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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Entomofauna

Jahr/Year: 2018

Band/Volume: 0039

Autor(en)/Author(s): Freina Josef J. De

Artikel/Article: Faunistische Studie zur penella (Hübner, [1818–1819])- Artengruppe auf der Balkanhalbinsel mit der Beschreibung von Heterogynis zikici nov.sp. (: , )1 59-71 Entomofauna 39/1 Heft ##:03: 000059-071-000 Ansfelden, 2. Januar 2018

Faunistische StudieTitelüberschrift zur (Hübner, [1818–1819])-Artengruppexxx auf der Balkanhalbinsel mit der Beschreibung vonxxx Heterogynis zikici nov.sp. (Lepidoptera: Zygaenoidea, Heterogynidae)1 Autor

Josef J. de Freina Abstract Abstract

A faunistic study of the Heterogynis penella (Hübner, [1818–1819])-species group on the Balkan peninsula with description of Heterogynis zikici nov.sp. (Lepidoptera: Zygaenoidea, Heterogynidae).

The recently discovered Heterogynis zikici nov.sp., currently known from the area around the Vlasina lake, Vlasina plateau in the Serbian-Bulgarian border area, is described (holotype male in CdFM in CMWM, will later be deposited in Zoologische Staatssammlung, Munich). External and internal morphological characteristics, the divergence from known species in the available molecular data (mtDNA: COI barcodes), and its ecological adaptation show H. zikici as a distinct species. Its male, male genitalia, female, first and adult instar, cocoons, larval host plant, characteristic habitat as well as a Chalcidide- parasite are illustrated. The relationship to the South-Eastern European species of Heterogynis rambur, 1837, whose males are are depicted here in comparison, is discussed. Finally, additional comments on H. dubia ScHmidt, 1860 from the Slovenian Karst (Krain) are provided. Keywords: Heterogynidae, balkanian penella-group, new taxon, Serbia, Heterogynis zikici nov.sp.

Zusammenfassung Die vor kurzem im Gebiet um den Vlasina-See, Vlasina-Plateau im Serbisch-Bulgarischen Grenzbereich entdeckte Population wird als Heterogynis zikici nov.sp. beschrieben (Holotypus Männchen CdFM in CMWM, später in Zoologische Staatssammlungen, München). Äußere und innere morphologische Merkmale, die Verschiedenheit von bekannten Arten in den molekulargenetischen Daten (mtDNA: COI-Barcode) und ihre ökologische Anpassung charakterisieren sie als eigenständige Art. Ihre Männchen, die männliche Genitalstruktur, Weibchen, Ei- und erwachsene Raupe, Kokons, Wirtspflanze,

1 Studien zur Familie Heterogynidae — Studies on the family Heterogynidae, no. 13

59 der Lebensraum sowie eine parasitäre Chalcidide werden abgebildet. Die verwandt- schaftliche Beziehungen zu südosteuropäischen Heterogynis rambur, 1837-Arten, deren Männchen hier vergleichend dargestellt sind, werden erörtert. Abschließend werden noch zusätzliche Angaben zu H. dubia ScHmidt, 1860 aus dem slowenischen Karst geliefert.

Einleitung Morphologische Untersuchungen in Kombination mit DNA-Barcoding bestätigen Heterogynis penella (Hübner, [1818–1819]) als einen Komplex mehrere allopatrischer Arten. Begünstigt wird die Artenbildung durch die disjunkte Verbreitung der Populationen und die Immobilität der Weibchen aufgrund ihrer Flügellosigkeit. In morphologischen Strukturen und Biologien wie auch in mitochondrialen DNA (COI-barcodes) lassen sich Artunterschiede nachweisen, die wegen des phänotypisch nicht sehr augenfälligen Unterschieds der Populationen in ihrer Deutlichkeit doch überraschen. Bis Ende des vorigen Jahrhunderts blieben die Nachweise für illyrisch-dinarischen Heterogynis auf wenige Nachweise beschränkt. Das mag sowohl an der geringen Attraktivität der männlichen Falter und madenförmigen apteren Weibchen als auch an der auf die frühen Vormittagsstunden beschränkte Flugaktivität der Männchen gelegen haben. Man ging von einer vermeintlich geringen Verbreitungsdichte im pontomediterranen Bereich aus, aber jüngere Nachweise belegen eine weitaus größere Präsenz der Heterogyniden auf dem Balkan als bisher angenommen wurde. Alle Nachweise stammen aus italo-balkanischen Refugiallandschaften (Varga 1975). Dementsprechend ist das aktuelle Verbreitungsbild disjunkt, vergleichbar mit dem einiger im Gebiet der Südostalpen, Südkarpaten, den Hochgebirgsregionen des Balkans und der Apeninnenhalbinsel refugial verbreiteten pontomediterranen Arten. Nach Varga (1975) erfolgte die Separation auf dem Balkan bereits im frühen Pleistozän. Bis auf die der in der Krain und im slowenischen Karst heimischen Heterogynis dubia ScHmidt, 1860 (Abb. 11, 12) sind alle sonstigen Funde auf montane bis hochmontane Höhenlagen zwischen 1000‒1900 m beschränkt. Bekannt sind bisher Populationen vom Volujak-Gebirgstock im herzegowinisch-montenegrinischen Grenzbereich (rebel 1904, Stauder 1930), aus der Umgebung von Livono in Bosnien (rebel 1913, rebel & Zerny 1931), vom Mt. Kopaonik bei Srebrnac im Süden Serbiens (Stojanovic, Ćurčiċ, StaniSavlieviċ, & orloviċ, 2014), vom Vlasina-Plateau im Serbisch-Bulgarischen Grenzbereich, von der Golešnica-Planina bei Bogomila (daniel et al. 1951, daniel 1964) und der Babuna Planina bei Prilep in Makedonien (leg. tHurner), vom nordgriechischen Smolikas-Massiv an der albanischen Grenze (Wagner, W.; persönliche Mitteilung), als Heterogynis sondereggeri de Freina, 2012 im Taygetos-Gebirge auf dem Peloponnes sowie von dem im westrumänischen Karpatenbecken gelegenen Trascău-Gebirge. Auch aus Bulgarien und Albanien wird "H. penella" erwähnt (URL: en.wikipedia.org/wiki/ List_of_Lepidoptera_of_Albania). Es liegen dem Verfasser auch Einzelexemplare aus Bulgarien vor, diese allerdings ohne genauere Herkunftsangaben. H. dubia ScHmidt, 1860 (Abb. 10, 11), H. sondereggeri de Freina, 2012 (Abb. 7), die rumänische Karpatenpopulation (Abb. 8, 9) und die hier nachfolgend beschriebene, im Gebiet des Vlasina-Sees, 1200 m heimische Heterogynis zikici nov.sp. (Abb. 4‒6) sind Populationen der morphologisch gut differenzierten evolutiven H. penella-Artengruppe.

60 Einzig die Populationen der makedonischen Hochlagen (Abb. 13, 14) weisen wegen ihrer etwas gestreckteren und schlankeren Flügelform habituell eine Merkmalsübereinstimmung mit der in Alpinlagen des kalabrischen Monte Pollino-Massiv heimischen H. eremita Zilli, ciancHi, racHeli & bullini, 1988 (Abb. 15) auf. Die vergleichenden Gegenüberstellung charakteristischer Männchen auf Tafel 1 (Abbildungen 1‒15) soll die vorhandenen intrapopulären habituellen Unterschiede anschaulicher vermittelt.

Abkürzungen CdFM ...... Sammlung de Freina, München CMWM ...... Lepidopterologisches Museum Witt, München GPdF ...... Genitalpräparat. de Freina HT ...... Holotypus LT ...... Lectotypus NHMW...... Naturhistorisches Museum Wien PT ...... Paratypus Vfl...... Vorderflügel

Heterogynis zikici nov.sp. Holoypus: ♂ (Abb. 4). Serbia, ca. 60 km SSE Niš, Vlasinsko jezero (lake), 1200 m, 20.6.2017, leg. V. ŽikiĆ, in CdFM (in CMWM, später in ZSM). Paratypen: 15 ♂♂ (GPdF 2016/27, GPdF 2016/28), 45 ♀♀ mit Kokons (partim einige konserviert in 70% Ethanol), alle gleiche Daten wie HT, in CdFM (CMWM); 38 ♀♀ mit Kokons, gleiche Daten wie HT, jedoch 22.5.2016, in CdFM (CMWM). Weiteres Material: 5 adulte Raupen und mehrere L2-Raupen in 70% Ethanol, 1 Kokon ♂ mit Exuvie sowie 2 Belege von Parasitoiden, alle gleiche Daten wie HT, jedoch 22.5.2016, leg. V. ŽikiĆ, in CdFM (CMWM). Derivatio nominis: Die Art widme ich ihrem Entdecker Dr. Vladimir ŽikiĆ, Associate Professor des Department of Biology and Ecology, Faculty of Sciences and Mathematics, University of Niš, Serbia (siehe ŽikiĆ et al. 2015). Beschreibung (in Differentialdiagnose zu H. penella und H. sondereggeri): ♂ (Abb. 4‒6). Vfl.‒Länge 7,9–9,0 mm (HT 8,8 mm), Spannweite 17,0–20,0 mm (HT 19,0 mm), Körperlänge 4,9–6,2 mm (HT 5,9 mm). Spannweite und Flügellänge, verglichen mit den wenigen bekannten H. sondereggeri ♂♂, etwa 6 % größerer; Körperbau allerdings ausnahmslos zierlicher als der französischen H. penella-♂♂ und solcher der rumänischen Karpatenpopulation; Körperbehaarung weniger dicht und glatter als bei den Vergleichsarten. Flügelfärbung schwach glänzend rußschwarz, die Beschuppung seicht, weshalb die Äderung auffälliger erscheint, Tornus der Vorderflüges etwas weniger gerundet. Länge der bipectinaten Fühler von zwei Drittel des Vorderrands, die Rami im Mittelbereich am längsten, weshalb die Gesamtform betont lanzettförmig erscheint. Sie ist identisch mit der Fühlerstruktur von H. sondereggeri, im postdistalen Abschnitt breiter als bei H. penella,

61 Variabilität der männlichen Imagines: Habituellen Unterschiede beschränken sich auf geringe Abweichungen hinsichtlich der Flügelspannweite und Thorakalmasse. Offensichtlich verlieren die Tiere im Verlauf ihrer Imaginalphase etwas von ihrer Schuppendichte oder bleichen aus, da frische Exemplare in der Grundfärbung etwas dunkler erscheinen.

♀ (Abb. 18, 20 23, 24): Auffällig zierlich, von daher deutlich kleinwüchsiger als H. penella-♀♀, in der Gesamterscheinung auffällig mit höherem Anteil an schwarzer, speckig glänzender Grundfärbung. Die blaß gelben Zeichnungselemente dadurch wesentlich gemindert. Die schwarze Mediodorsallinie sehr breit, die seitlich daran angelagerten gelben Zickzack- förmigen Bänder ausgeprägt und auffällig. Die schwarzen Flanken mittig von einem breiten gelben Längsband durchzogen, das selbst in den Segmenteinschnitten kaum unterbrochen ist; darüber subdorsal eine gestrichelte unzusammenhängende Fleckenreihe. Die Ventralseite ist bis auf die prominente gelben Zwillingsflecken auf den Sterniten 4‒7 speckig glänzend schwarz.

♂ Genital (Abb. 40, 41): Das Genital ist typisch für die H. penella-Gruppe, besonders markante Auffälligkeiten sind nicht erkennbar. Uncus kräftig sklerotisiert, das Tegumendach sehr flach ohne nennenswerte Wölbung; Valven symmetrisch, etwas schlanker als bei H. penella, apikal linguiform, der Ventralrand subapikal deutlich konkav. Subscaphium nicht von dem für H. penella typischen verschieden, lang, spatulat, apikal spiniform. Auch der Phallus entspricht in seiner Gesamtform dem von H. penella. Die Außenschicht der Versica ist flächendeckend mit unzähligen winzigen Spiculae bestückt, wobei die Verdichtung des Besatzes nach apikal zunimmt. Diese Zahnstrukturen sind im Vergleich zu südfranzösischen H. penella feiner strukturiert. Auf eine intrapopular verschiedene und arttypische Strukturierungen der Cornutifelder weist der Vergleich mit dem Männchen der rumänischen Karpatenpopulation (Abb. 42a, 42b) hin. Abweichend von H. zikici weist dessen Vesica im Penis eine deutlich geringere Anzahl zugleich feinerer Cornuti wie auch eine geringere Ausdehnung des Cornutifeldes.

Tergite und Sternite des Männchens (Abb. 40c, 41c): Die Sklerotisation entspricht ebenfalls im Wesentlichen dem penella-Typus. Allerdings sind die Tergite etwas breiter, weniger tailliert, die Tergite III–VIII sind am Oberrand stärker ausgefranst. Die Sternite sind fast quadratisch, weniger caliciform. Das untersuchte Männchen der rumänischen Population weist wesentlich schlankere Sternite auf (Abb. 42c).

Kokonstruktur (Abb. 18, 20): Die Kokons beider Geschlechter sind den Imagines entsprechend auffällig kleiner als die von H. penella (vergleiche hierzu Abb. 16, 17). Der Größenunterschied beträgt etwa 15% Volumen. Die Struktur der Kokons ist transparenter, weniger dicht verwoben, die Färbung 62 frisch verfertigter Kokons bei beiden Geschlechtern ist seidig glänzend weiß. Später tritt eine schwach lichtgelbe Verfärbung ein. Die männliche Puppenhülle ist tief schwarz, nicht bräunlich schwarz wie bei H. penella, die Form der weiblichen Puppe ist auffällig gedrungener, weniger piriform als bei H. penella. Bedauerlicherweise liegen von H. sondereggeri keine Kokons vor. Der zu Vergleichszwecken herangezogene weibliche Kokons der rumänischen Karpatenpopulation ist deutlich größer, weniger bauchig und wesentlich dichter versponnen bei filzigerer Außenschicht. Die Färbung ist glänzend gelblich hellockerfarben (Abb. 21).

Raupe (Abb. 22, 26‒30): Frisch geschlüpfte Eiraupen sind bis auf die vergleichsweise längeren und kräftigeren Primärborsten nicht wesentlich von H. penella verschieden. Auch ist die Kopfkapsel ist im Gegensatz zu H. penella nicht mit Borsten besetzt. Vor der Nahrungsaufnahme sind sie 2,5 mm, walzenförmig, blaß gelb, der stark klerotisierte Kopf, Thorakalbeine, Klauen der Abdominalbeine sowie das Prothorakalschild sind glänzend schwarz; ein Analschild ist nicht vorhanden. Adulte Raupen unterscheiden sich von denen der H. penella (Abb. 34, 35) durch eine feinere, weniger gekrümmte Borstenstruktur und die weniger licht gelb- bis grüngelbe Färbung der dorsolateralen und ventrolateralen Längsstreifen. Bei H. zikici-Raupen ist die Gelbfärbung matter, deutlich graugelb. Zusätzlich sind die matt gelben Streifen nicht unifarben, sondern schütter von einer dunklen feinen Streufleckung durchsetzt. Dieses Merkmal haben sie mit Raupen der nordgriechischen Smolikas-Population (Abb. 31, 32) und der H. sondereggeri (Abb. 33) vom Peloponnes gemein.

Biologie und Phänologie, Habitat (Abb. 36‒39): H. zikici ist wie alle Heterogynis univoltin. Die Flugzeit erstreckt sich über den Zeitraum von Ende Mai bis in die 2. Julidekade. Die Raupen ernähren sich von Chamaecytisus heuffelii (Fabaceae), an der auch die Eiablage stattfindet. Sie sind aber in der Lage, bei Verlust andere Wirtspflanzen wie etwa solche von Fabaceen, Asteraceen oder Cistaceen (Helianthemum) zu akzeptieren und an diesen auch ihre Entwicklung zu Ende zu bringen. Das Habitat sind stark mit der Wirtspflanze durchsetzte Wiesengründe, die sich entlang der Uferregionen des künstlich geschaffenen 16 km² flächigen Vlasina-Sees (serbisch Vlasinsko jezero) in einer Höhenlage um 1200 m erstrecken. Der See ist von bis zu 1875 m hohen Bergen umgeben. H. zikici leidet unter starkem parasitärem Befall (Zikic et al. 2015) in jahrweise unterschiedliche Ausmaß. Im Jahr 2016 war der Befall epidemisch, was einen drastischen Einbruch der Populationsdichte im Jahr 2017 zur Folge hatte. Als Parasitoide sind vor allem Tachiniden (Diptera, Raupenfliegen) wie Phryxe hirta bekannt (de Freina & tScHorSnig 2005, de Freina 2015). Der Befall verursacht eine auffällig atypische dottergelbe Verfärbung des Kokons. Eine extrem dichte filzartige mit weißer Endostruktur des Kokons ist ein deutlicher Hinweis auf den Befall durch Pteromalidae (wie Trichomalopsis heterogynidis) oder Chalcididae (wie Brachymeria cf. B. inermis; det. Zikic (Abb. 25)). Neu ist die Parasitierung durch eine noch unbestimmte Mottenart (Tineidae; in litt. Zikic)).

63 Verbreitung: Die Verbreitungsgebiet von H. zikici ist noch nicht einzuschätzen. Es ist aber eine dieser nahestehende und genitaliter nicht unterscheidbare Populationen (determiniert als H. penella) vom Mt. Kopaonik, 1600 m aus der Umgebung von Srebrnac bekannt (StojanoVic et al. 2014, siehe Genital Abb. 43). Dieser Lebensraum liegt etwa 150 km nordöstlich des Vlasina-Sees. Es erscheint nicht unrealistisch, neben dieser Population auch die aus den collinen Lagen Makedoniens, Nordgriechenlands, Albaniens und Westbulgariens nachgewiesenen unter Vorbehalt bei H. zikici einzureihen. Bekräftigt wird diese Annahme durch die Tatsache, dass sich erwachsenen Raupen der nordgriechischen Smolikas- Population (Abb. 31, 32) zumindest phänotypisch nicht von denen der H. zikici unterscheiden.

Diagnose: Wegen der apteren Weibchen hat sich der Großteil der europäischen Heterogynis- Populationen durch Nischenseparation sowohl morphologisch wie auch ökologisch differenziert. Die teilweise unscharf getrennten äußeren Merkmale erschweren die Unterscheidung der Arten und machen reichhaltiges Vergleichsmaterial an Tieren und Biologien zur Bedingung für eine ausgewogene Beurteilung. Die Kenntnis der männlichen Abdominal- und Genitalstrukturen allein ist für die Abgrenzung auf Artniveau nur bedingt hilfreich, der Aussagewert von Form und Struktur der Kokons ist von gleichrangiger Bedeutung. In der entwicklungsgeschichtlich primitiven Lepidopterengruppe der Heterogynidae zeichnen sich nämlich genitaliter lediglich zwischen Artengruppen, also denen von Heterogynis andalusica daniel, 1966, Heterogynis paradoxa rambur, 1837, Heterogynis canalensis cHapman, 1904 und H. penella auffälligere, diagnostisch verwertbare Unterschiede ab. Innerhalb der H. penella-Gruppe sind intraspezifisch solche, falls vorhanden, nicht augenfällig. Für H. zikici sind aber eine von H. penella etwas abgewandelte Valvenform und die feineren Spiculaestruktur des Phallus als charakteristisch erkennbar. Neben der im postdistalen Abschnitt der Fühler etwas längeren Kammzähnung bei den Männchen sprechen auch die durchwegs geringere Körpergröße von H. zikici, die seichter beschuppten und deshalb mehr diaphanen Flügel, der weniger gerundete Tornus des Vorderflüges des Männchens und die dunklere Zeichnung der Weibchen für deren Artrecht. Weites sind in der Summe der Charakteristiken die graugelbe Larvalfärbung und die hellere und transparentere, da weniger dichte Struktur der Puppengespinste zu erwähnen. Um fundierte Hinweise auf die Verwandtschaftsbeziehungen der balkanischen penella zu erhalten, wurden an deren Vertretern auch molekularbiologische Untersuchungen durchgeführt. Die erzielten Daten bestätigen eine bereits in früheren Untersuchungen nachgewiesene große Heterogenität innerhalb der Gattung (de Freina 2012). Für isolierte Populationen mit flugunfähigen ♀♀ war dieses Ergebnis auch nicht überraschend. Bestätigt wurde der Artstatus von H. dubia, H. sondereggeri und H. zikici, die von H. penella deutlich divergieren.

64 Die balkanische Gruppe zeigt ein homogenes Muster mit zwei verschiedenen Haplotypen. H. sondereggeri ist die Art mit der größeren genetischen Distanz, während die mitochondrialen DNA-Sequenzen auf einen näheren Verwandtschaftgrad der H. dubia mit H. zikici hinweisen. Beide Arten sind gut charakterisiert. Überraschenerweise ist die genetische Distanz der rumänischen Karpatenpopulation zu H. zikici gering. Nachuntersuchungen werden Aufschluß darüber geben, ob es sich hier lediglich um eine innerartlche Variablität handelt und sich ein mögliches Artrecht der Karpatenpopulation ausschließlich mit morphologischen Merkmalen begründen läßt.

Neighbor Joining-Baum aus den genetischen Distanzen untersuchter balkanischer Arten der Heterogynis penella-Gruppe.

Ergänzende Bemerkungen zu Heterogynis dubia ScHmidt, 1860 (Abb. 10, 11): Die Art wurde nach Tieren aus der Krain ("Karste in Innerkrain und auch auf dem Nanos") beschrieben. Gemeint war damit zum Zeitpunkt der Beschreibung der slowenische Karst mit dem Birnbaumer Wald sowie dem Berg Nanos. Beide Regionen markieren als südalpine Mittelgebirge einen Teil des Südrandes der Alpen. Der Birnbaumer Wald, der eine Höhe bis zu 1020 m erreicht, wird im Südwesten durch den 1313 m hohen Bergzug Nanos begrenzt. Beide gehören als Teil des Dinarischen Gebirges zusammen mit dem nordwestlich anschließenden Ternowaner Wald (slowenisch Trnovski Gozd) zum Karstgebiet der Innerkrain. Das Typenmaterial befindet sich im NHMW (de Freina 2012). Die Art ist als auffällig wärmeliebend zu bezeichnen. Sie siedelt von den unteren collinen Lagen ab etwa 350 m bis Höhenlagen um 1100 m.

Danksagung

Ich danke Dr. Vladimir ŽikiĆ, Associate Professor Dept. of Biology and Ecology Faculty of Sciences and Mathematics, University of Niš, Serbia, für die Beschaffung von Belegexemplaren, von Bildmaterial vom Typenfundort und für den befruchtenden Informationsaustausch. Dr. Wolfgang Wagner, Stuttgart, und Dr. Dejan StojanoVic, Institute of Lowland Forestry and Environment, University of Novi Sad, unterstützten durch die Überlassung von Bildmaterial. Dank auch an Dr. Roger Vila, Institut de Biologia Evolutiva, Barcelona und Joan Carles HinojoSa aus seinem Team wie auch an Prof. Paul Hebert, Biodiversity Institute of Ontario, Guelph, Ontario, Kanada, für durchgeführte

65 Analysen (DNA barcoding). Dr. Marko mutanen, Zoologisches Museum, Department of Biology, Universität Oulu, Finnland, erteile dankenswerterweise die Erlaubnis zur Verwendung seiner DNA-Daten.

Literatur daniel F. (1964): Die Lepidopterenfauna Jugoslavisch Makedoniens. II. Bombyces et Sphinges. — Prirodonaučen Muzej Skopje, Posebno Izdanie, Skopje 2, 74 S. [Heterogynidae S. 52]. daniel F., ForSter W. & L. oStHelder (1951): Beiträge zur Lepidopterenfauna Mazedoniens. — Veröffentlichungen der Zoologischen Staatssammlung, München 2: 1–78. Freina j. j. de (2012): Heterogynidae auf dem Balkan, mit Beschreibung von Heterogynis sondereggeri sp. n. aus den Hochlagen des Peloponnes (Lepidoptera: Zygaenoidea, Heterogynidae). — Nachrichten des Entomologischen Vereins Apollo, N. F. 33 (2/3): 129–138. Freina j. j. de (2015): Beitrag zur Artengruppe von Heterogynis penella (Hübner, [1819] auf der Iberischen Halbinsel. Beschreibung von H. segurana sp. n., mit Ergänzungen zu anderen Arten (Lepidoptera, Zygaenoidea, Heterogynidae). — Nachrichten des Entomologischen Vereins Apollo, Frankfurt am Main, N. F. 36 (4): 208–216. Freina j. j. de & H. p. tScHorSnig (2005): Raupenfliegen (Diptera: Tachinidae) ausHeterogynis spp. (Lepidoptera: Heterogynidae). – Nachrichtenblatt der Bayerischen Entomologen, München, 54 (3/4): 95–100. rebel H. (1904): Studien über die Lepidioterenfauna der Balkanländer. II. Teil. Bosnien und Herzogowina. — Annalen des k. k. naturhistorischen Hofmuseums, Wien 19 (2/3): 97– 377 [Heterogynidae S. 293]. rebel H. (1913): Studien über die Lepidioterenfauna der Balkanländer. III. Teil. Sammel- ergebnisse aus Montenegro, Albanien, Mazedonien und Thrakien. — Annalen des k.k. naturhistorischen Hofmuseums, Wien 23 (2/3): 281–334 [Heterogynidae S. 318]. rebel H. & H. Zerny (1931): Die Lepidopterenfauna Albaniens (mit Berücksichtigung der Nachbargebiete). — Denkschriften der Akademie der Wissenschaften in Wien (Mathematisch naturwissenschaftliche Klasse), Wien 103: 40–163. ScHmidt F. J. (1860): Heterogynis dubia. Ein für Österreich neuer Schmetterling. — Verhandlungen der kaiserlich-königlichen zoologisch-botanischen Gesellschaft, Wien 10: 659–662. Stauder H. (1930): Die Schmetterlingsfauna der illyro-adriatischen Festland- und Inselzone (Faunula Illyro-Adriatica). Zusammengestellt und kritisch bearbeitet nach dem Stande neuzeitlicher Kenntnisse. — Entomologischer Anzeiger, Wien 10: 9–11, 36–37, 52–57, 75–77, 133–136, 153–155, 201–204, 249–252, 275‒276, 294–297, 309–310, 351–352, 374–377, 436–438 [Heterogynidae S. 203]. Stojanovic D.v., Ćurčiċ S.B., StaniSavlieviċ l.Ž. & S.S. orloviċ (2014): New and rare species (Insecta: Lepidoptera) from Serbia. — North-western Journal of Zoology, Oradea 10 (2): 318–324. Varga Z. (1975): Geographische Isolation und Subspeziation bei den Hochgebirgs-Lepidopteren der Balkanhabl[sic!]insel. — Acta entomologica Jugoslavica, Zagreb 11 (1/2): 5–37. Wikipedia [engl.] (2012): List of Lepidoptera of Albania. — URL: en.wikipedia.org/wiki/List_ of_Lepidoptera_of_Albania (zuletzt aufgesucht: 6. viii. 2017).

66 Zikic V., Stankovic S.S., Hric B., mitroiu m., ScHWartZ M. & H.-P. tScHorSnig (2015): First Records of Parasitoids of the Orders Hymenoptera (Ichneumonidae and Pteromalidae) and Diptera (Tachinidae) from Heterogynis sondereggeri de Freina, 2012 (Lepidoptera: Heterogynidae). – Acta zoologica bulgarica 67 (3): 385–388. Zilli a., ciancHi r., racHeli t. & L. bullini (1988): A new species from southern Italy in the Heterogynis penella complex (Lepidoptera, Zygaenoidea, Heterogynidae). — Bolletino del Museo regionale di Science naturali di Torino, Turin 6: 1–9.

Author's adress: Josef J. de Freina Eduard Schmid-Straße 10 D-81541 München, Deutschland E-Mail: [email protected]

67 Tafel 1 Abb. 1–15: Heterogynis penella/eremita-Gruppen. Vergleichende Darstellung (♂♂) von Popu- lationen Südfrankreichs (Abb. 1–3) und des Balkans (Abb. 4–15). — Abb. 1: ♂ Heterogynis penella, Frankreich, Hautes Provence, ca. 30 km nördl. Digne (locus tpicus), 8 km WNW Verdaches, Clues de Verdaches, 1050 m, 28.7.2008, leg. de Freina (Heterogynis DNA voucher JDF 0103). Abb. 2: ♂ cf. Heterogynis penella, Südfrankreich, Cevennen, ca. 25km SE Mende, Causse de Sauveterre, vic. Canourgne, 800 m, 24.6.2014, leg. de Freina (Heterogynis DNA voucher JDF 0104). — Abb. 3: ♂ Heterogynis valdeblorensis leraut, 2006, Südfrankreich, Cannes, 20. 5. 1933, ex coll. H. FiScHer. — Abb. 4‒6: Heterogynis zikici. Abb. 4: ♂ Holotypus, Serbia, ca. 60 km SSE Niš, Vlasinsko jezero (lake), 1200 m, 20.6. 2017, leg. V. ŽikiĆ. (Heterogynis DNA voucher JDF 099). Abb. 5, 6: ♂♂ Paratypen, gleiche Daten wie Abb. 4. — Abb. 7: ♂ Holotypus Heterogynis sondereggeri, Graecia, Mt. Taygetos, 1,2 km NW Hütte Rg. Katafigio, 1900 m, 6.6. 2009, e.l. 16.–20. vi. 2009, leg.P. Sonderegger (Heterogynis DNA voucher JDF 0110). — Abb. 8, 9: Rumänische Karpatenpopulation. Abb. 8: ♂ Heterogynis sp., Rumänien, Distrikt Alba Julia, Posaga de Sus, 3 km N, 46°43´664´´N 23°26´343´´E, 708 m, 14.–16.6.2017, leg. de Freina. Abb. 9: ♂ Heterogynis sp., Rumänien, Transsylvanien, Runs [= Runc-Schlucht], 12. 7. 1981, leg. könig (Heterogynis DNA voucher JDF 0121). — Abb. 10, 11: Population Krain/Istrien. Abb. 10: ♂ Heterogynis dubia, Slowenien, Sezana, 16. 5. 1980, leg. J. carnelutti (Heterogynis voucher JDF 0029). Abb. 11: ♂ Heterogynis dubia, Slowenien, Sezana, e.l. 15. v. 1967, leg. micHieli. — Abb. 12: ♂ Heterogynis cf. Heterogynis zikici. Bulgarien, Rila, [ohne nähere Angaben]. — Abb. 13, 14: ♂♂ H. ?eremita-Gruppe" der makedonischen Hochlagen. Abb. 13: ♂ Makedonia, Golešnica Planina bei Bogomilla, ob[eres] Waldgebiet, 1600– 2500 m, 14.–18. vii. 1956, leg. F. daniel (Heterogynis DNA voucher JDF 0122). Abb. 14: ♂ Makedonia, Golešnica Planina, Pepolak [= Pepelak], 23. 6. 1918, leg. burgeFF (Heterogynis DNA voucher JDF 0122). — Abb. 15: ♂ Heterogynis eremita, HT, Italia mer., Massiccio del Pollino (nach Zilli et al. 1988). Exemplare 1‒14 in MWM). Abb. 16, 17: Heterogynis penella, Zwei Kokon ♂♂ (Abb. 16) mit Exuvien, Kokon ♀ (Abb. 17) mit Imago; Daten wie Abb. 1. Abb. 18‒20: Heterogynis zikici, Zwei Kokons ♀♀ mit Imagines (Abb. 18); Kokon ♂ mit Exuvie, vergrößert (Abb. 19); Kokon ♀ mit Imagines, vergrößert (Abb. 20); alle Daten wie Abb.4. Abb. 21: Heterogynis sp., Rumänische Karpaten-Population cf. H. penella; Kokon ♀ geschlossen, vergrößert (Abb. 21); Daten wie Abb.8. Abb. 22‒25: Heterogynis zikici, L1-Raupe, lateral, natürliche Größe 3 mm (Abb. 22); ♀♀ mit Kokons (ventrolateral, ventral) (Abb. 23); ♀ mit Kokon, dorsal, vergrößert (Abb. 24); Parasit Brachymeria (cf.?) inermis (Chalcididae) (Abb. 25); Daten wie Abb. 4. Fotos: 22‒25 V. Zikic.

68 69 Tafel 2 Abb. 26‒30: Heterogynis zikici, erwachsene Raupe. Abb. 31, 32: Heterogynis sp., cf. H. zikici, erwachsene Raupe an Cirsium sp. (!), Nordgriechenland, Smolikas-Massiv. Abb. 33: Heterogynis sondereggeri, Raupe frühes L5-Stadium, an Wirtspfl anze Astragalus taygeteus, Taygetos-Gebirge, Peloponnes. Abb. 34, 35: Heterogynis penella, erwachsene Raupen, Puget-Rostang, Alpes Maritimes (Abb. 35); Caussols, Col de la Sine, Alpes Maritimes (Abb. 36). Abb. 36‒39: Heterogynis zikici. Wirtspfl anzeChamaecytisus heuffelii, Fabaceae, Faboideae (Abb. 36); Habitat Typenfundort Vlasina plateau (Vlasina lake), 1200 m mit Wirtspfl anze zur Flugzeit Mitte Mai (Abb. 37. 39), Habitat mit verholzter Wirtspfl anze nach starkem Befall im Juni, Juli 2016 (Abb. 38). Fotos 26‒30, 36‒39: V. Zikic, Fotos 31, 32: W. Wagner, Foto 33: H. Ziegler.

70 Tafel 3 Abb. 40‒44: Männliche Genitalien und Strukturen der Tergite/Sternite. Abb. 40, 41: Heterogynis zikici, PT, Ventralansicht (Abb. 40a, 41a), Phallus ventral, Vesica extrahiert (Abb. 40b, 41b), Tergite/ Sternite (Abb. 40c, 41c). Abb. 42: Heterogynis sp., Rumänien, Ventralansicht (Abb. 42a), Phallus ventral, Vesica extrahiert (Abb. 42b), Tergite/Sternite (Abb. 42c). Abb. 43: Heterogynis cf. zikici, männliches Genital. Ventralansicht, Phallus lateral, Srebrnac, Mt. Kopaonik, 1600 m, 18.06.2010, leg. StojanoVic. Abb. 44: Heterogynis penella, Ligurien, San Romolo, Imperia. Foto 43: D. StojanoVic.

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