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Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Philippia. Abhandlungen und Berichte aus dem Naturkundemuseum im Ottoneum zu

Jahr/Year: 2003-2004

Band/Volume: 11

Autor(en)/Author(s): Schäfer Frank N.

Artikel/Article: Eine geologische Betrachtung des spätmittelalterlichen Eisenerzabbaus im nördlichen Habichtswald bei Kassel 167-182 PHILIPPIA 11/3 S. 167-182 2 Abb. / 3 Tab. Kassel 2004

Frank N. Schäfer Eine geologische Betrachtung des spätmittelalterlichen Eisenerzabbaus im nördlichen Habichtswald bei Kassel

Abstract Zusammenfassung Based on the description of late medieval iron Ausgehend von der Beschreibung spätmittel- ore mining in the northern Habichtswald near alterlichen Eisenerzabbaus im nördlichen Kassel by SIPPEL (1994) the nature, origin and Habichtswald bei Kassel durch SIPPEL (1994) genesis of this ore was investigated. As the wurde untersucht, um was für Erz es sich dort source of iron the abundant and widespread handelt und wie es entstanden ist. Als Ur- basaltic rocks of the Habichtswald can be sprung des Eisens können die im Habichts- considered which due to weathering have re- wald sehr häufig auftretenden Basalte und leased the iron. The amount of primary, i.e. Basalttuffe betrachtet werden, die bei ihrer magmatic, iron ore minerals (magnetite, ilme- Verwitterung das Eisen freisetzen. Die im nite) within the basalts is too small to be possi- Basalt enthaltene Menge an primären, also ble as a deposit even in late medieval times. magmatisch entstandenen, Eisenerzminera- The secondary iron ore resulting from weathe- len (Magnetit, Ilmenit) ist zu gering, um selbst ring processes is composed of limonite, a in spätmittelalterlicher Zeit als Lagerstätte in mixture consisting mainly of the iron oxide Frage zu kommen. Bei dem infolge von Ver- minerals goethite, lepidocrocite, hematite and witterungsprozessen entstandenen sekundä- a variable content of adsorbed water and ren Eisenerz im Habichtswald handelt es sich accessory minerals or small rock inclusions, um Limonit, ein Gemenge, das sich überwie- respectively. In the area considered here limo- gend aus den Eisenoxidmineralen Goethit, nite occurs to the east of Wurm- and Hühner- Lepidokrokit und Hämatit zusammensetzt und berg in shape of concretions with diameters up unterschiedliche Gehalte an Wasser und to 19 mm. It is assumed that this limonite is be Fremdmineralen bzw. Gesteinseinschlüssen attributed to an oxidative precipitation of iron enthalten kann. Der Limonit tritt im betrachte- from (1) soil solutions flowing down along ten Gebiet östlich des Wurm- und Hühnerber- slopes and from (2) capillary rising ground- ges in Form von Konkretionen mit Durchmes- and backwater. By using these findings a sern von bis zu 19 mm auf und ist vermutlich model is proposed which can explain the un- auf die oxidative Ausfällung von Eisen aus equal distribution of limonite in the viewed (1) hangabwärtsströmenden Verwitterungslö- area. Finally this model is discussed with re- sungen sowie (2) kapillar aufsteigendem gard to early iron mining within the Habichts- Grund- und Stauwasser zurückzuführen. Dar- wald. auf aufbauend wird ein Modell vorgeschlagen, das die ungleiche Verteilung des Limonits in diesem Bereich erklären kann, und im Hinblick 168 Frank N. Schäfer auf die frühe Eisengewinnung im Habichts- Eine Betrachtung der Eisenerze des Habichts- wald diskutiert. waldes aus geologischer Sicht, welche Bezug auf den spätmittelalterlichen Bergbau nimmt, und damit für das Verständnis der frühen loka- Einleitung len Eisengewinnung wesentlich ist, fehlt bis- Der Abbau und die Verhüttung von Eisenerz her jedoch. Die vorliegende Arbeit will daher im Bereich des nördlichen Habichtswaldes bei einen Beitrag hierzu leisten. Kassel sind bisher Gegenstand nur weniger Veröffentlichungen gewesen. Das liegt natur- gemäß an den nur geringen Vorräten und der Geologischer Rahmen schlechten Beschaffenheit des hier anzutref- Der Habichtswald wird von einem Mittelge- fenden Eisenerzes (RÖSING 1969), so dass birgsmassiv gebildet, welches sich im Westen zumindest seit der frühen Neuzeit eine länger der Stadt Kassel erhebt und mit Gipfelhöhen andauernde bergbauliche Ausbeutung nicht von bis zu 615 m ü.NN („Hohes Grass“) das bekannt ist. Als Ausnahme hiervon kann die östlich anschließende Kasseler Becken (am nördlich von Kassel im Bereich der Gemeinde historischen Ortszentrum von Kassel, dem Espenau gelegene, ehemalige Brauneisen- Altmarkt, 142 m ü.NN.) markant überragt. Das steingrube Hohenkirchen gelten, die minde- von Wald dominierte Massiv überlagert und stens seit der Regierungszeit von Landgraf verdeckt dabei die tektonische Struktur des Wilhelm IV. im späten 16. Jahrhundert genutzt Kasseler Grabens, welche sich nahezu in Ost- wurde (WICK 1910), den Betrieb jedoch wegen West Richtung streichend durch das Stadtge- Unwirtschaftlichkeit im Jahr 1918 endgültig biet von Kassel erstreckt und westlich des Ha- eingestellt hat (RÖSING 1969). bichtswaldes wieder zutage tritt, um sich bei nach Nordwesten abbiegend mit Weitere, aber deutlich ältere Hinweise auf den dem übergeordneten NW-SE streichenden Abbau und die Verhüttung von Eisenerz lie- Wolfhagen-Volkmarsener Störungssystem zu fern die Erkenntnisse von SIPPEL (1994). So- vereinigen (RÖSING,1969, WALTER 1995). wohl die Existenz, als auch der Standort einer Diese tektonischen Störungen wurden bereits spätmittelalterlichen Eisenhütte am Bachlauf am Ende des Jura angelegt (MEIBURG 1982) der Ahne1 , die bereits 1390 urkundlich als und dienten dann später im Tertiär als Waldschmiede zu Weimar erwähnt wird2 , Wegsamkeiten für aufsteigende basaltische konnten von ihm belegt werden. Die zusätz- Magmen. liche Lokalisierung von wahrscheinlichen Ab- baustellen (Pingenfelder) des Erzes an den Der geologische Unterbau des Habichtswal- nur wenige Kilometer südlich im Habichtswald des und des ihn umgebenden Gebietes gelegenen Abhängen von Wurmberg und besteht aus den sehr mächtigen Schichten Hühnerberg zeigt, dass trotz der geringen Erz- des Buntsandsteins (um 1000 m) und dem im konzentration wohl bereits in spätmittelalter- Hangenden folgenden unteren Muschelkalk, licher Zeit eine bergbauliche Ausbeutung von auch Wellenkalk genannt, welcher im Bereich Eisenerz im nördlichen Habichtswald stattge- der Stadt Kassel vornehmlich die Höhenrük- funden hat. Die beiden genannten Pingenfel- ken bildet. Die großräumige Lagerung dieser der stellen nach SIPPEL (1994) dabei mög- etwa 240-250 Mio. Jahre alten Sedimente4 ist licherweise nur einen Teil der ursprünglich annähernd söhlig. Auf dem Muschelkalk wur- vorhandenen Gruben dar. Hierzu zählt auch den schließlich im Tertiär mit nur geringer Dis- ein Schacht auf der Firnskuppe, einem am kordanz Lockersedimente (Tertiärsedimente) Nordwestrand vom Kasseler Stadtteil Harles- abgelagert, die aus einer Abfolge von Tonen, hausen gelegenen, markanten Basalthärtling, Sanden und Kiesen bestehen, in die verein- in welchem sich ein senkrechter Schacht be- zelte Braunkohlenflöze eingeschaltet sind findet3 , der von SIPPEL (1994) als spätmittel- (RÖSING 1969). alterlicher Versuchsschacht auf Eisenerz gedeutete wurde. Eine geologische Betrachtung des spätmittelalterlichen Eisenerzabbaus bei Kassel 169

Der obere Bereich der Tertiärsedimente wur- handelt es sich ausschließlich um Basalte und de von basaltischen Vulkaniten intrudiert und Basalttuffe, die teilweise Fremdgesteinsein- überdeckt, denen das Habichtswaldmassiv schlüsse (Xenolithe) beinhalten. Die Förde- selbst, sowie die meisten Berge in seiner Um- rung der Magmen erfolgte vermutlich aus ei- gebung ursächlich ihre Entstehung verdan- ner Tiefe von ca. 75-90 km (WEDEPOHL 1985), ken. Die vulkanischen Ereignisse begannen wobei die früher angelegten tektonischen Stö- wohl im mittleren Miozän und dauerten bis in rungen des Kasseler Grabens wohl als Weg- das obere Miozän an. Nach K-Ar Datierungen samkeiten für den Aufstieg an die Oberfläche von WEDEPOHL (1982) weisen die dabei im gedient haben dürften. Insgesamt unterschei- Bereich des Habichtswaldes geförderten det HENTSCHEL (1969), der in den 1950er Jah- Basalte Alter von ca. 14-7 Mio. Jahren auf. ren im Rahmen der geologischen Neuauf- Die schützende Überdeckung durch die vulka- nahme des Blattes 4622 Kassel-West die nischen Gesteine verhinderte weitgehend, vulkanischen Gesteine bearbeitet hat, anhand dass die Tertiärsedimente im Bereich des von Mineralbestand, Gefüge und Korngröße Habichtswaldes abgetragen wurden, so wie der Fragmente im Habichtswald jeweils 6 ver- das in seiner Umgebung der Fall war. Daher schiedene Typen von Basalt und Basalttuff. dominieren in der den Habichtswald umge- benden Landschaft an der Oberfläche die Bezüglich ihrer chemischen und damit auch Tonsteine des Röt und in den etwas höher mineralischen Zusammensetzung gehören gelegenen Bereichen die Kalk- und Mergelge- die Basalte mehrheitlich5 zur Gruppe der steine des unteren Muschelkalks. Diese Ge- Alkali-Olivin-Basalte, die sich geochemisch steinsarten stellen dort das Ausgangsmaterial vorwiegend durch ihre vergleichsweise höhe- für die Bodenbildung dar und können in Form ren Gehalte an Na2O und K2O und einem ge- von Lesesteinen allgegenwärtig beobachtet ringeren Gehalt an SiO2 von den tholeiitischen werden. Basalten unterscheiden. Letztere bilden die weltweit umfangreichsten Eruptivgesteine, die Die nach RÖSING (1969) schon vor der vulka- vor allem an den mittelozeanischen Rücken nisch aktiven Phase großräumig einsetzende entstehen (WILSON 1989) und generell aus und im Anschluss daran weiter fortschreitende geringeren Tiefen aufsteigen als die alkalirei- Abtragung erfasste nicht nur die morpholo- chen Basaltmagmen, wie sie im Habichtswald gisch besonders herausragenden Oberbauten vorkommen. der Vulkane, sondern natürlich gleichzeitig auch die tiefer und weiter entfernt liegenden Die chemische Zusammensetzung von zwei Tertiärsedimente. Basalttypen des Habichtswaldes, deren Vor- kommen in unmittelbarer Nähe zu den vermu- Heute sind von den ehemaligen Vulkanen zu- teten Pingenfeldern liegen, und die daher si- meist nur noch die Schlot- und Gangfüllungen cherlich ursächliche Beziehungen zu den dort übrig geblieben, die teilweise mit den Berggip- abgebauten Eisenerzen haben, gibt Tabelle 1 feln des Habichtswaldes übereinstimmen, wider. aber auch als auffällige Härtlinge ins Auge fal- len (z.B. Hohlestein, Helfensteine, Firnskup- Die übrigen Basalttypen des Habichtswaldes pe). Da diese basaltischen Gesteine eng mit sind in ihrer chemischen Zusammensetzug der Eisenerzbildung verknüpft sind, sollen sie denjenigen aus Tab. 1 prinzipiell recht ähnlich. im folgenden Kapitel etwas näher betrachtet Lediglich der doleritische Basalt des Bühls, werden. einem ehemaligen Steinbruch nordwestlich von Kassel beim Ort Weimar gelegen, unter- scheidet sich chemisch dahingehend von Die vulkanischen Gesteine des Habichts- den anderen Basalten, dass er eine eher waldes und ihre Minerale tholeiitische Zusammensetzung aufweist.

Bei dem im Habichtswald auftretenden Demnach fällt vor allem sein SiO2-Gehalt Gesteinsmaterial mit vulkanischem Ursprung höher aus. 170 Frank N. Schäfer

Σ Anteil in Gew. % SiO2 TiO2 Al2O3 Fe2O3 FeO MnO MgO CaO Na2OK2OP2O5 H2O+* Hühnerberg Essexitbasalt 45,75 2,50 12,12 4,89 5,92 0,20 9,42 10,42 2,84 2,08 0,73 2,17 99,04 vom Gipfelkamm Seeberg Nephelinbasanit 41,63 2,66 10,75 4,20 6,30 0,19 15,77 10,73 1,67 3,43 0,89 0,95 99,17 vom SE-Hang

*H2O+ bezeichnet den Kristallwasseranteil, der erst oberhalb von 110°C freigesetzt wird.

Tabelle 1: Chemische Analysen von zwei Basaltvorkommen, in deren Nähe ein Abbau von Eisenerz angenommen wird. (Analysen aus HENTSCHEL 1969)

vor allem in den SiO2-ärmeren Typen (Limbur- Zum Mineralbestand der Basalte6 gite, Olivinnephelinite) häufig auch Glas an- Als mineralische Bestandteile aller basalti- stelle von Feldspat und Feldspatvertretern schen Gesteine des Habichtswaldes treten auf. Der Glasanteil umfasst in diesen Fällen neben Feldspat (meist Plagioklas) und Feld- den potentiellen Feldspat- und Nephelingehalt spatvertretern (meist Nephelin) hauptsächlich des Gesteins. Untergeordnet finden sich in Pyroxen (meist Augit), Olivin, Magnetit und den unterschiedlichen Basalttypen die Mine-

Mineral Formel Mineralogische Zuordnung

Olivin (Mg,Fe)2[SiO4] Inselsilikat. Bildet eine Mischkristallreihe zwischen

Forsterit (Mg2SiO4) und Fayalit (Fe2SiO4).

Plagioklas (Na,Ca)[Al1-2Si2-3O8] Gerüstsilikat. Mineral der Feldspatgruppe. Bildet eine

Mischkristallreihe zwischen Albit (NaAlSi3O8) und

Anorthit (CaAl2Si2O8).

Alkali- (Na,K)[AlSi3O8] Gerüstsilikat. Mineral der Feldspatgruppe. Bildet

feldspat eine Mischkristallreihe zwischen Albit (NaAlSi3O8)

und Kalifeldspat (KAlSi3O8)

Nephelin Na3(Na,K)[Al4Si4O16] Gerüstsilikat. Mineral der Feldspatvertretergruppe. Bildet eine Mischkristallreihe.

Augit (Ca,Mg,Fe,Ti,Na,Al)2[(Si,Al)2O6] Kettensilikat. Mineral der Pyroxengruppe. Bildet Mischkristallreihen.

Magnetit Fe3O4 Oxid. Mineral der Spinellgruppe. Endglied mehrerer Mischkristallreihen.

Ilmenit FeTiO3 Oxid. Endglied von Mischkristallreihen. Enthält zusätzlich meist etwas Mg und Mn.

Biotit K2(Mg,Fe)3-2(Fe,Al,Ti)0-1[Si6-5Al2-3O20](OH)4 Schichtsilikat. Mineral der Glimmergruppe. Bildet Mischkristallreihen.

Apatit Ca5(PO4)3(F,Cl,OH) Phosphat. Minerale der Apatitgruppe bilden Mischkristallreihen.

Zeolith (Na2,K2,Ca,Ba)[(Al,Si)O2]n • xH2O Gerüstsilikat. Minerale der Zeolithgruppe bilden Misch- kristallreihen. Die Kristallstruktur beinhaltet Hohlräume, die Wasser und Ionen aufnehmen können.

Calcit CaCO3 Karbonat. Enthält anstelle von Ca oft etwas Mg.

Horn- (K,Na)Ca2(Mg,Fe,Ti,Al)4Al[Si6Al2O22](OH,F)2 Doppelkettensilikat. Mineral der Amphibolgruppe. blende Bildet eine Mischkristallreihe .

Tab. 2: Chemische Zusammensetzung der Minerale, aus denen die Basalte des Habichtswaldes bestehen. Die Elemente in Klammern geben für das jeweilige Mineral den Variationsbereich der chemischen Zusammensetzung an. In den eckigen Klammern befinden sich die Anionenkomplexe. (Nach DEER et al. 1992) Eine geologische Betrachtung des spätmittelalterlichen Eisenerzabbaus bei Kassel 171 rale Ilmenit, Biotit, Apatit, Zeolith und ganz Der zur Spinellgruppe gehörende Magnetit vereinzelt auch einmal Calcit und Hornblende. (Fe3O4) ist das eisenreichste Endglied dieses Zusätzlich können immer auch Verwitterungs- Multikomponenten-Mischkristallsystems. Die 2+ 3+ produkte dieser Minerale beobachtet werden. korrekte chemische Formel lautet: Fe Fe2 O4, 2+ Die chemische Zusammensetzung der ge- bzw. FeO.Fe2O3. Das Verhältnis von Fe zu nannten Minerale sowie ihre mineralogische Fe3+ beträgt im Idealfall also 1:2. Magnetit Zuordnung gibt Tab. 2 als Übersicht wider. kann geringe Mengen von zahlreichen ande- ren Metallionen aufweisen (z.B. Al, Ca, Mn, Der allgegenwärtigen Olivin ist in den basal- Mg, Ti, Cr), was für das Mischkristallsystem tischen Gesteinen des Habichtswaldes als der Spinellgruppe typisch ist. Seinem Namen Mg-reicher Forsterit (Fo) mit nur ca. 10 Mol% entsprechend hat Magnetit starke magne-

Fayalitanteil (Fa) ausgebildet ist (=> Fo90Fa10). tische Eigenschaften, die z.B. im Vergleich zu

Er findet sich dort in der Grundmasse und als Hämatit (Fe2O3) etwa das 100fache betragen olivgrüner Einsprengling mit Korndurchmes- (HUNT et al. 1995). Magnetit ist in unseren sern von selten mehr als 3 mm. Basalten reichlich vorhanden und meist gleichmäßig in der Grundmasse verteilt. Er Der recht häufig vorkommende Plagioklas- erreicht jedoch nur geringe Körngrößen, die Feldspat tritt in den Alkali-Basalten, welche 100 µm nur manchmal überschreiten, so dass den Pingenfeldern benachbart sind, meist als er kaum ins Auge fällt. Begleitet wird Magnetit

Andesin auf, d.h. mit einem Anorthitanteil von teilweise von dem Mineral Ilmenit (FeTiO3), 40-50 Mol%. Der nicht ganz so häufige Alkali- das nur untergeordnet und auch nicht in allen feldspat liegt in der Ausbildung Anorthoklas Basalttypen vorkommt. Ilmenit tritt nur selten vor. in reiner Form auf, sondern ist meist mit Fe2O3,

MgTiO3 und MnTiO3 vermischt. Aufgrund der Als Feldspatvertreter werden Minerale be- geringen Korngröße und ähnlichen Farbe zeichnet, die sich lediglich durch ihren gerin- (dunkelgrau bis tiefschwarz, nur auf frischem geren SiO2-Gehalt von den Alkalifeldspäten Bruch Metallglanz) sind die beiden Minerale unterscheiden und diese deshalb in Gestei- Magnetit und Ilmenit mit dem unbewaffneten nen mit entsprechend kleinem SiO2-Anteil Auge nicht zu unterscheiden. Zusammen bil- ersetzen. Ein typischer Vertreter ist der in den den sie die primäre Eisenerzkomponente der hier besprochenen Basalten meist in beträcht- Basalte des Habichtswaldes. licher Menge vorkommende Nephelin. Das Glimmermineral Biotit kommt in den Ba- Sowohl die Feldspäte, als auch die Feldspat- salten des Habichtswaldes nur in bestimmten vertreter enthalten in begrenztem Ausmaß Typen vor, und auch dort nur untergeordnet in auch Ionen anderer Elemente (Ba, Ti, Mn, Mg, Form von winzigen dunklen Blättchen und Flit- Fe, Sr), wobei aber z.B. der Eisenanteil ge- tern. Seine Bedeutung für die Eisenerzbildung wöhnlich deutlich unter 1 % liegt. ist daher sehr gering.

Von der Pyroxengruppe sind es die Augite, Minerale der Apatitgruppe sind die Haupt- welche in den hier interessierenden Alkaliba- träger von Phosphor nicht nur in unseren ba- salten z.T. als Hauptbestandteil in der Grund- saltischen Gesteinen. Im Habichtswald ist der masse (30-50 %), aber auch als schwärzlich, Apatit in allen Basalttypen mit unterschied- opake Einprenglingskristalle hervortreten. Bei licher Menge und Ausbildung vertreten. Zu- den hier auftretenden Pyroxenen handelt es meist ist er jedoch nur mikroskopisch in der sich nach HENTSCHEL (1969) um Titanaugit, Grundmasse erkennbar. der typischerweise 3-6 % TiO2 beinhalten kann (DEER et al. 1992), und Aegirinaugit, Die Zeolithgruppe umfasst ungefähr 45 natür- dessen Kationenplätze von Na und Fe domi- lich auftretende Minerale mit mehr als 25 un- niert werden (DEER et al. 1992). terschiedlichen Kristallstrukturen (DEER et al. 1992). Für die Mineralogie der Basalte im 172 Frank N. Schäfer

Habichtswald spielen sie wegen ihres nur ge- Seeberg zu etwa 7,8 Gew.%, was deutlich un- legentlichen Auftretens in sehr geringen Men- ter dieser Grenze liegt. Damit erfüllen diese gen keine Rolle und werden deshalb lediglich Gesteine nicht einmal annähernd die Anforde- der Vollständigkeit halber genannt. rungen für eine wirtschaftliche Gewinnung von Eisen. Auch eine theoretisch denkbare Sepa- Gleiches gilt für die beiden Minerale Calcit und ration der magnetischen Erzminerale7 , durch Hornblende. Dabei ist die Herkunft des verein- die nach POHL (1992) auch bei niedrigeren zelt auftretenden Calcits vermutlich größten- Fe-Gehalten des Gesteins ggf. eine relativ teils auf die durchdrungenen Muschelkalkge- billige Anreicherung zu hochwertigen Erzkon- steine zurückzuführen. zentraten möglich erscheint, würde kaum in Frage kommen. Denn einerseits muss davon ausgegangen werden, dass nicht der gesamte Die Eisenerze des Habichtswaldes Eisengehalt der Basalte, wie ihn die Analysen Bei der Betrachtung der im Habichtswald in Tab. 1 angeben, allein in den beiden Erz- auftretenden Eisenerze erscheint es ratsam, mineralen Magnetit und Ilmenit vorliegt. Viel- diese entsprechend ihrer Entstehung in zwei mehr wird zumindest ein Teil des Eisens auch Gruppen einzuteilen. Während zur ersten in den Kristallgittern der Minerale Biotit (we- Gruppe die magmatisch entstandenen Erzmi- gen der geringen Menge im Gestein eher nerale als primäre Erze gezählt werden sollen, unerheblich), Olivin (hier in der ca. 10%igen würde die zweite Gruppe diejenigen Erze um- Fayalitkomponente) und vor allem Pyroxen (in fassen, welche erst später durch sekundäre der Ferrosilitkomponente des Augit) einge- Prozesse (z.B. Verwitterung) gebildet wurden. baut sein8 , wodurch sich die theoretisch ge- Als auffälligster Unterschied zwischen den winnbare Fe-Menge entsprechend verringert. beiden Erzgruppen kann im Hinblick auf ihre Zudem wäre aufgrund der geringen Korn- Verwertbarkeit schon vorab genannt werden, größen von Magnetit und Ilmenit sowie ihrer dass sich die primären Erze nicht für eine sol- gleichmäßigen Verteilung in der Grundmasse che eignen, wohingegen die sekundären Erze ein hoher Aufwand für die Zerkleinerung des zwar prinzipiell verhüttet werden können, ihre Gesteins nötig, der in keinem Verhältnis zur Beschaffenheit zusammen mit der nur gerin- Erzausbeute stehen würde. gen Menge einem wirtschaftlichen Abbau in größerem Umfang jedoch entgegensteht. Im Hinblick auf die spätmittelalterliche Eisen- gewinnung im Habichtswald mit ihren ver- gleichsweise einfachen technischen Möglich- Primäre Erze keiten kann davon ausgegangen werden, Wie im vorigen Kapitel schon erwähnt, bilden dass ein Abbau der primären Eisenerze Mag- die beiden Minerale Magnetit (Fe3O4) und netit und Ilmenit aufgrund der Unwirtschaft-

Ilmenit (FeTiO3) die primäre Eisenerzkompo- lichkeit ihrer Aufbereitung nicht stattgefunden nente in den Basalten des Habichtswaldes, hat. Dies gilt auch bei Berücksichtigung des in wobei der Anteil des Magnetits hier deutlich damaliger Zeit sicherlich bescheidener defi- überwiegt. Trotz des recht hohen Gehaltes der nierten Aspekts der Abbauwürdigkeit für eine Basalte an diesem Eisenoxidmineral kann da- Metalllagerstätte. von ausgegangen werden, dass eine Verhüt- tung des Gesteins als Erz selbst mit heutigen Methoden völlig unwirtschaftlich wäre. Die un- Sekundäre Erze tere Grenze der Abbauwürdigkeit für Eisener- Durch die bei der Verwitterung auftretenden ze liegt heute bei einem Fe-Gehalt von 32 %, physikalischen und chemischen Prozesse, wobei jedoch meist Erze mit mehr als 60 % Fe können die geringen Erzmengen eines ur- abgebaut werden (POHL 1992). Den Analysen sprünglich minderwertigen Armerzes zu einer in Tab. 1 zufolge errechnet sich der Fe-Gehalt abbauwürdigen Lagerstätte konzentriert wer- des Essexitbasaltes vom Hühnerberg zu etwa den. Im Prinzip geschieht eine solche Konzen- 8,0 Gew.% und der des Nephelinbasanits vom tration entweder in Form einer Rückstands- Eine geologische Betrachtung des spätmittelalterlichen Eisenerzabbaus bei Kassel 173 bildung unter Abtransport des wertlosen Mate- Armerze dar, durch deren Verwitterung sich rials (residuale Lagerstätte), oder durch Lö- sekundäre Eisenerze gebildet haben. Dabei sung, Transport und Wiederabscheidung des spielt die Oxidationsstufe von Eisen eine ent- Wertstoffes (z.B. POHL 1992). Die Verwitte- scheidende Rolle13 . In Abhängigkeit von den rung in ihrer Gesamtheit führt neben den hier herrschenden Redoxbedingungen kann es als interessierenden Vorgängen der Eisenerz- Fe3+, Fe2+ oder auch als gediegen Fe0 vorlie- bildung generell zur Bildung des Bodens, wes- gen. Grundsätzlich ist zweiwertiges reduzier- halb die Eisenerzbildung eng mit der Boden- tes Eisen (Fe2+) löslich und daher mobilisier- entwicklung verbunden ist. bar, dreiwertiges oxidiertes Eisen (Fe3+) dagegen sehr schwer löslich und daher immo- Die wichtigsten Prozesse der physikalischen bil. Ändern sich die Redoxbedingungen von Verwitterung9 in unseren Breiten sind der Zer- oxidierenden zu reduzierenden Bedingungen fall von Gesteinen und Mineralen als Folge können die recht stabilen Fe3+-Oxide jedoch von Druckentlastung10 , Eissprengung, Spren- wieder gelöst und als Fe2+-Ionen transportiert gung durch Pflanzenwurzeln und einem häufi- werden. Umgekehrt wird das gelöste Fe2+ un- gen Feuchtewechsel und damit verbundenem ter oxidierenden Bedingungen rasch zu Fe3+ Quellen und Schrumpfen von bestimmten Sul- oxidiert. fat- und Tonmineralen11 . Diese Form der Ver- witterung bewirkt auf natürliche Weise eine Mit einsetzender Verwitterung unserer basal- Zerkleinerung des Gesteins und somit eine tischen Gesteine wird zunächst das in den extreme Vergrößerung der reaktionsfähigen Mineralen Biotit, Pyroxen und Olivin gebunde- Oberfläche. Dadurch wächst das Ausmaß der ne Eisen (Fe2+) freigesetzt und der größte chemischen Verwitterung – also derjenigen Teil14 davon nach mehr oder weniger langem Prozesse, durch welche die Minerale in ihrem Transport unter aeroben Verhältnissen zu Chemismus verändert werden – beträchtlich, Fe3+ oxidiert. Gleichzeitig unterliegen auch die da sie an großen Oberflächen deutlich effekti- primären Erzminerale Magnetit und Ilmenit ver wirken kann. Während die physikalische der Verwitterung und werden oxidiert, da sie Verwitterung also gewissermaßen eine opti- Fe2+ enthalten. Es entstehen so die Oxidmine- α α male Reaktionsfläche schafft, sind es die im rale Goethit ( -FeOOH), Hämatit ( -Fe2O3) Rahmen der chemischen Verwitterung ablau- und einige weitere Eisenverbindungen, die fenden Prozesse, welche zur Bildung der hier sich bei gleicher chemischer Zusammenset- interessierenden sekundären Eisenerze ge- zung nur durch abweichende Kristallstruktu- führt haben. ren von den erstgenannten Mineralen unter- scheiden15 und in Tabelle 3 dargestellt sind. Als Agenzien der chemischen Verwitterung fungieren vor allem Sauerstoff und Wasser. Der wegen seiner hohen chemischen Stabili- Die Wirkung von Wasser als Medium der che- tät (unter oxidierenden Bedingungen) sehr mischen Verwitterung besteht vor allem darin, häufige und weit verbreitete Goethit gibt den Minerale hydrolytisch12 zu zersetzen und wird Böden in Abwesenheit von Hämatit die typi- durch anorganische und organische Säuren sche gelb- bis rostbraune Farbe. Überwiegt sowie durch steigende Temperatur verstärkt. der ebenso stabile Hämatit, dessen Entste- Eine weitere Wirkung des Wassers ist die hung im Boden auf die Entwässerung von Auflösung von Mineralen, ohne dass dabei Goethit zurückgeführt wird (DEER et al. 1992), chemische Reaktionen stattfinden (= Hydrata- nehmen die roten Farbtöne zu. Im Goethit und tion). Sie spielt aber nur in Gebieten mit Hämatit von Böden wird sehr häufig ein Teil Salz- und Gipsgesteinen eine Rolle, und hat der Fe-Ionen durch Al- und Mn-Ionen ersetzt deshalb für den Bereich des Habichtswaldes (DEER et al. 1992; SCHACHTSCHABEL et al. keine Bedeutung. 1992). Dabei kann der Al-Ersatz beim Goethit 1 1 bis zu /3 , beim Hämatit bis zu /6 des Eisens Im vorliegenden Fall stellen die basaltischen ausmachen. Durch den Einbau von Al wird Gesteine des Habichtswaldes minderwertige die thermodynamische Stabilität des Goethits 174 Frank N. Schäfer

Mineral Formel Eigenschaften

Goethit α-FeOOH Gelbbraun. Meist nadelförmig ausgebildet. Größe der Kristalle als Bodenbildung im Nanometerbereich. Sehr häufig. Bei Entwässerung entsteht Hämatit. α Hämatit -Fe2O3 Stahlgrau mit Metallglanz, Blutrot als Pulver. Kristallisiert in sechseckigen Blättchen. Größe der Kristalle als Bodenbildung im Nanometerbereich. Sehr häufig. Lepidokrokit γ-FeOOH Braunorange. Korngröße als Bodenbildung im Nanometerbereich. Wandelt sich langsam in Goethit um. Bei Entwässerung entsteht Maghemit. γ Maghemit -Fe2O3 Rotbraun. Gehört zur Spinellgruppe und ist magnetisch. Entsteht u.a. durch

Oxidation von Magnetit (Fe3O4).

Limonit FeOOH•nH2O Kryptokristallines Mineralgemisch. Besteht überwiegend aus Goethit, daneben Lepidokrokit, Hämatit und Wasser. Gelbbraun bis schwarz. Es können zahlreiche andere Elemente bzw. Minerale in größeren Limonit-Aggregaten enthalten sein.

Tab. 3: Chemische Zusammensetzung der häufigsten Fe3+-oxidminerale, die bei der Verwitterung von eisenhaltigen Gesteinen entstehen (nach SCHACHTSCHABEL et al. 1992 und DEER et al. 1992) erhöht, so dass seine Umwandlung in Hämatit leichter löslichen Bestandteile der verwittern- aussetzen kann. den Minerale mit dem Sickerwasser abtrans- portiert werden, die schwerlöslichen Eisenoxi- de dagegen zurückbleiben und sich dadurch Prozesse der Erzanreicherung in bestimmten Bodenhorizonten, oder auch an Die Anreicherung der beschriebenen Eisen- der Oberfläche anreichern können. Dazu zäh- oxide, die zunächst als winzige Kristalle bzw. len z.B. die Bohnerze (rundliche Gebilde aus Aggregate (Ø ca. 2-100 nm) sehr fein verteilt Fe-Oxiden) der Schwäbischen Alb und ande- im Boden vorliegen, bis zu einer abbauwür- rer Gegenden, die als Rückstandsbildungen digen Eisenerzlagerstätte, ist eng mit den durch Verwitterung des anstehenden Kalkge- Prozessen der Bodenentwicklung verknüpft steins entstanden sind. Eine wesentliche Vor- und wird von den lokalen klimatischen und aussetzung für die residuale Anreicherung hydrogeologischen Bedingungen bestimmt. von Eisen ist die Durchlässigkeit des Unter- Als eigentliches Erz entsteht dabei Limonit grundes für Wasser, verbunden mit einem

(FeOOH•nH2O; ältere Bezeichnung Braun- entsprechend tief liegenden Grundwasser- eisenstein), ein Gemenge das hauptsächlich spiegel. Begünstigend wirken zudem nicht zu aus kryptokristallinem Goethit oder Lepidokro- geringe pH-Werte der Verwitterungslösung, kit, etwas Hämatit und adsorbiertem Wasser da im sauren Umfeld das Eisen in seiner leicht besteht. Der Eisenanteil von Limonit kann löslichen Oxidationsstufe (Fe2+) stabil ist und nach dem Austreiben des adsorbierten Was- abtransportiert würde. Durch die Anwesenheit sers (sog. Rösten) im Idealfall, also wenn kei- von Kalk als Puffersubstanz16 wird das Absin- ne Verunreinigungen durch andere Elemente ken des pH-Wertes im Boden verhindert. oder Minerale vorhanden sind, maximal rund 62 Gew.% betragen, was jedoch die Ausnah- Für die zweite Bildungsweise sind zumindest me darstellt. Die Form, in der Limonit vorliegt, zeitweise reduzierende Bedingungen nötig, hängt wesentlich von seiner Bildungsweise damit das Eisen entweder direkt aus den ver- ab, so daß im Boden alle Übergänge zwischen witternden Mineralen, oder durch Reduktion winzigen Aggregaten bzw. Konkretionen und der feinverteilten Eisenoxide, als Fe2+ in Lö- durchgehend verfestigten Limonithorizonten sung gehen kann. Reduzierende Bedingun- möglich sind. Wie bereits erwähnt, kommen gen in Böden sind an niedrige pH-Werte in der für den Vorgang der Anreicherung zwei grund- Bodenlösung gekoppelt und werden gemein- sätzlich Bildungsabläufe in Betracht. sam mit dem sie kennzeichnenden Sauerstoff-

mangel meistens durch O2-verbrauchende Zum einen ist dies die residuale Anreicherung, Organismen verursacht und durch Wassersät- wobei unter oxidierenden Bedingungen die tigung begünstigt. In der Regel liegt Fe2+ in der Eine geologische Betrachtung des spätmittelalterlichen Eisenerzabbaus bei Kassel 175

oben in die durchlüfteten Bodenbereiche, wo das Eisen oxidiert wird.

Entsprechende Bodenverhältnisse, bei denen der geschlossene Kapillarsaum des Grund- wassers dauerhaft bis wenige Dezimeter un- ter die Bodenoberfläche reicht17, sind im Ha- bichtswald zwar keinesfalls auszuschließen, dürften aber eher die Ausnahme bilden. Über- dies wären sie gemeinsam mit den ggf. zuge- hörigen Eisenanreicherungen – in Form von typischem Raseneisenerz – vorrangig in Sen- ken zu erwarten. Eine oberflächennahe Eisen- anreicherung kann prinzipiell aber auch im Abb. 1: Limonitkonkretionen aus dem nord-östlichen Hangbereich stattfinden, wenn das von weiter Habichtswald. Im dem Stück unten rechts befindet sich oben stammende und mit gelöstem Eisen deutlich erkennbar ein rundlicher Basalteinschluss. Fundlage um R: 3527786, H: 5688886 (Waldwiese „Vor beladene Hangwasser dort auf Bodenverhält- dem Hühnerberg“) nisse trifft, die eine Oxidation des Eisens er- möglichen. Das wäre z.B. durch eine hohe Wasser- und Luftleitfähigkeit der oberen Bo- Bodenlösung dann als metallorganischer denhorizonte verwirklicht, wodurch die Diffu- Komplex vor und kann in dieser Form leicht im sion des gelösten Eisens zum Ort hohen

Boden verlagert werden. Der Geländemor- O2-Partialdrucks oder umgekehrt bei Aus- phologie entsprechend erfolgt die Verlage- trocknung das Vordringen des Luftsauerstoffs rung des Eisens mit dem Grund- und Sicker- zum Fe2+ und dessen Oxidation sehr rasch wasser solange in tiefere Lagen bis wieder erfolgen könnte. Natürlich besteht überdies Bereiche mit oxidierenden Bedingungen die die Möglichkeit, dass sich die geschilderten Ausfällung des Eisens bewirken. Bleiben die Prozesse dort, wo geeignete Bodenbedingun- entsprechenden Abläufe über längere Zeit er- gen vorliegen, abwechseln und überlagern halten, können sich dort Konkretionen aus Ei- können. senoxiden oder auch durchgehend verfestigte Anreicherungshorizonte bilden. Eigene Beobachtungen Letztere sind unter der Bezeichnung Rasen- Die Form und Beschaffenheit von Limonitkon- eisen, Raseneisenstein bzw. Raseneisenerz kretionen, die vom Verfasser auf Waldwiesen bekannt, da die entsprechenden Horizonte des nordöstlichen Habichtswaldes gefunden meist nur wenig unterhalb der Grasnarbe zu wurden18 (Abb. 1), lässt eine solche Bildung finden sind. Mineralogisch handelt es sich bei durch sich abwechselnde Vorgänge vermu- diesen Bildungen überwiegend um Limonit, ten. Dabei ist die Entstehung der Konkretio- wobei oft aber auch Manganoxide beteiligt nen wahrscheinlich auf eine oxidative Ausfäl- sind. Je nach Bildungsweise können die Kon- lung des Eisens einerseits direkt aus der kretionen bzw. das Raseneisen auch bis zu oberflächlich hangabwärtsströmenden Verwit- 80 % aus eingeschlossenen Silikaten (z.B. terungslösung, andererseits aus dem kapillar Quarz, Ton) bestehen, was ihren Wert als aufsteigenden Anteil der Verwitterungslösung Eisenerz natürlich deutlich mindert. Rasenei- infolge erhöhter Verdunstung an der Boden- sensteinhorizonte kommen typischerweise in oberfläche (Sonneneinstrahlung) zurückzu- den durch hohe Grundwasserstände gekenn- führen, wobei die Übergänge zwischen diesen zeichneten Böden (Gleye) Norddeutschlands beiden Formen wohl fließend sein dürften. vor. Sie entstehen dort durch den kapillaren Aufstieg des sauerstoffarmen und daher mit Die rost- bis gelbbraunen Konkretionen wei- Fe2+-Ionen beladenen Grundwassers nach sen maximale Durchmesser von bis zu 19 mm 176 Frank N. Schäfer auf und treten direkt unter der Grasnarbe auf, Zum Eisenerzabbau im Habichtswald was sehr gut an Stellen beobachtet werden Nachdem im vorigen Kapitel die Art und die kann, die von Wildschweinen aufgegraben möglichen Entstehungsweisen des Eisener- wurden. Ihr Inneres ist teils massig unstruktu- zes im Habichtswald dargelegt wurden, sollen riert, teils porös mit unvollkommen konzentri- hier nun diese Erkenntnisse mit weiteren scher Schalenstruktur ausgebildet und zeigt Geländebeobachtungen verglichen und im auf frischen Bruchflächen oft einen schwarzen Hinblick auf den frühen Erzabbau diskutiert unregelmäßigen Metallglanz, der die Anwe- werden. Verständlicherweise stehen dabei die senheit von Hämatit verrät. Häufig haben sich Pingenfelder als Abbauorte des Erzes im die Limonitkonkretionen auf der Oberfläche Vordergrund. von kleinen Basalt- oder Tuffbröckchen abge- schieden und umkrusten diese mitunter kom- plett. Schon mit der Lupe, und noch deutlicher Die Situation im Bereich der Pingenfelder unter dem Mikroskop, können in den Konkre- Auffällig ist vor allem die morphologische tionen Einschlüsse erkannt werden, bei denen Lage dieser beiden von SIPPEL (1994) an den es sich meist um Quarzkörner (Ø von <10 bis Ost- bzw. Nordosthängen des Wurm- und ca. 50 µm) handelt. Häufig sind auch größere Hühnerberges beschriebenen Pingenfelder Quarz- und Basalteinschlüsse vorhanden, die (Abb. 2), die von zahlreichen flach bis mulden- aus den Konkretionen herausragen und bis zu förmigen Vertiefungen (Ø 2-5 m; Tiefe um mehreren Millimetern Durchmesser erreichen 0,5 m) und dazugehörigen, hangabwärts gele- können (Abb. 1). Die Limonitkonkretionen und genen, kleinen verflachten Halden gebildet Überzüge finden sich größtenteils in Berei- werden21. Sie befinden sich in relativ geringer chen, deren Untergrund nach Angabe der Entfernung (200-300 m) unterhalb der jewei- geologischen Karte19 weder von anstehen- ligen Gipfelgrate im Hanggelände auf etwa dem Basalt oder Tuff, noch von deren Schutt- 420-440 m ü.NN, weshalb als Lagerstättentyp massen gebildet wird, sondern vielmehr eine typische Raseneisenerzlagerstätte nicht von eisenfreien Tertiärsedimenten mit nur in Frage kommen kann. Wahrscheinlich han- relativ dünner Basaltschuttüberdeckung. Da- delt es sich hier vielmehr um eine Lagerstätte, her muss das Eisen in gelöster Form von bei deren Bildung sich mehrere Anreiche- den weiter oben gelegenen Stätten der Basalt- rungsprozesse überlagert haben, so wie es im und Tuffverwitterung mit dem hangabwärts vorigen Kapitel geschildert worden ist. Dafür strömenden Wasser bis dorthin transportiert spricht die relativ steile Hanglage der Pingen- und dann oxidiert worden sein. Das häufige felder zusammen mit der im Habichtswald Auftreten von Hämatit in den Konkretionen recht hohen jährlichen Niederschlagsmenge, deutet auf Entwässerungsreaktionen hin, wel- welche nach SCHÖNHALS (1969) um 800 mm che die Umwandlung des primär gebildeten beträgt und damit begünstigend auf die Ver- Goethits in Hämatit ermöglichten. Dies lässt witterung und Bodenentwicklung (Verlage- auf eine zumindest zeitweilige Bodenerwär- rungsvorgänge) einwirkt. In jedem Fall ist die mung schließen. Herkunft des Eisens auf die Verwitterung des in unmittelbare Nähe anstehenden Basaltes Im Bereich der Pingenfelder am Wurm- und (Tab. 1) und eine anschließende Anreiche- Hühnerberg, der heute vollständig bewaldet rung in den oberen Bodenbereichen zurückzu- ist, konnten in den vereinzelten Aufschlüssen führen. Das kann allein schon aus der Abbau- (Grabspuren von Maulwürfen und Wurzel- weise des Erzes geschlossen werden, welche töpfe umgestürzter Bäume) oberflächlich kei- in der Anlage der erwähnten oberflächlichen ne Limonitkonkretionen beobachtet werden. Schürfgruben bestand, die über eine recht Deshalb wurden vom Verfasser mehrere große Fläche verteilt sind. Ein Abbau von pri- Kleinschürfe zur Klärung der Art und Weise märem Eisenerz hätte sich dagegen auf die des Auftretens von Limonit in diesem Bereich entsprechenden erzführenden Bereiche (Erz- angelegt20. Der hieraus gewonnene Befund gänge) beschränkt und wäre diesen in die wird im folgenden Kapitel behandelt. Tiefe gefolgt. Das ist aber aus den im vorigen Eine geologische Betrachtung des spätmittelalterlichen Eisenerzabbaus bei Kassel 177

Abb. 2: Lage der im Text erwähnten Kleinschürfe an den Osthängen von Wurm- und Hühnerberg im nördlichen Habichts- wald bei Kassel (Pfeile). Ungefähre Lage der Kleinschürfe: 1: um R: 3527677 H: 5689191 2: um R: 3527682 H: 5689142 3: um R: 3527918 H: 5688747 4: um R: 3528087 H: 5688648 Punkt 5 gibt den Fundbereich der in Abb. 1 gezeigten Limonit- konkretionen an. Die umpunktete Fläche bezeichnet die von SIPPEL (1994) beschriebenen Pingenfelder. (Vergrößerter Ausschnitt aus der Topographischen Karte von Hessen, Blatt 4622 Kassel-West, 1:25000. Der Gitterab- stand beträgt 1 km)

Kapitel dargelegten Gründen für die Basalte lengewinnung um grabenförmige Vertiefun- des Habichtswaldes ausgeschlossen. Auch gen, die möglicherweise zum Teil auch ver- die Tertiärsedimente, welche nach Angabe stürzte Stollen nachzeichnen24 . der geologischen Karte22 an den hier betrach- teten Hängen von Hühner- und Wurmberg un- ter dem bodenbildenden Basaltschutt folgen Eigene Beobachtungen und überwiegend aus Quarzsanden mit stel- Um die Art und Beschaffenheit des Eisener- lenweise eingelagerten dünnen Tonlagen zes im Bereich der Pingenfelder am Wurm- bestehen, scheiden als Ursprung des Eisens und Hühnerberg untersuchen zu können, wur- aus. den dort vom Verfasser vier Kleinschürfe zur Probenentnahme angelegt25, deren Lage aus Am Osthang des Hühnerberges liegt in diesen Abb. 2 hervorgeht. Dies war wegen des be- untermiozänen Sedimenten, ca. 15-20 m über reits im vorigen Kapitel erwähnten Fundman- dem Kasseler Meeressand23 (also auf etwa gels von Limonit in oberflächlichen Aufschlüs- 410-415 m ü.NN), ein geringmächtiges Braun- sen erforderlich. kohleflöz, was auch abgebaut wurde (RÖSING, 1969: 56). Die zugehörigen Pingen und Hal- Die entnommenen Bodenproben stammen den sind heute noch deutlich in diesem aus Tiefen von maximal ca. 40 cm unter der Bereich des Osthanges zu erkennen. Im Streuauflage (Wald) und hatten jeweils etwa Unterschied zu den flächigen Schürfgruben 2 kg Gewicht. Nach dem Naßsieben der Pro- des Eisenerzabbaus weiter oben am Hang, ben wurde der getrocknete Siebrückstand handelt es sich bei den Resten der Braunkoh- (Fraktion mit Ø > 1,5 mm) auf Limonitkonkre- 178 Frank N. Schäfer tionen untersucht. Die Auswertung der Boden- Das Fehlen von Limonit im Bereich der proben lieferte ein zunächst überraschendes Pingenfelder Ergebnis: In keiner der Proben waren größere Fraglich ist jedoch der beschriebene Mangel Limonitkonkretionen, d.h. mit mehr als 7 mm an Limonitkonkretionen an den sich nördlich Durchmesser, vorhanden. Die meisten der zu- und südlich daran anschließenden Hangflä- dem nur in sehr geringem Umfang auftreten- chen, auf welchen sich die Pingenfelder den Konkretionen weisen sogar nur mittlere befinden. Wahrscheinlich ist diese Armut an Durchmesser von weniger als 4 mm auf, wo- Eisenerz auf die dortigen Bodenverhältnisse bei die von Schurf 4 stammende Probe keiner- zurückzuführen. Denn wie bereits erwähnt, ist lei Limonitkonkretionen im Siebrückstand das gesamte Gelände der Pingenfelder be- enthielt. Auch eine gezielte Nachsuche in waldet, woraus ein relativ geringer pH-Wert Wurzeltöpfen von umgestürzten Bäumen im des Bodens resultiert. Mit abnehmendem Bereich der Pingenfelder brachte kein ande- pH-Wert des Bodens steigt jedoch gleichzeitig res Ergebnis. die Löslichkeit von Fe2+ an. Zusätzlicher Sauerstoffmangel verstärkt diesen Vorgang, Die gefundenen Konkretionen haben rund- so dass Eisen mobil wird und mit der Boden- liche Formen und zeigen eine typisch rost- lösung abtransportiert werden kann. Zusätz- braune bis gelbliche Farbe. Sie sind teilweise lich hemmen der Baumbestand und die mit Basalt- oder Tuffmaterial verbacken, bzw. Streuauflage die Wasserverdunstung an der haben sich an diesen abgeschieden. Unter Bodenoberfläche und damit den kapillaren dem Mikroskop wird deutlich, dass in den mei- Aufstieg von eisenhaltigem Grund- und Stau- sten Konkretionen Quarzsandkörner und wasser in den gut durchlüfteten Oberboden, andere, nicht näher bestimmbare Körner mit so dass sich die Neubildung von Limonit dort, dunkler Farbe, eingeschlossenen sind. Es im Gegensatz zum Wiesengelände, verzögert könnte sich dabei zumindest teilweise um oder auch ganz ausbleiben kann. Hämatit handeln, da an kantendurchscheinen- den Stellen ein tiefdunkelroter Farbton sicht- Es wäre demnach also interessant herauszu- bar wird. Die Form und Beschaffenheit dieser finden, ob und wann das Gelände um den Konkretionen stimmt also bis auf die deutlich Wurm- und Hühnerberg waldfrei war. Die in geringere Größe und Anzahl weitgehend mit BAUMBACH (1974) an verschiedenen Stellen den im vorigen Kapitel beschriebenen Konkre- enthaltenen Hinweise auf eine Nutzung die- tionen überein, welche von verschiedenen ses Bereiches durch die Einwohner von Waldwiesen aufgesammelt wurden. Harleshausen als Weideland und Hute in mit- telalterlicher Zeit sind zum Teil zeitlich und Bemerkenswert ist nun, dass ein Teil dieser im räumlich recht unbestimmt, jedoch rechtferti- vorigen Kapitel beschriebenen Limonitkonkre- gen sie die Annahme von sehr viel lichteren tionen, und zwar die in Abb. 1 dargestellten, bzw. völlig waldfreien Bereichen für das Mittel- aus einer Geländehöhe von etwa 435 m ü.NN. alter und die frühe Neuzeit. Darauf deutet stammen, was mehr oder weniger der Höhen- auch der kolorierte Stich der Stadt Kassel von lage unserer Pingenfelder entspricht. Der Braun und Hogenberg aus dem Jahr 1572 Fundort liegt zwischen den beiden Pingenfel- hin26, welcher im Hintergrund der von Osten dern am obersten Rand einer Waldwiese dargestellten Stadt die scheinbar nur sehr (Flurbezeichnung: „Vor dem Hühnerberg“) dünn bewaldeten Höhen des Habichtswaldes direkt unter der Grasnarbe und ist in Abb. 2 als zeigt. Punkt 5 eingezeichnet. Aufgrund der recht ho- hen Anzahl und Größe der dort auftretenden Würde diese Annahme zutreffen, könnte das Limonitkonkretionen erscheint ein spätmittel- heutige Fehlen einer Limonitanreicherung am alterlicher Erzabbau also auch in diesem Wurm- und Hühnerberg durch die Aufforstung Bereich naheliegend. der zuvor unbewaldeten Abbauflächen des Eisenerzes erklärt werden. Eine geologische Betrachtung des spätmittelalterlichen Eisenerzabbaus bei Kassel 179

Darüber hinaus erscheint es denkbar, dass Flachland war bereits in der Römischen bei entsprechend hohen Neubildungsraten Kaiserzeit verbreitet und nahm nach einer von Limonit auf solchem Freiland schon einige Pause im 8.-11. Jahrhundert seit dem Mittelal- Zeit nachdem die vorhandenen Erzreserven ter wieder deutlich zu (JÖNS 1993). Das dort (Limonitkonkretionen) erschöpft waren eine verbreitete Raseneisenerz findet sich in gerin- Wiederaufnahme des Abbaus an denselben ger Tiefe unter der Humusdecke in einem Stellen möglich wäre. 20-40 cm mächtigen Anreicherungshorizont, meist als linsenförmige Körper mit Durchmes- sern von 3 bis 10 m. Auch wenn es sich bei Wiederaufnahme des Eisenerzabbaus am dem am Wurmberg (und auch am Hühner- Wurmberg 1581 berg) gefundenen Eisenerz der Entstehung Tatsächlich wurde das am Wurmberg gelege- und Ausbildung nach nicht um typisches Ra- ne Pingenfeld während der Regierungszeit seneisenerz handelt, so ist doch im Hinblick von Landgraf Wilhelm IV. im späten 16. Jahr- auf die geringe Fundtiefe und die mineralogi- hundert nochmals für kurze Zeit genutzt sche Zusammensetzung (Limonit) eine sehr (WICK, 1910: 45ff.). Für die 1581 neu begrün- große Ähnlichkeit damit vorhanden. Eine ent- dete Eisenhütte in Vaake, das ca. 7 km nörd- sprechende Erwähnung würde um so mehr lich von Hann.Münden an der Weser liegt Sinn machen, als die Eisenerze in den übrigen (Gde. ), sind damals mehrere landgräflichen Bergwerken meist von Unter- Bergwerke rund um Kassel (wieder?) in Be- tage gefördert werden mussten, während am trieb gesetzt worden, da in der direkten Umge- Wurmberg im Tagebau gearbeitet werden bung der Hütte kein Erz zu finden war. Nach konnte. So wurde z.B. in Hohenkirchen das WICK (1910: 48f.) hat wahrscheinlich auch der Erz aus einer Tiefe von mehr als „6 Lachter“ Abbau bei Hohenkirchen zu diesem Zeitpunkt (ca. 12 m) gefördert und hatte dort eine Mäch- begonnen, möglicherweise sogar schon frü- tigkeit von „6 bis 7 Fuß“ (ca. 1,7-2,0 m), wie her, so dass eine Belieferung der 1390 ge- aus einem in WICK (1910) zitierten Bericht des nannten Waldschmiede zu Weimar27 auch mit CANCRINUS (1767: 45-67) hervorgeht. Erz aus Hohenkirchen denkbar erscheint. In diesem Zusammenhang wird für 1581 ein Eisenbergwerk „unterm Wormbergk am Ha- Hinweise zur Erzqualität bichtswalde“ genannt (WICK, 1910: 50f.), das Über die geochemische Zusammensetzung SIPPEL (1994) zufolge eine Wiederaufnahme und damit die Qualität des am Wurmberg (und der älteren Schürfe am Wurmberg darstellt. auch am Hühnerberg) abgebauten Limonits Aufgrund der zu geringen Ergiebigkeit hielt kann z.Z. nichts Genaues ausgesagt werden, der Abbau dort jedoch nicht lange an (WICK, da entsprechende Untersuchungen fehlen. 1910: 51). Hieraus ergibt sich vielleicht ein Wie der mikroskopische Befund jedoch ge- Hinweis auf die entsprechende Neubildungs- zeigt hat, weisen die Limonitkonkretionen rate des Limonits, welche offensichtlich zu meist zahlreiche Einschlüsse auf oder sind mit klein war, um in den ein bis zwei Jahrhunder- Basalt- bzw. Tuffbröckchen verbacken, was ten zwischen dem vermuteten spätmittelalter- natürlich eine Verminderung der Eisenaus- lichen Abbau und der Wiederaufnahme 1581 beute pro gefördertem Erzvolumen bedeutet genügend Erz entstehen zu lassen. hat.

Die ebenfalls in diesem Zusammenhang er- Einen indirekten Hinweis auf die Qualität des wähnte Bezeichnung „Grasser Eisenstein“ Eisenerzes könnte der Ende des 16. Jahrhun- könnte entgegen der Meinung von Wick, der derts pro Fuder29 Erz bezahlte Stücklohn als Erklärung die heutige Ortsbezeichnung liefern, welcher für die einzelnen Bergwerke ,Hohes Gras‘28 nennt, vielleicht auch mit dem unterschiedlich ausfiel (WICK, 1910: 51). So heute üblichen Begriff „Raseneisenstein“ wurden für das Fuder Erz vom Wurmberg übereinstimmen. Der Abbau und die Verhüt- 16 Albus30 bezahlt, während ein Fuder des tung von Raseneisenerz im norddeutschen aus Hohenkirchen stammenden Erzes ledig- 180 Frank N. Schäfer

1 HENTSCHEL, H. (1969): Die vulkanischen Gesteine. – lich 7 /2 Albus einbrachten. Dies könnte viel- leicht mit der Qualität des Erzes zusammen- Kapitel VI. in: Rösing, F.: Erläuterung zur geologi- hängen, d.h. dem Anteil an störenden Bei- schen Karte von Hessen, 1:25000, Blatt 4622 Kas- sel-West. – Hess. Landesamt für Bodenforschung, mengungen im Limonit, welcher demzufolge Wiesbaden im Erz vom Wurmberg geringer als in demjeni- HUNT, C.P., MOSKOWITZ, B.M. & BANERJEE, S.K. gen aus Hohenkirchen gewesen wäre. (1995): Magnetic properties of rocks and minerals. – In: Ahrens, T.J. [ed.] Rock physics and phase relations. A handbook of physical constants. – AGU Reference Shelf 3: 189-204 Eisenerz in der Firnskuppe? INTERNATIONAL STRATIGRAPHIC CHART der IUGS Zum Ende kommend soll noch kurz auf den (2000). – International Union of Geological Sci- von SIPPEL (1994) ausführlich behandelten ences und Division of Earth Sciences UNESCO. Schacht auf der Firnskuppe eingegangen wer- JÖNS, H. (1993): Eisengewinnung im norddeutschen den. Bei diesem Schacht könnte es sich trotz Flachland. – In: Steuer, H. & Zimmerman, U. (Hrsg.): Alter Bergbau in Deutschland (Sonderheft des Fehlens einer abbauwürdigen Vererzung der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“): 63- im anstehenden Basalttuff dennoch um einen 69; Hamburg spätmittelalterlichen Versuchs- bzw. Such- MEIBURG, P. (1982): Saxonische Tektonik und Schol- schacht auf primäres Eisenerz handeln, so lenkinematik am Ostrand des Rheinischen Mas- sivs. – Geotektonische Forschungen, Band 62 wie es von SIPPEL (1994) bereits angenom- POHL, W. (1992): Lagerstättenlehre, 4. Auflage. – E. men worden ist. Das leicht verwitterbare Tuff- Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung; Stutt- material, das sich ja prinzipiell chemisch nicht gart von den Basalten unterscheidet, zeigt im RÖSING, F. (1969): Erläuterung zur geologischen Karte verwitterten Zustand vielfach rostig braune von Hessen, 1:25000, Blatt 4622 Kassel-West. – Bereiche, die ganz offensichtlich auf das Vor- Hess. Landesamt für Bodenforschung; Wiesbaden SCHACHTSCHABEL, P., BLUME, H.-P., HARTGE, K.-H. & handensein von Eisenerz (Brauneisenstein) SCHWERTMANN, U. (1992): Lehrbuch der Boden- hinweisen und tatsächlich ja auch durch sehr kunde, 13. Auflage. – Enke Verlag; Stuttgart dünne Überzüge aus Limonit hervorgerufen SCHÖNHALS, E. (1969): Die Böden. – Kapitel X. in Rö- werden. Die ursächlichen Zusammenhänge sing, F.: Erläuterung zur geologischen Karte von werden den spätmittelalterlichen Bergleuten Hessen, 1:25000, Blatt 4622 Kassel-West. – Hess. Landesamt für Bodenforschung; Wiesbaden kaum bekannt gewesen sein, so dass sie wohl SCHULTZE, J. (Hrsg.) (1913): Klöster, Stifter und Hospi- erfahrungsgemäß davon ausgegangen sind, täler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein. in der Tiefe des anstehenden Gesteins auf Regesten und Urkunden. – Veröff. der historischen eine primäre Erzader zu stoßen. Vorausge- Kommission für Hessen und Waldeck IX, Bd. 2; setzt diese Vermutung wäre zutreffend, würde Marburg SIPPEL, K. (1994): Der Schacht auf der Firnskuppe. Zur es sich bei dem Suchschacht auf der Firns- Deutung eines ehemaligen Bergwerksschachtes kuppe in gewisser Weise um einen „histori- und zur mittelalterlichen Eisengewinnung im Ha- schen Irrtum“ handeln. bichtswald. – In: Jahrbuch des Landkreises Kassel 1994: 23-32 WEDEPOHL, K.H. (1982): K-Ar-Altersbestimmungen an basaltischen Vulkaniten der nördlichen Hessi- schen Senke und ihr Beitrag zur Diskussion der Literatur Magmengenese. - Neues Jahrbuch für Mineralo- BAUMBACH, W. (1974): Harleshausen. Eine siedlungs- gie, Abhandlungen, 144: 172-196 geschichtliche Studie. – Selbstverlag; Kassel WEDEPOHL, K.H. (1983): Die chemische Zusammen- BRINKMANN, R. (1991): Abriß der Geologie. Bd. 2. Hi- setzung der basaltischen Gesteine der nördlichen storischen Geologie, 14. Aufl. – Enke Verlag; Hessischen Senke und ihrer Umgebung. – Geolo- Stuttgart gisches Jahrbuch von Hessen, 111: 261-302; CANCRINUS, F.L. (1767): Beschreibung der vorzüglich- Wiesbaden sten Bergwerke in Hessen, in dem Waldeckischen, WEDEPOHL, K.H. (1985): Origin of the Tertiary basaltic an dem Harz, in dem Mansfeldischen, in Chur- volcanism in the northern Hessian Depression. – sachsen und in dem Saalfeldischen. – Frankfurt Contributions to Mineralogy and Petrology, 89: a.M. 122-143 DEER, W.A., HOWIE, R.A. & ZUSSMAN, J. (1992): Intro- WICK, W. (1910): Die landesherrlichen Eisenhütten duction to the rock-forming minerals, 2nd ed – und Hämmer im ehemaligen Kurhessen bis zum Longman Group Ltd. Ende des XVII. Jahrhunderts. – Zeitsch. d. Ver. f. Eine geologische Betrachtung des spätmittelalterlichen Eisenerzabbaus bei Kassel 181

hess. Gesch. u. Landeskunde, Neue Folge, Sup- 12 Nach der Definition von SCHACHTSCHABEL et al. plement 16 (1992: 13ff.) werden unter Hydrolyse die WILSON, M. (1989): Igneous Petrogenesis. – Chapman chemischen Reaktionen der mineralischen & Hall; London. Bestandteile mit den H+ und OH- Ionen des dissoziierten Wassers verstanden. Anmerkungen 13 Entsprechend seiner Elektronenkonfiguration 1 Tritt nach Norden aus dem Habichtswald und besitzt Eisen mehrere Oxidationszahlen (in mündet im Stadtgebiet von Kassel schließlich in Verbindungen maximale Oxidationsstufe +6), die die . Fließt ca. 1 km südöstlich an dem aber keine praktische Bedeutung haben. nordwestlich von Kassel gelegenen Ort Weimar 14 Ein kleiner Teil des Eisens wird in die bei der vorbei. Verwitterung neugebildeten Tonmineralen eingebaut. 2 Regest Nr. 309 in SCHULTZE (1913: 126) 3 Eine ausführliche Beschreibung der Anlage sowie 15 Daneben finden sich aber auch zahlreiche Ti- und der örtlichen Begebenheiten findet sich in dem Mn-Oxide. 16 Nach der Reaktion CaCO + H+ ↔ Ca2+ + HCO - Aufsatz von SIPPEL (1994). 3 3 4 International Stratigraphic Chart der IUGS (2000) 17 Definition nach SCHACHTSCHABEL et al. (1992: 426) 18 Bei mehreren im Frühjahr 2003 durchgeführten sowie BRINKMANN (1991) 5 Eine Ausnahme stellt der doleritische Basalt des Geländebegehungen Bühls bei Weimar dar (siehe Text). 19 Geologische Karte von Hessen 1:25000, Blatt 6 Die Beobachtungen und Untersuchungsergebnis- 4622 Kassel-West 20 Die Kleinschürfe sowie die damit verbundene se von HENTSCHEL (1969) wurden für die in der vorliegenden Arbeit gebrachte Beschreibung der Probennahme wurden am 25.03.2003 mit modalen Basalt- und Basalttuffmineralogie als freundlicher Genehmigung des Hessischen Grundlage benutzt, ohne im einzelnen darauf Forstamtes Kassel durchgeführt, wofür dem hinzuweisen. Forstamtsleiter THEODOR AREND und dem zuständi- 7 Während Magnetit sehr starke magnetische gen Revierförster DIETER KÖNIG an dieser Stelle Eigenschaften besitzt (ein Maß dafür ist die sehr herzlich gedankt sei. dimensionslose magnetische Suszeptibilität k, für 21 Wie Anm. 3 Magnetit = 1,0 - 5,7), ist Ilmenit mit deutlich 22 Wie Anm. 19 geringerer Suszeptibilität (k = 2,2•10-3 - 3,8) 23 Der Kasseler Meeressand diente für die im entsprechend schwächer magnetisch (Werte aus Habichtswald bis in die Neuzeit abgebauten Braunkohleflöze als Bezugshorizont. HUNT et al. 1995). 8 Für die Bestimmung der tatsächlichen Verteilung 24 Darauf deutet zumindest eine größere Halde hin, wären entsprechende geochemische Untersu- welche einem relativ kurzen Graben hangabwärts chungen nötig. direkt vorgelagert ist und sich nicht allein aus 9 Sowohl die hier und im folgenden dargestellten dem Abraum der sichtbaren Vertiefungen erklärt. Reaktionen bei der Verwitterung, als auch die 25 Wie Anm. 20 Prozesse, die zur Bildung der sekundären 26 Der Stich stammt aus Band I der „Civitates Orbis Eisenerze und schließlich zu deren Anreicherung Terrarum“, die von GEORG BRAUN zwischen 1572 und 1618 in 6 Bänden herausgegeben wurden. führen, sind weitgehend nach SCHACHTSCHABEL et al. (1992) zitiert, ohne im einzelnen darauf 27 Wie Anm. 2 und 3 hinzuweisen. 28 Das Hohe Gras ist mit 614,8 m ü.NN. die höchste 10 Durch Ausdehnung von Gesteinen infolge der Erhebung des Habichtswaldes und wird von dem sukzessiven Abtragung überlagernder Gesteins- gleichen Basalttypus gebildet, wie er am massen bilden sich Risse, in die Wasser und/oder Hühnerberg zu finden ist (Essexitbasalt). Wurzeln eindringen können. 29 Altes Hohlmaß, dessen Größe regional unter- 11 Durch Einbau von Wasser in den Zwischen- schiedlich war (In der Größenordnung von etwa schichtraum von quellfähigen Tonmineralen, bzw. 1000 Liter) der Hydratisierung von Anhydrit zu Gips, können 30 Alte hessische Silbermünze erhebliche Quelldrücke entstehen. 182 Frank N. Schäfer

Manuskript bei der Schriftleitung eingegangen am 10. September 2003

Anschrift des Verfassers Dr. Frank N. Schäfer Blauer See 34128 Kassel eMail: [email protected]