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MASTERARBEIT

Alles nur Show?

Eine Analyse über die (Selbst-)Präsentation deutscher Rapperinnen in ihren Musikvideos

Zur Erlangung des Mastergrades an der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät, der Paris-Lodron- Universität Salzburg, am Fachbereich Kommunikationswissenschaft

Eingereicht von Celebi Aylin, BA Matr. Nr.: 1221946

Gutachterin Ass. Prof. Mag. Dr. Thiele

Salzburg, April 2019

Eidesstattliche Erklärung

Hiermit versichere ich an Eides statt, dass ich die vorliegende

 Seminararbeit  Bakkalaureatsarbeit  Masterarbeit

ohne fremde Hilfe und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Quellen und Hilfsmittel angefertigt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Diese Arbeit wurde in gleicher oder ähnlicher Form noch bei keiner anderen Prüferin/ keinem anderen Prüfer als Prüfungsleistung eingereicht.

Mir ist bekannt, dass Zuwiderhandeln mit der Note „nicht genügend“ (ohne Möglichkeit einer Nachbesserung oder Wiederholung) geahndet wird und weitere rechtliche Schritte nach sich ziehen kann.

Diese Arbeit wurde neben der gedruckten Version auch als E-Mail zur Prüfung der o.g.

Erklärung der zuständigen Prüferin gesendet.

Salzburg, 02. April 2019

(Ort und Datum) (Unterschrift)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ...... 1

2 Definitionen ...... 5

2.1 Hip-Hop ...... 5

2.1.1 DJing/ ...... 9

2.1.2 Rap/MCing ...... 11

2.1.3 Breakdance/B-Boying ...... 13

2.1.4 /Writing ...... 15

2.2 Hip-Hop in Deutschland/BRD ...... 17

2.3 Hip-Hop im wiedervereinigten Deutschland ...... 19

3 Musikvideo ...... 19

3.1 Geschichte des Musikvideos...... 21

3.2 Geschlechterdifferenzierung in Musikvideos ...... 24

3.3 Sexualisierung in Musikvideos ...... 27

3.4 Funktion von Musikvideos ...... 27

3.5 Wirkung von Musikvideos ...... 28

4 Sexualisierung ...... 30

4.1.1 Definition Sexualisierung ...... 31

4.1.2 Sexualisierung (in) der Gesellschaft ...... 32

4.1.3 Sexualisierung und Medien ...... 32

4.1.4 Auswirkung von Sexualisierung ...... 36

4.2 Geschlechterstereotype ...... 37

4.3 Gender und Musik ...... 41

5 Frauen im Hip-Hop ...... 42

5.1 Frauenbild im Hip-Hop ...... 45

5.2 Männerbild im Hip-Hop ...... 47

5.3 SXTN ...... 49

5.4 Eunique ...... 51

5.5 Schwesta Ewa ...... 52

5.6 Kitty Kat...... 54

5.7 Lady Bitch Ray ...... 55

6 Objektifizierung ...... 56

6.1 Selbst-Objektifizierung ...... 57

6.2 Objektifizierende Blicke ...... 59

6.3 Medien und (Selbst-)Objektifizierung ...... 60

7 Forschungsstand ...... 60

8 Zwischenfazit...... 65

9 Methodisches Vorgehen ...... 66

9.1 Forschungsdesign ...... 66

9.2 Qualitative Inhaltsanalyse ...... 67

9.3 Video- und Filmanalyse ...... 69

9.3.1 Handlungsanalyse...... 71

9.3.2 Figurenanalyse ...... 72

9.3.3 Analyse der Bauformen ...... 72

9.3.4 Analyse der Normen und Werte ...... 73

9.4 Untersuchte Variablen ...... 73

9.5 Kategoriensystem ...... 75

9.6 SXTN – Von Party zu Party ...... 77

9.7 Eunique – Giftig/Genau so (ft. Veysel) ...... 81

9.8 Schwesta Ewa – Escortflow ...... 92

9.9 Kitty Kat – Sugamami ...... 100

9.10 Lady Bitch Ray – Cleopatra ...... 106

9.11 Zusammenfassung ...... 110

10 Schlussfolgerung ...... 114

11 Literaturverzeichnis ...... 119

12 Abstract ...... 132

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1 Szenze 1: Juju mit anderen Männern ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 2 Szene 2: SXTN im Club Im Hintergrund überwiegend Frauen – wenige Männer ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 3 Szene 3: Juju und Nura auf einer weißen Hummer Limousine.. Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 4 Szene 4: Nura im Raum mit anderen Menschen ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 5 Szene 1: Eunique im Studio...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 6 Szene 2: Eunique während dem Trainieren ..... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 7 Szene 3: Eunique mit Kobra Militär auf den Treppen ..... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 8 Szene 4: Eunique auf dem Fahrrad ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 9 Szene 5: Eunique mit zwei Frauen neben einem schwarzen Auto ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 10 Szene 6: Eunique am Pokertisch mit Männern im Hintergrund ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 11 Szene 7: Eunique mit Kobra Militär in einem Tattoo Studio ... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 12 Szene 8: Eunique mit Veysel in einer Lagerhalle ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 13 Szene 1: Schwesta Ewa mit zwei Frauen in einem Raum ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 14 Szene 2: Schwesta Ewa im Ferrari ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 15 Szene 3: Schwesta Ewa auf der Straße mit Pelzmantel . Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 16 Szene 4: Schwesta Ewa mit zwei Frauen auf der Straße Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 17 Szene 5: Schwesta Ewa mit zwei Frauen im Stripclub ... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 18 Szene 6: Schwesta Ewa vor einer U-Bahn-Station ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 19 Szene 1: Kitty Kat mit einem Jungen in der Küche ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 20 Szene 2: Kitty Kat mit einem Jungen draußen auf einer Bank . Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 21 Szene 3: Kitty Kat und Dalila mit den Jungs in einem Stripclub ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 22 Szene 4: Kitty Kat ist mit Dalila und den beiden Jungs in einem Café ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 23 Szene 5: Kitty Kat mit Jungen im Schlafzimmer ...... Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 24 Szene 1: Lady Bitch Ray sitzt auf einem Thron ...... Fehler! Textmarke nicht definiert.

Abbildung 25 Szene 2: Lady Bitch Ray in der Badewanne und zwei Frauen .. Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 26 Szene 3: Lady Bitch Ray und der Mercedes ... Fehler! Textmarke nicht definiert.

Tabelle 1: Bewegungsanalyse nach Birdwhistell; Ergänzt durch Bohnsack ...... 70

Abkürzungsverzeichnis

DJ Disk Jockey MC Master of ceremonies B-Boy/B-Girl Break-Boy/Break-Girl MTV Music Television Vgl. Vergleiche Usw. Und so weiter USP Unique Selling Proposition Bzw. Beziehungsweise Mpfs Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest

1 Einleitung

„Eins, zwei - SXTN kommt vorbei. Drei, vier – klopft an deiner Tür. Fünf, sechs – jetzt gibt’s wieder Stress. Sieben, acht – jetzt sind die F*tzen wieder da!“ (SXTN 2017)

Das sind Zeilen des weiblichen Rapper-Duos „SXTN“ – bestehend aus Juju und Nura. Rappen sei was für Männer? Das ist Schnee von gestern, denn beide Rapperinnen sind die wahrscheinlich ehrlichsten Frauen im deutschen Rap-Geschäft. Mit ihren Texten und provokanten Videos mischen sie den männerdominierten Hip-Hop-Markt auf. Den Instagramprofilen, sowie Musikvideos der Berliner Künstlerinnen zufolge, ist eines klar: Sie feiern trotzdem härter als Männer und vertreten den Hip-Hop-Lifestyle – immer übertrieben, sowie übergriffig (vgl. Röhlig 2017: o.S.).

„Eunique“ - Eine deutsche Rapperin, deren Karriere mit nur einem hochgeladenen Freestyle- Rap begonnen hat. Wegen ihres Geschlechtes hat sie sich im Rap-Geschäft nicht unterkriegen lassen und genau aus diesem Grund hat sie ihren Freestyle-Rap hochgeladen. Sie wollte vor allem ihrem damaligen Freund beweisen, dass Hip-Hop nicht nur Männersache ist.

Das Thema des Raps war, dass Hänger-Jungs nerven und Frauen mehr Respekt verdienen sollten, denn sie war es leid, dass Frauen, sei es im Rap oder privaten Leben, immer nur die zweite Geige spielen. Sie träumt von einer Armee, die aus Frauen besteht, die sich gegenseitig unterstützen, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Ihre Einstellung gegenüber Allem, sowie Ziele spiegeln sich in ihren Texten wider. Ihre Armee hat sie „Kobra Militär“ genannt, die in erster Linie für Unabhängigkeit steht und es egal ist, welche Stärken und Schwächen die Mitgliederinnen mit sich bringen (vgl. Baur 2016: o.S.).

Ewa Müller oder auch bekannt als „Schwesta Ewa“. Die heute 32-jährige Rapperin gelangte mit 16 Jahren durch unterschiedliche Umstände ins Frankfurter Rotlichtmilieu. Fast ein Jahrzehnt hat sie dort als Prostituierte gearbeitet. Nach einem langen Weg hat sie es geschafft, das Milieu zu verlassen und begann mit der Musik. Heute ist sie eine der bekanntesten Rapperinnen und Produzentinnen Deutschlands (vgl. Red 2018: o.S.).

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In ihren Texten spricht sie über Sex, Gewalt und Drogen (vgl. Lüdke 2017: o.S.). Ihre Songtitel lauten unter anderem „Nonne wird Nutte“ oder „Paxx im Puff“. Mit ihrer Musik möchte sie ihre Geschichte als Prostituierte erzählen. Im Interview mit der Hessisch/Niedersächsischen Allgemeinen (kurz HNA) Tageszeitung sagt sie, dass es zwar viele Frauen im Hip-Hop gibt, sich aber nicht alle trauen die Wahrheit auszupacken. Mit ihrer Musik hat sie sehr früh begonnen, bereits im Jugendalter wurde sie von Männern mittels Raps beleidigt (vgl. Lohr 2015: o.S.).

Angefangen mit dem Rap hat „Kitty Kat“ im Jahr 2006, indem sie erstmals nur musikalisch zu hören war. Zwei Jahre später trat sie das erste Mal vor die Kamera. Im Jahr 2012 hat sie ihr eigenes Label gegründet, woraufhin sie beim „Bundesvision Song Contest“ aufgetreten ist und den 15. Platz belegt hat. Sie hat allein sehr vieles erreicht und somit das Bild einer weiblichen erfolgreichen Rapperin entscheidend etabliert und gefördert (vgl. VIP.de 2015: o.S.).

„Das ‚Bitchsm‘ steht für die sexuelle Freiheit der Frau und gegen die engstirnige Tabuisierung von Sexualität! Ich möchte auf der Bühne masturbieren und zu einem Orgasmus kommen, ich möchte mein Votzensekret verschenken. Ich möchte ficken, mit wem ich will, und dabei schreiend kommen. Ahh, ahh, ahh, das Bitchsm ist aber nicht zu verwechseln mit sexueller Verwahrlosung.“ (Sexworker 2011: o.S.)

Dieses Zitat stammt von Dr. Bitch Ray, einer deutschen Rapperin mit Doktortitel. Die in Deutschland lebende türkisch stämmige Künstlerin, Reyhan Sahin, sieht den Terminus „Bitch“ in ihrem Künstlernamen als emanzipatorisch. Sie verwendet den Begriff nicht im eigentlichen Sinne, sondern verbindet das Wort mit einer selbstbewussten und unabhängigen Frau. Somit erlangte sie schnelle Aufmerksamkeit seitens der RezipientInnen. Mit ihrem akademischen Werdegang und türkischem Migrationshintergrund, ist sie die erste Rapperin, die den männlichen Rappern Paroli bot und sich den Mechanismen der Massenmedien widmet, um ihre Inszenierung darzulegen (vgl. Saied 2013: 215). Bezüglich der Inszenierungen lässt sich das Video zu „Du bist krank“ als Beispiel nennen, denn hier ist sie spärlich gekleidet und setzt ihre weiblichen Reize ein. Wird nur das Video in Betracht gezogen und die dazugehörige Musik beiseitegelegt, so sind Klischees eines typischen Hip-Hop-Musikvideos wieder zu erkennen, wie beispielsweise sexy Frauen, die immer auf Abruf bereit für den Geschlechtsverkehr sind. Wegen ihrem Migrationshintergrund ist sie ein Spielball der Massenmedien. Egal, ob positiv

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oder negativ über sie berichtet wird. In fast jedem Artikel wird hinzugefügt, dass sie an der Universität Bremen promoviert (vgl. Saied 2012: 79). Die hier fünf aufgezählten Rapperinnen sollen für die vorliegende Untersuchung herangezogen werden. Wie war es jedoch früher? Waren Musikvideos mit sexualisierten Inhalten immer schon interessant? Dass Musikvideos nicht nur zum Zweck der Werbung dienen, hat sich bis heute kaum geändert. KünstlerInnen werden überhöht dargestellt, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erreichen (vgl. Schramm/Spangardt/Ruth 2017: 79). Gegen 1980 etablierte sich die Musikrichtung Hip-Hop aus der Graffitikunst. Alles begann in den Straßen New Yorks, mit DJs, Raps und unterschiedlichen Tanzstilen. Im Laufe der Zeit und der Entwicklung der Technik, wurden Musikvideos erstellt und publiziert. Das rasante Wachstum des Kabelfernsehens hatte einen großen Einfluss auf das Musikgeschäft, wodurch erste Musikvideos produziert wurden. Schon früher gab es zentrale und visuelle Motive, die das Musikvideo ausmachen, wie beispielsweise zahlreiche Tanzszenen und Partys. Bereits damals fällt auf, dass die Kamera nicht nur Tänzerinnen im Allgemeinen filmt, sondern den Fokus viel mehr auf den Po der Tänzerinnen setzt. Eine derartige Kameraeinstellung findet sich erstmals bei der karikierenden Darstellung, der Hottentotten in Afrika (vgl. Simonow 2017: 155).

Wie aus dem Titel ersichtlich, beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der weiblichen Präsentation, deutscher Künstlerinnen in ihren eigenen Musikvideos. Studien zufolge werden Frauen in Musikvideos öfter sexualisiert dargestellt als Männer (vgl. Neumann-Braun/Lothar 2006: 98). Durchgeführte Studien fokussieren sich überwiegend auf den Einfluss von Musikvideos auf RezipientInnen. Aus diesem Grund soll der Schwerpunkt der Arbeit auf die Darstellung der Rapperinnen in Hip-Hop Musikvideos gelegt werden. Um dies untersuchen zu können, soll pro Rapperin ein Video analysiert werden. Wichtige Kriterien für die Auswahl der Videos sind Aktualität, Anzahl der Klicks und Inhalt. Demnach werden Videos gewählt, die nicht älter als vier Jahre sind, die meisten Aufrufe haben und unterschiedliche Inhalte widerspiegeln, um so eine Vielfalt herstellen zu können. Die gewählten Videos werden mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse untersucht, denn eine höhere Anzahl der Untersuchungsgegenstände würden den Rahmen der Arbeit sprengen.

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Als theoretische Grundlage dient die „Objectification Theory“ nach Fredrickson und Roberts (1997). Die sexuelle Objektifizierung kommt dann zustande, wenn die Persönlichkeit der Frau sich loslöst, die Sexualität in den Vordergrund tritt und die Frau als Objekt von außenstehenden Personen betrachtet wird. Eine derartige Objektifizierung findet nicht nur durch fremde Personen statt, sondern kann ebenso von der betroffenen Person auf den eigenen Körper übertragen werden. Hier wird der eigene Körper als Objekt angesehen, dieser Vorgang nennt sich „Self-Objektification“ (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 174). Denn Frauen werden meist auf weiblich-erotische Posen beschränkt, wodurch das sexuelle Objektsein in den Vordergrund tritt und die Persönlichkeit ignoriert wird (vgl. Von Hilgers 2009: 18).

Digitalisierung ist ein wichtiges Stichwort für die Präsentation der Frauen in Musikvideos, denn audiovisuelle Medien werden im zunehmenden Zeitalter immer relevanter. Wie später erklärt wird, kann an dieser Stelle festgelegt werden, dass Musikstreaming Plattformen immer wichtiger für Musikfans werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung der Frau in audiovisuellen Medien. Viele Frauen stellen sich bewusst zur Schau, um erfolgreich(er) zu werden. Weiters zeigen Ergebnisse, zahlreicher Studien, dass Frauen oft bis immer sexualisierend in Videos präsentiert werden. Als Beispiel kann hier die Studie von Aubrey und Frisby durchgeführt wurde nennen. Die hat herausgefunden, dass der Hauptfokus von Musikvideos überwiegend auf das Sexappeal der Frauen liegt (vgl. Aubrey/Frisby 2011: 494). Nicht nur in Werbespots, sondern auch in zahlreichen Musikvideos ist dies deutlich zu erkennen. Im Kapitel Forschungsstand werden weitere Studien diesbezüglich vorgestellt. Dadurch ergibt sich nachstehende Forschungsfrage, die von Subfragen begleitet wird. Diese Fragen werden mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse unterschiedlicher Musikvideos, der oben angeführten Rapperinnen durchgeführt und somit beantwortet.

Wie präsentieren sich deutsche Rapperinnen in ihren Musikvideos, wenn sie als Hauptfigur fungieren? 1. Welche Rolle spielt der weibliche Körper bei den Musikvideos? 2. Welche Faktoren sind ausschlaggebend für eine sexualisierte Darstellung? 3. Inwiefern wird in den Videos deutlich, ob es sich um eine bewusste bzw. unbewusste Darstellung handelt? 4. Wie werden Männer in den Musikvideos dargestellt? 4

2 Definitionen

Im folgenden Kapitel sollen jene Begrifflichkeiten geklärt werden, die einen zentralen Bestandteil der Arbeit darstellen. Weiters dienen die Definitionen zum besseren Verständnis der Thematik.

2.1 Hip-Hop „Hip-Hop culture is defined as a movement which is expressed through various artistic mediums which we call ‘elements’. The main elements are known as MC’ing (), DJing, writing (aerosol art), several dance forms (…) and the element which holds the rest together: KNOWLEDGE.” (Bambaataa zit. nach Androutsopoulos 2003: 26)

Über die Entstehung des Wortes „Hip-Hop“ ranken sich unterschiedliche Legenden. Eine davon besagt, dass der damalige „DJ Hollywood“ aus Harlem sein Publikum während er die Turntables drehte, mit den Worten „To the hip-hop the hippy hippy hippy hop and you don’t stop“, angefeuert hat. Die andere Legende besagt, dass „DJ Kool Herc“ den Begriff auf „Hype Music“ zurückführt. Hype-Music wurde damals im „Hop“, das waren die früher, abgespielt. Dadurch entwickelte sich aus „Hype at the Hop“ eben „Hip-Hop“. Eine weitere Legende sagt, dass der Begriff sich vom amerikanischen Führer der Black Power- Bürgerrechtsbewegung ableitet. Der Führer „Malcolm X“ verwendete den Begriff als Bezeichnung für Tanzpartys der Jugendlichen. Der Begriff wurde später vom DJ „Afrika Bambaataa“ aus der East Side der Bronx erweitert, indem er den Terminus auf die gesamte Hip-Hop-Kultur bezog. Somit steht der Begriff nicht nur für die Musik, sondern für das komplette kulturelle Umfeld (vgl. Burkard 2013: 25). Weiters waren die berühmten Blockpartys, auf die später näher eingegangen wird, ein wichtiger Grundstein des Hip-Hops. Die ersten Blockpartys von „DJ Kool Herc“ fanden auf der Sedgwick in Cedar Park, Bronx statt (vgl. Hip-Hop Evolution 2016: 16:28 Min.).

Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf Hip-Hop in Deutschland, jedoch um die Kultur verstehen zu können, ist es wichtig, in der Geburtsstätte Amerika anzusetzen. Obwohl Hip- Hop in Amerika entstanden ist, darf sie nicht nur auf dieses Land beschränkt werden, denn mittlerweile hat sich die Kultur auf unterschiedliche Art und Weise rund um den Globus entwickelt (vgl. Burkard 2013: 16). 5

„Hip-hop and rap cannot be viewed simply as an expression of African American culture; it has become a vehicle for global youth affiliations and a tool for reworking local identity all over the world. Even as a universally recognized popular musical idiom, rap continues to provoke attention to local specificities.” (Mitchell 2001: 1f.)

Hip-Hop ist mehr als nur eine Musikrichtung; Es ist Kultur und zugleich ein soziales Phänomen! In erster Linie ist es global präsent, lokal verortet und besteht aus einer Ansammlung unterschiedlicher AkteurInnen (vgl. Schröer 2013: 13). In den 1960er Jahren entstand Hip-Hop in den South Bronx. Die Jugendarbeitslosigkeit lag hier bei etwa 60 Prozent, somit sah die Zukunft für die Heranwachsenden nicht gut aus.

„Hip-Hop gilt als Kompensationsmittel Heranwach[s]ender im Zuge einer fortschreitenden De- Industrialisierung in amerikanischen Ballungszentren und der damit verbundenen Arbeitslosigkeit, Ghettoisierung sowie Chancenlosigkeit, Verelendung und Kriminalisierung.“ (Bock/Meier/Süß 2007: 315). Mit der steigenden Arbeitslosigkeit gab es mehr Gewalt auf den Straßen, Drogenprobleme, kriminelle Banden, sogenannte Gangs, haben sich zusammengetan, wodurch Bandenkriege entstanden sind, somit wurde die Gegend South Bronx der „Inbegriff des Ghettos“. Dies setzte bei vielen künstlerische Kräfte aus:

„Trotz Verfall und Vernachlässigung war hier das Zentrum einer lebendigen, von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommenen zukunftsweisenden Kreativität, die nur durch diese extreme Mischung der Ethnien und ihre relative Isolation gegenüber dem Rest von New York entstehen konnte. Innerhalb der engen Grenze der Bronx entstanden die Ausdrucksformen, die wir mit Hip-Hop-Kultur assoziieren: Graffiti-Kunst, Breakdance, Rappen und Mixen.“ (George 2002: 28)

Hip-Hop setzt sich, wie bereits oben erwähnt, aus verschiedenen Elementen zusammen: Rap (Art Sprechgesang), DJing (Musik, die durch Schallplatten produziert wird), Graffiti (Mitteilungen, die grafisch zum Ausdruck gebracht werden) und Breakdance (Tanzstil). Daraus resultierende Handlungspraxen erfolgen einerseits performativ, repräsentieren jedoch einen bestimmten sozialen Kontext, der durch spezifische Merkmale gekennzeichnet ist (vgl. Schröer 2013: 13). Da der Großteil der Jugendlichen arbeitslos war, verbrachten sie die meiste

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Zeit auf den Straßen, wo sie sich in Gruppen zusammengeschlossen haben, um keine außenstehenden Personen zu sein.

„Really it wasn’t like your gang; it was your crew – people who came out of your neighborhood, who knew you, who would get in free every time you did a show. You’d shout their name out, you made them celebrities along with you. So those was the people that you dealt with. That was your crew.” (Fricke/Ahearn 2002: 90)

Neben Battle-Raps werden Themenbereiche wie und Zuhälterei in Songtexten behandelt. Die Figur des Zuhälters steht als Zeichen für übertrieben bzw. demonstrative Männlichkeit. Der Ursprung liegt im amerikanischen „Pimp-Rap“. Die zentralen Punkte in dieser Rap-Genre sind Ästhetik und Stilmittel eines Pimp-Lifestyles der damaligen unterdrückten afroamerikanischen Bevölkerung in den 1960er Jahren. Die Bevölkerung hatte damals keinen Zugang zur weißen Bevölkerung. Somit war die Zuhälterei der (fast) einzige Ausweg, um sich finanziell zu stärken. Den erwirtschafteten Gewinn tauschten sie für einen luxuriösen Lifestyle ein, wodurch eine neue Form der Ästhetik entstanden ist. In Deutschland ist der Pimp-Lifestyle nicht so ausgeprägt, wie in Amerika, doch gibt es auch hier deutsche Rapper, die deren Image als Pimp pflegen, wie beispielsweise . Er gibt sich als Zuhälter aus und nannte einer seiner ersten Veröffentlichungen „Zuhältertapes“. Anzumerken ist, dass hier der Zuhälter nur als Kunstfigur dient und er persönlich keine persönlichen Erfahrungen damit gemacht hat. Das Image als Zuhälter hat die Funktion zu entertainen. Kollegah ist jedoch nicht der Einzige, viele andere Rapper bedienen sich einigen Elementen des Pimptums. Ein einfaches Beispiel hierzu, die Frau wird als Prostituierte dargestellt, welche dem Mann die Machtposition überlässt. Bezieht sich der Rapper in seinen Texten auf das Rotlichtmilieu, dann werden Wörter wie „Nutte“ oder „Hure“ als Synonym für die Frau verwendet, was wiederum eine Abwertung und Objektivierung der Frau darstellt. Die Straße oder unterschiedliche Rotlichtbezirke werden als abgrenzender Lebensraum verwendet. Die berühmte Zuhälterei ist ein kriminelles Handeln, welches als Geldanschaffung angesehen wird. Weiters wird voyeuristisches Interesse seitens der ZuhörerInnen erschaffen (vgl. Bifulco/Reuter 2017: 67).

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An dieser Stelle ist anzumerken, dass das Bild der unterdrückten weiblichen Prostituierten nicht immer nur eine Frau darstellt, ebenso kann diese Art von Beleidigung auf den männlichen Gegner angewendet werden. Zur Verdeutlichung kann als Beispiel der Song vom deutschen Rapper – „Nutte bounce“ genannt werden. Hier beschreibt er sich selbst als den „King of Rap“ und setzt sich mit einem imaginären Konkurrenten auseinander. Der Rapper wirft seinem Konkurrenten vor, sich aus kommerziellen Interesse Szene-Werte zu verraten. Er bringt den Vergleich der Prostituierten, indem er sagt, dass sein Konkurrent sich selbst gegen Geld eintauscht. Mit derartigen Texten verdeutlicht er seine Machtposition und macht die hierarchischen Verhältnisse zwischen ihm und seinem Gegner klar. Dadurch wird deutlich, dass Textpassagen über Prostitution nicht immer auf Frauen abzielen, sondern nutzen Rapper dies auch, um das eigene soziale Geschlecht auszuhandeln. Mit derartigen Texten wollen sie in erster Linie Männlichkeit mit dem Verweis auf Heteronormativität und Demonstration von deren Machtposition, herstellen (vgl. Bifulco/Reuter 2017: 68).

Nicht nur der Pimp-Rap prägte die Hip-Hop-Kultur, sondern auch der Straßen-Rap, der sich im Laufe der Zeit entwickelt hat. Afrika Bambaataa nimmt eine sehr wichtige Rolle der Hip-Hop- Kultur ein, denn er war es, der vorerst Ruhe auf den Straßen zwischen den verschiedenen Gangs sorgte. Neben der größten Straßengang der Bronx, den #2Black Spades“, gab es noch andere, wie „Savage Spades“, „Savage Nomads“, „Power Bronx“, „Young Sinners“, „Young Copas“ usw. Damals gab es nur eine Möglichkeit, entweder einer Gang beitreten oder getötet zu werden. Dunkelhäutige MitbürgerInnen und Puerto-RicanerInnen töteten einander, wegen der Gangkultur. Nicht nur die Straßengangs waren aktiv, sondern viele politische Organisationen, wie „Nation of Islam“, „Black Panthers“ oder die „Young Lords Party“ setzten sich für den Frieden auf den Straßen ein. Es war ihr Ziel für die Gemeinde gemeinsam zu kämpfen und nicht sie zu zerstören. Afrika Bambaataa hatte einen sehr guten Ruf zu dieser Zeit und viele der Gangführer respektierten ihn. Er wollte mit den FührerInnen, die jeweiligen Mitglieder von seinem Vorhaben überzeugen und entwickelte so eine Vision für das Universum der „Zulu Nation“. Das Motto der „Zulu Nation“ war „Frieden, Einheit, Liebe und Spaß haben.“ Er war eine Schlüsselfigur, der Grund für die Beendigung der Ganggewalt und überzeugte die „Black Spades“ – „Zulu Nation“ zu gründen. Dies war der Schmelztiegel für unterschiedliche Gangmitglieder, die ihr Leben endlich wieder in Ordnung bringen wollten und 8

Musik war das Mittel dafür. Die ehemaligen kriminellen Mitglieder fingen an zu rappen, DJ‘n und zu sprühen, wodurch sie Wut und Druck ablassen konnten. „“ organisierte Leute, die verschiedene Elemente, wie DJs, MCs, Songschreiber, B- Boys/B-Girls vertreten. Daraus etablierte sich eine Kulturbewegung, welches sie „Hip-Hop“ nannten (vgl. Hip-Hop Evolution 2016: 16:30-20:55 Min.).

2.1.1 DJing/Turntablism „Kool DJ Herc. Afrika Bambaataa. Grandmaster Flash. Old School, you say? Hell, these three are the founding fathers of hip-hop music – the progenitors of the world’s dominant youth culture. For them, hip-hop is not a record, a concert, a style of dress or a slang phrase. It is the constancy of their lives. It defines their past and affects their view of the future. As DJs in the ‘70s, these three brothers were the nucleus of hip-hop – finding the records, defining the drends, and rocking massive crowds at outdoor and indoor jams in parts of the Bronx and Harlem.” (George 2002: 45)

Der Begriff “DJ” bezeichnet damals eine kleine Gruppe von Menschen, die auf Straßen- und Parkfesten Musik aufgelegt haben. Erstmals wurde der Terminus von RadiomacherInnen verwendet, die Schallplatten aufgelegt haben (vgl. Burkard 2013: 18). DJing im klassischen Sinn meint die musikalische Untermalung sozialer Ereignisse, mittels eines Diskjockeys, dessen Aufgabe darin besteht, Schallplatten aufzulegen. Der Unterschied zwischen einem „normalen Abspielen“ von Musik und dem DJing ist der, dass hier ganze Musikstücke oder auch verschiedene Songs durchgemischt werden. Mitte bis Ende der 1970er Jahre wird unter DJing im Bereich der Hip-Hop-Szene eine spezielle Technik verstanden. Durch Kombination vorhandener Tonträger und Zusammenschneiden musikalischen Versatzstücken entwickelt der DJ „neue“ Musik. Das hierfür benötigte Werkzeug ist der Schallplattenspieler, bei dem sich die Tonschleife rhythmisch im 4/4 Takt wiederholt. Auf dem DJ-Pult sind meist zwei Schallplatten vorhanden, dies hat die Funktion, dass parallel abgespielte Musik abwechselnd zurückgedreht werden kann. Das „Scratching“ ist ein weiterer wichtiger Bestandteil des DJing. Hier werden Geräusche, durch hin- und her kratzen der Nadel des Tonabnehmers auf der Klangrille, erzeugt (vgl. Schröer 2013: 14). Dies ermöglichte bestimmte Wörter bzw. Textpassagen von Rapsongs beliebig oft zu wiederholen. Durch das Scratching „wurden

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Plattenspieler und Mischpult endgültig zum Instrument, mit dem eine ganz eigene Klangwelt erzeugt werden kann (Verlan/Loh 2006: 129). Bestimmte soziale Anlässe der Hip-Hop-Szene wurden durch DJs untermalt und deren Musik wurde damals Ende der 1970er in den berühmten Block Partys abgespielt. Oftmals kamen derartige Blockpartys durch spontane Zusammenkünfte auf der Straße zustande. Den Anfang des DJing machte Kool Herc, der mit seinem mobilen DJ-Set bei den Partys auflegte. Er unterscheidet sich von anderen DJs, da er die Breakpassagen von Musikstücken verlängerte, indem er sie abwechselnd von zwei Plattenspielern abspielte. Dadurch hat er eine neue Art von Musik entwickelt, die „B-Beats“ (im vollen Wortlaut: ) genannt werden (vgl. Burkard 2013: 17). Um auf den Partys auftreten zu können, brauchte er ein kleines „sound system“, welches aus zwei Plattenspielern, Mischpult, Verstärker und Lautsprecher bestand. Auf den Partys hat er die Lieder nicht einfach nur abgespielt, er baute sie so lange aus, bis die abgespielten Lieder wie neue Platten klangen. Seine Lieblingsplatten hat sich Kool Herc doppelt gekauft, um die B- Beats nach Belieben zu verlängern und verändern (vgl. Burkard 2013: 18).

Der bekannte Kampfgeist im Hip-Hop ist auch hier vorhanden, auf den Blockpartys haben sich mehrere DJs versammelt und haben darum gekämpft, die bessere Musik abzuspielen (vgl. Schröer 2013: 15). Die Blockpartys wurden immer berühmter und berühmter, obwohl sie aus Not entstanden sind. Die VeranstalterInnen stammen meist aus den New Yorker Armenviertel und hatten nicht das nötige Geld, um sich Tanzpaläste, mit glitzernden Lichteffekten oder aufsteigendem Nebel, zu mieten. Somit mussten sie sich etwas einfallen lassen, um sich zu amüsieren und das taten sie auch, indem sie die berühmten Blockpartys veranstaltet haben (vgl. Burkard 2013: 18).

„They gave house parties and sometimes rented community centers in the projects to throw lager parties where they charged admission to cover expenses and make a little extra money. The story of hip-hop begins here, with a young DJ of Jamaican descent trying his hand at throwing parties.” (Fricke/Aheran 2002: 23)

„DJ Kool Herc“ erkannte das Potenzial der Blockpartys und wusste, dass Jugendliche gekommen sind, weil sie entweder zu jung waren oder kein Geld für den Discobesuch hatten. Die Jugendlichen mussten jedoch irgendwo feiern gehen und so kamen die Blockpartys für die

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Heranwachsenden wie gelegen. Er wusste ganz genau welche Art von Musik den Jugendlichen gefällt (vgl. Burkard 2013: 19). Die Namen, der abgespielten Platten, hat er nie verraten, damit die BesucherInnen die Musik nur auf seiner Party zu hören bekommen. Der USP seiner Veranstaltungen waren aber nicht nur die Platten, sondern die Art und Weise, wie er sie vorgetragen hat. Er hat nur einen bestimmten Schlüsselteil abgespielt, in denen alle vorkommenden Instrumente ausgeblendet werden, wodurch nur mehr Schlagzeug und Bass zu hören war. Diese Art wurde „break“ genannt, was sehr wichtig für die Entwicklung des Hip- Hops war, denn bei jenem Beat wurde die sogenannte Pause eingelegt und der Schlagzeuger legte dann richtig los. Er kam auf die Idee, die Pause zu verlängern, um von einer Schallplatte zur anderen zu wechseln. Dadurch entstand ein ganz neuer Song (vgl. Hip-Hop Evolution 2016: 10:00-11:33 Min.). Neben „DJ Kool Herc“ trat einer der ersten MCs „Coke La Rock“ bei den Partys auf. Der MC nahm das Mikrophon und grüßte all‘ seine Freunde. Um die jungen Frauen zu beeindrucken, hat er ins Mikrophon „Yo, Reggie, fahr dein Auto weg. Dein Auto steht im Weg“, geschrien. Dadurch dachten alle anwesenden Mädchen, dass er bereits mit 16 Jahren ein eigenes Auto besitzt – dies entsprach natürlich nicht der Wahrheit. Bei den Veranstaltungen waren alle möglichen Personen vertreten, Mörder, Einbrecher, TänzerInnen und „normale“ Leute (vgl. Hip-Hop Evolution 2016: 13:00-14:33 Min.).

2.1.2 Rap/MCing „Es war Grandmaster Flash, der auf die naheliegende und dennoch weit reichende Idee kam: Er holte sich ein paar geschwätzige Jungs auf die Bühne, die mit lockeren Sprüchen, Anfeuerungsrufen und lustigen Reimen das Publikum von den Tricks des DJs ablenkten und wieder zum Tanzen brachten. Die Rapper machten diesen Job so gut, dass bald niemand mehr etwas vom DJ wissen wollte, stattdessen wurden sie selbst zu den neuen Stars der Szene.“ (Verlan 2003: 140)

Wer an Hip-Hop denkt, denkt mittlerweile sofort an Rap, denn in der heutigen Zeit wird dies oft gleichgestellt. Mittlerweile wird dem entwickelten Sprechgesang medial die meiste Aufmerksamkeit zugeschrieben. Das Rappen ist das wichtigste Element im Hip-Hop (vgl. Burkard 2013: 24). Wie bereits im oberen Punkt kurz erwähnt, handelt es sich bei Rap um Sprechgesang in Reimform, die ursprünglich aus der afroamerikanischen Kultur stammt. In

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den 30er Jahren gab es Cab Collaway, der etwas vorgesungen hat, dass von seinem Chor im Hintergrund wiederholt wurde. Die Mitglieder vom Gospel-Quartett haben gesungene Reime vorgetragen. Es gab unterschiedliche Arten des Raps, wie Poetryrap von Gil Scott-Heron, The Last Poets, The Watts Prophets, Sonia Sanchez, sowie Wanda Robinson. Weiters gab es den politischen Rap von Malcolm X und mit Muhammed Ali wurden die Mütter im Hip-Hop erwähnt (vgl. Hip-Hop Evolution 2016: 22:06-30:05 Min.). Als einer der ersten rhythmischen RapperInnen kann DJ Hollywood genannt werden. DJ Hollywood war damals noch sehr jung, verbrachte viel Zeit mit den Älteren und schaute sich von ihnen einiges ab. Alles begann damit, dass er auf irgendwelchen Beats von bekannten Künstlern losreimte. Mit seinen Reimen gab er dem Publikum das Gefühl, Teil seiner Show zu sein und genau das liebten die Leute an ihm. Hip-Hop existiert wegen der Fähigkeit, mit dem gesprochenen Wort und Rhythmus zu kommunizieren und der/die RapperIn ist die Person, die genau das umsetzt (vgl. Hip-Hop Evolution 2016: 33:39-38:15 Min.). Bevor RapperInnen die Szene übernommen haben, waren es DJs, die das Sagen hatten und die zentralen Figuren des Hip-Hops darstellten. Der Begriff steht also für die Mischung beziehungsweise Aufteilung der Musik in DJ und MC (vgl. Burkard 2013: 26). Derartige Raps werden von sogenannten MCs vorgetragen. MC steht für „master of ceremony“ (sog. Zeremonienmeister), manchmal wird der MC fälschlicher Weise als „microphone checker“ bezeichnet. Ein Synonym für MC ist die/der RapperIn. Die Aufgaben eines MCs waren in erster Linie den DJ auf Partys oder Clubs zu unterstützen, indem sie den DJ musikalisch begleiten, um so das Publikum zu unterhalten. Zu der Zeit wurde Rap nicht auf Tonträgern dargeboten, sondern überwiegend live. Im Jahr 1979 wurde jedoch der erste Tonträger erfolgreich veröffentlicht (vgl. Schröer 2013: 16). Der „Freestyle-Rap“ sind Textpassagen, die spontan, assoziativ, ad hoc und narrativ vorgetragen werden. Durch die Zunahme der entwickelten Tonträger bekamen vorgefertigte Texte einen höheren Stellenwert. Dadurch entstand das musikalische Element der Hip-Hop-Kultur (vgl. Burkard 2013: 26).

„Ohne die geringste Ankündigung trat ein junger Mann ans Mikrofon und erdete die spannungsgeladene Stimmung, er beruhigte die Atmosphäre im Raum mit einem einzigen Ausruf ‚YO!‘ Dieser tiefe, unfassbar tiefe Laut (Der ganz sicher tiefer war als der gesamte Rest) erschütterte buchstäblich den Club mit seiner Sonorität, sein machtvolles Grollen ließ das 12

Geschnatter des Publikums verstummen und verlangte sofortige Aufmerksamkeit – alle Augen richteten sich auf die Bühne.“ (Forman 2009: 23)

Damals diente Rap als Moderation, im Laufe der Zeit entwickelte es sich zur „message music“ (Verbreiten von Botschaft über das Medium Musik) und „story telling“ (erzählen von realen oder fiktiven Geschehnissen). Durch den MC geriet der DJ in den Hintergrund. Mittlerweile gibt es mehrere Kategorien im Element Rap, wie zum Beispiel Spaß-Rap oder konkrete Botschaften. Story telling erzählt Geschichten über das Leben in „Ghettos“, welches mit Drogen, Gewalt und Perspektivlosigkeit oftmals in Verbindung gebracht wird. Weiters wurde Rap viel politischer und entwickelte sich zum „“, wo das harte Leben in den Ghettos vorgestellt wird. Bereits hier gab es eine Abwertung der Frau, denn es war üblich, dass Frauen ihren Körper verkauften. Dies‘ war meist die einzige Lösung, um sich das Leben finanzieren zu können.

Dadurch wurden Frauen als Schlampen oder Huren abgestempelt. In weiterer Folge entstand der sogenannte „Porno Rap“, wo sexualisierte Inhalte das Hauptthema waren (vgl. Schröer 2013: 16ff.).

2.1.3 Breakdance/B-Boying „Breaking war spektakulär, gefährlich und seinem Wesen nach, ein Wettkampf. Während Rapper mit Plattenverträgen ihre Hingabe zum HipHop in Worte fassen, gibt es Tänzer, die sich seit zwanzig Jahren auf dem Kopf drehen […] und sich mit dem einen oder anderen Werbevertrag mit einer Klamottenmarke, hartem körperlichem Einsatz und winzigen Gehältern über Wasser halten.“ (George 2006: 33)

Breakdance ist ein Tanzstil in der Hip-Hop-Szene, die außerhalb der USA ein typisches Merkmal für die Hip-Hop-Kultur war. Es war die erste Form, wodurch Hip-Hop in Deutschland Aufmerksamkeit erregte (vgl. Verlan/Loh 2006: 134). Ursprünglich wurde hier zur Musik von DJs komprimierten, speziellen, gebrochenen Rhythmen getanzt. B-Boys oder auch Break-Boys waren die sogenannten TänzerInnen, die Musik auf ihre eigene Art und Weise interpretierten und dazu tanzten. Anfangs waren sie eher ungewollte Gäste auf den Veranstaltungen, da sie häufig Wettkämpfe lieferten und die gewöhnlichen Gäste vom Tanzen abgehalten haben (vgl. Burkard 2013: 20). Breakdance leitet sich von Kampftänzen aus Afrika stammende Sklaven ab 13

(vgl. Schröer 2013: 19). Hauptsächlich wurde in der Öffentlichkeit, wie zum Beispiel Fußgängerzone oder in Clubs getanzt (vgl. Schröer 2009: 70). Mittlerweile hat sich der Tanzstil etabliert, sodass es sehr viele vororganisierte und strukturierte Wettbewerbe gibt (vgl. Schröer 2013: 19). Breakdance kann als friedliche Alternative zu Konflikten oder Auseinandersetzungen mit Waffengewalt gesehen werden. Derartige „Battles“ finden meist auf der Straße statt und es gibt keine Regeln und Körperkontakt. Im Gegensatz zu den MCs können hier einzelne Personen oder Gruppen gegen Gruppen antreten. „Gruppen von Breakdancern fordern rivalisierende Gruppen heraus und verabredeten sich mit ihnen auf einem Spielplatz, an einer Straßenecke oder bei einer U-Bahn-Station.“ (George 2006: 34) Somit war es wichtig, dass jedes Gruppenmitglied sein Können unter Beweis stellt und die Bewegungen des Gegners geschickt kontert. Dadurch hing der Erfolg von den Fähigkeiten von jedem einzelnen Gruppenmitglied ab und kann als Mannschaftssport gesehen werden. Die Gruppen haben mittels Kreativität, Akrobatik und Athletik versucht, sich gegenseitig zu übertreffen, was dazu führte, dass der Tanzstil vorangetrieben und neue Stile entwickelt wurden. Nicht nur neue Tanzstile, sondern auch der Trend, Baseball-Mützen verkehrt herum oder seitlich aufzusetzen, wurde typisch für die Hip-Hop-Szene. Dieser Trend ist heute noch aktuell und in vielen Tanzfilmen, wie zum Beispiel Step-Up zu sehen (vgl. Burkard 2013: 21).

Kinder tanzten auf den Straßen, wodurch das Tanzen eine noch größere Popularität erlangte. Sie waren noch zu jung für die Clubs, deswegen haben sie sich in der Öffentlichkeit getroffen und getanzt. Typisch hierfür waren Ghettoblaster, das sind tragbare batteriebetriebene Radios, die von Jugendlichen auf deren Schulter getragen werden. Mit der Einwanderung der lateinamerikanischen BürgerInnen wurde Breakdance zu einem Wettkampf, quasi einer gewaltlosen Auseinandersetzung. „Bewaffnet mit Kartons oder Linoleumfetzen, nicht mit Pistolen oder Messern, formten sie einen Kreis, in dessen Mitte je zwei Tänzer miteinander kämpften.“ (George 2006: 34) Der Begriff des Breakdance leitet sich von den DJs ab, die während der Musik die sogenannten „breaks“ machen. Die TänzerInnen nutzen diese breaks, um spektakuläre Bewegungen zu machen (vgl. Burkard 2013: 21). Der Tanzstil setzt ein hohes Maß an Körperbeherrschung voraus. Viele Tanzbewegungen ähneln unterschiedlichen Tanzfiguren, wie beispielsweise der „robot style“, wo maschinenartige Bewegungen gemacht werden. Mechanische oder comicartige Bewegungen werden in der Breakdance-Szene als 14

popping oder locking bezeichnet (vgl. Schröer 2013: 20). Einige Tanzschritte ähnelten Kung- Fu-Bewegungen, weil asiatische Kampffilme zu dieser Zeit sehr beliebt waren (vgl. Burkard 2013: 21). Die tanzenden Kinder tanzten in einem Kreis gegeneinander und wollten wie der US-amerikanische Sänger und Tänzer James Brown sein. Basierend auf die Gegend, aus denen die TänzerInnen stammen, haben sie unterschiedliche Bezeichnungen bekommen, wie zum Beispiel „A-1“ (englisch ausgesprochen „A-one“). Dies stand für die/den beste/n TänzerIn der Crew. Somit wurden die TänzerInnen nicht mit dem Namen angesprochen, sondern mit der Bezeichnung „A-1-B-Boy“. Wurde die Person bei einem Battle geschlagen, dann wurde quasi die ganze Crew geschlagen (vgl. Hip-Hop Evolution 2016: 11:47-12:19 Min.).

Neben den Bewegungen war auch die Musik von großer Bedeutung, denn der Geschmack und die Forderung der auftretenden TänzerInnen, bestimmten Lieder die auf Partys abgespielt wurden, somit prägten so den ersten Sound des Hip-Hops (vgl. George 2006: 35). Der Tanzstil etablierte zu einem amerikanischem Exportgut, denn „Hip-Hop fand mit Breakdance überall Beachtung und es war allen klar, dass dieses Phänomen aus den USA kam.“ (Verlan/Loh 2006: 136).

In Deutschland wurde Breakdance medial durch die Berliner Tanzgruppe Flying Steps bekannt. Die Gruppe ist bereits auf der Expo 2000 in Hannover aufgetreten und hat bereits viele Preise gewonnen (vgl. Burkard 2013: 22).

2.1.4 Graffiti/Writing „Das Besondere am Writing ist, dass es nach wie vor in der hauptsächlich praktizierten Form illegal ist. Deswegen ist es zwar relativ verbreitet, kann aber auf bestimmte Formen der Medienpräsenz nicht zurückgreifen. Bezüge zwischen Maler und Bild sind in der Regel nicht herstellbar. Während ein HipHopper […] durchaus Interesse daran hat, bei der Allgemein- bevölkerung bekannt zu werden, […] ist das für einen Writer nicht erstrebenswert. Darin besteht der eigentliche Unterschied dieser verwandten Szenen.“ (Van Treeck 2003: 102)

Der Terminus „Graffiti“ stammt aus der altgriechischen Sprache und leitet sich vom Wort graphein ab, welches so viel wie schreiben bedeutet. Im Lateinischen bedeutet graffiare, kratzen bzw. ritzen und meint das Anbringen von Schriftzügen im öffentlichen Raum. Graffiti reicht von den Pyramiden in Gizeh bis hin zum Kolosseum in Rom, in Gefängniszellen, 15

Schulbänken oder Bäume etc. Bestimmte Viertel, die von Gangs eingenommen wurden, wurden mit Graffitis gekennzeichnet. Weiters werden Graffitis erstellt, um politische Botschaften zu vermitteln oder dagegen zu protestieren. Auch im Fußballbereich ist das Graffiti vertreten, hier werden gegnerische Mannschaften durch Graffiti diskreditiert.

Die Entstehung von Graffiti hat nichts mit Hip-Hop zu tun. Etabliert wurde es durch einen New Yorker Briefboten, der seine Route für die Auslieferungstouren mit seinem Namenskürzel kennzeichnete. Dadurch gab es vermehrte Nachahmungen im öffentlichen Raum (vgl. Van Treeck 2001: 266 f.). Mittlerweile wird oftmals mit Farbspraydosen gezeichnet (vgl. Schröer 2013: 21). Das erste offizielle Graffiti tauchte Anfang der 1970er Jahre in einer New Yorker U- Bahn auf. Hier hat ein 17-jähriger Arbeitsloser seinen Namen „Taki“ auf Züge gesprüht, mit dem Hintergedanken seinen Namen zu verewigen (vgl. Castleman 2004: 21). Diese Aktion machte ihn zum Helden der Jugendlichen, denn er war in den Medien präsent und erlangte dadurch große Berühmtheit. Die „New York Times“ verfasste im Juli 1971 einen Artikel über ihn, was viele Jugendliche dazu animierte, dies nachzuahmen. Dies hat viele der damaligen Jugendlichen einen Sprung in die Karriereleiter gebracht, denn einige Talente wurden von Galeristen und anderen KünstlerInnen wie zum Beispiel Andy Warhol entdeckt. In den 1970er Jahren verfolgte Graffiti das Ziel, den eigenen Namen in der Stadt bekannt zu machen, um so Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

„Und das muss aus der Perspektive dieser an den Rand gedrängten Menschen verstanden werden, dieser marginalisierten Menschen, die ansonsten nicht wahrgenommen, nicht beachtet werden, denen die Partizipation an der Gesellschaft verwehrt, denen kaum Raum zum Leben gewährt wird und die keinen Platz in der Gesellschaft haben“ (Klausegger 2009: 172).

Im Gegensatz zu den anderen Elementen des Hip-Hops ist Graffiti illegal und bringt somit echtes Risiko mit sich (vgl. Verlan/Loh 2006: 301). Insbesondere war Graffiti für die Jugendlichen eine Rebellion oder eine Art Mutprobe derjenigen, die sich der Gesellschaft nicht zugehörig fühlten. Unter einem „tag“, welches auf Englisch so viel wie Etikett oder Schild bedeutet, bedeutet in der „Hip-Hop-Sprache“ eine Signatur mit dem persönlichen Künstlernamen an einer Wand oder Fläche in der Öffentlichkeit (vgl. Klausegger 2009: 171).

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Daraus ergibt sich das häufig verwendete Wort „tagging“. Jeder einzelne Tag vermittelte die Botschaft, dass der/die KünstlerIn hier war. Wenn ein Tag besonders groß und sehr auffällig war und sich beispielsweise über ganze Zugabteile streckte, dann ist die Rede von Bomben. Das meint das kunstvolle und positiv besetzte Zerstören einer neutral öffentlichen Fläche (vgl. Burkard 2013: 23). Das Hauptziel von Graffiti, welches die Jugendlichen verfolgten, war in erster Linie für sich selbst zu werben (vgl. Van Treeck 2003: 103). Somit haben die Heranwachsenden, die von der Gesellschaft nicht akzeptiert oder wahrgenommen wurden einen Weg gefunden, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und überhaupt beachtet zu werden. Vor allem war es die jüngere Generation, die nach Lust und Laune Wände bekritzeln konnten, ohne große Konsequenzen tragen zu müssen. Die Jugendlichen wollten unbedingt ihrem Idol Taki nachmachen, um eine Berühmtheit in New York zu werden. Jedoch war es wichtig, mit dem steigenden Lebensalter zu beachten, dass hier das Risiko inhaftiert zu werden ebenso stieg. Taki gab in seinem Interview zu, dass er mit seiner Volljährigkeit mit seinen Sprühaktivitäten nun wesentlich vorsichtiger umgehen wird. Obwohl Graffiti zum öffentlichen Ärgernis wurde, war sie mittlerweile Teil einer modernen Stadtkultur und brachte Farbe in die Stadt (vgl. Burkard 2013: 24).

2.2 Hip-Hop in Deutschland/BRD „Das Publikum wurde zunehmen größer, es entstanden in vielen großen westdeutschen Städten lose Vereinigungen von Rappern, DJs, Breakern und Fans. […] Die Szene war friedlich und unpolitisch und eigentlich in alle Richtungen offen, sieht man von Altersbarrieren mal ab. [..] hieß vor allem eines: Spaß haben.“ (Klausegger 2009: 225)

Die Etablierung von Hip-Hop in Deutschland ist eng mit den amerikanischen Kasernen, sowie den dort stationierten Soldaten verbunden. Rico Sparks, ein New Yorker B-Boy hat einen Teil seines Militärdienstes im Rhein-Main-Gebiet belegt. „Sein Wissen, seine Ausdauer und seine Liebe zu Hip-Hop gab er weiter und war damit bis in die späten Achtziger Jahre einer der wichtigsten Förderer der Kultur.“ (Güngör/Loh 2002: 43)

Die Verbreitung in den anderen Teilen von Deutschland dürfte auf ähnlicher Art und Weise verbreitet worden sein. Kinos haben mit Filmen wie Wild Style, Stylewars oder Beatstreet ebenso dazu beigetragen, Hip-Hop nach Deutschland zu bringen. Einige Filme haben 17

verdeutlicht, dass es sich bei Hip-Hop um eine Kultur handelt, die viel mehr als „nur“ den Tanz zu bieten hat (vgl. Klausegger 2009: 218). Mit dem Publizieren der Filme, wurden die Deutschen angeregt, derartige Musik zu machen, jedoch ist es damals nicht nur bei der Musik geblieben, auch wurden dadurch Graffiti eingeführt, sowie die Bekleidung im Hip-Hop-Stil. Erstmals wurde im Dezember 1983 ein Beitrag aus New York über die Hip-Hop-Kultur im ZDF- Auslandsjournal ausgestrahlt (vgl. Burkard 2013: 33).

„HipHop in Deutschland und Österreich war zu dieser Zeit, bis Anfang der 1990er Jahre, purer Underground. Es gab keine großen Stars, kein professionelles Management und keine Berichte in den Medien.“ (Klausegger 2009: 225). Hip-Hop, sowie die dazugehörigen KünstlerInnen wurden vorerst von Fachzeitschriften oder anderen deutschen MusikerInnen nicht wirklich ernst genommen. Vielmehr sind Rap-Parodien, wie Alpen Rap entstanden. Jedoch brachte der Hip-Hop viel Leidenschaft und Energie, wobei aktive Fans diese nicht nur konsumierten, sondern das Know-how auch selbst aneigneten (vgl. Burkard 2013: 34). Im Jahr 1985 verknüpften sich bereits regionale Hip-HopperInnen miteinander – ein Jahr später überregional. Mit einer derartigen Verknüpfung ist ein loses Netz entstanden, wodurch sich eine Szene entwickelt hat. Hier ist die Rede von der „Alten Schule“. Einer der ersten großen Hip-Hop-Veranstaltungen in Deutschland war 1978 in Dortmund-Marten. Hier haben sich viele bekannte KünstlerInnen getroffen, wodurch sich ab 1988 eine Hip-Hop-Community entwickelt hat, die damals „Tramperticket-Generation“ genannt wurde, weil sie durch das ganze Land gereist sind, um keine Jams zu verpassen. Dadurch wurden Kontakte geknüpft und gepflegt, um selbst ein Teil dieser Community zu werden. Die damaligen Jams sind keinesfalls mit den Konzerten heutzutage zu vergleichen, denn hier gibt es kein festes Ablaufprogramm, sondern ein kreatives Zusammenkommen von Gleichgesinnten. Hier stehen RapperInnen (noch) nicht im Mittelpunkt, sondern vielmehr Beatboxer, Writer und Breakdancer (vgl. Klausegger 2009: 178).

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2.3 Hip-Hop im wiedervereinigten Deutschland „Längst hat die Kultur die Grenzen des Ghettos, die Grenzen der USA hinter sich gelassen. HipHop hat Jugendliche auf der ganzen Welt begeistert und aufgerüttelt, zuerst als Fans und Liebhaber, dann wurden viele von ihnen selbst zu Produzenten, wurden DJs, Rapper, Breaker oder Writer. Sie brachten ihre persönlichen kulturellen Wurzeln in die HipHop-Kultur ein und machten sie zur ersten wirklich globalen Kultur.“ (Verlan 2003: 139)

Nach der Wiedervereinigung wurde Hip-Hop langsam aber doch kommerzialisiert, in den ursprünglichen Warenhäusern wurde erstmals Hip-Hop-Bekleidung, wie zum Beispiel weite Hosen, die sogenannten „Baggy Jeans“ verkauft. Nicht nur in Sachen Bekleidung gab es eine Entwicklung, sondern auch in der Musikindustrie, die ihre hauseigenen RapperInnen produzierten. Sie waren dem amerikanischen Rap sehr ähnlich und ihnen wurde ständig vorgeworfen, dass sie nur eine Kopie von Amerika wären (vgl. Andoroutsopoulos 2003: 11). „HipHop im Ausland kann auch richtig schlecht sein, wie beispielsweise in Deutschland. Das Deutsche klingt sehr hart, und die Gutturallaute stören einen eleganten Flow.“ (George 2006: 247) Der Beginn des deutschen Raps war nicht einfach, denn es wurde anfangs nicht ernst genommen, sondern vielmehr als Nachäffen einer amerikanischen Modeerscheinung angesehen (vgl. Burkard 2013: 37). Die Künstlergruppe „Die Fantastischen Vier“ brachten 1992 ihr zweites Album „Vier gewinnt“ raus und erzielten mit der Single „Die da!?“ einen großen Erfolg. Dadurch haben sie einen Hip-Hop-Hype in Deutschland ausgelöst (vgl. Burkard 2013: 38).

3 Musikvideo Da sich die vorliegende Arbeit intensiv mit den Musikvideos beschäftigt, ist es relevant, den Begriff erstmal zu erklären. Synonyme für den Terminus Musikvideos sind: Videoclip, Clip, Musikvideoclip, Musikclip oder Video, welche auch in der vorliegenden Arbeit verwendet werden. Musikvideos werden mittlerweile öfter auf Internetplattformen, wie YouTube oder Vimeo, als im Fernsehen gezeigt (vgl. Keazor/Wübbena 2005: 68). In erster Linie können Musikvideos als kulturelle Güter betrachtet werden, die unseren Alltag beeinflussen.

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Keazor und Wübbena erklären Musikvideo wie folgt:

„like perhaps no other medium, the music video clip is marking and shaping our everyday culture: film, art, literature, advertisement – they all are clearly under the impact of the music video in their aesthetics, their technical procedures, visual worlds or narrative strategies.” (Keazor/Wübbena 2010: 7)

Eine weitere Definition von Wicke und Ziegenrücker, die sehen Musikvideos als:

„visualisierte Form von Pop- und Rocksongs, die auf der magnetischen Bildaufzeichnungstechnik (→ Video) basiert und sich Anfang der achtziger Jahre als künstlerisch und medial neuartige Existenzform der populären Musik durchgesetzt hat. Im Musikvideo sind die populärsten Medien der Gegenwart – Musik, Film und Fernsehen – zu einer Einheit gebracht“ (Wicke/Ziegenrücker 1997: 346).

Neumann-Braun und Schmidts Definition von Musikvideo:

„(…) in der Regel drei- bis fünfminütige Videofilme, in denen ein Musikstück (Pop- und Rockmusik in allen Spielarten) von einem Solointerpretin oder einer Gruppe in Verbindung mit unterschiedlichen visuellen Elementen, präsentiert wird.“ (Neumann-Braun/Schmidt 1999: 5).

Williams hingegen definiert Musikvideo mit nur vier Worten. Er sieht das Musikvideo als „act of aesthetic communication“ (Williams 2003: 5).

Auch Lilkendey definiert Musikvideo:

„Ein Musikvideo ist ein Musikkurzfilm der Unterhaltungsindustrie, in dem ein populäres Musikstück filmisch narrativ, performativ oder assoziativ thematisiert und gleichzeitig hörbar wird“ (Lilkendey 2017: 24)

In Hinblick auf die angeführten Definitionen lässt sich sagen, dass Keazor und Wübbena den Terminus Musikvideo am genauesten definieren, denn sie gehen auch auf die Reproduzierbarkeit und technische Manipulation ein. Somit sind Kriterien, wie zeitgleiche Darstellung von Bewegung und Musik nicht ausreichend, um etwas als Musikvideo zu bezeichnen (vgl. Keazor/Wübbena 2005: 55ff.).

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Sie sind der Meinung, dass von einem Musikvideo erst dann die Rede ist, wenn das Gezeigte unabhängig von einer Aufführung ist und somit eine Art „Manipulation des Gezeigten“ herrscht (vgl. Keazor/Wübbena 2005: 56). Der Terminus „Musikvideo“ besteht aus zwei Wörtern „Musik“ und „Video“. Hier ist bereits bekannt, worum es sich handelt: eine Verbindung aus musikalischen Audio-Parts und der jeweiligen visuellen Komponente (vgl. Quandt 1997: 13).

Die unterschiedlichen Definitionen zeigen, dass eine einheitliche Definition schwierig ist. Ebenso ist sich die deutsche Fernsehprogrammzeitschrift „GONG“ keines einheitlichen Begriffes einig. Das Problem, sich nicht auf einen Begriff einigen zu können, ist auf die Tonindustrie zurückzuführen, da sie den falschen Begriff prägten. Denn alle Musikvideos, die im Fernsehen publiziert wurden, waren ohnehin Videobandaufzeichnungen. Hier soll von der Produktion unterschieden werden, denn von Musikvideos ist erst dann die Rede, wenn diese von der Musikindustrie reihenweise in Auftrag gegeben wurden (vgl. Lilkendey 2017: 10).

3.1 Geschichte des Musikvideos Die genau Geburtsstunde des Musikvideos festzulegen ist schwierig. Goodwin findet passende Worte für die Suche nach dem historischen Anfang der Videos:

„(…) the hunt for origins is a fruitless exercise, like the pointless debate about label (is it pop video, music video, music television, or promotional video/clip?)” (Goodwin 1992: 30)

Die Geschichte des Musikvideos ist weit über den Beginn des Musikfernsehen MTV zu datieren (vgl. Keazor/Wübbena 2010: 22). Mit der Entwicklung neuer Technologien Ende der 70er Jahren, wurden für Musikvideoclip-Produzenten neue Möglichkeiten erschaffen. Mittels Drumcomputer, oder Sequence waren die ProduzentInnen in der Lage, künstliche Sounds zu erstellen, dadurch war es nicht mehr nötig, Instrumente zu spielen (vgl. Schmidt 1999: 95). Somit war nicht mehr das Erzeugen von Musik der KünstlerInnen bei einem Live- Auftritt im Vordergrund, sondern viel mehr die Darstellung der KünstlerInnen. Dies führte dazu, dass KünstlerInnen von MusikerInnen zu PerfomerInnen wurden (vgl. Schmidt 1999: 96). Immer öfter gab es Kooperationen zwischen Populärmusik und dem Fernsehen, die den Anfang der Musikvideos gebildet haben. Somit wurde die visuelle Darstellung von Musik für Werbezwecken verwendet (vgl. Schmidt/Neumann 2009: 21f.). 21

Mit dem Sendestart von MTV im Jahr 1981 wurde die wechselseitige Beziehung zwischen Tonträgerindustrie, Fernsehen, Unterhaltung, sowie Werbung, intensiviert. Somit waren Musikvideos keine Pausenfüller mehr, sondern hatten ihren eigenen Fernsehsender (vgl. Schmidt 1999: 67) und etablierten sich zum alltäglichen Bildmedium (vgl. Patrick 2015: 15). Dies führte dazu, dass Musikvideos unter bestimmten Voraussetzungen und Standards produziert wurden (vgl. Schmidt 1999: 67). Durch die Vielzahl an Musikvideos war es für KünstlerInnen wichtig, aus der Masse herauszustechen und sich somit von anderen abzuheben. Dadurch sind eigene Musikvideo-Gattungen entstanden, die ihre jeweiligen Standards entwickelt haben (vgl. Keazor/Wübbena 2005: 67). Mittels der Einführung des Musikfernsehens und den dazugehörigen Musikclips bekamen auch weibliche Künstlerinnen die Möglichkeit für eine künstlerische Selbstrepräsentation (vgl. Patrick 2015: 15). Durch die Einführung der Musikvideos und der Publizierung im Fernsehen konnten sich KünstlerInnen im Allgemeinen viel besser vermarkten, welches besonders im Hip-Hop eine relevante Bedeutung hat und sich somit für RapperInnen zu einem wichtigen Instrument der Musikindustrie etablierte. Mit der Medialisierung entstand ein verzerrtes Bild der Realität, wie die Hamburger SozialwissenschaftlerInnen Gabriele Kleine und Malte Friedrich festgestellt haben (vgl. Patrick 2015: 16). Bilder, die eigentlich eine Wirklichkeit abbilden sollen, repräsentieren diese Wirklichkeit weniger, als dass sie Produzent selbiger sind (Klein/Friedrich 2003: 116). Somit konstruieren Bilder Wirklichkeit und sind damit performativ (Klein/Friedrich 2003: 128). Es folgt also die Konstruktion eines Images beziehungsweise einer besonders interessanten Lebenswelt und Identität der Künstler (Käckenmeister 2008: 24).

Mit der Digitalisierung war die Produktion der Videos üblich. Musikvideos haben in erster Linie die Funktion, die populärste Musik der Zeit widerzuspiegeln. Somit ist immer ein Markt vorhanden, der (fast) niemals aussterben wird/kann. Jedoch entstand der Begriff des Musikvideos erst in den 80er Jahre (vgl. Lilkendey 2017: 9). Mittels des Musikfernsehsenders MTV bekamen kommerzielle Musikvideos erst einen festen Platz in der Popkultur zugewiesen. Ab diesem Zeitpunkt begann die einheitliche Geburtsstunde des Musikvideos, sowie Musikfernsehens (vgl. Schmidt/Neumann-Braun/Autenrieth 2009: 24). Jedoch erkannte die Musikindustrie erst später, dass die Möglichkeit, deren Musikvideos im Fernsehen für deren Zielgruppe zu platzieren, sehr lukrativ war (vgl. Lilkendey 2017: 11). 22

Der Musiksender MTV hatte für die Musikvideos immer weniger Sendeplatz und fügte viel mehr Fiktionen und Reality-TV-Sendungen ein. Mit der Einführung des Internets wurden Videoclips viel mehr auf Videoplattformen gestreamt, wodurch eine neue Ära begann (vgl. Sibilla 2010: 226).

Im Laufe der Zeit entstanden Musikvideos in allen Musikrichtungen, beispielsweise waren typische Inhalte der Hip-Hop-Musikvideos Gangstertum, Präsentation von Luxus und Gefängnis. Somit kann gesagt werden, dass alle AutorInnen von ihren unmittelbaren Wahrnehmungen, sowie den aktuellen Musikvideos ihrer Zeit geprägt sind (vgl. Kerscher/Richard 2003: 215). Die Performance in den Videos passt sich an bestimmte Textpassagen an (vgl. Patrick 2015: 16). Dadurch sind viele strukturelle Merkmale entstanden, wie „Ethnizität, Authentizität, Globalisierung/Lokalisierung, Urbanität, Performance, Habitus und Geschlechterkonstruktion“ (vgl. Klein/Friedrich 2003: 121), die sich mittels unterschiedlichen Videotechniken oder Stilmittel unterscheiden. Hip-Hop-Videos sind in der Regel „unmittelbare Visualisierungen des Rap-Textes, sei es auf spielerisch-ironische oder eine ernsthafte und realitätsangemessene Art.“ (Klein/Friedrich 2003: 123) Bezüglich der Geschlechterkonstruktion und die soziale Repräsentanz kann gesagt werden, dass Rapperinnen einen Sexualitätsdiskurs „mal als provokantes Spiel, mal als glamourösen Schein inszenieren […], der auf dem jahrhundertalten Dualismus von Heiliger und Hure beruht.“ (Klein/Friedrich 2003: 207) Weiters war am Anfang der Entwicklung von Musikvideos schon bekannt, dass eine genderspezifische Darstellung in Videos herrscht. Frauen wurden in den Clips nur als Handlungsauslöser und Objekt dar- und vorgestellt (vgl. Lilkendey 2017: 17).

Als Beispiel kann hier die US-amerikanische erfolgreiche Gangsta-Rapperinnen Lil‘ Kim genannt werden, die sich selbst auf extreme Art und Weise präsentiert. Eine derartige Inszenierungsart ist die Performanz-Strategie des „excess flesh“, welche zur Kategorie des Sexualitätsdiskurses der Provokation gezählt werden kann (vgl. Patrick 2015: 17).

Feministinnen wurden durch das Musikfernsehen auf die Herabsetzung von Frauen aufmerksam. Die Aussage „sex sells“ bewegte viele visuelle Medien zur Hypersexualität der AkteurInnen. Grund dafür könnte an dem potenziell steigenden Marktwert der Künstlerinnen liegen. Die vorhin genannte These des „excess flesh“ wurde von der Professorin in den

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Bereichen Medien, Gender und „black cultural studies“ Nicole R. Fleetwood entwickelt (vgl. Fleetwood 2011: 109). Diese These stützt sich an die Analyse „explicit body“ von Rebecca Schneider, Professorin für Theaterwissenschaften, die künstlerische Darstellungen von weißen Akteurinnen untersuchte. Sie haben ihren nackten weißen Körper als Medium eingesetzt, um geschlechtsspezifische Normen, sowie dominante Sozialbeziehungen aufzuklären (vgl. Fleetwood 2011: 110). Fleetwood erklärt, dass die Darstellung von schwarzen Frauen, das Gegenbild zu idealisierte, weiße Frauen ist. Sie kritisiert insbesondere das weiße Schönheitsideal. Jedoch haben viele Rapperinnen wie zum Beispiel „Missy Elliott“, „Queen Latifah“ oder „MC Lyte“ genau das Gegenteil bewiesen, sie kleiden sich nicht typisch weiblich, im Gegenteil, sie tragen Baggyhosen und weite T-Shirts, durch die keinerlei weibliche Rundungen erkennbar sind. Gangster-Rapperinnen sind deutlich gegen die sexualisierte Darstellung von Frauen und kritisieren Frauen, die knappe Bekleidung tragen, in denen sie ihren Körper zur Schau stellen (vgl. Patrick 2015: 18).

3.2 Geschlechterdifferenzierung in Musikvideos Der Großteil der Musikvideos, die auf den Musiksender Viva und MTV abgespielt werden, entsprechen den typischen Merkmalen beider Geschlechter. Die restlichen Videos widerspiegeln die üblichen Geschlechterklischees oder gehen mit derartigen Themen spielerisch um und stellen so, die Differenzierung der Geschlechter in Frage.

Über die meistgespielten Musikvideos, die Hälfte der neunziger Jahre publiziert wurden, hat Bechdolf eine inhaltsanalytische Untersuchung durchgeführt, in denen sie herausgefunden hat, wie Geschlecht auf eine neue Art und Weise dargestellt und hat dies in fünf Punkte gegliedert:

1. Demaskierung verdeutlicht die Konstruktion von Weiblichkeit und Männlichkeit, die besagt, dass das scheinbar naturhafte der Geschlechter kulturell bedingt ist. Künstlerinnen wie Annie Lennox bringen mit ihrem Verhalten RezipientInnen dazu, die gesellschaftliche Definition von Weiblichkeit zu hinterfragen. In ihrem Video „Little Bird“ ringen verschiedene Figuren, die bereits in früheren Videos zu sehen waren, um den besten Platz im Rampenlicht. Annie Lennox verkörpert eine schwangere MC (mistress of ceremony), die versucht, die wildgewordenen Figuren, welche die 24

Weiblichkeit unterschiedlich darlegen, zu bändigen. Damit möchte sie aussagen, dass Weiblichkeit vielfältig, variabel, unbeständig und zufällig ist. Im Gegensatz zu den Männern, findet sich selten eine derartige Demaskierung. Jedoch kann als Beispiel eine Szene des Musikvideoclips von Genesis „I can’t dance“ genannt werden. Hier ist der glatzköpfige Sänger Phil Collins zu sehen, wie er tanzt und mit zackigen Bewegungen in allen Taschen seines Anzugs nach dem Autoschlüssel sucht. Nachdem er den Schlüssel gefunden hat, zieht er den Reißverschluss seiner Hose zu. Der Rock-Opa wird von beiden Mitmusikern langsam aus dem Bild gezerrt. Die Kraft- und Schönheitsstandards von Männern werden in diesem Video mit einer besonderen Selbstironie dargestellt (vgl. Bechdolf 1999: 376). 2. Das gleichgeschlechtliche Begehren wird zwischen beiden Geschlechtern zwar selten, aber dennoch offen gezeigt. Die Darstellung von Zweigeschlechtlichkeit in den Musikvideos wird, durch Frauen und Männern festgelegten Eigenschaften, Verhaltensweisen oder Werten visualisiert. Der Clip von Madonna „Erotica“ zeigt zwei nackte Frauen, die sich kurz umarmen oder das Video „A little Respect“ von Erasure stellt eine Beziehung zwischen Männern dar, die sich bei der Strophe „I’m so in love with you“ tief in die Augen schauen. 3. Unter Crossdressing wird die Überschreitung der imaginären Grenze zur Trennung der Geschlechter verstanden. Darunter wird das Übernehmen von Kleidung, Make-Up und Körpersprache des jeweils anderen Geschlechtes verstanden. Jedoch unterscheidet sich die Präsentierung durch das Ausgangsgeschlecht und die Art der Thematisierung, wie Witz, Erotisierung, Provokation usw. Auch hier kann wieder Madonna als gutes Beispiel herangezogen werden, in ihrem Musikvideo „Express Yourself“ parodiert sie in aggressiver männlicher Körpersprache, bleibt aber dennoch als weibliche Figur erkennbar. Der Clip von Aerosmith „Livin on the Edge“ zeigt eine Lehrerin, die sich erst am Ende des Videos enthüllt. In kurzen Momentaufnahmen wird ein junger Mann mittels Feinstrumpfhose, Lippenstift und Perücke zu einer attraktiven Frau. Durch derartige Überschreitungen der diskursiven Grenze, werden lockere, jedoch weniger fixierte Geschlechteridentitäten erkennbar (vgl. Bechdolf 1999: 377).

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4. Die Androgynität verwischt die Grenze zwischen den sichtbaren Merkmalen, der Geschlechter. Sie wird auch „Close-Dressing“ genannt, da der Kleidungsstil der ProtagonistInnen in Videos dem anderen Geschlecht sehr stark ähneln. Dies kann zu Irreführungen seitens des Publikums führen, da bestehende Erwartungen des Geschlechtes nicht getroffen werden. Der Sänger „Prince“ stellt sich in vielen seiner Musikvideos als androgyne Figur dar, die er nicht nur durch erotisch-exaltierte Tänze und Mischungen von weiblichen und männlichen Körpereinsätze darstellt, sondern auch mittels Rhythmen und Melodien. Eine weitere Möglichkeit, die Grenzen zu verwischen besteht in der Videotechnik Morphing, indem ein Videobild ohne Schnitt in eine andere Szene überführt. Hier kann das Video von Michael Jackson „Black or White“, in dem die Gleichwertigkeit von schwarzer und weißer Hautfarbe behandelt wird, herangezogen werden. Aus einer schwarzen Frau wird ein weißer Mann, der wiederum zu einer indischen Frau wird, die sich zu einem Japaner verwandelt. Derartige Übergänge zu unterschiedlichen ethnischen Herkünften weisen auf eine Verwischung von Geschlechter- und Rassengrenzen hin, die in den Medien oft diskutiert und behandelt wird. 5. Die Indifferenz beschäftigt sich mit der Frage, ob die Geschlechterdifferenz auch gänzlich ad absurdum geführt und die damit verbundene Machthierarchie zwischen den Geschlechtern neutralisiert werden kann. Dadurch stellt sich die Frage, ob eine Welt ohne Geschlecht oder gar mit mehr als zwei Geschlechtern als Utopie überhaupt denkbar wäre? Die Rapperin Neneh Cherry versucht in ihrem Video „7 Seconds“ völlige Gleichheit zwischen den beiden Geschlechtern herzustellen. In dem Video stehen sich zwei ProtagonistInnen auf einer belebten Straße gegenüber, bewegen sich kaum und werden abwechselnd gezeigt. Hier wurde darauf geachtet, dass die Erotik nicht in den Vordergrund tritt, dadurch ratet die Geschlechterhierarchie in den Hintergrund (vgl. Bechdolf 1999: 378).

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3.3 Sexualisierung in Musikvideos „Models, movie stars, sports stars, footballers’ wives, just about everyone in the limelight apparently has to show some skin if they are to be taken notice of at all. Female music stars in particular have become harnessed to the images that have been created to sell their music, images that are increasingly adopting pornographic codes”. (Besigiroha 2010: 231)

Pornografische Inhalte in Musikvideos sind keine Seltenheit mehr. Einige Szenen, wie beispielsweise obszöne Inszenierungen von „Christina Aguilera“, „Lady Gaga“ oder „Miley Cyrus“ haben Ähnlichkeit mit Pornografie (vgl. Schuegraf/ Tillmann 2011: 254). Mit dem Sendungsbeginn des Musikfernsehsenders MTV im Jahre 1980 wurden erotische Szenen öfter in Musikvideos gezeigt. Somit wurden erotische Textpassagen dementsprechend in Videos dargelegt. Neumann-Braun und Mikos beschreiben in ihrem Werk, dass Frauen in Musikvideos hauptsächlich auf ihr äußeres Erscheinungsbild reduziert werden (vgl. Neumann-Braun/Mikos 2006: 111). Ein weiteres Problem ist, dass überwiegend Frauen dargestellt werden, die den gesellschaftlichen Schönheitsidealen entsprechen und hauptsächlich ihren Körper zur sexuellen Schau stellen (vgl. Aubrey/Frisby 2011: 494).

3.4 Funktion von Musikvideos Musikvideos haben RezipientInnen mit verschiedenen Geschmäckern. Die einen empfinden die Musik als unpassend, den anderen gefallen die Bilder oder nur die Musik, finden aber die Inszenierung der InterpretInnen nicht passend (vgl. Lilkendey 2017: 23). Jedoch liegt die Grundfunktion eines Videos in der ästhetischen Unterhaltung.

Bei Bühler steht die Werbefunktion im Mittelpunkt:

„[…] Der Clip stellt eine Steigerungsform der Werbung dar und ist mittels seiner synästhetischen Qualitäten selbst als Unterhaltungsware anzusehen. Im Unterschied zum gängigen Werbespot sind Musikvideos also nicht nur Werbemittel zum Verkaufszweck, sondern waren von Beginn an selbstständige ästhetische Objekte mit unterhaltendem Eigenwert.“ (Bühler 2002: 157)

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Goodwin nennt die Darstellung der InterpretInnen im Musikvideo „performance-as- promotion“ (vgl. Goodwin 1992: 25). Dies meint im engeren Sinn „Werbung und Auftritt zugleich“ (vgl. Schmidt 1999: 98). Aufderheide hingegen sieht die Funktion von Videoclips in „mass marketing for popular songs“ (vgl. Aufderheide 1986: 59).

Die Videoclips fungieren als Marketing-Instrument, Steigerung des Bekanntheitsgrades, Verkaufsförderung der Musik, sowie Imageaufbau der MusikerInnen (vgl. Jost/Klug/Schmidt/Reautschnig/Neumann-Braun 2013: 9). Schmidt und Neumann-Braun weisen den Musikclips folgende Funktion zu: „Spezifische Ästhetik Bauprinzipien des Musikvideos erscheinen dann als eine logische Folge dieser spezifischen Aufgabenstellung, nämlich einem Popmusikstück durch ‚Zugabe‘ visuellen Materials, zu kommerziellen Erfolg zu verhelfen.“ (Schmidt/Neumann-Braun 2009: 13). Somit kann gesagt werden, dass die Clips als Werbefilm und Inhalt zugleich dienen. Laut Schmidt wurde eine neue Werbeform geschaffen, die Musik „(…) in weitaus höherem Maß manipulierbar, reproduzierbar und distribuierbar macht.“ (Schmidt 1999: 98)

Jedoch dient das Musikvideo nicht nur zum Werbezweck, vielmehr ist das Musikvideo ein Produkt der Unterhaltungsindustrie des Films - ein eigenständiges künstlerisches Produkt (vgl. Lilkendey 2017: 23). Lilkendey grenzt das Musikvideo deutlich ein und sagt, dass es niemals ein Werbefilm ist, denn bei einem Werbefilm steht das beworbene Produkt im Mittelpunkt, welches außerhalb des Werbefilms liegt (vgl. Lilkendey 2017: 24). Somit müssen die ProduzentInnen einen hohen Wert auf Unterhaltung, sowie Qualität legen, denn wenn es dem Publikum nicht gefällt oder sie nicht fesselt, ist das Video umsonst und bietet keinerlei Funktion (vgl. Lilkendey 2017: 25).

3.5 Wirkung von Musikvideos Unterschiedlichen Studien von Aubrey, Hooper und Mbure zufolge, kann gesagt werden, dass Musikvideos mit sexualisierenden Inhalten eine überwiegend negative Einstellung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen gegenüber Frauen, Sex und Gewalt aufweisen. Weitere Ergebnisse sind, dass männliche Studierende nach Rezipieren von Videos, in denen Frauen sexuell objektifiziert werden, Frauen als sexuell manipulativ einschätzen (vgl. Aubrey/Hooper/Mbure 2011: 374). Kistler und Lee haben in ihrer Analyse herausgefunden, 28

dass vor allem Männer, nach rezipieren von sexualisierten Hip-Hop-Musikvideos, ein objektifizierendes Verhalten gegenüber Frauen haben (vgl. Kistler/Lee 2010: 82). Eine weitere Untersuchung ergab, dass Männer nach dem Konsum eines Musikvideos, in dem Frauen sexualisiert dargestellt wurden, einem Vergewaltiger weniger Schuld für sein Ergehen geben. Hier haben Frauen und Männer nach einem derartigen Musikvideo weniger Empathie für das Vergewaltigungsopfer (vgl. Burgess/Burpo 2012: 759). Mit solchen Videos wird Gewalt seitens der Männer, die an Frauen ausgeübt wird, als gerechtfertigt empfunden (vgl. Aubrey/Hooper/Mbure 2011: 365). Als weitere Folge von Musikvideos mit sexualisierten Darstellungen ist, dass junge Erwachsene den Geschlechtsverkehr als Erholung und unbedeutend einstufen (vgl. Zhang/Miller/Harrison 2008: 379f).

Mischner, Schie, Wigboldus, Baaren und Engels haben den Zusammenhang zwischen Konsum von sexuell objektifizierten Inhalten in Musikvideos und dem Empfinden der eigenen Körperwahrnehmung untersucht. Wie auch in anderen Studien wurde hier herausgefunden, dass Frauen (nach Konsumieren von objektifizierten Musikvideos) mit niedrigem Selbstwertgefühl finden, dass ihr Körper noch weniger dem vorgegeben gesellschaftlichen Idealbild entspricht. Im Unterschied zu Frauen mit starkem Selbstwertgefühl, denen das Idealbild kaum etwas ausmacht, sind mit ihrem Körper nach wie vor zufrieden. Somit lässt sich sagen, dass Frauen mit schwachem Selbstwertgefühl einem deutlich größeren Risiko ausgesetzt sind, eine gestörte Körperwahrnehmung zu entwickeln (vgl. Mischner/Schie/Wigboldus/Baaren/Engels 2013: 31f.). Dies verifiziert auch die Aussage von Fredrickson und Roberts, die sagen, dass nicht alle Frauen gleich auf sexuell objektifizierte Inhalte reagieren, vielmehr sind hierfür andere Faktoren ausschlaggebend (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 174). Weiters werden auch kognitive Fähigkeiten von sexueller Objektifizierung negativ beeinflusst.

Dies bestätigt die Studie von Aubrey und Gerding, die 2015 herausgefunden haben, dass Informationen in Werbungen, durch verstärkten Konsum von sexualisierten Musikvideos, schwieriger zu verstehen sind (vgl. Aubrey/Gerdinger 2015: 29). Somit können die genannten Ergebnisse mit den Aussagen der Objectification Theory nach Fredrickson und Roberts zugestimmt werden, die besagt, dass Selbst-Objektivierung kognitiv ist.

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4 Sexualisierung Sexualität bedeutet die Zuschreibung von sexuellen Attributen, sowie Darstellungsweisen von Objekten, die aber nicht unbedingt etwas mit Sexualität zu tun haben, müssen (vgl. Röser/Kroll 1995: 11ff). Bei der Auseinandersetzung mit dem Terminus Sexualisierung, kommt es meist zu einer Konfrontation, mit Geschlechterdifferenzierung. Ein einfaches Beispiel hierzu: Die beiden jungen SängerInnen Miley Cyrus und Justin Bieber sind bekannt für ihre Skandale. Justin Bieber kriegt seine negativen Schlagzeilen mit rüpelhaftem Verhalten, zahlreichen Bordellbesuchen oder illegale Straßenrennen, wird aber trotzdem als Pop Ikone nicht in Frage gestellt. Anders sieht es bei Miley Cyrus aus, die mit ihren negativen Schlagzeilen viele Fans verlor und an einen Imageschaden leiden musste. Derartiges Verhalten sind Folgen von unterschiedlichen sozio-kulturellen Konstruktionen von Sexualität zwischen den Mädchen und Jungen, denn bei den Jungen wird das Verhalten als „räuberisch“ angesehen und Mädchen würden damit ihre „Anständigkeit“ verlieren (vgl. Renold/Ringrose 2013: 248).

Die Unterscheidung zwischen den Geschlechtern leitet sich von der damaligen Rolle der Frau ab. Damals wurde das Mädchen mit den Adjektiven unschuldig und natürlich beschrieben (vgl. Aigner/Hug/Schuegraf/Tillmann 2015: 18). Die öffentliche Diskussion über die Sexualisierung von Mädchen wurde eingeleitet, als der weibliche Körper nicht nur als Rolle der Reproduktion in biologischer Sicht, sondern auch in kultureller Sicht angesehen wurde. Somit stellt der weibliche Körper eine Kultur dar bzw. wird von ihr erwartet, dass beispielsweise ihr Kleidungsstil und ihr Verhalten eine Gemeinschaft angemessen repräsentieren soll. Ein weiteres Problem der Sexualisierung ist das medial vermittelte Bild der Frau und der jeweilige Umgang damit. Viele Studien unter anderem die von Rebecca Coleman hat herausgefunden, dass vor allem junge Mädchen, (nachdem ihnen Fotos von Frauen gezeigt wurden) über ihren eigenen Körper verärgert sind und sich unter Druck gesetzt fühlen. Die öffentliche Diskussion gibt den Medien für ein derartiges Verhalten der Mädchen die Schuld. Mädchen werden wegen überholten Vorstellungen einer unidirektionalen Beeinflussung passiv zum Opfer der Medien (vgl. Aigner/Hug/Schuegraf/Tillmann 2015: 20).

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Die Sexualität in der heutigen Zeit unterscheidet sich von damals, deswegen sollen im folgenden Abschnitt auf die Entwicklung und Definition von Sexualität näher eingegangen werden. Da die Masterarbeit über die Selbstpräsentierung der Rapperinnen in ihren Musikvideos handelt, werden Medien und Sexualisierung genauer beschrieben.

4.1.1 Definition Sexualisierung Haug versteht unter Sexualisierung, eine sexuelle Kategorisierung von Objekten „die nicht unmittelbar etwas mit Sexualität zu tun haben“ (Haug 1983, zit. n. Röser 2000: 98). Wird jedoch Sexualität in Verbindung mit Medien gebracht, so ist die Rede von Inhalten, die verbale oder nonverbale Hinweise auf weibliche Körperinszenierungen enthalten. Zu unterscheiden ist der Begriff des Sexismus‘, denn dieser bezieht sich vielmehr auf Diskriminierung von Personen wegen ihres Geschlechts. Sexismus meint viel mehr eine Zusammenfassung von Affekten oder Verbreitungen von Geschlechterstereotypen, die eine Ungleichheit zwischen Mann und Frau herstellen. Darunter fallen Diskriminierungen, sowie Abwertungen, die beide Geschlechter im gleichen Verhältnis betreffen können (vgl. Eckes 2010: 170ff). Beispielsweise ist die Frau bei Sex-Darstellungen bzw. Pornografien ein passives, sich dem Mann untergeordnetes Objekt – der Mann hingegen ist in diesem Fall der Aktive, sowie Handelnde (vgl. Schumacher 2015: 12).

Bereits während der Zeit des Nationalsozialistenregimes in Deutschland, hat eine bewusste Sexualisierung stattgefunden. Rund um 1900 herum kann von einer medialen Massenbeeinflussung, durch pornografische Druckerzeugnisse gesprochen werden. Das Schönheitsideal der heutigen Zeit ist mit dem Ideal der Nationalsozialistenregimezeit kaum zu vergleichen, denn damals galt als sexy und attraktiv eine Frau mit gebärfreudigem Becken, also mit breiteren Hüften. Da Frauen in der früheren Zeit diesen Aspekt nur schwer erfüllen konnten, zwangen die Filme die Frauen indirekt sich dem Ideal anzupassen. Aus diesem Grund kann mithilfe der Medialisierung von einer weitverbreiteten Sexualisierung gesprochen werden (vgl. Schönherr-Mann 2015: 111ff.).

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Sexualisierte Inhalte ziehen laut unterschiedlichen Studien, die im Unterpunkt „Forschungsstand“ näher erläutert werden, mehr Blicke auf sich, als jene mit gewöhnlichen Inhalten. Um die Aufmerksamkeit des Publikums noch mehr auf sich zu ziehen, wird bei sexualisierten Inhalten mit Klang-, Zeichen- und Bildstrukturen gearbeitet, die den erwarteten Wirkungen entsprechen sollen (vgl. Schönherr-Mann 2015: 112).

4.1.2 Sexualisierung (in) der Gesellschaft Im Laufe der Zeit lässt sich feststellen, dass sich der Umgang mit Sexualität geändert hat, mittlerweile wurden Tabus gebrochen und es wird freizügiger gelebt. Die genaue Ursache einer derartigen Veränderung kann nicht klar definiert werden, die Medien üben einen großen Einfluss auf die Veränderung aus (vgl. Schuhmacher 2015: 12). Bereits in jungen Jahren können sich Kinder über Sexualität informieren. Somit können sie zusehen und sogar jederzeit mitmachen, denn sie sind bestens informiert. „Immer mehr suggerieren die Medien indessen auch, dass jeder potenziell ein aktiver Teilnehmer sein kann – und nicht auf die Rolle des passiven Konsumenten beschränkt ist.“ (Moser 2000: 31) Das eigentliche Probleme ist nicht, dass sie zu viel Wissen, sondern dass sie sich mit der Wissensaneignung eigentlich in der Welt der Erwachsenen bewegen. Früher erweckte dies Neugier bei den Jüngeren, heute sind es längst Bilder oder Filme, die sich bereits in ihren Köpfen abspielen. Das heutige Fernsehen hat eine breite Programmvielfalt zu bieten. Neben all‘ den Sendungen mit sexualisierten Inhalten, müssen die Kinder auch noch mit der eigenen Sexualität umgehen. Somit ist ein bewusster Umgang mit den Medien sehr relevant, da ihnen die Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion sonst sehr schwerfällt (vgl. Schuhmacher 2015: 28).

4.1.3 Sexualisierung und Medien Neue Medien sind im Alltag der Menschen kaum wegzudenken. Sie werden nicht nur für die Kommunikation untereinander verwendet, sondern auch für die Kommunikation des eigenen Selbst, also der Selbstdarstellung (vgl. Aigner/Hug/Schuegraf/Tillmann 2015: 7). Die Sexualisierung in Medien beinhaltet die öffentliche Auseinandersetzung mit sexuellen Themen, sowie sexualisierte Darstellungen von Inhalten, die wiederum oftmals mit gesellschaftlichen Stereotypen in Verbindung gebracht werden.

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Durch das Rezipieren derartiger Inhalte, bestimmen Medien die Selbst- und Fremdwahrnehmung von RezipientInnen. Dadurch entstehen emotionale Reaktionen, die positiv oder auch negativ sein können (vgl. Thiele 2015: 17).

Betroffen von Sexualisierung in Medien sind beide Geschlechter, jedoch herrscht unter den Geschlechtern eine ungleiche Verteilung der Betroffenheit. Im Jahr 2007 hat APA eine Untersuchung durchgeführt, die herausgefunden hat, dass weibliche Personen in Medien öfter sexualisiert werden als männliche Personen (vgl. APA 2007: 15). Das Ergebnis der Studie von Stankiewicz und Roselli 2008 ist gleich, denn die haben herausgefunden, dass Frauen in ca. 10 Prozent der Werbeanzeigen als Opfer dargestellt werden. Weiters wurden Frauen als sexualisierte Objekte präsentiert (vgl. Stankiewicz/Roselli 2008: 579). Auch hier ist das gesellschaftliche Schönheitsideal wieder vertreten, denn die Frauen werden den gesellschaftlichen Ansprüchen entsprechend dargestellt und dienen als Dekorationsobjekt.

Ein Beispiel hierzu wäre die Sexualisierung in den Sportberichterstattungen, denn Frauen könnten ebenso große Erfolge im Fußball erzielen, jedoch wird ihnen nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt, wie dem männlichen Geschlecht. Erfolgt doch eine Berichterstattung über Frauen im Sportbereich, dann ist es jene Sportart, die von Männern als sexuell ansprechend oder ästhetisch empfunden werden, wie zum Beispiel Eiskunstlauf, Schwimmen oder Beachvolleyball. Während des Sports sind die Kameras oftmals auf die sekundären Geschlechtsmerkmale, wie beispielsweise die Brust der Frau gerichtet. Frauen haben es nicht leicht im öffentlichen Sport, vor allem wenn sie eher „männlichen Sport“ betreiben, wie Boxen, Rennsport oder Ski fahren. Dadurch sind sie in ihrem privaten Leben indirekt gezwungen, ihre weibliche Seite zu zeigen, um dennoch medientauglich zu sein (vgl. Döring 2013: 8).

Nicht nur im Sport findet eine Sexualisierung statt, sondern auch in Musik und den jeweiligen Musikvideos. Als Beispiel kann hier der berühmte „Arschficksong“ von dem Berliner Rapper genannt werden, der neben gewalttätigen Äußerungen viele frauenfeindliche Ausdrücke enthält (vgl. Döring 2013: 8). Mittlerweile ist die Sexualisierung in den Medien zur Normalität geworden, somit ist es keine Überraschung mehr, dass dies auch in digitalisierten Medien, wie Musikvideos stattfinden. Den Autoren Aubrey und Frisby zufolge, werden weibliche

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Künstlerinnen häufiger sexualisiert dargestellt als männliche, denn Frauen erfüllen klischeehafte Rollenbilder und werden in sexuell aufreizenden Posen dargestellt (vgl. Aubrey/Frisby 2011: 475). Musikvideos dienen in erster Linie der Unterhaltung und verwenden meist sexuelle Bildsprache, in denen weibliche Protagonistinnen überwiegend freizügig und in provokanten Szenen dargestellt werden. Dadurch wird die eigentliche Musik, sowie die Künstlerinnen in den Hintergrund gedrängt und die visuelle Darstellung des Körpers und Sexappeal der Frauen treten in den Vordergrund. Musikerinnen wie „Rihanna“, „Izzy Azalea“ oder „Beyoncé“ sind nur ein Teil der Frauen, die in ihren Musikvideos mit ihren weiblichen Reizen spielen und damit sexuelle Inhalte visuell darstellen. Aubrey und Frisby’s Studie zufolge, sind in 71 Prozent der Musikvideos von weiblichen Künstlerinnen, sexualisierte Inhalte vorhanden (vgl. Aubrey/Frisby 2011: 81).

Es sind nicht nur die Künstlerinnen, die sich in ihren eigenen Clips sexualisiert darstellen, sondern auch Frauen, die „nur“ im Hintergrund mitwirken, wie beispielsweise in Hip-Hop- Musikvideos. Hier sind Männer vollständig bekleidet, im Vordergrund und präsentieren ihre Musik, während Frauen leichtbekleidet im Hintergrund tanzen. Weiters stehen weibliche Künstlerinnen unter öffentlichem Druck und unterliegen strengen Bewertungen der eigenen sexuellen Attraktivität, sowie Alters- und Gewichtsnormen. So können als Beispiel Christina Aguilera oder Britney Spears genannt werden, die vor etwa 15 Jahren sehr erfolgreich waren und heute als zu alt und dick eingestuft werden. Obwohl Britney Spears erst Anfang 30 ist und Kleidergröße M trägt. Bei den männlichen Künstlern hingegen, sind die oben genannten Kriterien eher irrelevant. In der Meta-Studie von Neumann-Braun und Mikos im Jahr 2006 wurde herausgefunden, dass Frauen in den Clips stereotypisch dargestellt werden (vgl. Neumann-Braun/Mikos 2006: 88ff). Männer hingegen werden heroisch und muskulös medialisiert (vgl. Aubrey/Frisby 2011: 491). Neben den Musikvideos finden sich unzählige Schmink- oder Tanzvideos auf YouTube. Mithilfe derartigen Videos eifern vor allem junge Mädchen ihren sexualisierten Medienstars nach. Jedoch sind hier nicht nur die Medienstars zu nennen, auch das Nachahmen japanischer Mangas und die Selbstdarstellung als lebende Zeichentrickfiguren sind ein wachsender Trend bei den Mädchen (vgl. Döring 2013: 10).

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Nicht nur in den Medien, Frauen sind auch im privaten Leben indirekt gezwungen, die an sie gestellten optischen Anforderungen zu erfüllen und nehmen somit eine sogenannte Selbstsexualisierung ein. Das heißt, dass sie ihr Aussehen, den Erwartungen anpassen und sich dadurch selbst sexuell präsentieren. Das ist ein sehr großes Problem, auf das viele Prominente wie beispielsweise Lady Gaga aufmerksam machen möchte. Sie ist bekannt für ihre spektakulären und körperbetonten Outfits. So hat sie bei den MTV Video Music Awards im Jahr 2010 ein Kostüm aus Fleischstücken angezogen. Mit dem Skandaloutfit wollte sie öffentlich auf die Fleischbeschau der Popindustrie aufmerksam machen (vgl. Döring 2013: 10).

In den letzten Jahren ist die Nutzung der Videospiele immer beliebter geworden. So lässt sich feststellen, dass die in den Videospielen vorkommenden Charaktere meist immer die gleichen sind: Männer dominieren und Frauen bilden die Minderheit. Die männlichen Figuren sind muskulös und schwer bewaffnet, Frauen hingegen haben große Brüste und sind leicht bekleidet. Als berühmtes Beispiel kann hier Lara Croft aus dem Spiel „Tomb Raider“ genannt werden, die mittlerweile als Sexsymbol und weniger als Archäologin fungiert (vgl. Döring 2013: 9).

Geklickt – getan! Die große Welt des Internets ist nur einen Mausklick entfernet. Sexualisierte Inhalte werden zwar für Kinder und Jugendliche durch JugendschützerInnen erschwert, aber nicht komplett verhindert (vgl. Schetsche 2002: 174). Sexualisierte Inhalte zu umgehen ist nicht einfach, auch bei bewusstem Umgang, werden NutzerInnen mit derartigen Inhalten, mittels Werbebanner für beispielsweise sexualbezogene Internetseite konfrontiert (vgl. ebd. 170). Besonders auffällig ist, dass frei zugängliche Internetseiten mit sexualbezogenen Darstellungen von Frauen sehr beliebt sind (vgl. ebd. 171f.). ExpertInnen von Beate Uhse zufolge, wächst die Rubrik „Sex“ im Internet am stärksten (vgl. Schuhmacher 2015: 40).

Somit lässt sich sagen, dass es im Alltag fast keinen Weg gibt, dem Sexualisierungstrend der Massenmedien zu entkommen. Sexualisierungen werden meist mittels Push-Angebote verbreitet, das heißt die Verbreitung findet nicht selektiv statt. Somit kommt es bei den KonsumentInnen häufig zu ungeplantem und meist ungewolltem Rezipieren von sexualisierten Inhalten. KonsumentInnen nehmen die vorhandene Sexualisierung nicht bewusst wahr, dadurch werden derartige Inhalte zur Normalität (vgl. Döring 2013: 11). Einige

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Untersuchungen, die sich mit dem Zusammenhang von Emotionen und sexualisierten Medien (hier Musikvideos) beschäftigt haben, haben herausgefunden, dass Videos mit sexualisierten Darstellungen, von den RezipientInnen als positiv bewertet wurden. Ein weiteres Ergebnis ist, dass je stärker der sexuelle Inhalt im Video war, desto positiver haben KonsumentInnen das Video bewertet. Somit lässt sich sagen, dass Musikvideos mit sexualisierenden Inhalten bei den KonsumentInnen positive Emotionen auslösen (vgl. Temps/Meister 2015: 326).

4.1.4 Auswirkung von Sexualisierung Überwiegend werden sexualisierte Medieninhalte unbewusst wahrgenommen, dadurch wenden sich KonsumentInnen automatisch an Medien mit derartigen Inhalten und genau das ist das Ziel der Medien. Solche Inhalte werden vom Publikum als anregend, inspirierend, interessant, sowie ästhetisch eingestuft. Medien müssen mit diesen Inhalten aber vorsichtig umgehen, denn sexualisierte Inhalte können oftmals von der eigentlichen Botschaft ablenken. Weiters gibt es ebenso RezipientInnen, die genau das Gegenteil empfinden und sich von solchen Inhalten gestört fühlen und diese als peinlich, geschmacklos oder aufdringlich einstufen. Somit lässt sich sagen, dass sexuelle Stimuli nicht nur positive, sondern auch negative Auswirkungen haben können (vgl. Döring 2013: 12).

Mittlerweile finden sich viele Forschungen, die sich mit den Problemen beschäftigen, die durch Sexualisierung des weiblichen Körpers entstehen. Das fast unerreichbare Schönheitsideal der Frauen wirkt sich negativ auf das Selbstwertgefühl und das Körperbild der jungen Mädchen und Frauen aus (vgl. Döring 2013: 13). Weiters kann es auch hier zu gesundheitlichen Auswirkungen, wie Essstörungen führen (vgl. Glogauer 1999: 75ff). Es wird oft versucht, das vorhandene Schönheitsideal wegzudrängen, in dem realitätsnahe Erwartungen erschaffen werden. Es ist jedoch schwierig, dies umzusetzen, denn nicht alle KonsumentInnen stimmen hier zu. Obwohl solche Idealisierungen und Sexualisierungen in den Medien theoretisch für die Gesellschaft bedrohlich wirken, empfinden viele KonsumentInnen, die Darstellungen einer medialen Traumwelt, als Fluchtort vom Alltag. Denn eine Darstellung eines „normalen“ Körpers würde viel zu sehr an die Unzufriedenheit des eigenen Körpers erinnern. Nicht nur Frauen stehen wegen derartigen Idealisierungen unter Druck, sondern auch die Medien, denn sie müssen eine geeignete Darstellung von Medienpersonen finden.

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Bei der Auswahl sollte aber auch bedacht werden, dass Medienpersonen als Rollenvorbilder fungieren. Mädchen, sowie junge Frauen werden, auch wenn unbewusst, von deren Rollenvorbilder beeinflusst, dadurch lernen sie, dass das Aussehen für sie eine entscheidende Rolle im Leben spielt. Im Gegensatz zu den Jungen und jungen Männern, denn ihnen wird vermittelt, dass sie nicht durch das Aussehen, sondern durch Geld und Erfolg sexuell attraktiv wirken (vgl. Döring 2013: 13).

4.2 Geschlechterstereotype „Frauen engagieren sich gerne sozial, Männer treten gerne in Wettstreit“ – „Männer und Frauen haben unterschiedliche Führungsstile“ – „Männer sind besser in Mathe als Frauen, dafür haben Frauen bessere sprachliche Fähigkeiten als Männer“ – „Bei gleicher objektiv vorliegender Information erscheinen die beruflichen Fähigkeiten von Männern höher als die von Frauen.“ (Steffens/Ebert 2016: 13)

Die hier genannten Zitate sind nur einige wenige von vielen geschlechterbezogenen Mythen, die wissenschaftlich belegt wurden. Jedoch stellt sich hier nun die Frage, welche von ihnen entsprechen der Wahrheit und welche nicht. Es gibt unterschiedliche Kategorien, in denen Menschen eingeteilt werden, wovon eines das Geschlecht ist. Wird von einer Person geredet, die gerne Fußball schaut, Bier trinkt und eine große Begeisterung für Autos zeigt, dann ist die Rede vermutlich von einem Mann. Wenn eine Person stundenlang telefoniert und sehr viele Schuhe besitzt, dann wird davon ausgegangen, dass diese Person eine Frau ist. Hier stellt sich die Frage, wie wichtig ist es, derartiges Wissen über das Geschlecht zu besitzen? (vgl. Steffens/Ebert 2016: 13).

Unter Geschlechterstereotype werden kognitive Strukturen verstanden, die sozial geteiltes Wissen über charakteristische Merkmale von Frauen und Männern enthalten. Dementsprechend gehören diese Stereotype zum individuellen Wissensbesitz und bilden den Kern eines konsensuellen, kulturell geteilten Verständnisses von bestimmten Merkmalen der Geschlechter. Typisch für Geschlechterstereotype sind, dass sie deskriptive und präskriptive Anteile haben. Unter deskriptive Anteile werden traditionelle Annahmen verstanden, wie Frauen und Männer tatsächlich sind, die Art und Weise, wie sie sich verhalten und welche Eigenschaften sie besitzen. Zudem sind Frauen verständnisvoll und emotional, Männer 37

hingegen dominant und zielstrebig. Werden diese Annahmen jedoch verletzt, so erfolgen „Überraschungen“. Präskriptive Anteile hingegen sind traditionelle Annahmen, wie beide Geschlechter sein sollen bzw. wie sie sich verhalten sollen. Dies meint, dass Frauen einfühlsam und Männer dominant sein sollen. Werden hier die Annahmen verletzt, so erfolgt keine „Überraschung“ sondern Ablehnung oder Bestrafung. Geschlechterstereotype sind jedoch änderungsresistent und bilden eine zentrale Komponente sozial geteilter impliziter Geschlechtertheorien (vgl. Eckes 2010: 178).

„Solche Theorien sind umfassende Systeme von Alltagsannahmen über die Geschlechter und ihre wechselseitigen Beziehungen. Neben Geschlechterstereotypen enthalten sie Einstellungen gegenüber den Geschlechtern und ihren jeweiligen Rollen, Bewertungen von Individuen mit rollenabweichendem Verhalten sowie geschlechtsbezogene Wahrnehmungen und Einschätzungen der eigenen Person.“ (Eckes 2010: 179)

Werden Personen in soziale Kategorien eingeteilt und sich somit Denkweisen, Verhalten und Gedanken über die Person davon beeinflussen lassen, so handelt es sich hierbei um Vorurteile, Stereotype oder gar Diskriminierung (vgl. Steffens/Ebert 2016: 13). Die hier genannten drei Modelle, sind Konzepte der Sozialpsychologie, die eine Einstellung darstellen. Unter einer Einstellung wird das Bewerten von Menschen, Menschengruppen oder Objekten verstanden. Es gibt verschiedene Komponenten, wie zum Beispiel die affektive, die Gefühle, sowie Emotionen beinhaltet, die mit dem Einstellungsobjekt assoziiert ist. Wenn eine Person sehr risikofreudig ist, dann erlebt sie bei risikoreichen Glücksspielen Freude und Nervenkitzel. Anders sind die kognitiven Komponenten, die Gedanken und Überzeugungen einer Person gegenüber dem Einstellungsobjekt enthalten. Bei dem oben genannten Glücksspiel würde die Person unterschiedlichen Möglichkeiten über Gewinn- und Verlustchancen bewerten. Hier handelt es sich vielmehr um die Art und Weise, wie sich die Person dem Einstellungsobjekt gegenüber verhält. Dies wird dadurch ersichtlich, dass risikofreudige Menschen, vielmehr riskante Optionen wählen.

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Die drei genannten Komponenten von vorhin, Vorurteile, Stereotype und Diskriminierung werden im Folgenden nun näher erklärt. Vorurteile beziehen sich auf emotionale Reaktionen gegenüber Menschen, bezüglich ihrer Gruppenzugehörigkeit. Diskriminierung hingegen beziehen sich vielmehr auf das Verhalten und Stereotype auf kognitive Reaktionen (vgl. Steffens/Ebert 2016: 14). Schenk 1979 definiert Stereotype wie folgt:

„Stereotype […] bestehen unabhängig und außerhalb vom Individuum, werden von großen Gruppen bzw. ganzen Gesellschaften geteilt und sind in der Kultur dieser Gruppen in Sitte, Moral, Religion, Folklore, Witzen usw. vergegenständlicht. Sie werden also nicht aufgrund individueller Erfahrungen mit den Gegenständen des Stereotyps entwickelt, sondern das Individuum übernimmt sie sozusagen vorgefertigt im Laufe des Sozialisationsprozess. […] Sie sind weitgehend resistent gegenüber Veränderung aufgrund gegenteiliger Erfahrung.

Dies gilt nicht nur auf individueller, sondern auch auf sozialer Ebene: Stereotype sind beharrend, verändern sich in ihren Inhalten nur langsam, auch dann, wenn die soziale Realität, die einmal ihrem ‚wahren Kern‘ zugrunde lag, sich gewandelt hat.“ (Schenk 1979: 106)

Der Terminus Stereotyp lässt sich aus dem Griechischen ableiten, stereos – hart/starr und typos – feste Form/charakteristisches Gepräge. Bereits 1798 wurde der Begriff von Buchdrucke Firmin Didiot verwendet, um das Drucken mittels feststehender Letter zu beschreiben (vgl. Thiele 2015: 27). Der US-amerikanische Journalist, Medienkritiker und Schriftsteller Walter Lippmann, begann 1922 in seinem „Werk Public Opinion“ bereits mit der Stereotypenforschung. Lippmann verwendet den Begriff, um Strukturen des Denkens, Schemata und Routine zu beschreiben. Somit spricht er von „pictures in our head“ (Lippmann 1945/1922: 3) und erklärt wie folgt:

„They are an ordered, more or less consistent picture of the world, to which our habits, out tastes, our capacities, our comforts and our hopes have adjusted themselves. They may not be a complete picture of the world, but they are a picture of a possible world to which we are adapted. In that world people and things have their well-known places, and do certain expected things. We feel at home there. We fit in. We are members. (Lippmann 1945/1922: 95) 39

Stereotypen sind Annahmen, über Eigenschaften, sowie Verhalten von Mitgliedern sozialer Gruppen. Grob lässt sich sagen, dass Stereotype Verallgemeinerungen einer Gruppe sind, denen identische Merkmale zugeschrieben werden. Derartige Merkmale beinhalten:

1. Physische Attribute (Männer sind größer als Frauen) 2. Persönlichkeitseigenschaften (Männer sind aggressiv, Frauen sind ängstlich) 3. Fähigkeiten (Mädchen sind gut in Sprachen, Jungen sind gut in Mathe) 4. Präferenzen (Männer interessieren sich für Sport, Frauen interessieren sich für Mode) 5. Allgemeines Verhalten (Männer reparieren den verstopften Abfluss, Frauen stellen Blumen auf den Tisch) (Steffens/Ebert 2016: 14). Mit diesen genannten Beispielen soll verdeutlich werden, dass Stereotype nicht immer negativ sein müssen. Geschlechterstereotype sind mittlerweile so in unseren Alltag geprägt, dass es weibliche und männliche Speisen, Getränke, Sportarten, Autos etc. gibt. Kulturelle Stereotype sind sozial geteilte und anerkannte Überzeugungen. Beispielsweise wird oft davon ausgegangen, dass Männer konkurrierender und selbstbewusster als Frauen sind und Frauen hingegen verständnisvoller und einfühlsamer als Männer. Ob Stereotype zutreffen oder nicht wird in der Wissenschaft schon länger debattiert. Die älteste Theorie geht von einem „Körnchen Wahrheit“ aus (vgl. Steffens/Ebert 2016: 15).

Hier kann an das Konzept des Sexismus geknüpft werden. Darunter werden geschlechtsbezogene Stereotype, Affekte sowie Verhaltensweisen verstanden. Die hier genannten Punkte weisen einen ungleichen sozialen Status zwischen den Geschlechtern auf. Geschlechtsidentität ist ein System, das sich mit den Aspekten des Selbst, wie zum Beispiel die Selbstwahrnehmung von geschlechtstypischen Eigenschaften beschäftigt. Darunter fallen ebenso Präferenzen oder Zugehörigkeit einer sozialen Gruppe (vgl. Eckes 2010: 179). Zu unterscheiden sind hier Stereotype als soziokognitive Strukturen vom Prozess der Stereotypisierung. Stereotypisierung meint die Anwendung von stereotypgestütztem Wissen auf konkrete Personen. Bezüglich der Geschlechterstereotype lässt sich sagen, dass sich dies bereits im Kindesalter aneignet und sich bis ins Erwachsenenalter fortsetzt. So erfolgt stereotypisiertes Denken automatisch bzw. ohne bewusste Kontrolle (vgl. Eckes 2010: 179).

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4.3 Gender und Musik „Die Medien definieren mit, wie Frauen und Männer sein sollen.“ (In Albon 2018: o.S.)

Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (kurz mpfs) untersucht seit 1998 unabhängige Daten bezüglich dem Medienumgang von Kindern und Jugendlichen. Im Jahr 2015 wurde eine Untersuchung bezüglich der Mediennutzung durchgeführt und die hat herausgefunden, dass die Musikrezeption ein unmittelbarer Bestandteil der Freizeitgestaltung von Jugendlichen ist (vgl. mpfs 2015: 14). Sie rezipieren die Musikvideos über Internetplattformen wie zum Beispiel YouTube. Weiters wurde herausgefunden, dass ca. 60 Prozent der untersuchten Personen täglich bis mehrmals pro Woche Musikvideoclips rezipieren (vgl. mpfs 2015: 34). Die ProbandInnen hören Musik nicht nur aus Langweile, sondern auch um die eigene (soziale) Identität auszudrücken, zu entwickeln oder zu festigen (vgl. North/Hargreaves: 1999: 75).

Neben der Freizeitgestaltung nehmen KünstlerInnen eine Art Vorbildfunktion der Jugendlichen ein. Deren Handlungen, Verhalten, sowie Video-Inhalte sind Faktoren, die einen großen Einfluss auf die Heranwachsenden ausüben können. Somit können gesellschaftlich relevante Themen, die in Musikclips behandelt werden, Auswirkungen auf die Realitätswahrnehmung der Jugendlichen haben. Aus diesem Grund sind stereotypische Merkmale, die in den Videos vorkommen und von MusikerInnen behandelt werden, ein wichtiger Punkt für die heutige Jugend (vgl. Musicandgender 2016: o.S.). Ein Beispiel für die geschlechterdifferenzierte Darstellung in einem Musikvideo ist, dass Männer überwiegend als potent und mächtig dargestellt werden, Frauen hingegen als untergeordnetes Sexobjekt. Die Heranwachsenden sollten jedoch wissen, dass es sich bei derartigen Darstellungen nicht um die Realität, sondern um Stereotype handelt (vgl. In Albon 2018: o.S.). Deswegen ist das Thema rund um Gender und Musik nicht nur ein sozial wichtiger Aspekt, sondern auch ein relevanter Bestandteil, vorliegender Forschung.

Wie sich in späteren Punkten zeigen wird, sind Frauen in den Musikvideos unterrepräsentiert. Sie werden in den Videos so dargestellt, dass sie sich dem Mann unterordnen und zugleich als Fantasie der Männer dienen. Als Beispiel kann hier der Rapper „Flo Rida“ genannt werden, der vor gespreizten Beinen einer Frau singt. Der Kamerafokus ist ein zentraler Bestandteil der 41

medialen Darstellung von Frauen in Musikvideos, denn großenteils konzentriert sich die Kamera nur auf bestimmte Körperteile der Frau, wie Po oder Brust – das Gesicht bzw. der Kopf der Frau kommt nicht ins Bild. Vor allem im Bereich der Hip-Hop-Videos ist eine Übersexualisierung mittlerweile zum Standard geworden (vgl. In Albon 2018: o.S.).

5 Frauen im Hip-Hop Mit der Einführung von Hip-Hop waren nicht nur Männer, sondern auch Frauen beteiligt. Zwar fungierten sie erstmals überwiegend als Background-Tänzerinnen, Back-up-Rapperinnen oder als viertes oder gar fünftes Mitglied einer männlichen Rap-Gruppe (vgl. Patrick 2015: 18). Obwohl es viele Rapperinnen gibt, ist die Hip-Hop-Kultur ein von Männern dominierter Bereich. Trotz mehreren erfolgreichen Künstlerinnen sind es oftmals die männlichen Rapper, die den kommerziellen Erfolg aufweisen und in der Öffentlichkeit präsenter sind. Kommen Frauen im Hip-Hop vor, so werden sie meist in sexistischer Weise als Schmuckstück in Musikvideos dargestellt und dienen als Statussymbol, wie beispielsweise teure Autos, Yachten, Villen, Schmuck oder Waffen. Nicht nur die Nebenrolle ist ein Problem, sondern auch in Musikvideos vorkommende frauenfeindliche Texte (vgl. Bifulco/Reuter 2017: 65).

Im sogenannten „Battle-Rap“ wird der Gegner in deren Songs beleidigt, diese Beleidigung richtet sich jedoch meist auf die weibliche Verwandtschaft des Gegners. Viele Männer nutzen das Abwerten der Frau als eigene Konstruktion von Männlichkeit (vgl. Bifulco/Reuter 2017: 66).

Frauen haben angefangen, ihre eigenen Songtexte zu schreiben, welche sie mit Videoclips an die Öffentlichkeit bringen wollte. Hier stellt sich die Frage, über welche Themen rappen die Frauen? Wie visualisieren sie ihre Texte in den Musikvideos? Roxanne Shanté und Queen Latifah machten den Anfang der weiblichen MCs. Sie legten keine Tanzeinlagen ein oder hatten aufreizende Bekleidung an, im Gegenteil sie hatten Hip-Hop-Klamotten an. Damit wollten sie einer Objektivierung seitens der Männer entgegenwirken. Die erste kommerziell erfolgreiche weibliche Rap-Gruppe „Salt-N-Pepa“ waren das Gegenteil von den beiden genannten Rapperinnen, denn die Gruppe scheute sich nicht vor erotischer Kleidung und dem offenen Umgang mit ihrer Sexualität (vgl. Patrick 2015: 19).

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Viele Rapperinnen setzten sich mit dem Thema der Prostitution auseinander, auch wenn sie in der Minderheit sind. Künstlerinnen wie „Queen Latifah“, „Roxanne Shanté“, „Salt-N-Peppa“ oder „Missy Elliot“ sind Rapperinnen die zu den weiblichen Pionierinnen der Anfangszeit im US-amerikanischen Raum zählen. Sie waren sozusagen die Ersten, die den Begriff „Bitch“ angewendet haben. Sie haben den Begriff nicht wie männliche Rapper im negativen Sinne verwendet, sondern verwendeten den Begriff in Bezug auf Selbstbewusstsein, Unabhängigkeit und Stärke. „Indem sich die Bitch als solche bezeichnet, entzieht sie sich der Gefahr von außen als Schlampe bezeichnet und sexualisiert zu werden, schließlich macht sie das zu ihrem Programm.“ (Völker/Kiwi 2007: 11) Nicht nur in Amerika sind weibliche Rapperinnen vertreten, mittlerweile gibt es auch in Deutschland sehr viele weibliche Künstlerinnen (vgl. Bifulco/Reuter 2017: 69).

Rapperin „Roxanne Shanté“ veröffentlichte 1984 eines der ersten Musikvideos, das von einer weiblichen Rapperin produziert wurde. In ihrem Song „Roxanne’s Revenge“ rappt sie über die eigene Person, in dem sie sich überhöht und ihre Konkurrenten (vor allem männliche) abwertet (vgl. Patrick 2015: 19). Durch derartige Veröffentlichungen wurden sie als selbstbewusste, dominante und überlegene Rapperinnen angesehen und wirkten somit dem Rollenstereotyp des passiv-zurückhaltendem Geschlecht entgegen. Weiters zeigte sie ihre weibliche Dominanz indem sie überwiegend frontal zu sehen ist. Ebenso zeigt sie mit dem Zeigefinger direkt in die Kamera, wodurch sie das Publikum direkt anspricht (vgl. Patrick 2015: 20). Shanté war somit eine der ersten Rapperinnen, die Frauen durch eine klare und deutliche Botschaft an die Öffentlichkeit brachte und ihren Namen gegen Männer verteidigte (vgl. Patrick 2015: 21).

Eine weitere talentierte Rapperin „MC Lyte“, die 1988 ihr Debütalbum herausgebracht hat, rappt in ihrem Song „Paper Thin“ über ihren ehemaligen Lebensgefährten, den sie beim Fremdgehen erwischt hat. Sie lässt sich dadurch nicht unterkriegen oder schwächen, im Gegenteil, sie sieht diese Erfahrung als Machtgewinn und Lerneffekt. „Paper Thin“ sind für die Rapperin nur Worte, also leere Hülle an Geschwätz, die von Männern ohne ernste Hintergedanken gesagt werden. Nachdem Song wurde sie von vielen Fans als egoistisch angesehen, dies war ihr persönlich aber egal. Sie wollte mit ihrem Song und ihrer Einstellung

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die Message rüberbringen, dass sie eine unabhängige Frau, die nicht auf ihren Mann angewiesen ist. In dem dazugehörigen Video trägt sie einen Trainingsanzug und Turnschuhe (vgl. Patrick 2015: 22). Das Video widerspiegelt ihr Erlebnis mit ihrem Ex-Lebensgefährten, welches damit endet, dass sie mit einem anderen Mann Arm in Arm das Bahnhofsgelände verlässt. Sie möchte damit aussagen, dass sie sich von ihrem negativen Erlebnis nicht unterkriegen lässt, sondern nach vorne sieht (vgl. Patrick 2015: 23). Als afroamerikanische Frau im Hip-Hop ist sie der Meinung, dass sie ihre Interessen, als Frau nicht ausreichend repräsentiert, denn sie fokussiert sich lieber auf ihre persönliche Geschichte, die viele Afroamerikanerinnen ebenso erlebt haben. Mit Zeilen wie „Yes, I am very independent and I feel that women should be independent, but so should men. Both of us need each other and we’re just coming to a realization that we do.” (Rose 1990: 90) möchte sie zum Ausdruck bringen, dass nicht nur Frauen, sondern auch Männer unabhängig sein sollen. Weiters sieht sie den Sexismus seitens der Männer als Problem und nicht als Opfer-Täter-Gleichung, wo die Frau das Opfer und der Mann der Täter ist (vgl. Patrick 2015: 24).

Die bereits oben genannte weibliche Rapgruppe „Salt-N-Pepa“ beziehen sich in ihren Texten auf Frauen, die auf das vermeintliche Interesse eines Mannes hereinfallen und somit zum Opfer der männlichen Verführungskunst werden. Sie wenden das Wort „tramp“, welches übersetzt Flittchen bedeutet, bei den Männern an. Die erfolgreiche Gruppe fokussiert sich in ihren Texten nicht auf die Degradierung der Frau als Flittchen, sondern auf das Image des sexuell freizügigen Mannes. Ihre Songs behandeln persönliche Erfahrungen, wie beispielsweise von einem ersten Date, bei dem ein Mann sie als „dummy“ bezeichnet hat und sie eigentlich nur ins Bett bekommen wollte: „I’m no stunt, on me he can’t front. I Know the real deal, I know what they want. It’s me (Whay?) Because i’m so sexy. It’s me (What?) Don’t touch my body! (Boy!) Cuz you see I ain’t no skeezer. But on a real tip I think he's a Tramp (What'd ya call me?)“ (Tramp Salt ’n’ Pepa 1987). Die Protagonistin im Video ist sexy, schlagfertig und selbstbewusst. Im Video wird die Gruppe aus zwei Perspektiven gezeigt, einmal in einem Fernsehbildschirm über der Bar und als Bar-Besucherinnen, die als Objekte der männlichen Begierde dargestellt werden. Im Fernsehen sind sie als typische Rapperinnen in Hip-Hop Straßenbekleidung zu sehen. Als Besucherinnen der Bar sind sie gestylt, haben figurbetonte und sexy Bekleidung an (vgl. Patrick 2015: 26). 44

Wie aus der Einleitung ersichtlich, beschränkt sich die vorliegende Masterarbeit auf fünf deutsche Rapperinnen. Diese wurden ausgewählt, da sie sich charakteristisch gesehen, voneinander abheben. Nicht nur der Charakter war ausschlaggebend für die Auswahl, sondern auch die Geschichten, die sie in ihren Liedern erzählen. Sie haben zwar die Gemeinsamkeit, dass sie rappen, unterscheiden sich jedoch von den Text-, sowie Videoinhalten. Die Künstlerinnen haben alle eine unterschiedliche Meinung zu Frauen im Rap, Feminismus und der jeweiligen Relevanz des eigenen äußeren Erscheinungsbildes.

5.1 Frauenbild im Hip-Hop Nach intensiven Beschäftigungen mit Hip-Hop wird deutlich, dass vor allem in musikalischer Hinsicht das männliche Geschlecht dominiert (vgl. Loh/Güngör 2002: 273). Frauen hingegen sind hier nur selten aktive und produktive Musikerinnen. Wie bereits oben erwähnt, besteht Hip-Hop aus mehreren Elementen, wobei Frauen in zwei Elementen verhältnismäßig präsent sind. Zum einen sind sie es im Element Graffiti, da das Geschlecht der KünstlerInnen hinter dem Projekt steht und zum anderen im Writing, denn hier kommt es viel mehr auf das Endergebnis bzw. dem Inhalt an, somit ist auch hier wieder das Geschlecht nicht von Bedeutung. Ähnlich ist es beim Tanzen, da TänzerInnen während dem Tanzen in verschiedene Rollen schlüpfen können. Durch das Rollenspiel können sich Frauen, sowie Mädchen hinter einer Fassade verstecken und verhindern ein „Objekt des männlichen Begehrens“ zu werden (vgl. Loh/Güngör 2002: 273). Obwohl in der Anfangsphase der Hip-Hop-Bewegung der Frauenanteil sehr hoch war, wird die Hip-Hop-Kultur mittlerweile überwiegend von Männern dominiert (vgl. Klein/Friedrich 2003: 205).

Männer dominieren in den Bereichen DJing, da hier nur wenige Frauen diesen „Beruf“ ausüben. Auch in anderen Musikrichtungen wie Rave oder Techno sind von neun von zehn DJs männlich (vgl. Loh/Güngör 2002: 272). Im letzten Element Rap/MCing sind ebenso überwiegend Männer anzutreffen. Es macht keinen Unterschied, ob das Geschlecht im Vor- oder Hintergrund steht, Frauen leiden hier unter einer ständigen Diskriminierung und Reduzierung auf ihr Äußeres.

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Überwiegend erzählen MCs von ihrer harten Vergangenheit, die in diesem Fall vom männlichen Geschlecht auf das Publikum glaubwürdiger und authentischer wirkt (vgl. Kage 2004: 78). „Hiphop [ist] vor allem eins: eine Männerwelt, von Männern – für Männer“ (Klein/Friedrich 2003: 24).

Sexistische Bilder oder Aussagen sind mittlerweile zur Normalität im Hip-Hop geworden, die einem stetigen Wandel unterlaufen. In den 80er und 90er Jahren wurde unter „Bitch“ eine Prostituierte verstanden. Mittlerweile sieht das anders aus, weibliche Künstlerinnen, wie „Nicki Minaj“ oder „Beyoncé“ setzen deren weibliche Reize bewusst ein, die von der Gesellschaft als positiv und emanzipiert aufgefasst werden. Das mittlerweile geschlechtsneutrale Wort „Bitch“ findet sich im alltäglichen Gebrauch (vgl. Tillate 2015: o.S.). Die genannte Künstlerin Nicki Minaj ist zurzeit einer der erfolgreichsten Rapperinnen und präsentiert das Image einer „black Barbie“. Sie trägt bunte Kostüme, unterschiedlichste Perücken, auffälliges puppenähnliches Make-up und ist bekannt für ihre hypersexuellen Auftritte. Dadurch treibt sie Diskussion über die Verkörperung der weißen Schönheit und Perfektion im „Barbie-Format“, an (vgl. Patrick 2015: 1).

Bei den „Swiss Hip-Hop Jams“ fand eine Podiumsdiskussion über „Frauenbild im Rap“ statt. Hier wurde diskutiert, ob frauenverachtende Songs als Unterhaltung und Ausdrucksform dienen oder ob sich Hip-Hop-KünstlerInnen einer Verantwortungsrolle bewusst sind und derartige Texte verbieten sollte. Am Anfang der Diskussion konnte davon ausgegangen werden, dass es nicht einfach wird, alle TeilnehmerInnen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Jedoch war klar, dass Rap ein Sexismusproblem hat. Jedoch ist Rap als eine Kunstform anzusehen, kann und darf somit nicht verboten oder zensiert werden. TeilnehmerInnen der Diskussionen argumentierten ihre sexistischen Textpassagen mit der Begründung, dass Rap eine Wiederspiegelung von gesellschaftlichen Problemen ist, welches zuerst geändert werden muss, bevor es in einer Subkultur ausgemerzt werden kann.

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Nicht jede/r teilte die Meinung, andere behaupten, dass bei einem reflektierten Konsum von kontroversen Bildern und Wörtern eine unbewusste Beeinflussung – vor allem bei den minderjährigen – stattfindet. Es gibt einige RapperInnen, wie Immortal Technique oder K.I.Z., die sich intensiv mit dieser Thematik beschäftigen, was sich in deren Texten deutlich erkennbar macht (vgl. Tillate 2015: o.S.).

5.2 Männerbild im Hip-Hop Wie bereits aus dem vorherigen Kapitel ersichtlich, ist der Männerteil im Hip-Hop erheblich größer als der Frauenanteil, denn sie sind nicht nur wie Frauen in zwei Elementen stark vertreten, sondern in allen vier. Auf die Frage, was den Gegenstand Hip-Hop ausmacht, antwortet die Rapperin Nina: „Es geht um dicke Eier, um Muskeln. Es geht um Gepose, um nackte Frauen. Es geht um Austesten von Grenzen, um männliches Balzgehabe“ (vgl. Loh/Güngör 2002: 273). Einen männlichen Hip-Hopper machen Gelassenheit, Lockerheit, ständige Prahlerei und Selbstüberschätzung grenzender Egomanie aus (vgl. Klein/Friedrich 2003: 39). Wichtig im Hip-Hop ist, dass sie Jemanden präsentieren, der aus dem Ghetto stammt, sich nichts Gefallen lässt und sich selbst zum Zentrum seines Wohnblocks kürt. Aus diesem Grund sind Männer, die Gefühle und Emotionen zeigen, in dieser Branche sehr selten bis kaum anzutreffen.

Die Eigenschaften eines männlichen Rappers sind unter anderem lässig und cool. Gabriele Klein und Malte Friedrich beschreiben den Terminus (2003: 43f.) cool wie folgt „Als cool gilt, wer sich nicht anstrengt, sich entspannt gibt, egal, was passiert, […] Coolness ist Blasiertheit als Stil. […] Cool sein meint, wie das Lebensgefühl HipHop überhaupt einen Gefühlszustand und eine Inszenierungspraxis.“ Demnach ist es relevant, dass ihm seine Relaxtheit auch geglaubt wird und eine als Inszenierung enttarnte Coolness kann als Beweis für die fehlende Authentizität der Rapper gelten. Aus diesem Grund ist es besser, das Bild des starken Mannes zu überpräsentieren, anstatt als Schwächling zu gelten (vgl. Bente 2014: 22). Das Statussymbol von Männern ist sehr wichtig, so sind teure Autos, wertvoller Schmuck oder Partys keine Seltenheit in den Musikvideos. Mit derartigen Dingen vermitteln Rapper die Nachricht, wohlhabend zu sein und eine Familie ernähren zu können, denn viele der Künstler stammen aus sozial schwachen Familien.Aus diesem Grund weisen viele immer wieder darauf hin, das

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Ghetto hinter sich gelassen zu haben. „Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär“ oder besser gesagt „Vom armen Gangmitglied zum reichen Rapper“. Vor allem sind es die Jungen, die ihren Vorbildern nacheifern, indem sie von materiellem Luxus und schöne Frauen träumen. Sie imitieren deren Lebensstil und verhalten sich gegenüber Frauen genauso wie es ihre Vorbilder tun würden. Der Hierarchie zufolge stehen jene ganz oben, die entweder aufgrund ihrer Stärke, Respekt durch Einschüchterung erlangen oder jene die ihren Sitz ganz oben durch materielle Dinge wie zum Beispiel Geld und Wertgegenstände erkaufen. Ist beides nicht möglich, so müssen sie sich auf eine andere Art und Weise den Respekt verdienen (vgl. Bente 2014: 22).

Viele Rapper halten sich für den Besten in der Hip-Hop-Szene, wie aus dem Lied von Massive Töne herauszulesen ist: „wir sind die Coolesten, wenn wir cruisen, wenn wir durch die City düsen/wir sind die coolsten, wenn die süßen Ladys uns mit Küsschen grüßen/wir sind die Coolsten, wenn wir cruisen, wenn wir durch die City düsen/wir sind die Coolsten, nie am losen, weil wir rulen, wenn wir cruisen.“ Als „cool“ meint hier schnelle und teure Autos fahren, Bekanntschaft hübscher Frauen machen, keine Verpflichtungen zu haben und nicht als Außenseiter also „Loser“ gelten (vgl. Bente 2014: 23).

In der Ausgabe des „Bravo HipHop Special“ wird Rapper „Fler“ und R’n’B Sänger „Muhabbet“ (die gemeinsam einen Song geschrieben haben) die erste Frage gestellt: „Wer von euch beiden kriegt eigentlich die meisten Frauen ab?“ Aus dieser Frage lässt sich herauskristallisieren, dass sich ein männlicher Rapper daraus zu definieren hat, wer bei den Frauen erfolgreicher ist und sich dadurch mit anderen Rappern in diesem Gebiet messen muss. Das hat bei den LeserInnen, vor allem bei den jungen Männern negative Folgen, denn die übernehmen deren Denkmuster und sehen Frauen als Gradmesser der Anerkennung innerhalb des Hip-Hops. Somit wird der daraus resultierende Sexismus seitens der Jugendlichen als positiv wahrgenommen und trägt zur Charakterbildung der Heranwachsenden bei (vgl. Bente 2014: 24). Die Frau fungiert als Statussymbol und wird von den Männern als Accessoire genutzt, welches als (Lust-)Objekt der männlichen Begierde dient. Dementsprechend werden Frauen nicht als Mensch mit eigener Meinung gesehen, sondern vielmehr als eine Art Gegenstand, das über keine eigene Meinung verfügt.

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In vielen Rapsongs wird die Frau als „bitch“ betitelt, was auf Deutsch so viel wie „Schlampe“ bedeutet. Der Song „Badd (Bitch)“ von der erfolgreichen amerikanischen Gruppe „Ying Yang Twins“ soll als Beispiel hierzu dienen.

„you want this money then you gotta be a badd bitch/shake that ass for the tip of you a badd bitch/drop it town to the floor if you a badd bitch/aw nah she ain’t no hoe she just a badd bitch […] I’m in the club, lookin’ for a badd bitch/in the parking lot lookin’ for a badd bitch/everywhere I go I’m tryin’ to find that badd bitch/you know me I gotta keep me a badd bitch […]” (vgl. Bent 2014: 24).

In diesem Kontext bedeutet Bitch nicht gleich Bitch, sondern hier wird das Wort für alles Weibliche genutzt. Alle Frauen, die er in seinem Song erwähnt sind für ihn durchtrieben, sexgierig und potenziell käuflich. Im gleichen Song sind folgende Worte des Rappers Webbie zu finden:

„[…] the girl be cookin‘ and cleanin’, cleanin’ and cookin’/she be constantly douchin’ and cleanin’ in her pussy/and when she step on the scene everybody be lookin’/and to get in them jeans everybody be wishin’/but she only want playas who’s far from rookie […] now that’s a bad bitch (bad bitch)/now that’s a bad bitch (bad bitch)/girl you a bad bitch (bad bitch)/girl you a bad bitch (bad bitch) […]”.

In diesem Textabschnitt besagt der Rapper, dass die genannten Frauen keine professionellen Tänzerinnen oder gar Prostituierte sind, die aber der Rapper als solche definiert. Webbie nimmt die Rolle des potenten Machos ein, der hier die Oberhand hat und die Frauen dazu bringt, das zu tun, was er sagt. Mit derartigen Textpassagen vermittelt der Rapper, dass das „schwächere Geschlecht“ dem Mann gehorchen muss (vgl. Bent 2014: 25).

5.3 SXTN Juju und Nura sind das zurzeit angesagteste weibliche Rapper Duo Deutschlands. Gemeinsam sind sie „SXTN“ ausgesprochen „Sixtn“ und mischen den männerdominierten Hip-Hop-Markt auf. Im Interview mit Bento sagt Nura, dass sie nicht rappen, um irgendein politisches Statement loszuwerden, sondern rappen sie einfach so, wie sie halt sind. Sie möchten sich nicht verstellen müssen, um erfolgreich zu sein, vielmehr beweisen sie mit ihren Songs und

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den dazugehörigen Musikvideos, dass sie trotzdem härter als Männer feiern. Das Duo spielt gerne mit der Sprache, wie der Auszug aus dem Lied „Die Ftzn sind wieder da“ zeigt: "Ich rieche bei Rappern den Angstschweiß, alle Hunde zieh'n wieder den Schwanz ein. Realtalk von 'nem Mannsweib, was ja doch 'n bisschen rappen kann anschein'nd". Mit diesen Zeilen zeigt Rapperin Juju, dass rappen nicht nur Männersache ist und das macht sich bezahlbar, im Oktober 2016 hatte ihre Facebook-Seite nur 23 Fans, mittlerweile sind es über 120.000. Auf Instagram haben sie neben dem gemeinsamen Account, getrennte Profile, die alle zusammen über 1,5 Mio. Follower ergeben (vgl. Röhlig 2017: o.S.). Sie spielen nicht nur mit der Sprache, sondern beweisen mit dem Song „Deine Mutter“, dass sie als Frauen ebenso Texte wie „Ich ficke deine Mutter ohne Schwanz“ schreiben können. Das Video zum Song handelt von einer Schaumparty mit nackten Frauen, die twerken – was in erster Linie üblich für Musikvideoclips von männlichen Rappern wäre. Ihre Texte beinhalten Passagen, in denen sie ihrem imaginierten Gegner möglichst einfallsreich sagen, warum er nichts kann. Obwohl sie wie Männer sexistisch sind und Mütter beleidigen, unterscheiden sie sich, weil sie dies mit stets guter Laune, Selbstverständlichkeit und großer Kompetenz tun (vgl. Baum 2016: 1).

Nicht wie ihre anderen weiblichen Kolleginnen, rappen sie darüber, dass sie rappende Frauen sind, sondern sie rappen einfach. Im Hip-Hop geht es in erster Linie nicht um Schönheit, doch die beiden Berliner Rapperinnen beweisen das Gegenteil. Sie sehen gut aus, haben gemachte Fingernägel und sind immer top gestylt. Sie können sich beide ungeschminkt zeigen, wie beispielsweise manche Fotos von Nura, die sie auf ihren Account hochlädt. Auf den Fotos ist zu erkennen, dass sie neu aufgewacht ist. Auf die Frage, ob sie es nerve, dass sie auf ihr Aussehen reduziert wird, sagt Rapperin Juju im Interview mit der FAZ, dass sie es viel mehr nerve, auf ihren Charakter reduziert zu werden.

Neben der guten Laune und den sexistischen Texten schreiben sie auch öfter über Befreiung und den Vorurteilen gegenüber Frauen. Sie wollen damit zeigen, dass Frauen auch „Dirty“ sein können, ohne sich das Frau-Sein wegnehmen zu müssen, weiters sagen sie in ihren Texten, was und wie sie es wollen. Wie etwa in ihrem Song „Hass-Frau“ (vgl. Baum 2016: 2). Im Interview sagt Juju: „Ach, wir sind eigentlich krasse Mädchen. Uns war das mit dem Feminismus nicht bewusst. Aber es wird uns irgendwie bewusst. Ich will eigentlich einfach

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arbeiten wie ein Mann, ohne dass es darum geht, dass ich eine Frau bin.“ Daraufhin ergänzt Nura: „Aber das ist doch der Punkt. Leute halten uns für eine Provokation, weil solche Inhalte jetzt mal von Frauen kommen.“ (Baum 2016: 3).

5.4 Eunique Eunique – eine Rapperin, die sich traut. Begonnen hat sie ihre Karriere als Rapperin im Oktober 2015 mit einem Freestyle-Rap, den sie auf YouTube hochgeladen hat. Sie wollte es nicht nur sich selbst beweisen, sondern auch ihrem Ex-Freund, der nie an sie geglaubt hat, deswegen handelt es sich in ihrem Freestyle-Rap um Hänger-Jungs, die nerven und um Frauen, die mehr Respekt verdienen sollen. Eunique, wollte immer schon eine Armee, bestehend aus Frauen gründen, die sich gegenseitig unterstützen, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Sie hat die Vision, dass irgendwann jede Dritte Frau bei ihrer Armee „Kobra Militär“ dabei ist und ihre Vorstellungen mit ihnen teilen kann, sodass eine Art Community, die sich gegenseitig unterstützt, entsteht. Die Armee steht für Unabhängigkeit (vgl. Baur 2016: o.S.).

Die Rapperin ist vielfältig und rappt auf Afro-, -, Trap- sowie Hip-Hop-Beats. Neben dem Rappen spielt sie Klavier und singt auch klassische Lieder. Von Anfang an hat sie klargestellt, dass sie keinen Gangsta-Rap macht, weil sie diesen Lifestyle nicht gelebt hat. Viel mehr widerspiegeln ihre Texte ihr persönliches Leben wieder. Ihr äußeres Erscheinungsbild ist ihr sehr wichtig, deswegen hatte sie schon öfter ihr eigenes Bühnenoutfit gezeichnet. Sie liebt enge und unterschiedliche Bekleidung, mit denen sie auffällt (vgl. Baur 2016: o.S.). Es kann nie schaden, als Künstlerin sportlich zu sein und genau das hat sie bewiesen, indem sie einen Halbmarathon in mitgelaufen ist. Sie ist das Werbegesicht eines amerikanischen Sportkonzerns und ist fast in der ganzen Welt auf Werbeplakaten zu sehen. Das heißt also, Eunique ist Rapperin und Sportmodel zugleich?! (vgl. Kedves 2018: o.S.).

Im Alter von sechs Jahren ist ihr Vater verstorben, ihre berufstätige Mutter hatte damals wenig Zeit für sie, woraufhin sie zwischenzeitlich bei einer Pflegefamilie groß werden musste. Als schwarzes Kind einer Ghanaerin und eines Mannes aus Trinidad in Deutschland aufzuwachsen ist alles andere als einfach. Aus diesem Grund teilt sie mit ihren Liedern mit, dass es wichtig ist durchzuhalten, stark zu sein, sich als Frau in der Männerwelt und vor allem als Schwarze in der Weißenwelt zu behaupten (vgl. Kedves 2018: o.S.). Sie setzt sich sensibel mit Gender- 51

Fragen auseinander, kämpft gegen veraltete Mindsets, sowie Geschlechter-Klischees und wirbt für ein kooperatives Verhältnis zwischen Männern und Frauen – das ganze nennt sie „Pussytionierung“ (vgl. Laut o.J.: o.S.). Im Interview mit I-D antwortet sie auf die Frage ob sie Feministin sei wie folgt „Das ist eine interessante Frage...Feministin klingt ein bisschen extrem, aber ich würde sagen, ich bin das Sprachrohr der Frauen. Ich würde auch sagen, dass mir im Allgemeinen die Jugendbewegung sehr wichtig ist und ich reflektiere die Probleme, mit denen junge Menschen umgehen müssen. Ich hoffe sehr, dass auch die Männer sich aus meinen Texten etwas rausziehen können und die Gedanken einer Frau verstehen. Mädchen liegen mir sehr am Herzen.“ (Chokoago zit. n. Eunique 2016: o.S.).

5.5 Schwesta Ewa Viele männliche Rapper betiteln sich selbst als Zuhälter, rappen über das Rotlichtmilieu oder sehen Besuche von Prostituierten als Selbstverständlich. Lange Zeit gibt es jedoch keine auffälligen weiblichen Rapperinnen, die gleiche Themenfelder behandeln und in ihren Liedern darüber erzählen (vgl. Bifulco/Reuter 2017: 70). 2011 hatte eine deutsche Rapperin, Ewa Müller oder besser bekannt als „Schwesta Ewa“, die eine ehemalige Prostituierte ist, ihren Durchbruch. Sie hat sich vom Rotlicht Milieu getrennt und den Weg als Rapperin eingeschlagen. Sie wurde 1984 in der polnischen Stadt Koszalin geboren und zog im Jahr 1987 mit ihrer Mutter nach Deutschland, wo sie im Alter von 16 Jahren als Kellnerin in einer Rotlichtbar gearbeitet hat. Nachdem sie Volljährig war, machte sie ihre ersten Erfahrungen als Sexarbeiterin, in verschiedenen Städten oder auch am Straßenstrich, wo sie nach eigenen Angaben zehn Jahre lang beschäftigt war. In Bonn hat sie den Rapper Xatar kennengelernt, woraufhin sich eine jahrelange Freundschaft entwickelt hat. Im Jahr 2011 war sie zum ersten Mal musikalisch aktiv und war zunächst Gast in den Songs „Beifall“ von Xatar und „Frauen“ von Celo und Abdi. Xatar ist Gründer des Labels „Alles oder Nix Records“ und machte Schwesta Ewa den Vorschlag, ihre künftigen Lieder unter seinem Label zu veröffentlichen, um so eine finanzielle Alternative zur Prostitution zu erhalten. Dadurch entstand ihr erstes Mixtape „Realität“ und ihr erster Videoclip zum Song „Schwätza“, welches nach nur einem Tag über 300.000 mal angeklickt wurde. Wegen der großen Aufmerksamkeit in der Musikszene, sowie dem Feuilleton wurde die Rapperin schnell sehr erfolgreich und musste nicht weiter als Prostituierte arbeiten (vgl. Bifulco/Reuter 2017: 70). Somit dringt sie sich in den Männerbund 52

des Gangster-Raps ein. Ist sie wegen ihrer „besonderen“ Vergangenheit und erfolgreichen Gegenwart ein feministisches Role-Model? So wird sie zumindest auf diversen Blogs und Panels in sozialen Medien, sowie kulturwissenschaftlichen Arbeiten dargestellt. Dadurch stellt sich die Frage, ob ihre Biografie eine neue Strömung des Feminismus darstellt, der in Prostitution keine Versklavung der Frauen sieht, sondern vielmehr eine Ermächtigungsstrategie marginalisierte Frauen, die selbstbewusst ihren Körper einsetzen? In ihren Liedern rappt sie darüber, wie sie ihren Körper verkauft hat, aber niemals ihren Stolz. Rapperkollegen, Zuhälter, sowie Freier legt sie somit aufs Kreuz, indem sie jeden klarmacht, dass sie als Frau keine leichte Beute ist. Somit durchbricht sie den „Hure oder Heilige“-Ruf und expandiert weibliche Rollenbilder, bleibt aber trotzdem auf ihren Körper und des männlichen Gaze verwiesen, der bedient gehöre, um als Frau weiterzukommen.

Ihre Texte unterscheiden sich von gewöhnlichen Raps, die normalerweise über materielle Dinge handeln. Vielmehr schreibt sie über Identitätspolitik und beschäftigt sich mit der Frage nach der Repräsentation der Frau. Obwohl sie selbst eine Frau ist und sie manchmal alle Frauen als „Schwestern“ bezeichnet, mit denen sie gemeinsam gegen männliche Rapper kämpfen möchte, sind in ihren Augen Frauen „Untergebene“, die selbst schuld sind, wenn sie sich nicht wie Schwesta Ewa durchboxen. Im Jahr 2016 wurde sie wegen Förderung sexueller Handlung eines 17-jährigen Fans vom Spezialkommando festgenommen. Sie erzählt in ihren Texten ihr Leben und auch hier nimmt sie Stellung zum Urteil „Sie konnten schon vor mir blasen ohne Hänge. Ich zwinge niemanden, nein ich handle nicht mit Menschen“ (vgl. Eimermacher 2018: o.S.). Wie bereits erwähnt, rappt sie über ihr Leben: Cracksucht, Rotlichtmilieu, Prostitution und zwar ohne sogenannter „Tatort-Romantik“. Szenen, die in Videoclips von ihren männlichen Rapperkollegen üblich sind, sind auch in ihren Videos zu sehen, wie beispielsweise Mädchen in Highheel-Stiefel als Entourage (vgl. Streidl 2017: o.S.). Kurze Röcke, Tangas und Brüste der Frau sind keine Seltenheit in ihren Musikclips. Dadurch kommt das altbewährte Bild der Frau als „Sexobjekt“ deutlich zum Vorschein.

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Die bewusste Entscheidung für eine derartige Inszenierung ist keine selbstbewusste Instrumentalisierung und Umkehr der Stereotypen, sondern vielmehr eine Bestätigung. Wie auch im Rotlichtmilieu stellt sie in ihren Videos ihren Körper zur Schau und setzt ihn als ihr Kapital ein. Dadurch bedient sie so die Fantasien ihrer männlichen Fans (vgl. Bayer 2015: o.S.).

5.6 Kitty Kat Katharina Löwel, besser bekannt als „Kitty Kat“ ist eine Berliner Rapperin, die zu Beginn ihrer Karriere ihr Gesicht drei Jahre lang vor der Öffentlichkeit versteckt hat, um nicht über ihre Optik definiert zu werden, sondern über ihr musikalisches Talent. Die Spekulationen über das Aussehen der geheimnisvollen „Katze“ sorgten für heftige Diskussionen im Internet, denn jeder wollte wissen, wer diese Kitty Kat ist. Mit der Veröffentlichung des Songs „Aggro Ansage Nr. 8“ erschien das erste Foto der Rapperin und es wurde über das Aussehen mindestens genauso viel diskutiert, wie über ihre Musik. Kitty Kat nahm Stellung dazu und sagte, dass sie Musikerin ist und kein Topmodel. Auf der sozialen Plattform „MySpace“ wurde sie damals sehr hochgepusht und ihr wurde somit klar, dass die Leute sie wegen ihrem musikalischen Talent akzeptieren. Das ewige Versteckspiel war nicht einfach für sie, denn sie wusste, dass sie irgendwann jemand aus dem Studio herausspazieren sehen oder ein extremer Fan sie enttarnen wollen würde. Sie hat sich von Partys ferngehalten, nicht wegen des Versteckspiels, sondern um härter und intensiver an ihrer Karriere und ihren Träumen als Rapperin arbeiten zu können (vgl. HipHop.de 2009: o.S.).

Mit rund 50 Aufnahmen und Kollaborationen gelang ihr 2006 der Durchbruch. Durch den Produzenten Paul NZA lernte sie das damalige Label „“ kennen und konnte ihr Talent unter Beweis stellen. Was sie von anderen Rapperinnen unterschied: Sie zeigte ihr Gesicht nicht, somit konnten KonsumentInnen die rappende Katze erstmals nur hören. Ihr Ziel ist es immer schon gewesen, dem plakativen, stereotypen Bitch-Frauenbild im deutschen Hip- Hop, entgegenzuwirken (vgl. Laut.de o.J.a: o.S.). Um sich ihre musikalische Karriere finanzieren zu können, arbeitete sie in einer Werbeagentur (vgl. Vip.de 2015: o.S.). Jedoch war es nie ihr Ziel, auf Lebenszeit einen langweiligen Bürojob auszuüben und dachte sich eines Tages, dass sie ihr Geld mit rappen verdienen könnte. Frauentechnisch gab es zu dieser Zeit im deutschen Hip-Hop außer Sabrina Setlur niemanden. Kitty Kat erkannte die Marktlücke und

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wollte sie somit gleich füllen. Ihr war es immer schon wichtig, dass Frauen die gleichen Rechte wie Männer haben, denn es gibt eine männliche und eine weibliche Stimme und beide haben das Recht gehört zu werden (vgl. HipHop.de 2009: o.S.).

5.7 Lady Bitch Ray Lady Bitch Ray? Wohl eher Dr. Bitch Ray! Denn die Rapperin hat über „Die Bedeutung des muslimischen Kopftuchs in Deutschland“ promoviert. Jedoch ist sie im Rapbusiness das komplette Gegenteil, sie hat weder Kopftuch noch hochgeschlossene Rollkragenpullover. Sie geht als weibliche Version von Porno-Rapper Frauenarzt und Orgi69 durch (vgl. Polat 2018: o.S.) und ist somit die Antwort auf deutschen Pornorap. Eigenen Aussagen nach, möchte sie den Spieß im Hip-Hop umdrehen und verwendet die männliche Dominanz und sexuelle Macht eigen und nennt es „vaginale Selbstbestimmung“. Hier stellt sich die Frage, ob sie den, in ihrem Künstlernamen vorkommenden Begriff „Bitch“ auch im gleichen Kontext wie ihre weiblichen amerikanischen Kolleginnen verwendet, denn ihr Handeln und ihre Präsenz ähneln ihren Kolleginnen aus den vereinigten Staaten und bringen somit KritikerInnen ins Grübeln. In ihren Musikvideos trifft sie die Erwartungen der Männerwelt und präsentiert sich als sexuell attraktive Frau. Bezüglich ihren Musikvideos lässt sich sagen, dass sich diese kaum von den männlichen Rappern unterscheidet, denn in beiden Versionen kommen attraktive Frauen vor (vgl. Güler Saied 2012: 77). Die Künstlerin beschäftigt sich neben dem Rap intensiv mit Themen über Rassismus und Islamophobie. Mit ihren Texten bricht sie nicht nur ihre persönlichen Grenzen, sondern auch die der Gesellschaft. „Deutsche Schwänze kann man alle knicken – Ich bin geil, aber Deutschland kann nicht ficken“. Ist eine Strophe in ihrem Song „Deutsche Schwänze“ (vgl. Polat 2018: o.S.). Jedoch hat die Rapperin mit scharfer Kritik umzugehen, denn viele sind der Meinung, dass sie keine ernst zu nehmende Rapperin sei und sie versuche, ihren kommerziellen Erfolg mittels Sexismus zu rechtfertigen. In ihren Texten geht sie offen mit der Sexualität um, weswegen sie nicht ernst genommen wird. Im Hip-Hop ist es seitens der Männer, gang und gebe darüber zu rappen, dass sie viele unterschiedliche Partnerinnen haben. Im Gegensatz zu weiblichen Rapperinnen, die dieses Thema eher kritisch behandeln. Weiters hinterfragt die Künstlerin Lady Bitch Ray gesellschaftlich verankerte Geschlechterrollen und setzt sich gegen ein repressives Frauenbild ein (vgl. Niels 2018: o.S.).

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6 Objektifizierung

„The common thread running through all forms of sexual objectification is the experience of being treated as a body (or collection of body parts) valued predominantly for its use to (or consumption by) others.“ (Fredrickson/Roberts 1997: 174)

Wie bereits in der Einleitung kurz erwähnt, dient die Objectification Theory nach Fredrickson und Roberts (1997) als theoretische Grundlage dieser Arbeit. Diese Theorie wurde deswegen gewählt, da die vorliegende Masterarbeit die Selbstpräsentation deutscher Rapperinnen in Hip-Hop-Musikvideos untersucht. Unter Objektifizierung wird die Behandlung von Menschen durch andere Menschen als Objekt, verstanden. Dies führt zur Beeinträchtigung, sowie Schädigung der objektifizierten Person. Weiters behandelt die Theorie negative Auswirkungen, die entstehen können, wenn Personen als Objekte betrachtet werden, das heißt, dass Frauen auf das Erscheinungsbild reduziert werden (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 173ff.). Frauen werden auf ihren Körper reduziert und werden als „Objekt“ dargestellt. Die Theorie beschäftigt sich mit der objektifizierten medialen Darlegung (vgl. Aubrey/Frisby 2011: 479). Ein Problem einer derartigen Objektifizierung ist, dass Frauen nach, von außen definierten Standards streben und wollen diese auf ihr eigenes Äußeres übertragen. Derartige Standards sind überwiegend sehr schlanke, große, hellhäutige und junge Frauen. Den Autoren Fredrickson und Roberts nach entspricht eine von etwa 40.000 Frauen diesem Idealbild. Somit lässt sich festlegen, dass ein derartiges Idealbild fast unmöglich zu erreichen ist (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 174ff.). Formen der sexuellen Objektifizierung, sowie Entmenschlichung des weiblichen Geschlechts findet in visuellen Medien (in diesem Fall deutsche Hip-Hop-Musikvideos) statt (vgl. Miner-Rubio/Twenge/Fredrickson 2002: 148). Sexuelle Inhalte in Hip-Hop-Musikvideos können nur schwer vermieden werden, da diese zur Normalität wurden. Aus diesem Grund wird es solche Inhalte auch in Zukunft geben, wovon Frauen und Mädchen immer wieder beeinflusst werden (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 176).

Der Grundgedanke dieser Theorie ist, die sexuelle Objektifizierung von Frauen, wodurch deren Würde beeinträchtigt wird. Der weibliche Körper wird als Objekt bzw. Gegenstand gesehen, welches zur Befriedigung der männlichen Bedürfnisse dient. An dieser Stelle ist festzulegen, dass der weibliche Körper in einen soziokulturellen Fokus gesetzt wird. Das Ziel der Theorie

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ist, psychologische Konsequenzen bzw. Risiken herauszufinden, die Frauen bzw. Mädchen durch sexueller Objektifizierung tragen (vgl. Miner-Rubio 2002: 149). Werden Frauen auf ihren Körper reduziert und der Körper so dargestellt, als würde er nur zum Gebrauch oder Vergnügen Dritter dienen, so ist die Rede von einer sexuellen Objektifizierung (vgl. Fredrickson/Roberts 1997/174).

"A person is sexually objectified when her sexual parts or sexual functions are separated out from the rest of her personality and reduced to the status of mere instruments“ (Bartky 1990: 26)

Objektifizierung kann die betroffene Person beeinträchtigen oder gar schaden. Nussbaum spricht von Objektifizierung, wenn mindestens eine der folgenden Kriterien erfüllt wird: Instrumentalisierung, Verleugnung von Autonomie, Verletzbarkeit, Verleugnung von Selbstbestimmung, Irrelevanz von Gefühlen und Bedürfnissen sowie die Reduktion auf den Körper, Körperteile oder das Aussehen (Nussbaum 1995: 249f.). Bei der Objektifizierung wird die Frau als Objekt behandelt und ihr Charakter ignoriert, somit erfolgt eine Gleichsetzung des Charakters mit ihrem Körper (vgl. Bartky 1990: 26). Bereits durchgeführte Untersuchungen zeigen, dass objektifizierte Frauen als weniger menschlich empfunden werden, dadurch findet eine Entmenschlichung der Frau statt (vgl. Heflick/Goldenberg/Cooper/Puvia 2011: 580). Sexuelle Objektifizierung können Kommentare, Gesten, Pfeifen oder Blicke sein (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 175ff.).

Die Theorie nach Fredrickson und Roberts unterscheidet zwischen zwei Arten der Objektifizierung: Selbst-Objektifizierung und Objektifizierende Blicke.

6.1 Selbst-Objektifizierung Wie bereits oben erwähnt bedeutet Objektifizierung, die Betrachtung und Reduzierung der Frau auf ihren Körper und die daraus resultierende Sozialisierung. Selbst-Objektifizierung meint in diesem Sinn, dass Frauen beginnen, derartige Reduzierungen auf deren eigenen Körper zu übertragen und Schönheitsidealen zu folgen. Sie beginnen sich nicht mehr als Person zu sehen, sondern viel mehr als Objekt, welches die Aufgabe hat, von außenstehenden Personen bewertet und betrachtet zu werden (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 177). Sie wollen dem von außen definiertem Schönheitsideal gerecht werden. Solche Objektifizierungen 57

können fatale Folgen haben und zwar kann es so weit gehen, dass Frauen wichtige Faktoren im Leben, wie Gesundheit und Leistungsfähigkeit vergessen bzw. als irrelevant empfinden und sich viel mehr auf die Attraktivität des eigenen Körpers fokussieren (vgl. Miner-Rubino 2002: 150f.). Weiters können Frauen dadurch ein größeres Schamgefühl gegenüber ihrem eigenen Körper beschreiben (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 173ff.). Sie betrachten ihren Körper kritisch und vergleichen sich stets mit dem vorgegebenen Ideal. Jedoch ist das Ideal sehr schwierig zu erreichen, deswegen schämen sich Frauen für ihren Körper und sind enttäuscht darüber. Dadurch erfolgt eine eigene Entmenschlichung, da die äußere Erscheinung dem körperlichen Wohlbefinden und der gesundheitliche Zustand in den Hintergrund treten (vgl. Aubrey/Henson/Hopper/Siobhan 2009: 272).

Die beiden Begriffe appearance anxiety und safety anxiety sind in diesem Kontext von hoher Relevanz. Unter appearance anxiety ist die Rede, wenn ein derartiges Schamgefühl bereits im Kindesalter angefangen hat. Dies hat die Folge, dass negative soziale Erfahrungen, wie beispielsweise negative Äußerungen bezüglich dem Aussehen Personen beeinträchtigen. Unter safety anxiety wird die allgemeine Angst verstanden, Opfer sexueller Übergriffe zu werden. Laut Fredrickson und Roberts ist die weibliche Aufmerksamkeit ein wichtiger Faktor des Alltags der Frauen. Sie investieren sehr viel Zeit darin und vergessen dabei auf wichtigere Dinge und Tätigkeiten.

Wie bereits oben erwähnt, können wichtige Dinge wie Gesundheit dadurch geschädigt werden, denn die negativen Effekte einer derartigen Objektifizierung können beispielsweise zu Essstörung, wie Magersucht oder Bulimie führen (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 173ff.).

Es gibt unterschiedliche Medien der Selbst-Objektifizierung, wie zum Beispiel das „Selfie“. Das Selfie wird in sozialen Netzwerken mit den Freunden geteilt, dadurch machen sich Frauen selbst zum Objekt, indem sie durch andere, manchmal sogar fremde Personen, bewertet werden. Jedoch sind es nicht immer positive Rückmeldungen, die das Selbstwertgefühl steigen lassen, sondern auch negativen Kommentare, die meist verletzend wirken können. Vor allem kommentieren viele NutzerInnen anonym, um unangenehme Kommentare hinterlassen zu können. Für jüngere NutzerInnen ist dies besonders schwer, da es ihnen nicht leichtfällt, mit derartigen Kommentaren umzugehen und auch dies kann wieder zur Folge führen, dass

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psychische Störungen in Form von Essstörungen auftreten (vgl. Autenrieth 2014: 52). Studien zufolge sind Frauen von Selbst-Objektifizierung häufiger betroffen, als Männer, denn der weibliche Körper steht, vor allem in der westlichen Gesellschaft öfter im Vordergrund, als die der Männer. Derartige Selbst-Objektifizierungen finden überwiegend über Medien statt, wie beispielsweise in Werbungen oder Filmen. Hier werden bei Männern überwiegend das Gesicht und bei Frauen der Körper gezeigt (vgl. Archer/Irtani/Kimes/Barrios 1983: 725ff.).

6.2 Objektifizierende Blicke Neben der Selbst-Objektifizierung, die Frauen selbst ausüben, gibt es Objektifizierende Blicke, die von außen durch Dritte stattfinden. Diese Art von Objektifizierung ist die häufigste Form. Der bekannte und reichlich diskutierte Begriff „Gaze“, der aus dem englischen stammt und so viel wie „Blick“ bzw. „starrer Blick“ bedeutet, ist ein zentraler Faktor.

Die beiden Autoren Fredrickson und Roberts unterscheiden zwischen drei Arten des „Gaze“.

1) Gaze kommt bereits bei zwischenmenschlichen Begegnungen Zustande. Vor allem an öffentlichen Plätzen ist dies kaum zu vermeiden, denn hier richten Männer ihre Blicke umgehend auf Frauen, ohne dass diese erwidert werden (vgl. Cary 1978: 1191). Derartige Blicke führen oftmals zu Belästigungen seitens der Männer - diese Blicke werden meist durch sexuell bewertende Kommentare ergänzt (vgl. Gardner 1980: 349).

2) Die gewöhnlichen zwischenmenschlichen Begegnungen werden durch visuelle Medien ergänzt. So wird beispielsweise sexuelle Objektifizierung in Form von Videos oder Fotos dargestellt. Derartige Objektifizierungen sind beispielsweise in Werbungen auffindbar, in denen Männer Frauen mit einem direkten, überwachenden Blick beobachten – Frauen hingegen sind in Gedanken vertieft und schauen nicht den Männern nach, sondern in die Ferne (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 176).

3) Die dritte Form der Objektifizierung ist eine Mischung aus den ersten beiden genannten Punkten. Hier werden visuelle Medien eingesetzt, die den Fokus auf den weiblichen Körper legen, dadurch entsteht ein sogenannter „sexualisierter Gaze“ (vgl. Mulvey 1975: 11). Nicht nur in audiovisuellen Medien ist dies auffindbar, solche

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Vorfälle kommen auch in Printmedien vor. Beispielsweise wird der Fokus bei den Männern auf Kopf und Gesicht gelegt, bei Frauen wiederum auf den Körper. Derartige Fokussierungen und Präsentierungen der Geschlechter sind keine Seltenheit (vgl. Fredrickson/Roberts 1997: 176).

6.3 Medien und (Selbst-)Objektifizierung Wie bereits aus dem vorherigen Kapitel und vielen Studien ersichtlich, lässt sich sagen, dass Frauen in den unterschiedlichsten Medien objektifizierender dargestellt werden, als Männer. Der Grund hierfür ist, dass Frauen oftmals als Unterhaltung von Männern medialisiert als Sexobjekt dargestellt werden. Somit vermitteln Medien jene Tatsache, dass die Beurteilung von Frauen als Gesamtbild von der Bewertung des eigenen Körpers, durch andere abhängig ist (vgl. Grimm 2014: 11). Weitere Ergebnisse von Studien zeigen, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Konsum von Serien, wie ’s next Topmodel und Körperunzufriedenheit von jungen Frauen besteht. Auch hier konnten die Studien wieder herausfinden, dass dadurch psychische Störungen, wie Essstörungen etc. entstehen. Weitere Untersuchungen haben herausgefunden, dass eine geringe Körperzufriedenheit von Mädchen mit geringen Selbstbewusstseinswerten zusammenhängt. Somit kann gesagt werden, dass ein erhöhter Medienkonsum die Körperunzufriedenheit der Mädchen steigen lässt (vgl. Grimm 2014: 11ff.).

7 Forschungsstand

Der Großteil der durchgeführten Studien hat herausgefunden, dass der Hauptfokus von Musikvideos auf, das Sexappeal von Frauen liegt (vgl. Aubrey/Frisby 2011: 494). Im Folgenden sollen nun bereits durchgeführte Studien vorgestellt werden, die sich mit dieser Problematik beschäftigt haben.

Vandenbosch Laura, Vervloessem Dorien und Eggermont Steven haben 2013 eine Studie über die sexualisierte Darstellung des weiblichen Körpers im belgischen Musikfernsehen durchgeführt. Hierfür haben sie 9.369 Szenen von 1.393 Musikvideos aus 180 verschiedenen Fernsehsender analysiert. Die Studie „I Might Get Your Heart Racing in My Skin-Tight Jeans: Sexualization on Music Entertainment Television”, erstreckte sich von Februar bis März 2010.

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Unter den untersuchten Gegenständen fallen Konzerte, Reality Shows, Musikvideos etc. 39,3 Prozent der untersuchten Szenen weisen sexualisierende Elemente auf und 25,7 Prozent davon beziehen sich auf das weibliche Geschlecht.

Die analysierten Musikvideos waren aus den Genres Pop, R’n’B, Hip-Hop und Country. Die hierfür verwendeten Videos wurden aus den „Hot 100 Billboard Charts“ von März 2007 und September 2008 ausgewählt. Zentrale Ergebnisse der Studie zeigen, dass Frauen in Videos von männlichen Künstlern öfter als dekoratives Objekt dargestellt werden als in Videos von weiblichen Künstlerinnen. Weiters wurde herausgefunden, dass weibliche Interpretinnen öfter in provokativer Kleidung dargestellt werden als männliche Interpreten. Vor allem in Hip- Hop-Musikvideos wurde festgestellt, dass Frauen öfter als Opfer dargestellt und überwiegend in die Rolle eines dekorativen Objekts schlüpfen. Somit lässt sich sagen, dass Interpretinnen sexuell objektifiziert dargestellt werden (vgl. Aubrey/Frisby 2011: 498).

Die beiden Autorinnen Jennifer Stevens Aubrey und Cynthia M. Frisby haben 2012 eine weitere Studie durchgeführt. Die Untersuchung behandelt die sexuelle Objektifizierung von Interpretinnen in Musikvideos. Um dies herauszufinden, wurden 166 Musikvideos aus den unterschiedlichen Genres Pop, Country, Hip-Hop und R’n’B untersucht. Auch hier wurden die Videos wieder aus den „Hot 100 Billboard“ Charts gewählt. Die Langzeitstudie erstreckte sich vom Zeitraum 1. Juli 2006 bis 3. Juli 2010.

Die Forscherinnen haben herausgefunden, dass Interpretinnen Opfer von sexuell objektifizierenden Blicken waren (vgl. Frisby/Aubrey 2012: 77) und in sexuell aufreizende Kleidung gesteckt wurden (vgl. ebd. 79). Weiters enthielten fast alle Videos mindestens einen Indikator von sexueller Objektifizierung (vgl. ebd. 81).

Im Jahr 2012 haben Nummenmaa und KollegInnen eine Studie durchgeführt, die das Blickverhalten männlicher Studenten auf Bilder mit verschiedenen Nacktheitsgraden, untersuchen. Neben dem Blickverhalten mussten die untersuchten Personen die jeweiligen Bilder auch bewerten. Ihnen wurden 120 Fotos von bekleideten, sowie nackten Männern und Frauen gezeigt. Es wurde darauf geachtet, dass die Personen auf den Fotos normalgewichtig und attraktiv sind. Die Ergebnisse zeigen, dass Bilder von nackten Personen gründlicher betrachtet wurden und die untersuchenden Personen die Blicke auf derartige Bilder fokussiert 61

haben. Weiters wurde der Blick bei bekleideten Personen vielmehr auf den Kopfbereich gelegt und bei nackten Personen ging der Blick auf den Brust- und Beckenbereich. Die Bewertung der Bilder ist ebenfalls Teil des Untersuchungsgegenstand. Die Ergebnisse sind hier, dass Bilder von Frauen als angenehmer, als die der Männer empfunden wurden. Weiters wurden nackte Models besser bewertet, als angezogene. Geschlechterunterschiede waren beim Blickverhalten nicht vorhanden, jedoch bei der Bewertung, denn die weiblichen Fotos haben die Männer als erregender empfunden (vgl. Nummenmaa/Hietanen/Santtila/Hyönä 2012: 1439ff.).

Eine weitere Studie wurde 2011 von Dixson, Grimshaw, Linklater und Dixson A. durchgeführt. Im Mittelpunkt der Studie lag der weibliche Körper. Die untersuchenden Personen waren auch hier wieder Männer. Hier wurden bei den Fotos, Verhältnis von Taillenumfang zu Hüftumfang und Brustgröße von Frauen bearbeitet und den Männern präsentiert. Mittels dem „Eye- Tracking-Verfahrens“ wurde das Blickverhalten untersucht. Das Eye-Tracking-Verfahren ist ein apparatives, rezeptionsbegleitendes Verfahren, welches Blickrichtung, sowie Blickverhalten von Personen ermittelt. Hier wird infrarotnahes Licht ausgesendet, welches direkt von den Augen der TeilnehmerInnen reflektiert. Mittels spezieller Filter, sowie Berechnungen ist der Eye-Tracker in der Lage, genau sagen zu können, wo die Person ihre Blicke hinrichtet (vgl. Blake 2013: 370). In der Studie wurden den Männern je drei Bilder mit unterschiedlichen Brustgrößen gezeigt, die sie bewerten mussten. Im Laufe der Untersuchung wurde festgestellt, dass die Teilnehmer den Blick zuerst auf die Brust der Frau gerichtet haben. Bei Fotos mit größeren Brüsten, wurden häufiger die Brüste, als der Körper betrachtet (vgl. Dixson/Grimshaw/Linklater/Dixson 2011: 43ff.).

Erich Küchenhoff hat 1975 eine Studie durchgeführt, welche die Darstellung der Frau und die Behandlung von Frauenfragen im Fernsehen untersucht. Sein generelles Fazit zur Studie „Männer handeln, Frauen kommen (auch) vor“, sowie „Als Fazit kann festgehalten werden, daß in allen Untersuchungsbereichen eine Benachteiligung der Frau aufzufinden ist.“ (Küchenhoff 1975: 250). Medien haben einen sehr großen Einfluss auf die soziale Struktur der Gesellschaft, sie haben die Macht mit bestimmten Berichterstattungen, Sachverhalte als gesellschaftliche Probleme darzustellen. Sie haben Einfluss auf die Meinungsbildung der

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Gesellschaft und können Images von Personen, sowie sozialen Rollen kreieren. Aus diesem Grund wurde diese Studie durchgeführt (vgl. Becker/Becker 1999: 2). Die durchgeführte Studie fragte nach den ARD und ZDF vermittelten Frauenleitbildern, sowie die Behandlung von Frauenfragen, die für Frauen von besonderer Bedeutung sind (vgl. Küchenhoff 1975: 39). Küchenhoff und seine Forschungsgruppe haben herausgefunden, dass eine eindeutige Unterrepräsentation von Frauen herrscht. Die Ergebnisse wurden in sieben Punkten zusammengefasst:

1. „Frauen sind im deutschen Fernsehen erheblich unterrepräsentiert“ 2. „Die Mittelschichtorientierung in der Darstellung der Frauen steht im Gegensatz zur gesellschaftlichen Realität“ Im Jahr 1975 gehörten zur Mittelschicht 79% der Haupt- oder bedeutenden Nebenfiguren der dargestellten berufstätigen Frauen in den Sendungen. Erich Küchenhoff hat herausgefunden, dass keine Frau im Fernsehen einen künstlerischen Beruf ausgeübt hat. Jede fünfte Fernsehfrau arbeitete als Polizistin, Detektivin oder Prostituierte. 3. „Neben dem traditionellen Leitbild der Hausfrau und Mutter steht das Leitbild der jungen, schönen und unabhängigen Frau“ Ein sehr überraschendes Ergebnis ist, dass die Frau als Hausfrau bzw. Mutter im Fernsehen hinter dem Leitbild der attraktiven, unabhängigen Frau steht (vgl. Küchenhoff 1975: 62). Überwiegend waren Frauen im Fernsehen unter 30 Jahre alt, sexuell attraktiv und nicht verheiratet. Somit entstand ein „modernisiertes“ Bild der Frau, selbstbewusst und unabhängig. Derartige Eigenschaften wurden in der Regel nur Frauen zugeschrieben, die dem Schönheitsideal entsprachen, verführerisch und „noch ungebunden“ waren (vgl. Küchenhoff 1975: 244-245). Neben der Tatsache, dass Frauen im Fernsehen überwiegend schön sind, hat er auch herausgefunden, dass sie schlank sind. Zwischen 75% und 96% der untersuchten Frauenfiguren in vier Programmbereichen sind schlank, Männer hingegen haben eine „durchschnittliche“ Figur (vgl. Küchenhoff 1975: 58). 4. „Charakteristisch ist die mangelnde Thematisierung der Berufstätigkeit und die Nichtbehandlung von Problemen der Frauenarbeit und der Doppelbelastung. 63

Berufstätigkeit von Frauen in Sendungen mit Spielhandlung dient im Wesentlichen der Zuweisung des sozialen Status und der Legitimierung des Lebensstandards.“ Frauen werden häufiger an ihrem Arbeitsplatz und ihren beruflichen Tätigkeiten gezeigt. Bei 20% der untersuchten berufstätigen Frauen fanden ihre Arbeit keinerlei Beachtung im Fernsehen (vgl. Küchenhoff 1975: 89). 5. Die Fernsehfrau ist unpolitisch. Sie zeigt sich wenig informiert und wird daher auch nicht politisch oder gesellschaftskritisch aktiv. 6. Die Behandlung von Frauenfragen, d.h. die kritische Auseinandersetzung mit den besonderen Situationen der Frau, wird in den Programmen des bundesdeutschen Fernsehens vernachlässigt. 7. „Auch die medieninterne Rollenverteilung in den Fernsehanstalten weist eine deutliche Benachteiligung der Frau auf“ (Küchenhoff 1975: 241ff.) Insbesondere gilt im Quiz- und Showbereich „Männer-Macht“ und „Frauen-Charme“ Bezüglich der Stereotypenforschung lässt sich hier anmerken, dass insbesondere das Ergebnis Nummer drei bezüglich der Leitbilder relevant ist. Gesellschaftspolitische Umbrüche, wie im Jahr 1968 fragen nach dem Wandel der Familien- und Geschlechterbilder im Fernsehen (vgl. Thiele 2015: 244).

Judith Beile führte 1993 eine Studie durch, in der sie Familienserien untersucht, die im Zeitraum von 1954 bis 1976 im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurden. Die Untersuchungskriterien waren Rollenverteilung, Sonderstellung des Vaters, Frauenleitbild, Männerleitbild, Erziehungsleitbilder, sowie Sexualität. Sie hat herausgefunden, dass in allen untersuchten Serien der Vater das umstrittene Familienoberhaupt darstellt. Weiters sind alle Väter alleinige Ernährer beziehungsweise Hauptverdiener und haben die Finanzhoheit (vgl. Beile 1993: 333). Die Frau nimmt auch hier wieder die Mutterrolle ein. Jede Frau kümmert sich in den Serien um den Haushalt und die Küche, jedoch ist eine Entwicklung der Berufe deutlich erkennbar (vgl. Beile 1993: 334). Politisches Interesse ist Männersache und Frauen verstehen nichts von Politik, denn das wird von ihnen nicht erwartet. Bezüglich der Aussagen der Männer und Frauen ist das Äußere viel wichtiger (vgl. Beile 1993: 335).

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Das Ergebnis der Kategorie „Sexualität“ besagt, dass dies überwiegend in der Ehe vorkommt. In allen Serien geht die Sexualität vom Mann aus – was sich bislang noch immer nicht geändert hat (vgl. Beile 1993: 346).

8 Zwischenfazit

Die vorgestellten Studien behandeln zwar die sexualisierte Darstellung der Frauen, jedoch stellen sie einen Vergleich zwischen Mann und Frau dar. Wie aus den Ergebnissen herauszulesen ist, werden Frauen sexualisierter, als Männer dargestellt. Die durchgeführten Studien untersuchten Musikvideos aus verschiedenen Genres. Jedoch stützt sich die vorliegende Arbeit nicht auf den Vergleich, sondern vielmehr auf die einseitige Darstellung deutscher Hip-Hop-Künstlerinnen in ihren Musikvideos. Ebenso sollen nicht alle Genres untersucht werden, sondern nur die Musikrichtung Hip-Hop. Ein weiteres Kriterium dieser Arbeit ist es, sich nicht wie die anderen vorgestellten Studien, auf männliche und weibliche InterpretInnen festzulegen. Der Fokus liegt hier auf die Darstellung der weiblichen Interpretinnen als Hauptrolle in deutschen Hip-Hop-Musikvideo. Da sich bis jetzt keine Studie gefunden hat, die genau diese Kriterien erfüllt, soll diese Arbeit die Forschungslücke decken. Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht betrachtet hat diese Arbeit einen hohen Stellenwert in der geschlechterspezifischen Stereotypenforschung. Die mediale Darstellung der Frau ist ein wichtiger Bestandteil der Gender Studies. Für die Gesellschaft ist diese Arbeit deswegen relevant, da Frauen, durch die sogenannten Objektifizierungen auf ihren Körper beschränkt werden und sich selbst nur mehr als Objekt sehen. Ebenso gibt es Frauen, die es auf eine bewusste Objektifizierung anlegen, um von der Gesellschaft als Objekt abgestempelt zu werden. Weiters können derartige Objektifizierungen zu gesundheitlichen Problemen führen, da vor allem in Musikvideos ein „perfekter“ Körper gezeigt wird. Oftmals sind es die jungen Mädchen, die sich diesen Idealkörper zum Ziel setzen.

Mögliche Ergebnisse können sein, dass sich Frauen bewusst sexualisiert darstellen, um mehr Aufmerksamkeit und eine größere Reichweite erzielen zu können. Es kann aber auch sein, dass sich Frauen bewusst nicht sexualisiert darstellen, damit sie „anders als andere Künstlerinnen“ wirken. Ein weiteres Ergebnis könnte auch sein, dass sich Frauen bewusst wie Männer darstellen, um zu beweisen, dass für den Erfolg keine Sexualisierung stattfinden muss. 65

9 Methodisches Vorgehen

Um die Forschungsfrage Wie präsentieren sich deutsche Rapperinnen in ihren Musikvideos, wenn sie als Hauptfigur fungieren? zu beantworten, soll mit einer qualitativen Inhaltsanalyse gearbeitet werden. Hier werden fünf unterschiedliche Musikvideos, deutscher Rapperinnen untersucht. Um die Clips sinngemäß untersuchen zu können, wurde ein Kategoriensystem erstellt. Dies soll als Leitfaden fungieren und als Hilfe für den Untersuchungsgegenstand dienen. Weiters sollte ein ExpertInneninterview durchgeführt werden, um die Forschung aus der Sicht der KünstlerInnen betrachten zu können, jedoch wurde dies Seitens dem Management abgelehnt. Das nachtstehende Kapitel sollen Forschungsdesign, sowie Methode näher beschreiben.

9.1 Forschungsdesign Hier soll die sexualisierte Darstellung von Frauen in deutschen Hip-Hop-Musikvideos untersucht werden. Wie bereits oben erwähnt, erfolgt dies mittels einer quantitativen und qualitativen Inhaltsanalyse, um Intentionen, Hintergründe, sowie Zusammenhänge der Darstellungen zu untersuchen. Es sollen fünf Musikvideos von den fünf erfolgreichsten deutschen Rapperinnen analysiert werden, denn sie liegen im Fokus dieser Forschung und bilden in ihren Musikvideos die Hauptcharaktere. Die ausgewählten Künstlerinnen weisen alle einen unterschiedlichen Charakter auf. Wie in der Einleitung schon erwähnt, ist die Rapperin Eunique, die Kämpferin gegen die Unterdrückung der Frauen, Schwesta Ewa, die Ex- Prostituierte, die von ihrem Leben erzählt, Kitty Kat, die erstmals unerkannt blieb, um ihren Erfolg nicht dem äußeren Erscheinungsbild zu verdanken, Lady Bitch Ray, die Rapperin mit dem Doktortitel, die gerne mit ihren Outfits und perversen Texten provoziert und das Rapper Duo SXTN, die mit ihren Texten und Videos beweisen, dass sie genauso feiern und rappen können wie Männer.

Nicht nur die Charaktere, auch beim Rezipieren der Musikvideos fällt auf, dass sich die Inhalte und die Selbstpräsentation untereinander unterscheiden. Die Auswahl der Musikvideos bestimmt in erster Linie die Aktualität, denn die Clips sollen nicht älter als vier Jahre sein.

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Ein weiteres Kriterium ist die Anzahl der Klicks. Es sollen nur die meistgeklickten untersucht werden. Somit werden jene Videos gewählt, die innerhalb der vier Jahre die meisten Klicks erreicht haben.

Aus diesem Grund wurden folgende Videos ausgewählt.

1. SXTN – Von Party zu Party (über 22. Mio. Aufrufe, veröffentlicht am 01. Juni 2017) 2. Eunique – Giftig/Genau so (über 3 Mio. Aufrufe, veröffentlicht am 18. Dezember 2017) 3. Schwesta Ewa – Escortflow (über 4 Mio. Aufrufe, veröffentlicht 07. Dezember 2014) 4. Kitty Kat – Sugamami (über 1 Mio. Aufrufe, veröffentlicht 15. Juni 2018) 5. Lady Bitch Ray – Cleopatra (über 36 Tsd. Aufrufe, veröffentlicht 04. Mai 2018) Anzumerken ist, dass Kitty Kat‘ Videos auf YouTube veröffentlicht hat, die mittlerweile viel mehr Klicks haben, die aber älter als vier Jahre sind, somit wurde das meistgeklickte und jüngste Video der Künstlerin für die Durchführung der Forschung ausgewählt. Weiters sollen bei Liedern, die einen Featuregast haben, diese mit ein bezogen werden, um so eventuelle Unterschiede zwischen Haupt- und Nebencharaktere oder Geschlechter feststellen zu können. Hier stellt sich die Frage, ob sich die Rapperinnen anders präsentieren, wenn sie nicht allein im Video vertreten sind.

9.2 Qualitative Inhaltsanalyse „Die qualitative Inhaltsanalyse ist ein gutes Beispiel dafür, wie qualitative und quantitative Analyseschritte miteinander verbunden sein können. Denn die Schritte der Kategorienbildung und der Zuordnung von Kategorien zum Text sind eindeutig qualitative Schritte […] in aller Regel werden dann aber Kategorienhäufigkeiten erhoben und quantitativ analysiert. Somit steht die Qualitative Inhaltsanalyse eigentlich zwischen den ‚Fronten‘, versucht einen Mittelweg“ (Mayring 2005: 5).

Nach Früh ist die qualitative Inhaltsanalyse

„eine empirische Methode zur systematischen und intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen.“ (Früh 2007: 119)

Bei einer qualitativen Inhaltsanalyse werden fixierte Kommunikationen, regel- und theoriegeleitet inhaltsanalytisch und sinn rekonstruktiv erfasst. Werden die Ergebnisse 67

interpretiert, so sind drei Grundformen zu beachten: Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung (vgl. Schnell/Kolbe 2013: 16). Um die Analyse durchführen zu können, dienen konventionelle Medien (Protokolle, Dokumente, Bilder, Videos etc.) als Informationsmaterial. Zu beachten ist, dass es keine Rolle spielt, welches Medium herangezogen wird und es als Text behandelt werden muss. So wird jenes Material aus der qualitativen Inhaltsanalyse ausgeschlossen, was als Nichttext eingeordnet wird. Nach Mayring ist eine Inhaltsanalyse eine „kategoriengeleitete Textanalyse“ (Mayring 2010: 13) Es wird zwischen Text und Nichttext unterschieden, so stell sich hier die Frage was einen Text definiert? „Der Text ist ein schriftlich fixierter Diskurs.“ (Ricoeur 2005: 80) Ein Diskurs ist jede Art von menschlicher Rede, Aussage oder Ausdruck. Der Text entsteht als Medium, wenn er sich von SprecherInnen, sowie LeserInnen emanzipiert. Weiters ist ein Text autonom, das heißt, dass es nicht immer das Gleiche ist, was AutorInnen sagen wollten und auch nicht das was HörerInnen hören möchte (vgl. Schnell/Kolbe 2013: 17).

Das Wichtigste bei der Inhaltsanalyse ist das Kategoriensystem. Hier werden Textmerkmale, die für die Forschungsfrage wichtig sind, codiert und einzelnen Kategorien zugeordnet. Dies wird durchgeführt, um Komplexität zu reduzieren (vgl. Früh 2007: 42), damit aus der unübersichtlichen Textmasse einzelne Informationen herausgewonnen können.

Diese Analyse kann in die Kategorie der Suchstrategie eingeordnet werden, da nach bestimmten Merkmalen gesucht wird und nur diese Merkmale codiert werden (vgl. Früh 2007: 117). Inwiefern dürfen nun Informationen zur Auswertung verwendet werden? Die Begriffe Codiereinheit, Analyseeinheit und Kontexteinheit haben für diese Methode eine hohe Relevanz, denn diese müssen neben den Haupt- und Unterkategorien ebenso gebildet werden. Codiereinheiten sind einzelne codierbare Sinneinheiten, die wichtig für die Forschung sind, jedoch nicht in weitere Codiereinheiten zerlegt werden können. Dem Forschungsziel entsprechend sind Codiereinheiten unterschiedlich, sie können aus einzelnen Wörtern oder Buchstabenfolgen bestehen (vgl. Verlage 2009: 3). Unter Analyseeinheit wird jene Einheit verstanden, die den Untersuchungsgegenstand bildet und die es ermöglicht, mittels der Forschungsergebnisse eine oder mehrere Aussagen treffen zu können. Beispielsweise bildet jeder einzelne Artikel einer Zeitung eine eigene Analyseeinheit. In der Regel besteht jede

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Analyseeinheit aus mehreren Codiereinheiten. Je nachdem wie die Untersuchung angelegt ist, kann es sein, dass Analyseeinheit und Codiereinheit identisch sind.

Bei den Kontexteinheiten wird bestimmt, welche weiteren Informationen des Datenbestandes von CodiererInnen zum Verständnis der behandelnden Codiereinheiten verwendet werden dürfen. Die Reihenfolge, in der die Bestandteile des Datenmaterials behandelt werden, ist sehr wichtig (vgl. Verlage 2009: 6).

9.3 Video- und Filmanalyse „Eine Analyse kann verschiedenen Zwecken dienen: Sie kann erfolgen, um ganz pragmatisch anhand der Strukturen eines einzelnen Films seinen Erfolg bei einer bestimmten Zielgruppe erklären zu können; sie kann auch erfolgen, um theoretische Überlegungen zur Rolle und Funktion von Moderatoren im Fernsehen anhand der Adressierungsformen weiterzuentwickeln; sie kann sich in Dienst struktureller Überlegungen zur Montagetheorie stellen; sie kann aber auch dazu dienen, theoretische Annahmen über Film und Fernsehen anhand konkreter Fallbeispiele zu bestätigen oder zu widerlegen.“ (Mikos 2003: 37).

Bei der Videoanalyse ist zwischen den abbildenden und abgebildeten BildproduzentInnen zu unterscheiden. Unter den abbildenden BildproduzentInnen fallen Foto- bzw. VideografInnen, sowie alle Personen, die hinter der Kamera und nach den Aufzeichnungen an der Bildproduktion beteiligt sind. Die abgebildeten BildproduzentInnen sind jene Personen die vor der Kamera sind und somit zum Sujet des Bildes gehören (vgl. Hietzge 2018: 44). In diesem Fall soll der Fokus auf die abgebildeten BildproduzentInnen, also die weiblichen deutschen Rapperinnen gelegt werden. Ray Birdwhistell, der Experte der Bewegungsanalyse entwickelte die „Sprache der Bewegung“ (Birdwhistell 1968: 380). Er unterscheidet zwischen Gebärden und Elemente von Gebärden, die Kineme. Ralf Bohnsack hat diese Unterscheidungen noch ergänzt, indem er die vor-ikonografische und ikonografische Ebene hinzugefügt hat. Die nachstehende Tabelle soll dies verdeutlichen.

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Tabelle 1: Bewegungsanalyse nach Birdwhistell; Ergänzt durch Bohnsack

Die Analyse hat nicht das Ziel, bestimmte Szenen im Musikvideo zu untersuchen, vielmehr geht es darum, den gesamten Clip (geteilt in Szenen) zu analysieren, um so herausfinden zu können, wie sich die Musikerinnen (selbst-)präsentieren. Als erstes werden die Videos als Ganzes angesehen, um sich so einen Überblick über den Inhalt, sowie die Darstellung der Rapperinnen verschaffen zu können. Der Überblick ist deswegen relevant, denn bei eines der ausgewählten Videos (Eunique feat. Veysel – Giftig/Genau so) handelt es sich um einen Musikclip mit Featuregast. Hier war es relevant herauszufinden, ob die Hauptdarstellerin Eunique beim Teil von Veysel nicht zu sehr in den Hintergrund tritt. Nachdem dies erfolgt ist, sollen die Musikvideos im Einzelnen näher betrachtet und Szene für Szene analysiert werden. Alle hier vorkommenden Szenen werden in Kategorien eingeteilt und je nach Szeneninhalt betitelt.

Um die Musikvideos zu untersuchen wird mit einer Kombination aus Filmanalyse und der Videointerpretation als struktural-hermeneutische Symbolanalyse nach Stefan Müller-Doohm gearbeitet. Videos sind zwar deutlich von Filmen zu unterscheiden, jedoch weisen sie sehr viele Gemeinsamkeiten auf, weswegen diese Methode herangezogen wurde. Werner 70

Faulstich beschreibt in seinem Werk „Grundkurs Filmanalyse“, die Methode der Filmanalyse als Produktanalyse. Dieses Werk soll als Grundlage, der Durchführung zur Untersuchung von Musikvideos der vorliegenden Arbeit dienen. Für die Umsetzung der vorliegenden Untersuchung, soll eine Art Filmprotokoll erstellt werden. Das Filmprotokoll kann als detaillierte Transkription des Filmes gesehen werden (vgl. Faulstich 2002: 63). Hier werden die einzelnen Szenen beschrieben und im Anschluss analysiert. Beispielsweise könnte analysiert werden, dass die Künstlerin ein kurzes Outfit trägt und sich erotisch darin bewegt, welches zum Ergebnis führt, dass sie sich sexualisierend darstellt und somit zu einer Objektifizierung beiträgt.

Faulstich zufolge gibt es vier Punkte, die bei einer solchen Untersuchung beachtet werden sollen: Handlungsanalyse, Figurenanalyse, Analyse der Bauformen und Analyse der Normen und Werte (vgl. Faulstich 2002: 25ff). Um die Hauptforschungsfrage beantworten zu können, werden einzelne Szenen von den analysierten Musikvideos ausgewählt. Wobei hier anzumerken ist, dass sich die Filmanalyse auf das gesamte Video bezieht.

9.3.1 Handlungsanalyse Drehbuch, Storyboard oder literarischer Vorlagen können für eine Handlungsanalyse verwendet werden, jedoch scheint es in diesem Fall viel sinnvoller, wenn ein Sequenz- bzw. Filmprotokoll herangezogen wird (vgl. Faulstich 2002: 57ff.). Ein Filmprotokoll kann auf keinen Fall den Film ersetzen, dient lediglich der möglichst genauen Beschreibung des visuellen Filmmaterials. Anzumerken ist hier, dass das Filmprotokoll nicht mit dem Film an sich verwechselt oder gleichgesetzt werden darf. Bei der Erstellung eines Filmprotokolls ist die Detailgenauigkeit, sowie Objektivität von großer Bedeutung (vgl. Faulstich 2002: 63f.). Neben dem Filmprotokoll ist das Sequenzprotokoll ebenso ein relevanter Teil der Untersuchung (vgl. Faulstich 2002: 73). Die Filmanalyse bezieht sich auf das jeweilige Musikvideo, wobei für das gesamte Musikvideo ein Sequenzprotokoll erstellt werden kann, um inhaltliche und formale Struktur des Videos übersichtlicher gestalten zu können. Das vorhin genannte Sequenzprotokoll gliedert den Film in Szenen und Sequenzen. Laut Faulstich wären folgende Einteilungen für die Analyse hilfreich: Einheit/Wechsel des Ortes, der Zeit (Tag/Nacht Wechsel), der Figuren oder Figurenkonstellation, eines Handlungsstrangs oder im Stil bzw.

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Ton. Eine feste und verbindliche Einteilung der Sequenzen ist nicht vorhanden. „Bei einer Sequenz handelt es sich um eine relative Einheit, deren Festlegung mitunter aber auch umstritten sein kann.“ (Faulstich 2002: 74) Das Sequenzprotokoll verhilft der analysierenden Person einen Überblick über die Geschichte, sowie Ablauf des Filmes, in diesem Fall Musikvideo, zu erschaffen (vgl. Faulstich 2002: 73ff). Bezüglich der Musikvideo-Analyse lässt sich feststellen, dass die vom Bild ausgehende Einteilung in Analysesequenzen übernommen werden kann. Die vorkommenden Bilder in den Musikvideos orientieren sich an eine musikalische Vorgabe, wodurch Sequenzen nach musikalischen Mustern erstellt werden können. Eine mögliche Einteilung wäre in Strophen, Gesangparts, Interludes, Instrumentalparts, Refrains oder Intros. Weiters ist die Form des Videos für eine Analysesequenz ausschlaggebend für die nächste Handlung, denn handelt es sich um ein Konzept-Clip, so macht die Einteilung nach Wechsel von Handlungsort oder inhaltlichem Handlungsstrang keinen Sinn.

9.3.2 Figurenanalyse Die in den Videos vorkommenden AkteurInnen werden in Haupt- und Nebenrollen eingeteilt. Weiters soll zwischen Selbst,- Fremd- und Erzählcharakterisierung bezüglich der Filmhandlung unterschieden werden. Ein weiterer überprüfender Punkt ist die Dimensionalität – ob es sich um eindimensionale oder mehrdimensionale Figuren handelt. Weiters soll darauf geachtet werden, ob im Film eine Persönlichkeitsveränderung stattfindet (vgl. Faulstich 2002: 93ff.). Ein weiterer Analysepunkt ist, ob die Person im Musikvideo auch die InterpretIn des Liedes ist, sollte dies der Fall sein, so muss darauf geachtet werden, ob die KünstlerInnen im Musikvideo als Star oder als Schauspieler vorkommen. Wie bereits vorhin erwähnt, ist die Dimensionalität ebenso wichtig, denn mögliche Persönlichkeitsveränderungen und Verbindung zu sozialen Determinanten des Settings sind mit dem musikalischen Image der MusikerInnen zu vergleichen (vgl. Faulstich 2002: 113ff.).

9.3.3 Analyse der Bauformen Hier sollen die Bauformen näher erläutert werden. Unter Bauformen fallen Einstellungsgrößen, Einstellungsperspektiven, sowie Kamerabewegungen. Neben den Kameraeinstellungen sollen Funktionen von Raum, Licht, sowie Farben des restlichen Filmes

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ebenso analysiert werden (vgl. Faulstich 2002: 143ff.). Wegen der zeitlichen Begrenzung bei Musikvideos ist es schwierig, ein Objekt über einen längeren Zeitraum in den Mittelpunkt zu stellen, was aber nicht heißen soll, dass es keine zentralen Objekte gibt (vgl. Kerscher/Richard 2003: 214). Als weiteren Punkt soll geklärt werden, welche Bauform das Musikvideo ist, welche Form von Performance, Narration und Konzept überwiegt, um so herausfinden zu können, welches am besten mit dem Song kombiniert werden kann, beispielsweise Narration in der Strophe und Performance im Chorus. Handelt es sich um Kameraeinstellung, Bild, Licht und Farbe, so muss die bildstrukturierende Funktion der Musik bedacht werden. Gespräche oder Geräusche sind in Musikvideos kaum auffindbar, jedoch können Songtexte auch vereinzelt Dialogformen haben, die im Video umgesetzt werden. Jedoch können bestimmte Geräusche in der Musik enthalten sein, die im Video nachgeahmt werden (vgl. Faulstich 2002: 159f.).

9.3.4 Analyse der Normen und Werte Folgende Möglichkeiten können bezüglich Analyse von Normen und Werten in Betracht gezogen werden: film- oder literarhistorische, biografische, soziologische und genrespezifische Filminterpretation (vgl. Faulstich 2002: 160f.). Faulstich hat eine soziologische Interpretation mit Rekurs auf gesellschaftliche Themen, sowie den Fokus auf thematisierten gesellschaftlichen Strukturen gelegt. Jedoch ist der Rekurs mittlerweile für die Musikvideoclipanalyse nicht weiter aktuell (vgl. Faulstich 2002: 193ff.).

9.4 Untersuchte Variablen Für die vorliegende Analyse ist es wichtig, dass die Hauptdarstellerinnen eindeutig im Video erkennbar sind. Es soll folgendermaßen vorgegangen werden: Die Clips werden von Beginn bis Ende genau angesehen. Nachdem rezipieren des Videos, erfolgt die Einteilung in den einzelnen Szenen und die jeweilige Beschriftung dafür. Sollte eine sexualisierende Textpassage zeitgleich mit einem nackten Körperteil gezeigt werden, so soll dies unbedingt in der Analyse genannt werden. Folgendes Beispiel hierzu: Erwähnt die Künstlerin in ihrem Lied das Wort „Bitch“ und es wird parallel dazu eine leicht bekleidete Frau im Video gezeigt, so kann davon ausgegangen werden, dass der Terminus „Bitch“, die Frau beschreibt, die leicht bekleidet ist und somit eine Herablassung der Frau stattfindet. Als Gegenteil kann hier das

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Rapper-DUO „SXTN“ genannt werden, denn die betiteln sich selbst als Fotze, damit es nicht als Beleidigung gilt, wenn andere Personen sie dementsprechend nennen.

Das Ausstrahlungsjahr der ausgewählten Musikvideos ist auch von großer Bedeutung, um eine Aktualität herstellen zu können. Die Videos sollen nicht älter als vier Jahre sein. Anfangs wurden nur Videos ausgewählt, die nicht älter als zwei Jahre sind, jedoch war ein Musikvideo von Schwesta Ewa dabei, welches nicht mehr als aus zwei Szenen bestand. Deswegen wurde die Aktualität auf vier Jahre festgelegt, woraufhin sich dann ein geeignetes Video gefunden hat. Neben der Aktualität der Musikvideos spielt auch das Alter der weiblichen Künslterinnen eine wichtige Rolle. Die jüngste Künstlerin Eunique ist 22 Jahre alt und Schwesta Ewa, die älteste, unter den ausgewählten Rapperinnen ist 34 Jahre alt. Diese Variable wird deswegen miteinbezogen, da eventuelle Unterschiede bezüglich des Alters und der Selbstpräsentierung der Frau existieren könnte.

Neben den demographischen Merkmalen sollen die Körperteile der Frauen näher betrachtet werden. Hier sind vor allem Dekolleté/Brüste, Bauch/Beckenbereich, Po/Rücken, Beine und Gesicht von großer Bedeutung. Diese Variablen sind wichtig, um den Grad der Sexualisierung und eine mögliche Objektifizierung festlegen zu können. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Körperbau der Akteurinnen. Ist die Frau dick, dünn, muskulös oder hat sie eine „normale“ Figur? Somit soll auf folgende Körperformen geachtet werden sehr dünn, normal, muskulös und übergewichtig. In dieser Arbeit versteht sich eine sehr dünne Figur, wenn die Knochen zu sehen sind. Unter „normal“ wird jene Frau verstanden, die eine schmale Taille, wohlgeformte Kurven und ihrem Körper entsprechende Brüste hat. Muskulöse Frauen sind jene Frauen, denen es angesehen wird, dass sie Sport betreiben und bei übergewichtigen Frauen ist das Körperfett deutlich zu sehen.

Ebenso soll auf den Grad und die Art und Weise der Bekleidung geachtet werden. Wie präsentieren sie sich? Wie sind sie gekleidet? Wie gehen sie mit der Bekleidung um? Wie bewegen sie sich in dieser Bekleidung? In welchem Inhalt steht die Bekleidung zum Lied? Ist es nur Inszenierung oder wiederspiegelt die Kleidung den Charakter der Rapperin? Die Bekleidung ist ein wichtiger Punkt dieser Forschung, da dies einen großen Einfluss auf die Präsentierung der Frau einnimmt. Zu beachten ist hier, ob sie sich freizügig oder

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„geschlossener“ präsentiert. Die oben genannten Fragen sollen mithilfe der Untersuchung beantwortet werden und dienen zugleich als Hilfe zur Orientierung der Analyse. Die Kleidung ist bei Musikvideos deswegen relevant, weil leicht bekleidete Frauen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Darunter fallen Kleidungsstücke wie, Lack und Leder, Leoparden- und Schlangenmuster, kurze Röcke und Shorts, zerrissenes Kleidungsstück oder nasse Shirts, sowie High Heels.

9.5 Kategoriensystem Insgesamt werden für die vorliegende Arbeit fünf Hip-Hop-Musikvideos, weiblicher Rapperinnen untersucht. Jedes der zu untersuchenden Videos weist einen anderen Inhalt auf, deswegen ist es interessant herauszufinden, ob sie Gemeinsamkeiten haben und dadurch in gleiche Kategorien eingeordnet werden können. Obwohl sich das Kategoriensystem der einzelnen Videos voneinander unterscheiden könnte, sollen alle untersuchenden Kriterien gleich sein. Denn alle Videos sollen mit den gleichen Aspekten in Betracht gezogen werden, um so herauszufinden, wie sich die Künstlerinnen in ihren Musikvideos präsentieren. Die unten angeführten Kategorien wurden nicht anhand der Forschungsfrage konzipiert, viel mehr basieren sie auf den Inhalt der Musikvideos. Den nachstehenden Kategorien werden Szenen, der Musikvideos zugewiesen. Die beschrifteten Szenen werden im Anschluss, ähnlich wie bei einem Filmprotokoll beschrieben und analysiert. Danach wird Szene für Szene untersucht, wobei im Anschluss jeder Szene ein Bild hinzugefügt wurde, welches zur visualisierten Darstellung dient. Im Anschluss werden alle Künstlerinnen einzeln zusammengefasst, sollten Gemeinsamkeiten der Ergebnisse festgestellt werden, so werden die Künstlerinnen, sowie die Szene näher beschrieben und entschieden ob beispielsweise eine Objektifizierung oder sexualisierte Darstellung darlegt. Im Anschluss wird die Hauptforschungsfrage, sowie die Unterfragen, anhand der durchgeführten Untersuchung, beantwortet.

Kategorie A: Rapperinnen mit anderen Frauen

• 3. Szene Eunique → Eunique mit Kobra Militär • 7. Szene Eunique → Eunique mit Kobra Militär im Tattoostudio • 1. Szene Schwesta Ewa → Schwesta Ewa mit zwei Frauen in einem Raum • 4. Szene Schwesta Ewa → Schwesta Ewa mit zwei Frauen auf der Straße 75

• 5. Szene Schwesta Ewa → Schwesta Ewa mit zwei Frauen im Stripclub • 2. Szene Lady Bitch Ray → Lady Bitch Ray in der Badewanne, neben ihr zwei Frauen Kategorie B: Rapperinnen mit anderen Männern

• 1. Szene SXTN → Rapperin Juju in einem Raum mit Männern • 6. Szene Eunique → Eunique mit Männern im Hintergrund, am Pokertisch • 8. Szene Eunique → Eunique mit Veysel in einer Lagerhalle • 1. Szene Kitty Kat → Kitty Kat mit Jungen in der Küche • 2. Szene Kitty Kat → Kitty Kat mit Jungen auf einer Parkbank • 3. Szene Kitty Kat → Kitty Kat mit zwei Jungs in einem Stripclub • 4. Szene Kitty Kat → Kitty Kat mit zwei Jungs im Café • 5. Szene Kitty Kat → Kitty Kat mit Jungen im Schlafzimmer Kategorie C: Rapperinnen mit Luxusgütern

• 3. Szene SXTN → Juju und Nura auf einer Hummer Limousine • 5. Szene Eunique → Eunique mit Kobra Militär mit einem Mercedes • 2. Szene Schwesta Ewa → Schwesta Ewa im Ferrari • 3. Szene Schwesta Ewa → Schwesta Ewa im Pelzmantel auf der Straße • 1. Szene Lady Bitch Ray → Lady Bitch Ray sitzt auf einem Thron • 3. Szene Lady Bitch Ray → Lady Bitch Ray und der Mercedes Kategorie D: Rapperinnen bei sozialen Aktivitäten

• 1. Szene Eunique → Eunique im Studio • 2. Szene Eunique → Eunique am Trainieren • 4. Szene Eunique → Eunique mit Kobra Militär auf dem Fahrrad • 6. Szene Eunique → Eunique mit Männern im Hintergrund, am Pokertisch Kategorie E: Rapperinnen mit Menschenmenge/in Öffentlichkeit

• 2. Szene von SXTN → SXTN im Club, überwiegend Frauen – wenig Männer • 4. Szene von SXTN → Nura in einem Raum mit Menschen • 6. Szene Schwesta Ewa → Schwesta Ewa mit Menschenmenge an U-Bahn-Station • 3. Szene Kitty Kat → Kitty Kat mit zwei Jungs in einem Stripclub 76

• 4. Szene Kitty Kat → Kitty Kat mit zwei Jungs im Café Den Kategorien zufolge lässt sich sagen, dass die Inhalte der Videos zwar unterschiedlich sind, die Szenen der Videos sich gut in gemeinsame Themen einordnen lassen. Bei den Videos sind die Künstlerinnen mit anderen Frauen, sowie Männer zu sehen. Weiters kommen bei fast allen Videos Luxusguter vor und werden bei sozialen Aktivitäten in der Öffentlichkeit gefilmt.

9.6 SXTN – Von Party zu Party 1. Szene: Rapperin Juju in einem Raum mit Männern in weißen Hemden

Analyse: Hier steht Rapperin Juju in einem Raum mit vier Männern, die ein weißes Hemd anhaben, wobei ein Mann nicht zur Gänze gezeigt wird. Das Interessante hier ist, dass die Männer keine Hosen anhaben, sondern nur lange weiße Tennissocken. Sie ist die einzige Person im Raum, die sich bewegt - sie rappt und alle anderen hören ihr zu. Normalerweise sind es die Frauen, die in den Hintergrund getrieben werden und Männer in den Vordergrund. Hier ist es anders, hier steht die Frau im Vordergrund und der Mann im Hintergrund, bewegt sich nicht und hört zu. In dieser Szene trägt sie ein graues Hemd, mit einem schwarzen T-Shirt und einer schwarzen Hose. Bei der Textpassage „billige Menschen in teuren Klamotten“ wird parallel dazu das Gesicht eines Mannes gezeigt.

Ergebnis: Diese Szene verdeutlicht, dass sie sich als Frau in den Vordergrund drängt und die Männer in den Hintergrund. Der Kleidungsstil ist ebenso interessant zu analysieren da, Rapperin Juju „geschlossener“ gekleidet ist, als die Männer, denn die haben ein Hemd und Socken an. Normalerweise werden nackte Beine von Frauen gezeigt, hier im Video sind es männliche nackte Beine. Hier wird deutlich, dass sie keine nackte Haut oder sexualisierte Darstellung benötigen, um Erfolg zu haben. Sie konzentriert sich hier viel mehr auf ihr Talent und trägt somit zu keiner Objektifizierung bei. Der männliche Gaze, sowie eine sexualisierte weibliche Darstellung ist hier ebenso auszuschließen. Vielmehr findet hier eine Geschlechterdifferenzierung statt, jedoch ist es zu Gunsten der Frau, denn hier werden beispielsweise nackte Beine von Männern und nicht von Frauen gezeigt.

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Abbildung 1 Szenze 1: Juju mit anderen Männern

2. Szene SXTN im Club. Im Hintergrund überwiegend Frauen – wenige Männer

Analyse: Sehr auffällig ist hier, dass in dieser Szene überwiegend Frauen zu sehen sind. Hier feiern die Rapperinnen Juju und Nura fast nur mit Frauen. Juju trägt hier ein bauchfreies T- Shirt mit umgedrehter Kappe. Nura trägt ein schwarzes Oberteil und eine schwarze Hose. Anfangs ist das Bild dunkel und es ist nicht viel zu erkennen, aber wird genauer hingesehen, so kann erkannt werden, dass Juju auf den Schultern einer Frau (vielleicht Nura) sitzt und am Feiern ist. Sie macht hier keine Tanzbewegungen die typisch für eine Frau sind, vielmehr hüpft sie und bewegt ihre Hände zum Beat. Als der Refrain kommt, wird es im Club heller - die Gesichter sind zu erkennen. Parallel zur Textpassage „Sie gönnen sich Koka und Jim Beam“ küssen sich jeweils zwei Frauen, wobei zwei Frauen auf den Schultern von zwei anderen Frauen getragen werden. Der Höhepunkt dieser Szene ist, als der Part „Null Garantie, dass es friedlich bleibt“ von Juju gerappt wird und im Video eine brennende Bierflasche zu sehen ist. Zum Übergang von Refrain zum Beat lässt sich Nura in die Menge fallen, wobei sie von allen angefasst wird. Eine Hand berührt direkt ihren Po, wobei aber nicht deutlich erkennbar ist, ob es eine männliche Hand ist oder nicht.

Ergebnis: Obwohl bei Musikvideoclips von männlichen Hip-Hop-Kollegen Partys, mit teuren Klamotten, sowie Schmuck und tanzende Frauen in Verbindung bringen, ist es hier anders. Hier wird kein Wert auf materielle Dinge gelegt, im Gegenteil, hier geht es um den Aspekt,

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dass alle anwesenden Personen Spaß haben und feiern können. Das Motto des Rapper-Duos lautet, dass sie feiern können wie Männer und das haben sie in dieser Szene definitiv bewiesen. Sie hüpfen, singen und haben Spaß. Sexualisierung, Demütigung oder Objektifizierung ist hier nicht erkennbar. Die hier gezeigten Frauen, sind ebenso anständig gekleidet, so dass wenig bis gar keine nackte Haut gezeigt wird. Vielmehr kann hier der Aspekt des Feminismus genannt werden. Die Szene, in der sich die Frauen küssen, kann auf das Ergebnis der inhaltsanalytischen Untersuchung von Bechdolf hingewiesen werden, der die Präsentationen der Geschlechter in fünf Punkte gegliedert hat. Somit kann die Kussszene der Frauen zum gleichgeschlechtlichen Begehren eingeordnet werden.

Abbildung 2 Szene 2: SXTN im Club. Im Hintergrund überwiegend Frauen – wenige Männer

3. Szene – Juju und Nura auf einer weißen Hummer Limousine

Analyse: Anfangs wird nur der Chauffeur der Limousine gezeigt, der ebenfalls ein deutscher Rapper ist. Juju trägt hier ein weißes bauchfreies Oberteil mit tiefem Ausschnitt, dazu eine kurze schwarze Hose und weiße Turnschuhe. Nura trägt ein schwarzes Kleid mit Spitze und einem tiefen Rückenausschnitt. Juju tanzt und rappt auf dem Dach der Hummer-Limousine. Zu der Textpassage „Ein bisschen Fussel für mich“ zeigt sie parallel dazu mit beiden Händen den Mittelfinger. Juju und Nura wechseln sich mit der Position ab, als Juju rappt, sitzt sie auf der Motorhaube mit einer Bierflasche in der Hand und Nura steht auf dem Dach der Limousine, jedoch mit dem Rücken zur Kamera, um erstmals unerkannt zu bleiben. Juju stellt sich auf das Dach der Limousine und rappt tanzend ihren Teil, während Nura auf die

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Motorhaube gelangt. Auch hier macht sie erneut keine typischen weiblichen Bewegungen, sie zeigt öfters den Mittelfinger, sitzt im Schneidersitz auf dem Dach und lächelt. Nachdem sie auf dem Dach und der Motorhaube des Autos gestanden sind, sitzen sie in der Limousine inklusiv dem Chauffeur und anderen weiblichen Partygästen und feiern weiter.

Ergebnis: SXTN verdeutlicht mit dieser Szene, dass eine Limousine zu einer Party dazugehört und erfüllen das Klischee der Luxusgüter in Hip-Hop-Musikvideos. Jedoch unterscheidet sich hier der Verwendungszweck der Limousine, denn die wird dies nicht zum Angeben oder zum Protzen im Video verwendet. Im Gegenteil, sie verwenden es als Symbol für eine Party. Weiters tragen sie keine teuren Klamotten oder teuren Schmuck, sondern sind „normal“, also unauffällig gekleidet. Sie sind hier freizügiger gekleidet, doch macht dies keinen sexualisierenden Eindruck, denn sie haben das Outfit mit Turnschuhen kombiniert, was zu einer Milderung der Bekleidung führt. Somit kann eine sexualisierte Darstellung ausgeschlossen werden. Sie tragen zum Teil einer Objektifizierung bei, denn sie reduzieren sich selbst nicht auf ihren Körper.

Abbildung 3 Szene 3: Juju und Nura auf einer weißen Hummer Limousine

4. Szene: Nura im Raum mit anderen Menschen

Wie auch Juju, ist Nura in einem Raum mit Menschen, jedoch war Juju im Raum mit Männern, die ein weißes Hemd trugen und bei Nura sind es Männer, die einen nackten Oberkörper haben. Deren Brustwarze ist mit einem schwarzen Klebeband beklebt. Die hier gezeigten

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Frauen tragen ein schwarzes Oberteil, bestehend aus Klebeband. Nura selbst trägt ebenso ein schwarzes Oberteil mit einer kurzen Hose. Wie bereits bei anderen Szenen ersichtlich, machen beide Rapperinnen keine typischen weiblichen Bewegungen, sondern rappen und bewegen überwiegend die Hände mit zur Musik.

Ergebnis: Hier liegt eine Sexualisierung vor, jedoch nicht seitens der Künstlerin, sondern seitens der NebendarstellerInnen. Bezüglich der Kleidung von Nura lässt sich sagen, dass sie sich im gesamten Video (im Gegensatz zu Juju) in kurzer Bekleidung präsentiert. Das Interessante hierbei ist, dass der (Kamera)Fokus nicht auf die nackten Körperteile der Frauen gelegt wird, sondern viel mehr auf eine Halbtotale. Aus diesem Grund lässt sich sagen, dass die Frau hier als Mensch und nicht Objekt dargestellt wird. Das Outfit der Frauen im Hintergrund erinnert ein wenig an „Sadomaso“-ähnlicher Bekleidung, denn das Klebeband sieht aus wie ein Oberteil aus Lack. Die Künstlerin selbst stellt sich in dieser Szene nicht objektifizierend oder sexualisiert dar, viel mehr sind es die NebendarstellerInnen.

Abbildung 4 Szene 4: Nura im Raum mit anderen Menschen

9.7 Eunique – Giftig/Genau so (ft. Veysel) 1. Szene: Eunique im Studio

Analyse: Sie trägt einen langen Mantel, der mit weißen Federn geschmückt ist, dazu eine weiße Kopfbedeckung, ein glitzerndes Halsband, welches bisschen an „Sadomaso“ erinnert,

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glitzernde Ohrringe und ein glitzerndes Oberteil mit tiefem Ausschnitt. Ihr Outfit ist sehr provokant und auffällig. Hier wird jene Szene dargestellt, welche die Aufnahme des Liedes im Studio nachahmt. Im Studio ist sie mit ihrem Produzenten Michael Jackson und ihrem Zwillingsbruder zu sehen. Hier werden die Männer durch ihrer Präsenz in den Hintergrund gedrängt. Ihr Produzent setzt ihr die Krone auf, während sie ihr Handy in der Hand hält und sich fotografieren möchte. In dieser Szene wird deutlich klar, dass sie die „Königin“ im Rapgeschäft ist.

Ergebnis: Ihr Outfit ist wie bereits oben erwähnt sehr provokant, der Mantel stellt einen wohlhabenden Status dar, ihr glitzerndes Halsband erinnert an Kleidungsstücke des „Sadomaso“-Bereichs, welches beim männlichen Geschlecht sehr selten gesehen wird. Aus einer anderen Perspektive betrachtet, macht sie mit ihrem Outfit den Eindruck, einer sogenannten „Boss Lady“, mit teurem Mantel und hochwertigem Schmuck. Ihre Kopfbedeckung ist ein weißes Bandana, welches in Amerika überwiegend von Gangmitglieder in ihren jeweiligen Gangfarben getragen werden. Somit bringt sie in ihr Outfit einen Hauch „american Gangster“ ein. Ihre Bewegungen im Outfit sind, wie bei SXTN untypisch weiblich, sie tanzt nicht mit ihrem Po oder streckt die Brüste raus. Sie reduziert sich selbst nicht auf ihren Körper, welches durch die Aufnahmen im Studio deutlich wird, denn sie vermittelt dadurch die Botschaft, dass sie hart für ihren Traum arbeitet und sie keine „Sex-sells“-Szenen braucht, um erfolgreich zu sein. Aus diesem Grund stellt sie sich nicht als Objekt dar, jedoch würde bestimmt die Blicke beider Geschlechter auf sich ziehen, wenn sie mit diesem Outfit auf der Straße spazieren würde.

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Abbildung 5 Szene 1: Eunique im Studio

2. Szene: Eunique während dem Trainieren

Analyse: Diese Szene zeigt Eunique in vollem Körpereinsatz. Auch in anderen Musikvideos von ihr, zeigt sie sich von ihrerer sportlichen Seite. Im Interview mit 16Bars im Jahr 2018 sagt sie, dass sie viel Sport macht, damit sie auf der Bühne genug Ausdauer hat, um ihren Fans das Beste von ihr zu geben. Hier trägt sie ein weißes bauchfreies Oberteil, eine kurze weiße Hose und hat die Haare offen. Mit diesem Outfit zeigt sie ihren fitten Körper und, dass sich der viele Sport lohnt. Ihr Trainer hingegen hat ein enges weißes langarm Shirt mit einer weißen langen Hose an. Zu Beginn schlägt der Trainer auf sie ein, wobei sich dies dann im Laufe dieser Szene ändert und Eunique zurück schlägt. In dem oben genannten Interview erwähnt sie, dass sie täglich um 07:00 Uhr aufwacht und zum Muay Thai trainig geht. In diesem Video handelt es sich um ihr tägliches Muay Thai training. Zum Schluss dieser Szene sagt ihr Trainer „Man merkt, sobald du im Käfig bist, bist du anders.“

Ergebnis: Besonders auffällig ist hier ihr Outift. Eunique zeigt sehr viel Haut und ihr Trainer bedeckt seinen Ober-, sowie Unterkörper komplett. Sie zeigt ihren wunderschönen, sportlichen Körper, wie es in Musikvideos üblich ist. Hier stellt sich die Frage, ob sie das gleiche Outfit anziehen würde, wenn sie Übergewicht hätte. Ein Unterschied ist aber, dass sie ihren Körper in Kombination mit Sport zeigt und vermittelt die Botschaft, dass sie eine derartige Körperstatur hat, weil sie Sport betreibt. In diesem Lied sagt sie „Manager fragen mich welche Roli willst du haben? Ich hol mir selbst meine Roli und dann für jeden meiner Homies“. Dadurch 83

wird klar, dass sie für ihren Erfolg selbst arbeitet und sich nichts schenken lässt. Ähnlich ist es in dieser Szene mit ihrem Körper. Ob die jüngere Generation, diesen Zusammenhang versteht, ist fraglich, denn auch hier wird wieder ein Schönheitsideal präsentiert, ein schlanker Körper mit wenig Bekleidung. In dieser Szene ist eine untypische Sexualisierung vorhanden, sie ist zwar weniger und leichter bekleidet, als ihr Trainer, jedoch wird das durch das Sport betreiben, einer überwiegend männlichen Sportart anders dargestellt.

Abbildung 6 Szene 2: Eunique während dem Trainieren

3. Szene: Eunique mit Kobra Militär auf den Treppen

Analyse: Eunique‘s Gang, die Kobra Militär ist in jedem Video zu sehen. Es ist ihre Gruppe, die nur aus Frauen besteht, egal wie die Frauen aussehen. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist es egal aus welchem Land die Mitglieder stammen oder welche Konfektionsgröße oder Vorlieben sie haben. In dieser Szene sitzt sie mit ihrer Gruppe auf der Stiege. Eunique ganz vorne und im Hintergrund ist die Kobra Militär zu sehen. Das Outfit ihrer Gruppe besteht aus einem weißen Bademantel, mit weißer Netzstrumpfhose, einem weißen Handtuchturban, Halskette und weiße Turnschuhe. Eunique selbst trägt eine offene weiße Winterjacke, weiße lange Hose mit weißen hochgezogenen Socken, Halskette und weiße Sneaker. Eunique sitzt mit gespreizten Beinen da und ihre Kobra Militär mit geschlossenen Beinen, was an der Auswahl des Outfits liegen kann. Während die Gruppe aufsteht und hinter der Künstlerin stehen, steht Eunique vorne, rappt und bewegt ihre Hände zum Beat. Bei der Textpassage „Lifestyle einer Bad Bitch“ wird die komplette Gruppe gezeigt. 84

Ergebnis: Die Kobra Militär sitzt hinter ihr, welches den Eindruck erweckt, dass die Gruppe immer hinter ihr steht und die Künstlerin Eunique von ihnen unterstützt wird. Diese Szene erinnert wieder an klassische Hip-Hop-Musikvideos. Die Frauen stehen leicht bekleidet im Hintergrund, während der Künstler (in diesem Fall Künstlerin) im Vordergrund steht und „normal“ bekleidet ist. Als die Gruppe und Eunique aufstehen, ändert sich die Positionierung und die Gruppe tritt mehr in den Vordergrund.

Abbildung 7 Szene 3: Eunique mit Kobra Militär auf den Treppen

4. Szene: Eunique auf dem Fahrrad

Analyse: Hier sind drei Frauen der Kobra Militär zu sehen - Eunique und zwei andere Protagonistinnen. Die Outfits, sowie das Aussehen der drei Frauen sind unterschiedlich. Ein Mitglied sieht aus, als wäre sie afroamerikanischer Herkunft, mit mittellangen, braunen, gelockten Haaren und trägt einen orangen Jogginganzug, wobei sie den Pullover hochgezogen hat, damit ein Stück vom Bauch ersichtlich wird. Die andere Protagonistin sieht aus, als wäre sie osteuropäischer Herkunft, mit blonden Haaren und einem schwarzen bauchfreien Oberteil mit tiefem Ausschnitt, dazu trägt sie eine orange lange Hose und schwarze Stiefel. Sie hat eine schwarze Jacke aus Lack an, die sie aber nur zur Hälfte angezogen hat, damit ihre Schultern ersichtlich werden. Eunique befindet sich in der Mitte der beiden Frauen und trägt eine orange Felljacke, ein Halsband, schwarzes, bauchfreies korsettähnliches Oberteil und eine schwarze kurze Hose mit schwarzen Overknees aus Lack. Auf der Lenkstange von Euniques Fahrrad ist

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wieder die Krone zu sehen, die sie aufgesetzt bekommen hat. Alle drei Frauen haben eine schlanke Körperstatur.

Ergebnis: Die Outfits der Frauen sind sehr unterschiedlich, jedoch wurden hier die Farben aneinander angepasst. Auch hier wurden die Outfits wieder sehr provokant und freizügig gewählt. Ein weiterer Punkt ist, dass sie sich nicht sexy darin bewegen, sondern normal mit dem Fahrrad fahren und dabei zum Lied mitsingen. Eunique macht eine gute Mischung aus ihren Outifts, obwohl sie sehr provokant und auffällig sind, bewegt sie sich nicht mit auffälligen Tanzschritten. Weiters kombiniert sie ihre und die der restlichen Protagonstinnen meist mit Turnschuhen, um so das Outift zu mildern. In dieser Szene ist auch wieder eine Sexualisierung der Frau festzustellen, da sie hier Kleidungsstücke aus Lack, bauchfreie Oberteile und kurze Hosen tragen. Sie präsentieren sich selbst auf einer sexualisierenden Art und Weise. Somit stellen sie sich selbst zur Schau und provozieren absichtlich, dies führt zu einer Selbst- Objektifizierung. Die Körperstatur der drei Frauen sagt aus, dass für diese Szene Frauen gewählt wurden, die einen schlanken Körper haben. Fraglich wäre die Kombination, mit einer dickeren Frau auf einem Fahrrad. Hier stellt sich die Frage, ob die Auswahl der Frauen für diese Szene beabsichtigt war.

Abbildung 8 Szene 4: Eunique auf dem Fahrrad

5. Szene: Eunique mit zwei Frauen neben einem schwarzen Auto

Analyse: In dieser Szene sind drei Frauen mit einem schwarzen Mercedes zu sehen. Alle drei Frauen sind schwarz gekleidet, wobei sich die Outfits voneinander unterscheiden. Eine

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Protagonistin hat blonde Haare, ein schwarzes Oberteil, welches ein wenig durchsichtig ist und eine schwarze Hose. Eunique ist auch hier wieder in der Mitte präsent und trägt eine schwarze glänzende Sportjacke, die nur bis zur Hälfte zu ist, wodurch eine Schulter zu sehen ist, dazu trägt sie die passende schwarze Jogginghose und rote Schlapfen. Die dritte Protagonistin hat dunkle Haare, die zu einem Zopf zusammengebunden sind, trägt einen schwarzen BH und eine enge schwarze Leggings. Die Körperstatur dieser Frauen sind im Gegensatz zu den vorherigen Frauen ein wenig dicker. Dicker meint hier, dass hier nicht die Muskeln oder Knochen zu sehen sind, wie bei den vorherigen Darstellerinnen. Weiters tanzen die beiden Frauen in dieser Szene viel mehr und bewegen sich erotischer, indem sie den Po wackeln, als die restlichen Frauen in den Szenen. Wie in den üblichen Hip-Hop-Musikvideos ist auch hier ein Luxusgut zu sehen, welches in Verbindung mit schlanken und schönen Frauen gebracht wird.

Ergebnis: Eunique ist hier mit zwei Frauen und eienem teuren Auto zu sehen. Beide Frauen sind leicht bekleidet und tanzen neben ihr. Hier präsentieren sich die Frauen mit deren freizügigen Outfits auf einer sexualisierenden Ebene. Diese drei Fakten sind typisch für ein Hip-Hop-Musikvideos: der/die KünstlerIn ist normal gekleidet und steht im Mittelpunkt, rund um die KünstlerInnen sind leichtbekleidete tanzende Frauen, sowie ein teures Auto zu sehen. Jedoch ist an dieser Stelle anzumerken, dass Eunique ständig Frauen in ihren Videos präsentiert, egal wie sie gekleidet sind, aussehen oder welcher Gewichtsklasse sie angehören. Sie setzt dadurch ein wichtiges Zeichen und setzt Frauen, egal wie sie aussehen und sich präsentieren in die Öffentlichkeit, somit unterscheidet sie sich von den gewöhnlichen Hip- Hop-Musikvideos, die nur „perfekt aussehende“ Frauen präsentieren. Dies wiederspiegelt ihre Aussage, bezüglich der Unterrepräsentation der Frauen in der Gesellschaft.

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Abbildung 9 Szene 5: Eunique mit zwei Frauen neben einem schwarzen Auto

6. Szene: Eunique am Pokertisch mit Männern im Hintergrund

Analyse: Eunique verzichtet in dieser Szene auf Frauen und wählt das männliche Geschlecht aus. Die Männer tragen hier alle einen schwarzen Pullover. Die Gesichter der Protagonisten sind nur zum Teil erkennbar. Eunique sitzt vor ihnen am Pokertisch und trägt ein glitzerndes Kleid. Ihr Diadem, welches auf einem Silbertablett platziert ist, liegt direkt neben ihr auf dem Tisch. Die Männer machen den Eindruck, als würden sie als Bodyguard fungieren. Als Eunique anfängt zu pokern, steht an ihrer rechten Seite ein Mann, dessen Oberkörper nackt ist und hält ein Tablett mit Geldscheinen in der Hand. Ihre Gegner beim Pokerspiel sind Männer, die Zigarren rauchen und dicke Goldringe tragen. Als sie die Strophe „Kämpfe für mein Leben lang“ singt, wird sie zeitgleich während dem Pokern am Pokertisch gezeigt. Die Textzeile „Gefühle sind verborgen, nur Drama für die Show“ zeigt Eunique, wie sie rappt und die Männer im Hintergrund starr stehen. Zum Schluss dieser Szene spielen sie Poker und der Mann mit dem Tablett voller Geldscheine bringt das Tablett zu einem der Spieler, der sich einen Stapel davon nimmt. Es scheint so, als würde der Spieler gewinnen, dann wird gezeigt, wie Eunique ihre Karten aufdeckt und sie gewinnt das Spiel.

Ergebnis: Hier dreht sie den Spieß um und drängt die Männer in den Hintergrund. Jedoch ist es sehr auffällig, dass die Frauen in den restlichen Szenen leicht bekleidet sind, wobei die Männer hier einen Pullover anhaben, also komplett verdeckt sind. Die Künstlerin selbst trägt

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ein enges auffälliges Kleid, wobei hier zwischen schick sein und den Körper zur Schau stellen unterschieden werden soll, denn der Kleidungsstil eines Casinos ist ebenso obligat. Vielmehr lässt sich hier im Vergleich zu den anderen Szenen eine Geschlechterdifferenzierung feststellen, denn die hier gezeigten Männer sind komplett verdeckt und die Frauen überwiegend freizügiger gekleidet. Die Männer sind hier eher unauffälliger, wobei die Frauen in den übrigen Szenen auffälliger waren. Sie nimmt sowohl Männer, als auch Frauen in ihren Clip auf, präsentiert diese aber auf eine unterschiedlichen Art und Weise. Ein weiterer Unterschied lässt sich bezüglich der Kameraperspektive feststellen, denn die Kamera lägt den Fokus bei Frauen auf Po, Brüste oder Beine, bei Männern wird der komplette Körper gefilmt.

Abbildung 10 Szene 6: Eunique am Pokertisch mit Männern im Hintergrund

7. Szene: Eunique mit Kobra Militär in einem Tattoo Studio

Analyse: Nachdem Männer in der vorherigen Szene zu vertreten waren, dürfen die Frauen, also ihre Kobra Militär nicht fehlen. In dieser Szene ist Eunique wieder mit ihrer Gruppe zu sehen. Sie haben unterschiedliche Outfits an, was besonders auffällt ist, dass die Outfits so gewählt wurden, dass entweder ein nackter Bauch, Beine, oder Arme, sowie Dekolleté gezeigt werden. Hier wurde auf nicht darauf geachtet, ob die Farben der Outfits miteinander 89

zusammenpassen. Der Ort der Szene ist ein Tattoo Studio, wo sich Eunique ein Tattoo stechen lässt. Passend zur Textzeile „Macht euch keine Sorgen, ich mach‘ es sowieso“, wird die Tätowiermaschine gezeigt. Während Eunique umgeben von ihrer Kobra Militär, auf der Liege liegt, wird sie vom Tätowierer tätowiert. Als die Kobra Militär zu tanzen beginnt, sitzt Eunique mit gespreizten Beinen auf ihrer Liege, wo ein Maschinengewähr zu sehen ist. Der Refrain läuft und die Frauen inklusive der Künstlerin Eunique sind am Tanzen, jedoch wackeln sie hier nicht mit dem Po, sondern sie bewegen die Hände zum Beat, singen alle gemeinsam mit und grinsen währenddessen. In einem späteren Teil der Szene wird Eunique in einer Nahaufnahme gezeigt, wie sie Zigarettenrauch aus ihrem Mund kommt. Danach wird ein nackter Po gezeigt, der von einer weiblichen Hand geklatscht wird. Hier ist nicht ersichtlich, ob es sich um einen weiblichen oder männlichen Po handelt, jedoch könnte es ein weiblicher Po sein, da ein Mitglied der Kobra Militär die gleiche Hose trägt und rote Unterwäsche leicht zu erkennen ist.

Ergebnis: Mit der Textpassage „Macht euch keine Sorgen, ich mach‘ es sowieso“ und dem Stechen eines Tattoos, drückt sie deutlich aus, dass es egal ist, was andere sagen oder von ihr denken, sie es sowieso macht und sie Gang, die Kobra Militär immer hinter sich hat. Sie drückt damit Frauenpower aus. Das Maschinengewähr ist untypisch, für Frauen, jedoch wiederum typisch für ein Hip-Hop-Musikvideo. In vielen Clips werden Waffen, Autos, Schmuck und Frauen gezeigt, sowie bei Eunique. Die Frauen provozieren wieder mit deren Outfits, vor allem fällt Eunique auf, mit ihrer blonden Perücke, ihrem Diadem und den schwarzen Lackstiefel. Eunique provoziert gerne mit ihren Outfits und trägt somit zu einer Selbstobjektivierung bei. Doch stellt sich auch hier wieder die Frage, ob diese Art der Darstellung pure Ironie ist.

Der nackte Po, ist eine typische Szene für ein Hip-Hop-Musikvideoclip und ein typisches Merkmal, einer sexualisierten Darstellung der Frauen. Es ist aber anzumerken, dass der nackte Po nicht der Po der Künstlerin, sondern von einer Nebendarstellerin ist. Neben der sexualisierten Darstellung trägt dies zu einer Objektifizierung bei und dem daraus erfolgten Gaze.

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Abbildung 11 Szene 7: Eunique mit Kobra Militär in einem Tattoo Studio

8. Szene: Eunique mit Veysel in einer Lagerhalle

Analyse: In dieser Szene tritt der Featuregast „Veysel“ in den Vordergrund, da sein Teil des Liedes gerappt wird. Obwohl er seinen Teil des Liedes rappt, wird Eunique und ihre Kobra Militär auch gezeigt. In dieser Szene befinden sie sich in einer Lagerhalle. Eunique trägt einen Jogginganzug, wobei der Pullover bauchfrei ist, Veysel hingegen einen langen Pullover mit einer langen Jogginghose. Sie steht hinter ihm und rappt manche Zeilen aus seinem Part mit.

Als sie den Part „Meine Brüder sind größer wie du“ singt, zeigt sie den Mittelfinger. Es werden hier Nahaufnahmen der Gesichter von den vermutlichen Männern vom Pokertisch gezeigt. Weiters stehen auch hier wieder die Männer hinter ihr und zeigen keine Emotionen oder bewegen sich. Sie steht vor ihnen, rappt und bewegt ihre Hände zum Lied.

Ergebnis: Auch wenn es der Part des Featuregastes ist, sticht die Künstlerin trotzdem heraus. Sie ist zwar im Hintergrund und wird manchmal gar nicht gezeigt, jedoch schafft sie es doch, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Bezüglich der Differenzierung des Outfits lässt sich sagen, dass auch hier wieder eine sexualisierende Darstellung der Frau und eine Geschlechterdifferenzierung geboten wird. Er ist komplett bedeckt und sie hat ein bauchfreies Oberteil an. Auch hier neigt sie wieder zu einer Selbst-Objektifizierung, denn sie zeigt absichtlich ihren trainierten Körper, somit ist auch hier wieder der Aspekt des vorgegeben gesellschaftlichen Schönheitsideal gegeben. Jedoch wirkt die ausgewählte Bekleidung durch den Joggingsanzug und den Turnschuhen milder und nicht aufreizend, vielmehr kann es mit 91

einem sportlichen Outfit in Verbindung gebracht werden. Weiters wird auch hier deutlich, dass die Männer nicht nur als Accessoires dienen, sondern viel mehr als Unterstützung. Hier wird klar, dass die Männer sie unterstützen und genauso wie die Kobra Militär hinter ihr stehen. Die Männer werden nicht als Sexobjekt oder als vermutliche Partner dargestellt, sondern vielmehr als ihre Brüder. In den üblichen Hip-Hop-Musikvideos werden Frauen meist als Sexobjekt und Partner für einen One-Night-Stand dargestellt.

Abbildung 12 Szene 8: Eunique mit Veysel in einer Lagerhalle

9.8 Schwesta Ewa – Escortflow 1. Szene: Schwesta Ewa mit zwei Frauen in einem Raum

Analyse: Schwesta Ewa sitzt auf einer roten Couch mit zwei Frauen. Alle drei Frauen sind stark geschminkt und haben lange offene Haare. Eine Protagonistin ist tätowiert, wobei ein Tattoo direkt auf dem Brustbereich gestochen wurde. Sie trägt ein schwarzes Corsage, mit schwarzen Stiefel. Schwesta Ewa trägt eine weiße Pelzjacke, dessen Reißverschluss bis zur Hälfte offen ist, darunter ist ein weißer BH zu sehen. Geschmückt wurde ihr Outfit mit einer Goldkette. Schwesta Ewa hält beide Köpfe der Protagonistinnen mit ihrer Hand. In der Sekunde 0:13 ist die Kamera auf die Brüste der tätowierten Frau gerichtet und zeigt, wie sie sich selbst an die Brüste greift. Als Detail können hier die langen Nägel und ein weiteres Tattoo (ein roter Kussmund), welches sich auf der rechten Brust befindet genannt werden. Bei der Textpassage „Wähernd Escortschlampen in Sexshops tanzen“ wird die tätowierte Frau und Schwesta Ewa gezeigt, wie sie sich mit einander vergnügen. Neben der Szene, der gezeigten Brüste, wird bei

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01:19 eine Nahaufname von einem Po gezeigt. Die Frau trägt hier eine kurze schwarze Hose und streift mit ihrer Hand über ihren Po. Sechs Sekunden später (01:25) wird wieder ein Po einer Frau gezeigt, jedoch hat die Frau hier ihren Rock hochgezogen und das weiße Höschen, sowie der nackte Po der Frau ist zu sehen. Das nächste Bild sind wieder Brüste einer Frau, wie sie sich selbst berührt.

Ergebnis: In dieser Szene wird deutlich, dass Schwesta Ewa mit den Reizen der Frau spielt. Nicht nur die Freizügigkeit der Frauen ist hier eine große Rolle, sondern auch die Bewegungen, sowie Handlungen. In ihren Liedern schreibt sie darüber, wie sie Frauen anschaffen geschickt hat. Obwohl Schwesta Ewa in dieser Szene auch freizügig gekleidet ist, ist ihr Outfit milder einzustufen, als das der Protagonistinnen. Der qualitative Pelzmantel und die Goldkette sind Merkmale für einen guten Wohlstand, damit bringt sie die Botschaft, dass sie die „Anführerin“ der anderen weiblichen Protagonistinnen ist. Weiters vermittelt sie mit ihrem Verhalten die Botschaft, dass die anderen zwei Frauen ihre Prostituierten sind, die für sie arbeiten. Die Nahaufnahmen vom Po und den Brüsten der Frauen, wiederspiegeln die Einstellung der Künstlerin. Diese Szene ist eine eindeutige Objektifizierung der Frau, sowie sexualisierte Darstellung. Die Nahaufnahmen, Handlungen, sowie Texte zeigen hier, dass die Frau als Objekt dargestellt wird. Weiters tritt hier die Annahme der Selbstobjektivierung zum Vorschein, da sich die Künstlerin selbst genauso darstellt, wie die Protagonistinnen. Die Frauen werden hier nur auf ihr äußeres Erscheinungsbild reduziert, indem Nahaufnahmen der weiblichen Körperteile gezeigt werden. Dies führt wiederum zu einem objektifizierenden Blick, dem obengenannten „Gaze“, der mittels visuellen Medien übermittelt wird.

Abbildung 13 Szene 1: Schwesta Ewa mit zwei Frauen in einem Raum

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2. Szene: Schwesta Ewa im Ferrari

Analyse: Schwesta Ewa sitzt in einem roten Ferrari, trägt eine schwarze Pelzjacke und eine goldene Uhr. Auch hier ist sie wieder stark geschminkt, trägt die Haare offen und hat rote Fingernägel. Auf dem Boden sind acht Männer, die rund um ihr Auto Liegestütze machen. Danach werden die Männer mit einem nackten Oberkörper gezeigt, wobei der Kopf mit einem schwarzen T-Shirt, auf dem das Logo ihres Plattenvertriebs „Alles oder nix“ gedruckt ist, verdeckt wird. Dies erinnert leicht an einen Scharfrichter. Weiters ist zu sehen, wie einer der nackten Männer der Künstlerin einen Geldbündel in das Auto gibt. Hier sieht es so aus, als würde der Mann für Schwesta Ewa arbeiten und überreicht ihr, ihren Anteil. Die Körperstatur der Männer, die den roten Ferrari mit einem Seil ziehen, ist muskulös. Eine Nahaufnahme zeigt den durchtrainierten nackten Oberkörper der Protagonisten.

Ergebnis: Hier werden die Männer sexualisiert dargestellt, denn die Szene zeigt die Protagonisten mit nacktem Oberköper. Schwesta Ewa dreht den Spieß um und lässt die Männer für sie arbeiten. Sie reduziert Männer auf ihren Körper und deren Kräften, ein Auto zu ziehen. Mit dieser Szene werden eine Objektifizierung und Sexualisierung seitens der Männer deutlich, denn es werden nur deren Muskeln, sowie der nackte Oberkörper gezeigt. Im Gegensatz zu Frauen, wird der Fokus der Kamera bei Nahaufnahmen nicht auf Brüste und Po gelegt, sondern auf deren nackten Oberkörper und Muskeln. Eine sexualisierte Darstellung oder Objektifizierung der Künstlerin ist in dieser Szene auszuschließen.

Abbildung 14 Szene 2: Schwesta Ewa im Ferrari 94

3. Szene: Schwesta Ewa auf der Straße mit Pelzmantel

Analyse: Schwesta Ewa ist auf der Straße in der Nacht und trägt eine Pelzjacke, ist wieder stark geschminkt und trägt die Haare offen. Im Hintergrund ist ein Schild einer Spielothek zu sehen. Oftmals werden in Rap Songs Spielotheken mit Prostitution in Verbindung gebracht. Hier sind keine besonderen Handlungen festzustellen, denn hier steht sie allein auf der Straße und rappt. Wegen der Halbtotalen Aufnahme ist auch ihr komplettes Outfit nicht zu erkennen. Als sie folgenden Part singt „Fick deutschen Rap, weil Schwesta Ewa mehr Eier hat“ greift sie sich mit einer Hand in den Schritt. Zum Schluss dieser Szene betritt sie einen Raum, wo ein Mann mit Glatze sitzt. Sie übergibt ihm einen Geldbündel, vermutlich den, den sie von einer der durchtrainierten Männer bekommen hat. Nachdem sie das Geld übergeben hat, gibt sie dem Mann einen Kuss auf den Kopf und verlässt den Raum.

Ergebnis: Dass Spielotheken und Prostitution oftmals in Verbindung gebracht werden, kann daran liegen, dass in Spielehallen überwiegend Männer anzutreffen sind, was viele Prostituierte anzieht. Ein gutes Beispiel ist hier die berühmte in Hamburg zu nennen, hier sind neben den Nachtclubs und Prostituierten auf der Straße, auch viele Spielotheken zu sehen (vgl. Schafer o.J.: o.S.). In dieser Szene rappt sie lediglich ihr Lied und bewegt ihre Hände dazu. Als sie dem Mann mit der Glatze das Geld überreicht, sieht es so aus, als wäre er der Zuhälter.

Weiters können hier eine Objektifizierung, sowie sexualisierte Darstellung ebenso ausgeschlossen werden, jedoch würde sie mit ihrem Pelzmantel im realen Leben auf der Reeperbahn Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

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Abbildung 15 Szene 3: Schwesta Ewa auf der Straße mit Pelzmantel

4. Szene: Schwesta Ewa mit zwei Frauen auf der Straße

Analyse: Schwesta Ewa steht mit zwei Frauen auf der Straße. Hier sehen sie aus, als wären sie Prostituierte. Sie schauen einem fahrenden Auto hinterher, in der Hoffnung, dass es stehen bleibt und deren Dienste in Anspruch nimmt. Die drei Frauen sind sehr freizügig gekleidet. Schwesta Ewa hat eine weiße Pelzjacke, weiße Hotpants, weiße Highheels und ein weißes kurzes Oberteil an. Eine der Protagonistinnen hat rosa Unterwäsche an, darüber eine schwarze Pelzjacke und schwarze Highheels. Die andere Protagonistin trägt ein pinkes kurzes und enges Kleid, mit weißen Highheels und darüber hat sie auch eine schwarze Pelzjacke. Alle drei Frauen haben hier wieder offene Haare und sind sehr stark geschminkt. Die Körperstatur der Frauen ist schlank, wobei die Bauchmuskeln bei einer der Protagonistinnen besonders herausstechen. Sie tanzen auf der Straße, haben Spaß und fühlen sich wohl dabei. Bei 01:28 Minute steht Schwesta Ewa in der Mitte der beiden Frauen, die mit dem Rücken zur Kamera gedreht sind und sich bücken. Während sie sich bücken, gibt die Künstlerin den Protagonistinnen einen Klaps auf den Po. Weiters zeigt eine Halbtotale, wie alle drei Frauen vor der Kamera tanzen, indem sie mit ihrem Po wackeln. Bei einer Protagonistin ist das Unterteil so kurz, dass sogar ein Teil ihres Po‘s zu sehen ist. Als der Teil „Die Nutte vom Bahnhof“ gerappt wird, zeigt Schwesta Ewa die Zunge und streicht mit ihrem Zeigefinger über ihre Zunge, im Hintergrund sind wieder beide Protagonistinnen tanzend zu sehen.

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Ergebnis: Diese Szene zeigt die Frauen sexualisierend, sowie objektifizierend. Nicht nur die Protagonistinnen selbst, sondern auch das Outfit und die Präsentierung der Künstlerin an sich unterscheidet sich kaum. Die Frauen werden hier als Prostituierte dargestellt. Durch die ausgewählte Bekleidung werden sie auf deren äußerliches Erscheinungsbild, sowie ihrem weiblichen Körper und Reize beschränkt. Sie sind hier eindeutig ein Objekt, welches zum Anschauen und den Gelüsten der männlichen Zuseher dienen soll. Da Schwesta Ewa eine ehemalige Prostituierte ist, lässt sie sich das nicht nur in ihren Texten, sondern auch in ihren Musikvideos bemerkbar machen. Hier wird deutlich, dass sich dieser Clip kaum von den ursprünglichen Hip-Hop-Musikvideos unterscheidet, da leicht bekleidete, tanzende und schlanke Frauen vorkommen. Die Kamera legt hier wieder den Fokus auf die weiblichen Reize. Hiermit kann gesagt werden, dass eine Selbstobjektivierung vorhanden ist, da sich Schwesta Ewa, sowie die beiden Protagonistinnen mit ihren Outfits und dem jeweiligen Auftreten, auf ihren Körper beschränken. Sie vermitteln dadurch, dass ihr Körper ein Objekt ist, welches nur zum Ansehen und befriedigen der männlichen Gelüste dient.

Abbildung 16 Szene 4: Schwesta Ewa mit zwei Frauen auf der Straße

5. Szene: Schwesta Ewa mit zwei Frauen im Stripclub

Analyse: In dieser Szene sind beide Frauen von der vorherigen Szene zu sehen. Alle drei haben auch hier wieder das gleiche Outfit wie vorhin an. Sie befinden sich im Eingangsbereich eines Stripclubs, wo Schwesta Ewa im Vordergrund steht und ihr Lied rappt, während die anderen

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zwei Frauen im Hintergrund tanzen. Jedoch tanzt auch Schwesta Ewa während sie rappt und bewegt, wie die anderen Frauen ihren Po und tanzt erotisch.

Ergebnis: Auch hier werden die zwei Protagonistinnen in den Hintergrund gedrückt und sind kaum sichtbar. Wie in anderen Hip-Hop-Musikvideos schmücken tanzende, freizügige Frauen hier „nur“ das Video. Auch in dieser Szene findet eine erneute sexualisierende Darstellung der Frauen statt. Mit der knappen und erotischen Bekleidung sind sie ein „Augenschmaus“ für die ZuseherInnen. Was auch hier wieder auffällig ist, ist dass die Künstlerin genauso freizügig gekleidet ist, wie die tanzenden Frauen. In Hip-Hop-Musikvideos von männlichen Künstlern sind, die im Video vorkommende Frauen, überwiegend leicht bekleidet und Männer komplett bedeckt, indem sie meist locker sitzende Jogginganzüge tragen. Dadurch werden Geschlechterunterschiede deutlich.

Abbildung 17 Szene 5: Schwesta Ewa mit zwei Frauen im Stripclub

6. Szene: Schwesta Ewa vor einer U-Bahn-Station

Analyse: Schwesta Ewa steht mit sechs ProtagonistInnen vor einer U-Bahn-Station. Das Gesicht von vier männlichen Protagonisten ist mit dem T-Shirt des Labels „Alles oder Nix“ bedeckt. Hier handelt es sich vermutlich um jene Männer, die das Auto von Schwesta Ewa mit einem Seil gezogen haben. Vor den Männern stehen die zwei Frauen, die in den anderen Szenen bereits vorgekommen sind. Sie haben beide eine schwarze Pelzjacke und schwarze Hose an. Eine Protagonistin trägt die Jacke komplett verschlossen, die andere hat die Jacke offen und trägt darunter einen schwarzen BH. Schwesta Ewa trägt ebenso eine schwarze 98

Pelzjacke, mit schwarzer, zum Teil durchsichtigen Leggings und knallpinke Stiefeletten. Schwesta Ewa hält in ihrer Hand einen Baseballschläger mit Nägel an der Spitze. Die beiden Frauen sind am Tanzen, während die Männer im Hintergrund mit verschränkten Armen stehen und nur mit dem Kopf nicken.

Ergebnis: Eine etwas andere Szene als gewöhnlich ist hier zu sehen, hier sind die Männer im Hintergrund und die Frauen befinden sich vorne. Jedoch sind die Männer hier komplett bedeckt angezogen und es ist kein Stückchen Haut zu sehen – im Gegenteil sind die Frauen hier wieder freizügiger gekleidet und tanzen erotisch. Die Kamera wechselt hier von einer Halbnahen Einstellung, zu einer Totalen, somit sind keine speziellen Fokussierungen auf bestimmte Körperteile bermekbar. Jedoch sind auch hier wieder Unterschiede zwischen den Geschlechter bezüglich den Tanzbewegungen und Bekleidungen erkennbar. Ebenso werden die Frauen hier bezüglich deren Outftis wieder sexualisierend Dargestellt. Schwesta Ewa erinnert mir ihrem gewählten Bekleidungsstil an eine Prostituierte, vor allem sind es ihre pinken Schuhe, die einen sehr auffälligen und erotischen Eindruck erregen. Ein derartiger Kleidungsstil erinnert sehr stark an eine Prostituierte. Auch wenn ihr Oberkörper mit einer Pelzjacke komplett bedeckt ist, ist es das komplette Outfit, dass sie sexualisiert darstellen lässt.

Abbildung 18 Szene 6: Schwesta Ewa vor einer U-Bahn-Station

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9.9 Kitty Kat – Sugamami 1. Szene: Kitty Kat mit einem Jungen in der Küche Analyse: Kitty Kat sitzt auf der Küchentheke und rappt ihr Lied einem jungen Mann (Alter zwischen 18 und 24) vor. Sie hat eine Lederjacke und ein rotes Shirt mit tiefem Ausschnitt an, dazu trägt sie einen schwarzen Lederrock. Als Accessoires trägt sie eine Goldkette und ihre kurzen schwarze Haare trägt sie hier offen. Der Junge trägt ein schwarzes Cap, dazu ein schwarzes Shirt mit einer grauen Jeans. Sie sitzt auf der Theke und rappt ihren Song, während sie rappt, streichelt sie dem Jungen übers Gesicht. Durch die Körpersprache der beiden wird klar, dass Kitty Kat hier das Sagen hat, da der Junge stillsteht und nichts tut, während sie ihn verführt. Das Interessante hier ist, dass sie ihn berührt, aber dies nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Er steht da und hört ihr zu, sie hingegen tanzt weiterhin sitzend auf der Theke.

Ergebnis: Bezüglich ihres Outfits lässt sich sagen, dass sie hier ihren weiblichen Körper präsentiert. Sie zeigt Bauch, Ausschnitt und ihre Beine. Hier stellt sich die Frage ob es sich nun tatsächlich um eine sexualisierende Darstellung handelt, denn sie geht mit dem Outfit neutral um. Jedoch ist es hier wieder üblich, dass die Frauen weniger und sexueller gekleidet sind, als Männer, so ist in dieser Szene vielmehr die Rede von einer Geschlechterdifferenzierung. Obwohl Kitty Kat mit ihrem Outfit keine auffälligen Bewegungen macht, reduziert sie sich indirekt auf ihren Körper, denn sie ist absichtlich weniger gekleidet, um den jungen Mann verführen zu können. Der Fokus der Kamera zeigt auf keine bestimmten Körperteile der Künstlerin, sondern ein Gesamtbild, beider ProtagonistInnen. Aus diesem Grund lässt sich sagen, dass eine Geschlechterdifferenzierung und Objektifizierung, sowie eine sexualisierte Darstellung der Frau gegeben ist. Hier stellt sich die Frage, wieso die Frau weniger gekleidet sein muss, um einen Mann verführen zu können?

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Abbildung 19 Szene 1: Kitty Kat mit einem Jungen in der Küche

2. Szene: Kitty Kat mit Jungen draußen auf einer Bank

Analyse: Kitty Kat sitzt mit dem Jungen auf einer Bank. Der Junge hat das gleiche Outfit, wie in der vorherigen Szene an. Die Künstlerin trägt einen weißen Blazer, mit weißem Shirt, dazu eine weiße Hose und eine schwarze Sonnenbrille. Sie gehen Hand in Hand durch den Park und sehen sehr glücklich aus. Der Junge pflückt der Künstlerin eine Blume, woraufhin sie sich freut. Auch hier wieder singt sie ihm ihren Song vor, während er nur stillsitzt und ihr zuhört. Der Unterschied zur vorherigen Szene ist, dass die Künstlerin hier bedeckter gekleidet ist und nicht tanzt, sondern nur ihre Hände zum Gesang mitbewegt.

Ergebnis: Diese Szene wiederspiegelt die Botschaft von Kitty Kat und zwar, dass sie nicht mit ihrem Aussehen oder nackten Szenen erfolgreich sein möchte. Hier sind keine freizügigen oder sexualisierende Stellen erkennbar. Die Künstlerin überzeugt hier wirklich nur mit ihrem Talent, sie ist ihrem Alter entsprechend gekleidet und bewegt sich auch dementsprechend. Weiters kann hier festgehalten werden, dass die Kamera auch hier auf keine speziellen Körperstellen der Frau fokussiert. Somit kann eine sexualisierende Darstellung der Frau ausgeschlossen werden. Eine Objektivierung bzw. Selbstobjektivierung ist hier ebenso nicht vorhanden, da die Künstlerin sich nicht als Objekt darstellt, um von außenstehenden Personen betrachtet und bewertet zu werden. Vielmehr präsentiert sie in dieser Szene eine Frau, die in einer Beziehung die Oberhand hat, so wie der Titel „Sugamami“ schon verrät, ist sie die ältere Frau, die einen jüngeren Mann mit ihrer femininen Seite um den Finger wickelt.

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Abbildung 20 Szene 2: Kitty Kat mit einem Jungen draußen auf einer Bank

3. Szene: Kitty Kat und Dalila mit den Jungs in einem Stripclub Kitty Kat trägt ein liniertes bauchfreies Sport-BH-ähnliches Oberteil, dazu den passenden Rock, der bis über ihre Knie geht. Mal tanzt sie erotisch mit der anderen, im Video vorkommenden Künstlerin, mal tanzt sie mit unauffälligen Tanzschritten zur Musik. Die andere Künstlerin trägt eine orange Kopfbedeckung, ein oranges ärmelloses Kleid und dazu eine orange Kette mit orangen Ohrringen. Im Hintergrund sind drei ProtagonistInnen zu sehen. Ein Junge trägt einen camouflage Pullover, schwarze Mütze, eine helle Jeans und Sneaker. Der andere Junge trägt einen Pullover mit einem zickzack-Muster, ein schwarzes Baseball Cap und eine weiße Jeans mit schwarzen Sneaker. In der Mitte von den zwei Jungs ist ein tanzendes Mädchen zu sehen. Sie tanzt an der Stange und trägt dazu schwarze Unterwäsche, mit einem silbernen Gürtel und eine Netzstrumpfhose. Ihre blonden Haare trägt sie zu einem Zopf und beide Arme von ihr sind tätowiert. Zu den Körperstaturen der Frauen lässt sich feststellen, dass Kitty Kat und Dalila nicht sehr schlank und auch nicht dick sind, sie betonen mit ihren Outfits ihre weiblichen Kurven. Die Tänzerin ist nicht sehr schlank, sodass die Knochen erkennbar sind, im Gegenteil, in ihrem Outfit sind ihre Muskeln, sowie weibliche Kurven deutlich zu sehen. Die Jungs haben eine normale Statur, sie sind nicht auffällig schlank oder dick. Beide Jungs sitzen auf dem Podest, während die Gogo-Tänzerin sie antanzt. Kitty Kat gibt den Jungs Geldscheine, damit sie diese, er Tänzerin ins Höschen stecken. Eine Portraitaufnahme der Tänzerin während dem Tanzen erfolgt in Zeitlupe, was dem Ganzen mehr Dramaturgie verleitet.

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Ergebnis: Das Outfit der Künstlerinnen wurde so gewählt, dass ihre weiblichen Kurven zum Vorschein kommen. Somit kann gesagt werden, dass sich Kitty Kat in dieser Szene nicht sexualisiert darstellt oder zu einer Selbstobjektivierung neigt, denn hier liegt der Fokus viel mehr auf der Tänzerin, die sehr freizügig gekleidet ist, was aber auf ihren Beruf zurückzuführen ist. Wie bereits erwähnt wird nicht die Künstlerin, sondern vielmehr die Tänzerin sexualisiert, sowie objektifiziert dargestellt. Die Zusammensetzung ihres Outfits wiederspiegelt ihren Job. Der Kamerafokus ist einerseits auf alle ProtagonistInnen im Video gesetzt und andererseits auf die nackten Körperstellen der Tänzerin, wie zum Beispiel ihrem Po gesetzt. Kitty Kat gibt den Jungs Geldscheine, um der Tänzerin die Geldscheine zu geben, damit sie weitertanzt. Derartige Szenen sind in Hip-Hop-Musikvideos oft zu sehen, jedoch sind es oft die Männer selbst, die ihr eigenes Geld den Tänzerinnen in deren Höschen stecken oder sie damit bewerfen. Hier ist eine Objektifizierung der Frauen festzustellen, denn sie werden auf ihren meist schlanken und durchtrainierten Körper reduziert. Dickere Frauen mit einem weniger schlanken Körper sind sehr selten in Videos oder derartigen Szenen zu sehen. Damit kann wieder auf den Aspekt der vorgegebenen Schönheitsideale zurückgegriffen werden. Weiters entstehen durch solche Szenen ein verzerrtes Bild der Frauen, die sich für Geld ausziehen und tanzen. Sehr selten bis gar nicht werden tanzende Männer in Striplokale gezeigt. Dadurch ist auch hier wieder eine Geschlechterdifferenzierung festzustellen

Abbildung 21 Szene 3: Kitty Kat und Dalila mit den Jungs in einem Stripclub

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4. Szene: Kitty Kat ist mit Dalila und den beiden Jungs in einem Café

Analyse: Hier sitzen alle vier ProtagonistInnen in einem Café, gemeinsam an einem Tisch und essen. Kitty Kat hat ein schwarzes Oberteil an, bei dem beide Schultern nackt sind, die Haare hat sie auch hier wieder offen und trägt als Accessoires eine Goldkette. Sie hält in der Hand ein Glas und schickt dem Jungen einen Kuss zu, das von dem Jungen erwidert wird. Die Szene ist sehr kurz und zeigt wenig, von den ProtagonistInnen.

Ergebnis: Da die Szene sehr kurz ist kann nicht viel festgestellt werden. Was jedoch gesagt werden kann ist, dass Kitty Kat hier ein gewöhnliches und unauffälliges Outfit trägt und somit eine Sexualisierung sowie eine Objektifizierung ausgeschlossen werden kann. Wie auch in der vorherigen Szene im Park, stellen die beiden AkteurInnen ein Pärchen dar. Bezüglich ihres Outfits stellt sich hier wieder die Frage, wieso Frauen unbedingt nackte Körperstellen präsentieren müssen? Sie hätte ebenso einen gewöhnlichen Pullover, ohne nackten Schultern anziehen können. Hier ist viel mehr die Rede eines Gaze, der dadurch zustande kommt.

Abbildung 22 Szene 4: Kitty Kat ist mit Dalila und den beiden Jungs in einem Café

5. Szene: Kitty Kat mit Jungen im Schlafzimmer

Analyse: In der letzten Szene des Musikvideos von Kitty Kat und Dalila ist Kitty Kat mit dem Jungen (der wieder das gleiche Outfit trägt) im Schlafzimmer. Die Künstlerin trägt auch hier wieder die Haare offen und ist wie in den anderen Szenen wenig geschminkt. Sie hat ein 104

schwarzes Seidenoberteil mit tiefem Ausschnitt, dazu eine schwarze kurze Hose an. Der Junge trägt hier eine Maske, welche nur den Augenbereich bedeckt. Hier verführt sie ihn, sie schubst den Jungen auf das Bett und setzt sich auf ihn drauf. Sie klatscht ihn auf die Wange, welches den Jungen aufweckt und ihm somit klar wird, dass alle im Video vorkommenden Liebesszenen nur ein Traum war. In Wirklichkeit liegt er mit seinem Freund auf einer Couch und wird von seiner Mutter mit leichten Ohrfeigen geweckt. Die Mutter trägt hier eine sehr kurze Hose, wo der Ansatz der Pobacken leicht zu sehen ist.

Ergebnis: Hier wird auch wieder die Message des Liedes klar und zwar, dass sie eine „Sugarmami“ ist. Hier sind seine Augen bedeckt und wird von der Künstlerin verführt. Eine sexualisierte Darstellung der Frau ist hier nur bedingt zu erkennen, da es bei einer derartigen Szene für gewöhnlich ist, dass die DarstellerInnen leicht bekleidet sind. Jedoch kann eine Geschlechterdifferenzierung auch hier wieder festgestellt werden, da die Frau erneut freizügiger gekleidet ist, als der Mann.

Von einer Objektivierung ist ebenso bedingt die Rede, denn hier wird zwar ihr Körper wieder präsentiert, jedoch steht dies‘ in einem anderen Zusammenhang. Sie stellt ihren Körper nicht als Objekt zur öffentlichen Anschauung dar, sondern setzt ihn in dieser Szene ein, um den Jungen heiß zu machen.

Abbildung 23 Szene 5: Kitty Kat mit Jungen im Schlafzimmer

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9.10 Lady Bitch Ray – Cleopatra An dieser Stelle soll angemerkt werden, dass das vorliegende Video aus (nur) drei Hauptszenen besteht, in denen die Künstlerin vorkommt. Neben den zwei Szenen, werden andere Protagonistinnen gezeigt, die einen erheblichen Einfluss auf die durchzuführende Analyse nehmen.

1. Szene: Lady Bitch Ray sitzt auf einem Thron

Analyse: Die Rapperin geht auf ihren Thron zu. Hier wird sie von hinten gefilmt, das Kamerabild zeigt hauptsächlich ihren Po. Das Outfit, welches sie in dieser Szene trägt, ist in erster Linie nicht eindeutig erkennbar. Ihr Po ist umrandet von einem goldenen Stoffherz, wodurch ihr nackter Po fast komplett zu sehen ist. Ein schwarzer durchsichtiger Stoff verhindert, dass ihr Po zur Gänze gezeigt wird. Als nächstes setzt sie sich auf den Thron und rappt ihren Text. Die Künstlerin trägt ein auffälliges Cleopatra ähnelndes Kostüm. Auf ihrem Brustkorb trägt sie ein buntes Tattoo, welches vermutlich nur für das Video raufgezeichnet wurde. In dieser Szene bewegt sie sich kaum, sitzt mit überkreuzten Beinen auf ihrem Thron und singt ihren Text. Die Künstlerin spielt mit ihren Ringen an ihrem Finger und bewegt ihre Finger dabei. Eine weitere Szene ist eine seitliche Nahaufnahme ihrer Lippen, während sie rappt.

Ergebnis: Eine Objektifizierung ist in dieser Szene nicht erkennbar, viel mehr ist hier die Rede von einer sexualisierten Darstellung, wegen ihrem Detail an ihrem Po. Hier stellt sich die Frage, ob das Detail auf ihrem Po wirklich so notwendig ist? Oder ob sie einfach nur eine erotischere Darstellung der Cleopatra sein möchte? Zu beachten ist hier, dass sie keine erotischen Bewegungen mit dem Outfit macht, sondern sehr „sachte“ damit umgeht. Die Kamera fokussiert sich nicht auf bestimmte Körperteile der Frau, sondern zeigt die Künstlerin als Ganzes. Jedoch sind es die Texte, welche als sexualisierend eingestuft werden. Als Beispiele können folgende Parts genannt werden:

„Ich bin die schönste Bitch in deiner Stadt.“ oder „Ich hab 'nen Typ der meine Füße küsst Und einen Knaben für die Klitoris […] Ich sitze im Aromabad mit gutgebauten Untertanen Und ficke nur noch monogam. Dr. Bitch, guck ich hab die Fotze fit. Was soll ich mit 'nem Schwanz der nicht größer als ‘ne Pommes ist.“

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In ihren Texten bezeichnet sie sich selbst als Bitch. Hier stellt sich die Frage, ob ihr derartiges Verhalten als Provokation einzuordnen ist oder sie es deswegen tut, damit wenn es andere tun, es nicht als Beleidigung gilt (siehe SXTN). Mit ihren Strophen macht sie einen selbstbewussten Eindruck und behandelt jene Themen, die auch von Männern behandelt werden – das Unterdrücken des anderen Geschlechts, welches mit der Strophe „Ich hab‘ nen Typen der meine Füße küsst und einen Knaben für die Klitoris“ verdeutlicht werden kann.

Bezüglich des Textes kann gesagt werden, dass sie sich nicht selbst als Objekt darstellt, sondern bezieht sie die Objektifizierung auf das männliche Geschlecht. Hier wird deutlich, dass sie die Männer nur als „Sexobjekt“ in Erwägung zieht. Somit lässt sich sagen, dass sie die Persönlichkeit des anderen Geschlechts ignoriert und sich nur auf das äußerliche Erscheinungsbild fokussiert und den männlichen Körper als Objekt betrachtet.

Abbildung 24 Szene 1: Lady Bitch Ray sitzt auf einem Thron

2. Szene: Lady Bitch Ray in der Badewanne und zwei Frauen

Analyse: Die Künstlerin liegt in der Badewanne (warscheinlich nackt), trägt goldenen Kopfschmuck und die Haare zu einer Hochsteckfrisur. Sie ist umgeben von zwei Frauen, die einen Bikini tragen. Das Interessante bei der Auswahl der Protagonistinnen ist, dass beide Frauen eine unterschiedliche Hautfarben haben, jedoch das gleiche Outfit tragen. Die Darstellerin mit der schwarzen Hautfarbe hat auf ihrem Bauch die Aufschrift „Bitch Ray“. 107

Weiters tragen beide Akteurinnen eine Maske, die den Augenbereich bedeckt. Hier bedienen beide Damen die Künstlerin, indem einer der Akteurinnen Lady Bitch Ray mit Milch begießt, während die andere Darstellerin die Künstlerin mit Rosenblüten bestreut. Beide Nebendarstellerinnen haben eine schlanke Körperstatur.

Ergebnis: In dieser Szene ist von der Künstlerin nicht viel zu sehen, denn sie liegt nur in der Badewanne und wird von der hinteren bzw. seitlichen Perspektive gefilmt. Somit kann eine Objektifizierung ihrerseits, sowie sexualisierende Darstellung ausgeschlossen werden. Jedoch wird der Fokus hier vielmehr auf die, der Protagonistinnen gelegt, denn die beiden zeigen sehr viel nackte Haut. Weiters sind es die beiden, die sich ständig bewegen und den meisten Platz des Kamerabildes einnehmen. Wie bereits oben erwähnt, haben die beiden eine schlanke Figur, somit lässt sich auch hier wieder sagen, dass hier nur schlanke Protagonistinnen gewählt wurden, die ein erneutes Schönheitsbild vorgeben. Diese Studie fokussiert sich auf die Selbstpräsentation der deutschen Rapperinnen in ihren Musikvideos, doch lässt sich hier feststellen, dass hier die Protagonistinnen objektifiziert und sexualisiert dargestellt werden. Deren Körper wird als Objekt dargestellt, welches bei den ZuschauerInnen den sogenannten Gaze auslöst. An dieser Stelle lässt sich sagen, dass der Gaze mittels visueller Medien, in diesem Fall Musikvideos entsteht, denn der Kamerafokus liegt in dieser Szene auf den halbnackten Nebendarstellerinnen. Interessant ist ebenso, dass sich Lady Bitch Ray für diese Szene zwei Frauen und keine Männer ausgesucht hat.

Abbildung 25 Szene 2: Lady Bitch Ray in der Badewanne und zwei Frauen

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3. Szene: Lady Bitch Ray und der Mercedes

Analyse: Ein Klassiker in Hip-Hop-Musikvideos sind teure Luxusautos, die auch hier nicht fehlen dürfen. Lady Bitch Ray steigt aus einem schwarzen Mercedes aus. Sie trägt ein schwarzes Korsage-ähnliches Oberteil aus Lack. Über ihren Schultern trägt sie ein schwarzes käfigähnliches Teil, die Haare hat sie hier offen und ist stark geschminkt. Dazu trägt sie eine schwarze Leggings mit hohen Schuhen. Die beiden Darstellerinnen sind ebenso in dieser Szene zu sehen, jedoch sind sie hier im Gegensatz zur vorherigen Szene viel mehr im Hintergrund. Die Darstellerin mit den blonden Haaren steigt aus dem Auto an der Fahrerseite aus, die andere Protagonistin steigt an der Hinterseite aus, wo auch Lady Bitch Ray aussteigt. Beide Protagonistinnen tragen ein goldenes glitzerndes kurzes Kleid mit einer schwarzen Jacke – erneut mit Augenmaske. Lady Bitch Ray steht hier im Vordergrund und rappt ihr Lied, während die beiden Protagonistinnen nur im Hintergrund stehen. Bei dem Textausschnitt „.. und reib‘ mir die Muschi“ greift sie sich mit beiden Händen zwischen den Beinen.

Ergebnis: In dieser Szene stellt sich die Rapperin nicht objektifizierend dar. Außer dem Lackoberteil sind keine sexualisierenden Stellen erkennbar. Wie bereits oben erwähnt, zählen Outfits aus Lack oder Leder zur sexualisierenden Darstellung der Frau, da derartige Bekleidungen an das Rotlichtmilieu erinnert.

Abbildung 26 Szene 3: Lady Bitch Ray und der Mercedes

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9.11 Zusammenfassung SXTN

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass SXTN in ihrem Video „Von Party zu Party“ ihrem Motto treu geblieben sind. Sie feiern wie sie wollen, zeigen Gesten, die sie wollen und legen den Fokus nicht auf nackte Körperteile. In ihrem Musikvideo sind sie zwar bei der ein oder anderen Szene leicht bekleidet, jedoch liegt der (Kamera)Fokus nicht auf Beine, Po, Dekolleté etc. Auffällig bei dem Video ist, dass die Kameraperspektive vieler Szenen im Video überwiegend den Oberkörper der Frauen zeigen. Somit lässt sich sagen, dass nicht die nackten Beine, der tiefe Ausschnitt, der Busen usw. im Vordergrund steht, sondern wirklich die Frau als Mensch. Die Frau wird hier nicht auf ihren Körper reduziert, vielmehr stellt das Rapper- Duo SXTN die Frau als Künstlerin und nicht als sexuelles Objekt dar. In ihrem Video erfüllen sie die Klischees der gewöhnlichen Hip-Hop-Videos, indem tanzende Frauen, Partys und Luxusgüter vorkommen.

Eunique

Eunique setzt viel auf Frauenpower. Nicht nur in ihren Interviews, die sie fast nie alleine ohne weibliche Begleitung führt, sondern auch in ihren Musikvideos wird dies klar. In diesem analysierten Video wird deutlich, dass sie gerne mit ihren Outfits provoziert. Sie zieht gerne freizügige Bekleidung an, nicht nur sie, sondern auch die vorkommenden Frauen. Fraglich ist, ob sie dies beabsichtigt macht oder unbeabsichtigt. Sie trägt zwar zu einer Selbstobjektivierung bei, zeigt aber auch im Video, dass sie viel Sport betreibt. Dies wiederum bedeutet, dass sie ihren schlanken Körper auf gesunder Art und Weise bekommen hat. Ein wichtiger Punkt ist, dass nicht alle im Video auftretenden Frauen einen perfekten Körper haben. Ebenso werden Frauen gezeigt, die leicht bekleidet und bisschen dicker als Eunique sind. Die Protagonistinnen, samt Eunique sind nicht klischeehaft vollbusig oder sehen „nuttig“ aus, im Gegenteil unterscheiden sich untereinander. Somit trägt sie zu einer Diversität bei. Weiters beschränkt sich die Kamera nicht nur auf den weiblichen Busen oder Po, vielmehr wird hier das weibliche Geschlecht als Ganzes gezeigt. In diesem Video ist selten bis kaum eine derartige Nahaufnahme erkennbar. Wie bereits erwähnt, sind die vorkommenden Outfits sehr provokant und sexualisierend, jedoch werden die Outfits immer mit einem bestimmen 110

Bekleidungsstück gemildert, entweder mit Turnschuhen, langer Hose oder Jacke. Es kann also gesagt werden, dass Eunique einer Selbstobjektivierung beiträgt und gerne ihren Körper präsentiert, jedoch zeigt sie dies in Kombination mit Sport, um ein gutes Vorbild für ihre Fans zu sein.

Schwesta Ewa

Schwesta Ewa lebt ihre Vergangenheit als Prostituierte in der Gegenwart und zwar in ihren Texten. Sie stellt sich und ihre Protagonistinnen sexualisierend dar. In einer Szene ahmen sie sogar eine Stelle aus ihrem früheren Leben, als Prostituierte nach, indem sie und zwei andere Frauen auf der Straße, sehr kurz und knapp angezogen, in Highheels stehen und auf potenzielle Kunden warten. Die Frauen sowie Schwesta Ewa selbst sind hier sehr freizügig und erotisch gekleidet. In diesem Video haben sie meist nur eine Pelzjacke mit kurzen Hosen, Kleider oder Unterwäsche an. Jedoch bleibt es nicht nur bei der Bekleidung, Schwesta Ewa fällt vor allem mit den Handlungen in den Szenen auf. Frauen greifen sich gegenseitig oder selbst auf Brüste und Po. In einer Szene bücken sich Frauen nach vorne, wobei der Po direkt zur Kamera zeigt und Schwesta Ewa klatsch ihnen auf den Po. Männer werden in ihrem Video komplett in den Hintergrund gestellt, sie dienen der Künstlerin, indem sie ihr Auto ziehen und ihr einen Geldbatzen überreichen. Weiters stehen sie hinter tanzenden Frauen und bewegen sich kaum. Die Kamera fokussiert sich hin und wieder auf Po und Brüste der Frauen, während sie sich selbst ausgreifen. Wie bereits oben erwähnt, stellt Schwesta Ewa sich und die anderen Frauen sexualisierend dar und trägt zu einer sexualisierenden Darstellung der Frauen in Hip- Hop-Musikvideos bei. Ebenso neigt sie zu einer Selbstobjektivierung, denn sie stellt sich, sowie ihren Körper zur Schau. Sie reduziert sich selbst auf ihren Körper und präsentiert ihn mittels freizügiger und erotischer Kleidung. Auf persönliche Werte wird hier kein Wert gelegt, denn sie drängt jene Werte mit ihrem äußeren Erscheinungsbild in den Hintergrund. Somit wird sie von ZuseherInnen bezüglich ihrem Äußeren beurteiltet und innere Werte werden ignoriert. Die DarstellerInnen in den Videos haben alle einen sehr gut gebauten, schlanken bzw. muskulösen Körper. Die präsentierten Körper entsprechen dem von den Medien vorgegebenen Schönheitsidealen. Selten werden übergewichtige ProtagonistInnen für Videos ausgewählt – was auch in diesem Video erneut der Fall ist. Dieses analysierte Video entspricht

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erneut den Faktoren eines traditionellen Hip-Hop-Clips. Es kommen nackte/freizügige Frauen vor, bestimmte Körperteile der Frauen werden gezielt gezeigt, Luxusgüter wie Pelzmantel oder teure Autos sind auch vorhanden. Schwesta Ewa dreht aber hier den Spieß um und lässt die fast nackten Männer für sich arbeiten. Aus der Szene, in der ein Mann ihr das Geld überreicht, wird klar, dass er für sie gearbeitet hat und sie in der Hierarchie über ihm steht. Als Schwesta Ewa den Bündel einem anderen Mann überreicht, wird deutlich, dass sie für ihn arbeitet und die anderen Männer ihre „Untertanen“ sind.

Kitty Kat

Kitty Kat ist ihre Einstellung gegenüber dem Rap treu geblieben. Sie legt Wert auf ihr Auftreten in den Musikvideos, sowie ihrem äußeren Erscheinungsbild, stellt sich beispielsweise mit ihren Outfits nicht zur Schau dar. Im analysierten Video stellt Kitty Kat eine Dame mittleren Alters dar, die eine Affäre mit einem Jungen hat. Der Junge hat sich in Kitty Kat verliebt und im Musikclip wird klar, dass nicht der Mann, sondern die Frau das Sagen hat. Die Klischees, dass Männer das Oberhaupt in der Beziehung sind, wird in diesem Video aufgehoben. Kitty Kat stellt eine sexy, reife Frau dar, die ihre junge Affäre verwöhnt. Überwiegend ist sie im Video normal und dezent gekleidet. In einer Szene hat sie zwar eine kurze Hose an, fällt aber damit nicht wirklich auf. Sie sitzt auf der Küchentheke und macht ihrer Affäre schöne Augen. Weiters bewegt sie sich in diesem Outfit sehr unauffällig. Der Fokus der Kamera ist meist so gelegt, dass keine bestimmten Körperstellen, wie Beine, Brust oder Po der Frau in den Vordergrund treten. Kitty Kat ist mittlerweile 36 Jahre alt und präsentiert sich im Video ihrem Alter entsprechend – reif und erfolgreich. Mit diesem Musikclip beweist sie, dass sie sich nicht sexuell präsentieren muss, um eine erfolgreiche Musikkarriere starten zu können. Wie bereits bei der Analyse festgestellt, findet hier selten eine Objektifizierung, sowie Sexualisierung statt. Viel mehr kann bei dem Video auf den Aspekt der Geschlechterdifferenzierung zurückgegriffen werden. Die in dem Video vorkommenden Jungs haben beide eine lange Jeans und ein T-Shirt an, welches sehr unauffällig ist. Überwiegend sind es hier die Frauen, die ein auffälligeres und sexualisierendes Outfit tragen. Neben den kurzen Hosen, bauchfreien Oberteilen, sowie Leoparden Muster sind es ebenso die jeweiligen Bewegungen, die zu einer sexualisierenden Darstellung der Frau beitragen. Insgesamt lässt sich sagen, dass sich Kitty Kat

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in diesem Video weder sexualisierend noch objektifizierend darstellt, sie legt den Fokus viel mehr auf ihr Talent. Sie schlüpft hier in die Rolle einer Frau, die eine Affäre mit einem jüngeren Mann hat. Diese Rolle begründet ihren Kleidungsstil, denn sie vermittelt die Botschaft einer sexy „älteren“ Frau, die einen Jungen um den Finger wickelt.

Lady Bitch Ray

Die Pornorapperin mit dem Doktortitel stellt sich in ihrem Video sexualisierend bzw. objektifizierend dar, die ihre Texte widerspiegeln. In diesem Video ist zwar viel Haut zu sehen, jedoch liegt der Kamerafokus nicht auf Beine, Brüste oder Po der Künstlerin. Ebenso bewegen sich die Künstlerin, sowie die Darstellerinnen nicht erotisch zur Musik. Vielmehr ist es der Text, der an sexualisierenden Inhalten erinnert. Sie bleibt sich ihrem Ruf treu, indem sie sehr viele pornografische Textzeilen rappt. An diese Stelle soll gesagt werden, dass ihre Texte zwar pornografisch sind, aber keinesfalls frauenfeindlich. Viel mehr beleidigt sie Männer, indem sie sagt „Was soll ich mit ‘nem Schwanz, der nicht größer als ne Pommes ist“, damit verdeutlicht sie, dass sie sich nicht mit dem „Minimum“ zufriedengibt. Dies ist nur eine Stelle von vielen provozierenden Textpassagen. Genauso wie jene Stelle, als sie sagt, sie sei die schönste Bitch in der Stadt, zeigt, dass sie gerne provoziert. Neben den Textstellen lässt sich sagen, dass sie sich großenteils auf ihr „Lack-und-Leder-Outfit“, sowie ihren Highheels reduziert. Lady Bitch Ray trägt ein Cleopatra Outfit, jedoch ist dies die erotischere Version, der Cleopatra, denn Cleopatra hat bestimmt keinen Ausschnitt am Po, wo der blanke Hintern gezeigt wird. Musikalisch und lyrisch gesehen, steckt außer Provokation und Pornografie nicht viel dahinter. Sie stellt sich selbst mittels ihrer Outfits und Texten zur Schau und trägt somit zu einer Selbst- Objektifizierung und einem daraus resultierenden Gaze bei. Obwohl sie einen Doktortitel besitzt, ist sie im Rap Geschäft eine komplett andere Person. Auch hier ist wieder der Aspekt der Machtverhältnisse gegeben, denn sie hat hier zwei Frauen, die sie anhimmeln und alles für sie tun und Lady Bitch Ray sich von ihnen bedienen lässt. Das Luxusgut ist hier ein schwarzer Mercedes, welches auch keine Seltenheit in den üblichen Hip-Hop-Musikvideos ist.

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10 Schlussfolgerung In der Einleitung wurde das Thema, rund um die Präsentation deutscher Rapperinnen in ihren Musikvideos vorgestellt. Neben dem Thema wurde ebenso auf die untersuchenden Künstlerinnen näher eingegangen, um so einen Überblick über die Stichprobe zu bekommen. Weiters wird bereits in der Einleitung klar, dass sich alle fünf Rapperinnen voneinander unterscheiden, welches ein weiteres Kriterium für die Auswahl dieser Künstlerinnen war. Die Stichprobe reicht von der feministischen bis hin zur Porno Rapperin.

Das Rapper Duo „SXTN“ beweisen in ihrem Musikvideo „Von Party zu Party“, dass sie genauso feiern können, wie Männer. Sie lassen sich nicht unterkriegen und bringen deren Attitude in ihren Musikvideos, sowie Texten zum Vorschein. Sie übertreiben gerne und sind auffällig. Die Rapperin „Eunique“ hingegen geht die Sache ein bisschen ruhiger an und rückt mit ihrer „Kobra Militär“, bestehend aus Frauen, in den Vordergrund. Ihrem Exfreund, der nie an sie geglaubt hat, wollte sie beweisen, dass Frauen im Rap Geschäft genauso erfolgreich, wie Männer sein können und siehe da – sie hat es geschafft! Eine ehemalige Prostituierte ist jetzt Rapperin? Schwesta Ewa macht es möglich, trotz ungewöhnlicher Vergangenheit, beweist sie allen, dass es möglich ist. Mit dem Rappen hat sie es aus dem Rotlichtmilieu geschafft und ist heute mehr als erfolgreich. Ihre Texte behandeln ihre Vergangenheit, Themen wie Sex, Gewalt und Drogen umfassen ihre musikalische Karriere. Neben ihrer Lyrik widerspiegelt sie ihre Vergangenheit in ihren Musikvideos mittels ihrem Auftreten, sowie Outfits und Locations. Das komplette Gegenteil ist die Rapperin „Kitty Kat“, denn sie wollte nicht mit ihrem visuellen Auftreten überzeugen, sondern mit ihrem Talent. Deswegen gab es Kitty Kat erstmals nur zu hören und nicht zu sehen. Nachdem sich alle fragten, wer die talentierte Newcomerin ist, zeigte sie im Musikvideo ihres Labels „Aggro Berlin“ erstmals ihr Gesicht. Eine Rapperin mit Doktortitel? Klingt sehr ungewöhnlich, ist aber so! Lady Bitch Ray oder besser gesagt Dr. Bitch Ray hat 2012 eine Dissertation über die Bedeutung des muslimischen Kopftuchs in Deutschland verfasst. Im Rap Geschäft ist sie das komplette Gegenteil, sie wird als weibliche Version des Pornorappers „Frauenarzt“ betitelt. Ihre Lieder haben Titel wie „Deutsche Schwänze“, „Bitchsm“ oder „Bitchanel“. Weiters hat sie 2006 eine EP namens „Fick mich“ veröffentlicht.

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Diese fünf vorgestellten Rapperinnen wurden für die Untersuchung ausgewählt und ihre erfolgreichsten Musikvideos der letzten vier Jahre analysiert, um die Forschungsfrage Wie präsentieren sich deutsche Rapperinnen in ihren Musikvideos, wenn sie als Hauptfigur fungieren? beantworten zu können. Zumal lässt sich sagen, dass sich die Rapperinnen alle unterschiedlich darstellen, sie haben zwar alle gemeinsam, dass sie nackte Haut und ihre weibliche Seite zeigen, dennoch sind es die kleinen Details, die den Unterschied machen. Beispielsweise trägt Eunique in ihrem Musikvideo eine sehr kurze Hose, kombiniert dies aber mit sportlichen Turnschuhen. Die Turnschuhe mildern das Outfit, somit wirkt es weniger sexuell anziehend, als das Outfit von Schwesta Ewa, die einen kurzen schwarzen Rock mit pinken High Heels kombiniert. Die ausgewählte Bekleidung von Schwesta Ewa erinnert vielmehr an eine Prostituierte, als das von Eunique. Weiters wird der Kamerafokus im Musikvideo von Schwesta Ewa oftmals auf Brüste oder Po der Nebendarstellerinnen gelegt, jedoch nie auf ihre eigenen. Die Nebendarstellerinnen werden bei allen Clips sexualisierender und objektifizierender als die Künstlerinnen selbst dargestellt. Das Rapper Duo „SXTN“ legt viel Wert auf die Darstellung der Frauen im Video, welches durch die Kameraperspektive deutlich wird. Überwiegend werden die Frauen in einer Halbtotalen Perspektive gezeigt, somit liegt der Fokus nicht auf Ausschnitt, Bein, Po oder Körperstatur der Frau. Kitty Kat zeigt in ihrem Video wenig Haut und stellt sich selbst nicht zur Schau dar, vielmehr lassen sich bei ihrem Video Unterschiede in der Präsentation der Geschlechter feststellen. Die vorkommenden Frauen (Kitty Kat und Dalila) sind freizügiger und auffälliger gekleidet, als die männlichen Protagonisten. Die Männer tragen hier überwiegend eine Jeans mit einem unauffälligen Oberteil. Die Frauen hingegen tragen hier enge Bekleidung, die ihre weiblichen Kurven zur Geltung bringen. Jedoch soll an dieser Stelle angemerkt werden, dass in dieser Szene deutlich wird, dass sie sich mittels enger Kleidung nicht auf ihren Körper reduzieren und somit in den Vordergrund drängen. Wie bereits oben erwähnt, schlüpft Kitty Kat in eine Rolle einer verführenden älteren Dame. Vielmehr ist es hier ihr Talent, womit sie überzeugen möchte. Lyrisch gesehen, sind es Schwesta Ewa und Lady Bitch Ray, die ähnliche Texte verfassen, sich aber visuell unterschiedlich präsentieren. Beide schreiben provozierende, pornographische Texte, widerspiegeln dies aber auf einer unterschiedlichen Art und Weise in ihren Clips. Schwesta Ewa beispielsweise präsentiert sich freizügig, provokant und

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sexualisierend. Lady Bitch Ray hingegen präsentiert sich zwar auch freizügig, jedoch sind es bei ihr vielmehr die Nebendarstellerinnen, die sexualisierend und objektifizierend dargestellt werden. Im analysierten Video von Lady Bitch Ray sind die Nebendarstellerinnen im Bikini gekleidet und werden auf ihren Körper reduziert. Somit wird der Körper als Objekt dargestellt und von ZuseherInnen auch dementsprechend bewertet. Dadurch entsteht ein Gaze, der mittels den audiovisuellen Medien dargestellt wird. Der Gaze ist der sogenannte Blick, der bei Frauen auf ihre Körper gerichtet ist, bei Männern hingegen wird der Fokus überwiegend auf Kopf und dem Gesicht gelegt.

Faktoren für eine sexualisierte Darstellung ist in erster Linie die nackte Haut der Darstellerinnen. Das gewählte Outfit ist fast bei allen Darstellerinnen überwiegend freizügig ausgewählt worden. Jedoch unterscheiden sich die Künstlerinnen in den Bewegungen, sowie Tanzschritten. Sie sind zwar leicht bekleidet, doch keiner von den Künstlerinnen tanzt erotisch. Vielmehr sind es die Nebendarstellerinnen, die erotisch tanzen. Auf das Musikvideo „Von Party zu Party“ von SXTN trifft dies nicht zu, denn hier tanzen, springen und feiern sie gemeinsam mit anderen Partygästen in einer vermutlichen Konzerthalle. Obwohl sie hier bauchfreie Oberteile tragen, kommt dies nicht zur Geltung und macht keinen sexualisierenden Eindruck. Eine sexualisierende Darstellung kommt immer darauf an, wie sich die Künstlerinnen präsentieren. Wie bereits weiter oben erwähnt, macht es einen Unterschied, ob die Rapperinnen einen kurzen Rock mit High Heels oder mit sportlichen Turnschuhen kombinieren. Ein weiterer Faktor für eine sexualisierte Darstellung ist der eingestellte Kamerafokus. Zeigt die Kamera nur auf Brüste/Beine/Po, so ist eine klare sexualisierte Darstellung festzustellen. In fast allen Videos wird der Kamerafokus auf die oben genannten Körperteile gelegt, jedoch ist hier zu beachten, dass dieser Fokus nicht auf die Körperteile der Rapperinnen gelegt wird, sondern auf die der Nebendarstellerinnen, wie im Video von Schwesta Ewa des Öfteren zu sehen ist. Hier wurde der Kamerafokus auf den Po der beiden gebückten Nebendarstellerinnen oder Brüste gesetzt. Als weiters Beispiel kann hier das Musikvideo von SXTN herangezogen werden, wo die Kamera auf die männlichen Brustwarzen, die mit einem schwarzen X abgeklebt sind, fokussiert. Lady Bitch Ray unterscheidet sich hier ein wenig, indem sie den Fokus der Kamera auf ihren eigenen Körper legt und zwar filmt die Kamera zu Beginn und zu Ende des Videos die Rapperin von hinten. In dieser Szene ist ihr Po, 116

der mit einem durchsichtigen Bekleidungsmaterial verdeckt ist, in der Mitte des Kamerabildes. Ob es sich um eine bewusste bzw. unbewusste Objektifizierung seitens der Rapperinnen handelt ist schwierig zu sagen, denn die Rapperinnen stellen sich alle unterschiedlich dar. SXTN haben zwar knappe Outfits und zeigen ihren Körper, jedoch steht in diesem Video deutlich das Feiern und nicht deren Körper im Mittelpunkt. Anders ist es bei Eunique, die ihren sportlichen Körper gerne präsentiert. Jedoch ist auch hier zu sagen, dass sie ihren Körper nicht auf erotischer Art und Weise präsentiert, sondern viel mehr auf sportlicher Ebene. Deswegen ist die Szene im Boxring sehr wichtig, denn hier wird klar, dass sie Sport betreibt, um einen derartigen Körper zu bekommen. Beispielsweise hat sie einen bauchfreien Pullover von der Sportmarke Nike an, kombiniert dies aber mit Turnschuhen und einer Jogginghose. Somit lässt sich im Fall der Rapperin Eunique sagen, dass es sich bei ihr um eine bewusste, freizügige und selbst-objektifizierende Darstellung handelt, was aber nicht mit negativen Aspekten in Verbindung gebracht wird. Ihre ausgewählte Kobra Militär zeigt eine Diversität an Frauen, es sind keine typischen blonde, schlanke und vollbusige Frauen zu sehen. Schwesta Ewa trägt zu einer bewussten Provokation, sowie Objektifizierung und sexualisierenden Präsentierung der Frauen bei. Denn in ihrem Video ist mehr nackte Haut, als Bekleidung zu sehen. Nicht nur die Bekleidung, sondern auch der Umgang damit, sowie die ausgewählte Location sind Faktoren einer derartigen Darstellung. Sie hat einen schönen schlanken Körper, sowie auffällige Tattoos und die zeigt sie auch gerne. Weiters wird deutlich, dass sie sich in ihrem Körper wohlfühlt und diesen eben gerne der Außenwelt präsentiert. Neben ihrer knappen Bekleidung trägt sie auffällige und knallige High Heels, die dem gewählten Outfit noch „das gewisse Etwas“ verpassen. Anders als bei SXTN oder wie später gezeigt wird bei Kitty Kat, legt sie den Fokus deutlich auf nackte Körperteile und die Präsentierung nach Außen, als auf die Handlung im Video. Die Rapperin Kitty Kat legt in diesem Video keinen großen Wert auf freizügige und enge Kleidung. Sie hat zwar in einer Szene eine kurze Hose an, jedoch ist dies nur schwer erkennbar, denn sie sitzt auf dem Küchentresen und rappt dem jungen Protagonisten etwas vor. Die Kamera ist so eingestellt, dass keine bestimmten Körperteile, wie die nackten Beine zu sehen sind. In diesem Video wird ebenso klar, dass sie ihren Körper hier nicht zur Schau stellt, sondern vielmehr eine Geschichte erzählt. Als Rezipientin lässt sich sagen, dass mit dem Rezipieren des Videos vielmehr auf die Handlungen und nicht auf ihren Körper geachtet wird.

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Somit wird klar, dass Kitty Kat nicht zu einer Objektifizierung beiträgt, vielmehr wird in ihrem Video klar, dass sie zu Geschlechterdifferenzierungen neigt, während die männlichen Protagonisten lockere Jeans und Pullover tragen, zeigen die weiblichen Darstellerinnen viel mehr Haut. Die diplomierte Pornorapperin Lady Bitch Ray neigt ebenso zu einer bewussten Objektifizierung. Neben ihren provokanten Texten erregt sie mit ihren skurrilen Outfits die Aufmerksamkeit. In ihrem Musikvideo „Cleopatra“ sind zwei weitere Darstellerinnen zu sehen, die in einer Szene nur einen Bikini tragen. Von der Rapperin selbst ist wegen der Kameraperspektive nicht viel zu erkennen, denn in einer Szene liegt sie in der Badewanne und wird von den Nebendarstellerinnen mit Milch beschüttet. Sie stellt ihren Körper nicht als Objekt dar, der zur Befriedigung männlicher Begierde dient, vielmehr stellt sie die Nebendarstellerinnen zur Schau dar.

Neben der Objektifizierung lässt sich sagen, dass in fast allen Videos eine geschlechterdifferenzierte Darstellung vorhanden ist. Besonders auffällig ist, dass die Rapperinnen, sowie die weiblichen Nebendarstellerinnen viel mehr Haut, als Männer zeigen. Als Beispiel kann hier Eunique oder Kitty Kat genannt werden, die selbst leicht bekleidet sind oder mehr Haut zeigen. Die männlichen Protagonisten tragen eine lockere Jeans oder Jogginghose, kombiniert mit einem lockeren Shirt oder Pullover. Die weiblichen Darstellerinnen hingegen haben entweder kurze Hosen oder bauchfreie Oberteile an. Jedoch hebt sich Schwesta Ewa hier ab und lässt sich im Auto von Männern mit einem Seil ziehen, die einen nackten Oberkörper haben. Die Gesichter von den Männern sind bedeckt und tragen eine lange Hose. Jedoch werden die Männer in einer anderen Szene wieder gezeigt, sind aber normal gekleidet, dies meint hier, dass sie ein unauffälliges Oberteil, sowie Jeanshose anhaben. Die Frauen hingegen werden in dieser Szene in Unterwäsche mit einer Pelzjacke gezeigt. Die Rapperin selbst trägt hier eine Pelzjacke mit einem kurzen Rock. Somit ist hier festzustellen, dass die Frauen in den Videos mehr Haut zeigen, als Männer. Weiters bewegen sich die Frauen erotischer und sind somit auffälliger, als die männlichen Protagonisten.

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12 Abstract

Die vorliegende Untersuchung soll analysieren, wie sich deutsche Rapperinnen in ihren Musikvideos präsentieren. Das Ziel dieser Arbeit ist nicht herauszufinden, inwiefern sich die Präsentierung der Frauen von männlichen Künstlern in den Videoclips unterscheiden. Weiters soll auch kein Vergleich zwischen Gegenwart und Vergangenheit getätigt werden. Viel mehr konzentriert sich die Forschung auf die Präsentierung der Künstlerinnen in ihren Clips. Der Großteil, der bereits durchgeführten Studien, hat ergeben, dass der Fokus von Musikvideos auf das Sexappeal der Frauen liegt. Die analysierten Musikvideos sind die, der Künstlerinnen SXTN, Eunique, Schwesta Ewa, Kitty Kat und Lady Bitch Ray. Diese Rapperinnen weisen einen unterschiedlichen Charakter und Hintergrund auf. Schwesta Ewa, zum Beispiel ist eine ehemalige Prostituierte und Lady Bitch Ray eine Rapperin mit Doktortitel. Als theoretische Stütze dient die „Objectification Theory“ nach Fredrickson und Roberts (1997), sowie deren Definition von sexueller Objektifizierung. Basieren auf diesen soll die Forschungsfrage „Wie präsentieren sich deutsche Rapperinnen in ihren Musikvideos?“ anhand der Untersuchung beantwortet werden. Die Stichprobe besteht aus je einem Video der Künstlerinnen (meistgeklickte Clip, welches nicht älter als 4 Jahre ist). Die Ergebnisse zeigen, dass alle Künstlerinnen ihren Körper als Objekt darstellen. Unterschiede zeigen sich in der Art der Präsentation. Eunique kombiniert ihr knappes und freizügiges Outfit mit sportlichen Turnschuhen, Schwesta Ewa hingegen mit knallpinken High Heels aus Lack-Material. SXTN und Kitty Kat tragen ein gewöhnliches unauffälliges Outfit mit kurzen Hosen. Lady Bitch Ray hingegen bevorzugt sexy sadomaso-ähnliche auffällige Kostüme. Für eine weiterführende Untersuchung könnten Experteninterviews, mit den Künstlerinnen selbst interessante Ergebnisse liefern.

Schlüsselwörter: Objektifizierung, Musikvideos, Sexualisierung, gesellschaftliches Schönheitsideal, Rapperinnen, Hip-Hop, Geschlechterrollen, Stereotype, Selbstpräsentierung

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Abstract Englisch

The present study analyzes, how German female rappers portray themselves in music videos. The aim is not to describe, how the presentation of female rappers differs from male rappers. Furthermore, the comparison between present and past is irrelevant. Rather, the research focuses on the presentation of the artists. Most of the studies carried out so far showed that music videos in general are all about the female body. The analyzed music videos are those of the artists named SXTN, Eunique, Schwesta Ewa, Kitty Kat and Lady Bitch Ray. These rappers al have a different character and background. Schwesta Ewa, for example, is a former prostitute and Lady Bitch Ray is a female rapper with a PhD. The “Objectification Theory“ in accord with Fredrickson and Roberts (1997) as well as their definition of sexual objectification serves as a theoretical support. Based on these considerations, the following research question is aimed to be answered: “How do German rappers present themselves in their music videos?” The sample consists of one video per artist (most clicked clip, which is not older than 4 years). The results show that all female artists represent their bodies as an object. However, there are some differences in the way of the presentation. Eunique combines her tights with casual sneakers, Schwesta Ewa with High Heels made of patent-leather. SXTN and Kitty Kat wear inconspicuous outfits. Lady Bitch Ray, on the other hand, prefers sexy sadomasochistic eye-catching costumes. For a further analysis, expert interviews with the artists themselves could provide interesting results.

Keywords: objectification, music videos, sexualization, feminism, social ideal of beauty, female rappers, Hip-Hop, gender role, stereotypes, self-presentation

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