufzunehmen. Die Söldner, die sich nach dem erfolglosen Angriff auf den Armeestützpunkt in die Hügel zurückgezogen hatten, wurden gefangengenommen. Nach kurzen Ermittlungen wurden auch die restlichen Beteiligten inhaftiert und zu allerletzt stellte sich Jerry Puren persönlich der Polizei, nachdem er für mehrere Tage untergetaucht war.554

Die Folgezeit – Gerichtsverhandlungen und Aufdeckung südafrikanischer Aktivitäten Während die Söldner auf den Seychellen inhaftiert, misshandelt und nur durch das persönliche Engagement eines Arztes in einem Krankenhaus vor der Lynchjustiz der Armee bewahrt wurden, bevor sie der britisch ausgebildeten Polizei übergeben und somit sicher waren, befanden sich die Söldner in Südafrika zunächst 6 Tage ohne Anklage im Gefängnis, bevor sie zunächst auf Kaution freigelassen und zu Stillschweigen aufgefordert wurden.555 Die öffentliche Meinung stand hinter den Söldnern. Hoare war seit dem Kongo-Konflikt ein Volksheld und die fehlgeschlagene Operation auf den Seychellen wurde zunächst als sportliches Unternehmen dargestellt, bei dem nichts „Gröberes“ passiert sei. Viel größer war der internationale Aufschrei, da man von Südafrika erwartete, als unterzeichnender Staat eines internationalen Luftsicherheitsabkommen, gegen die Entführung des indischen Flugzeuges vorzugehen. Hoare und Gefolge wurden somit wegen des Verstoßes gegen den Civil Aviation Act angeklagt und in Zuge dessen zu Haftstrafen von fünf Jahren (Mike Hoare, Peter Duffy, Tullio Moneta) sowie sechs Monaten (für die restlichen Söldner) verurteilt.556 Die Gerichtsverhandlung zeigte zudem die Involvierung der südafrikanischen Nachrichtendienste auf und löste damit eine Reihe von Dementis und Konsequenzen innerhalb deren Rängen aus.557 Diese historische Episode hatte auch ihre Auswirkungen auf Ebene der Vereinten Nationen. Am 15. Dezember entschloss sich der UN-Sicherheitsrat eine Kommission mit einer Untersuchung der Vorgänge zu beauftragen.558 Diese befragte alle beteiligten Parteien und endete in einem fast 200 Seiten starken Endbericht.559

554 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 412. 555 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 410. 556 Anthony Mockler, The New Mercenaries. S. 418ff. 557 Joseph Lelyveld, Trial gives peek at South Africa Intelligence Web. S. A-2. 558 496 (1981). Resolution of 15 December 1981. Download: https://documents-dds- ny.un.org/doc/RESOLUTION/GEN/NR0/418/83/IMG/NR041883.pdf?OpenElement, eingesehen am 30.07.2017. 559 Report of the Security Council Commission of Inquiry established under Resolution 496 (1981). 145 Auch die auf den Seychellen inhaftierten Söldner mussten sich ihrer Verantwortung vor Gericht stellen und kompromittierten im Zuge der Verhandlungen ebenfalls Südafrika und Kenia. Die Aussagen der dort verhörten Personen korrelierten mit denen der in Südafrika zu Protokoll gegebenen und brachten damit höchste südafrikanische Regierungskreise in Verlegenheit.560 Die Söldner auf den Seychellen wurden aufgrund der Anklage des Hochverrats zum Tode verurteilt. Dank diplomatischer Bestrebungen wurden ihre Urteile jedoch bald in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Nach ein paar Jahren des Hausarrests auf der Insel Patte, wurden sie letzten Endes freigelassen.561 Die in Südafrika inhaftierten Söldner kamen ebenfalls früher als erwartet frei. Die zu sechs Monaten verurteilten, bereits nach vier und die für fünf Jahre inhaftierten bereits nach zwei. Nur Hoare musste noch ein weiteres Jahr in Haft verbringen und wurde somit nach drei Jahren entlassen – jedoch nicht bevor man noch einmal eine Woche in Einzelhaft für ihn anordnete, um ihn daran zu erinnern, nach seiner Freilassung das Söldnergeschäft sein zu lassen.562

V. Zwischenfazit – das Ende einer Ära Die Söldnerrevolte im Sommer 1967 wird immer wieder gerne als Beispiel für das zwiespältige Verhältnis zwischen Söldnern und deren Auftraggebern zitiert. Klaas Voß ging sogar so weit hier abermals Machiavelli zu bemühen und das Dilemma zu unterstreichen, dem sich Dienstherren gegenübergestellt sehen, wenn sie Söldner anstellen: Inkompetenz versus Ehrgeiz und Machthunger.563 Dabei muss jedoch in diesem speziellen Fall bemerkt werden, dass hier (auch wenn Machterhalt eine Rolle gespielt haben mag) vielmehr die Verbindung zu einem ehemaligen Auftraggeber, in Form von Moise Tshombé, eine Rolle spielte. Nicht zuletzt versuchten die verschiedenen Söldnerführer ja genau diesen alten Dienstherren wieder an die Macht zu bringen und begehrten neben anderen Gründen auch deshalb auf. Mit den gegenseitigen Machterhaltsplänen Mobutus und Tshombés wurden jedenfalls Legenden geschaffen. Diese wurden ausreichend medial diskutiert, um eine breite Aufmerksamkeit zu schaffen und boten in Kombination mit dem Kriegsschauplatz Afrika spannende Impulse, die Einfluss auf Literatur und Film nahmen. Als Beispiel sei hier Denards Evakuierung nach Rhodesien in einem gekaperten Flugzeug zu nennen, die in Kombination mit den vermuteten Putschplänen eines sich im Exil befindlichen Tshombés, im Film The Wild Geese (1978) seinen Widerhall fand.

560 James Khatami, Trial reveals S. Africa’s role in Seychelles coup. S. 17. 561 Anthony Mockler, Hired Guns and Coups D’Etat. S. 128-131. 562 Ebda. 563 Klaas Voß, Washingtons Söldner. S. 190. 146 Die Ironie der Geschichte wollte es auch so, dass genau während der Dreharbeiten zu diesem Film Mike Hoare als technischer Berater angestellt wurde und dort auf Tullio Moneta traf, der ihm in weiterer Folge bei seinen Plänen für den Coup d’Etat auf den Seychellen maßgeblich zur Seite stand. Somit schloss sich in diesem konkreten Beispiel der Kreis: Historische Ereignisse kreierten eine literarische und filmische Repräsentation, im Zuge derer ein Einfluss auf zukünftige reale Entwicklungen genommen wurde und einmal mehr Südafrika im Mittelpunkt der Geschehnisse stand.

Bezugnehmend auf die vier Aspekte (wohlhabende Interessensgruppe, Befreiung/Inhaftierung wichtiger Politiker, Aufbegehren der Söldner, nachrichtendienstliche Einflussnahme), die in den Filmen The Wild Geese (1978) und The Dogs of War (1980) identifiziert und weiter oben angeführt wurden, wird klar wie prägnant die Ereignisse Einfluss auf die Produktionen genommen haben.564 Dass es sich dabei um einen laufenden Prozess handelt und kontemporäre Vorgehensweisen wiederspiegelte, zeigen die Informationen über die Einflussnahme der südafrikanischen Nachrichtendienste, die im Zuge der Seychellen Prozesse thematisiert wurde.

Zumindest für die alte Riege der Weißen Söldner endete mit den 1980er Jahren eine Ära – nicht zuletzt aufgrund des eigenen Alters. Dennoch entstanden hier einprägsame Bilder, die nach wie vor rezipiert werden, wenn es um die Thematisierung von Söldnern geht. Insofern macht es sich bezahlt, ebenso einen Blick auf die Verwendung des Söldnerbildes in den Medien zu werfen.

564 Wenngleich hier auch erwähnt werden muss, dass The Dogs of War (1980) seine Ursprünge im Biafra Konflikt findet. Siehe Kapitel III.K.3. 147 IV. Die Instrumentalisierung des Söldnerbildes

W. Das Bild des Söldners und die Verwendung als Mittel der Delegitimierung Das öffentliche Bild von Söldnern entwickelte sich seit der Phase der Herausbildung des staatlichen Gewaltmonopols zu einem Negativem. Mit der Zentralisierung der Gewalt in den staatlichen Institutionen, trat ein gezielter Prozess in Kraft, jegliche nichtstaatliche Gewalt zu delegitimieren und unter Strafe zu stellen.565 Nichtsdestotrotz waren Söldner seit jeher ein fester Bestandteil der Kriegsführung, weshalb sie trotz dieser Ausgrenzungsversuche am Rande der Gesellschaft und bei kriegsführenden Parteien nach wie vor aufzufinden waren. Niccholo Machiavelli äußerte – wie bereits zu Beginn dieser Arbeit erwähnt – seinen Unmut über die angebliche Unbrauchbarkeit der damaligen Condottieri. Die zweifelhaften Personenkreise, die sich unter Söldnertruppen bis in die jüngste Zeitgeschichte befanden, trugen zudem noch das ihre dazu bei, dass dem Wort „Söldner“ ein negativer Klang anhaftet.566

Das (post-) moderne Bild, bzw. das unserer Zeit, ist vor allem durch Unterhaltungsliteratur, Popkultur und dem Medium Film geprägt. Die bereits behandelten Bestseller Romane wie Frederick Forsyths The Dogs of War oder Blockbuster Filme wie The Wild Geese hatten maßgeblichen Einfluss auf die Meinungsbildung und kreierten ein Bildnis von „[…] freiberufliche[n] Soldaten ohne feste Heimat, die sich fürstlich bezahlen lassen, für eine fragwürdige Sache zu kämpfen.“567 Diese fiktiven Geschichten spielen alle in jener historischen Periode, die maßgeblich an der Herausbildung der kontemporären gesellschaftlichen Wahrnehmung von „Söldnern“ beteiligt war und in den vorangegangenen Kapiteln näher beleuchtet wurde. Diese Beteiligung ausländischer Truppen in afrikanischen Konflikten während der 1960er Jahre, kreierte laut David Shearer eine Wahrnehmung von reaktionären Kräften und Agenten der (ehemaligen) Kolonialmächte, die gegen eine Selbstbestimmung der jeweiligen afrikanischen Länder eingesetzt wurden.568 Vor allem im Belgisch-Kongo wurden die Kommandeure von eingesetzten Söldnergruppen ihrem Spitznamen „les affreux“ gerecht und waren auch noch lange danach als – übersetzt – „die Schrecklichen“ verschrien. Auch der Biafra Konflikt in Nigeria sorgte mit seiner Involvierung ausländischer Söldnertruppen für ein eindeutiges Bild

565 David Jaklin, Das Dilemma des staatlichen Gewaltmonopols. 566 Siehe hierzu das Kapitel zur Terminologie des Söldnerbegriffes. 567 Peter W. Singer, Die Krieg AGs. S. 78. 568 David Shearer, Private Armies and Military Intervention. S. 15. 148 für die internationalen Beobachter.569 Als Konsequenz kommt David Shearer zu der Schlussfolgerung, dass das Wort „Söldner“ schon ausreicht, um dementsprechend negative Perzeptionen in Gang zu setzen: „Labeling a military company ‚mercenary‘ feeds a set of pre- conceived ideas and obscures the issues at stake. Mercenaries are widely perceived to be war profiteers exploiting violence for personal gain.“570

1. Kontemporäre Beispiele für politische Delegitimierungsversuche

Als Beispiel hierfür, ist eine historische Episode der späten 1990er Jahre in Papua Neu Guinea [PNG] zu erwähnen. Als sich die dortige Regierung nach einem neunjährigen Konflikt mit der Bougainville Revolutionary Army dazu entschloss, die britische PMC Sandline International zu engagieren, um den Spezialeinsatzkräften des Landes Hilfe in Form von Training, Ausrüstung, aber auch direkter Unterstützung in Kampfhandlungen zu leisten, kam es zu einem Eklat. Die Pläne wurden vom geographischen Nachbarn und ehemaligen Kolonialherren PNGs – Australien – zutiefst verurteilt. Sowohl Politiker als auch australische Medien benutzen die gängigen Klischees für Söldner und erreichten David Shearer zufolge mit plakativen Aussagen wie „Auftragsmörder“, „Hunde des Krieges“ [in direkter Anspielung auf das Buch Frederick Forsyths und dessen Verfilmung, Anm.] eine Annullierung des Vertrages. Der Plan der Regierung, Söldner zu verwenden, löste eine politische Krise aus und resultierte in einem Putsch des Militärs gegen Premierminister Chan, der zu einem Rücktritt gezwungen wurde.571

Auch in jüngsten Konflikten, sowohl in der Ukraine, als auch in Syrien, wurde die Problematik von nichtstaatlichen Akteuren, idealistischen Freiwilligen oder nicht identifizierbaren paramilitärischen Kräften dafür genutzt, eine Söldner-Rhetorik zu verwenden, um Kritik an konkurrierenden Staaten zu üben, oder die Tätigkeit der betreffenden Personenkreise zu verurteilen. So kamen im Frühjahr 2014 Berichte an die Öffentlichkeit, dass vermeintliche Söldner der amerikanischen Firma Academi (vorher bekannt unter dem Namen „Blackwater“) in der Ostukraine gegen die separatistischen Kräfte, die ihrerseits von Russland unterstützt werden, kämpfen.572

569 David Shearer, Private Armies and Military Intervention. S. 15. 570 David Shearer, Private Armies and Military Intervention. S. 11-13. 571 Ebda. 572 CHS/Reuters, Einsatz gegen die Separatisten. Ukrainische Armee bekommt offenbar Unterstützung von US- Söldnern, In: Spiegel Online, 11.05.2014. Download: http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-krise-400- us-soeldner-von-academi-kaempfen-gegen-separatisten-a-968745.html, eingesehen am 16.07.2017. 149 Da Blackwater durch mehrere ambivalente Ereignisse während des Irak-Krieges (2003-2011) und daraus resultierender Gerichtsprozesse einen internationalen Ruf erlangte, der für alles steht, was an der Privaten Sicherheits- und Militärbranche kritisiert werden kann, erstaunt es nicht, dass vonseiten russischer Nachrichtensender der Name der Firma inflationär Verwendung fand, obwohl die Firma im Jahr 2009 umstrukturiert und im Folgejahr verkauft und somit offiziell geschlossen wurde. Diese Fakten unterschlagend, wurde berichtet, dass die Ukraine „Blackwater-Söldner“ in den Osten verlegte, um dort „die Proteste maximal schnell und hart niederzuschlagen.“573 Die Nachfolgefirma Blackwaters – Academi – war zwar bemüht dies zu dementieren, in der medialen Berichterstattung fand dies jedoch kaum Beachtung, wenn auch zumindest eingeräumt wurde, dass die Firma einen markanten strukturellen Wandel vollzogen hatte.574 Auch wenn tatsächlich englischsprechendes Militärpersonal vor Ort war, wie auf mehreren im Internet kursierenden Videos nach wie vor zu sehen ist, konnte bis jetzt keine Zuordnung stattfinden, was dementsprechenden Raum für Spekulationen und eine PR-Verwendung zulässt.575

Eine ähnliche Argumentation lässt sich in der Berichterstattung zu westlichen Freiwilligen feststellen, die auf Seite der kurdischen Peshmerga Truppen gegen die Terrororganisation ISIS im Irak und Syrien kämpften. Hier wurden ebenfalls von russischen Medien die für Söldner verwendeten Klischees der Abenteurer und Mörder verwendet, aber auch Popkulturreferenzen zu den in dieser Arbeit thematisierten Filmen gezogen. So ist auf Russia Today die Passage zu finden, dass: „There are also thrill seekers going into the fray for the adrenaline rush and a chance to kill or be killed without a jail term as a consequence. There are also professional wild geese, taking pay checks for „wet work“.“576 In Anlehnung an den Film The Wild Geese (1978) wird somit suggeriert, dass sich nicht nur Abenteuerlustige, sondern auch professionelle Kämpfer, im Dienste der Peshmerga für blutige Arbeit577 bezahlen lassen. In Anbetracht dessen, dass westliche Regierungen bei der Rückkehr dieser Kämpfer von einer strafrechtlichen

573 EIL - Kiew entsendet Blackwater-Söldner zur Unterdrückung der Proteste im Osten der Ukraine. In: Sputnik Deutschland, 07.04.2014. Download: https://de.sputniknews.com/politik/20140407268223480-EIL---Kiew- entsendet-Blackwater-Sldner-zur-Unterdrckung-der/, eingesehen am 16.072017. 574 APA/Reuters, US-Sicherheitsfirma Academi dementiert Einsatz in der Ukraine. In: Der Standard, 11.05.2014. Download: http://derstandard.at/1399507156011/Angeblich-400-Blackwater-Soeldner-auf-Seiten-der-Ukraine- im-Einsatz, eingesehen am 16.05.2017. 575 Erste filmische Beweise für US-Söldner in der Ukraine? RT Deutsch, 26.01.2015 Download: https://youtu.be/ELZmwakRU3c, eingesehen am 16.05.2017. 576 Int'l anti-ISIS brigade: Westerners flock to fight for Kurds. Russia Today, 24.11.2014. Download: https://www.rt.com/news/208083-westerners-isis-kurds-syria/, eingesehen am 16.07.2017. 577 „wet work“ bzw. zu Deutsch „feuchte Arbeit“ ist ein Euphemismus für „Blutige Arbeit“. 150 Verfolgung absehen, da die betreffenden Individuen gegen eine international gelistete Terrororganisation gekämpft hatten, wirft man diesen Regierungen Doppelstandards vor. Diese Umstände wurden genutzt, um die russische Politik in der Ukraine Krise zu entlasten und ähnliche Vorgänge in den umkämpften Gebieten in Donezk und Lugansk zu rationalisieren. So wird ein direkter Vergleich mit russischen Freiwilligen gezogen, die selbstständig den Separatisten in der Ukraine militärische Hilfe leisten. Die Kritik der Doppelstandards wird darin geäußert, dass der „Westen“ dies als eine russische Invasion deklarieren würde.578

Diese Anschuldigungen, dass der „Westen“ Söldner für seine Stellvertreterkriege benutzt, haben eine lange Tradition, die bis in den Kalten Krieg zurückverfolgt werden kann. Dass dieses Mittel zur moralischen Anklage eines politischen Gegners somit nicht nur ein Produkt der jüngsten Vergangenheit ist, zeigen die zum Zeitpunkt der Kongo Wirren produzierten Filme der DDR, die den afrikanischen Konflikt dazu verwendeten, die Bundesrepublik Deutschland und den „Westen“ als solchen anzugreifen. Dabei wurde das Medium Film als wichtiges Instrumentarium ausgewählt, um den Klassenkampf zu thematisieren. Die veröffentlichten Produkte sprechen für sich und zeichnen ein deutliches Bild von der Effektivität der medialen Einflussnahme und Meinungsbildung.

578 Int'l anti-ISIS brigade: Westerners flock to fight for Kurds. Russia Today, 24.11.2014. 151 X. „Der lachende Mann“ – die Personifikation des Neokolonialismus durch die Linse der DDR

1. Das Medium Film in der DDR – Das Duo Heynowski und Scheumann

Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland [BRD], nahm in der Deutschen Demokratischen Republik [DDR] das Medium Film eine weitaus größere Rolle ein, wenn es darum ging Themen des Kalten Krieges zu portraitieren und im Zuge dessen den Klassenfeind anzugreifen. Deckert, Eberspächer und Wiechman führen dies mit einem Beispiel deutlich vor Augen: So wurden alleine im Jahr 1959 knapp 30% der Jahresproduktion der Deutschen Film AG [DEFA] ausdrücklich in Filme investiert, die Aspekte des Ost-West-Konflikts thematisierten.579 Zudem hatte der Dokumentarfilm als solcher in der DDR, neben der offensichtlichen Darstellung des Geschehenen, noch eine weitere Funktion: nämlich zu den ideologischen „Kämpfen der Zeit“, aber auch „[...] zur Vermittlung und Verbesserung des Sozialismus im eigenen Land und zur Bekämpfung der äußeren Feinde des Sozialismus“ beizutragen.580 In diesem Umfeld konnten sich zwei DEFA Mitarbeiter besonders profilieren und zu grenzüberschreitender Bekanntheit geraten: Walter Heynowski und Gerhard Scheumann. Die beiden, die durch die Abkürzung H&S bekannt wurden, bildeten ein Trio mit einem dritten Mann im Hintergrund, der sie aufgrund seiner Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit [MfS]581 mit Kontakten und Material aus der BRD versorgen konnte: Peter Hellmich.582 Heynowski und Scheumann konnten unter privilegierten Bedingungen arbeiten und betrachteten ihre Filme nicht nur als künstlerische Propagandafilme, sondern auch als eine Inszenierung des Klassenfeindes.583 Im Zuge dessen gelang es ihnen im Zeitraum von 25 Jahren 71 gemeinsame Dokumentationen zu produzieren die allesamt von einer investigativen Note gezeichnet waren und den beiden international eine ambivalenten Ruf einbrachten.584 Im Zeitraum von 1965 bis 1976 schufen H&S insgesamt fünf Filme zur Thematik der „Weißen

579 Roman Deckert, Cord Eberspächer, Gerhard Wiechmann, Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg: „Der lachende Mann. Bekenntnisse eines Mörders“ und „Immer wenn der Steiner kam“. Sternstunden des Films oder demagogische Demontage? In: Lars Karl (Hg.), Leinwand zwischen Tauwetter und Frost. Der osteuropäische Spiel- und Dokumentarfilm im Kalten Krieg. Berlin 2007. 172f. 580 Rüdiger Steinmetz, Tilo Prase, Dokumentarfilm zwischen Beweis und Pamphlet. Heynowski & Scheumann und Gruppe Katins,Leipzig 2002. S. 9. 581 Umgangssprachlich als die „“ bekannt. 582 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. 176. 583 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. 174. 584 Rüdiger Steinmetz, Tilo Prase, Dokumentarfilm zwischen Beweis und Pamphlet. S. 15. 152 Söldner“ in Afrika. Diesen Produktionen lag immer die Intention zugrunde, die „neo- imperialistische“ Außenpolitik der BRD zu diffamieren. Somit entstanden innerhalb von zehn Jahren die inhaltlich zusammenhängenden Dokumentationen Kommando 52 (1965)585, Der lachende Mann (1966)586, PS zum lachenden Mann (1966)587, Der Fall Bernd K. (1967)588 und Immer wenn der Steiner kam (1971-76).589 590

2. Vorgeschichte – Die Thematisierung des Kongo Konflikt in der BRD und DDR

Im September 1964 erschien in der Zeitschrift Der Stern der erste von drei Artikeln über die im Kongo kämpfenden weißen Söldner. Unter dem Titel „Auf der Straße der Landsknechte“ berichteten die Reporter Gerd Heidemann und Ernst Petry über ihre Eindrücke im vom Krieg gezeichneten Land und wie sie dort auf das von Siegfried Müller geführte 52 Commando stießen.591 Als die beiden im Kongo eingetroffen waren, stießen sie bereits am Flughafen auf einige deutsche Söldner. Weitere, die desertiert und sich ihres Schicksals nicht gewiss waren, konnten in Ingende ausfindig gemacht werden. Heidemann und Petry recherchierten dort schon die ersten Anekdoten von gefallenen Deutschen und sammelten Bildmaterial. Zugleich überzeugten sie die Männer erfolgreich, sie zu Siegfried Müller zu bringen. Dieser war dankbar, dass man ihm seine Männer wiederbrachte und erlaubte den Reportern, sich dem 52 Commando anzuschließen – trotz des bestehenden Verbotes für eine solche Begleitung.592 Das während der Reise aufgenommene Bild- und Tonmaterial erweckte in weiterer Folge die Aufmerksamkeit von Walter Heynowski, der versuchte mittels seines Kontaktmannes Peter Hellmich an die Aufnahmen zu kommen. Mit Erlaubnis des Chefredakteurs des Sterns – Henri Nannen – verkaufte Heidemann diese für 10.000 DM.593 Jahre später wusste Heynowski in einem Interview zu berichten, dass es während des Kalten Krieges unter den Reportern und Filmschaffenden eine gewisse Kollegialität gegeben hätte, was die Weitergabe der Materialien

585 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), Kommando 52 (1965). 586 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), Der lachende Mann – Bekenntnisse eines Mörders (1966). 587 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), PS zum lachenden Mann (1966). 588 Peter Voigt, Walter Heynowski (Regie), Der Fall Bernd K. (1967). 589 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), Immer wenn der Steiner kam (1971-76). 590 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. 171. 591 Gerd Heidemann, Ernst Petry, Auf der Straße der Landsknechte. In: Der Stern, Nr. 47 (1964), S. 40-52. Sowie Der Stern, Nr. 48 (1964), S. 92-99, und Der Stern, Nr. 49 (1964), S. 112-118. 592 Siegfried Ressel (Regie), Kongo Müller: Eine deutsch-deutsche Geschichte (ZDF, arte, 2010). 593 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 176. 153 ermöglichte. Sicherheitshalber schuf man eine fiktive Geschichte, um den Besitz des Materials erklären zu können, ohne den Stern oder Heidemann zu desavouieren.594 Mithilfe dieser Ressourcen konnte Heynowski die Dokumentation Kommando 52 zusammenstellen, die ihren Namen an der von Siegfried Müller geführten Truppe 52 Commando anlehnte. Teilweise direkte Textstellen aus dem Stern Artikel übernehmend, suggerierte der Film, dass die Produzenten selbst vor Ort waren.595 Die aufgebaute These lautete, dass deutsche Söldner im Kongo mit Wissen und Unterstützung der BRD und Moise Tshombé ihr Unwesen trieben. Tagebücher, Fotos, Film- und Tonmaterial sollten zusammen mit einer Aufzählung von deutschen Namen die Verantwortung der Bundesrepublik unterstreichen. Gleichzeitig versuchte man über die persönlichen Biographien einzelner Beteiligter vermeintliche Verbindungen zum Apartheid-Regime Südafrika und der BRD herzustellen.596 Die Tatsache, dass auch ein Vertreter eines deutschen Adelsgeschlechts unter Müllers Befehl stand, ermöglichte zudem, in Kombination mit den anderen genannten Umständen, eine Argumentation der „Kontinuität der alten Eliten aus Wirtschaft, Adel und Militär in der Bundesrepublik“ zu konstruieren.597 Die Parallelmontagen der Bilder aus dem Kongo, die um einen maximalen Schockeffekt zu erzielen verstümmelte Afrikaner zeigten, in Kombination mit Aufnahmen eines Staatsbesuchs Tshombés in Westdeutschland, implizierten somit eine „Mittäterschaft“ der BRD im Kongo- Konflikt. Damit sollte letzten Endes nicht nur ein Hass auf die deutschen Söldner erzeugt werden, sondern auch auf die „neokoloniale“ Politik der Bundesrepublik.598 Das Propagandaprodukt der DDR wurde dementsprechend im Westen Deutschlands kritisch wahrgenommen und im Zuge eines interministeriellen Ausschusses als Völkerverhetzung eingeordnet. Man argumentierte sogar damit, dass der Film die zwischenstaatlichen Beziehungen zwischen dem Kongo und der BRD negativ beeinflussen könnte. Matthias Steinle geht so weit zu sagen, dass „[s]elten einem Dokumentarfilm so viel Wirkungsmacht zugesprochen [.]“ wurde. Aus diesem Anlass wurde der Film gesperrt und nicht in Westdeutschland vorgeführt.599

594 Siegfried Ressel (Regie), Kongo Müller: Eine deutsch-deutsche Geschichte (ZDF, arte, 2010). 595 Siegfried Ressel (Regie), Kongo Müller: Eine deutsch-deutsche Geschichte (ZDF, arte, 2010). 596 Unter anderem hatte einer der deutschen Söldner, nach seinem Dienst in der Fremdenlegion bei Mercedes- Benz in Südafrika gearbeitet. Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. Die Gegenseitige Darstellung von BRD und DDR im Dokumentarfilm, Konstanz 2003. S. 295f. 597 Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. S. 296. 598 Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. S. 297ff. 599 Ebda. 154 3. Die Produktion des „Lachenden Mannes“

Im Zuge der Produktion des Dokumentarfilmes Kommando 52 erahnte Heynowski das Potential, dass ein direktes Interview Siegfried Müllers mit sich bringen könnte.600 Zu diesem Zeitpunkt befand sich dieser wieder in Deutschland, da sein sechsmonatiger Vertrag ausgelaufen war und er auf neue Befehle wartete. Hinzu kam, dass er finanzielle Probleme hatte, die sich Heynowski zu Nutzen machen konnte. Peter Hellmich baute einen Kontakt mit Müllers Ehefrau auf, die ihm bereits während der ersten Treffen privates Bildmaterial zur Verfügung stellte und einem Interview positiv aufgeschlossen war. Zusammen mit ihrem Mann wurde sie von Hellmich und Heynowski in weiterer Folge in einem Münchner Nobelhotel einquartiert, um zu verhindern, dass Müller den ostdeutschen Hintergrund der Filmemacher durschaute.601

Für das Interview selbst mietete man sich ein Atelier und ein Filmteam an. Da Heynowski das Interview nicht selbst durchführen wollte, zog er Gerhard Scheumann hinzu, der in der DDR durch die Moderation des innenpolitischen Magazins Prisma weitflächig bekannt war und eine dementsprechende Signalwirkung hatte.602 Die Vorbereitungen erfolgten innerhalb eines kurzen Zeitfensters, da man Müller vor Erscheinen des Filmes Kommando 52 auf der Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche interviewen musste, da dieser sonst von den Hintergründen der Produktion erfahren würde. Scheumann hatte somit zwei Tage Zeit, einen Fragenkatalog von 100 Fragen zu erstellen, die alle Eventualitäten und ein mögliches Ausweichen seines Gegenübers in Betracht zogen.603 Am 10. November 1965 kam es dann zu einem vierstündigen Interview, das in weiterer Folge auf 65 Minuten geschnitten wurde. Müller erschien in zivil, wurde aber von Heynowski und Scheumman dazu überzeugt das Gespräch in einer Tarnuniform zu absolvieren. Gleichzeitig machte man sich den Alkoholismus des deutschen Söldners zu Nutzen und stellte alkoholische Getränke in ausreichendem Umfang zur Verfügung.604 Das fertige Endprodukt war ein einfacher, auf die Person Müller fokussierter Film, der eine klare dreiteilige Struktur aufweist. Zunächst wurde dem Söldner die Möglichkeit gegeben sich

600 Siegfried Ressel (Regie), Kongo Müller: Eine deutsch-deutsche Geschichte (ZDF, arte, 2010). 601 Rüdiger Steinmetz, Tilo Prase, Dokumentarfilm zwischen Beweis und Pamphlet. S. 77ff. 602 Siegfried Ressel (Regie), Kongo Müller: Eine deutsch-deutsche Geschichte (ZDF, arte, 2010). Vgl. Rüdiger Steinmetz, Tilo Prase, Dokumentarfilm zwischen Beweis und Pamphlet. S. 78. 603 Ebda. 604 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 179. 155 selbst vorzustellen und ein Bild seiner Person zu zeichnen. Mit Fotografien aus seiner Vergangenheit unterstrichen, wurde der Versuch unternommen, ihn als ein typisches Produkt der westdeutschen Gesellschaft darzustellen, bei dem nicht nur eine Kausalkette von seiner Vergangenheit in der Wehrmacht und der anschließenden Verwendung in den amerikanischen Verbänden im Nachkriegsdeutschland aufgebaut wurde, sondern auch ein direkter Konnex zu seiner Tätigkeit als Söldner im Kongo.605 Die Ereignisse im Kongo bildeten den Hauptteil, der von relativierenden Aussagen Müllers geprägt ist, welche zunehmend mit Parallelmontagen dekonstruiert wurden. Müllers Geltungsdrang während des Interviews, in Kombination mit seinem Alkoholkonsum, resultierte darin, dass H&S genau das Material bekamen, auf das sie gehofft hatten. Im Zuge der Aufnahmen gab sich Müller einer Rhetorik des Antikommunismus und Neokolonialismus hin und lieferte laufend Stich- und Reizworte, die das Narrativ der Filmmacher unterstrichen.606 Mit der zunehmenden Betrunkenheit Müllers wechselte Scheumann zu den problematischeren Fragen und konnte aus Müller anhand von Suggestivfragen Vergleiche mit einem Einmarsch in Vietnam und einem ähnlichen Szenario für die DDR herauslocken, aber auch mit subtileren Thematiken, wie dem von ihm getragenen Eisernen Kreuz erster Klasse, ansprechen, dass die amerikanischen Militärs, mit denen Müller Kontakt hatte, keinen Anstoß an seiner Wehrmachtsvergangenheit nahmen.607 So konnte man nicht nur im Hauptteil die verharmlosenden Aussagen Müllers mit den Bild- und Tonaufnahmen aus dem Kongo konterkarieren und „entlarven“, sondern auch in einem weiteren Schritt und somit dem dritten Teil, einen Übergang vom Individuum auf das westliche System vollziehen, dass als imperialistisch und klassenfeindlich dargestellt wurde.608 Matthias Steinle konstatiert hierzu treffend: „Die Strategie, Kongo-Müller als Vexierbild der Bundesrepublik vorzuführen, ging insofern auf, da der Söldner in seiner Rechtfertigung bemüht war, sich als Verteidiger westlicher Werte und Vertreter westdeutscher Interessen darzustellen und mit seinen Aussagen Wasser auf die Mühlen des antikolonialistischen Diskurses von Heynowski und Scheumann goss.“609

605 Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. S. 302. 606 Rüdiger Steinmetz, Tilo Prase, Dokumentarfilm zwischen Beweis und Pamphlet. S. 80-82. Siehe hierzu auch Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. S. 302-304. 607 Rüdiger Steinmetz, Tilo Prase, Dokumentarfilm zwischen Beweis und Pamphlet. S. 80-82. 608 Ebda. 609 Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. S. 304. 156 4. Die Rezeption des Films „Der lachende Mann“

Der Lachende Mann wurde bis zum Jahr 1981 in englisch, französisch und spanisch synchronisiert610 und in insgesamt 37 Länder exportiert.611 Wie bereits Kommando 52 wurde auch dieser Film von H&S in Westdeutschland zensiert und nur in Ausschnitten im ZDF- Magazin Drüben gezeigt.612 In der DDR erreichte der Film laut Erhebungen der Zuschauerforschung vermeintliche 54,5% der Zuseher. Während der Oberhausener Kurzfilmtage sorgte er für erhebliches Aufsehen und wurde bei der Mannheimer Filmwoche nicht zugelassen. Die SED reagierte auf die Zensur und Kritik mit der Weisung an alle berichterstattende Journalisten, dass die „kriegstreibende“ Rolle der USA und der BRD in ihren Artikeln zu inkludieren sei – die Chefredakteure hätten dies sicherzustellen.613 Auch die Berichterstattung in Westdeutschland setzte sich mit dem Film auseinander – teils reißerisch, teils objektiv, und die Dokumentation dekonstruierend. So wurde in diversen Stellen angesprochen, wie sich Müller in diese Lage locken ließ, dass er als Söldner für den freien Westen „schlachten“ würde oder mit welchen Mängeln das filmische Produkt gespickt sei. Nichtsdestotrotz war die Empörung beachtlich – hinterfragte der Film doch die deutsche Außenpolitik.614

5. Der Kongo-Müller zwischen Anspruch und Realität

Mit dem Film Der lachende Mann (1966) wurde ein Mythos des Kongo-Müllers kreiert, der bis in die heutige Zeit reicht und nach wie vor von den Medien bei Bedarf aufgegriffen und sogar in Theaterstücken reflektiert wird.615 Nicht zuletzt wurde die Thematik im Vorfeld eines Kongo-Einsatzes der deutschen Bundeswehr im Jahr 2006 in den Medien kontroversiell diskutiert.616

610 Rüdiger Steinmetz, Tilo Prase, Dokumentarfilm zwischen Beweis und Pamphlet. S. 86. 611 Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. S. 299. 612 Ebda. 613 Rüdiger Steinmetz, Tilo Prase, Dokumentarfilm zwischen Beweis und Pamphlet. S. 85. 614 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 198. 615 Zuletzt im deutschen Magazin der Spiegel: Eike Frenzel, Söldnerlegende „Kongo-Müller“. Legionär an der Medienfront. In: Der Spiegel, 19.05.2010, Download: http://www.spiegel.de/einestages/soeldnerlegende-kongo- mueller-a-948923.html, eingesehen am 15.07.2017. Zum Theaterstück siehe: Adrienne Braun, „Kongo-Müller“ in der Rampe. Ein unangenehmer Mann. In: Stuttgarter Zeitung, 01.02.2014. Download: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kongo-mueller-in-der- rampe-ein-unangenehmer-mann.9aabd985-5791-4b60-ba6b-0f093ba3da16.html, eingesehen am 15.07.2017. 616 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 184. 157 Mit Blick auf die verfügbaren Quellen wird der Mythos und auch der Anspruch des Phänomens „Kongo-Müller“ jedoch schnell von der Realität eingeholt. Deckert, Eberspächer und Wiechmann wissen in ihrem detailliert recherchierten Artikel zu berichten, dass „[d]er zum ‚Kongo-Müller’ hochstilisierte ‚Major’ [.] auch schon 1964/65 eher das Produkt einer sensationsgierigen Regenbogenpresse [war,] als ein wichtiger Protagonist des kongolesischen Bürgerkrieges.“617 Im Februar 1965 war Siegfried Müller bereits aus dem Kongo zurückgekehrt, da sein sechsmonatiger Vertrag nicht verlängert worden war. Dort hatte er sich nämlich nicht gerade durch Effizienz ausgezeichnet und verbrachte nach mehreren Fehlschlägen und Verlusten in der Anfangszeit der Söldner auf dem Stützpunkt Kamina.618 Mike Hoare erwähnte hierzu in seinen Kongo Memoiren am Rande die Aktivitäten Müllers und berichtete, wie er selbst in seiner Funktion als Kommandant das 52 Commando aufsuchen musste, um dort mehrere Probleme zu klären.619 Dort angekommen wies er zunächst eine Gruppe von Journalisten aus (hier kann es sich nur um Heidemann und Petry gehandelt haben), die sich Müller angeschlossen hatten und die toten Rebellen genauestens fotografierten. Hoare erwähnt nur, dass es eine lange Liste an Problemen in der Gruppe gegeben habe. Jedenfalls wurde Müller des Kommandos enthoben und in die Administration des Stützpunktes Kamina versetzt. Auch wenn Hoare Müller nur indirekt in Bezug auf seine Art der militärischen Führung kritisiert, hatte er scheinbar genug Respekt ihm gegenüber, dass er ihn noch einen letzten Angriff auf die Stadt planen ließ, der erfolgreich und ohne Verluste vonstattenging.620 In der CIA dürfte man sich hierbei eine andere Meinung von Müller gebildet haben, da ihm – laut Klaas Voß – vom Nachrichtendienst eine „Reputation der Unfähigkeit“ zugesprochen wurde. Voß unterstrich einmal mehr die „überzeichnete Rolle“ die Müller zugeschrieben wurde und kam zu dem Schluss, dass: „Zu jener für die Simbas unbezwingbaren Terrorgestallt, zu der ein ostdeutscher Dokumentarfilm [...] ihn und andere ‚Negerkiller’ stilisierte, taugte gerade der Kongo-Müller nicht.“621

Heynowski und Scheumann hatten dennoch versucht, anhand einzelner deutscher Emigranten eine komplottreiche Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland zu konstruieren. In Anbetracht dessen, dass die deutsche Botschaft im Kongo nur über die europäische Presse von

617 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 181. 618 Ebda. 619 Mike Hoare, Mercenary. S. 78. 620 Mike Hoare, Mercenary. S. 81f. 621 Klaas Voß, Washingtons Söldner. Verdeckte US-Interventionen im Kalten Krieg und ihre Folgen, Hamburg 2014. S.170. 158 den Aktivitäten Siegfried Müllers informiert war, wird im Falle des Lachenden Mannes die Dimension dieses reinen Propagandaprodukts deutlich.622 Auch wenn das deutsche Auswärtige Amt ebenfalls den Aktivitäten Müllers folgte, sah man trotz der Warnungen der Vertretungen im afrikanischen Ausland vor dem möglichen Schaden durch das Propagandamaterial, keine Notwendigkeit in irgendeiner Form gegen die Person Müllers tätig zu werden. Erst als das Gerücht aufkam, dass Müller eine Expedition nach Rhodesien plante, versuchte man ihm den Reisepass zu entziehen – erfolglos, da sich dieser schon nach Südafrika in die Emigration begeben hatte.623

6. Weitere Dokumentationen von H&S zum Thema Weiße Söldner

Wie bereits weiter oben erwähnt, produzierten Heynowski und Scheumann noch weitere Filme, die weiße Söldner in Afrika und in Kombination damit, die Außenpolitik der BRD thematisierten. In Bezug auf den Kongo-Konflikt erschienen noch zwei weitere Filme, die an Kommando 52 (1965) und Der lachende Mann (1966) anlehnten und versuchten, die Thematik sozusagen auf den neusten Stand zu bringen. So wurde noch im selben Jahr und als Reaktion auf die Abwertungsversuche der Republik Deutschland der Film PS zum lachenden Mann (1966)624 veröffentlicht. Dieser enthielt neue Informationen von Schulkameraden der thematisierten Söldner, Verweise auf amerikanische Militärzeitschriften und war im Vergleich zu den vorhergegangenen Produktionen maßgeblich pathetisch überhöht.625 Dies äußerte sich nicht nur in einer Verallgemeinerung, dass die gesamte Gesellschaft der BRD manipuliert sei, sondern auch in abstrusen Vergleichen mit Bildern aus Frankfurter Striptease Clubs mit makabren Sarg- und Totenkopf Kulissen,626 die in Relation zu den Dekorationen der Söldnerjeeps im Kongo gestellt wurden, welche ebenfalls mit Schädeln behangen waren.627 Hierbei wurden die Söldner nicht nur direkt mit Prostitution verglichen, sondern auch in die Ecke der Nekrophilie gestellt. In Anbetracht der gesellschaftlichen Debatte zu Sexualität in den späten 1960er Jahren sowie dem Werteempfinden der damaligen Zeit, zeichnet sich diese Argumentationslinie somit durch

622 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 182. 623 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 197f. 624 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), PS zum lachenden Mann (1966). 625 Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. S. 304. 626 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), PS zum lachenden Mann (1966). 627 Siegfried Ressel (Regie), Kongo Müller: Eine deutsch-deutsche Geschichte (ZDF, arte, 2010). 159 mehrere gravierende Untergriffe aus.628 Rüdiger Steinmetz geht sogar in einer Retrospektive so weit, diesen Film in seiner Machart mit dem Film Der ewige Jude (1940) zu vergleichen.629

Ein Jahr später fand die Veröffentlichung eines weiteren Filmes statt, der den Fokus auf den getöteten deutschen Söldner Bernd Köhlert legte: Der Fall Bernd K. (1967).630 Dieser war während einer der ersten Operationen von Mike Hoare und Siegfried Müller im Kampf gefallen und bereits in den vorangegangenen Produktionen erwähnt worden. Als H&S von einem ehemaligen Klassenkollegen Köhlerts kontaktiert wurden, produzierten sie einen weiteren Vergleich zwischen der BRD und DDR, indem sie die unterschiedlichen Leben der beiden portraitierten. Da beide aus demselben Milieu kamen, aber unterschiedliche Wege einschlugen, die zudem noch in das Narrativ der sozialistischen Filmemacher passten, konnten H&S „vorführen“, wie Köhlert in Westdeutschland zum Soldaten „gedrillt“ wurde und in weiterer Folge als Söldner im Kongo starb, während sein Klassenkamerad eine Karriere als Ingenieur vollzog.631

Mit mehreren Jahren Abstand und nicht für die breite Öffentlichkeit erhältlich, wurde im Jahr 1976 der Film Immer wenn der Steiner kam (1971-78)632 veröffentlicht. Auch wenn dem Film von H&S mehr Potential zugesprochen wurde als Der lachende Mann (1966), entschloss sich die Führungsspitze der SED dazu, selbigen nur dem politischen Kader zu zeigen. Grund hierfür waren gespannte diplomatische Beziehungen zum Sudan, wo Steiner tätig war, bevor er in im Jahr 1970 festgenommen wurde.633 Erklärend sei zu erwähnen, dass Rolf Steiner in mehreren afrikanischen Konfliktherden aktiv war, nachdem er zuvor im Dienste der Fremdenlegion in der Suezkrise, in Vietnam und danach in Algerien gedient hatte. Von einer Beteiligung im Putsch der Generäle gegen Charles de Gaulle freigesprochen, schloss er sich Roger Faulques an und arbeitete im Biafra Konflikt als Söldner. Im Anschluss daran, kam er in Kontakt mit mehreren missionarischen Organisationen in Deutschland, welche im Südsudan tätig waren und seine Hilfe im Grenzgebiet zwischen Uganda und dem Sudan beanspruchten.634 Seine Tätigkeit vor Ort resultierte in einem

628 In Bezug auf den Vergleich des Söldnerwesens mit der Prostitution siehe Kapitel II.B.5. 629 Siegfried Ressel (Regie), Kongo Müller: Eine deutsch-deutsche Geschichte (ZDF, arte, 2010). 630 Peter Voigt, Walter Heynowski (Regie), Der Fall Bernd K. (1967). 631 Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. S. 304. 632 Walter Heynowski, Gerhard Scheumann (Regie), Immer wenn der Steiner kam (1971-76). 633 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 195. 634 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 185-187. 160 komplexen Verhältnis zu mehreren westlichen Nachrichtendiensten, die ihn aufgrund seiner Erfahrungen vor Ort als Informationsquelle abschöpften.635 Steiners Verhaftung im Jahr 1970 im Zuge eines innenpolitischen Machtkampfes in Uganda, ermöglichte H&S einmal mehr die westdeutsche Außenpolitik zu kritisieren und als neokolonialistisch darzustellen. Im Falle Steiners sollte gezeigt werden, dass die BRD nicht davon zurückschreckte, sich in den Stellvertreterkriegen des Kalten Krieges zu beteiligen. Als Steiner in den Sudan ausgeliefert wurde, um dort in einem Schauprozess Rede und Antwort zu stehen, ergab sich für H&S die Gelegenheit, diesen in seinem Gefängnis zu besuchen und zu interviewen. Um einer eventuellen Kritik vorzugreifen, wurde in dieser Produktion Wert daraufgelegt, dass Steiner sich im Klaren war, wer dieses Interview führte.636 Im Gegensatz zu Siegfried Müller war Rolf Steiner jedoch nicht darauf aus sich selbst zu inszenieren, weshalb das Konzept des Filmes vorsah, ihn als „Verifikationsinstanz“ zu verwenden und bereits vorhandenes Wissen zu bestätigen. H&S waren mit Informationen des MfS gut ausgestattet und konnten Matthias Steinle zufolge Steiner sogar ein „Ich bin erstaunt, wie gut sie unterrichtet sind.“ entlocken.637 Auch wenn Steiner trotz eines erfolglosen Militärputsches im Sudan und der darauffolgenden Orientierung zu einer westlich geprägten Außenpolitik des Landes der Prozess nicht erspart blieb, kann hierin der Grund für die Nichtausstrahlung des von H&S produzierten Filmes gesehen werden. Die DDR und die UdSSR hatten nämlich die Verfolgung der kommunistischen Putschisten kritisiert und diesen auch Sympathien ausgesprochen. Dementsprechend waren die Beziehungen zum Sudan strapaziert. Da die DDR die afrikanischen Staaten dafür benötigte, um ihre internationale Anerkennung voranzutreiben, entschied man sich wie bereits weiter oben angemerkt, gegen eine Veröffentlichung des Films.638

Y. Zwischenfazit Vor allem der Film Immer wenn der Steiner kam (1971-1976), demonstriert im Vergleich zu Der lachende Mann (1966) deutlich, welchen Unterschied eine tatsächliche Ausstrahlung des Filmmaterials auf die Wahrnehmung der breiten Masse der Bevölkerung haben kann. Während der viel länger als Söldner aktive Rolf Steiner sogar für seine Tätigkeiten angeklagt und verurteilt wurde (ein absolutes Novum in Bezug auf Söldner zu diesem Zeitpunkt), genoss er bei weiten nicht eine vergleichbare „Berühmtheit“ wie der als ineffizient und unbrauchbar

635 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 193. 636 Matthias Steinle, Vom Feindbild zum Fremdbild. S. 307. 637 Ebda. 638 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 193f. und 195. 161 designierte Siegfried Müller, der den Großteil seiner Zeit im Kongo auf einem Stützpunkt verbrachte. Dass H&S es schafften, Siegfried Müller mithilfe seiner Tarnuniform, der einleitenden Frage nach seinen Dienstgrad, sowie der im Zuge des Filmes von ihm getätigten Aussage, er sei sein eigener Feldmarshall gewesen, ein Bild zu kreieren, dass dem eines aktiven (!) und hochrangigen Majors entsprach, demonstriert seinerseits den Propagandawert dieser Produktion.639 In dieser Hinsicht muss auch begriffen werden, dass die Werke von H&S von der DDR nicht instrumentalisiert wurden, sondern in ihrer Zielsetzung mit der Führungsspitze der SED deckungsgleich waren und einen Schaden für die BRD anstrebten.640 Gleichzeitig wurde mit Der lachende Mann (1966) auch ein Zeitdokument geschaffen, dass als Kultfilm der 68er Generation gehandelt wird641 und dementsprechende Konsequenzen im politischen Diskurs bis zum heutigen Tage mit sich zieht.642

Die gesellschaftliche Prägung durch Filme und Dokumentationen und die damit einhergehende Deutung von historischen Vorgängen, treten hier somit markant zu Tage. Die im Kalten Krieg geprägten Bilder – nicht nur von deutscher Seite (Der Lachende Mann), sondern auch der englischen (The Dogs of War) – wurden in weiterer Folge immer wieder für politische Agitation herangezogen und entwickelten eine lange Tradition im Konflikt zwischen „Ost“ und „West“ und weit darüber hinaus. Sei es die „Entlarvung“ der BRD während des Kalten Krieges, die Inanspruchnahme von Diensten einer PMC, die Erklärungsversuche von nicht zu identifizierenden Kombattanten in Krisenherden wie der Ukraine, oder die Teilnahme von Freiwilligen in Konflikten aufseiten unterdrückter Minderheiten in Syrien; Söldner eigneten sich immer wieder für eine effiziente und schnell wirkende Desavouierung des politischen Gegenübers. Dies konnte nur aufgrund der Kombination aus staatlicher Kriminalisierung, medialen Portraitierens und, darauf fußend, der propagandistischen Verwendung funktionieren.

639 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S.180. 640 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 202. 641 Roman Deckert u.a. Der Dokumentarfilm als Waffe im Kalten Krieg. S. 172. 642 Hierbei sei auf die medialen Diskussionen in Bezug auf Söldner verwiesen, die bereits mehrere Male angesprochen wurden. Dies geht jedoch weit über die Beispiele in Kapitel IV.Q.5. hinaus und zeigt sich auch in der deutschen Rezeption amerikanischer PMCs während des Irak Krieges (2003-2011). Siehe hierzu exemplarisch: Raul Zelik, Kriegsfirmen. Boom-Branche Krieg, in: Südwind Magazin 03/2008. Download: http://www.suedwind-magazin.at/kriegsfirmenboom-branche-krieg, eingesehen am 16.07.2017. oder in die Betrachtung afrikanischer Konflikte im selben Atemzug bei: François Misser, Von Kriegshunden zu Kriegsunternehmern. In: Südwind Magazin 03/2008. Download: http://www.suedwind-magazin.at/von- kriegshunden-zu-kriegsunternehmern, eingesehen am 16.07.2017. Hierbei sei einmal mehr auf die Bezugnahme auf Frederick Forsyths Buchtitel The Dogs of War verwiesen. Noch expliziter hierzu siehe: Christoph Reuters, Irak. Die Hunde des Krieges. In: Der Stern, 06.10.2010, Download: http://www.stern.de/politik/ausland/irak-die-hunde-des-krieges-3300712.html, eingesehen am 16.07.2017. 162 Vor allem in Europa wirken diese Bilder immer noch nach, wie sich in dem regelmäßigen Wiederaufgreifen des Phänomens „Kongo-Müller“ zeigt.

V. Resümee

„Indeed, the wider assumption here is, that the cinema is a social institution that both reflects and shapes the way we see and understand the world and our role and place in it.“ - J. David Slocum -643

Dieses bereits im Methodenkapitel erwähnte Zitat Slocums sei an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung gerufen, um die Bandbreite und vor allem die Bedeutung der hier besprochenen Thematik zu unterstreichen. Demzufolge, üben Filme einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Art und Weise aus, wie eine Gesellschaft sowohl ihre eigene, als auch fremde Geschichte erlebt und wahrnimmt. Aus diesem Grund, und um es am Beispiel der sozialen Perzeption von Söldnern zu veranschaulichen, wurde in dieser Arbeit ein breiter Bogen gespannt: Von den zahlreichen Definitionsversuchen und Diskussionen der Forschung und Rechtsprechung, was überhaupt erst einen Söldner ausmacht, über einen Blick auf die historische Genese und der Entwicklung des Söldnertums in der Neuzeit, hin zu mehreren ausgewählten Filmen und deren historischen Hintergründen, sowie letzten Endes zur politisch motivierten Verwendung des Söldnerbegriffes.

In diesem Sinne wurde der sinnstiftende Beitrag des Medium Films zum kollektiven Gedächtnis und die Interdependenz zwischen Söldnern und den sie portraitierenden Filmen hervorgehoben. Dabei fungiert das Kino und Fernsehen als Ort der Rekonzeptualisierung historischen Materials. Sei dies nun basierend auf literarischen Auseinandersetzungen, wissenschaftlichen Arbeiten oder dem medialen Diskurs. Für Filmschaffende – seien es nun Produzenten aus Hollywood oder Europa – waren zeitgeschichtliche Ereignisse immer eine Quelle der Inspiration, die von ihnen in zahlreichen Filmen und Dokumentationen portraitiert wurden. Söldner sind in dieser Hinsicht keine Ausnahme und haben ihrerseits laufend eine Rezeption im Film und Fernsehen erfahren. Sei es in Form des Hauptakteurs und Antihelden, oder als Antagonist, der eine ernstzunehmende

643 J. David Slocum, General Introduction. S. 3. 163 Gefahr für den Hauptcharakter darstellt. Dabei ist der Wandel in ihrer Verwendung und filmischen Funktion stets auch ein Abbild der zeitgenössischen, gesellschaftlichen und politischen Ereignisse. Vor allem der Einfluss des Kongo-Konflikts auf die Filme der 1970er ist ein eindrucksvolles Beispiel hierfür, wenngleich er nicht das einzige ist. Eine vergleichbare Einflussnahme lässt sich nämlich in der jüngsten Vergangenheit in Form von Privaten Sicherheits- und Militärfirmen feststellen. Somit brachten alle in dieser Arbeit behandelten Zeitabschnitte sehr spezifische Akteure und Vorgänge hervor, die sich in weiterer Folge dementsprechend in Film und Fernsehen manifestierten.

Z. Formeln der Darstellung von Söldnern Zu Beginn wurde die Frage in den Raum gestellt, welche Formeln und Narrative Filmschaffende verwenden, um historische Ereignisse filmisch aufzubereiten und dementsprechend greifbar zu machen. Dies beantwortend, wurden drei Narrative vorgestellt und deren Ursprung erklärt. Seien es „Die Weißen Söldner“, basierend auf den Vorgängen der Dekolonisation in der DR Kongo, oder „Die Südafrikaner“, die auf die jüngere Vergangenheit Südafrikas zurückzuführen sind. Als drittes und letztes Beispiel wurde ein Metathema identifiziert, dass sich über die gesamte beobachtete Zeitspanne hin verfolgen lässt: „Der Söldnerputsch“. Die Art und Weise, wie diese Narrative dargestellt wurden, spiegeln den vorherrschenden gesellschaftlichen Diskurs wider, die Wahrnehmung der Produzenten und nicht zuletzt, wie das Phänomen der Söldner von Außenstehenden begriffen wird. All dies manifestierte sich in den fertigen Filmen, die als „Reimaginierung“ einer breiten Masse der Gesellschaft präsentiert wurden und dementsprechenden, meinungsbildenden Einfluss nahmen. Dabei wurden Bilder geprägt, die jederzeit abrufbar sind und unterschiedlich verwendet werden können, wie im Falle der Instrumentalisierung des Söldnerbildes aufgezeigt wurde. In Bezug auf die Darstellung lässt sich ein Wandel beobachten, der sich auf die unterschiedlichen Umstände, in denen die Söldner agierten, sowie deren medialer Portraitierung zurückführen lässt. Im Falle der „Weißen Söldner“ steht hier klar die Profitgier des im Leben gescheiterten Antihelden im Fokus, der im Zuge des Films eine Läuterung zum Besseren vollzieht. Dabei ist die charakterliche Darstellung der Hauptfiguren mit den üblichen Ausnahmen (z. B. der Nazi Henlein in Dark of the Sun (1968)) grundsätzlich nicht negativ, aber sehr wohl ambivalent (Die Söldnerführer Curry in Dark of the Sun (1968), Colonel Faulkner in The Wild Geese (1978) und Shannon in The Dogs of War (1980)).

164 Diese Ambivalenz wird mit dem jüngeren Narrativ der „Südafrikaner“ prägnanter. Zwar ist man in diesem Falle auch mit einer Form des Antihelden konfrontiert, jedoch viel öfter in der Rolle des Antagonisten. Dabei ist zu erwähnen, dass viel mehr der ehemalige Dienst in professionellen Armee-Einheiten in den Vordergrund gerückt, und somit eine „Aura“ des vom Weg abgekommenen, ehrenhaften Soldaten fabriziert wird – speziell im Falle von Danny Archer in Blood Diamond (2006). Das Metathema des „Söldnerputsches“ thematisiert vor allem die Unberechenbarkeit der Söldner, dies umfasst beinahe alle behandelten Produktionen und stellt sich als eine Konstante in der Darstellung von Söldnern heraus – sei es in The Wild Geese (1978), The Dogs of War (1980), oder Blood Diamond (2006), wenn auch in abgeänderter Form.

AA. Männlichkeitssymbole In den untersuchten Filmen wird nicht nur eine spezielle Interpretation historischer Episoden rezipiert, sondern auch eine besondere Form von Männlichkeit dargestellt. Dass der Söldner als Antiheld, einen gewissen Nimbus der Abenteuerromantik mit sich bringt, ist schwer zu leugnen. Sei es die Rolle des einsamen Wolfes oder die Gruppe der Gesetzlosen und gesellschaftlich Ausgestoßenen, oder auch die als Überlebenskünstler in einer Welt der Gewalt Lebenden – es wird immer ein Mythos kreiert, der nicht ohne Wirkung auf den Zuseher ist. Die Darstellung einzelner Söldner zeigt Lebemenschen, die alle Extreme des Lebens auszukosten wissen. Sei es ein exzessives Privatleben voller Frauen und Alkohol, oder das unerschrockene Verhalten in Gefahrensituationen. Den Klischees des Action-Film Genres entsprechend, wird Männlichkeit über Waffen, Gewalt und Sexualität transportiert. Daneben fällt auch eine Darstellung als Elite auf, die mittels eines Verweises auf die Vergangenheit in diversen Truppen der Spezialeinsatzkräfte begründet wird. Stereotype Rollenbilder wurden in dieser Arbeit zur Genüge angeführt, sei es Roger Moore als Shaun Fynn in The Wild Geese (1978), Tom Berenger und Christopher Walken in The Dogs of War (1980) oder Leonardo di Caprio als Danny Archer in Blood Diamond (2006). Ihnen allen ist das Klischee des einsamen Wolfes, Draufgängers und Abenteurers gemein, dass dementsprechend in den Filmen zelebriert, aber auch stellenweise kritisch reflektiert wird (Blood Diamond). Als gesellschaftlichen Außenseitern ist diesen Charakteren in keinem der angeführten Fallbeispielen ein von ihrem zivilen Umfeld als „normal“ eingestuftes Leben vergönnt. Entweder sie kehren in ihr Leben als einsame Wölfe zurück, oder sie sterben im Zuge ihrer Aufträge. Dabei stellen die Todesfälle in sich selbst ein weiteres Zelebrieren der Männlichkeit dar, da diese zumeist in einer tragischen und/oder sich aufopfernden Situation enden. Helden

165 kreierend, werden dabei Hauptfiguren wie Danny Archer in Blood Diamond (2006) gezeigt, wie sie die Flucht ihrer Begleiter durch den Heldentod sicherstellen, oder einen tragischen Tod wie Rafer Janders in The Wild Geese (1978) sterben, als dieser von seinem Freund durch einen Gnadenschuss vor der sicheren Folter der Feinde gerettet wird. Hierbei bedienen sich die Filme einer Symbolik, die man aus Kriegsfilmen und dem soldatischen Ethos kennt. Moralisierende Werturteile aufgrund der Söldnertätigkeit, werden in diesem Kontext nicht gefällt.

BB. Einfluss von Söldnern und historischen Ereignissen Eine weitere der zahlreichen, in dieser Arbeit aufgeworfenen Fragen fokussiert sich auf die Zusammenhänge der historischen Ereignisse, und inwieweit diese auf Film und Fernsehen, sowie die darauf basierenden Literaturvorlagen Einfluss genommen haben. Dabei stellte sich im Zuge der Auseinandersetzung mit der Materie heraus, dass beinahe alle Fallbeispiele in dieser Arbeit einen realen Hintergrund vorzuweisen haben. Die Filme Dark of the Sun (1968), The Wild Geese (1978), The Dogs of War (1980) und Jadotville (2016) finden allesamt ihren Ursprung in den Konflikten Zentralafrikas der 1960er Jahre wieder. Bei genauerem Blick sind unterschiedliche Grade identifizierbar, inwieweit die Literaturvorlagen und mit ihnen die tatsächlichen Ereignisse Einfluss genommen haben. Während der Film Dark of the Sun (1968) Anspielungen auf den medial präsenten, deutschen Söldner Siegfried Müller enthält, die man in dieser Form nicht im eigentlichen Roman findet, und sich sonst nur grob an die Rahmenbedingungen des Konfliktes im Kongo hält, findet man in Bezug auf die anderen Beispiele mehr Einfluss vor. The Wild Geese (1978) zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass sich der Autor der Romanvorlage durch den Söldnerputsch im Jahr 1967 und der Evakuierung Bob Denards nach Rhodesien inspirieren ließ, sondern auch darin, dass ehemalige Söldner der Kongo-Kampagne und somit Zeitzeugen direkt an der Produktion des Filmes teilnahmen. Ein andersartiger, aber nicht weniger bedeutsamer Einfluss lässt sich bei The Dogs of War (1980) vermuten, da der Autor der Romanvorlage – Frederick Forsyth – von mehreren Seiten eines tatsächlichen Söldnereinsatzes und damit beabsichtigten Coup d’Ètat bezichtigt wird, dessen Fehlschlag in der Publikation seiner ursprünglichen Pläne mündete. Ein wiederum unterschiedlicher Zugang, findet sich im Film Jadotville (2016), in dem eine Reflektion einer historisch aufbereiteten Episode stattfindet, die sozusagen durch den Film rekonzeptualisiert wird und eine Aufarbeitung irischer Militärgeschichte darstellt.

166 Eine inhaltliche Brücke zu weiteren Zusammenhängen findet man im Apartheid-Regime Südafrikas, welches nicht nur vor seiner Auflösung militärisch auf die Staaten in der Region Einfluss nahm, sondern mit seinem Ende zahlreiche Soldaten in die Privatwirtschaft entließ, die in weiterer Folge dort ihre Dienste anboten. Aus den daraus resultierenden Ereignissen speist sich beispielsweise der Film Blood Diamond (2006), aber auch Fernsehserien wie Strike Back (2010-2015), in welchen die jüngere Zeitgeschichte Afrikas äußerst detailliert thematisiert und gedeutet wird.

CC. Einfluss auf historische Ereignisse durch Filmproduktionen Der Einfluss der Realität auf die Produktionen führt gezwungenermaßen zu der damit einhergehenden Frage nach der umgekehrten Beeinflussung, da sich eine Wechselwirkung nicht verleugnen lässt. Der markanteste Fall ist hierbei die Filmproduktion von The Wild Geese (1978), an welcher zahlreiche Söldner beteiligt waren – sei es in Form von technischer Beratung, Ausbildung der Schauspieler an Waffen, aber auch direkt als Darsteller selbst. Im Zuge dieser Tätigkeiten traf der Söldnerführer Mike Hoare auf den Schauspieler Tullio Moneta, der ihm maßgeblich bei der Planung und Durchführung des misslungenen Staatsstreichs auf den Seychellen half. Man kann somit sagen, dass hier der Film und die Involvierung der Söldner eine Inspiration für Moneta waren und gleichzeitig die Produktion maßgeblich zu den für Mike Hoare nötigen persönlichen Netzwerken beigetragen hat. Ähnliche, wenn auch nicht bestätigte, Vorgänge lassen sich im Falle von The Dogs of War (1980) beobachten. Hierbei stellt sich auch die Frage, ob jemals die Wahrheit ans Tageslicht kommen wird, da die involvierten Personenkreise von Natur aus verschwiegen, und kaum schriftliche Quellen vorhanden sind. Anhand von Indizien lässt sich jedoch nicht nur ein Kreislauf ausmachen, in dem ein geplanter, aber nicht durchgeführter Staatsstreich die Inspiration der Romanvorlage war, sondern auch, dass letztere im Nachhinein für den erfolgreichen Coup d’Ètat von Bob Denard auf den Komoren als Blaupause diente. Der brisante Inhalt des Buches trug nicht zuletzt dazu bei, dass (wie bereits weiter oben ausgeführt) Soldaten Äquatorial-Guineas für den Besitz des Buches vor Gericht gestellt wurden. Viel bezeichnender ist jedoch der Einfluss, den Buch und Film auf die wertende Charakterisierung von Söldnern hatten, die fortan negativ als Hunde des Krieges bezeichnet wurden, sofern eine Delegitimierung erwünscht war.

167 DD. Die Instrumentalisierung von Söldnern zur politischen Delegitimierung Die zahlreichen Definitionsversuche in Betracht ziehend, lässt sich feststellen, dass selbst wenn diese stellenweise ins Moralisierende abdriften, stets eine politische Intention als Ursprung zu identifizieren ist. Diese zielt letzten Endes entweder darauf ab, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen, oder dem politischen Gegenüber eine Zersetzung desselbigen vorzuwerfen. Dies passierte immer im zeitlicher Nähe zu Ereignissen, in denen die Verwendung von Söldner ans Tageslicht kam. Vor allem das Beispiel des "Kongo-Müllers" zeigt anschaulich, inwieweit mittels Dokumentationen und Filmen Legenden geschaffen werden können, die im kollektiven Gedächtnis nachhaltig wirken, auch wenn sie nicht der Realität entsprechen. Dies wird dem Betrachter umso deutlicher vor Augen geführt, wenn man den Vergleich mit der nicht veröffentlichten Dokumentation Immer wenn der Steiner kam (1971-78) heranzieht. Rolf Steiner war weitaus einflussreicher und wurde sogar für seine Aktivitäten juristisch belangt. Dennoch ist er bei weitem nicht so berühmt und berüchtigt, wie Siegfried Müller, der die meiste Zeit seiner kurzen Söldneraktivität administrativen Tätigkeiten nachging. Während also der eine langsam in die Vergessenheit abdriftete, entwickelte sich Der lachende Mann (1966) und seine Portraitierung von Siegfried Müller zu einem Kultfilm der 68er Generation und wird nach wie vor als Metapher verwendet, wenn es um eine militärische Einflussnahme in Entwicklungs- und Schwellenländern geht. Auch kontemporäre Konflikte weisen eine Verwendung der negativen Konnotation von Söldnern auf. Seien es Blackwater Anspielungen in der Ukraine, oder die Verurteilung freiwilliger Kämpfer aufseiten kurdischer Einheiten in Syrien und dem Irak. Die Anschuldigung Söldner zu verwenden, bietet eine ideale Möglichkeit politische Gegner in einem unmoralischen Licht darzustellen, da man vermeintlich „irreguläre“ Kräfte gegen Bezahlung kämpfen lässt und dies in eine Nähe der verpönten Prostitution stellt.

EE. Ausblick In Anbetracht der hier erläuterten Erkenntnisse, muss hinzugefügt werden, dass es sich um einen laufenden Prozess handelt. Da sich nicht nur Söldner als solche in einem steten Wandlungsprozess befinden und sich den Gegebenheiten der Kriegsführung anpassen (müssen), sondern auch Filmschaffende laufende Ereignisse beobachten und in ihre Werke einfließen lassen, finden sich noch weitere Narrative die es zu betrachten gilt. Vor allem die Invasion des Iraks und die darauffolgende Besetzung des Landes hatten einen prägnanten Aufstieg der Privaten Sicherheits- und Militärfirmen [im engl. PMC] zur Folge.

168 Diese waren in den europäischen und amerikanischen Medien primär aufgrund zahlreicher Missstände, Betrugsfälle und schwerwiegenden Zwischenfällen vertreten. Daraus resultierend erfolgte eine entsprechende, negative Rezeption dieser Branche, die sich in zahlreichen Filmen und Fernsehserien niederschlug. Als zeitgenössisches Äquivalent zum „Weißen Söldner“ der 1960er Jahre, kann man nun den „Contractor“644 bzw. die „PMCs“ identifizieren. Dies überschneidet sich mit dem hier vorgestellten Narrativen und Stereotypen der „Südafrikaner“, nicht zuletzt deshalb, da die ihnen zugrundeliegende Firma Executive Outcomes in der Forschung als eine der ersten PMCs gehandelt wird. Oftmals als ideale Bösewichte dienend, findet man somit die „Contractors“ in Fernsehserien wie 24 – Twenty Four (2001-2010),645 in welcher die gesamte sechste Staffel von einer PMC handelt, die für das klassischer Narrativ und Metathema des Söldnerputsches herangezogen wird; oder auch Spielfilmen, wie der Neuauflage des A-Team (2010),646 in welcher eine PMC als betrügerische Organisation Geldmittel veruntreut. In diesen Fällen ist die Aufarbeitung der Konflikte und der dort vorkommenden Söldner eine primär US-amerikanische. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand, da es sich um US- amerikanische geführte Konflikte und US-amerikanische produzierte Filme handelt. Der geographische Fokus verschiebt sich hierbei auch auf den Mittleren und Nahen Osten, während Afrika langsam in Vergessenheit gerät.

Söldner wurden in dieser Arbeit mehrmals als ein roter Faden bezeichnet, der sich durch die Geschichte der menschlichen Kriegsführung, aber auch die Wirtschafts- und Sozialgeschichte zieht. Dabei wurden sie nicht zuletzt von erzählten Geschichten am Leben erhalten und somit im kollektiven Gedächtnis der Menschheit transportiert. Literatur, Film und Fernsehen, als geschichtserzählende Medien unserer Zeit, tragen somit ihren Teil dazu bei, diesen roten Faden weiterhin zu spinnen, die Bedeutung dieser Sparte der menschlichen Gewaltausübung und ihrer Rezeption greifbar zu machen und somit historische Vorgänge, mit den uns zur Verfügung stehenden Informationen, zu deuten und zu begreifen. Dabei machen sich Autoren und Produzenten Narrative und Stereotypen zu nutzen, um komplexe Zusammenhänge mittels vereinfachter Formen zu erklären. Dies hat den Nebeneffekt, dass nicht nur das Abenteuer romantisierende Legenden kreiert werden, sondern auch Man(n)ifestationen des Bösen. Denn letzten Endes, handelt es sich im Falle von Söldnern um eine der letzten Männerbastionen.

644 Ein Euphemismus für die modernen Söldner unserer Zeit. 645 John Casar, Brad Turner, Milan Cheylov, u.a. (Regie), 24 – Twenty Four (2001-2010). 646 Joe Carnahan (Regie), The A-Team (2010). 169 Abkürzungsverzeichnis

ABAKO Alliance des Bakongo ANC Armée Nationale Congolaise ANC African National Congress BBC British Broadcasting Corporation BOSS South African Bureau for State Security BRD Bundesrepublik Deutschland CAF Central African Federation CCB Civil Cooperation Bureau CNN Cable News Network CIA Central Intelligence Agency COIN Counter Insurgency DDR Deutsche Demokratische Republik EO Executive Outcomes (südafrikanische PMC) ECOMOG Economic Community of West African States Monitoring Group FAA Forças Armadas Angolanas FISB Federal Intelligence and Security Bureau IMF International Monetary Fund KONAKAT Confédération des Associations Tribales du Katanga MI Military Intelligence (südafrikanischer Militärnachrichtendienst) MNC Mouvement National Congolais MPLA Movimento Popular de Libertação de Angola NIS National Intelligence Service RUF Revolutionary United Front (Rebellenvereinigung in Sierra Leone) PMC Private Military Contractor PNG Papua Neu Guinea PSC Private Security Company PCC Private Combat Company SADF South African Defense Force (südafrikanische Streitkräfte – Apartheid) SANDF South African National Defense Force (südafrikanische Streitkräfte post- Apartheid) SAS Special Air Service

170 SDECE Service de Documentation Extérieure et de Contre-Espionnage (franz. Nachrichtendienst) TIA „This is Africa“ OAU/OUA Organisation of African Unity/Organisation de l’Unité Africaine ONUC Opération des Nations Unies au Congo UMHK Union Minière du Haut-Katanga UNITA União Nacional para a Independência Total de Angola UN(O) United Nations Organization VR Volksrepublik

171 Literatur- und Quellenverzeichnis

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