Erhalt Der Traditionellen Bewässerung Im Wiesenttal Im Forchheimer Land (Wässerwiesenprojekt)
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Projektantrag Erhalt der traditionellen Bewässerung Europas im Forchheimer Land 1 Erhalt der traditionellen Bewässerung im Wiesenttal im Forchheimer Land (Wässerwiesenprojekt) Bearbeitung: Landratsamt Forchheim FB: Ökologische Kreisentwicklung Projektträger: Landkreis Forchheim Projektantrag Erhalt der traditionellen Bewässerung Europas im Forchheimer Land 2 1. Zusammenfassende Einleitung Die Kulturlandschaft des Wiesenttals wurde über Jahrhunderte durch die traditionelle Kulturtechnik der Wiesenbewässerung geformt, die die einstige Basis für die landwirtschaftliche Entwicklung bildete. Befeuchtung und Düngung durch Schwebstoffe sorgten für eine Ertragssteigerung und einer verbesserten Futterqualität, gleichzeitig konnten die Grünflächen von Schädlingen befreit, durch eine frühzeitige Bodenerwärmung die Vegetationszeit verlängert und das Grundwasser gespeist werden. Durch den Mehrertrag der Wiesen konnte der Viehbestand erhöht werden und somit die Produktion an organischem Dünger gesteigert werden, der den limitierenden Faktor in der historischen Landwirtschaft darstellte. Damit handelt es sich bei der Wiesenbewässerung zwar um eine historische Intensivierung der damaligen Landwirtschaft, die aber durch die jahrhundertelange Anpassung sowohl an die Ökonomie, die Gesellschaft als auch an die Natur eine erfolgreiche und vor allem nachhaltige und ressourcenerhaltende Bewirtschaftungsart darstellte. Diese naturschonende, landwirtschaftliche Grünlandnutzung im Wiesenttal und ihr Strukturreichtum bildet die Grundlage für eine vielfältige Artengemeinschaft besonders hoher Biodiversität. Die Wässerwiesen mit ihren Grabensystemen bilden wichtige Lebensräume, Nahrungshabitate und Brutreviere für eine Vielzahl von Organismen. Für die Vogelwelt ist das durch die Bewässerung wechselfeuchte Grünland von besonderer Bedeutung als Brutgebiet für gefährdete Wiesenbrüter wie den Wachtelkönig, als wichtiges Gebiet zur Nahrungssuche für Nahrungsgäste wie den Weißstorch und als wichtiger Rastplatz zu Zeiten des Vogelzuges. Das artenreiche Grünland wird von einer angepassten und teils hochspezialisierten Insektenfauna besiedelt, darunter Wiesenknopf- Ameisenbläulinge der Storchschnabelbläuling und die Sumpfschrecke während die Bewässerungsgräben und anderweitigen Gewässer Lebensraum und Kinderstube für Fische, Amphibien und Wasserinsekten darstellen. Damit stellen die Wässerwiesen Grünland mit sehr hohem naturschutzfachlichem Wert dar. In der modernen, zunehmend industriellen Landwirtschaft hat diese nachhaltige, aber arbeitsintensive Wiesenbewässerung kaum noch Bestand. Auch im Wiesenttal ist diese alte Kulturform von immer weiteren Auflassungen bedroht. Trotzdem gehört das Projektgebiet europaweit noch zu den zwölf am besten erhaltenen Bewässerungssystemen (Leibundgut & Vonderstrass, 2016). Um dieses Natur- und Kulturerbe und die damit eihergehenden Ökosystemleistungen (Erhalt der Biodiversität, gefährdete Arten, Boden, Grundwasser, Vorfluter) zu schützen, zu entwickeln und nachhaltig zu erhalten, soll dieses Projekt die in örtlichen Wässergenossenschaften organisierten Landwirte als wesentliche Akteure bei der Instandsetzung und –haltung und der natur- und umweltschonenden Bewirtschaftung der Bewässerungssysteme im Wiesenttal beraten und unterstützen. Durch ein ökologisches Grünlandprogramm, das Maßnahmen des VNP (Vertragsnaturschutzprogramms) und der LNPR (Landschaftspflege- und Naturpark-Richtlinie) ergänzt und eine konkrete zielbezogene und notwendig erweiterte Handlungsmöglichkeit schafft, sollen die notwendigen Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen ermöglicht und damit für die Landwirte die entscheidenden Anreize einer anhaltend nachhaltigen Bewirtschaftung geschaffen werden.Seid Bestehen des Vertragsnaturschutzprogrammes und dessen fleißiger Anwendung konnte nachweislich der erhebliche Artenrückgang und die schleichende naturschutzfachliche und ökologische Entwertung des Gebietes nicht gestoppt oder auch nur verlangsamt werden. Um den ökosystemaren Wert des Projektgebietes zu erhalten und die bereits eingetretenen Schäden zu beheben, sind die zusätzlichen pekuniären Anreize eines abgestimmten zielorientierten Grünlandprogrammes neben der öffentlichen Wertschätzung der Leistung der Akteure unabdingbar. Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit soll die Bevölkerung für das Thema Wiesenbewässerung und ihre positiven Auswirkungen auf Natur, Wasser, Boden, Luft und Klima sensibilisieren, der Öffentlichkeit ein Stück Heimatgeschichte näher gebracht werden und die Leistung der Akteure gebührend würdigen. Für die Realisierung des Projektes beantragen wir für einen Projektzeitraum von drei Jahren, der bei entsprechender Bewilligung von Juni 2017 bis Mai 2020 andauern soll, eine Anteilsfinanzierung von 280.000 € durch den bayerischen Naturschutzfonds Projektantrag Erhalt der traditionellen Bewässerung Europas im Forchheimer Land 3 2. Problemstellung und Handlungsbedarf Durch die Einführung der Bewässerung im Mittelalter (erste schriftliche Zeugnisse, wahrscheinlich bereits seit der Besiedelung der Ehrenbürg) konnte durch Zufuhr von Nährstoffen aus dem Flusswasser ein vorher geschlossener Stoffkreislauf aufgebrochen und die Landwirtschaft somit zunehmend intensiviert werden. Die bei der Einführung der Bewässerung in den vergangenen Jahrhunderten gesteigerten Grünlanderträge ermöglichten damals eine Erhöhung des Viehbestandes und somit der Produktion von Stalldung, dem ehedem nahezu einzig verfügbaren, organischen Dünger für die Bewirtschaftung der Ackerflächen. Mit der Möglichkeit ab Mitte des 20. Jahrhunderts Dünger in Form von Mineraldünger synthetisch herzustellen, verlor der Grünlandertrag, und damit auch das Grünland an sich, seine Bedeutung als ein mittelbar limitierender Faktor der Produktion von Ackerfrüchten. Damit wurde die arbeitsintensive Bewässerung der Wiesen überflüssig, ihre natürlich düngende und schädlingsbekämpfende Wirkung durch den Einsatz unter hohem Energieverbrauch künstlich erzeugter Mineraldünger und Pestizide ersetzt, Grabensysteme und technische Stauanlagen als Hindernisse der immer größer werdenden landwirtschaftlichen Maschinen beseitigt und Grünland in Ackerland umgebrochen. Der bis dahin vorhandene Strukturreichtum geprägt im Wesentlichem durch Säume, Gräben, kleine Schläge als Grundlage einer landesweit bedeutsamen Biodiversität verschwindet trotz ordnungsgemäßer Umsetzung der LNPR und des VNP zunehmend und mit ihr die Zielarten wie z.B. die Wiesenknopfbläulinge, Wachtelkönig, Grauammer und Braunkelchen. Damit ergibt sich eine Vielzahl von Problemfeldern, die es für das Projektgebiet zu lösen gilt: Verzicht auf Wiesenbewässerung Verlust von wechselfeuchtem Grünland Biodiversitätsverlust, vor allem als wichtiges, landesweit bedeutsames Brutgebiet für Wiesenbrüter und Nahrungshabitat für Schreitvögel Grundwasserspeisung durch Wässerung unterbleibt Absinken des Grundwasserspiegels in trockenen Perioden Verlust einer Möglichkeit einer vom Klimawandel gering beeinflussten Grünlandbewirt- schaftung Verlust der Bodenneubildung Verlust regionaler und kultureller Identität Entfernung der Grabensysteme Biodiversitätsverlust, vor allem durch Verlust von Lebensräumen und Kinderstuben für Fische, Amphibien und Wasserinsekten Verlust der Biotopvernetzung Bei Hochwassergefahr keine gezielte Wassereinleitung auf Wiesenflächen mehr möglich Verlust regionaler und kultureller Identität Entfernung der technischen Stauanlagen Bei Hochwassergefahr keine gezielte Umleitung auf Wiesenflächen mehr möglich Verlust regionaler und kultureller Identität Organischer und mineralischer DüngereinsatzBiodiversitätsverlust Emission von Lachgas (N2O) Belastung des Klimas Belastung der natürlichen Ressourcen Boden, Luft und Grund- und Oberflächenwasser und somit auch der Trinkwasserversorgungen Projektantrag Erhalt der traditionellen Bewässerung Europas im Forchheimer Land 4 Grünlandumbruch zu Ackerland Strukturverlust durch Zusammenlegung der Flächen Biodiversitätsverlust Direkte Freisetzung von CO2 Belastung des Klimas Verlust der Funktion von Grünland als CO2-Senke Verlust der Funktion von Grünland als Wasserfilter Förderung von Erosion Verschlammung der Wiesent Erhöhung der Hochwassergefahr und Biodiversitätsverlust, vor allem durch Verlust wichtiger Laichplätze „Vermaisung“ Verlust historisch gewachsener Kulturlandschaft Verlust von regionaler und kultureller Identität, der Erholungsfunktion der Kulturlandschaft sowie weiterer Biodiversitätsverlust Verdichtung der Böden Um Biodiversität, natürlichen Ressourcen, historische Kulturlandschaft, Kulturerbe und regionale Identität im Projektgebiet zu erhalten muss eine naturschonende, standortgerechte Bewirtschaftung ermöglicht werden. Dieses Ziel ist nicht ohne den Einsatz staatlicher Fördermittel erreichbar; die bisherigen Förderinstrumente zeigten keinen nachhaltigen Erfolg. Z.B. mussten im Bereich des Artenschutzes erhebliche Bestandseinbußen bis hin zum Verlust einzelner bedrohter Tier- und Pflanzenarten hingenommen werden. Das Projekt soll sowohl Landwirte als auch die Bevölkerung über die weitreichenden Ökosystemleistungen der Wiesenbewässerung aufklären und dauerhaft im Bewusstsein verankern. Derzeit besteht ein erhebliches Gefährdungspotential für das gesamte Ökosystem der Auen des Wiesenttals. 3. Projektziele Mit dem Projekt soll die traditionell nachhaltige Wiesenbewässerung im Wiesenttal mit ihren wichtigen Funktionen für Natur-, Wasser-, Boden-, Luft- und Klimaschutz sowie ihren kulturellen Aspekten bewahrt werden. Hierzu wurden folgende Ziele gesetzt: Erhalt der traditionellen